Sudetendeutsche Zeitung 1. März 2024 Ausgabe 9 Pay

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Cancel Culture in Pullach: Hat Otfried Preußler das verdient? (Seite 2)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

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Jahrgang 76 | Folge 9 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 1. März 2024

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74 . S U D E T E N D E U T S C H E R TAG 17 . B I S 19 . M A I 2 0 2 4 IN AUGSBURG

Sudetendeutsche und Tschechen – miteinander für Europa

Sudetendeutsche Zeitung

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Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

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eimatbrief

Die Band Mauke (von links): Dieter Schaurich, Björn Siegmund, Wolfgang Klemm, Gregor Zasche, Sven Siegmund und Herbert Stumpe.

Sudetendeutsches Haus: Mauke spielt in Paurisch auf

Tag der Muttersprache

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Kuck ock amoul ei de Walt, ach, wie ville Sprouchn findst de, doch de paurische ös halt noch för mich de ollrschinnste.

VOLKSBOTE Der Hut ist sein Markenzeichen: Herbert Stumpe singt und spielt Gitarre sowie Mundharmonika.

Fotos: Torsten Fricke

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eimat geht auch durch die Kehle. Am Freitag hat die

Band Mauke im Sudetendeutschen Haus den Schlußpunkt des Tages der Muttersprache gesetzt. Auf Paurisch präsentierten die Neugablonzer ihr neues Propramm „Ohne Untertitel“. Mehr auf den Seiten 7 und 8.

Am zweiten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine demonstrieren Bürger gegen Putins andauernden Kriegsverbrechen

Inspektion beendet:

Kafkas Kopf dreht sich wieder Rechtzeitig zum Franz-KafkaJahr ist die bewegliche Statue von Bildhauer David Černý in Prag wieder einsatzbereit.

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ie Inspektion der 42 Motoren hatten fünf Monate gedauert. Die 10,6 Meter hohe Skulptur ist 2014 vor dem Einkaufszentrum Quadrio enthüllt worden. Die Installation, die 15 Bewegungsabläufe zeigt, ist eine Anspielung auf Kafkas Erzählung „Die Verwandlung“. Am 3. Juni jährt sich der Todestag des Prager Schriftstellers zum 100. Mal. Foto: Wikipedia/ Jindřich Nosek

Selenskyj lobt Pavel: „Wir schätzen die tschechische Unterstützung“ Zum zweiten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine hat Tschechiens Staatspräsident Petr Pavel in Prag auf einer Demonstration erneut gefordert, der Westen dürfe mit seiner Unterstützung nicht nachlassen.

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uch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder stellte sich erneut hinter das von Putin angegriffene Land und kritisierte indirekt die zögerliche Haltung der Bundesregierung: „Für die Ukraine reichen Worte und Besuche nicht aus. Es braucht Waffen, um auf Dauer Frieden zu finden.“ Bereits in den vergangenen Wochen hatte Söder immer wieder gefordert, Deutschland solle die Ukraine mit den durchschlagskräftigen Marschflugkörpern vom Typ Taurus ausstatten. Die Ukraine könnte damit zuverlässig und ohne eigenen Blutzoll aus sicherer Entfernung die strategisch wichtige Kertsch-Brücke zerstören und so die Nachschublinie über die Krim kappen, erklären Militärexperten. Die dann noch verbleibenden russischen

Demonstration gegen Putin in München. Nachschubwege auf dem Festland würden in Reichweite der ukrainischen Artillerie liegen und wären demnach extrem verwundbar. Militärexperten sind sich deshalb sicher, daß die Zerstörung der Kertsch-Brücke vom russischen Festland auf die Krim in dem Stellungskrieg eine entscheidende Wende zugunsten der Ukraine einleiten würde – was den offensichtlichen Druck der Russen auf Bundeskanzler Olaf Scholz, Taurus nicht zu liefern, erklärt.

Foto: Mediaservice Novotny

Tschechiens Staatspräsident Petr Pavel, einst Vorsitzender des Nato-Militärausschusses, läßt sich dagegen von Putin nicht einschüchtern und organisiert, wie die Sudetendeutsche Zeitung berichtete, einen internationalen Ankauf von 800 000 Artilleriegranaten. Pavel war deshalb extra zur Sicherheitskonferenz nach München gereist, um sich mit anderen westlichen Partnern abzustimmen. Dabei traf sich Pavel auch erneut mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr

Präsident Petr Pavel in Prag. Selenskyj. Auf der Demonstration in Prag erklärte Pavel, warum der Westen weiterhin den Kampf gegen Putin unterstützen müsse: „Der Krieg in der Ukraine ist nicht nur ein Krieg gegen die Ukraine, er ist ein Krieg gegen unsere Lebensweise. Er ist ein Krieg gegen unsere Welt, in der Regeln gelten. Wir müssen deshalb alles tun, um Rußland aus der Ukraine zu vertreiben, und der Ukraine die Möglichkeit geben, sich frei zu entfalten. Bitte bleiben Sie beharrlich und hel-

Foto: Kancelár Prezidenta Republiky fen Sie der Ukraine.“ „Du hast vollkommen recht“, bedankte sich Selenskyi postwendend über den Kurznachrichtendienst X bei Pavel und twitterte: „Die Ukraine kämpft nicht nur für sich selbst und ihre Freiheit, sondern auch für die regelbasierte internationale Ordnung, die alle unsere Nationen vor Aggression und Terror schützt. Wir müssen diesen Kampf gemeinsam gewinnen, und wir schätzen die zuverlässige tschechische Unterstützung.“ Torsten Fricke

Feierstunde im Ministerium von Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf

Bundesverdienstkreuz für Helmut Eikam Dr. Helmut Eikam ist von Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf im Rahmen einer Feierstunde mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet worden.

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Im Namen des Bundespräsidenten verlieh Staatsministerin Ulrike Scharf das Bundesverdienstkreuz an Dr. Helmut Eikam. Foto: StMAS/Tina Nötel

ie Schirmherrschaftsministerin würdigte bei der Verleihung am vergangenen Dienstag die Vielzahl der Ehrenämter und Funktionen, die Helmut Eikam mit großer Leidenschaft seit vielen Jahrzehnten im gemeinnützigen, sozialen und politischen Bereich übernommen hat. Darunter sein Engagement für die SPD.

Von 1978 bis 1990 war er Vorsitzender der Stadtratsfraktion in Schrobenhausen, wobei er die Städtepartnerschaften mit Thiers (Frankreich), Perg (Österreich) und Bridgnorth (England) wesentlich prägte. Eikam, selbst 1943 noch in Eger geboren, erlebte das Schicksal einer sudetendeutsche Vertriebenenfamilie in Schrobenhausen lebensprägend. Eine Stadt, die vor 1945 nur rund 5000 Einwohner hatte, wuchs durch die vor allem sudetendeutschen Vertriebenen auf die doppelte Anzahl von Einwohnern an. Noch immer lebt Eikam

Albert Schläger gratulierte Dr. Helmut Eikam als einer der ersten.

in Schrobenhausen, aber seine Aktivitäten gelten auch seiner böhmischen Heimat, vor allem

in seinem Engagement für die Wallfahrtskirche Maria Kulm, wo seine Mutter getauft sowie gefirmt wurde und auch geheiratet hatte. Seit 2005 stand er mit Albrecht Schläger, der ein wesentlicher Initiator dieser Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz war, an der Spitze der sudetendeutschen Sozialdemokraten. Mittlerweile ist Helmut Eikam als ehemaliger Bundesvorsitzender der Seliger-Gemeinde mit Albrecht Schläger und Peter Becher im SG-Führungsgremium weiterhin aktiv. Ulrich Miksch


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 9 | 1.3.2024

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

PRAGER SPITZEN

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er Prager Kleinstädter Ring (Malostranské náměstí) ist nur ein paar Schritte vom Sitz des Prager Sudetendeutschen Büros in der Thomasgasse entfernt. An diesem riesigen Platz befinden sich mehrere öffentlichen Institutionen, wie zum Beispiel ein Teil des Abgeordnetenhaues der Tschechischen Republik, eine Fakultät der Karlsuniversität sowie die Stelle, wohin das Denkmal des österreichischen Feldmarschalls Radetzky vielleicht zurückkehren wird. Neulich wurde bei Haus Nr. 261/10 eine Denkwürdigkeit erneuert, die dem Blick des studierten Historikers und Leiters des Prager SL-Büros Peter Barton nicht entgehen konnte: An der Hauswand im Gewölbe wurde ein historisches Bild mit der altdeutschen Beschriftung „Einfahl

Hohes Defizit in der Rentenkasse

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des Passawischen Kriegsvolks in die kleine Statt Prag. Anno MDCXI“ neu angebracht. Das zeigt, daß die Prager ihre Geschichte gerne pflegen. Wer also seine Augen offen hält, ob Einheimischer oder Tourist, kann in der historischen Metropole Böhmens immer wieder neue und interessante Details entdecken, die ihn zurückführen zu der gemeinsamen Geschichte der Bevölkerung dieses Landes mit zwei Sprachen.

Es ist deshalb lobenswert, wenn tschechische Geschichtskenner ihre Augen vor der deutschen Seite dieser großartigen Historie nicht verschließen.

Zweckverband stimmt am 13. März über die Umbenennung des Gymnaisums im Münchner Süden ab

ie Rentenversicherung hat das vergangene Jahr mit einem Defizit von 72,8 Milliarden Kronen (2,87 Milliarden Euro) abgeschlossen. Dies ist der höchste jemals verzeichnete Rückstand, hat das Finanzministerium vermeldet. Demzufolge beliefen sich die Ausgaben für Renten und Verwaltung im vergangenen Jahr auf über 692,3 Milliarden Kronen (27,34 Milliarden Euro). Sie stiegen gegenüber dem Vorjahr um fast 17 Prozent. Die Einnahmen auf dem Rentenkonto stiegen langsamer, nämlich um acht Prozent. Die Renten wurden im vergangenen Jahr zweimal angepaßt. Im Januar stiegen sie im Rahmen der regulären jährlichen Indexierung. Im Juni stiegen sie ausnahmsweise aufgrund der Inflation.

Neuer Panzer-Deal mit Deutschland

Cancel Culture in Pullach: Hat F Otfried Preußler das verdient? Fünf Jahre lang hat Jochen Marx, Mathematik- und Physiklehrer am Otfried-PreußlerGymnasium in München-Pullach, nach belastendem Material über den berühmten Namensgeber gesucht. Was der Hobby-Historiker dann mit seiner Arbeitsgemeinschaft im Herbst 2023 über Otfried Preußler präsentierte, war im Wesentlichen spätestens seit 2015 längst bekannt. Dennoch scheint das Auftragswerk seinen Zweck zu erfüllen. Am 13. März läßt Pullachs grüne Erste Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund als Vorsitzende des Zweckverbands über den Namensentzug abstimmen.

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ie viele seiner Altersgenossen trat der 1923 in Reichenberg geborene Preußler als Kind der Hitler-Jugend bei. Noch als Jugendlicher schrieb Preußler sein Erstlingswerk „Erntelager Geyer“, in dem er die aus seiner damaligen Sicht abenteuerliche Welt eines Burschenlagers mit dem Enthusiasmus für den Nationalsozialismus und der Hochachtung des Bauernstandes verknüpfte. Nach Krieg und Gefangenschaft hat Preußler nie geleugnet, als Jugendlicher den Verheißungen des NS-Regimes verfallen gewesen zu sein. So setzte sich Preußler in seinem großen Werk „Krabat“ mit seinen Jugendjahren im Nationalsozialismus auseinander und erklärte dazu: „Mein Krabat ist meine Geschichte, die Geschichte meiner Generation und die aller jungen Leute, die mit der Macht und ihren Verlockungen in Berührung kommen und sich darin verstricken.“ Bereits 2015 hatte der Historiker Dr. Peter Becher in der Kulturzeitschrift Sudetenland über Preußlers umstrittenes Erstlingswerk „Erntelager Geyer“ geschrieben. Es folgte ein weiterer vielbeachteter Bericht des Literaturwissenschaftlers und ORFMitarbeiters Murray G. Hall. „Das Jugendbuch war unter anderem Teilen der Literatur- und Geschichtswissenschaften schon länger bekannt, aber man sah keinen Anlaß, sich näher mit dem Text zu befassen“, heißt es dazu auf der Webseite www.preussler. de, die die Tochter des weltberühmten Autors, Dr. Susanne Preußler-Bitsch, verantwortet. Auch in den großen Biographien von Carsten Gansel („Kind einer schwierigen Zeit. Otfried Preußlers frühe Jahre“) und Tilman Spreckeseln („Otfried Preußler. Leben in Geschichten“), die 2022 beziehungsweise 2023 erschienen, wurde Preußlers Jugend umfassend themati-

ür die militärische Unterstützung der Ukraine soll Tschechien von Deutschland weitere 15 Leopard-2A4-Panzer geschenkt bekommen, hat Premierminister Petr Fiala (ODS) nach einer Kabinettssitzung erklärt. Laut Fiala würde dies nach einem ähnlichen Szenario wie in den Jahren 2022 und 2023 ablaufen: Die tschechische Armee hatte bereits 15 Panzer im Austausch für Lieferungen von gepanzerten Fahrzeugen an die Ukraine erhalten. Zusätzlich zu dieser Spende bietet Deutschland den Kauf von 15 weiteren LeopardPanzern an. Sollte dieser umgesetzt werden, würde Tschechien insgesamt über 42 Leopard-2A4Panzer und drei Bergefahrzeuge verfügen.

Buchmesse mit deutschen Autoren

Das Otfried-Preußler-Gymnasium in Pullach im Süden von München. Fotos: Torsten Fricke, Francis König, susanna-tausendfreund.de siert. Insofern ist nichts neu, was jetzt in Pullach die Cancel Culture auslöst. Tatsächlich gab es aber bereits 2013 Widerstand, als das Gymnasium nach Otfried Preußler benannt wurde. Eine der damaligen Kritikerinnen spielt auch jetzt eine aktive Rolle: Pullachs grüne Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund. Die Gemeindechefin ist qua Amt Vorsitzende des Zweckverbandes Otfried-PreußlerGymnasium Pullach, der am 13. März über die Namensänderung abstimmt. Der Pullacher GeBürgermeisterin meinderat hat Susanna Tau- sich bereits sendfreund. klar dafür ausgesprochen, das Gymnasium nicht mehr nach Preußler zu benennen, und ihre drei Vertreter im Zweckverband angewiesen, entsprechend abzustimmen. Ebenfalls mit jeweils drei Stimmen im Zweckverband vertreten sind die Landeshauptstadt München und der Landkreis München. Für die Namensänderung wäre jedoch eine Satzungsänderung notwendig, da es im Paragraphen 1, Absatz 1 heißt: „Der Zweckverband führt den Namen Zweckverband Otfried-Preußler-Gymnasium Pullach.“ Diese Satzungsänderung müßte wiederum von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt werden. Außerdem schreibt Paragraph 8, Absatz 2 vor, daß für eine Satzungsänderung eine „Mehrheit von drei Vierteln der satzungsmäßigen Stimmenzahl“ notwendig ist, was sieben von neun Stimmen entspricht. Da der Landkreis München nach Paragraph 6, Absatz 2 mit seinen drei Stimmen nur geschlossen abstimmen darf, könn-

te Landrat Christoph Göbel (CSU) ein Veto einlegen und vor einer endgültigen Entscheidung eine wissenschaftlich fundierte und seriöse Aufarbeitung fordern. Vor zehn Jahren hatte man sich an der Pullacher Schule noch für Otfried Preußler ausgesprochen und den Namenspatron als „in Bayern, Deutschland und der Welt berühmten und vielfach ausgezeichneten Schriftsteller“ und „herausragenden Pädagogen, dessen pädagogische Überzeugungen sich in seinen Büchern und autobiographischen Skizzen manifestieren“ gewürdigt. Als 2017 der Oberstudiendirektor Benno Fischbach, übrigens auch ein Mathe- und Physiklehrer, die Leitung des Gymnasiums übernahm, schrieb die Gemeinde Pullach in einem Portrait: „Daß das Gymnasium nach Otfried Preußler benannt worden ist, das habe er ,am Rande‘ mitbekommen. Auch er will sich in Veranstaltungen auf den Namensgeber beziehen. ,Aber deshalb muß nicht jedes Theaterstück auf einem Buch von Otfried Preußler basieren.‘“ Jetzt hat Fischbach offenbar auch jenseits des Randes etwas von Otfried Preußler mitbekommen und dem Pullacher Gemeinderat mitgeteilt, was ihn am Werk des Weltautors, dessen Werke in 55 Sprachen übersetzt und in eine Gesamtauflage von 50 Millionen Exemplaren erschienen sind, stört: „Problematisch für die Lernenden (sic!) erscheinen auch die in einigen Werken dargestellten fragwürdigen Konfliktlösungsstrategien durch Gewalt und/oder Hexerei.“ Für soviel oberlehrerhafte Inkompetenz hat auch PreußlerBiograph Tilman Spreckeseln nur noch Hohn und Spott übrig und schreibt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Was

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den Pädagogen angeht, weiß Schulleiter Fischbach es besser, hat der bisherige Namenspatron doch in jungen Lehrerjahren einem Freund gegenüber nach einer offenbar erfüllenden Begegnung unter Kinderbuchautoren auf einer Postkarte bekannt, wie sehr ihn dagegen der Schulbetrieb ,anöde‘, Preußler sprach gar von ,geistiger Hilfsarbeit‘ – für Fischbach wischt derlei offenbar das außergewöhnliche schulische Engagement Preußlers weg, alle Verdienste, die ihm schließlich sogar eine Stelle als Rektor einbrachten. Hätten Preußlers Vorgesetzte mal auf Fischbach gehört! Aber wo eine Postkarte mehr wiegt als ein ganzes Lehrerleben, da stellt auch Preußlers mit 17 Jahren geschriebenes Jugendbuch ,Erntelager Geyer‘, das tatsächlich von der Bejahung des Autors für die Werte des NS-Staats spricht, natürlich alles in den Schatten, was Preußler später geschrieben hat und vollkommen andere Werte vertritt: die fröhliche Anarchie der ,kleinen Hexe‘, die allem HJ-üblichen Gruppenzwang eine lange Nase dreht, die Verkasperung von Autoritäten im ,Räuber Hotzenplotz‘ und dergleichen mehr. Tja, sagt Schulleiter Fischbach, hätte sich Preußler mal ordentlich von seinem Frühwerk distanziert, dann sähe die Sache anders aus. Daß der Autor mit Blick auf den ,Krabat‘ von der Verführung seiner Generation durch dunkle Mächte gesprochen hat, gilt da offenbar ebenso wenig wie Preußlers eigentliches literarisches Werk.“ Torsten Fricke

eitthema der 29. Prager Buchmesse „Svět knihy“ (Welt der Bücher) wird das Projekt „Das Buch“ sein. Dabei werden Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz deutschsprachige Literatur präsentieren, haben die Organisatoren der Buchmesse am Donnerstag in Prag bekanntgegeben. Geprägt wird die Messe zudem durch den 100. Todestag des Prager deutschspra-

chigen Autoren Franz Kafka. Das Kafka-Zitat „Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.” ist das Motto der anstehenden Buchmesse, die vom 23. bis 26. Mai stattfindet.

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Ex-Minister Petr Moos tot

er ehemalige Politiker, Manager und Hochschullehrer Petr Moos ist tot. Er starb mit 78 Jahren, hat der Kreis Reichenberg am Freitag mitgeteilt. Moos war 1998 Verkehrsminister in der Beamtenregierung von Josef Tošovský. Unter anderem gründete Moos an der Technischen Universität in Prag (ČVUT) die Verkehrsfakultät und war auch ihr erster Dekan.

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Stromverbrauch deutlich gesunken

m vergangenen Jahr wurde in Tschechien so wenig Strom verbraucht wie seit 14 Jahren nicht mehr. Der Nettoverbrauch lag bei 57,8 Terawattstunden (TWh) Strom, das waren 4,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Parallel dazu ging auch die Stromerzeugung zurück, und zwar um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Neben dem Stromverbrauch sank im vergangenen Jahr auch der Gas- und Wärmeverbrauch. Experten zufolge sind die Gründe für die Energieeinsparungen vor allem auf den allmählichen Anstieg der Energiepreise und das warme Wetter zurückzuführen.

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Wim Wenders beim Filmfest

eim diesjährigen Festival „Tage des europäischen Films“ (Dny evropského filmu, DEF) wird unter anderem der neue Dokumentarfilm „Anselm – Das Rauschen der Zeit“ von Wim Wenders gezeigt. Das Portrait des in Frankreich lebenden deutschen Künstlers Anselm Kiefer wird in der Kategorie Panoráma laufen. Auf dem Programm steht außerdem der Gewinnerfilm des letztjährigen Filmfestivals in Karlsbad, „Blaga’s Lesson“ des bulgarischen Regisseurs Stephan Komandarav. Die „Tage des europäischen Films“ finden vom 4. bis 9. April in Prag, Brünn und Ostrau statt.

Sudetendeutsche Zeitung ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2023 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief oder einer der Regionalblöcke (Block 1 – Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote; Block 2 – Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung/Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung; Block 3 – Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimat, Zuckmantler Heimatbrief; Block 4 – Riesengebirgsheimat) (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2023 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.


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Großes Foto: Gastgeber Albrecht Füracker, Staatsminister der Finanzen und für Heimat, begrüßte 300 Gäste im Kaisersaal in der Residenz. Rechts: Den Festvortrag hielt Dr. Rudolf Neumaier, Geschäftsführer des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege. Oben: Die Feger Spezies aus dem Landkreis Freising kombinierten bayerische Stücke mit modernen Cover-Songs. Fotos: Torsten Fricke

� Staatsminister Albert Füracker lud 300 Gäste in den Kaisersaal der Münchner Residenz ein

Heimatempfang setzt Impuls für die Bayerische Verfassung

„Bayerns Heimatstrategie bildet einen zentralen Grundstein für gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen im ganzen Freistaat“, hat Albert Füracker, Bayerns Staatsminister der Finanzen und für Heimat, auf seinem Jahresempfang vor 300 geladenen Gästen im Kaisersaal der Residenz in München unterstrichen.

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emeinsam mit dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege bewahre man, so Füracker, „durch eine Vielzahl an regionalen Förderprojekten die lebens- und liebenswerten Traditionen und Bräuche unserer Heimat“. Bis ins 19. Jahrhundert sei Heimat sogar ein Rechtsbegriff gewesen, aus dem die Bürger Rechtsansprüche ableiten konnten, erläuterte Dr. Rudolf Neumaier, der Geschäftsführer des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege, in seinem Festvortrag. „Heute ist der Begriff Heimat sehr politisch – und das ist auch gut so. Die Menschen müssen sich mit dem Begriff Heimat auseinandersetzen. Heimat ist, was da ist. Heimat ist aber auch Vielfalt. Es liegt an uns, Heimat zu entwicklen“, sagte Neumaier und zitierte den Innsbrucker Bischof Reinhold Stecher: „Heimat ist ein von Liebe durchwehter Raum.“

Besonderer Ehrengast: Minister Albert Füracker begrüßt Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Ehrenbürgerin der Landeshauptstadt München und Trägerin des Sudetendeutschen Karls-Preises.

Heimat sei aber auch Verpflichtung für alle, sich in die Gesellschaft einzubringen. Dieses Gemeinsamkeit bedinge aber auch eine Verständigung auf grundlegende Werte. „Hier stehen wir heute vor einem Vakuum“, sagte Neumaier und verwies darauf, daß die christlichen Kirchen, die über zweittausend Jahre diese Werte vermittelten, in der heutigen Zeit an Wirk-

macht verloren haben. „Wir beobachten den Totalausfall einer uralten Wertevermittlungsinstanz“, sagte Neumaier. So sei früher an jeder Schule ein Morgengebet gesprochen worden, in dem die christlichen Werte vermittelt wurden, heute fehle diese moralische Einordnung weitestgehend. Dieses christlich geprägte Menschenbild sei aber weiterhin das Fun-

dament unserer Gesellschaft, festgeschrieben im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und der Bayerischen Verfassung. „Ich appelliere deshalb für einen Verfassungspatriotismus“, sagte Neumaier und verwies auf eine Initiative des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege zu Beginn dieses Schuljahres, einen Verfassungsimpuls einzuführen. Demnach sollten sich die Schüler ein- bis zweimal in der Woche für 15 Minuten mit Kernbotschaften der Bayerischen Verfassung auseinandersetzen, um so die gemeinsamen Werte zu erarbeiten. Bereits die Präambel der Verfassung ist tiefgründig und ordnet den Nationalsozialismus als „eine Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott, ohne Gewissen und ohne Achtung vor der Würde des Menschen“ ein. Auch die einzelnen Artikel dürften für Gesprächsstoff sorgen. So ist neben der deutschen Staatsangehörigkeit in Artikel 7 die bayerische Staatsangehörigkeit geregelt. In Artikel 117 werden Parallelgesellschaften verboten. „Der ungestörte Genuß der Freiheit für jedermann hängt davon ab, daß alle ihre Treuepflicht gegenüber Volk und Verfassung, Staat und Gesetzen erfüllen.“ Und in Artikel 121 ist für jedermann die Pflicht verankert, sich für die Allgemeinheit zu en-

Die Generalkonsuln Jozef Korček (Slowakei), Dr. Ivana Červenková (Tschechien) und Elisabeth Bösch Malinen (Schweiz).

Die ehemaligen Finanzminister Theo Waigel (Bund) und Georg Freiherr von Waldenfels (Bayern).

Die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch, mit Ehemann Carsten Drexler.

gagieren: „Alle Bewohner Bayerns sind zur Übernahme von Ehrenämtern, insbesondere als Vormund, Waisenrat, Jugendpfleger, Schöffe und Geschworener verpflichtet.“ Neumaier: „Es geht darum, daß die jungen Menschen sehr früh lernen, was unsere Grundlagen für Freiheit und Demokratie sind. Das geht am besten mit der Verfassung des Frei-

staats Bayern, wahl- und abwechslungsweise auch mit dem Grundgesetz. Ob Verfassungszeit, Verfassungsandacht oder Verfassungsmeditation – wie man es nennt, ist egal. Wichtig ist, daß so etwas wie ein Verfassungspatriotismus entsteht. Gerade die Bayerische Verfassung liest sich wie eine Bergpredigt der Staatskunst.“ Torsten Fricke

� 75 Jahre nach den kommunistischen Schauprozessen erinnert sich Ungarn an den Europäischen Karls-Preisträger

József Mindszenty – Held und Heiliger Von Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe

Beauftragte Dr. Petra Loibl (Mitte) zu Gast bei der Seliger-Gemeinde mit (von links) Ulrich Miksch, Dr. Helmut Eikam, Christa Naaß, Dr. Peter Becher und MdL Volkmar Halbleib.

� Bayerns Beauftragte für Aussiedler und Vertriebene

Gast bei der Seliger-Gemeinde Im Rahmen ihrer Antrittsbesuche war die neue Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, Dr. Petra Loibl, am vergangenen Freitag zu Gast bei der SeligerGemeinde im Georg-von-Vollmar-Haus der SPD in München.

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nter den Gastgebern war auch MdL Volkmar Halbleib. Der Vertriebenenpolitische Sprecher der BayernSPD und die CSU-Abgeordnete kennen sich aus dem Landtag und haben be-

reits kurz nach Loibls Amtsübernahme erste Gespräche geführt. Loibl sagte in ihrer Vorstellung, daß sie zwar keinen eigenen Vertriebenenhintergrund habe, aber bereits 2019 in Regensburg beim Sudetendeutschen Tag dabei gewesen sei. Die Vertreter der Seliger-Gemeinde nutzten das Treffen, um an die Geschichte der Sozialdemokratie in der ersten Tschechoslowakischen Republik zu erinnern und die aktuellen Brückenbauerprojekte vorzustellen.

In Ungarn wird derzeit an die kommunistischen Schauprozesse vor 75 Jahren gegen einen der herausragendsten Träger des Europäischen Karls-Preises der Sudetendeutschen, József Kardinal Mindszenty, erinnert.

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indszenty wandte sich schon als junger Priester nach Ende der Donaumonarchie gegen Versuche, eine kommunistische Volksrepublik zu errichten, und wurde erstmalig inhaftiert. 1941 protestierte er gegen den Kriegseintritt seines Landes unter Admiral Miklós Horty auf der Seite von Hitler und Mussolini. Als die faschistischen Pfeilkreuzler 1944 in Budapest die Macht übernahmen, verurteilte Mindszenty lautstark die Verfolgung und Deportation der ungarischen Juden. Nach Kriegsende wurde er Erzbischof von Gran/Esztergom und damit nach ungarischer Tradition provisorisches Staatsober-

Kardinal József Mindszenty (29. März 1892 – 6. Mai1975) bei einer Rede während des Volksaufstandes am 1. November 1956. Rechts: Das MindszentyDenkmal in Zalaegerszeg/Egersee. Fotos: Wikipedia/Jack Metzger/ CC BY-SA 3.0

haupt des „Königreichs ohne König“. Nun erhob er seine Stimme gegen die Vertreibung der Donauschwaben und die Entrechtung und Aussiedlung der Ungarn in der Tschechoslowakei aufgrund der Beneš-Dekrete. Obwohl die christlich orientierten Kleinlandwirte mit 53

Prozent die Wahlen gewannen, schafften es Rote Armee und Kommunistische Partei, Ungarn so zu zersetzen, daß sie eine marxistisch-leninistische Volksrepublik errichten konnten – was Mindszenty öffentlich kritisierte. So kam es zum Schauprozeß von 1949, bei dem er zu schwerer

Haft verurteilt wurde unter der skurrilen Beschuldigung, er habe mit den USA und Otto von Habsburg, dem letzten ungarischen Thronfolger, einen Dritten Weltkrieg geplant, um im Donauraum wieder die Monarchie zu errichten. Erst beim ungarischen Volksaufstand gegen die Sowjetherrschaft 1956 wurde Mindszenty befreit und im Triumph zurück nach Budapest geführt. Als Moskau den Aufstand gewaltsam niederschlug, fand der Kardinal in der US-Botschaft Schutz, doch jetzt begann sein eigentlicher Leidensweg: Er, der seine Heimat keinesfalls verlassen wollte, mußte 1971 nach Wien ins Exil und wurde 1973 amtsenthoben – aufgrund der vatikanischen Ost- und Entspannungspolitik des Kardinals Casaroli, der den Kommunisten entgegenkam in der Hoffnung, Erleichterungen für die Seelsorge zu erreichen. Heute ist ein Seligsprechungsverfahren für Jozsef Mindszenty im Gang. Er war ein Held und ein Heiliger.


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TERMINE

Bis Sonntag, 7. April, Sonderausstellung „Ein bißchen Magier bin ich schon... Otfried Preußlers Erzählwelten“. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 13.00 bis 17.00 Uhr. Isergebirgs-Museum Neugablonz, Bürgerplatz 1, Kaufbeuren. Sonntag, 3. März, 9.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Hof: 4.-MärzGedenkfeier. Gedenkgottesdienst mit Gedenkrede von Bezirks- und stellvertretender Landesvorsitzender Margaretha Michel. Pfarrkirche Maria-Königin des Friedens, Badstraße 21, Bad Steben. Sonntag, 3. März, 10.30 Uhr, SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: 4.-März-Gedenkfeier mit Prof. Dr. Andrea Wechsler, Spitzenkandidatin der CDU Baden-Württemberg zur Europawahl. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart. Sonntag, 3. März, 10.30 Uhr, SL-Ortgruppe Naila: Tag des Selbstbestimmungsrechts

VERANSTALTUNGSKALENDER und Märzgedenken. Gedenkgottesdienst und Kranzniederlegung am Sudetendeutschen Mahnmal mit Bürgermeister Frank Stumpf und Gedenkrede von SL-Bezirks- und Landesvizevorsitzender Margaretha Michel. Katholische Kirche. Ringstraße 14, Naila. Sonntag, 3. März, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe MünchenStadt und -Land: Tag des Selbstbestimmungsrechts. Erinnerung an den 4. März 1919 im Sudetenland und an die Volksabstimmung am 20. März 1921 in Oberschlesien. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Sonntag, 3. März, 15.00 Uhr, Sudetendeutsche Landsmannschaft in Österreich: Gedenken an die Opfer des 4. März 1919. Festrede: Karl von Habsburg. Musikalische Umrahmung durch das Bläserquartett Kurt Preissl. Haus der Heimat, Stein-

gasse 25, Wien. Montag, 4. März, 14.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Augsburg: Eröffnung der Ausstellung „Wir Sudetendeutschen“ durch Bürgermeister Franz Feigl. Die Ausstellung läuft bis zum 15. März. Bürgerzentrum, Marktstraße 3, Königsbrunn. Montag, 4. März, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Augsburg: Märzgedenken mit einem Referat von Steffen Hörtler, Landesobmann der SL Bayern, über den März 1919. Bürgerzentrum, Marktstraße 3, Königsbrunn. Dienstag, 5. März, 18.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen und Haus des Deutschen Ostens: Ausstellungseröffnung „Tracht(en) Kunst. Foto-Diptychon-Montagen zur Wischauer Festtagstracht“. Grußworte: Dr. Petra Loibl, Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aus-

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08. März

Einladung zum Weltfrauentag

Sonderführungen zum Thema „Frauengeschichte(n)“ mit Dr. Amanda Ramm

13:00 - 14:00 Uhr + 16:00 - 17:00 Uhr Treffpunkt: Museumsfoyer

Museumsführung

Frauen spielten in der Geschichte der Sudetendeutschen immer eine wichtige Rolle. Eine Themenführung am Weltfrauentag zeigt dazu einige überraschende und für jedermann und jederfrau interessante Aspekte.

Sudetendeutsches Museum Hochstraße 10 | D-81669 München www.sudetendeutsches-museum.de Scan mich!

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Trägerin und Betreiberin des Sudetendeutschen Museums: Sudetendeutsche Stiftung, Hochstraße 8, 81669 München

Das Sudetendeutsche Museum wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.

Fotos: Mauke – die Band, Sudetendeutsches Museum

Das Museum freut sich auf Ihr Kommen!

siedler und Vertriebene. Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe. Festvortrag: Jan Kuča, Trachtenmuseum Ostrov/Tschechien. Die Ausstellung ist bis zum 28. März montags bis freitags von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Anmeldung zur Vernissage per eMail an veranstaltung.heimatpflege@ sudeten.de Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Mittwoch, 6. März, 18.30 Uhr, Bezirksheimatpfleger der Oberpfalz: Musikalische Buchvortstellung „Musik aus dem Egerland im Oberpfälzer Volksmusikarchiv“. Weinschenkvilla, Hoppestraße 6, Regensburg. Mittwoch, 6. bis Donnerstag, 7. März, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Seminar „Kafka, Käfer und Kakanien. Eine Annäherung an Franz Kafka (1883–1924) zum 100. Todestag“. Anmeldung unter Telefon (0 22 44) 88 60 oder per eMail an info@hausschlesien.de Haus Schlesien, Dollendorfer Straße 421, Königswinter. Donnerstag, 7. März, 19.00 Uhr: „Liebste, Liebste! – Franz Kafka und die Liebe“. Musikalisch-literarisches Soirée mit dem Duo Jost Costa. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Freitag, 8. März, 13.00 bis 14.00 Uhr sowie 16.00 bis 17.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Frauen-Geschichte(n)“. Sonderführung zum Weltfrauentag mit Dr. Amanda Ramm, Treffpunkt Museumskasse. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Samstag, 9. März, 14.00 Uhr, Heimatkreis KaadenDuppau: Gedenkfeier mit Kranzniederlegung anläßlich des 4. März 1919. Treffpunkt am Haupteingang um 13.40 Uhr. Friedhof, Kaaden (Kadaň). Samstag, 9. März, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Bad Kötzting: Literarisches Café „Mahbuba Maqsoodi – Der Tropfen weiß nichts vom Meer“. Leonhard Fuchs stellt die Erinnerungen der Autorin vor. Hotel Post, Herrenstraße 10, Bad Kötzting. Samstag, 9. März, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: „Unter dem steinernen Meer“. Lesung von Dr. Peter Becher. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Samstag, 9. März, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Krefeld: „Schockanrufe und Betrug am Telefon“. Vortrag eines Experten des Polizeipräsidiums Krefeld. Anmeldung per Telefon unter (0 21 51) 3 26 99 70 oder per eMail an werner.appl@sudeten-kr.de Niederrheinischer Hof, Hülser Straße 398, Krefeld. Sonntag, 10. März, 14.30 Uhr: SL-Kreisgruppe Fulda: März-Gedenkfeier mit Kranzniederlegung am Gedenkstein der Heimatvertriebenen. Gedenkrede: Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld. Frauenberganlagen, Marienstraße, Fulda. Donnerstag, 14. März, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Roth: „900 Jahre Kunreuth, eine evangelische Enklave“. Vortrag von Eberhard Heiser, Café Restaurant Waldblick, Ostring 28, Roth. Donnerstag, 14. März, 16.00 Uhr: „Tracht(en)Kunst. Foto-Diptychon-Montagen zur Wischauer Festtagstracht“. Führung durch die Sonderausstellung mit Dr. Lilia Antipow. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Donnerstag, 14. März, 18.00 bis 20.00 Uhr, Hanns-Seidel-Stiftung: „Sudetendeutsche – wer sind sie?“ Online-Gespräch mit Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe. Mehr auf der Webseite www.hss.de Samstag, 16., 11.00 Uhr, bis Sonntag, 17. März, 13.00 Uhr, Paneuropa-Union Deutschland: 61. Andechser Europatag. Klostergasthof, Bergstraße 9, Andechs.

Sudetendeutsche Zeitung Folge 9 | 1.3.2024

Sonderführungen zum Weltfrauentag

Erfolgreiche Frauen Freitag, 8. März, 13.00 und 16.00 Uhr: „FrauenGeschichte(n)“ – Sonderführung zum Weltfrauentag mit Dr. Amanda Ramm. Sudetendeutsches Haus, Treffpunkt Museumskasse, Hochstraße 10, München. Die Themenführung am Weltfrauentag mit Dr. Amanda Ramm zeigt überraschende und interessante Aspekte dazu auf. Der Gang durch die Dauerausstellung im Sudetendeutschen Museum widmet sich den Frauenbildern vom Mittelalter bis zur Gegenwart. So geben zahlreiche Ausstellungsstücke im Museum Zeugnis von den vielfältigen Rollen der Frau in Gesellschaft, Politik und Kultur. Eindrucksvoll ist unter anderem die Geschichte von Maria Kunert, geborene Worm (1873–1950), die 1907 in Warnsdorf eine Strickerei anmeldete, aus der letztlich ein großes Strumpf-Imperium entstand. Mit einer Tagesproduktion von 100 000 Paa-

ren Strümpfe stieg das Unternehmen in den 1930er Jahren zu Europas größtem Strumpfhosenhersteller auf. Nach der Vertreibung baute Sohn Julius Kunert jun. mit einigen Mitarbeitern aus Warnsdorf 1947 in Immenstadt im Allgäu das Unternehmen erfolgreich wieder auf. Die Teilnahme an der Führung ist kostenfrei, lediglich der Eintrittspreis ins Museum ist zu entrichten.

Der Bundestag entscheidet Mittwoch, 13. bis Freitag, 15. März: „Politische Akteure und Verfahren in Deutschland und Europa mit dem Planspiel Der Bundestag entscheidet“. Dreitägige Veranstaltung für Multiplikatoren und politisch Interessierte. Das Seminar vermittelt in erster Linie die grundlegenden Kenntnisse über das politische System der Bundesrepublik Deutschland. Neben fundamentalen Verfassungs- und Institutionenkenntnissen werden spezifische Probleme des deutschen Regierungssystems beleuchtet. Im Mittelpunkt stehen dabei die Analyse der Struktur und der Arbeitsweise politischer Institutionen, die im politischen System laufenden Prozesse unter Berücksichtigung von einflußnehmenden Akteuren sowie ausgewählte aktuelle Beispiele der innenpolitischen Entwicklung. Eine Konferenzsimulation zum Gesetzgebungsprozeß im Deutschen Bundestag verdeutlicht die theoretischen Ausführungen. Ein ergänzender Blick auf die Geschichte und die Erweiterungsprozesse, den institutionellen Aufbau und verschiedene Politiken der Europäischen Union rundet das Seminar ab und zeigt zudem Hintergründe und Lösungsansätze für aktuelle europäische Herausforderungen. Dabei steht auch die Wahl zum Europäischen Parlament 2024 im Fokus der Betrachtung. Die Anmeldungen sind zu richten an: Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, 97688 Bad Kissingen, Telefax: (09 71) 71 47 47 oder per eMail an: info@heiligenhof.de. Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

Ausstellung zu Flucht, Vertreibung und Integration

Teil 2: „Ungehört – die Geschichte der Frauen“ Bis Freitag, 12. April, zweiter Teil der Ausstellung „Ungehört – die Geschichte der Frauen. Flucht. Vertreibung und Integration“. Veranstaltungsort: Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Öffnungszeiten: montags bis freitags von 10.00 bis 20.00 Uhr. Die Ausstellung, die das Team Dr. Lilia Antipow

(HDO), Patricia Erkenberg M.A. (HDO), Prof. Dr. Daniela Neri-Ultsch (Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung Universität Regensburg) und Prof. Dr. Andreas Otto Weber (Direktor des Hauses des Deutschen Ostens) kreiert hat, wird nach dem Erfolg im Sommer in einer erweiterten Version gezeigt.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 9 | 1.3.2024

AKTUELL · KOLUMNE

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Wurzeln in Böhmen – Die Kinder- und Enkelgeneration der Heimatvertriebenen auf der Suche nach Erinnerung, Teil 1

Mut tut gut

Geschichte erfahrbar machen

Die Boten des Frühlings

Großen Zuspruch vonseiten der Kinderund Enkelgeneration hat das Wochenendseminar am Heiligenhof in Bad Kissingen erfahren, das die Sudetendeutsche Landsmannschaft in Kooperation mit der sudetendeutschen Bildungsstätte veranstaltet hatte.

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und 60 motivierte Seminarteilnehmer begaben sich auf Spurensuche und machten die positive Erfahrung, daß neben Vorträgen und Diskussionsbeiträgen der durchwegs hervorragenden Referenten auch das Kennenlernen und der Austausch untereinander bereichernd sein können. Die Suche nach den eigenen Wurzeln: Für manche bedeutet sie, bereits verstorbene Vorfahren in Archiven aufzuspüren. Für andere wiederum heißt das, in die Heimat der Ahnen zu fahren und die Gegend, die Orte, vor allem aber die Menschen dort kennenzulernen. Es lohnt sich, die persönliche Familiengeschichte zu erforschen, machte Werner Honal in seinem Vortrag „Wurzeln in Böhmen – Auf der Suche nach Erinnerung“ deutlich. Honal, gelernter Philologe und im Berufsleben Leiter der Schulberatungsstelle, ist einer der renommiertesten Familienforscher der Sudetendeutschen. „Wenn Sie jetzt anfangen zu forschen, kann ich Ihnen nur gratulieren, denn Sie forschen im Herzen Europas“, so Honal auch mit dem Hinweis auf die Landkarte im Sudetendeutschen Museum „Europa Regina“, die Böhmen als das Herz Europas zeigt. Die tschechischen Archive seien im Vergleich zu den verschiedenen Archiven weltweit, in denen er schon geforscht habe, weltmeisterlich aufgestellt und ließen jedes Forscherherz höherschlagen. Die Familienforschung sei ein wichtiges Thema bei der Suche nach den Vorfahren. Immer mehr Menschen forschen nach ihren Wurzeln und tauchen tief in die Geschichte ihrer Ahnen ein: Was haben sie gemacht, und wo haben sie gelebt? Spannende Fragen, auf die sich oft Antworten finden lassen. „Dokumentieren Sie, was Sie bereits an Informationen haben“, so der Rat des Experten. Für Familienforscher seien zum Beispiel Kirchenbücher ein Schatz. Und die Entwicklung in den Archiven gehe dahin, daß das mühsame Entziffern von Handschriften durch die fortschreitende Technik durch eine elektronische Namenssuche erleichtert werde. Honal erläuterte anhand zahlreicher Beispiele anschaulich mögliche nutzbare Quellen in den acht tschechischen Gebietsarchiven. Weiterführende Informationen und Hilfestellung zu den verschiedenen Forschungsgebieten biete auch die Homepage der Sudetendeutschen Familienforscher unter www.vsff.de Über Aufgaben und Angebote für die Kinder- und Enkelgeneration der Heimatverbliebenen referierte Martin Dzingel, Präsident der Landesversammlung der Deutschen Vereine in Tschechien, der Dachorganisation regionaler und örtlicher Verbände der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik. Dzingel engagiert sich vor allem für die Förderung und den Erhalt der deutschen Sprache und Kultur bei der jüngeren Generation. Er ermutigt die verschiedenen Generationen dazu, einander zu begegnen, um die deutsch-tschechische Verständigung zu unterstützen. Der Landesverband mit 21 Mitgliedsorganisationen und 15 Begegnungszentren ist die größte Organisation der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik. Die Landesversammlung ist außerdem Träger des zweisprachigen Thomas-Mann-Gymnasiums sowie der Grundschule der deutsch-tschechischen Verständigung. Nach einem kurzen geschichtlichen Abriß über die jahrhundertealte Tradition der deutschen Minderheit und Entstehungsgeschichte der Landesversammlung, gegründet 1992, und der des 1969 gegründeten Kulturverbands der Bürger deutscher Nationalität in der Tschechischen Republik mit Radek Novák an der Spitze, standen die Angebote für Kinder und Enkel im Fokus. Jugendarbeit sei wichtig, sagte Dzingel. Aber genauso wichtig sei die Arbeit für und mit der mittleren Generation der Heimatverbliebenen. Dort seien deutsche beziehungsweise deutsch-tschechische Identität und kulturelle Bindungen noch vorhanden und es gelte, sie an die nach-

Das Seminar für die Kinder- und Enkelgeneration auf dem Heiligenhof stieß auf großes Interesse.

wachsende Generation weiterzuvermitteln. Dennoch, Vereinsarbeit für junge Menschen müsse attraktiv gestaltet werden, damit entsprechende Angebote wie beispielsweise Workshops zu gesellschaftlich relevanten Themen, Sommercamps, Stammtische, sportliche Wettkämpfe, Oral History bei den Jugendlichen auf Interesse stoßen. Ein besonders positives Beispiel verkörpert der vierzigjährige Lorenz Loserth mit seinem Vortrag „Die Erben der Vertreibung und ihr Umgang mit der Geschichte“. Der Diplom-Biologe mit Hauptberuf Lehrer engagiert sich seit vielen Jahren ehrenamtlich in der Sudetendeutschen Landsmannschaft – als Ortsbetreuer von Lobenstein, im Freundeskreis Sudetendeutscher Mundarten, als Referent bei Seminaren auf dem Heiligenhof und zuletzt durch die von ihm geschaffene Internetseite www. heimatlandschaft-altvater.eu Mit dieser bietet er jungen Leuten einen wunderbaren Einstieg, sich für die Heimatlandschaft Altvater zu interessieren. Akribisch sind dort Informationen über die Heimatlandschaft zusammengetragen – angefangen von berühmten Persönlichkeiten bis hin zu Anlaufstellen bei speziellen Fragen. Und immer sind Links angegeben, die einen zum Weiterlesen anregen. Wenn man Loserths Werdegang betrachtet, wird deutlich, daß ihm die Vermittlung von Wissen, Bräuchen, Mundarten ein Herzensanliegen ist – als Lehrer bei Jugendlichen, in seiner Eigenschaft als Stadtführer in München und durch die Übersetzung von Kinderliteratur in die Mundart von Lobenstein. Bevor er anhand seiner überaus zahlreichen Beispiele sein ehrenamtliches Engagement aufzeigte, faßte er mögliche Interessensgebiete für junge Sudetendeutsche zusammen. Wenn man sich wie er auf die Reise mache, sein sudetendeutsches Erbe zu entdecken, stelle man fest, „es gibt alles“, so Loserth: Mundartveranstaltungen, Musik, den Sudetendeutschen Kalender mit Geschichts- und Brauchtumsbeiträgen, Reisen in die sudetendeutsche Heimat der Eltern oder Großeltern, sogar sudetendeutsche Berghütten. Auf Reisen begegneten einem auch Menschen, die sich wie er für die alte Heimat begeistern. Seine Hoffnung sei, weitere Frauen und Männer zu finden, die sich für seinen Heimatkreis Jägerndorf im Altvaterland begeistern lassen und mit ihm das heimatliche Erbe pflegen. Das Angebot an Aktivitäten ist groß: Reisen in die Heimatregion, 2022 die Premiere des Versöhnungsmarsches im Gedenken an die wilde Vertreibung in Jägerndorf, bei der rund 3000 Menschen einen Todesmarsch durch das Altvatergebirge erleiden mußten und rund fünf Prozent dabei ihr Leben verloren. Eine gute Internetpräsenz mit Mediathek, darüber hinaus DVDs von den zahlreichen Veranstaltungen, Wanderund Kulturfahren, Heimatzeitschriften, Mundartfreundeskreis, eine große Lite-

raturauswahl. Zu den Jägerndorfern gehört auch eine Heimatstube, die heute ihren Platz im Stadtmuseum von Ansbach hat, was schon von den Öffnungszeiten als Vorteil gesehen werden könne. Loserth betont: „Ich möchte nicht, daß meine sudetendeutsche Kultur nur unter dem Aspekt Vertreibung gesehen wird. Das ist für mich nicht zukunftsweisend. Kultur ist etwas Positives, etwas Schönes, etwas Lebendiges.“ Auf ungeteiltes Interesse stieß auch der Vortrag des Journalisten Klaus Hanisch, mit familiären Wurzeln in Mähren, der sein neuestes Buch „Die Prager Zeitung – Ein deutschsprachiges Medium in Tschechien als Brückenbauer“ vorstellte. In seinem Buch gewährt Hanisch einen Blick hinter die Kulissen und erinnert an die lange und wechselvolle Geschichte der derzeit nicht mehr erhältlichen Zeitung. Ein bemerkenswertes Buch, das Geschichte vermittelt und zum Nachdenken anregt. Die Prager Zeitung sei ein Nischenprodukt gewesen, das mit seinen Berichten all jene angesprochen habe, die sich besonders für Tschechien und die deutsch-tschechischen Beziehungen interes- Das Buch „Prager sierten. Aufgabe Zeitung“ ist bei Köund Ziel der Pra- nigshausen & Neuger Zeitung sei ge- mann erschienen. wesen, diesen Lesern ein breites Spektrum an aktueller und historischer Berichterstattung anzubieten. Und in Maßen auch darüber hinaus zum gesamten ostmitteleuropäischen Raum. Sie sei immer bestrebt gewesen, genauer, sachkundiger und kompetenter zu berichten als die großen Zeitungen, die nur ab und zu über Tschechien beziehungsweise die deutsch-tschechischen Beziehungen berichten, so der Autor. Hanisch beschreibt in seinem Buch die Geschichte der Zeitung und erzählt, daß die Prager Zeitung im Jahr 1991 von Uwe Müller gegründet wurde, einem Historiker aus Zwickau, der damals schon einige Jahre in Prag lebte und arbeitete. Sein Ziel war es, nach der Samtenen Revolution von 1989 wieder eine deutschsprachige Zeitung in Prag zu etablieren. Daß die Prager Zeitung diese äußerst schwierige Anfangsphase überstand, sei eine erstaunliche Leistung gewesen. Und noch weniger bekannt ist, daß die Geschichte dieser Prager Zeitung weit vor dem Jahr 1991 begann. Tatsächlich kann sich die Prager Zeitung auf einen Vorläufer berufen, der bereits vor 350 Jahren erschien. Sie gehörte somit zu den ältesten Medien der Welt. Klaus Hanisch, der 30 Jahre lang für die Prager Zeitung gearbeitet hat, bezeichnet das Projekt aus publizistischer

Foto: Heiligenhof

Sicht als Erfolgsgeschichte. Entscheidend dafür sei die große Resonanz, die sie bei sehr vielen Lesern erzielt habe. Viele große wie regionale Medien zitierten oft die Prager Zeitung – oder machten sie gleich selbst zum Thema von Berichten. Die Süddeutsche Zeitung habe bereits unmittelbar nach Erscheinen der Nullnummer im Oktober 1991 geschrieben, daß die Prager Zeitung allem Anschein nach keinem Thema aus dem Weg gehe. Positiv bewertete sie damals, daß für die Prager Zeitung Tschechen und Deutsche schreiben, daß sie also quasi in einer „gemeinsamen deutsch-tschechischen Werkstatt“ entstehe. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung attestierte ihr, daß sie die „europäische Entwicklung im Blick“ habe und den Deutschen „Befindlichkeiten, Meinungen und Ängste vermitteln will, die den Alltag im neu-europäischen Tschechien bestimmten“. Großen Erfolg hatte das Blatt rund um die EU-Erweiterung im Jahr 2004. Damals sei das Interesse an der Tschechischen Republik erneut deutlich angestiegen. Im Westen brauchte man dringend mehr Informationen über den Beitrittskandidaten. Umso überraschender kam für die Korrespondenten das Aus, zumindest für die gedruckte Zeitung, Ende 2016, ausgelöst durch den Rückzug des Hauptgesellschafters. Anzeigenerlöse und Verkaufszahlen trugen die Prager Zeitung nicht mehr dauerhaft. Bis dahin hatte sich die Prager Zeitung zu einer wesentlichen, wenn nicht zu der entscheidenden Stimme für die deutsch-tschechischen Beziehungen entwickelt. „Ein Treppenwitz der Mediengeschichte“ sei es gewesen, daß die Ära der Prager Zeitung mit ihrem 25jährigen Jubiläum endete, als ihr aus Politik und Wirtschaft Unverzichtbarkeit attestiert wurde, weil sie das gegenseitige Verständnis in Europa fördere und eine wichtige Brücke zwischen Deutschland und Tschechien sei. Doch 2016 endete nicht nur die Ära einer gedruckten Zeitung. Vielmehr hatte sich die Prager Zeitung bis zu ihrer Einstellung zu einer wichtigen Stimme der deutsch-tschechischen Beziehungen entwickelt. Mit seiner kontinuierlichen Informations- und Aufklärungsarbeit hat der Journalist Hanisch dabei auch persönlich zu mehr gegenseitigem Wissen und Verständnis beigetragen. „Es erschien mir sinnvoll, als selbstgestellte Aufgabe die deutsch-tschechischen Beziehungen über 30 Jahre lang mit Leben zu erfüllen, zu stärken und sie mit allen Mitteln zu unterstützen, die einem Journalisten zur Verfügung stehen – und mögen sie auch bescheiden sein“, so der Autor. Was bleibt ist die Hoffnung, so Hanisch, einen Investor zu finden und baldmöglichst die 350jährige Geschichte der Prager Zeitung weiterzuschreiben. Hildegard Schuster

n den letzten Wochen erlebten wir erste Anzeichen des Frühlings. Sie erinnerten mich an Eduard Mörikes Frühlingsgedicht, das der Komponist Hugo Wolf wunderbar vertonte: „Frühling läßt sein blaues Band / wieder flattern durch die Lüfte; / süße wohlbekannte Düfte, / streifen ahnungsvoll durchs Land. / Veilchen träumen schon, / wollen balde kommen. / Horch, von fern ein leiser Harfenton! / Frühling, ja du bist‘s! / Dich hab‘ ich vernommen.“ Im Frühling keimt neu auf, was abgestorben war. Es bereitet uns Freude, wenn wir aus dem Boden zarte Pflänzchen und an den Bäumen frische Knospen sprießen sehen. Vogelgezwitscher, Sonnenstrahlen, eine mild-würzige Luft und länger werdende Tage ergänzen die Symphonie dieser Jahreszeit. Der Winter mit seinen grauen Nebeltönen und seiner manchmal klirrenden Kälte liegt hinter uns. Das Leben regt sich in all seinen Dimensionen. Die Verwandlung der Natur läßt uns jedes Jahr staunen. Aber der Frühling löst auch in uns etwas aus. Er lädt uns ein, aus unseren Schneckenhäusern herauszukommen und behutsam die Fühler auszustrecken. Jemand erfährt einen neuen Frühling, wenn sich Enttäuschung, Resignation und Perspektivenlosigkeit in Hoffnung und Zuversicht verwandeln. Diese Verwandlung von innen kann immer wieder geschehen. Oft reiben wir uns die Augen, wenn wir wahrnehmen, daß ein Mensch aus unserer näheren Umgebung einen zweiten oder dritten Frühling erlebt. Der schlesische Mystiker und Dichter Angelus Silesius formulierte in einem Aphorismen den Aufruf: „Blüh auf, gefrorner Christ.“ Dieser Ruf ist eine Einladung, auch im Glauben nicht im Winter zu verharren. Der Frühling vermag uns an die Lebenskraft erinnern, die uns von Gott herzukommt. Viele trauen zwar in unserer Zeit dem christlichen Glauben nicht mehr zu, daß er zu einer neuen Blüte finden wird. Das ist eine Situation, die bereits lange währt. Der Theologe Karl Rahner verfaßte bereits vor Jahrzehnten das Buch „Glaube in winterlicher Zeit“. Manche Christen suchen heute bewußt den Zustand des Gefrorenseins, denn alles Gefrorene bleibt, wie es ist, freilich um den Preis der Erstarrung. Wollen wir wirklich erstarrte Christen sein? In erstarrten kirchlichen Strukturen? Mit einer erstarrten Vorstellung davon, was christlicher Glaube und christliches Leben bedeuten? Vergleichbare Fragen ließen sich übrigens auch in Richtung anderer gesellschaftlicher Institutionen stellen. Manch einer wird nun einwenden, daß wir von einer neuen Blütezeit des Glaubens und der Kirche weit entfernt sind. Aber lohnt es sich nicht, nach den Vorboten eines neuen Frühlings Ausschau zu halten, so wie wir das derzeit in den Gärten und Parks, auf den Wiesen und Feldern tun? Die Aufgabe wäre zu schauen, ob es in der kirchlichen und gesellschaftlichen Landschaft erste Anzeichen von etwas Neuem gibt, von etwas, das sich nicht dumpf und altertümlich, sondern leicht und frisch anfühlt. Und vor allem: Warum wollen wir denn nicht selbst Vorboten eines neuen Frühlings sein? Dr. Martin Leitgöb CSsR Provinzial der Redemptoristen Wien-München


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FORUM

Sudetendeutsche Zeitung Folge 9 | 1. 3. 2024

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Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

wöchentlich (125,00 EUR im Jahr) mit folgendem Zahlungszeitraum:

Helmut Reich 85 Helmut Reich, in Gesinnung und Mundartbeherrschung ein Egerländer Urgestein, feiert am morgigen 2. März 85. Geburtstag.

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jährlich durch Lastschrift halbjährlich durch Lastschrift vierteljährlich durch Lastschrift Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung, Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimatblatt, Zuckmantler Heimatbrief 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Neudeker Heimatbrief, für die Heimatfreunde aus Stadt und Landkreis Neudek 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Reichenberger Zeitung, Nordböhmische Umschau 24 Ausgaben (62,50 EUR im Jahr) Riesengebirgsheimat 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Diese Preise gelten bei Erteilung eines Bankeinzugsauftrags (SEPA-Lastschriftmandat) und Lieferung innerhalb Deutschlands. Preise für Auslandsabonnements auf Anfrage!

eine Wiege stand in Hartessenreuth im Kreis Eger. Seine Eltern waren das Schmiedemeisterehepaar Johann und Emma Reich mit eigener Werkstatt. Im September 1946 wurde die Familie nach Lauf an der Pegnitz in Mittelfranken vertrieben, wo sie für immer seßhaft wurden. Nach Schul- und Berufsausbildung zum Verwaltungsbeamten avanciert, engagierte sich Helmut Reich in der Kirche, karitativ und kommunalpolitisch. Vor allem aber lagen ihm sein Egerland und seine sudetendeutsche Volksgruppe am Herzen, denen er sein Leben lang tätig zur Seite stand. So bekleidete er Ämter wie die des SL-Orts- und Kreis­ obmanns in Heuchling und Lauf und wurde Stellvertretender Präsident der Sudetendeutschen Bundesver-

sammlung. Man zeichnete ihn mit dem Ehrenzeichen und dem Großen Ehrenzeichen der SL aus und ehrte ihn mit der Lodgmanplakette. Neben etlichen anderen Auszeichnungen überreichte ihm 2003 der damalige Ministerpräsident Günter Beckstein das Bundesverdienstkreuz am Bande. Als Helmut 1960 seinem Vater sein Lebensglück Gertrud Hafenrichter vorstellte, sagte dieser mit Egerländer Kurzangebundenheit: „Bou, daii koust nemma!“ Und er hat sie genommen, und zwar für immer. Sie heirateten 1962, bekamen vier Töchter und acht Enkel. Wenn bei Reichs Familienfeiern stattfinden und die Enkel ihre Gspusis mitbringen, dann platzt das Häusl Reich fast aus allen Nähten. Reichs Frau Gertrud stammt aus Wildenstein, nur einen Steinwurf von seinem Geburtsort entfernt. Dennoch hätten sie sich wahrscheinlich in der Heimat nie kennengelernt. So konnten sie der Tragik der Vertrei-

bung doch etwas Gutes abgewinnen. Nach fünfjähriger Tätigkeit beim Versorgungsamt Nürnberg wurde Reich Gemeindeinspektor und anschließend Bürgermeister in Heuchling und Happurg. Nach seiner Funktion als Kreisrat war er Stellvertretender Landrat und wurde schließlich mit großer Mehrheit zum Landrat des Kreises Nürnberger Land gewählt. Das war er zwölf Jahre lang bis zu seiner Pensionierung. Neben seinem Egerländer Gemüt besitzt er auch die Tugenden eines preußischen Beamten wie Gewissenhaftigkeit und Disziplin. So führt er als Stellvertreter der Präsidentin der Sudetendeutschen Bundesversammlung, Christa Naaß, im Vertretungsfall die Bundesversammlung mit Disziplin und viel Geschick Mittelfrankens SL-Bezirksobmann Eberhard Heiser und die Mitglieder des Bezirksvorstandes wünschen ihrem Vize-Bezirksobmann von Herzen noch viele Jahre, die er mit seiner Gertrud in Gesundheit verbringe. Alles andere haben die beiden in REICH-lichem Maß.

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Zehn Tag nach seinem 86. Geburtstag starb der im nordböhmischen Aussig geborene und seit 1949 in Regensburg lebende Künstler Peter Dorn.

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Ich/Wir ermächtige/n die Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH (SVG), Hochstraße 8, 81669 München, Gläubiger-Identifikationsnummer DE04SVG00000003583, Zahlungen von meinem/unserem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein/weisen wir unser Kreditinstitut an, die von der SVG auf mein/unser Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Ich kann/Wir können innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Dabei gelten die mit meinem/unserem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen. Wenn sich meine Kontodaten ändern, teile ich dies der SVG unverzüglich mit.

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� Künstler-Urgestein aus Aussig

Da er bei dieser Arbeit viele meist ältere Künstler kennenlernte und deren Tätigkeit ihn faszinierte, entschloß er sich, ebenfalls freier Künstler zu werden. 1958 wurde er in den Berufsverband der Bildenden Künstler aufgenommen, damals bestritt er schon seine erste Ausstellung. Ab 1960 vertiefte Dorn seine Kenntnisse durch das Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. In Paris lernte er seine erste Frau kennen, die er Mitte der 1960er Jahre heiratete und mit der er zwei Kinder hatte. Die Hochzeitsreise ging 1965 nach Aussig. Später war er noch ein-, zweimal in Aussig. Und dann noch mit seiner zweiten Frau Astrid, mit der er seit 1988 verheiratet war. Eine neue künstlerische Verbindung zu seinen Wurzeln ergab sich 1981 durch den Beitritt zur Künstlergilde Esslingen, die mit der Ostdeutschen Galerie in Regensburg in engem Kontakt steht. Hier stellte Dorn auch oft aus. In den 1980er Jahren bildeten nicht alltägliche Materialien den Schwerpunkt seines Schaffens. Dabei ging es ihm um den Eigenwert der verwendeten Teile, um deren Anonymität und Vorgeschichte. So konnte es vorkommen, daß ein Werk wieder verschwand. Materialien waren zum Beispiel Kopien von Überweisungsträgern, deren Kohleschicht dazu führte, daß die Rückseiten verschieden aussahen. Oder Strichcodes auf der Rückseite von Eisenbahnkarten. Sogar die EKG-Daten bei seinem Herzinfarkt 1996 gestaltete Dorn zu einem Kunstwerk um. Zu seinen Auszeichnungen gehören der Kulturförderpreis der Stadt Regensburg 1979, der Kulturpreis Ostbayern 1993 oder der Gerfried Schellberger-Kunstpreis 2010. Neben den bereits erwähnten Ausstellungsorten arbeitete er 1995 auf Vorschlag des Oberpfälzer Künstlerhauses Kebbel-Villa in Schwandorf einige Zeit im USA-Bundesstaat Virginia im Rahmen des ResArtisKonzepts, eines weltweiten Austauschprogramms für Künstler. Ende letzten Jahres schenkte er dem Kunstforum Ostdeutsche Galerie ein Konvolut aus seinem Opus von 1958 bis 2021. Nur wenige Wochen später starb er. Markus Bauer

Peter Dorn †

eine Werke, für die er viele Preise erhielt und die er im Inund Ausland ausstellte, sind oft kraftvoll, mitunter radikal. Dorn selbst war eher still und zurückhaltend, bescheiden und liebenswürdig. Im Gespräch blitzten seine unstillbare Neugier, sein wacher Verstand, sein feiner Humor und seine Ironie auf. Vor allem seine Ironie drückte sich oft in seinen Werken aus. Gerne arbeitete er mit ungewohnten Materialien wie Karton, Leisten aus dem Baumarkt, Aluminiumplatten, billigen Taschenlampen, Leimresten oder Mülltonnen. Das zeigt, daß viele seiner Arbeiten nicht für die Ewigkeit konzipiert waren. „Auch das Verschwinden einer Arbeit ist interessant“, meinte er. Spezielle Installationen, die Konsistenz der Stoffe oder zeitliche Befristungen bringen temporäre Grenzen mit sich. Bei den Themen und den zu Grunde liegenden Gedanken, den künstlerischen Ausdrucksformen sowie Materialien setzte Dorn sich keine Grenzen. Grenzüberschreitend waren auch seine Ausstellungen. Schon 1973 waren Werke von ihm im nordserbischen Neusatz zu sehen. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs war er regelmäßig in Städten präsent wie Krummau, Pilsen, Oberplan und Karlsbad in Böhmen oder Preßburg in der Slowakei. Und das hat auch seinen Grund. Er war nämlich am 6. Februar 1938 in Aussig zur Welt gekommen und hatte als siebenjähriger Bub das gegen die deutsche Zivilbevölkerung gerichtete Pogrom am 31. Juli 1945, das als „Massaker von Aussig“ in die Geschichte einging, miterlebt. Im Herbst 1944 war Dorn eingeschult worden. „Zwei schwere Bombenangriffe hat es im April 1945 gegeben“, erinnerte er sich. Ein Wendepunkt war für ihn der Einmarsch der Russen. „Von einem Tag auf den anderen sind aus uns Deutschen tschechische Staatsbürger geworden. Das war schwierig, denn ich konnte nicht Tschechisch, auch meine Mutter nicht.“ Unvergeßlich sei die Explosion des Munitionslagers gewesen, „denn wir befanden uns in unmittelbarer Nähe dieses Ex-

plosionsherdes, wir waren hautnah betroffen. Das war der Anlaß für die überfallartigen Tätlichkeiten der Tschechen. Ich war dann auch mit einer weißen Armbinde gekennzeichnet.“ Unbegreiflich für ihn war, daß das Gehen auf dem Bürgersteig verboten war. Und es wurde noch unverständlicher für ihn. „Zunächst bekam man die Drohung, nicht auf die Straße zu gehen – und dann mußte man auf die Straße gehen. Das sind Kindheitserinnerungen, die ich mein Leben lang verdrängt habe. Mit zunehmendem Alter kommen diese Erinnerungen hoch. Sie kommen nur als Information hoch, völlig unemotional. Ich käme nie auf die Idee, deswegen einen Tschechen zur Verantwortung zu ziehen.“ „Im August 1945 sind wir dann vertrieben, ausgesiedelt worden. Für mich als Kind war das sehr eigenartig. Das wenige Gepäck kam in ein Kinderwagerl. Die Personen sind Straßenzug für Straßenzug zusammengefaßt worden. Im Pulk ging es zum Güterbahnhof. Wir wurden in Kohlenwaggons eingeladen, die nicht überdacht waren. Zusammengepfercht, Männer und Frauen getrennt“, schilderte er. Der Transport ging aber nur bis Bad Schandau jenseits der Grenze Richtung Dresden. Dort gab es auch das Angebot, wieder zurückzukehren – aber Dorns Mutter blieb eisern. Über Pirna, Lütkendorf bei Putlitz/Prignitz und Wittenberge ging es schließlich 1949 nach Regensburg. Hier hatte Dorns Vater seine alte Aussiger Lackfabrik Seiche wieder gefunden. Am Neuen Gymnasium setzte Peter Dorn bis 1955 die schulische Ausbildung fort, danach machte er eine grafische Ausbildung in einem Werbeatelier, dessen Inhaber der aus Brüx stammende Franz Ruhs war. Dorns erste Arbeit war im Oktober 1955 für den Tag der Heimat. In einer großen Karte, welche die Herkunftsgebiete der Heimatvertriebenen und die Flüchtlingsströme zeigte, mußte er die Wappen, die beschädigt oder kaputt waren, ausbessern oder neu malen.

Alois Glück spricht beim deutschtschechischen Bundestreffen der Ackermann-Gemeinde und der Sdružení Ackermann-Gemeinde 2015 in Budweis. Bild: Markus Bauer

� Kämpfer für den Glauben

Alois Glück † Am 26. Februar starb Alois Glück mit 84 Jahren in München. Der Oberbayer und CSUPolitiker war kein Sudetendeutscher, doch Ehrenbürger der Vertriebenenstadt Traunreut. Und er war Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).

A

lois Glück wuchs auf einem Bauernhof im oberbayerischen Hörzing auf. Dieses Dorf wurde bald Teil der Stadt Traunreut, einer der fünf Vertriebenenstädte in Oberbayern. Deshalb lernte er schon als Kind das Schicksal der Vertriebenen aus dem deutschen Osten kennen. Zuvor, als er vier Jahre alt war, war sein Vater im Krieg gefallen. Mit 17 Jahren übernahm er daher die Leitung des elterlichen Bauernhofes und besuchte die Landwirtschaftsschule. Als er 1964 bis 1971 Landessekretär der Katholischen Landjugendbewegung Bayerns war, bildete er sich über die Themen Jugend- und Erwachsenenbildung sowie im Journalismus fort. In der zweiten Hälfte der sechziger Jahre arbeitete er als freier Mitarbeiter für verschiedene Rundfunksender, unter anderem als ständiger freier Mitarbeiter beim Bayerischen Rundfunk. 1970 begann für den damals 30jährigen seine politische Laufbahn im Bayerischen Landtag. 1974 bis 1986 war er Vorsitzender des Parlamentsausschusses für Landesentwicklung und Umweltfragen. 1986 berief ihn Franz Josef Strauß zum Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, seit 1988 führte er die CSU-Landtagsfraktion und 1994 bis 2007 den CSU-Bezirksverband Oberbayern. Zudem war er Mitglied im Parteivorstand, im Parteipräsidium und Vorsitzender der CSU-Grundsatzkommission bis 2009. Im Jahr 2003 wurde er zum Präsidenten des Bayerischen Landtages gewählt. 2008 schied er aus der Parteipolitik aus. Zu dem Zeitpunkt war der – als hochgebildet geschätzte – gelernte Landwirt mit 38 Mandatsjahren der dienstälteste Parlamentarier in Deutschland. 2013 wurde er mit 97 Prozent für zwei Jahre zum ZdK-Präsidenten gewählt. Auch Volksgruppensprecher Bernd Posselt trauert um einen guten Freund und Weggefährten: „Obwohl Alois Glück niemals Ministerpräsident oder Parteivorsitzender war, hat er Bayern und die CSU so sehr geprägt wie nur wenige. Er tat dies, weil er nicht der klassische Machtpolitiker, aber ein Geistesriese war. Alois Glück, ein typischer Altbayer, war tief verwurzelt in der Katholischen Soziallehre, deren Wurzeln in Haid in Böhmen liegen sowie in christlich-ökologischen Gedankengut der Landjugend, aus der er hervorgegangen ist. Sein Dienst an Welt und Kirche wurde parteiübergreifend anerkannt. Er war ein kenntnisreicher Förderer und Partner der Sudetendeutschen Volksgruppe. Wir werden seiner stets gedenken.“ Nadira Hurnaus


Begrüßung im Foyer des Sudetendeutschen Museums: Heimatpflegerin Christina Meinusch, Ausstellungskuratorin Dr. Eva Haupt und Museumsdirektor Dr. Stefan Planker. Beim Tag der Muttersprache, der dieses Jahr am 21. Februar begangen wurde, beteiligte sich auch das Sudetendeutsche Museum in München an den Feierlichkeiten. Gemeinsam mit der Heimatpflege der Sudetendeutschen bot es Führungen an, bei denen Dialekte aus vier sudetendeutschen Kulturregionen erklangen. Durch das Museum führten die Mundartsprecher Alois Kuschel aus dem Böhmerwald und Leo Schön aus Braunau sowie die beiden SL-Volkstums­ preisträger Lorenz Loserth aus dem Altvaterland und Harald Höfer aus der Sprachinsel Iglau.

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erzlich willkommen im Sudetendeutschen Museum“, begrüßt Christina Meinusch die Gäste im Foyer. „Heute werden wir eine Museumsführung der besonderen Art erleben“, kündigt die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen an. Zum Tag der Muttersprache stellen vier Landsleute ihre Region und Exponate in ihrem heimischen Dialekt vor. Allerdings werde sie selbst nicht Fränkisch sprechen, so Meinusch. Die Mundart überlasse sie kompetenteren Leuten. „Griaßt Enk olle mitanand!“, ruft Stefan Planker. Der Museumsdirektor freut sich in seiner heimischen Südtiroler Mundart über die unerwartet vielen Gäste in seinem Haus.

Heimat und Glaube Die eigentliche Gesamtführung gestaltet Eva Haupt. Als Kuratorin führte sie schon oft Gruppen durch das Museum und ist überrascht vom großen Interesse an dieser Form der Begegnung. Und so fahren die Teilnehmer mit dem Aufzug in den obersten Stock, wo der Rundgang beginnt. „Die Heimat der Sudetendeutschen war kein einheitliches Siedlungsgebiet“, betont Eva Haupt dort. „Mehr als ein Dutzend Regionen bildeten Heimatlandschaften mit unterschiedlichen Mundarten, Bräuchen und Wirtschaftszweigen.“ Erst seit 1919 seien alle Deutschen der verschiedenen Heimatlandschaften unter dem Begriff „Sudetendeutsche“ zusammengefaßt

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KULTUR

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worden. An einer großen interaktiven Karte zeigt Harry Höfer Iglau, wo seine Familie herstammt. „Die Iglauer Sprachinsel bildete ein deutsches Gebiet inmitten des tschechischen Sprachraums“, sagt er. Dort sei ein nordbairischer Dialekt mit obersächsischen Einflüssen gesprochen worden. Höfer beschreibt – für alle gut verständlich – die Region um Iglau und deren Geschichte. Der äußerst aktive Musiker stellt dann die in Einbaum-Bauweise gebaute Iglauer Fiedel vor, die er selbst hervorragend spielt. Höfer spielte in mehreren Volksmusikensembles und pflegte intensiv sein heimatliches Brauchtum auch auf anderen Gebieten – etwa der Kochkunst –, wofür er gemeinsam mit Ehefrau Traudl 2013 mit dem SL-Volkstums­preis ausgezeichnet wurde. Weiter zieht die große Gruppe zu einer Vitrine, in der religiöse Bräuche in den böhmischen Ländern vorgestellt werden. Diese Bräuche hätten private und öffentliche Feste bestimmt, aber auch den Alltag geprägt, so Eva Haupt. Und einen besonderen Brauch stellt nun Alois Kuschel vor. In seinem für die Bayern unter den Gästen sehr vertraut klingenden Böhmerwäldlerisch beschreibt er die Totenbretter, von denen eines in der Vitrine zu sehen ist. Das Brett, auf dem der Verstorbene bis zu seiner Einsargung lag und er der Familie und den Freunden gezeigt wurde, sei zur Erinnerung an den Toten mit einer Inschrift versehen,

Lorenz Loserth, Leo Schön, die Heimatpflegerin Christina Meinusch, Alois Kuschel und Harry Höfer. Bilder: Susanne Habel

� Tag der Muttersprache im Sudetendeutschen Museum in München

Vier Dialekte

Harry Höfer stellt die Iglauer Sprachinsel und die von dort stammende Iglauer Fiedel vor. Hinter ihm Eva Haupt, die durch die Museumsabteilungen führt.

Alois Kuschel erzählt von den Böhmerwälder Totenbrettern, von denen eines in der Vitrine zu sehen ist.

Über einen Stuhl, der nach der Vertreibung bis nach Linz kommt, berichtet Leo Schön.

bemalt und geschnitzt und an Stätten, wo der Verstorbene gelebt und geschaffen habe, aufgestellt worden. Außer Namen und Jahreszahlen trügen die Totenbretter oft noch einen kurzen Spruch, zeigt er anhand des ausgestellten Totenbretts. Alois Kuschel ist ebenfalls ein ausübender Musiker, wie die Heimatpflegerin in ihrer Vorstellung der Mundartsprecher im Foyer erklärte. Kuschel und seine Familie sind aktiv in der Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München. Seine Tochter Anna wurde 2013 mit dem SLFörderpreis geehrt. Eva Haupt geleitet nun alle ein Stockwerk tiefer in die Abteilung „Wirtschaft und Kultur“, wo Land- und Forstwirtschaft sowie Bergbau und das das kulturelle Leben dargestellt werden. Wie üblich erregt die Böhmerland, das längste Serienmotorrad der Welt, Aufsehen. Weiter geht es durch die Präsentation von Nationalismus und Nationalstaat in der zweiten Hälfte des 19. und der erste Hälfte des 20. Jahrhunderts bis zu den Entwicklungen in der Tschechoslowakei (1918–1938). Dort waren die Deutschen nicht mehr eine dominante, sondern eine dominierte Minderheit. Die Wirtschaftskrise führte zur politischen Radikalisierung und zur Abtrennung der Sudetengebiete an das Deutsche Reich. Im NS-Staat wich die anfängliche Begeisterung aufgrund von Gleichschaltung und Verfolgungen einer Ernüchterung, besonders nach Kriegsausbruch,

und jeder dritte sudetendeutsche Soldat fiel im Zweiten Weltkrieg, wie die Dauerausstellung anschaulich zeigt. Dann geht es zu den Jahren 1945 und 1946 in der speziellen Abteilung über den Verlust der Heimat durch Flucht und Vertreibung. Repressalien, Internierung und Zwangsarbeit mit Lageraufenthalten sowie unterschiedliche Formen der Vertreibung mit eindrücklichen persönlichen Erinnerungen prägten diese Zeit.

Verlust und Vertreibung Über die Vertreibung aus seinem Heimatort im böhmischen Riesengebirge erzählt jetzt Leo Schön. Der Zeitzeuge stellt in Braunauer Mundart einen Stuhl vor, der aus Trautenau mitgenommen worden und im österreichischen Linz gelandet war, bis das schlichte Möbelstück seinen Weg in das Sudetendeutsche Museum fand. Dann geht es noch ein Stockwerk tiefer in die letzte Abteilung des Museums über „Nachkriegszeit und Neubeginn“. Hier werde die wirtschaftliche Aufbauleistung und die Pflege der alten Traditionen gezeigt, die Gründung von Verbänden und Vereinigungen und die Partnerschaften mit tschechischen Pfarreien und Kommunen, wie Eva Haupt zusammenfaßt. Ein Teil der Aufbauleistung seien sicher die Wieder- und Neugründungen von in der Heimat erfolgreichen Firmen gewesen. Diese Kontinuität schildert Lorenz Loserth spannend am Beispiel der Geschichte des echten Altvater-Kräuterliqueurs mit der Firma Gessler als Produzenten. Loserth, der SL-Volkstums­ preisträger von 2022, ist vielfach aktiv, etwa als Vize-Heimatkreisbetreuer für Jägerndorf und Ortsbetreuer für Lobenstein im Altvatergebirge sowie bei vielen Veranstaltungen. Leider hat Loserth im Sudetendeutschen Museum nicht ausreichend Altvaterliqueur für all die Gäste dabei. Er will jedoch bis zum Ostermarkt im Sudetendeutschen Haus im März für Nachschub sorgen. Susanne Habel

Lorenz Loserth erzählt von Gesslers echtem Altvater-Kräuterliqueur, Heimatpflegerin Meinusch hört zu.


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KULTUR

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Am Tag der Mundart beteiligte sich auch die Heimatpflege der Sudetendeutschen in München und veranstaltete im Sudetendeutschen Haus das Konzert „Ohne Untertitel“ mit der Band „Mauke“. Überaus erfolgreich tritt das Ensemble seit mittlerweile fast 20 Jahren auf und ist einem breiten Publikum insbesondere in Bayern und Böhmen ein Begriff. „Mauke – die Band“ wurde bereits mit dem Dialektpreis des Freistaats Bayern und 2023 von der Sudetendeutschen Landsmannschaft mit dem Kulturpreis für Heimat- und Volkstumspflege ausgezeichnet. Die Band aus Kaufbeuren-Neugablonz bot im Adalbert-Stifter-Saal mitreißende Musik, paurischen Dialekt und launiges Kabarett.

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auke – die Band“ besteht aus Frontmann und Multiinstrumentalist Wolfgang Klemm, Schlagzeuger und Mundartdichter Michael O. Siegmund, Herbert Stumpe mit Gitarre, Sven Siegmund am Piano, Björn Siegmund zur stimmlichen Begleitung, Gregor Zasche am Schlagwerk und Dieter Schaurich mit Baßgitarre. Gegründet wurde die Band 2006. Bei der Wahl des Namens entschied man sich für einen typisch Begriff aus dem Paurischen. In diesem nordböhmischen Dialekt steht Mauke für (Kartoffel-)Brei, also eine Vermischung von Dingen. Das paßt zu der einzigartigen Vermischung von Musik, paurischen Texten und Persiflage, die Mauke zelebriert.

Ganz ohne Untertitel So war dies auch beim aktuellen Konzert im Sudetendeutschen Haus: Wolfgang Klemm als Frontmann und Moderator kündigte jeweils mit viel Witz einen beliebten Hit an, zu dem Herbert Stumpe ein paurisches „Stickl“ – also ein kurzes Gedicht in paurischer Mundart – lieferte. Dann gab es das Lied im „Original“, bei dem aber auch oft der Text lustig verfremdet wurde. So wurde aus Udo Jürgens‘ „Mit 66 Jahren“ das persiflierende „Mit 66 Haaren“, die Tirade eines älteren Mannes, der seinen Haarverlust beklagt. Dabei lautete die nächste Zeile: „kannst dir den Friseur ersparen!“ Nach diesem Strickmuster variieren die Musiker von Mauke viele beliebte Ohrwürmer, wobei eben auch vieles mit oder in paurisch erklingt. So gab es etwa auch eine Version von „Please release me“ von Eddie Miller und Robert Yount beziehungsweise später von En-

„Mauke – die Band“ im Adalbert-Stifter-Saal im Sudetendeutschen Haus: Dieter Schaurich an der Solobaßgitarre, Countersopran Björn Siegmund, Wolfgang Klemm an der Trompete, Gregor Zasche am Schlagzeug, Herbert Stumpe an der Stromgitarre und Sven Siegmund am Klavier. Bilder: Susanne Habel

� Konzert beim Tag der Muttersprache im Sudetendeutschen Haus in München: Konzert mit Mauke – die Band

Persiflage in paurischer Mundart gelbert Humperdinck oder einen Song nach „Ich brech die Herzen der stolzesten Frau‘n“, das Heinz Rühmann einst sang. Mauke coverte auch Lieder aus „Der dritte Mann“ oder „Das Dschungelbuch“. Bei „Fever“ von Peggy Lee schnippste das Publikum begeistert mit. Alles funktionierte auch „ohne Untertitel“, wie das neue Programm von „Mauke – die Band“ heißt. Natürlich verstanden die Zuhörer trotzdem alles, auch wenn manche die Band zum ersten Mal erlebten. Dabei haben die Musiker eine steile Karriere hinter sich. Aus gelegentlichen Konzerten in den Anfangsjahren wurden größere Auftritte mit immer mehr Publikum. Als Durchbruch wird der Auftritt im Rahmen der „ARTigen Samstage“ 2009 gesehen, als Hunderte von zugereisten Noppern – paurisch für Nachbarn oder Neugablonzer – den Obstmarkt und die umliegenden Gäßchen in Neugablonz füllten, um Mauke zu sehen und zu hören. Und so ging es mit Auftritten weiter. 2013 kam ein Highlight in der Erfolgsgeschichte dazu: der Kunst- und Kulturpreis der oberbayerischen Stadt

Kaufbeuren im Allgäu, die Partnerstadt von Gablonz/Jablonec ist. Ein wechselndes Rahmenprogramm mit immer neuen Liedern führte dazu, daß die Begeisterung nie nachließ und „Mauke – die Band“ bis jetzt immer vor ausverkauften Sälen spielen durfte. Eine Busfahrt führte „Mauke – die

In der ersten Reihe: Stephanie Waldburg und Sprecher Bernd Posselt.

Band“ 2015 zu den Wurzeln des paurischen Dialekts, nach Gablonz/Jablonec. Dort gab es Konzerte vor dem Rathaus und im Haus der deutsch-tschechischen Verständigung in Reinowitz. Im Juni 2017 ging es erneut mit dem Bus nach Gablonz. Diesmal war der Höhepunkt für „Mauke – die Band“ der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt während des Empfangs im Rathaus und auch ein Open-Air Konzert auf der Sonnenterrasse des Reichenberger Hausbergs Jeschken. Am 3. September 2019 war er dann da, der Moment, den keiner erwartet hatte: „Mauke – die Band“ erhielt den Dialektpreis Bayern 2019, den ihr Heimatminister Albert Füracker verlieh. Leider fielen Auftritte coronabedingt danach oft aus. Nach der ärgsten Pandemie ging es jedoch, zum Teil in veränderter Besetzung, erfolgreich weiter. Im September 2022 folgte einer der größten Auftritte für „Mauke“ beim Neugabiläum, der 75-Jahr-Feier von Neugablonz. Am Pfingstwochenende 2023 bekam „Mauke“ im Stadttheater Regensburg den Sudetendeutschen Kulturpreis und trat am Pfingstsamstag in der Donau-

Arena auf. Ende 2023 kam ein neues Programm. Unter dem Motto „ohne Untertitel“ begeistert „Mauke“ seither das Publikum, und nun eben auch die Gäste im Adalbert-Stifter-Saal. „Mauke“ schafft es weiterhin, die treuen Fans in jedem Jahr aufs Neue sowohl mit neuen Liedern wie auch mit Klassikern auf das Beste zu unterhalten. Dieser Weg scheint der Richtige zum Erhalt der geliebten paurischen Mundart zu sein, die für viele Muttersprache war und zunehmend wieder ist. Denn die Musiker von „Mauke“ erreichen mit ihrem Einsatz, daß nicht nur bei älteren Landsleuten, sondern auch bei vielen Jugendlichen der nordböhmische Dialekt zum Erfolg wird. Diesem Zweck dient auch die von „Mauke“ initiierte Internetseite www. wir-noppern.de. Auf dieser Website rund um die heimische Mundart stellen beispielsweise Interessenten und Mundartsprecher Texte und Videos im paurischen Dialekt online. Auch ein You­ Tube-Channel ist unter dem Suchbegriff „wir-noppern“ zu finden. Susanne Habel

� Literarisches Café von Ackermann-Gemeinde und Adalbert-Stifter-Verein in Regensburg

Phantasie als Basis des Selbstbewußtseins Auf großes Interesse stieß Mitte Februar das Literarische Café der Ackermann-Gemeinde Regensburg über „Otfried Preußler: Die heilende Kraft der Phantasie“. Leider mußte kurzfristig die vorgesehene Referentin Anna Knechtel, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Stellvertretende Geschäftsführerin des Adalbert-Stifter-Vereins, krankheitsbedingt absagen. Ihr Referat trug das Vorstandsmitglied der Ackermann-Gemeinde Regensburg, Martin Sarnezki, vor. Die Textauszüge lasen Jean Rutherford Ritzke, Karl-Ludwig Ritzke und Else Gruß.

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ut 50 Damen und Herren – zum Teil aus weiter entfernten Orten – wohnten der Veranstaltung in der Reihe „Literatur im Café“ des Adalbert-StifterVereins bei, diesmal im Café Fürstenhof. Der neue Diözesanvorsitzende Bernhard Dick freute sich in seiner Begrüßung über den guten Besuch und verwies darauf, daß Preußler nicht nur Literatur für Kinder geschaffen habe, sondern auch Bücher und Inhalte für alle Generationen, so etwa das Jugendbuch „Krabat“ oder „Die Flucht nach Ägypten. Königlich böhmischer Teil“. Nicht in Vergessenheit geraten, vielmehr in der ganzen Welt bekannt sei Otfried Preußler. Das stellte Martin Sarnezki, Knechtels Manuskript zitierend, ein-

leitend fest. Nicht fehlen durften Daten über Preußlers Vita: Geboren am 20. Oktober 1923 in Reichenberg, die allerersten literarischen Aktivitäten im Alter von zwölf Jahren, ab März 1942 Militärdienst im Krieg und Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion bis 1949. Der Kontakt zu seiner Jugendliebe brachte es mit sich, daß er nach Rosenheim in Oberbayern kam. Hier war er als Autor in diversen Bereichen und als Lehrer – ab 1963 Schulleiter – tätig. 1980 ging er in den Vorruhestand und vertiefte seine Tätigkeit nun als freier Schriftsteller. Am 18. Februar 2013 starb er in Prien am Chiemsee. Die ersten vorgetragenen Text-

ausschnitte stammten aus dem Kinderbuch „Der kleine Wassermann“ (1956). Basis waren GuteNacht-Geschichten, die Preußler aufschrieb. Sie sollten die Phantasie der Kinder anregen, außerdem drücke sich die enge Beziehung Preußlers zu seinem Vater aus, verdeutlichte Sarnezki. Erzählungen oder Sagen und Märchen, die der Vater erzählte, flossen ebenso ein. Als zweite Quelle nannte Sarnezki die realistischen Erzählungen der Großmutter väterlicherseits. Da ging es dann beispielsweise um den Räuberwald oder einen Waldteufel und manch andere Geschichte. Die Oma habe ihren Enkeln versichert, daß

die von ihr geschilderten Begebenheiten in alten Geschichtsbüchern stehen würden. Die in vielen Regionen, auch in nordböhmischen Schlössern verbreitete Sage von der Weißen Frau war Grundlage für das im Jahr 1966 erschienene Kinderbuch „Das kleine Gespenst“, aus dem Textauszüge zum Vortrag kamen. Eindrücke von der NS-Ideologie, konkret von einem Ernteeinsatz einer Gruppe Jungen des Deutschen Jungvolkes in einem bäuerlichen Dorf im Sudetenland im Spätsommer 1940, schlugen sich dann 1944 im Jugendbuch „Erntelager Geyer“ nieder. Dieses Werk fand kurze Erwähnung.

Traumatische Kriegserlebnisse verarbeitete Preußler ebenfalls. Einen Schwerpunkt der Lesung bildete dann das im Jahr 1971 veröffentlichte Jugendbuch „Krabat“, das inhaltlich auf der sorbischen Krabat-Sage basiert. Darin geht es um den Lehrling eines Zaubermeisters. Der Auszubildende muß sich dabei gegen den Ausbilder behaupten, ja ihm schließlich das Handwerk legen, um Liebe und Frieden zu erreichen.

Konzept für Krabat „Das ist ein Roman für größere Kinder und auch für Erwachsene“, stellte Sarnezki dazu fest. Da

Martin Sarnezki beim Vortrag. Links neben ihm sitzend Dr. Jean Ritzke Rutherford und Karl-Ludwig Ritzke, die Textpassagen vorlesen. Rechts: Else Gruß liest ebenfalls einen Textabschnitt. Bilder: Markus Bauer

Preußler zunächst mit dem Konzept noch nicht zufrieden war, stellte er „Krabat“ zunächst zurück. Dafür arbeitete er am „Räuber Hotzenplotz“, der 1962 herauskam und mit zu seinen bedeutendsten und bekanntesten Werken zählt. Bei „Krabat“ geht es um die Verführbarkeit und damit auch um eine Auseinandersetzung mit den NS-Erfahrungen von Macht, Verlockung und Verstrickung. Aber auch um das Recht auf ein Kind-Sein für Kinder. „Phantasie ist die Basis für ein gesundes Selbstbewußtsein“, faßte der Vortragende zusammen. Zum Abschluß durfte natürlich das im Jahr 1978 erschienene Buch „Die Flucht nach Ägypten. Königlich böhmischer Teil“ nicht fehlen. Die biblischen Orte und Personen finden sich hier in Preußlers Heimat Nordböhmen, Weihnachtskrippen des Isergebirges dienen als Muster, König Herodes wird quasi zu Kaiser Franz-Joseph, geschildert werden einfache Menschen mit ihrem Schicksal. Als Basis dienten Preußler Erzählungen seiner beiden Großmütter. Mit dem Vortrag eines repräsentativen Textauszuges endeten die Ausführungen. Als eine „sehr beeindruckende Auswahl von Kindergeschichten bis hin zu sehr ernsten Themen“ würdigte Vorsitzender Dick die Lesung und dankte den vier Akteuren herzlich. Mit dem Hinweis auf das nächste Literarische Café am 22. März endete die Veranstaltung. Privatdozent Kenneth Hanshew wird dann Milan Kunderas Roman „Das Leben ist anderswo“ vorstellen. Markus Bauer


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VERBANDSNACHRICHTEN

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� Deutsch-Europäisches Bildungswerk in Hessen

Neuer Vorstand gewählt Ende Februar fand im Wiesbadener Haus der Heimat die ordentliche Mitgliederversammlung des Deutsch-Europäischen Bildungswerks in Hessen (­DEBWH) statt, an der zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter des BdV-Landesverbandes Hessen und der Landsmannschaften in Hessen teilnahmen. Wichtigster Tagesordnungspunkt war die Neuwahl des Vorstandes. Die Ackermänner auf der Treppe zum Regensburger Dom mit Karl-Ludwig Ritzke, Alt-Vorsitzender der AG im Bistum Regensburg, Sebastian Panten und Luise Olbert sowie Florian Würsch. Bilder (2): Markus Bauer

� Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg

Warum wurde Method in Regensburg verhaftet? Knapp 40 Personen aus allen Altersgruppen kamen am vergangenen Samstag zum Intergenerationellen Treffen zusammen, das die Ackermann-Gemeinde (AG) im Bistum Regensburg zusammen mit der Jungen Aktion der Ackermann-Gemeinde bot. Ziel dieser Veranstaltung sowie weiterer in Planung befindlicher Aktionen ist, Leute aus der jungen und mittleren Generation für die Arbeit dieses Verbandes zu gewinnen. Der Startschuß verlief schon mal positiv. Dazu trugen mehrere Aspekte bei. Die beiden Stellvertretenden Bundessprecher der Jungen Aktion, Luise Olbert und Sebastian Panten, studieren an der Universität Regensburg, sind also derzeit hier auch ansässig. Der Vater von Sebastian Panten, der Bürgermeister von Parkstetten und Stellvertretende AG-Bundesvorsitzende Martin Panten, brachte gleich eine stattliche Anzahl Parkstettener mit, so daß sich zusammen mit Mitgliedern des Regensburger Verbandes eine bunt zusammengewürfelte Gruppe ergab. In zwei Gruppen ging es nach dem Gruppenfoto zur Stadterkundung. 14 jüngere Teilnehmerinnen und Teilnehmer – zehn bis 29 Jahre, zwei Elternpaare – erweiterten ihr Wissen über Regensburg bei einer Stadtrallye. Hier ging es in zwölf Fragen oder Aufgaben darum, Aspekte der Stadt Regensburg und einzelne Sehenswürdigkeiten wie Anzahl der Brunnen, Stadtwappen, Wurstkuchl, Don Juan

Don Juan de Austria oder Ritter Johann von Österreich (* 24. Februar 1547 in Regensburg, † 1. Oktober 1578 im belgischen Bouge) war Befehlshaber der spanischen Flotte und Statthalter der habsburgischen Niederlande. Er war der außereheliche Sohn Kaiser Karls V. und der bürgerlichen Regensburger Gürtlerstochter Barbara Blomberg.

de Austria, Dom, Haus der Bayerischen Geschichte zu finden, darüber zu recherchieren und Fotos zu machen. Die beiden jeweils sieben Leute umfassenden Kleingruppen hatten am En-

de die gleiche Punktzahl und erhielten beim Abendessen in der Brauereigaststätte Kneitinger Süßigkeiten. Für die Erwachsenen bot Florian Würsch, Vorstandsmitglied der Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg, eine Stadtführung zum Schwerpunktthema „Gemeinsame Geschichte von Regensburg und Böhmen beziehungsweise von Bayern und Tschechien“. Würsch erzählte, daß es schon zur Zeit der Kelten einen regen Austausch und Handel in dieser Region gegeben habe. Konkret mit Regensburg zu verbinden seien im achten Jahrhundert die von den Benediktinern im Kloster Sankt Emmeram begonnene Missionierung in Richtung Böhmen, die Gründung des näher an Böhmen liegenden Tochterklosters Chammünster und 845 die Taufe der 14 böhmischen Fürsten in der Stiftskirche Sankt Johann. Letzteres habe zunächst aber keine größere Breitenwirkung gehabt: „Die flächendeckende Christianisierung dauerte noch etwas.“ Genau das vertiefte er an der nächsten Station, der Alten Kapelle, wo ein Schild auf die Präsenz des Slawenapostels Method im Jahr 870 in Regensburg hinweist. Zusammen mit seinem Bruder Kyrill habe Method vom Osten her die christliche Missionierung der slawischen Völker betrieben und sei bis nach Böhmen vorgedrungen. Daher sei er zum Reichstag nach Regensburg eingeladen, dort verhaftet, aber nach kurzer Zeit wieder freigelassen worden. Bischof Tuto, Regensburger Kirchenoberhaupt von 894 bis 930, habe Leitlinien für das christliche Leben in Böhmen festgelegt und für die Einsetzung von Klerikern in Prag und anderen Orten gesorgt. In diese Zeit falle auch der Bau der ersten Kathedrale in Prag. „Auf der Ebene der Amtskirche gab es sehr enge Verbindungen, weniger auf

der volkskirchlichen Ebene“, beschrieb Würsch die damalige Situation. Ein einschneidendes Ereignis habe sich schließlich im Jahr 973 vollzogen, als der Regensburger Bischof Wolfgang den böhmischen Teil seines Bistums abgespaltet und zur selbständigen oder Tochter-Diözese Prag erhoben habe. Im Gegensatz zu seinem Nachfolger Adalbert (982–997) sei der erste Prager Bischof Thietmar (973–982) heute fast nicht mehr bekannt. Weitere Station war die Steinerne Brücke als Symbol für den regen Handel mit Böhmen und als architektonisches Vorbild für die Prager Karlsbrücke. Mit Blick auf den Dom wies Würsch auf die 100 Jahre währende Dombaumeister-Dynastie der Roritzer (1414–1514) hin, deren Wurzeln im mittelböhmischen Kolin gelegen hätten. Wolfgang Roritzer, der letzte aus dieser Dynastie, habe sich an einem Aufstand gegen den Kaiser beteiligt und sei deshalb am 30. Mai 1514 enthauptet worden. Vor dem früheren Wohnhaus Johannes Keplers in der heutigen Keplerstraße ging es natürlich um den bekannten Astronomen, der von 1600 bis 1612 in Prag und von 1626 bis 1628 in Regensburg gewirkt habe. Zwei Jahre später habe er in Regensburg noch offene Gehaltszahlungen aus seiner früheren Tätigkeit in Linz einfordern wollen, sei aber erkrankt und sehr schnell im Alter von 58 Jahren gestorben. Mit einem kurzen Schlenker zum Denkmal des Don Juan de Austria ging es am Alten Rathaus zur Neuen Geschichte: die Rolle Wallensteins 1633 beim Sturm der Schweden auf Regensburg und die Bedeutung Regensburgs als Ort des Immerwährenden Reichstags von 1663 bis 1806. Mit der Gründung des Deutschen Bundes beziehungsweise des Deutschen Kaiserreiches hätten sich zwar die staatlichen Konstrukte geändert, aber die Bezüge, Kontakte und der Austausch mit Böhmen seien bestehen geblieben, faßte Würsch zusammen. Nur zwischen 1948 und 1989 habe der Eiserne Vorhang die Nachbarn getrennt, seit dreieinhalb Jahrzehnten bestünden nun wieder gute Beziehungen, auch mit den Partnerschaften zwischen Regensburg und Pilsen auf Stadt- und Bistumsebene sowie vielen Netzwerken bei der Ackermann-Gemeinde. Im Rahmen der intergenerationellen Treffen sind weitere Veranstaltungen im Sommer und Herbst in Planung. Darüber hinaus finden aber auch die bewährten AG-Veranstaltungen im Bistum Regensburg wie Literarisches Café, Nepomukfeier oder Grenzenlose Wanderung statt. Markus Bauer

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Vorsitzende Wilhelm Beer wurde einstimmig im Amt bestätigt. Ebenfalls einstimmig wiedergewählt wurden Schatzmeister Hagen Novotny, Schriftführerin Ewa Redemann und als Beisitzer Hubert Leja. Neu in den Vorstand kam Gabriela Zessin als Beisitzerin. Die DEBWH-Geschäftsführerin Agnes Maria Brügging-Lazar berichtete über die Seminarreise im September nach Kroatien und Ungarn. Das verständigungspolitische Seminar aus der Reihe „Begegnung und Verständigung“ sei

Schluß dankte der frisch wiedergewählte Vorsitzende Siegbert Ortmann den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die konstruktive Mitarbeit. „Ich lade alle Interessierten herzlich ein, sich auch weiterhin aktiv am Vereinsleben zu beteiligen“, schloß Ortmann. Das Deutsch-Europäische Bildungswerk in Hessen ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Wiesbaden. Nach der politischen Wende 1989/90 wurde das Bildungswerk auf Initiative des BdV-Landesverbandes Hessen

ach der Begrüßung durch den Vorsitzenden Siegbert Ortmann, der Vorstellung des Kassenberichts durch die Geschäftsführerin Agnes Maria Brügging-Lazar und dem Bericht der Kassenprüfer, die dem Vorstand eine ordnungsgemäße Kassenführung bestätigten, erteilte die Mitgliederversammlung dem Vereinsvorstand einstimmig die Entlastung. Auch der Haushaltsplan für das Jahr 2024 wurde einstimmig angenommen. nter der kompetenten und humorvollen Wahlleitung von Dieter Schetat aus Wiesbaden wurde der bisheri- Vorsitzender Siegbert Ortmann, Schriftführerin Ewa Redemann, Vize-Vorsitge D ­ EBWH-Vorsitzende Sieg- zender Wilhelm Beer und Beisitzerin Gabriela Zessin. Bild: DEBWH bert Ortmann einstimmig wiedergewählt. Siegbert Ortmann, dem Thema „Kroaten, Ungarn 1990 gegründet. In seiner inzwizugleich BdV-Landesvorsitzen- und Deutsche – gemeinsame schen mehr als 30jährigen Geder, ist bereits seit Juli 2020 Vor- geschichtliche Erfahrungen als schichte hat das DEBWH mehr sitzender des Deutsch-Europä- Grundlage für die Brückenfunk- als 100 verständigungspolitische ischen Bildungswerks in Hes- tion im vereinten Europa“ gewid- Seminare und Studienreisen in sen. Er dankte den Anwesenden met gewesen. Ostmittel-, Ost- und Südosteufür das entgegengebrachte VerIn diesem Jahr sei eine Semi- ropa organisiert. Das DEBWH trauen. „Ich freue mich darauf, narreise im Herbst in die Slowa- versteht sich dabei als Brückengemeinsam mit den Mitgliedern kei geplant, so Brügging-Lazar. bauer zwischen Deutschland und dem neuen Vorstand die Details des Programms und der und seinen mittel- und osteurovielfältigen verständigungspo- Teilnahmebedingungen würden päischen Nachbarn. Diese völlitischen Projekte des Deutsch- noch bekanntgegeben. Zudem kerverständigende Arbeit wurde Europäischen Bildungswerks gab die Geschäftsführerin bereits auch durch die Anerkennung als weiter voranzutreiben und neue einen Ausblick auf das Jahr 2025. Bildungsurlaubsträger nach dem Impulse zu setzen“, so Ort- Dann plane das Deutsch-Euro- Hessischen Bildungsurlaubsgemann. päische Bildungswerk eine Reise setz (HBUG) gewürdigt. Auch der Stellvertretende nach Stettin und Pommern. Zum

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� SL-Ortsgruppe Donauwörth und SL-Kreisgruppe Donau-Ries/Bayerisch Schwaben

Fusion angestrebt gen, hatte die Leitung der verwaisten Kreisgruppe kommissarisch übernommen. Auf seine Einladung fanden sich vergangene Woche einige Mitglieder der Kreisgruppe Donau-Ries im Donauwörther Café Hummel ein, um sich für das Wiederbeleben des Vereines stark zu machen. Edith Fischer, die Tochter des Verstorbenen, und dessen Witwe Johanna Hofmann übergaben Bezirksobmann Edmund Schiefer einige Unterlagen. Nachdem Aue die Landsleute begrüßt hatte, überreichte Edith Fischer eine Einladung des Bürgerbeauf-

tragten der Bayerischen Staatsregierung, Wolfgang Fackler MdL, der später zu der Gruppe stieß, zu einem Gedenken am 10. März um 14.00 Uhr am Gedenkstein in der Promenade. Fackler wird an den blutigen 4. März 1919 im Sudetenland erinnern. Kurt Aue hatte bereits zuvor Gespräche mit Peter Krebs, dem Vüarstäiha der Eghalanda Gmoi urt Aue, Vorstandsmitglied z‘ Donauwörth, geführt, um eine der SL-Landesgruppe BayFusion mit den Egerländern anern, Obmann der SL-Kreisgrupzubahnen. Dieses Ansinnen wurpe und Vorsitzender des BdVde von den Teilnehmern der GeKreisverbandes Augsburg-Land sprächsrunde begrüßt. Edmund sowie Obmann der SL-OrtsgrupSchiefer stellte das positive Wirpe Königsbrunn mit Wehrinken der SL in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Aue stellte eine Ausstellung der Sudetendeutschen in Donauwörth in Aussicht. Zu weiteren Gesprächen und weiteren Verhandlungen werden sich die Egerländer mit ihren Landsleuten aus der SL am Freitag, 26. April um 14.00 Uhr im Gasthof Hirsch in Donauwörth treffen. Alle Mitglieder der Eghalanda Gmoi z‘ Donauwörth und der SL-Kreisgruppe Donau-Ries sind herzlich eingeladen. In seinem Schlußwort betonte Wolfgang Fackler, daß er die Fusion begrüße und immer bereit sei, beim Wiederbeleben der Kreisgruppe zu helfen. Henriette Jüttner wird weiterhin die Mitgliedsbeiträge kassieren und die Fahne betreuen. Johann Neudert fand es sehr gut, daß der erste Schritt zur Neubelebung der Kreisgruppe getan sei. Auch Alruna Höger und Franz Im Uhrzeigersinn: Edmund Schiefer, Peter Krebs, Wolfgang Fackler MdL, Jo- Schön schlossen sich dieser hanna Hofmann und Edith Fischer. Bild: Kurt Aue Meinung an.

Im Juni starb Erwin Hofmann, der langjährige Obmann der SLKreisgruppe Donau-Ries und der SL-Ortsgruppe Donauwörth in Bayerisch Schwaben sowie Vorsitzender des dortigen BdVKreisverbandes. Da sich kein Nachfolger fand, war seither die 60 Mitglieder starke Gruppe ohne Führung.

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Sudetendeutsche Zeitung Folge 9 | 1. 3. 2024

� Bund der Deutschen in Böhmen (BdDB)

Woos b‘sonderas va(n daham Heute beginnt das Mundarttreffen auf dem Heiligenhof im unterfränkischen Bad Kissingen. Der Mundartbeitrag des Egerländers und BdDB-Vüarstäiha(rs Måla Richard Šulko trägt den Titel „Plachtiner Glashüttan Rückl“.

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In der Visualisierung der Neugestaltung kann man gut die deutschen Grabsteine und Gedenkplatten am Querweg erkennen.

� Heimatkreis Braunau/Riesengebirge

Neugestaltung akzeptiert Die Sudetendeutsche Zeitung berichtete bereits ausführlich über die Schändung der Gräber der früheren deutschen Einwohner von Hermsdorf im Riesengebirgskreis Braunau (Þ SdZ 31+32/2023 und 35/2023).

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nzwischen leitete die Bürgermeisterin von Hermsdorf, Jana Králová, dem Heimatkreis Braunau den Plan für eine Neugestaltung des Friedhofs zu. Er sieht auf dem ansteigenden Gelände oberhalb des eingeebneten deutschen Gräberfelds einen Querweg zu dem Aufgang in den hinteren Teil des Friedhofs mit dem historischen und renovierten Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs vor. An diesem sollen die noch auffindbaren losen Gedenksteine Das vergangene Jahr war für den Bund der Deutschen in Böhmen (BdDB) so erfolgreich wie die Jahre zuvor. BdDB-Vorsitzender Richard Šulko berichtet.

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ins ist hervorzuheben: Die Egerländer aus Plachtin im östlichen Egerland waren in jenem Jahr viel mehr im Lande zu sehen, was zu einem Mitgliederzuwachs führte! Gegenüber dem Vorjahr kamen drei neue Mitglieder dazu. Das beweist die gute Vereinsarbeit. Einige Spitzenereignisse stärkten die Sichtbarkeit dieses Vereines der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik. Das ist wichtig, denn Spannungen in der Gesellschaft werden immer größer, und auch die tschechische Aufarbeitung der sudetendeutschen Geschichte läßt noch zu wünschen übrig. Anfang des Jahres organisierte der BdDB mit der Caritas und der örtlichen Pfarrei wieder eine Dreikönigsammlung. Auch der Minderheitenausschuß im Bezirk Karlsbad, in dem ich die deutsche Minderheit vertrete, nahm wieder seine Arbeit auf. Für die wöchentliche Sendung „Nachbarn“ für die Deutschen in Tschechien im Tschechischen Rundfunk wurde auch mit den ersten Reportagen begonnen. Schön war der Neujahrsempfang der damaligen Bayerischen Europaministerin Melanie Huml in der Bayerischen Repräsentanz in Prag. Anfang Januar erreichte ich als „Reporter“ einen Höhepunkt meiner „journalistischen“ Karriere. Ich interviewte die Journalistin Lída Rakušanová. Diese Persönlichkeit hat wirklich etwas zu sagen, und die verbliebenen Deutschen bekamen in unserem Gespräch eine Eins. Auch noch im Februar bekamen das Netschetiner Museum und unser Verein einen wichtigen Besuch: Professor Hermann Scheuringer von der Fakultät für

und Grabplatten in einer Galerie aufgestellt werden. In der Wegkreuzung wird ein Kreuz stehen, auf dem auf Deutsch und Tschechisch stehen soll: „Im Gedenken an alle, die hier gelebt haben und auf diesem Friedhof ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Sie werden nie vergessen werden. Herr, gib ihnen die ewige Ruhe und laß sie in Frieden ruhen.“ In seiner Sitzung Anfang Februar auf dem Heiligenhof beschäftigte sich der aus 20 Personen bestehende Heimatkreisrat des Heimatkreisvereins Braunau/Sudetenland mit dieser Situation. In einer einstimmig verabschiedeten Entschließung bedauert er weiterhin das im Sommer 2023 erfolgte Abräumen der Gedenksteine und Einfassungen der deutschen Grä-

ber auf dem Friedhof in Hermsdorf. Er respektiert aber, daß eine Wiederherstellung der ursprünglichen Situation dieses Teils des Friedhofs nicht mehr als möglich erscheint, und bedankt sich dafür, daß er in die Entscheidungsfindung über die Neugestaltung eingebunden wird. Als Fazit wird festgehalten: „Obwohl der Heimatkreis Braunau grundsätzlich weiterhin für den Erhalt der deutschen Gräber auf den Friedhöfen im Braunauer Land eintritt und sich bei jährlichen Werkwochen an deren Pflege beteiligt, akzeptiert er den gartenarchitektonisch gelungenen Vorschlag der Gemeinde Hermsdorf zur Umgestaltung des Friedhofs und sieht dessen Verwirklichung mit Interesse entgegen.“ Günter Reichert

m östlichan Eghalånd, im Dorf Plachtin, kumma sua oin Kilometa(r westlich im Wåld Grundmauernresta va oinam groußan Haus seah. Dös w ­ oar amål a Glashüttan. Uan‘glegt is sie im Gouha 1824. Döi Gutsbesitzerin woar die Gräfin Josefa Lazansky u derastwegn håut döi Glåshüttan „Josephinenhütte“ owa(r „Proitenstoina‘r Hüttan“ g‘hoißan. Dear Plachtiner Wåld håut genou(ch Material füar döi Herstellun(g våm Hohlund Flåchglås, Röhran u aa ånnara Såch(a)n g‘håttan. In ihran bestan Gouhan håut döi Fabrik bis

150 Leit g‘håttan. Damåls woarn sie spülte Klavier, håut böimisch, zwoa Glasöfan u 14 Glåspfånn- Daitsch u Französisch g‘redt. Anan in dear groußan Fabrik, uage- na håut döi Hüttan 35 Gouha triabn van Wåssarädern. lång g‘föiahrt! Döi Hütta(n håut Döi Glåsmåcharfmülian selwa Lehrar bezåhlt, dear 50 woarn Tschechen, 1890 bis 60 Kinna(r in böimisch håbn nuar 22 Prozent g‘lernt håut. Dös woar dear Hüttanbewohin reinam daitschan nar u‘gebn, daß sie Siedlungsgebiet! Daitsch ria(d)n: 1896 håut man(n döi Famülie Geywegn Mangel an er aus Forst u Hulz döi Glåsfadös H(i)lfpersobrik n ­ouch Steinnal. Da ersta urschönau in Norkundlich erwähnböhman va(r)legt. ta Mieter woar VáDazou gibt es a luclav Čapek. Dear sticha G‘schital: zweita håut GlasBam Umzug håbn döi ser g‘hoißan. 1852 Glåsmåcha(r StoAnna Rückl (1832–1915) påchtata döi Hütina mitn­gumma, tan da lezta Påchta, döi man(n bam aaJan Rückl aus Alt Hart in Süd- liagn våm Kraut uabn aaf‘legt mähren. Åls ear 1861 g‘storbn is, håut. Döi Steinschönauer håbn håut sei(n Wei(b Anna döi Hüt- g‘låcht, weil in Steinschönau tan uwarnumma(n. Anna Rückl „döi Stoina aa an Baaman wåchwoar a gånz b‘sondaras Wei(b: san!“.

� Bund der Deutschen in Böhmen

Mitgliedschaft im BdEG beantragt Am letzten Februarsonntag traf sich der Bund der Deutschen in Böhmen (BdDB) zur Jahresversammlung im Vereinsbüro auf Schloß Preitenstein. Vüarstäiha(r Richard Šulko berichtet.

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on 31 Mitgliedern waren persönlich oder via Vollmacht 16 anwesend, und damit war die Mitgliederversammlung auch beschlußfähig. Nachdem ich die Sitzung eröffnet hatte, gedachten wir der toten Mitglieder. Das waren Gerhard Hermann aus München und Walburga Solarová aus Jechnitz bei Podersam. Die Tagesordnung wurde einstimmig

angenommen, und Punkt 2 folgte: Kontrolle der Beschlüsse aus der letzten Jahresversammlung. Weil 2023 keine Beschlüsse gefaßt worden waren, ging ich gleich zu meinem Jahresbericht über und las detailliert alle Aktivitäten im ganzen Jahresverlauf vor Ý unten. Den Finanzverlust begründete ich vor allem mit dem Kursunterschied, welcher bei den Zuwendungen aus Deutschland entstanden ist. Erfreulich war, daß der Verein drei neue Mitglieder gewinnen konnte, das sind ganze zehn Prozent Zuwachs, wenn man die Gesamtmitgliederzahl rechnet. Mein Bericht wurde ein-

� Bund der Deutschen in Böhmen

Gute Sichtbarkeit im Jahr 2023 Sprach-, Literatur- und Kultur- 2023 war das eine Jubiläumsver- nalen Musikfestivals „Lípa Mu- Mitglied Gerhard Hermann in wissenschaften an der Universi- anstaltung mit einem Vortrag sica“ präsentierten die Egerlän- München. Mit dem Pilsner Vertät Regensburg mit drei Studen- über 30 Jahre Pflege des alten der aus Plachtin bei Netschetin ein wurde des 100. Geburtstages tinnen. Die Mundart war Haupt- Klosterfriedhofs, einer Feststun- Mundarttexte, Volkslieder mit von Karel Klostermann gedacht. thema. Mit Mundart beschäftigte de und der Ehrung von Richard Zitherbegleitung und Egerlän- Im August entsandten wir eine jr. sich auch das Wochenend-Se- Šulko der Volks- Fahnenabordnung nach Chodau minar „Sudetendeutsche Mund- und Terezie tanz. Der an- zum Laurentiusfest. In Miltigau arten“ am Heiligenhof in Bad Jindřichová. schließende bei Eger traten die „Målaboum“ bekaKissingen. Ich vertrat mit ande- Sie Besuch von beim Erntedankfest auf. die ren das Egerland. Ebenfalls im men Leitmeritz Ein weiterer Auftritt von Februar nahm die Egerländer Bundesehund Theresi- „Målaboum“ und „Målas“ folgVolkstanzgruppe „Die Målas“ rennadel enstadt mit te am Tag der Minderheiten des mit einer Tanzprobe ihre Arbeit des BdEG. dem dor- Karlsbader Bezirkes Mitte SepEine Wowieder auf. Diese Gruppe und tigen La- tember. Weil diese Aktion immer das Duo „Målaboum“ sind das che später ger war vor ein Teil des Bergbautages, des Aushängeschild unseres Ver- waren sechs allem für wichtigsten Kulturereignisses in eins. Vor allem die Kultur unse- BdDB-Mitdie Kin- Falkenau, ist, erfreuten die Egerrer Gruppe erreicht mit Trachten, glieder mit der wichtig. länder im Herzen des EgerlanVolkstanz und Gesang die Her- einem Info- Richard Šulko jun., Terezie Jindřichová Dann traten des wieder Tausende Besucher. zen anderer Menschen und trägt stand und und Bundesvüarstäiha Volker Jobst. die „Måla- Eine Ausstellung über Johannes zur Völkerverständigung bei. Bilder: Richard Šulko, Richard Šulko jun. boum“ einer Fah- in von Saaz organisierten wir mit Mitte April tanzten wir beim nenabordder größ- dem Förderverein der Stadt Saaz böhmisch-bayerischen Festival nung beim Sudetendeutschen ten Entfernung vom Egerland und dessen Vorsitzendem OtoTreffpunkt in Pilsen Egerländer Tag in Regensburg. Ein Zeichen auf. Der Karpatendeutsche Ver- kar Löbl. Das letzte SeptemberTänze und erfreuten mit Zither- der Zusammenarbeit mit dem ein in der Slowakei hatte sie nach Wochenende gehörte einem Bilspiel und Gesang. Ostern gehör- Pilsner Verein der Deutschen ist Käsmark unter der Hohen Tatra dungsseminar im Stift Tepl. Zum te wieder den Ratschnboum und der Deutsch-tschechische Kin- eingeladen. Noch im Juni inter- Programm, das für die Vereine den Bräuchen. Noch im April be- dertag. Mit mehr als 100 Besu- viewte ich den ehemaligen Te- aus Netschetin und Pilsen vorbesuchte ich die Wallfahrt in Ma- chern ein toller Erfolg. chischen Kulturminister Daniel reitet worden war, gehörten Vorria Stock. Ein sehr schönes ErlebDer wertvollste Auftritt der Herman. träge, der Besuch eines Egerlännis war der Besuch der 75-Jahr- „Målas“ und der „Målaboum“ Der Juli begann mit der der Bauernhofes in Miltigau und Feier der Europa-Union Bayern war ein Egerländer Abend im Ju- deutsch-tschechischen Wall- des Egerer Museums mit dem im Münchener Maximilianeum. ni im Johnsdorfer Hockehof in fahrt nach Maria Stock. Eine Wo- Kachelofen von Willi Ruß. Hochinteressant war ein Wo- Graber im Kreis Böhmisch Lei- che später nahm ich Abschied Am zweiten Oktober-Wochenseminar im Bayerischen pa. Im Rahmen des internatio- vom unerwartet verstorbenen chenende fuhr ich mit meiner Rundfunk. Dank des GoeFrau nach Prag zum Fest the-Instituts lernte ich mit der Deutschen Einheit in weiteren zehn Teilnehder Deutschen Botschaft. mern aus den Ländern mit Dort sprach ich auch mit deutscher Minderheit AnStaatspräsident Petr Pafang Mai, wie man Rundvel. Am nächsten Tag fand funksendungen macht. im Außenministerium unDas war für mich, der ich ter der Schirmherrschaft wöchentliche Sendungen des Außenministers Jan mache, wichtig und praLipavský und Natalie xisnah. Pawlik, BundesbeauftragIn der zweiten Maihälfte für Aussiedlerfragen te begann die Jugend- Richard und Irene Šulko mit Staatspräsi- Irene Šulková, Schirmherrschaftsministerin und nationale MinderheiUlrike Scharf und Richard Šulko. begegnung im Stift ­Tepl. dent Petr Pavel. ten, die Konferenz „Iden-

stimmig zur Kenntnis genommen. Der folgende Kassenbericht, vorgetragen von der Kassenprüferin Terezie Jindřichová, wurde ebenfalls einstimmig angenommen. Ich stellte dann das Programm für heuer vor. In der Diskussion wurde der Beschluß gefaßt, die Mitgliedschaft des Bundes der Deutschen in Böhmen im Dachverband aller Egerländer, im Bund der Eghalanda Gmoin (BdEG), zu beantragen. Der Beschluß wurde einstimmig angenommen. Bei Kaffee und Kuchen, belegten Brötchen, Bier und Wein klang die Versammlung aus. Va(r)gelt‘s Gott! tität und ihre Bedeutung für die nationalen Minderheiten“ der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik (LV) statt. Ich nahm am Panel I „Bedeutung und Ausleben der Identität“ teil. Das moderierte die Journalistin Barbora Procházková. Neben mir saßen auf dem Podium Jørgen Kühl von der Europa-Universität Flensburg, „Respekt“-Redakteur Tomáš Lindner und Jakub Štědroň, Direktor des Hauses der nationalen Minderheiten in Prag. Tagsdarauf traten die „Målas“ und „Målaboum“ bei der Großen Kulturveranstaltung des LV auf. Eine Woche später traten die „Målaboum“ bei der deutschen Minderheit in Brünn, Havířov und Deutsch Krawarn auf. Der Arbeitskreis Egerländer Kulturschaffender lud zu seiner Begegnung nach Marktredwitz, die Hauptstadt der Egerländer, am letzten Oktober-Wochenende ein. Ich war auch dabei. Am letzten Novembersamstag besuchten die „Målaboum“ mit Bürgermeister Petr Schaller das hessische Eichenzell, wo ein Kaffee- und Filmnachmittag der Egerländer Heimatstube der Vertriebenen aus Fleißen stattfand. Dabei war auch Margarete Ziegler-Raschdorf, Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler. Mit zwei Adventsfeiern in Pilsen und Netschetin endete das reiche Vereinsjahr 2023. Von Herzen danke ich allen Helfern und Familienangehörigen, vor allem meiner Frau Irene. Ohne die wäre so viel Vereinsarbeit nicht möglich. Ebenso herzlich danke ich allen aktiven Mitwirkenden, meinem Sohn Vojtěch und allen Mitgliedern unserer Volkstanzgruppe. Va(r)gelt‘s Gott! Detaillierter Jahresbericht 2023 auf Deutsch und Tschechisch Ý www.deutschboehmen.com


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och ein einziges Mal hat­ te ich Gelegenheit, einem dieser armen Menschen ein biß­ chen Glück zu schenken. Das ge­ schah ganz unverhofft. Wie so oft lief ich in Eile die Lagerpromena­ de zwischen den Baracken her­ unter, als mich ein alter Herr bei der Hand erwischte und mit tief­ trauriger Stimme fragte: „Wann gehen wir denn ham?“ Ich war ziemlich außer Atem, aber als ich seine Verzweiflung sah, nickte ich ernsthaft und brachte hervor: „Schon bald, ganz bestimmt, ich habe es gehört!“ Das war gelogen, dessen war ich mir bewußt, aber für einen Augenblick zauberte diese wun­ derbare Nachricht ein verklärtes Lächeln auf das abgehärmte Ge­ sicht des alten Mannes. Gestützt auf seinen Stock nickte er ein paarmal ernsthaft, und eine Trä­ ne lief ihm langsam über das Ge­ sicht. Meine Gewissensbisse wa­ ren verflogen. Vielleicht hatte ich dem Alten eben ein letztes Glück beschert? Fröhlich winkte ich ihm noch zu und lief, behende von einem Fuß auf den anderen hüpfend, davon. Ich spürte, daß er mir mit seinen Blicken folgte. Das war meine einzige barmher­ zige Lüge. Als wir in der Drei wohnten, war es nicht weit zum Zaun. Er bestand aus Latten, und davor war ein Graben ausgehoben, um ein Drübersteigen auszuschlie­ ßen. Die ausgegrabene Erde pla­ nierte ich und richtete mir so ei­ nen kleinen Garten ein. Ein Blu­ menbeetchen mit Nelken und Lavendel sowie ein Gemüse­ beet entstanden. Mutter brach­ te mir dafür vier Tomatenpflan­ zen, die prächtig wuchsen. Der winzige Garten war meine ganze Freude. Sonst konnte ich in mei­ ner Freizeit nur lesen. Vater lieh sich in der Bücherei etwa fünf Bücher pro Woche, wovon ich drei las. Mutter nähte mir aus ei­ nem Strumpf eine kleine Puppe, die sehr hübsch aussah. Ich muß­ te nur den Kopf im Geschäft kau­ fen. Er kostete 20 Kronen. Mit der Zeit bekam die Puppe auch eine beachtliche Ausstattung. All diese Herrlichkeiten habe ich bis heute aufgehoben, auch wenn sie schon sehr ramponiert aussehen. In Svatoborschitz gab es ei­ nen Erbrichter namens Mojmír Chaloupka. Er besaß den größ­ ten Hof, einen Weingarten und einen großen Weinkeller unter dem Schulspielplatz. Hin und wieder trafen wir einander, und weil er ein besonders lieber, gü­ tiger Mensch war, versuchte er immer, mir irgendwie zu hel­ fen. Einmal lud er mich in seinen Weinkeller ein, und ich mußte drei seiner besten Weine kosten. Dann jedoch verdrückte ich mich schnell. Ich war ja damals erst elf. Einmal lud er uns drei in sei­ nen Weinberg ein, und wir konn­ ten uns an den schönsten Trau­ ben gütlich tun. Da wir ja nicht aus dem Lager heraus durften, riet er uns, um einen Kirchenbe­ such in Gaya zu bitten, was auch glückte. Zu Weihnachten beka­ men wir von ihm eine Flasche Rotwein und ein Säckchen Kar­ toffeln. Als ich später die Schule in Gaya besuchte, durfte ich im­ mer auf seinem Motorrad aufsit­ zen, wenn er dorthin fuhr. Er war ein sehr liebenswerter Mensch. Um so mehr erschütter­ te mich nach Jahren die Nach­ richt von seinem tragischen Tod. Er war erst 33, als er mit seinem Motorrad nachts auf einen un­ beleuchteten Lastwagen auffuhr. Bewußtlos lag er drei Mona­ te im Spital, bevor er starb. Herr Chaloupka hinterließ ei­ ne Frau und zwei Kinder. Die zweiten Weihnachten im Lager rückten näher, da traf uns ein weiteres Unglück. Mutter, die seit dem Herbst recht schwe­ re Arbeit in der Waschküche lei­ sten mußte, brach an Heiligen­ abend zusammen. Sie konn­ te vor Schwäche nicht aufstehen und auch nicht sehen. Verzwei­ felt standen Vater und ich an ih­ rem Bett und wußten nicht, was wir tun sollten. Was sollte nun

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HEIMAT

Sudetendeutsche Zeitung Folge 9 | 1. 3. 2024

� Ingeborg Cäsars Erinnerungen an das Lager Svatoborschitz – Teil II und Schluß

„Du bist selbst schuld!“ Ende Dezember wurde der russische Oppositionelle Alexei Nawalny als Häftling in die berüchtigte Strafkolonie Nr. 3 „Polarwolf“ in Westsibirien verlegt, wo er am 16. Februwerden, gab es überhaupt Hilfe? Da öffnete sich die Tür zum Nebenzimmer und Frau Charvat kam an Mutters Bett. Dann holte sie ihren Mann, der Arzt war und früher als Stadtphysikus in Trop­ pau gewirkt hatte. Er untersuch­ te Mutter und versprach ihr zu helfen. In Troppau hatte Dr. Ru­ dolf Charvat vor Jahren einem kleinen Jungen das Leben geret­

ar umkam. Ingeborg Cäsar dagegen überlebte das tschechische Lager Svatoborschitz im Südosten Mährens an der Grenze zur Slowakei, in dem sie mit ihren Eltern vom

rund um das ganze Lager ge­ hen müsse. Aber ich versuchte es auch so und kam dadurch früher zum Mittagessen. Doch am Morgen kam das Donnerwetter, denn Peter hat­ te gepetzt. Sein Vater erwar­ tete mich vor dem Schulgang vor dem Kanzleigebäude. Pe­ ter stand neben ihm und lach­ te höhnisch. Der Kommandant spazierte in der Offiziersuniform

9. April 1947 bis 14. August 1949 interniert war. Auch dort überlebten die meisten internierten Männer nicht. Hier der zweite und letzte Teil ihrer Erinnerungen.

melden oder nach Komotau, Te­ plitz-Schönau oder Miroschau. Wir wollten in Mähren bleiben, wo es näher zu unserem früheren Wohnort war. Der Tag der Übersiedlung kam. Vom Bahnhof in Gaya aus fuhren wir mit einem Lazarett­ zug. Die Liegepatienten wa­ ren auf Pritschen in drei Etagen übereinander untergebracht. Wir waren zuerst am Ziel. Beim Ab­

der Kirche geholt worden und hatten binnen kürzester Zeit ih­ re Siebensachen auf einen Last­ wagen packen müssen, der sie ins Hohenstädter Lager brach­ te. Dort blieben sie ein Jahr lang und wurden dann nach Müglitz übersiedelt. Die Kroaten wurden unsere besten Nachbarn. Ihr fe­ ster Glaube verlieh ihnen die Zu­ versicht, daß der Herrgott schon alles zum Guten wenden wer­

Ingeborg Cäsar lebt heute noch in Mährisch Schönberg. Hier ein Blick auf die Stadt und das Altvatergebirge im Hintergrund, rechts sieht man den 1491 Meter hohen Altvater mit seinem Sendeturm. tet. Dieser war unser nunmehri­ ger Katechet und Lagerpriester Pater Max Elbl. Hin und wieder revanchierte dieser sich mit ei­ nem Lebensmittelpäckchen. Nun bat ihn Dr. Charvat um Spritzen, die er dann meiner Mutter verab­ reichte. Für ihn war es leichter sie durchzuschmuggeln. Nach eini­ ger Zeit ging es Mutter schon be­ deutend besser. Ohne diese mu­ tige und selbstlose Tat wäre sie sicher gestorben. Zu dieser Zeit ahnten wir auch noch nicht, daß sie sich bei mir mit Tuberkulose angesteckt hatte. Im Lager gab es eine Gruppe deutscher Ärzte. Da waren zum Beispiel das Ehepaar Schlesin­ ger, wohl deutsche Juden, die Kinderärztin Dr. Brix, sie war die Schwiegertochter einer Bekann­ ten aus Oderberg, Dr. Buchmann sowie Dr. Pirkl mit Frau und den Töchtern Margit und Gerda (16). Dr. Uvera war Zahnarzt und ein talentierter Karikaturist. Sein ausdruckvollstes Bild zeigte die Küche und den Koch in seiner schmutzigen Schürze, der gerade die Fliegen aus der Suppe fischt. Mir klingen jetzt noch die wü­ sten Schimpfworte in den Ohren, die der Hilfskoch Franz Mater­ na losließ, als er das Bild sah. Der Oberkoch hieß Hans Raus. In meine Klasse ging auch der Sohn des Lagerkommandanten, Peter Pisarík. Er gab mir immer gerne zu verstehen, daß er et­ was Besseres sei als ich. Einmal schlug er mir mit einer Eisenstan­

„Du Hitlermädel“, schreit der Kommandant ge ein Stück Vorderzahn aus, ein andermal hatten wir Turnstunde auf der Wiese hinter dem Lager. Nach der Stunde, der letzten vor dem Mittagessen, ging er zum hinteren Tor, das unbeaufsichtigt und nur mit einer rostigen eiser­ nen Kette samt Schloß halbwegs gesichert war. Nachdem er sich Eintritt verschafft hatte, lachte er noch höhnisch, weil er mein­ te, daß ich nun den langen Weg

und Reitstiefeln auf und ab. Un­ geduldig schien er auf mein Er­ scheinen zu warten. Als ich näher kam, schrie er mich an: „Ty hitler­ ská káco!“/Du Hitlermädel! Und die ordinärsten Beschimpfungen folgten. Aber die hörte ich schon nicht mehr, denn ich war furcht­ bar erschrocken und in die Arme meiner Mutter geflohen. Tags zu­ vor hatte ich ihr bereits alles ge­ beichtet. In Svatoborschitz besuchte ich die vierte und fünfte Volksschul­ klasse, dann wechselte ich nach Gaya in die Bürgerschule. Auf dem fast drei Kilometer langen offenen Weg auf der Landstraße war es oft drückend heiß. Ärger war es jedoch im Winter. In mei­ ner dürftigen Kleidung war ich einem heftigen Sturm oft hilflos preisgegeben. Ich war dankbar, wenn ich hinten auf einen Lei­ terwagen aufsitzen durfte, wenn Bauern ein Kalb in die Stadt zum Schlachten fuhren. Einmal tobte auf dem Heimweg von der Schule wieder so ein heftiger Sturm mit Schneetreiben, daß man kaum ei­ nen Meter voraus sah. Ich kämpf­ te tapfer dagegen an, war aber bald durchgefroren. In dem Mo­ ment hielt neben mir ein klei­ ner Škoda Tudor, und eine Stim­ me aus dem Inneren fragte: „Ma­ lická z barákú, chces se svést?“/ Kleine aus dem Barackenlager, möchtest du mitfahren?. Glück­ selig saß ich dann neben dem Of­ fizier in seinem dicken Pelz oh­ ne zu überlegen, ob es vielleicht gefährlich wäre. Vor dem La­ ger hielt der Wagen, und ich bedankte mich froh darüber, daß ich diesmal heil nach Hause gekommen war. Am 14. August 1949 kam es dann tatsächlich zur endgültigen Auflassung des Lagers. Von den ehemaligen mehr als 1000 In­ sassen lebten aber nur noch et­ was mehr als die Hälfte, die Ärzte waren schon zuvor in die Sowjetische Besatzungszone ab­ geschoben worden. Wir hatten die Wahl: Entweder konnten wir uns nach Müglitz in Nordmähren

schied mußte es schnell gehen. Die anderen hatten noch einen weiten Weg quer durch die gan­ ze Republik vor sich. Es war ein Abschied für immer. Außer Frau Titsch haben wir niemanden wie­ dergesehen. Für uns begann nun eine wei­ tere Etappe. Anders zwar, doch auch wieder schwierig. Wir ver­ brachten in einem ehemali­ gen RAD-Lager in Müglitz noch mehr als sechs weitere Jahre. Es stand außerhalb der Stadt auf ei­ nem freien Gelände neben dem schönen Stadtpark. Neun Holz­ baracken gab es für die In­ sassen sowie am Eingang ein Kanzleigebäude für den Lei­ ter František Staffa und sein Personal. Außerdem gab es eine Küche mit Speisesaal, wo auch sonntags Gottesdienste stattfanden, und ein Magazin. Ein Bretterzaun umsäumte das Areal. Ein kleines Holzhäuschen war die Portierlo­ ge. Ein älterer Mann mußte je­ den, der passierte, aufschreiben. Wer in die Stadt gehen wollte, konnte hinausgehen, nur für et­ waige mehrtägige Reisen mußte man die entsprechende Erlaub­ nis einholen und Angaben über Ziel und Rückkehr machen. Die Portierloge war nur bis zehn Uhr abends besetzt. Als ich nach meiner Aus­ bildung als Krankenschwester in Mährisch Schönberg später vom Dienst heimkam, mußte ich über das Gartentor steigen. Am Tor prangte übrigens ein großes Schild mit der Aufschrift „Domov odpocinku“/Ruhestätte. Das ur­ sprüngliche hatte noch die Auf­ schrift „Starobinec pro Němce“/ Altersheim für Deutsche. Unsere erste Bleibe war in ei­ ner der längsten Baracken, in der Drei. In einem Zimmer waren wir sechs Eheleute und ich. In den anderen Zimmern um uns herum waren Kroaten untergebracht. Sie hatten ein bewegtes Schick­ sal. 1946 waren sie in ihren Hei­ matorten entlang der österreichi­ schen Grenze eines Sonntags aus

de. Sie halfen uns, wo sie konn­ ten. Bis heute verbindet uns mit den noch Lebenden eine enge Freundschaft. Sie hatten in Tru­ hen ihre ursprünglichen Trach­ ten mitgebracht, und ich durfte mich darin fotografieren lassen. Sie waren Weinbauern gewe­ sen, und der alte Herr Marx er­ lebte fast seinen 100. Geburts­ tag. Die Mädchen waren sehr fesch und hatten schöne Stimmen. Später erhielten wir als Fami­ lie ein eigenes Zimmer, mußten aber dreimal umziehen. Das letz­

Kein Kreuz und keine Tafel erinnern an die Toten te Zimmer war ein Durchgangs­ zimmer und hatte nur zwei Bet­ ten. Ich war schon berufstätig und sollte nicht mehr bei den El­ tern wohnen. Vater hatte schließ­ lich große Probleme mit seiner Diabetes. Wegen der Selbstherr­ lichkeit des berüchtigten Lager­ arztes, eines Dr. Vavruša, kam Vater schließlich um ein Bein und konnte nie mehr gehen. Für Mutter kamen damit viele Pro­ bleme hinzu. Sie arbeitete als Be­ dienerin in meiner Schule und war mit der zusätzlichen Pflege des Vaters mehr als überfordert. Ich half ihr bei der Arbeit, damit wir früher nach Hause kommen konnten. Als wir damals im August in Müglitz ankamen, erwarteten uns am Eingang auch mehrere deutsche Familien aus der Stadt. Wir blieben mit ihnen in Kontakt, und mit Trude Wolf war ich auch in einer Klasse. Man hatte mich nämlich überredet, die Prüfung von der ersten in die dritte Klasse zu machen, um wieder in meine Altersstufe zu kommen. Das hat gut geklappt. Familie Wolf war es auch, die uns kurz vor Weih­ nachten 1955 zu einer kleinen Wohnung in der Stadt verhalf. Meine Eltern waren ja schon bei­ de Rentner, und ich arbeitete in der Mährisch Schönberger Frau­ enklinik.

Am 2. November konnten wir umziehen, die nötigsten Möbel mußten wir uns borgen. Es war eine Hofwohnung aus Küche und Zimmer mit Speis und einem kleinen Vorraum. Wasser gab es in der Waschküche nebenan. Und das Plumpsklo war auf dem Hof. Aber es war doch irgendwie gemütlich. Leider waren die Wände sehr feucht, da sich auf der anderen Seite Waschküchen befanden. Vater litt sehr an seiner Diabetes. Mutter mußte ihm dreimal täg­ lich Spritzen verabreichen. Die ärztliche Versorgung durch den Dr. Vavruša war denkbar unzu­ länglich. Nach einem Martyrium starb Vater schon am 10. Dezem­ ber. Wir ließen ihn ins Familien­ grab nach Neu Oderberg über­ führen. Wir lebten nun allein, die Jah­ re vergingen. Später heiratete ich Hans Cäsar, und wir zogen in ei­ ne Wohnung in Mährisch Schön­ berg. Dort kamen unsere beiden Kinder Erika und Heinz zur Welt. Mutter half uns, wo sie konnte, nur war sie leider fast blind. Während dieser Zeit durften wir kein Wort über unsere Ver­ gangenheit verlieren. Immer wie­ der jedoch sprachen wir daheim darüber. Der Gedanke ließ mich nicht los. Ich wollte mich noch einmal dort umsehen und auch Hans, meinem Mann, diesen Ort zeigen. Wir fuhren also mit dem Auto nach Gaya, wo wir ei­ ne ehemalige deutsche Mitschü­ lerin aufsuchten. Auch in Svato­ borschitz konnte ich noch eine Mitschülerin ausfindig machen. Sie hatte einen Mitschüler gehei­ ratet und wohnte nicht weit vom Lager entfernt. Sie war Mutter von vier Kindern. Jarka Zmelíková erzählte mir, daß vom Lager nichts mehr üb­ rig sei. Man habe nur einen Be­ trieb zur Herstellung von Spit­ zen eingerichtet. Und so war es auch. Von den Holzbaracken war nichts mehr zu sehen. Alle Spu­ ren waren verwischt, wie es mir schien. Das konnte es doch nicht gewesen sein! Da gab es doch noch unsere Toten, ich wäre nicht heimgefahren ohne sie auf­ zusuchen. Hand in Hand gingen wir also den vertrauten Hohlweg hinauf, in Gedanken an die da­ maligen Geschehnisse versun­ ken. Da stand er noch, der klei­ ne Friedhof. Auch die Maulbeer­ sträucher gab es noch. Die kleine Pforte war total verrostet, aber auch sie gab es noch. Wir waren wohl die einzigen Besucher nach langer Zeit. Wir bahnten uns den Weg durch das ungemähte Gras, erahnten links und rechts die Gräber aus der Zeit des Al­ tersheimes. Hie und da stand noch ein verrostetes wind­ schiefes Kreuz. Dahinter hat­ te man die Toten aus dem Kon­ zentrationslager bestattet. Nie­ mand hatte ein Kreuz oder eine Gedenktafel erhalten. Man hatte sie in Säcken verscharrt. Weiter führten uns nun unsere Schritte. Voll Unruhe suchten meine Au­ gen das Territorium ab, in dem ich unsere Toten wußte. Es war ein viereckiger Platz gewesen, wo auf Lehmboden in vielen Rei­ hen aus Lehm geformte Grabhü­ gel gestanden hatten. Alle hatten Holzkreuze und Namensschil­ der gehabt. Doch als wir an die Stelle kamen, gab es die Gräber nicht mehr. Nach 17 Jahren hat­ te man sie dem Erdboden gleich gemacht. Stattdessen hatte man Getreide angebaut. Die Halme wiegten sich im Wind, als wollten sie uns eine späte Botschaft von den Toten ausrichten. Es war ein furchtba­ rer Schock für mich. Ich konnte den Tränen nicht Einhalt gebie­ ten. Man hatte ihnen auch noch nach dem Tod ihre letzte Heim­ stätte geraubt. Langsam kehrten meine Ge­ danken zu den Halmen zurück. Sie vermittelten mir eine gewis­ se Symbolik. Staub bist du und zu Staub wirst du. Und aus dem Staub dieses mir so teuren Stüc­ kes Erde sprießt nun wieder neu­ es Leben empor.


Reicenberger Zeitung

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Stadt und Kreis Reichenberg

Kreis Deutsch Gabel

Nordböhmi[e Um[au

Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

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Kreis Friedland

Kreis Gablonz

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ie in alter Zeit sollte Deutsch Gabel kurz vor Torschluß eine Ringbefestigung erhalten. Viel Arbeitskraft und bestes Material wurden verschwendet und das Öffnen und Schließen der errichteten Panzersperren geübt, obzwar diese Einrichtungen nur als Spielzeug gewertet werden konnten. Benutzt wurden sie nicht mehr. Durch die am 7. Mai 1945 in Reims unterzeichnete bedingungslose Kapitulation aller deutscher Heeresverbände ging der Zweite Weltkrieg am 8. Mai zu Ende. Der Geschützdonner, der noch am 8. Mai im benachbarten Sachsen kein Ende nahm, verstummte allmählich. Nach 24 Uhr wurde es ruhiger, die ganze Nacht zogen deutsche Truppen durch die Stadt, und auf der Reichenberger und Zittauer Straße rollten die Militärkolonnen der deutschen Wehrmacht mit voller Beleuchtung heran. Eine große Zahl von Versorgungswagen stand auf der Straße, die Pferde waren fortgeführt, alles war im Stich gelassen worden. Gewehre, Munition, Panzerfäuste und andere Waffen sowie militärische Ausrüstungsgegenstände lagen überall verstreut – ein Bild, wie es unsere Stadt noch nicht gesehen hatte. Im Folgenden seien die Ereignisse chronologisch geschildert. Am 9. Mai mittags um halb zwölf Uhr rückten russische Truppen in unsere Stadt ein. Der erste Panzer hielt vor dem Rathaus am Marktplatz, und ein russischer Offizier stürmte in die Kanzlei des Bürgermeisters mit den Worten: „Němci kaputt!“ Bereits an diesem Tage nahm ein provisorisch gebildeter Národní Vybor, ein Nationalausschuß, seine Tätigkeit auf. Mit dem Einmarsch der russischen Truppen fanden auch die ersten Übergriffe statt. Die Hauptstraßen Reichenberger, Niemeser und Zwickauer Straße waren vollständig verstopft mit Militärautos, Flüchtlingen, herrenlosen Fahrzeugen – ein trostloses Bild bot sich. Die Geschäfte waren ge-

Das tschechische Denkmal am Grenzübergang Die Wache in Jägerdörfel im Lausitzer Gebirge auf böhmischer Seite erinnert an die Verteidiger des örtlichen Zollamts und weitere Grenzschutzangehörige, die 1938 die Tschechoslowakei gegen Attacken des Sudetendeutschen Freikorps verteidigten.

� Die Geschichte der nordböhmischen Stadt Deutsch Gabel – Teil XV

Das Kriegsende und der Beginn der Vertreibung

gewaltigungen und Plünderungen in Geschäften und Privathäusern. Einige Bewohner verloren die Nerven und verübten Selbstmord. Am 11. Mai erhielten die Deutschen den Auftrag, Gassen und Straßen zu reinigen. In zahlreichen Wagen wurde das von den Plünderungen des Vortages stammende, und von durchziehenden Truppen und Gefangenen Weggeworfene weggefahren. Der Zugverkehr war noch unterbrochen, die Geschäfte waren geschlossen, und weiterhin ruhte die Arbeit in den Betrieben. Eine Knappheit an Lebensmitteln machte sich bemerkbar, verursacht durch fehlenden Nachschub und Plünderungen. 13. Mai: Obwohl etwas ruhiger, wurde immer noch von Vergewaltigungen, Plünderungen und anderen Ausschreitungen berichtet. Verordnungsgemäß mußten alle Waffen und Munition binnen 24 Stunden am Stadtamt abgegeben werden; die deutsche Bevölkerung mußte weiße Armbinden tragen und durfte sich nach 21 Uhr nicht mehr auf den Straßen aufhalten. Die bei der Explosion eines Munitionslagers in Lämberg getöteten vier Russen wurden nachmittags auf dem Deutsch Gabler Friedhof beigesetzt. Immer noch fuhren Tag und Nacht russische Truppen durch die Stadt. Auch polnische Truppenverbände und Fremdarbeiter waren dabei, die mit ihren Gespannen und Autos im Hofe der Gürtlerfabrik übernachteten. Es wurde berichtet, daß diese Verbände den „Befehl“ erhalten hätten, den Deutschen alles wegWegweiser an der Wache in Waltersdorf. Der Erholungsort südwestlich von zunehmen, was sie selbst brauZittau liegt am Fuße der Lausche, des höchsten Berges des Zittauer Gebirges. chen könnten. Plünderungen schlossen, nirgends wurde gearbeitet, der Personenzugverkehr eingestellt. An die Nacht vom 9. zum 10. Mai werden sich unsere Frauen und Mädchen mit Schrecken erinnern. Brachte sie doch durch Russen und Fremdarbeiter Ver-

schen Kommandanten mußte die Fronleichnams­prozession abgehalten werden. Während der Prozession wurden deutsche Gefangene durch die Stadt geführt. Nachmittags holten die Russen fast alle ehemaligen deutschen Gendarme ab. Reinhold Werner, Jakob Wolf, Bernhard Backhaus, Martin Kirchner und Arthur Graefe kehrten nicht mehr zurück; Josef Kühnel, Friedrich Lockowitz nach vielen Jahren Gefangenschaft, Emil Zaschke und Alfred Klug kamen bald zurück. 3. Juni: Die Post sandte Briefsachen mit deutschen Anschriften zurück. Bahnfahrten für Deutsche waren nicht erlaubt, sie benötigten dafür eine amtliche Genehmigung. Die deutschen Eisenbahner wurden entlassen, tschechisches Personal übernahm den Dienst. Die bewegte Zeit beruhigte sich langsam weiter. Am 8. Juni durchsuchte eine Kompanie tschechischer Partisanen aus Böhmisch Leipa die Häuser. Am 14. Juni tagte der tschechische Nationalrat die ganze Nacht hindurch im Sitzungszimmer des Bürgermeisteramtes. Die deutsche Bevölkerung befürchtete Schlimmes. Am 16. Juni wurden Kundmachungen angeschlagen, die beinhalteten, daß alle deutschen Personen, welche nicht ausdrücklich im Besitz einer vom Národní Vybor ausgestellten Aufenthaltsgenehmigung seien, am Sonntag, 17. Juni, früh um fünf Uhr vor der Bahnunterführung an der Hermsdorfer Straße stehen müssen. Erlaubt wurde nur die Mitnahme der allernotwendigsten Sachen für den persönlichen Bedarf, das, was sie tragen konnten, also keine Handwagen oder sonstige Fahrgelegenheiten, Lebensmittel für sieben Tage, insgesamt höchstens 30 Kilogramm Gepäck, und 100 RM pro Kopf. Alles übrige wie Bargeld, Sparbücher, Eheringe, Schmuck- und Wertsachen, Wertpapiere, Versicherungs-Policen und die Hausschlüssel mußten zurückgelassen werden. Für die Betroffenen, das war die Hälfte der deutschen Bevölkerung, folgte eine schlimme Nacht, und die wenigsten fanden Schlaf. Fortsetzung folgt

nahmen zu und die Nacht vom bis zum 30. Mai normalisier14. zum 15. Mai war wohl eine te sich das Leben etwas, nur der der schlimmsten für die Bewoh- Bahnhof war weiterhin ständig ner. mit Flüchtlingen überfüllt. Tagsüber zogen in einem Am 30. Mai brannte nachts schier endlosen Zug gefange- das Kesselhaus der Firma Rau­ ne deutsche Soldaten durch die tenstrauch mit dem angebauten Stadt. Die vorhandenen Straßen- Schupfen ab. Die deutsche Besperren mußten entfernt werden, völkerung wurde zum Löschen und in der folgenden Nacht wur- herangezogen. de zum ersten Mal seit KriegsbeAm 31. Mai war Fronleichginn wieder die Straßenbeleuch- nam. Auf Anordnung des russitung eingeschaltet Am 17. Mai rückten die ersten tschechischen Partisanen ein. Der offizielle Národní Vybor nahm seine Tätigkeit auf und löste damit den bisher tätigen ab. Die russische Kommandantur war im Bräuhaus, die Geheimpolizei (GPU) am Marktplatz im Haus Nr. 151, dem ehemaligen Notariat, und die tschechische Polizei in der Alten Post untergebracht. Am Bahnhof wurde ein tschechischer Vorstand eingesetzt. An diesem Tag holten die Russen Bürgermeister Friedrich Sirach, Landrat Josef Hofmann, Schulrat Reinhold Stiller sowie Fabrikant Heinrich Rautenstrauch und Anton Dörfl ab. Die ersten drei genannten kehrten nicht mehr, die anderen beiden erst nach jahrelanger Gefangenschaft zurück. 18. Mai: Alle Rundfunkgeräte mußten abgeliefert werden. Nicht berufstätige männliche Personen mußten sich melden und wurden zu Aufräumungs-arbeiten herangezogen. Pfingstsamstag, 19. Mai wurde Johann Beckelt abgeholt; auch er kehrte nicht mehr zurück. Am Bahnhof kampierten Flüchtlinge aus Schlesien Über die wiedererrichtete Grenze an der Wache wurden nach Wiedererrichund Sachsen. meistens Frau- tung der ČSR viele Sudetendeutsche aus Jägerdörfel vertrieben und die Grenze en und Kinder, die schon seit anschließend geschlossen. Daran erinnert heute ein Gedenkstein. 1968 dran36 Stunden auf den Abtrans- gen über die Wache Panzer der Sowjetarmee als Okkupanten in die Tschechoport warteten. In den Tagen slowakei ein.


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REICHENBERGER ZEITUNG

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Kryštof 18 vor seiner Garage auf dem Hangar und ein Blick in sein Inneres, auf die medizinisch-technische Ausrüstung sowie in sein Cockpit.

Bilder: Patrick Huber (4), Nadira Hurnaus (1)

Reichenberg

Das Wien des Nordens, seine Prominenten und Kryštof 18 Die Stadt war zuFlugzeugantrieben dem ein bedeutenspielte. An der eheder Industrie- und maligen StaatsgeHandelsplatz der werbeschule ReiDonaumonarchie chenberg, die Porund Sitz zahlreische von 1891 bis cher bedeutender 1893 besuchte, erFirmen. Auch das innert mittlerweile größte Unterneheine deutsch-tschemen der Monarchie, chische Gedenkdie Textilwerke der tafel an den groFamilie Liebig, hatßen österreichischte sich in Reichendeutschböhmischen berg angesiedelt. Sohn dieser Stadt. Rund 90 Prozent Maxi Böhms im Jahr Und sein Geburtsder Einwohner Rei- 1983 posthum erschiene- haus beherbergt ein chenbergs waren zu ne Memoiren. Porsche-Museum. dieser Zeit sudetenDas Rathaus, das deutsche (Alt-)Österreicher, die wie eine verkleinerte Kopie des sich selbst als Deutsche betrach- Wiener Rathauses aussieht, geht teten, darunter viele Juden deut- auf die Idee des Wiener Architekscher Muttersprache. ten Franz von Neumann zurück Im nahen Maffersdorf, heu- und brachte Reichenberg den te ein Ortsteil von Reichenberg, Spitznamen „Wien des Nordens“ kam 1875 der weltbekannte Kon- ein. Das Stadttheater gleich dastrukteur Ferdinand Porsche zur hinter bildete das Sprungbrett Welt, der auch eine bedeutende für die Karriere von so manchem Rolle bei der Entwicklung von Künstler. Neben dem aus Nord-

mähren stammenden Helden- und später auch Passagiere in nen Dienst auf. Zunächst kam tenor Leo Slezak (1873–1946) die Hauptstadt Prag beförder- ein russischer Hubschrauber des hatten hier auch Größen wie der te. Doch 1927 wurde die Verbin- Typs Mil Mi-2 des privaten BeWiener Schauspieler Hans treibers BEL AIR zum EinHoldt (1909–2001) ihre ersatz. Am 1. Jänner 1993 übersten Auftritte. Paul Hörbiger nahm dann die ebenfalls pri(1894–1981) gab 1919 sein vate Firma DSA den Betrieb Debüt als Zwirn in „Lumpavon Kryštof 18, setzte jezivagabundus“, wenig spädoch vorerst weiterhin den ter trat auch sein jüngerer Mil Mi-2 ein. Dieses robuste, Bruder Attila (1896–1987) aber technisch längst veralteie Historie von Reichenberg in Reichenberg auf. Der lete (Erstflug 1966) Muster flog ist eng mit Wien, der Reichsgendäre Hans Moser (1880– bis 1996. Danach ersetzte ein hauptstadt von Österreich-Un1964) stand 1897 in ReichenAS 355 F2 Ecureuil den russigarn, verbunden. Reichenberg berg zum ersten Mal auf den schen Dinosaurier. Vor mittliegt inmitten des idyllischen Brettern, die die Welt bedeulerweile 21 Jahren, im FeIsergebirges, und die Architekten. bruar 2003, löste DSA den tur vieler Gebäude läßt deutliche Der Schauspieler und KaAS 355 F2 dann schließlich Ähnlichkeiten zu den Prachtbaubarettist Maxi Böhm (1916– durch einen Eurocopter EC ten der Kaiserstadt Wien erken1982) spielte ebenfalls an 135 T1, OK-DSA, ab. nen. Im 13. Jahrhundert wurdiesem Haus. Er verhalf der Einige Jahre später erfolgde die Region Reichenberg von Stadt durch die von 1973 bis te ein weiterer Flotten-MoDeutschen besiedelt. Im Jahr 1975 produzierte ausgesprodernisierungsprozeß, in des1577 erhielt die Gemeinde das chen beliebte TV-Serie „Halsen Rahmen mehrere EC 135 Stadtrecht. Ab 1804 war Reichenlo ‒ Hotel Sacher … PorT2 angeschafft wurden. Dieberg Teil des Kaisertums Östertier!“ zu erneuter Berühmtser Typ kommt nicht nur in reich, aus dem 1867 Österreichheit in Österreich und dem Hans Holdt mit der Schauspielerin Hannelo- Reichenberg, sondern auch Ungarn hervorging. damaligen Westdeutsch- re Schroth1938 auf dem Titelblatt des Maga- an den ebenfalls von DSA land. Denn Böhm zins „Die junge Dame“. betriebenen Notarzthubalias Blecha leitete schrauber-Standorten Ausso manche Bemerkung dung wieder eingestellt. 1930 sig, Mährisch Ostrau, Budweis, in Unterhaltungen mit oder 1934 – hier widersprechen Iglau, Königgrätz und Brünn zum dem Chefportier mit sich die tschechischen Quellen, Einsatz. den Worten „Bei uns in wahrscheinlicher ist jedoch 1930 Kryštof 18 ist tagsüber einsatzReichenberg“ ein. – wurde dann der heutige Flug- bereit und führt auch AlpineinVom 21. bis zum platz errichtet. Siesätze in der Region 24. Juni 1906 weilte ben Jahre später durch. Sein Einsatzgar der österreichische etablierte die tscheradius beträgt rund Kaiser Franz Joseph I. choslowakische 70 Kilometer rund persönlich in Reichen- Fluggesellschaft um Reichenberg. berg. Anlaß des ho- ČSA eine FlugverDer medizinische hen Besuchs war die bindung zwischen Teil der Besatzung wird vom GesundHans Moser, die Brüder Paul und Attila Hörbiger sowie Leo Slezak. Die Slezak-Karikatur stammt von dem am 21. Mai 1925 Deutschböhmische In- der Hauptstadt Prag dustrieausstellung. Mit und Reichenberg. heitsdienst Reiin Herrlich im Böhmischen Mittelgebirge geborenen Maler, Cartoonisten, Illustrator und Kinderbuchautoren Hans Traxler. dem Zusammenbruch Zwischen 1938 und chenberg gestellt, der österreichisch-un- 1945 nutzte die die fliegerische garischen Monarchie deutsche Luftwaffe Crew ist bei DSA im Jahr 1918 fiel Rei- den Flugplatz, daangestellt. Die meichenberg mit dem ge- nach herrschte wiesten der versorgten samten Sudetenland der ziviler Flugbe- Otto W. Renger, Patrick Patienten werden an die neu gegründete trieb im Bereich der Huber: „Von Reichenberg ins RegionalkranTschechoslowakei. Allgemeinen Luft- bis Sydney. Erinnerungen kenhaus Reichen1926 wurde im heu- fahrt. 1992 über- eines Altösterreichers berg geflogen, destigen Stadtteil Alt nahm die Stadt den aus Böhmen an Krieg sen Wurzeln bis ins Paulsdorf ein proviso- Flugplatz. und Frieden“. Vierte er- Jahr 1845 zurückrischer Flugplatz erIm selben Jahr weiterte Auflage, Selbst- reichen. Doch das richtet, von dem aus nahm hier auch der verlag 2024, 492 Seiten, ist eine andere Gedie Fluggesellschaft Notarzthubschrau39,99 Euro. (ISBN 978-3- schichte. Avia zunächst Post ber Kryštof 18 sei- 758468-37-7). Ferdinand Porsches Elternhaus beherbergt heute ein Porsche-Museum. Ferdinand Porsche im Jahr 1940. Patrick Huber Das tschechische Luftrettungswesen umfaßt zehn über das ganze Land verteilte Stützpunkte. Der nördlichste befindet sich in Reichenberg, das einst auch als das Wien des Nordens bezeichnet wurde und bekanntlich bis zur Vertreibung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine deutsche Stadt war.

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Dux

Ladowitz

Klostergrab

In 19 Tagen, am Mittwoch, den 20. März, beginnt um 4.06 Uhr der Frühling. Doch noch haben wir Winter. Jutta Benešová, unsere Korres­ pondentin in Teplitz-Schönau, macht sich deshalb Wintergedanken.

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er Winter fand in dieser Saison um den Sankt-Nikolaus-Tag statt. Schneelandschaft, Frost, Schneekehren vor dem Haus. Doch bevor ich mit meinen Enkelkindern eine Schlittenfahrt im Schloßpark planen konnte, war die Pracht schon wieder vorbei. „Das waren früher noch Zeiten“, wird manch einer denken und schaut sehnsüchtig auf seinen Kalender mit Bildern von Josef Lada. Josef Lada kam am 17. Dezember 1887 als jüngstes Kind einer armen Schusterfamilie in Hrusice in Mittelböhmen zur Welt. Er hatte den Bruder František und die Schwestern Antonia und Marie. Als kleiner Junge fiel er auf ein krummes Kneipmesser in der Werkstatt und verlor das Augenlicht auf dem rechten Auge und damit das räumliche Sehen. Das äußerte sich später vor allem in seinem charakteristischen flachen Zeichenstil mit scharf umrissenen Figuren. Bereits als Schulkind erfreute er seine Schulkameraden mit seinen Tierzeichnungen. Nach seiner Ausbildung zum Anstreicher begann er in Prag die Leh-

Ossegg

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Bilin

Teplitz-Schönau

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolz­hofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. H ­ eimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den See­gärten 35a, 63920 Großheubach, Tele­fon (0 93 71) 9 94 01, eMail ­klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schön­au – Paten­stadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard. spacek@gmx.de Redak­tionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

� Böhmische Schneegeschichte

Winteridylle bei Josef Lada re bei einem Buchbindermeister. Mit seinem Zeichentalent verdiente er seine ersten Groschen als anonymer Karikaturist in Zeitungen und Zeitschriften. 1906 gelang ihm im zweiten Anlauf die Aufnahme an der Industrieund Gewerbeschule in Prag, und er erhielt zunehmend Aufträge zur Illustrierung von Büchern. Lada hinterließ uns rund 600 Bilder und mehr als 15 000 Illustrationen. Zu seinem bekanntesten Werk gehört die Illustration des Buches „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“. Er schrieb aber auch selbst Kinderbücher, die er illustrierte, wie „Über den schlauen Gevatter Fuchs“ oder „Kater Mikesch“, die heute bei den Jüngsten noch ebenso beliebt sind wie früher. Übrigens wurde der „Kater Mikesch“ in der Übersetzung von Otfried Preußler in Deutschland 1963 mit dem Jugendbuchpreis ausgezeichnet.

In seinen Werken verewigte er Märchenfiguren wie den Wassermann, die Wassernymphe Rusalka und den braven Nachtwächter. Den Kindern schuf er eine Märchenwelt mit klar umrissenen Figuren, die die Phantasie der Kinder – ich muß gestehen, auch der Erwachsenen – mit Poesie erfüllte. Josef Lada starb am 14. Dezember 1957 als anerkannter Karikaturist, Maler, Kinderbuchautor und Illustrator und wurde auf dem Wolschaner Friedhof in Prag beerdigt. Er hatte zwei Töchter. Alena (* 1925) war wie der Vater Illustratorin und Malerin. Eva (* 1928) kam bei einem Bombenangriff auf Prag 1945 ums Leben. Der auf dem Land geborene Josef Lada veranschaulichte das von einem tiefen christlichen Gedanken geprägte Landleben Ende des 19. Jahrhunderts in idyllischen Bildern alter Volksbräuche. Damals war der Winter von langen Monaten mit Schnee und Kälte geprägt. Dazu gehörten Schlittenfahrten auf dem Dorfanger, verträumte schneebedeckte Kirchen und das lustige Leben beim „Schleifen“, sprich beim Schlittschuhlaufen auf dem nahen Dorfteich. Die Leute halfen sich gegenseitig, die Kinder hatten Platz zum Spielen im Freien in der weißen Pracht. So werden viele an ihre Kindheit erinnert, als es sogar noch nach dem Krieg üblich war, daß jedes Kind ein Brikett oder Holzstück für den Ofen im Klassenzimmer mitbringen mußte, damit der Unterricht stattfinden konnte. Oder es gab Kälteferien. Die meisten der älteren Generation erinnern sich an diese harten Winter nach dem Krieg.

Aber soweit es sich um die verschneiten Bilder von Josef Lada Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts handelt, müssen wir uns fragen: Entsprach dies der Wirklichkeit? Und hier werden wir schon etwas aus unseren Träumen gerissen. Den modernen Wissenschaften scheint es nämlich, daß die Kleine Eiszeit, die Europa Ende des 13. Jahrhunderts ereilte, definitiv schon um 1850 endete, und zwar zu einer Zeit – und jetzt sollten wir staunen – wegen der industriellen Verschmutzung, konkret wegen Flugasche. Die schwarze Flugasche bewirkte ein rascheres Abtauen des Schnees und damit den Rückgang der Alpengletscher und auch den Anstieg der Temperaturen. Zwar zunächst ein geringer, der aber genügte, daß die Kinder in den 1890er Jahren bei weitem nicht mehr solches Wintervergnügen hatten, wie in Ladas Zeichnungen gezeigt wird. Es sieht

Graupen

Niklasberg

so aus, als hätte die Eiszeit vorzeitig geendet. Eine Analyse der Alpengletscher, die uns angeblich schneeweiß erscheinen, ergab, daß sich darin eine bedeutende Menge von Flugasche befand. Der Hauptbestandteil von Flugasche ist Kohlenstoff, und so konnte die Datierung durch Radiokarbonanalysen sehr genau durchgeführt werden. Der Flugaschefall im Jahr 1860 setzte sich ein Jahrhundert lang fort. An der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert wagte die Hausfrau in vielen Regionen kaum noch, die Wäsche unter freiem Himmel zu trocknen – sie wurde von der Flugasche grau. Und der Schnee, der damals fiel, taute wohl ebenso rasch wie der verschmutzte Schnee der 1980er Jahre. So scheint es wohl, daß Ladas Zeichnungen eher einem Ideal entsprachen als der Wirklichkeit. Und so schauen wir auf diese Winterbilder mit ebensolcher Sehnsucht und Nostalgie wie die Menschen der damaligen Zeit. So wie bei Lada im Sommer auf jedem Weidenbaum ein grüner Wassermann saß oder Rusalka im Mondlicht träumte, bedeckte zur Weihnachtszeit ein dichter Mantel aus weißem Schnee Kirche und Anger – und löste damit das gleiche glückliche Gefühl wie heute aus – die Gedanken an unsere Kindheit.


HEIMATBOTE

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Bischofteinitz

Ronsperg

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

15 Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Ronsperg

Neuerscheinung Auf Einladung des Furth im Walder Europe-Direct-Büros stellt Kristýna Pinkrová mit Ladislav Ptáček ihr neuestes Buch über Ronsperg vor. Die Hindle-Gruppe in Vollmau.

Bilder: Karl Reitmeier

Vollmau

Auf Maria Theresias Spuren Wenn das Projekt „Hindle“ ruft, kommen die Leute von beiden Seiten der Grenze in Scharen. So auch zur vom Further EuropeDirect-Büro geförderten Exkursion „Nächster Halt: Vollmau in Bayern“. Projektleiterin Kristýna Pinkrová hatte mit 20 Teilnehmern gerechnet, gekommen waren 60 Leute, darunter viele aus Furth im Wald und Umgebung, von denen einige sogar Wurzeln in Vollmau hatten.

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as man in Folmava von der Herrschaft Maria Theresias bis zur Gründung der Tschechoslowakei alles sehen kann, war Inhalt der Exkursion. Der gebürtigen Vollmauer Tomáš Kohel, begleitete Pinkrová mit viel Insider-Wissen. Auch Kulturreferent Heinz Winklmüller und Katharina Drescher-Seidl vom Kulturamt in Furth im Wald waren dabei. Erste Station war die dem Antonius von Padua geweihte Kirche. In der Kirche war es kälter als draußen. Es wurde berichtet, daß es zuerst nur eine Kapelle gegeben habe und die Pfarrkirche 1796/97 errichtet worden sei. Der barocke Hochaltar, die Sitzbänke und Glocken seien von einem aufgelösten Klattauer Kloster übernommen worden. Früher habe es zwei Seitenaltäre gegeben, die nicht mehr vorhanden seien. Auch von der Orgel sei nur noch ein kleiner Teil erhalten. Und von den sieben Glokken gebe es auch nur noch eine. In den 1950er und 1960er Jahren seien in den einst deutschen Gebieten viele Kirchen verschwunden. Da Vollmau von der Further Seite gut einsehbar gewesen sei, hätten die Kommunisten die Kirche wohl nicht liquidiert. In den 1970er bis 1980er Jahren sei sie in einem schlechten Zustand gewesen. Große Schäden habe ein Feuer angerichtet, als Brennesseln verbrannt worden seien. Kohel berichtete, daß die Vollmauer Feuerwehr und sogar Angehörige der tschechoslowakischen Grenzschutzwache letztlich die Kirche gerettet hätten. Nach der Samtenen Revoluti-

Hindle H

indle bedeutet im chodischen Dialekt der Ort zwischen hier und dort. Hindle ist die Region zwischen Pilsen und Regensburg, in der es nicht darauf ankommt, welche Sprache man spricht, sondern daß man sich versteht. Trotz der schwierigen Vergangenheit gibt es viel mehr, was uns eint, als was uns trennt. Hindle ist ein Ort, an dem es keine Grenzen geben muß, wenn wir das wollen und etwas dafür tun.

on sei die Kirche dank der Unterstützung von ehemaligen Bewohnern und der Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Furth im Wald renoviert. Dabei habe sich der damalige Further Stadtpfarrer Sebastian Werner große Verdienste

halb der Kirche wurde ein Blick in den alten Friedhof geworfen, der unmittelbar an die Kirche angegrenzt hatte. Anfang des 20. Jahrhunderts habe der Pfarrer dort Obstbäume gepflanzt, so Kohel. Am Rand

hof steht nun auch in der unteren linken Ecke das Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, die namentlich festgehalten sind. Früher stand es in der Nähe der einstigen deutschen Schule. Unweit von Vollmau führten Pinkrová und Kohel zu einem gut erhaltenen Feldkreuz inmitten einer stattlichen Baumgruppe. Sie erzählten, daß der Besitzer darum gekämpft habe, das Kreuz auf die andere Seite der Grenze bringen zu dürfen. Da es inzwischen unter Denkmalschutz stehe, müsse es bleiben, wo es sei. Schließlich wurde ein alter Kolonnen-Weg erreicht, auf dem früher die Grenzwache hinter dem Eisernen Vorhang mit ihren Fahrzeugen patrouillierte. Auf der Höhe der „kleinen Hölle“ verließ man den Weg und marschierte querfeldein direkt zur Statue des heiligen Johannes von Denkmal für die Gefallenen des Er- Grenze. Dort markiert ein GrenzNepomuk. sten Weltkrieges. stein von 1766 noch heute die Staatsgrenze. Pinkrová und Kohel wiesen darauf hin, daß die österreichische Herrscherin Maria Theresia, die damals zugleich König von Böhmen war, bereits 1743 mit dem bayerischen Kurfürsten Max III. Joseph einen Grenzvertrag abgeschlossen hatte. Damit wurden die über Jahrhunderte andauernden Streitigkeiten über den genauen Grenzverlauf unblutig beendet. Die Grenzsteine wurden dann aber erst später aufgestellt. Dieser Stein zeigt auf der einen Seite den böhmischen Löwen und auf der anderen Seite das bayerische Rautenwappen. Bayerische Seite des Grenzsteines Dieses Feldkreuz steht unter DenkDirekt an der Grenze entvon 1766. malschutz. lang führte der weitere Weg zur Grenzbrücke zwischen Vollmau erworben. 2009 sei die Kirche als habe sich das Leichenhaus be- und Schafberg, unter der die Kulturerbe eingetragen worden. funden, in dem später ein tsche- Warme Pastritz fließt. Der GrenzNun kümmere sich die Gemein- chische Patriot wohnte. Als der übergang war 1964 in erster Lide um das Gotteshaus. nie für den SchwerlastverSchräg gegenüber der kehr geöffnet worden, späKirche steht eine Johanter wurde die Grenzbrücke nes-von-Nepomuk-Statue. erweitert. Der Brükenheilige wird Das letzte Objekt der meist mit einem LorbeerBesichtigungstour war die blatt oder einem Kreuz soeinstige deutsche Schuwie mit einem Sternenle, die 1858 errichtet und kranz abgebildet. Diese 1908 erweitert worden war. Statue wurde 1868 errichIn kommunistischer Zeit tet, der Bildhauer soll aus diente sie als Unterkunft Cham stammen. Bekannt für die Grenzwache. Nach sind aber nur seine Initimehreren Besitzerwechalen V und M. Nun wurde seln nach der Sanften Regerätselt, ob diese Statue volution befindet sich das früher auch ein Kreuz geGebäude, das laut Kohel tragen habe, das später verderzeit einem Vietnameschwunden sei. Der Bildsen gehrt, inzwischen in hauer Jaroslav Šindelář re- Dolmetscherin Marcela Řezníčková, Tomáš Kohel einem trostlosen Zustand staurierte die Statue nach und Kristýna Pinkrová und scheint dem Verfall der Samtenen Revolution. preisgegeben zu sein. Pinkrová wies darauf hin, daß die Friedhof zu klein geworden sei, Die Exkursion endete schließälteste Johannes-von-Nepomuk- sei 1883 rund 100 Meter oberhalb lich im ehemaligen Gasthaus Statue in Ronsperg stehe. der neue Friedhof angelegt wor- Zum Müllner von Jan Baumann Auf einem freien Platz neben den. 1946 bis 2019 sei der Fried- mit einem gemütlichen Beisamder Kirche stand der 1856 erbau- hof verwüstet gewesen. mensein. Das Europe-Direct-Büte Pfarrhof. Er wurde 1956 abgeKohel berichtete, daß im ver- ro hatte bayerische Brezen und rissen. Dort sollen sich berühm- gangenen Jahr von der Gemein- den Käseaufstrich Obazda spente Persönlichkeiten aufgehal- de wieder damit begonnen wor- diert. Dort erzählte Jan Baumann ten haben wie die Schriftstellerin den sei, den Friedhof in Ordnung noch über die Geschichte von Božena Němcová oder der Hi- zu bringen, wovon ein frisch an- Vollmau und von seinen Vorfahstoriker František Palacký. Ober- gelegter Fußweg zeugt. Im Fried- ren. Karl Reitmeier

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ie Stadt Ronsperg, deren deutsche Partnerstadt Schönsee ist, ist eine grüne Stadt an der Piwonka. Ein Ort, dessen Geschichte von Menschen geprägt wurde, die Tschechisch, Deutsch, Jiddisch und Japanisch sprachen, von Katholiken, Protestanten, Juden, von Adeligen und Untertanen und von Menschen unterschiedlicher politischer Färbung. Sie alle trugen zur Gestalt und zum Charakter des heutigen Ronsperg bei. In neun Kapiteln stellen die Autoren Kristýna Pinkrová und Ladislav Ptáček den langen und verschlungenen Weg vor, den Ronsperg in den fast sieben Jahrhunderten seiner historisch dokumentierten Existenz zurückgelegt hat. Dabei gab es abwechselnd Etappen des Aufstieges, des friedlichen Daseins

und der historischen Umwälzungen. Wie der Titel „Domov/Heimat – Poběžovice/Ronsperg“ vermuten läßt, erzählt das Buch die Geschichte der Stadt auf Tschechisch und auf Deutsch.

Donnerstag, 14. März, 19.00 Uhr im Georgssaal des Landestormuseums, Schloßstraße 4, Furth im Wald.

WIR BETRAUERN Ronsperg. Am 29. November starb Ronspergs Ortsbetreuerin Gertrud Schubert-Ubl mit 92 Jahren im württembergischen Wertheim. Wohlbehütet wuchs sie als einzige Tochter eines Zahnarztes auf. Nach dem Krieg wurden ihre Eltern eingesperrt, später auch sie ( HB 06 ff/2023). Mit ihrer besten Freundin gelang ihr die Flucht nach Linz zu ihrer Tante, die sie liebevoll aufnahm. Nach einem guten Jahr erhielt sie ein Lebenszeichen von ihren Eltern, die in Wertheim gestrandet waren, wo auch sie ein neues Zuhause fand. Gerti Schubert-Ubl wurde Zahnarzthelferin mit Schwerpunkt Technik. Damals kannte sie bereits Hermann Schubert, der in Würzburg Zahnmedizin studierte. Ihr gemeinsames Hobby war Rudern auf dem Main. Nach ihrer Verlobung arbeiteten sie in Bremerhaven, wo sie 1955 heirateten. Später eröffneten sie in Hannover gemeinsam eine Zahnarztpraxis. Sie blieben fast 40 Jahre dort. Ihre Töchter Petra und Brigitte kamen dort zur Welt

und wuchsen dort auf. In den 1990er Jahren zogen sie in Gertis Elternhaus in Wertheim. Alte Freundschaften wurden aufgefrischt, und sie fühlten sich wohl. Die Eheleute führten eine harmonische Ehe, nie gab es Streit. Sie hatten für ihren Beruf gelebt und verbrachten erst mit den Töchtern, später mit guten Freunden, schöne Urlaube. Gertrud Schubert-Ubl verbrachte knapp 60 Jahre mit ihrem geliebten Hermann. Leider erlag er im Dezember 2014 einem Unglück. Irgendwann akzeptierte und meisterte Gerti Schubert-Ubl ihr Alleinsein. Sie lebte alleine und selbständig in ihrer Wohnung. Gerne spielte sie Klavier, viele Stücke kannte sie auswendig, ihr Gedächtnis war erstaunlich. Lange Jahre war sie nicht nur Kassiererin der Heimatgruppe, sondern leitete auch mit Franz Bauer und Theresia Jakob-Baumann die Geschicke der Heimatgemeinde Ronsperg. Nun ging sie in die ewige Heimat bei unserem Herrgott.

WIR GRATULIEREN Im März gratulieren wir folgenden Abonnenten des Bischofteinitzer Heimatboten zum Geburtstag und wünschen von Herzen alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen: Kscheberscham. Walter Bernklau in Blaustein-Dietingen, 95 Jahre.

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Zetschowitz. Am 26. Johann Prokosch (Konaschousta, Haus-Nr. 31), Ölbronner Straße 11, 75245 Neulingen, 93 Jahre. Heiligenkreuz, Haselberg. Am 2. Maria Egl (Binna), 92 Jahre, und am 13. Eduard Brix (Brix‘n), 91 Jahre. Peter Gaag Ortsbetreuer

Ortsbetreuerecke

erzlich gratulieren wir im März Karl Gagalick, Ortsbetreuer von Sadl, am 3. zum 83. Geburtstag; Walter Gimpl, Ortsbetreuer von Dobraken und Zwirschen, am 7. zum 95. Geburtstag; Josef Hoffmann, ehemaliger Ortsbetreuer von Eisendorf, am 8. zum 89. Geburtstag; Dr. Waldemar Nowey, Bildungsforscher, am 11.

zum 97. Geburtstag und Annemarie Ziehfreund, Ortsbetreuerin von Pirk, am 30. zum 83. Geburtstag. Wir wünschen alles Gute, noch viele Jahre in guter Gesundheit und danken für den steten und tatkräftigen Einsatz für unsere Heimat! Peter Pawlik Heimatkreisbetreuer


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 9 | 1. 3. 2024

Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

WIR GRATULIEREN Wir gratulieren folgenden treuen Abonnenten des Tachauer Heimatboten zum Geburtstag im März und wünschen von Herzen alles Gute. Hesselsdorf. Am 7. Brigitte Langguth, Brückenstraße 35, 99098 Erfurt, 78 Jahre. Anni Knarr Ortsbetreuerin Haid. Am 13. Katharina Jugelt/Sedelmayer (Töpferstraße 154) in Berlin, 99 Jahre. Felix Marterer Stadtbetreuer

Pfraumberg. Am 30. Ilse Orendt (Schwind Ilse), 104 Jahre, und am 17. Anna Erhart (Gattin von Honsmichl Koarl, HausNr. 209), 98 Jahre. Waltraud Gregor Stadtbetreuerin Neuzedlisch. Am 1. Walter

Fischer (Fischerpäiter Walter), 100 Jahre. Christine Harinko Schriftführerin Roßhaupt. Am 17. Angela Lohner/Herbst, 95 Jahre. Helga und Heribert Kett Ortsbetreuer

Ortsbetreuerecke

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Der Üaware Max (Haus-Nr. 63, Wurdak) mit dem Sohn Walter.

Hausnamen in Neuzedlisch – Folge II und Schluß

Kutscher-Korl und Meuer-Vadl Ernst Wurdak berichtet über die Bedeutung der Hausnamen am Beispiel seiner Heimatgemeinde Neuzedlisch.

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ie Mundart der Bevölkerung prägt die Hausnamen. Das hörte sich dann so an: Die Familie mit dem Schreibnamen Korn hatte den Hausnamen Geicher. Der Familienvater hieß bei den Leuten der Geicherbauer, seine Frau die Geichere (angehängtes e für die weibliche Endung -in) oder auch die GeicherMare (Vorname Marie oder Maria). Zum Großvater sagte man Geicher-Harla, zur Großmutter Geicher-Wawa. Aus dem Buben Hansl wurde der Erwachsene Hons und aus dem Mädchen Annerl die Hausfrau Nanne. Die meisten Hausnamen waren von einem Beruf abgeleitet, der einst in der Familie betrieben worden war. Die Weber werden mit einer Lautverschiebung vom „b“ zum „w“ mehrmals genannt. Mein Sperlwewer-Großvater war Maurer, der aber im Winter das Weben von feinem Leinentuch fleißig betrieb und dafür bei den Bäuerinnen hochangesehen war. Sie bauten dafür Flachs an, trockneten, reiffelten und bearbeiteten ihn. An den unterhaltsamen Hutscherabenden im Winter sponnen sie daraus die feine Fäden am Spinnrad und spulten sie auf. Als Bub sah ich noch den Webstuhl des Großvaters auf dem Dachboden. Daß Hausnamen auch wanderten, dafür war unser Wohnhaus ein Beispiel. Meine Mutter, die Sperlwewer-Nanne, die das Elternhaus erbte, hatte zwei Brüder. Der ältere, Luis, baute im Neuzedlischer Ortsteil Am Russla ein Haus und nahm den Hausnamen als Sperlwewer-Luis mit (Nr. 148, Oschowitzer). Der jüngere, Hans, baute sein Haus im Nachbardorf Uschau und gab ihm auch den Hausnamen Sperlwewer. Im Dorf gab es drei weitere WeberHausnamen: den Brau(n)wewer (Nr. 82, Stich), den Wewer-Seff (Nr. 107, Gasthof Riedl) und den Wewerl (Nr. 39, Bindler), der von seiner Statur her die verkleinerte Namensform erhielt. Die Fischer kamen in Hausnamen auch mehrfach vor, da die

Schloßherrschaft von Neuzedlisch 13 Fischweiher besaß, wozu sie Fischer brauchten. Der Hausname Kutscher, den zwei Familien hatten, stammte auch von der Tätigkeit bei der Herrschaft: Kutscher-Korl (Nr. 45, Wurdak) und Kutscher-Seff (Nr. 21, Wurdak). Ebenso rührte der Hausname Schütz (Nr. 69, Schöppl) von einer Jagd bei der Herrschaft her. Der Meuer-Vadl kommt daher, daß ein Valentin einst am Meuerhuaf (Meierhof) der Schloßherrschaft bedienstet war. Bis zur Vertreibung, bei der die Familie des Meuervadl-Röis in der Ostzone landete, war er in Neuzedlisch der Flouerer (Nr. 99, Seitz). Er war von den Bauern mit der Überwachung der Fluren und der Waldungen beauftragt. Hausnamen, die von Holzberufen herkommen, gab es mehrere: der Tischler (Nr. 90, Müller), der Pfeifer-Tischler (Nr. 62,

Bergler) und der Zöigl-Tischler (Nr. 58, Krieglsteiner). Auf einen Holzberuf geht auch der Fischerwogner (Nr. 30, Reifenberger) zurück, der Wagen für die Bauern herstellte. Und der Toffelbinner (Nr. 108, Güntner) hat nicht nur Holzpantoffel hergestellt, sondern auch Holzdielen in den Wohnungen verlegt, ebenso der Binner (Nr. 61, Wurdak). Daß man im Dorf wenigstens zwei Schuster brauchte, ist belegt. In der Hedlgasse arbeitete der Holerer-Schouster (Nr. 112, Josef Watzka) und im unteren Dorf der Kuschn-Schouster (Nr. 67, Johann Watzka). Der Mühlbauer-Seff (Nr. 14, Blobner) hieß so, weil ein Vorfahre Mühleneinrichtungen baute. Beim Hof der Maurer (Nr. 66, Maschauer) ist der Maurerberuf bei einem Vorfahren belegt. Der Keuser-Huaf (Nr. 65, Tschada) war der größte Bauer im Dorf.

Die Fleischhauerei Wuschek hatte 1930 keinen Hausnamen. Das Nachbarhaus vom Anton Eisenhut nannte man Sponer-Toni. Der Bauernhof des Unteren Baaler, Haus-Nr. 73, Bittner.

Ob vielleicht der Spitzname eines Kaisers für ihn gedacht war? Vornamen früherer Familienväter sind oft übernommen worden. Die Siemer (Nr. 11, Zupfer) gingen auf einen Simon zurück, die Lukasn (Nr. 84, Müller) auf einen Lukas, die Jaggler (Nr. 72, Bittner) auf einen Jakob. Von einem Vorfahren namens Paul leiten sich die Unteren Baaler (Nr. 73, Bittner) und die Üaweren Baaler (Nr. 49, Bittner) ab. Beliebt war auch die Ableitung von einem Hans für den Hannasn-Johann (Nr. 57, Wurdak) und den Hannasn-Tone (Nr. 95, Heidl). Eindeutig ist auch die Übernahme eines Vorfahren mit dem Namen Max für den Üaweren Max (Nr. 63, Wurdak) und den Unteren Max (Nr. 64, Seiferth). Einer aus der Gruppe der Vornamen sei noch genannt, der schwierig zu deuten ist, der Bauernhof am westlichen Dorfrand namens Öll. Für diesen hat wohl ein Ulrich seinen Namen hinterlassen. Bei dieser Deutung von einem Teil der Hausnamen soll es hier bleiben. Bei manchen anderen bleibt die Herkunft rätselhaft, so beim Spreitzer-Korl, beim Stemmerer, beim Pfefferer, beim Holerer, beim Kreizer-Girch oder erst recht beim Picher-Honsl. Auch die Flurnamen und Waldnamen waren wichtige örtliche Bezeichnungen. Sie waren notwendig, denn mit ihnen konnte die Lage der Felder, Wiesen und Waldungen gut markiert und mitgeteilt werden. Mit der Enteignung und Vertreibung sind auch ihre Namen verloren gegangen und ein Stück der riesigen kulturellen Zerstörung neben dem materiellen Verlust unseres Eigentums. Deshalb sollen aus meinem Heimatdorf wenigstens einige dieser originellen Namen genannt werden. Da gab es im Bauernwald den Bärnwinkel und den Glosabühl, das Brandlholz und die Schießstatt, die Birkla und die Holzwiesen. Und bei den Flurnamen erinnere ich mich an die Furt und an die Hirwa, an die Hofäcker und die Wassermannl, den Tummelplatz und die Steigäcker, die Kerschbaumerloh und die Kirlingäcker, die Irretwiesen und die Peint.

erzlich gratulieren wir im März Stefan Kapusta, Ortsbetreuer von Wosant, am 23. zum 58. Geburtstag, Emma Weber, Ortsbetreuerin von Neuhäusl, am 31. zum 69. Geburtstag und Reinhold Wurdak, Ortsbetreuer von Maschakotten, am 31. zum 71. Geburtstag. Wir wünschen alles erdenklich Gute, Gesundheit sowie Gottes Segen und danken für alle Arbeit für unsere Heimat. Sieglinde Wolf

Das Tachauer Heimatmuseum lädt nach Weiden in der Oberpfalz ein.

TERMINE Bis Donnerstag, 16. Mai, Centrum Bavaria Bohemia: Ausstellung „Landschaften/Krajiny. Die Landschaften des Grünes Bandes verbindet, was einst durch die Grenze getrennt war“ mit Bildern von Lena Schabus, Jaromír 99 und Peter Lang, Montag bis Freitag 9.00–16.00, Samstag 10.00–11.30, Sonntag 14.00– 16.00 Uhr, feiertags geschlossen.

Freyung 1, 92539 Schönsee, Telefon (0 96 74) 92 48 77, Telefax 91 30 67, eMail info@cebb.de Sonntag, 19. Mai, 18.00 Uhr, Musiksommer Haid–Festival Geistlicher Musik: Antonín Dvořaks „Die Geisterbraut“ mit dem Westböhmischen Symphonieorchester Marienbad, Chor Čerchovan und Dirigent Tomáš Brauner in Sankt Nikolaus.


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 9 | 1.3. 2024

Betreuerin Heimatkreis Leitmeritz: Yvi Burian, Eugen-Kaiser-Str. 21, 63526 Erlensee, Tel. 06183 8995283, eMail: sudetenburi@gmail.com. Betreuer Wedlitz, Drahobus, Straschnitz, Laden, Julienau, Brzehor: Sven Pillat, OT Chursdorf 44, 07580 Seelingstädt, eMail: svenpillat@gmx.de. Redaktion: Heike Thiele, Eulengasse 16, 50189 Elsdorf, Tel. 02271 805630, eMail: thiele.heike@gmx.de. Redaktionsschluß: 15. Vormonat.

 Wie es früher war/Alt-Thein

Über Lehrjahre zur Pension Nachdem er von der Dorfschule in Tarnow gegangen ist, hat Kurt Hammer zunächst einige harte Lehrjahre absolvieren müssen. Fortsetzung zu Teil I im LHB Januar 2024.

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Sommerliche Straßenansicht in Welbine, heute Lbín genannt.

Foto: Petr Kinšt, Wikipedia

 Geschichte/Welbine

m Juli 1948 erhielt ich ohne Abschluß von der Dorfschule ein Entlassungszeugnis und begann eine Lehre zum Landmaschinenschlosser. Im Juni 1951 konnte ich dann die Gesellenprüfung mit der Note Drei abschließen. Nun machte ich mich

Vater einen Zeitungsartikel mit, in dem stand, das Land Hessen suche Leute für die Ausbildung zum Fachlehrer (gefragt waren Meister oder Techniker) für Berufsschulen. Meine Anfrage beim Kultusministerium Wiesbaden wurde erst nach drei Monaten beantwortet. Es wurden fünfzig Teilnehmer eingeladen, doch es konnten nur zehn aufgenommen werden. Ich habe einen Tag Urlaub genommen und bin nach Gießen zur Aufnahmeprüfung gefahren,

Die Geschichte von Welbine

Bei Welbine hat es sich um ein Haufendorf am westlichen Talhang des Pokratitzer Baches gehandelt.

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s gab Viehzucht mit Weiden, auf denen Jungvieh graste und das Obst in Obsthainen heranreifte. Hinzu kamen die sogenannten „Einschichten“ der Welbiner Mühle und des Gasthauses „Mühlhäusel“, am Hang des Langen Berges kam die Einschicht „Neuhof“ noch hinzu. 1088 Der Ort wird als „Lbín: Berg mit Quelle“ das erste Mal erwähnt und von Wratislav II. als Schenkung mit dem Gut Schüttenitz an das Stiftskapitel Vysehrad gegeben. 1356 Der Name Welbine wird benannt, das Dorf gehört noch zur Herrschaft von Schüttenitz. 1657 Nach dem Dreißigjährigen Krieg leben nur zwanzig Familien im Ort. 1720 Am Westhang des Langen Berges wird nun ein Meierhof mit

Kapelle in Welbine. einem Jägerhof errichtet und erhält den Namen „Neuhof“. 1787 Südlich vom Ort bei Mentau (Hegerhaus) beginnt man mit dem Abbau von Braunkohle.

Foto: Petr Kinšt, Wikipedia 1789 Dieser Kohlebergbau wird wegen zu geringen Ertrags wieder aufgegeben. 1830 Ein ehemaliger Feldwebel führt den Schulunterricht.

1833 Im Ort stehen 42 Häuser mit 230 deutschen Einwohnern, die allesamt katholisch sind. 1837 Im Januar wird eine neu gebaute Volksschule am Südausgang von Welbine eröffnet, es gibt eine Klasse. 1883 Das Jahr der Gründung der freiwilligen Feuerwehr. 1884 Bei der Welbiner Mühle wird wieder Kohle abgebaut. 1887 Im Ort stehen 47 Häuser, es gibt 244 Einwohner. 1923 Welbine wird Ort des Leitmeritzer Wintersports. Besonders auf den „Jungviehweiden“ wird er nun betrieben. 1930 44 Häuser mit 199 Einwohner stehen im Ort. 194 Personen sind deutsch und fünf tschechisch. 197 Menschen gehören der Konfession Katholisch an, eine Person ist evangelischen Glaubens, eine ohne Konfession. 1939 Es leben 199 Einwohner in Welbine, das nach Schüttenitz eingepfarrt wird. Auch die Post befindet sich dort. Georg Pohlai

 Kultur/Straschnitz

Ostertage in Straschnitz Margarethe Semsch berichtet von der Osterzeit und ihren Gebräuchen, wie sie sie in ihrer Jugend in Straschnitz und Laden erlebt hat.

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osefi, der 19. März, war besonders für die Schulkinder ein Riesenspaß. Wenn der Lehrer Josef hieß, wurde er von einem beherzten Schüler „ogebundn“ (angebunden an einem Tischbein seines Lehrertisches) und mußte sich mit Süßigkeiten loskaufen, der Unterricht fiel an diesem Tag aus. Dann, am Gründonnerstag, gingen die Kinder „schnorrn oder klopparn“ (schnarren, klappern), eine Tradition, die das Glockenläuten ersetzte. Für das Erzeugen der Lautstärke gab es spezielle, meist hölzerne Klappern, von denen gar jedes Kind eine besaß. Das ging bis zum Karsamstag, da erklangen die

Glocken um 9.00 Uhr morgens „von Rom zurück“. Zur Wache beim heiligen Grab hat der Pfarrer Vogel die Kinder eingeteilt, es kamen aber auch Erwachsene, meist ältere Frauen, um Wache zu halten. Am Karsamstag war feierliche Auferstehung, da zeigte unser Herr Pepi, was er aus der Orgel herausholen konnte. Er war ein hervorragender Musiker, von Geburt blind, der Sohn von Oberlehrer Fritsch. Er hatte an einem Konservatorium eine hervorragende musikalische Ausbildung erhalten. In Straschnitz erteilten er und seine Schwester Bertl Musikunterricht. Der bekannte „Mandolinenclub“ wurde von ihnen gegründet. Fast jedes Haus im Kirchsprengel hatte einen „Musikanten“. Ostersonntag wurden die Osterreiter von Pfarrer Vogel vor der Kirche gesegnet. Das war

ein herrliches Bild, die Älteren in Zylinder und Frack, die Burschen mit weißem Hemd und in Reithosen und Stiefeln. Ostermontag war sicherlich irgendwo ein Kränzchen, zu dem wir wegen des schon oft schönen Wetters mit dem Rad gefahren sind. Um diese Zeit konnte man bereits auf die „Horschiegelbaude“ fahren. Das war ein Tanzplatz im Freien mit Grammophonmusik. Maibaumfeste konnten wir in Straschnitz keine abhalten, dazu war unser Dörfchen zu klein, aber zweimal hatten wir ein Pfingstbirkenfest. Als aber unsere Pfingstkönigin – sie war die einzige, die reiten konnte – vom Pferd fiel, schlief es wieder ein. Hatten wir mal eine Veranstaltung, ging unser Flehen um gutes Wetter zum Petrus, denn bei Regen trauten sich nur die

Mutigsten auf den Berg herauf. Pankraz, Bonifaz, Sevaz und die kalte Sophie waren die Bitt-Tage. Pfarrer Vogel zog mit den Gläubigen singend und betend um die Felder, um eine gute Ernte zu erbitten. Margarethe Semsch Einsenderin: Margarethe Ulber, Fotos: Goldy64, Wikipedia

Schulzeugnis von Kurt Hammer. auf den Weg nach Westen, nach Wiesbaden. Von Juli 1951 bis August 1954 hatte ich eine Wohnung bei Verwandten, dann ein Zimmer in Heßloch und Arbeit in einem Kesselbaubetrieb. Es war eine harte Zeit. Dann lebten wir 1954 in Hanau schließlich wieder als ganze Familie. Ich hatte verschiedene Arbeitsstellen, zum Schluß bei Dunlop fünf Jahre lang als Schlosser. Ein Kollege drängte mich dazu, die Industriemeisterprüfung anzustreben. Kurz vor der Eignungsprüfung sagte er mir jedoch, sein Onkel werde ihn zum Hausbau brauchen, also gab es eine Absage. Ich war bereits verheiratet und mein Sohn Volker auf der Welt. Da ich mich gemeldet hatte, ging ich für zwei Jahre zum Meisterkurs. Donnerstag Abend und Samstag Vormittag war Schule, also gab es viel Hausaufgaben und oft wenig Freizeit. Ich hatte zwei Meisterstellen, um dann bei der Firma Honywell zur Arbeitsvorbereitung eine Schreibtischstelle anzutreten. Eines Tages brachte mein

Auszug aus einem alten Bauernkalender zum Monat März.

Foto: Kurt Hammer das war eine neue Erfahrung für mich. Kurz darauf kam der Bescheid: Ich sollte am ersten September 1968 in der Berufsschule Offenbach antreten. Das bedeutete, zwei Tage pro Woche im Seminar in Gießen zu sein. Außerdem mußte ich zwölf Stunden Unterricht in der Berufsfachschule Offenbach geben. Das Seminar wurde aufgeteilt in fachbezogene Schulung und allgemeine Pädagogik. Mit 35 Jahren war ich jetzt Beamter zur Anstellung, dann nach zusätzlicher Prüfung auf Lebenszeit. Nach zehn Jahren ergab sich die Möglichkeit, nach Hanau an die Otto-Hahn-Schule zu kommen. Meine Fachgebiete waren Technischer Zeichner, Metallbearbeitung und Grundkenntnisse der Elektronik. Ein Raum mit zwanzig Arbeitsplätzen, ausgerüstet mit Werkzeugen wie Schraubstock, Feilen und Messzeug, konnte über die Stadt angeschafft werden. Nach 25 Jahren Lehrertätigkeit beantragte ich den Ruhestand und war so mit sechzig Jahren Pensionär. Kurt Hammer

Foto: Sven Pillat


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 9 | 1.3. 2024

Im Sudetenland hieß das Kinderkarussell, wie auch überall im alten Österreich, vorzugsweise Ring(e)lspiel. Die beiden Begriffe Karussell und Ringelspiel sind historisch eng miteinander verknüpft.

� Kultur

Das Ringelspiel

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as Ringelstechen und Ringelrennen oder Ringelschießen, auch insgesamt Ringelspiel genannt, war ein besonders im späteren Mittelalter und in der darauf folgenden Zeit beliebtes Reiterspiel, bei dem es darauf ankam, im scharfen Anreiten mit der Lanzenspitze einen hoch aufgehängten Ring (oder Kranz) zu treffen oder abzustreifen. In dem mitunter auch Ringreiten genannten Spiel wurden oft auch Wurfspieße verwendet. Für dieses öffentliche Ritterspiel, wofür man sich noch im 18. Jahrhundert nach Art der alten Ritter kleidete, kam in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts zusätzlich das Fremdwort carrousel auf, das noch heute im Französischen „Ringelstechen“ bedeutet. Dieses Wort ist im 16. Jahrhundert in Frankreich als carrouselle aus dem italienischen Begriff carosello entstanden. Dieses war ursprünglich die Bezeichnung für ein in Neapel beliebtes Kampfspiel zwischen zwei berittenen Parteien, die

Nostalgisches Karussel am Abend.

Foto: Off2riorob, Wikipedia

einander mit kugelförmigen Tongefäßen (carusiello) bewarfen. In Mitteleuropa übernahm man zwar den Namen des fremden Spiels, nicht aber dessen Regeln. Erst nach der Mitte des 18. Jahrhunderts setzte eine umwälzende Neuerung ein, die viel zum Untergang des althergebrachten Ritterspiels beitrug.

Jetzt übertrug man den Namen Caroussell auf eine kreisrunde Holzkonstruktion mit Aufbauten wie ausgestopften Pferden, Wagen und Schlitten, die, gleichsam über dem Erdboden schwebend, im Kreis herumgedreht wurden. Die Fahrgäste versuchten, herabhängende Ringe in einer Art von Wettspiel herauszustechen oder

herauszureißen. Zudem wurde dieser Sport fortan auch allem Volk, auch Kindern zugänglich. Zu ihrer Zeit definierten die Gebrüder Grimm das Stichwort Ringelspiel als 1. ein Spiel mit Ringeln und 2. als ein Karrousel. Mit letzterem meinten sie also „das seit dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts aufkommende Drehgestell, das zuweilen noch bis Ende des 19. Jahrhunderts mit hängenden Ringen versehen ist, sodaß die Mitfahrenden das ritterliche Ringelstechen nachahmen können.“ Bereits vor 1870 hatte sich dieses Gestell zu einer „Drehbude“ weiterentwickelt, seine Technik machte allmählich Fortschritte. Allerdings wurden noch um 1900 längst nicht alle Karusselle maschinell angetrieben, sondern viele wurden noch mit menschlicher Muskelkraft in Bewegung gehalten, wie dies auch aus Leitmeritz berichtet wird. Inzwischen hat das schon längst zum reinen Kindervergnügen gewordene Fahrgestell noch allerlei weitere Veränderungen erfahren, doch seinen traditionellen deutschen Namen Ringelspiel (die Benennung auf altwienerisch lautet: Ring‘lg‘spüll) hat es zumindest in Österreich behalten dürfen. Erich Hofmann

� Mundart

Wos uns Aldn ba‘n heitichn jungn Leitn auffällt Auch junge, Mundart sprechende Heimatfreunde sind bei den folgenden Beobachtungen mitgemeint. Jû! Wos fällt uns ba‘n Jungn vu heite auf? Sein dî nû warklich jetze vil bessèr drauf ols mîr in unsèrn frîen und jungn Jôhrn, wû mer noch dèrhejme in Nordböhmen wôrn? Hom‘mèr doumôls villeicht uf de Moude geocht? Ôdèr hom‘mèr nich ejndèr îbèr se gelocht? Wichtich wôr uns Barschln doumôls zu ollèrarst, doß de in dèr HJ-Kluft nich immèr zu sâhn woarst. Ôn Suntichn hott‘n mèr en Trochtnjankèr ôn, und ôn‘n Bejn‘n toute mèr weiße Kniestrimpe trôn. De Hôôre uf‘n Koupe blîebn schön kurz geschôrn, domit de Barschln â hübsch ônzuguckn wôrn. Ganz andêrs sein gewîeß de Jungn vu heite, sie wulln moudisch sein, moderne Leite. Und dos betrifft nich nar s‘männliche Geschlecht, â de Mejdln sein in‘m Modernsein nich schlecht. Mèr konn dos mejst schun vun außn sâhn.

Hon de jungn Leite e bißl en Moudewahn?

freilich en Zoup sich flachtn odèr s‘Struppich-sein ols schön erochtn! Uftmouls trôn junge Burschn jetz â en Hût – und se mejn‘n dèrbei, dos stünde ihn‘n gût – bei jedèr gôrnicht môl possendn Gelegnheit: Sugôr ban Gosthaus-Assn – hört/hört – sein se dozu bereit. De Golfer-, Schirmodèr â sû Schîebermützn tûn se nich seltn ersotzweise doudozu benützn. Und is‘is wull dornâbn e ganz nei‘s Ding: dos

Kopftuchfrisur um 1940. Foto: Monika Schlecht, Wikipedia Gewîeßlich! Uf sû ejne neimoudsche Ôrt trôn junge Männèr jetze mejst en Stupplbôrt! Drei Wuchn tûn se sich nimmej rasîern und tûn sich dorbei gôrnich môl schinîern; s‘tejtn ju su vîele dos â e sû mochn, und kejner wîrde mêhr doudrîber lochn! Gekämmte Hôôre wär‘n ju nar ejne Marotte, lîebèr hot moncher ejne glottrasîerte Plotte, dos hejst: Âr pflegt seine glänziche Glatze, e jed‘s Häärle ward wagrasiert ritze-ratze; monche wulln

� Leserbriefe

Punk-Mädchen mit „Irokesenfrisur“, 2003. Foto: Calzinide, Wikipedia Schmickn mit sû en Nôsnring. Doß mer de Ringe in de Ôhrwaschln tät, doufür hottn friejèr uck de Mejdln de Priorität, und noch dorzu: sû monch jungèr Karle hot gôr noch ôn der Lippe ejne Parle.

Wân wull‘n se – frôt mèr sich weiters – verfihrn: mit‘m auffällign, ganz ungesundn Tätowiern! Vum Genicke zu‘n Orm‘n und â bis uf n Rickn konn mèr schworz Eingestuchnes dèrblickn. Tätowîert is â de Brust und uftmôls noch der Bauch. Obèr gefällt dos dân andèrn Mitmenschn auch? Und ols schick kumm‘n endlich noch dorzû Jeans-Housn und racht moudische Schûh. De Housn zerrissn e Stickl übèrholb vun Knîe und ausgefranzt sein se, ols trejt se sû e Genîe. Nej, zu unsèr Zeit ging sû ejndèr e Battlmôôn! Vérzeiht mèr‘n Vèrgleich, ich bitt‘ Eich! Pardôn! Und doumit will îch dos Stänkern jetze beendn, in pôôr Jôhrn tût sich de Moude sûwîesû wendn. Dou wulln de Jungn gewîeß auftrâtn ols feine Leite, wîedèr normal sein; îch frej mich drauf schu heite. Jetz obèr hob ich ganz sichèr zuvil schun geredt, ufs Schmunzln vu Eich frejt sich der Duckewitzer Ed. Prof. Dr. Eduard Hlawitschka

Anbei ein nostalgischer Ostergruß aus den 1050er Jahren.

D

iese Karte aus Eisleben in der „Ostzone“ ging vor langer Zeit in die Britische Zone, in den Kreis Göttingen.

Ihnen allen ein frohes Osterfest! Heike Thiele und Georg Pohlai

Blinde Tunnel Seit September 2023 auf dem Markt ist der Kriminalroman „Blinde Tunnel“ der schwedischen Autorin Tove Alsterdal.

Preis: 22 Euro (gebundenes Buch), 17,99 Euro (E-Book) Kindler Verlag, 352 Seiten ISBN: 978-3-463-00050-3

W

ir befinden uns in einer Weinbaugegend in unserer Heimat. In der Handlung geht es um ein schwedisches Ehepaar, das ein Weingut in der tschechischen Republik kauft und in nicht alltägliche Ereignisse verwickelt wird. Möglicherweise erkennbare Namen sind im Buch abgeändert. Die Stadt Leitmeritz wird benannt, erkennbar ist auch, daß es sich um die Elbe handelt. Im weiteren Verlauf wird das Aussiger Massaker beschrieben. Die Handlung ist spannend und das Buch, so denke ich, lesenswert.

100 Jahre 25.03.1924, Elisabeth Ziep, geb. Schneider, früher Lobositz 95 Jahre 16.03.1929, Henriette Strimaitis, geborene Kuhn, fr. Leitmeritz 18.03.1929, Anton Maier, früher Lewin 02.03.1929, Helga Kundt, früher Michelsberg 90 Jahre 17.03.1934, Elisabeth Köhler, geb. Schubert, fr. Liebeschitz 12.03.1934, Ingeborg Kamann, geborene Trojan, fr. Schüttenitz 09.03.1934, Margit Scharrer, geb. Seemann, fr. Pohorschan 09.03.1934, Maria Hobeck, geborene Patz, früher Radaun 85 Jahre 29.03.1939, Ewald Fanta, früher Sebusein 12.03.1939, Horst Arlt, früher Salesel 80 Jahre 28.03.1944, Waltraud Mainka geborene Beck, früher Robitsch 70 Jahre 19.03.1954, Marie-Luise Miller, geborene Bender, fr. Litschnitz 03.03.1954, Helga Seel, geb. Weihrauch, fr. Tschersing Auscha 06.03.1928, Irene Klimt, geborene Schroder 14.03.1931, Peter Walter 21.03.1934, Erwin Richter 23.03.1938, Bruno Schindelka Domaschitz 06.03.1928, Ernst Wünsch Drahobus 03.03.1928, Helga Hocke Gastorf 06.03.1921, Margarete Kutschka, geborene Patzner 02.03.1930, Henriette Simon, geborene Proksch Graber 02.03.1940, Gerda Langer, geborene Werner Groß-Tschernosek 04.03.1942, Peter Mühle Hermsdorf 03.03.1931, Helmut Tille Julienau 03.03.1931, Hertha Fietzek, geborene Klimpel Leitmeritz 14.03.1925, Maria Auffermann, geborene Patzelt 07.03.1928, Dr. Marianne Schultz, geborene Ramisch 15.03.1931, Doris Paasche, geborene Sputh 29.03.1931, Barbara Nebermann, geborene Guthke 04.03.1948, Margit Schubert 09.03.1936, Erhard Nowak 25.03.1936, Richard Heidrich 02.03.1938, Irene Elies, geborene Liehmann 11.03.1940, Karin Sand, geborene Vielgut

Mundart ist Kulturgut Mundarten zählen zum Kulturgut, das man pflegen sollte. o lautete die Aussage kürzlich im hessischen Fernsehen. Es ist nicht immer ganz leicht, die tatsächliche Aussprache richtig zu Papier zu bringen, auch wenn man sich der Lautschrift bedienen könnte, wie sie in den Wörterbüchern verwandt wird. Bei Christoph Gutknecht steht in „Lauter böhmische Dörfer“: „Mundart ist stets eine der Schriftsprache vorausgehende, auf den grammatischen Ebenen reduzierte, eher in der Unterund unteren Mittelschicht der Gesellschaft anzutreffende und

� Unseren Toten

zum ehrenden Gedenken

Foto: Weltbild Georg Pohlai

02.03.1946, Hubert Süssemilch 04.03.1947, Hermann Seger Liebeschitz 24.03.1940, Gunther Weber Lobositz 30.03.1928, Ingeborg Heil, geborene Haspel 27.03.1937, Wernfried Steinitz 07.03.1942, Hans Dedek Malitschen 15.03.1933, Johanna Wricke, geborene Schiele 19.03.1936, Ingeborg Gänßle Maschnitz 08.03.1928, Eva Buschek, geborene Lerch Michelsberg 11.03.1933, Lydia Wittenburg, geborene Kirsch 03.03.1940, Franz Horn Mladei 22.03.1932, Helga Dauer, geborene Reichelt Molschen 10.03.1928, Anna Kretschmer, geborene Porsch 25.03.1933, Brigitte Ruthsatz, geborene Brünnich 15.03.1940, Annemarie Hiller, geborene Wurbs Neuland 11.03.1922, Sophie Dennstedt, geborene Köcher 25.03.1927, Herta Hegenbarth, geborene Kühnel Nieder-Sebirsche 16.03.1933, Ernestine Böhm, geborene Wolf Ober-Wessig 31.03.1936, Wilhelm Püschel Pitschkowitz 09.03.1930, Eduard Hofmann 03.03.1937, Hedwig Mitter Polepp 31.03.1937, Gottfried Ramsch Prosmik 18.03.1928, Richard Christen Skalitz bei Schüttenitz 03.03.1935, Karl Hille Skalitz bei Lobositz 09.03.1937, Franz Zimmermann Taschow 01.03.1936, Helene Weindl, geborene Wilhelm Tschakowitz 30.03.1931, Gertrud Burkard, geborene Schneider Tschischkowitz 06.03.1931, Helga Rehnicke, geborene Jablonsky Tupadl 12.03.1936, Maria Zimmermann, geborene Strotzer Wedlitz 16.03.1927, Maria Bartl, geborene Knechtel 28.03.1932, Sieglinde Lau, geborene Franz Wegstädtl 18.03.1923, Friedrich Schreiner Zahorschan 02.03.1931, Erika Liedloff, geborene Tattermann

� Mundart

S

� Bücher für Heimatfreunde

Frohe Ostern!

� Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

2018 oder 2019 Gertrud Kretzschmar geb. Tropschuh, Crimmitschau, im Alter von 95 oder 96 Jahren, früher Kottomirsch

örtlich gebundene, auf mündliche Realisierung bedachte Redeweise und vor allem eine, die natürliche Lebensbereiche einbezieht. Sie wird nach eigenen, im Verlaufe der Geschichte durch nachbarmundartliche und hochsprachliche Einflüsse entwickelten Sprachnormen von einem großen, heimatgebundenen Personenkreis gesprochen.“ Die Forschung stellt fest, daß Stadtdialekten mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Daß sich die Leitmeritzer Mundart von der der umliegenden Dörfer unterscheidet, ist bekannt, speziell die „Fischeraner“ hatten ihre eigenen Ausdrücke. G. Pohlai 25.01.2023 Rosel Fujera, Ehefrau von Erhard Fujera, früher Pohorschan Dezember 2023 Gerlinde Chitralla geborene Protschke, Wismar, im Alter von 91 Jahren, früher Lichtowitz


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 9 | 01.03.2024

Foto: Dipl. Ing. V. Horak

Heimatblatt der Vertriebenen aus dem Stadt- und Landkreis Aussig an der Elbe

Betreuer der Heimatkreise – Aussig: Brigitta Gottmann, Hebbelweg 8, 58513 Lüdenscheid, Tel. 02351 51153, eMail: brigitta.gottmann@t-online.de – Kulm: Rosemarie Kraus, Alte Schulstr. 14, 96272 Hochstadt, Tel. 09574 2929805, eMail: krausrosemarie65@gmail.com – Peterswald, Königswald: Renate von Babka, 71522 Backnang, Hessigheimerstr. 15, Tel. 0171 1418060, eMail: renatevonbabka@web.de – Heimatgruppe Graupen, Mariaschein, Rosenthal und Umgebung: Sibylle Schulze, Müggelschlößchenweg 36, 12559 Berlin, Tel. 030 64326636, eMail: sibyllemc@web.de – Redaktion: Karin Wende-Fuchs, Agg 3, 83246 Unterwössen, Tel. 08641 6999521, Mobil 0157 32215766, eMail: aussiger-bote@t-online.de – Redaktionsschluß: jeweils der 15. des Vormonats.

� Fortsetzung: „Der sagenhafte Marienberg“, AB 5/2.2.2024

Das Franzosenfest

„Dankbar ehren die Bewohner Aussigs die Gelübde ihrer Vorfahren“. Die Kapelle auf dem Marienberg bei Aussig trägt, oder wohl besser gesagt, trug diese Inschrift zur Erinnerung an vergangene Notzeiten.

Was ist aus der Kapelle „Mariä Heimsuchung“ am Marienberg geworden?

A

ls damals, vor 300 Jahren, die Pest auch über unsere Heimatstadt gekommen war und das große Sterben immer mehr Menschenleben forderte, gelobten die frommen Einwohner Aussigs, eine Kapelle auf dem Steinberg zu erbauen, wenn die Gottesmutter ihre Gebete erhöre und dem Tod das Handwerk lege. Alljährlich wollten sie in einer Prozession nach dem Steinberg wallen und droben, in ihrem neuen Heiligtum, der himmlischen Helferin zu Ehren eine Hl. Messe lesen. Und der Tod zog fort aus unserer Stadt. Die Aussiger Bürger erfüllten ihr Versprechen und das kleine freundliche Kapellchen erstand auf dem Steinberg, das jedem Aussiger Kind so gut in Erinnerung bleiben wird wie die Stadt selbst, die Berge und der Strom. Dann kam die Notzeit der Franzosenkriege. Aussig geriet wieder in Bedrängnis und man erneuerte wohl das Gelübde, das die treuen Aussiger durch die Jahrhunderte nicht vergessen hatten und es hielten bis auf unsere Tage. Der 31. August war der Tag des Franzosenfestes. Es wurde aber an dem Sonntag gehalten, der dem 31.8. am nächsten kam. Das Franzosenfest zählte wohl zu

Kapelle auf dem Marienberg, gemalt von Ernst Gustav Doerell. den schönsten Aussiger Festen, besonders zur Zeit unserer Kindheit. Am Vorabend gab es ein prächtiges Feuerwerk auf dem Marienberg, Böller wurden abgeschossen und am Marktplatz drängte sich die Menge der Zuschauer. War dann der Sonntagmorgen angebrochen, gingen alle, die sich zur Haltung des Gelübdes verpflichtet fühlten, in feierlicher Prozession auf den Marienberg. Es war die Zeit des Spätsommers und der ruhigen klaren Tage. Fast niemals versäumten wir es, der schönen Handlung beizuwohnen, aber wir gingen nicht mit der Prozession durch die Altstadt, Dulce und Mariengasse, sondern, da wir beim Stadtpark wohnten, den Kellermann hinauf über Lerchenfeld und Ziebernick und oben am Steinberg, bei

der alten Marienstatue, erwarteten wir den Zug der Pilger. Diesem voran unsere roten Kirchenfahnen, das Kruzifix, der Priester. Blau war der Himmel, eine freundliche Sonne wärmte schön und gut und über unserem alten Aussig lag ein leichter Dunst. Dies alles sehe ich so deutlich wie vor 10 und 20 und mehr Jahren. Ich sehe unseren verehrten Herrn Erzdechant Schwind, vernehme seine Worte bei der Predigt und höre das brüchige Stimmchen der gebrechlichen Orgel. So ehrten die Besucher Aussigs die Gelübde ihrer Vorfahren. Am Tag des Franzosenfestes wurde auch stets Friedrich Jordans, „des Befreiers der Stadt Aussig aus Feindesgefahr“ gedacht und die ihm gewidmete Gedenktafel in der Langen Gasse mit einer

Foto: Archiv / Museum Aussig Blumengirlande geschmückt. In früheren Jahren war nachmittags auf der Ferdinandshöhe ein großes Volksfest, und die Beteiligung daran war nicht geringer als an der morgendlichen Feier am Marienberg. Nach 1938 kamen böse Zeiten. Es wurde den Aussigern untersagt, in geschlossenem Zug auf den Marienberg zu wallfahren. Nun, so gingen sie eben getrennt, in kleinen Gruppen, aber wortbrüchig sind sie nicht geworden. Und wie mag es heute wohl sein? Keiner der neuen Bürger unserer alten Stadt wird sich verpflichtet fühlen, das Versprechen zu halten, das ihre echten Töchter und Söhne vor Jahrhunderten der Mutter Gottes gaben. Grete David-Stelzig (†), aus AB 9/1999

� Ausstellung im Museum Aussig

Leider geht die Ausstellung „Ztráta, stesk, zvěčnění“ (Verloren, vermisst, verewigt) im Museum Aussig schon am 17. März zu Ende. Laut Sudetendeutscher Zeitung vom 16.2.2024 wird die Wanderausstellung aber bereits im Juni 2024 im Sudetendeutschen Haus in München eröffnet.

D

Blick in die Ausstellung.

Vernissage am 8. Feber 2024.

Bis heute denkt man über einen möglichen Wiederaufbau nach. Anmerkung: Um das Jahr 1740 entstand hinter der Kapelle eine Klause. In dieser hauste ein Einsiedler namens Johann Schubert, der zu gewissen Zeiten die Glocke der Kapelle läutete. Er lebte von wohltätigen Bürgern, aber auch der Stadtrat leistete materielle Unterstützung. Die Klause existierte nur bis Anfang 1770. Unweit der Kapelle befand sich eine Statue der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind, an der die jährliche Prozession Halt machte (s. Bericht „Das Franzosenfest“). Auf dem Weg kamen die Pilger auch an einer Statue des kreuztragenden Christus vorbei. kw Quelle: Museum Ústi nad Labem Die Marienstatue bei der Kapelle. Foto: Archiv

� Die Folgen des Waldbrands 2022

Verloren, vermisst, verewigt – Heimatbilder der Sudetendeutschen

as Besondere daran ist, daß Studentinnen und Studenten des Studiengangs Museologie und Materielle Kultur der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg die Ausstellung als studentisches Ausstellungsprojekt konzipiert haben. Unterstützt wurden sie dabei von der Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch. Zu der Ausstellung befragt, meinte sie, daß sie besonders die Perspektive mit der die jungen Leute an das Thema herangegangen sind, spannend findet. Anhand von Heimatbildern wird das Verhältnis vertriebener Sudetendeutscher zu ihrer verlorenen Heimat untersucht.

Die Kapelle wurde 1680 errichtet und 1976 abgerissen. Während der Josephinischen Kirchenreform (1781-1790) blieb die Kapelle geschlossen und verfiel. Der Aussiger Bürger Josef Plattlich kaufte sie, mit der Absicht, sie wiederzueröffnen. Aber erst Kaiser Franz I. gab zwei Jahre nach der Schlacht bei Kulm (1813) seine Zustimmung. Zwei Jahreszahlen auf der Tafel neben der Tür erinnerten seither an die Ereignisse, die Pest 1680 und den feierlichen Sieg über die Franzosen 1813. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Vertreibung der deutschen Bevölkerung verfiel die Kapelle, Randalierer zerstörten die Innenausstattung. Noch Ende der 1960er Jahre wurde über eine Rettung nachgedacht, die Kosten erschienen aber zu hoch. Der Städtische Nationalausschuß Ústi nad Labem, dem die Kirche gehörte, hob 1976 den Denkmalschutz auf und im selben Jahr wurde die Kapelle gesprengt.

Fotos: Jiři Preclik, Museum Aussig

Dabei ist der Begriff „Bilder“ ruhig wörtlich zu nehmen, denn hier sieht man sowohl Werke früherer Heimatmaler als auch Bilder von Vertriebenen, wie sie ihre Heimat im Herzen haben und dies auch noch Jahrzehnte später in Bildern ausdrücken. Dazu wurden Fragen gestellt wie: Was ist Heimat und wie ist es, sie zu verlieren? Welche Heimatbilder bleiben bestehen? Welche Bedeutung haben Heimtbilder heute noch für die Menschen? Zum Thema „Heimat im Gespräch“ wird Hannelore Anderl zitiert, die als Sechsjährige ihre Heimat verlassen mußte: „Heimat ist schon ein Ort – aber auch der Ort braucht Menschen. Die, mit denen man eine Beziehung hat.“ Die Ausstellung im Museum Aussig ist Dienstag bis Sonntag von 9:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Montags Ruhetag. kw Quelle: Muzeum Ústi. Siehe auch Sudetendeutsche Zeitung 7/16.2.2024 S. 14.

Herrnskretschen in Not Herrnskretschen leidet noch immer unter den Folgen des großen Waldbrands im Jahr 2022.

Herrnskretschen. Foto: wiki RomanM82 Die im Gemeindebesitz befindliche Edmundsklamm ist auch 2024 wegen drohendem Baumbruchs und Felssturzes geschlossen. Lediglich die „Wilde Klamm“ ist geöffnet und wird per Kahn befahren. Mit Schließung der Edmundsklamm fällt allerdings seit über einem Jahr die größte Einnahmequelle der Gemeinde weg. Der Gemeinderat beschloß daraufhin, Mitarbeiter zu entlassen, Ausgaben für die Feuerwehr zu kürzen, eine Müll-

gebühr für Einwohner und eine Übernachtungsabgabe für Touristen zu erheben. Der erst 2022 zum dritten Mal in Folge gewählte Bürgermeister Zdeněk Pánek war wohl mit diesen Sparmaßnahmen nicht einverstanden, was ihn Ende letzten Jahres zum Rücktritt bewog. Der 76-Jährige behält aber seinen Sitz im Gemeinderat. Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Schädigung fremden Eingentums. Der Prozeß gegen den vermeintlichen Brandstifter, einen 36-jährigen ehemaligen Ranger, verzögert sich voraussichtlich bis zum Frühjahr 2024. Das zuständige Bezirksgericht in Ústi nad Labem hat die Anklageschrift an die Staatsanwaltschaft zurückgegeben und fordert eine genaue Bezifferung der Schadenshöhe. Der Verdächtige sitzt seit Mai 2023 in Untersuchungshaft. Ihm wird eine Brandserie am Wolfsberg (Vlčí Hora) vorgeworfen. Damals bekannte er sich auch dazu, den Großbrand in der SächsischBöhmischen Schweiz gelegt zu haben, was er inzwischen bestreitet. kw Quelle: Sächsische Zeitung 22.12.2023, 19.1.2024.


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AUSSIGER BOTE

� Aussig

� Meldungen

Kafka auf Tschechisch in der Weinmannvilla Dr. Friedrich Kabesch, der Tschechischlehrer meiner Mutter, machte seine Schüler an der Leitmeritzer Realschule schon etwa 1930 mit Franz Kafka im Unterricht bekannt.

S

o war ich nicht abgeneigt, nach Aussig zu fahren, als ich letzten Herbst in die Geburtsstadt meiner Mutter, nämlich Aussig, eingeladen wurde, um über diesen Dichter mehr zu erfahren. Prof Dr. Petr Koura, der Leiter des Museums, hatte dazu eine Veranstaltung organisiert. Als ich im Museum eintraf, erfuhr ich, daß diese in einer Bibliothek stattfinden werde. Nun war Eile geboten. Ein weiterer Teilnehmer an der KafkaVeranstaltung führte uns zu einem großen Haus. Später erfuhr ich, daß es die Weinmannvilla war. Der Name Weinmann war mir von den Großeltern aus Erzählungen bekannt. Aber ich

Die Bibliothek in der Weinmannvilla. Links Dr. Petr Koura

Foto: M.Michel

Die Weinmnnvilla in der Winston-Churchill-Str. 3, 2016. Foto: wiki SchiDD

� Gesucht:

Das ist ein Aufruf zum Kramen in alten Fotokisten und Fotoalben. Der Verlag Tschirner & Kosová hat den renommierten Prager Publizisten Jiří Padevět damit beauftragt, in einer möglichst vollständigen Enzyklopädie alle „verschwundenen Orte“ in Böhmen, Mähren und Schlesien zu erfassen, zu beschreiben und mit Bildmaterial anzureichern. Man geht inzwischen davon aus, daß etwa 2.200 Dörfer und Weiler verschwunden sind, die vorwiegend von Deutschböhmen bzw. Altösterreichern bis zum Jahr 1946 besiedelt waren. ie wichtigsten Gründe für das Verschwinden der Orte sind: Keine Neubesiedlung – die Neubesiedlung ist gescheitert – zu nah an den Sperrkreisen des Eisernen Vorhangs

hatte niemals so ein prächtiges Gebäude erwartet. In einem pittoresken Saal warteten schon Zuhörer und einzelne Mitglieder, die sich auf das Treffen vorbereitet hatten. Sie schilderten ihre persönlichen Eindrücke vom Werk Kafkas. Natürlich in Tschechisch. Noch konnte ich folgen. Eine Dame hatte zahlreiche Bücher von und über Kafka dabei, unter anderem drei interessante Comics. Auf diesem Weg kann man fast ‚sprachlos‘ Sympathie für den Dichter wecken. Anschließend kam es zu einzelnen Lesungen. Aber alles auf Tschechisch. Mühsam versuchte ich Sprachfetzen zu verstehen. Leider hatte ich keine deutsche Sprachausgabe. Vereinzelte Wortfetzen drangen zu mir vor. Durch die Anstrengung bekam ich Kopfschmerzen. Schließlich stand ich auf und schwor mir: nie wieder Kafka ohne deutsche Textausgabe! Aber schon der Blick in die Weinmannvilla war´s wert! Margaretha Michel

� Erfolg für Senator Martin Krsek

Private Fotos verschwundener Orte

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Sudetendeutsche Zeitung Folge 9 | 01.03.2024

(Landesgrenzen zu Bayern, Sachsen bzw. Österreich) – Braunkohletagebau – Stausee / Talsperre – Truppenübungsplatz. Der Verlag sucht private Familienfotos und Fotografien vom Dorfleben der Vorfahren aus inzwischen verschwundenen Orten und bittet darum, diese zur Verfügung zu stellen. Als Dankeschön erhält jeder Einsender bzw. jede Familie ein Exemplar der Enzyklopädie. Das umfangreiche 2-bändige Monumentalwerk wird voraussichtlich im Juni 2025 (anläßlich 80 Jahre Vertreibung) erscheinen, in tschechischer Sprache wohl schon etwas früher. Kontaktdaten: Tschirner & Kosová, Zum Harfenacker 13, 04179 Leipzig eMail: info@tschirner-kosova.de Tel: +49 176 20749908 Danke an alle, die mitmachen!

Verwaltungsgebäude der Schichtfabrik gerettet Genau vor einem Jahr (AB 3.3.2023) berichteten wir über Senator Martin Krsek und seinen Einsatz für den Erhalt der Schicht-Fabrik in AussigSchreckenstein. Die Vorbereitungen zum Abriß hatten damals schon begonnen.

N

un erfahren wir, daß in letzter Sekunde erreicht wurde, daß das Kulturministerium wenigstens die ehemalige Zentrale der Schichtfabrik unter Denkmalschutz stellte. Damit wurde der Abriß des im Jugendstil erbauten, repräsentativen Gebäudes endgültig gestoppt. Im Ge-

bäude befinden sich neben der großen Eingangshalle großzügige Büros der damaligen Firmenleitung und ein Festsaal. Fast ein Jahr lang stand der Erhalt auf der Kippe, denn der neue Besitzer hatte gegen den Denkmalschutz Einspruch erhoben. Dieser wurde nun bestätigt. Wir freuen uns über den Erfolg von Martin Krsek und seiner Mitstreiter, den Architekten Tereza Matyášková und Vít Vaněček, sowie des Stadtarchivars Petr Karlíček. kw Quelle: Sächsische Zeitung, 19.1.2024

Besuchermagnet im Aussiger Zoo

Geparden-Nachwuchs im Aussiger Zoo. Foto: Zoo Ústi nad Labem Diese Geburt ist eine Sensation! Am 20. September 2023 kamen im Aussiger Zoo vier Gepardengeschwister, drei Weibchen und ein Männchen, zur Welt. Sie erfreuen sich bester Gesundheit. Die Aufzucht von Geparden in menschlichter Obhut ist nämlich extrem schwierig. In ganz Europa wurden 2023 im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms nur 14 Geparden geboren. Von diesem Nachwuchs haben außer den vier Geschwistern in Aussig nur noch zwei überlebt. Wenn alles nach Plan läuft, kann man den Geparden-Nachwuchs noch mindestens ein Jahr im Aussiger Zoo bewundern. kw Quelle: Sächsische Zeitung, 2.2.2024.

Achtung! Neue Verkehrsregeln in Tschechien Seit 1. Jänner werden Verstöße gegen das Tempolimit mit teils fünffach höheren Strafen geahndet. Ein neues Verkehrsschild weist auf die Abstandsregelung hin, blaue Tafeln stehen für verkehrsberuhigte Zonen (Tempo 20), Alkohol am Steuer ist verboten (0,0 Promille). Bei einer Polizeikontrolle kann schon ei-

n 98. Geburtstag: Am 14. 3. Erika HAGENAUER geb. Manka aus Arbesau in 18059 Rostock, Nobelstr. 12. – Am 19. 3. Edeltraud KÜHNEL geb. Pusch aus Prödlitz, Frau Kühnel würde sich über Kontakt-Aufnahme freuen, Tel. 036741 57822. – Am 22. 3. Ilse MEIER (Oskar Ilse) aus Schönwald. n 97. Geburtstag: Am 24. 3. Annelies ZECHEL geb. Franze (Richter A.) aus Peterswald Nr. 542 in 63512 Hainburg, Wendelinusstr. 28. n 96. Geburtstag: Am 14.3. Wolfgang HOCKE aus Sobochleben. – Am 26. 3. Margit MÜHLE geb. Eichler aus Ebersdorf.

Erhard SOUTSCHEK aus Schöbritz. n 93. Geburtstag: Am 12. 3. Christel SCHÜLKE geb. Stolle aus Leitmeritz / Schwaden in 99198 Großmölsen, Hauptstraße 37. – Am 15. 3. Christine WITT geb. Ritschel (Fried Christel) aus Peterswald. – Am 26. 3. Erich H. WEISS aus Türmitz in 84079 Bruckberg, Dammstr. 9.

Beispiel Wicklitz: Seit den 1870er Jahren stand das sogenannte MexikoSteinhaus an der Kreuzung der Straßen von Wicklitz nach Ottendorf. Es wurde hauptsächlich von Familien von Bergleuten und Landarbeitern bewohnt. Das Gebäude wurde 1977 abgerissen. Foto: TAK TO BYLO NA USTECKU 2, Petr Spacek

� Einladung

Wir sehen uns in Augsburg! Der 74. Sudetendeutsche Tag findet wieder in Augsburg statt. Das diesjährige Pfingsttreffen steht im Zeichen eines gemeinsamen Europas. Noch nie standen sich Sudetendeutsche und Tschechen näher, mit dem gemeinsamen Ziel Europa zu stärken.

Beispiel Schönfeld: Marktplatz um 1930.

Foto: Archiv

Grippewelle im Bezirk Aussig Die Maskenpflicht in Krankenhäusern kennen wir seit Corona. Jetzt wurde sie von den bezirkseigenen Kliniken in Aussig, Tetschen, Rumburg, Teplitz und Brüx aufgrund der grassierenden Grippewelle wieder eingeführt. Besuche im Krankenhaus sind auf maximal zwei (symptomfreie) Personen beschränkt. Vermutlich ist der Höhepunkt seit Mitte Februar überschritten. Neu war die relativ hohe Anzahl an Grippe erkrankter Kinder. kw Quelle: Sächsische Zeitung, 6.2.2024

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n 94. Geburtstag: Am 19.3.

Im Hintergrund das Verwaltungsgebäude der Schicht-Werke in Schreckenstein. Foto: Mat j Stránský

ne leichte Überschreitung bis zu 1000 Euro kosten. Auch auf die Geschwindigkeit sollte man achten: Eine Überschreitung von 40 km/h in Ortschaften oder 50 km/h auf Landstraßen kann bis zu 1000 Euro teuer werden. Die elektronische Autobahnjahresvignette soll ab März 2.300 Kronen (ca. 93 Euro) kosten. Die Tagesvignette wird mit 200 Kronen (ca. 8,10 Euro) und die 10-Tages-Vignette mit 270 Kronen (ca. 11 Euro) etwas preiswerter. Auf Autobahnen gilt Tempo 130 km/h, auf einem Teilstück der D3 in Südböhmen ist versuchsweise ein Tempo von 150 km/h erlaubt. Übrigens können Polizeibeamte an Ort und Stelle die Strafe einfordern. Sollten Sie Reisen mit dem Auto planen, schauen Sie vorher auf die Internetseite „Edalnice“ (auch in Deutsch und Englisch). kw Quelle: Sächsische Zeitung, 19.1.2024

Brand-Erbisdorf, Im Engen 4. n 88. Geburtstag: Am 20. 3. Dr. Christine BARTSCH geb. Kretschmer aus Salesel. n 87. Geburtstag: Am 28. 3. Christel KÖPPE geb. Wirbik aus Nestomitz in 39576 Stendal, Bergstr. 19 C. – Am 30. 3. Magdalena FRIES (Ehefrau v. Josef Fries aus Aussig, Kl. Wallstr.) aus Krainsdorf / Schlesien in 07768 Kahla, Bachstr. 65. n 85. Geburtstag: Am 19. 3. Adolf KLEMMER aus Waltirsche in 99734 Nordhausen, Weberstraße 9. – Am 31. 3. Margit POMPLITZ (Krauspenhaar M.) aus Schönwald in 01816 Bad Gottleuba, Hellendorfer Str. 30. n 84. Geburtstag: Am 31. 3. Friedrich FLACH aus Schwaden. n 83. Geburtstag: Am 7. 3. Renate WOLF (Gattin von Rainer Wolf aus Arnsdorf) in 06124 Halle-Neustadt, Stolberger Str. 14.

n 91. Geburtstag: Am 16. 3. Dr. Karl-Heinz SCHILLER aus Herbitz.

n 82. Geburtstag: Am 4. 3. Peter MÜHLE aus Leitmeritz. – Am 12. 3. Horst KÜHNEL, (Sohn v. Schuster Gretl) aus Streckenwald. – Am 15. 3. Gisela FRITSCHE geb. Löffler aus Aussig. – Am 31. 3. Ingeborg DUPRÉ aus Aussig in 39104 Magdeburg, Jakobstr. 28. – Am 31. 3. Ursula SCHRÖDER geb. Karger aus Schreckenstein, Damaschkestraße in 17154 Neukalen, Krumme Str. 9.

n 90. Geburtstag: Am 19. 3. Horst FIEDLER aus Aussig, Fabrikstr. 19 a in 34131 Kassel-Bad Wilhelmshöhe, Im Druseltal 12, Augustinum App. A 322-13.

n 79. Geburtstag: Am 11. 3. Christa KLONICKI aus Schönpriesen. – Am 7. 3. Ilse von FREYBURG geb. Spazier aus Bürgstein.

n 89. Geburtstag: Am 5. 3. Brigitte GRIESBACH geb. Richter aus Birnai Nr. 7 in 09618

n 67. Geburtstag: Am 12. 3. Nor-

n 92. Geburtstag: Am 17. 3. Gertrud SCHMIDT aus Weigersdorf-Liesdorf in 71711 Steinheim, Riedstr. 49.

bert SCHINDLER (Sohn von Irmengard Schindler aus Seesitz in Roth).

WIR BETRAUERN n Sieglinde HOFFMANN geb. Michel aus Schreckenstein, verst. am 23. 7. 2023 in Weißenfels, 102 Jahre. n Olly LIEDTKE geb. Rühr

aus Schöbritz, verst. am 7. 11. 2023, 96 Jahre. n Horst HEBEDA aus Schöbritz, verst. am 29. 12. 2023 in Erlenbach a. Main, 86 Jahre.


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