Sudetendeutsche Zeitung 15. März 2024 Ausgabe 11 Pay

Page 1

MdB Knut Abraham: Müssen Pavel-Initiative unterstützen (Seite 3)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung HEIMATBOTE

Jahrgang 76 | Folge 11 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 15. März 2024

VOLKSBOTE

Postvertriebsstück · Deutsche Post AG · Entgelt bezahlt Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH · Hochstraße 8 · D-81669 München · eMail zeitung@sudeten.de

B 6543

Vierthöchster Wert im Vergleich aller EU-Regionen beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Kaufkraftstandards

Prag steigt zu einer der reichsten Regionen in Europa auf

74 . S U D E T E N D E U T S C H E R TAG 17 . B I S 19 . M A I 2 0 2 4 IN AUGSBURG

Sudetendeutsche und Tschechen – miteinander für Europa

Prag hat innerhalb der Europäischen Union den vierthöchsten Lebensstandard, hat die EuropäStatistikbehörde Eurostat HEIMATAUSGABEN ische jetzt für 2022 ermittelt. 2021 war IN DIESER ZEITUNG die tschechische Hauptstadt Die Zeitung der auf Sudetendeutschen noch Platz fünf.Landsmannschaft

Sudetendeutsche Zeitung

endeutsche Zeitung D

sche Zeitung ng Neudeker Heimatbrief Zeitung TE

tschenReicenberger Landsmannschaft Zeitung

HEIMATBOTE

eimatbrief

VOLKSBOTE

Mitteilungsblatt für den früheren Gerichtsbezirk Zuckmantel im Altvatergebirge

Die Präsidenten Zuzana Čaputová und Petr Pavel besuchten im April 2023 gemeinsam die Ukraine. Foto: Kancelář Prezidenta Republiky

Slowakische Präsidentin:

Čaputová zum Abschied nach Prag Bevor am 23. März in der Slowakei ein neues Staatsoberhaupt gewählt wird, besucht die scheidende Präsidentin Zuzana Čaputová am kommenden Montag Prag – eine Abschiedsvisite mit Symbolcharakter.

S

eit dem Amtsantritt des Populisten Robert Fico in Preßburg sind die Beziehungen zwischen Tschechien und der Slowakei auf einem Tiefpunkt. Ein Streitthema ist die Unterstützung der Ukraine. Mit Peter Pellegrini könnte ein Fico-Anhänger jetzt auch noch Staatspräsident werden. Vor einem Jahr war das noch anders. Im April 2023 besuchten die Präsidenten Petr Pavel und Zuzana Čaputová gemeinsam die Ukraine, um die Solidarität ihrer Länder gegen den russischen Überfall auszudrücken. In Prag werden die beiden Präsidenten an der Premiere eines neuen Dokumentarfilms über Václav Havel teilnehmen.

ie wirtschaftliche Lage ist inHEIMATBOTE

VOLKSBOTE

Neudeker Heimatbrief

nerhalb der Europäischen Union sehr unterschiedlich. Die Statistiker haben deshalb die sogenannte Nuts-Hierachie (Nomenclature des unités territoriales statistiques) entwickelt. Dabei stellt die Hierachieebene Nuts 0 die Nationalstaaten dar. Viel interessanter ist aber die Ebene Nuts 2, in der mittelgroße Regionen zusammmengefaßt werden. Um die Wirtschaftskraft dieser Regionen miteinander vergleichen zu können, analysieren die Statistiker das jeweilige Bruttosozialprodukt, also den Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen abzüglich aller Vorleistungen innerhalb eines Jahres. Hier ist die Île-de-France mit Paris mit 783 Milliarden Euro deutlicher Spitzenreiter vor der Lombardei (440 Milliarden Euro) und Oberbayern (320 Milliarden Euro). Manko dieser Betrachtung: Ein hohes Bruttosozialprodukt sagt wenig über den Lebensstandard der Bürger aus, zumal dann nicht, wenn auch ein vergleichsweises gutes Einkommen durch hohe Ausgaben, zum Beispiel bei der Miete, wieder egalisiert wird. Die Statistiker haben deshalb für die einzelnen Regionen das sogenannte Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Kaufkraftstandards errechnet, indem das Währungs- und Preisniveau berücksichtigt wird. Dabei wird der EU-Durchschnitt als Indexwert 100 genommen. Nach den jetzt veröffentlichten Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat ist die Region Prag vom fünften Platz in 2021 auf den vierten Platz in 2022 aufgestiegen. Mit einem Wert von 207 Prozent liegt die tschechische Hauptstadt mehr als dop-

VOLKSBOTE

VOLKSBOTE

Mit einem Wert von 207 Prozent ist das kaufkraftbereinigte Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt in Prag mehr als doppelt so hoch wie im EU-Durchschnitt. Spitzenreiter ist der Süden Irlands mit 286 Prozent. Als erste deutsche Region kommt Hamburg mit 195 Prozent auf dem sechsten Platz. Grafik: Sudetendeutsche Zeitung, Foto: Czech Tourism/DaLiu/shutterstock.com pelt über dem EU-Durchschnitt. Spitzenreiter sind der Süden Irlands (286), Luxemburg (257) sowie Ost- und Mittelirland (239). Als erste deutsche Region kommt Hamburg mit 195 auf Platz sechs. Oberbayern, beim Bruttoinlandsprodukt noch mit Abstand Deutschlands führende Region, landet mit 169 auf Platz neun. Ein Grund sind die extrem hohen Mietkosten insbesondere in München. Ähnlich, wenn auch auf einer weitaus simpleren Basis, ist der sogenannte Big-Mac-Index ein Gradmesser für die jeweilige Kaufkraft. Er richtet sich nach dem jeweiligen Preis des gleichnamigen Hamburgers von McDonald‘s.

Demnach kostete im November 2022 mit 7,75 Dollar ein Bic Mac in der Schweiz sowie in Liechtenstein weltweit am meisten. Zum Vergleich: In Pakistan verlangte McDonald‘s für das gleiche Produkt nur 1,91 Dollar, also rund ein Viertel. Auch der Big-Mac-Index zeigt, daß man in Tschechien mehr für sein Geld bekommt. Während in Deutschland 6,08 Dollar und in Österreich 4,65 Dollar zu zahlen waren, waren es im Vergleichszeitraum in Tschechien 4,44 Dollar. Dennoch ist das Einkaufen in Tschechien nicht generell günstiger. So hatte Premierminister Petr Fiala im November 2023 höchstpersönlich in Eger und

Waldsassen unter anderem Nutella, Ketchup sowie Eier, Milch und Tomaten eingekauft und danach in seinem Facebook-Video geklagt: „In Tschechien ist alles entweder teurer oder wird in kleineren Verpackungen verkauft.“ Selbst tschechisches Bier gibt es in den grenznahen Getränkemärkten in Bayern und Sachsen oft deutlich günstiger. Zumindest in seinem Heimatland kam die Einkaufstour im Stil einer RTL-Reportage damals nicht besonders gut an. So beteiligten sich an einer Umfrage von novinky.cz 26 000 Leser. Davon bewerteten 86,4 Prozent die Aktion des Regierungschefs als negativ. Nebeneffekt: Petr Fiala, lang-

jähriger Professor für Politikwissenschaften und von 2004 bis 2011 Rektor der Masaryk-Universität in Brünn, bekam einen Spitznamen: „Prof. Nutella“. Mittlerweile dürften sich die Wogen aber geglättet haben, da die Inflationsrate auch im NichtEuro-Land Tschechien sinkt. So hatte das Tschechische Statistikamt noch für den Januar 2023 einen schwindelerregenden Wert von 17,5 Prozent gemeldet. Ein Jahr später, im Januar 2024, waren es 2,3 Prozent und im Februar sogar nur noch 2,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch EU-weit sinkt die Inflationsrate und wird für das gesamte Jahr 2024 auf 2,8 Prozent geschätzt. Torsten Fricke

Auf dem Kaadener Friedhof am Mahnmal für die Toten des 4. März 1919

Gedenkakt und Eklat Eine eindrucksvolle, vom Heimatkreisbetreuer von Kaaden an der Eger, Lothar Grund, liebevoll organisierte Gedenkfeier am Mahnmal für die Kaadener Toten des 4. März 1919, verlief am Samstag würdig, aber endete mit einem Eklat.

N

achdem in versöhnlichen Ton und mit historischem Tiefgang gehaltenen Reden des Bürgermeisters Jan Losenický von der tschechischen Stadt Kaaden, die das zweisprachige Mahnmal vorbildlich ehrt und pflegt, des Sprechers der Sudetendeutschen Volksgruppe Bernd Posselt und – auf tschechisch – der stellvertretenden Landesobfrau der SL Bayern, Margaretha Michel,

ergriff das Mitglied einer von der Sudetendeutschen Landsmannschaft abgesplitterten Gruppe aus Sachsen, das der AFD angehört, das Wort. Er relativierte Putins Schuld am von Rußland entfesselnden Angriffskrieg, äußerte sich antieuropäisch und brachte einen scharfen, national geprägten Ton in die sensible Feierstunde. Dabei hob er auch die Anwesenheit eines AfD-Bundestagsabgeordneten hervor, ohne dessen Namen zu nennen. Volksgruppensprecher Bernd Posselt reagierte prompt mit einem lautstarken Widerspruch, indem er betonte, daß die Sudetendeutsche Landsmannschaft „mit dem Rechtsextremisten

von der AfD“ nichts zu tun habe und kritisierte den „Nationalismus und Putinismus“ des Redners. Solche Töne hätten auf einer Gedenkfeier für die Toten des 4. März 1919, die friedlich für Demokratie und Selbstbestimmungsrecht demonstrierten, nichts zu suchen, so Posselt. Die Feierstunde, an der auch Bayerns Landesobmann Steffen Hörtler und der Regionalvorsitzende der Deutschen Minderheit, Richard Ŝulco, als Ehrengäste teilnahmen, endete würdig mit einem geistlichen Wort und einem Gebet des Kaadener Dekans Josef Čermák. Weitere Berichte über das Gedenken zum 4. März 1919 auf den Seite 9 und 10.

54 Sudetendeutsche wurden bei der blutigen Niederschlagung der landesweiten Demonstrationen am 4. März 1919 erschossen. Mit 25 Toten gab es die meisten Opfer in Kaaden. Bei dem Gedenken auf dem Friedhof (von links): Übersetzerin Irena Lenčová, Bürgermeister Jan Losenický, Volksgruppensprecher Bernd Posselt und Heimatkreisbetreuer Lothar Grund. Foto: Ulrich Möckel


2

AKTUELL · MEINUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15.3.2024

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

S

L-Büroleiter Peter Barton macht auf ein interessantes Buch des Historikers Prokop Tomek aufmerksam, das unter dem Titel „Estébáckou Prahou“ (Führer durch Stasi-Prag) erschienen ist. Zu den bevorzugten Objekten der tschechoslowakische Stasi (StB) gehörten vor 1989 natürlich die Botschaften westlicher Staaten. Seit 1974, dem Beginn der diplomatischen Beziehungen zwischen der ČSSR und der Bundesrepublik Deutschland, residierte die Botschaft zuerst in zwei Stockwerken des Hotels „Jalta“ am Wenzelsplatz. Erst zwei Jahre später durfte sie in das renovierte Gebäude des Palais Lobkowitz auf der Kleinseite umziehen. An mehreren Häusern gegenüber der Botschaft wurden Kameras angebracht, und 1976 hatte die StB ihren Standort auf dem Dachboden des Hauses 334/32 eingerichtet. Vor dem Haus hielt

ein StB-Angehöriger in einfacher Polizeiuniform Wache. Botschafter Gerhard Ritzel (1923–2000) mußte ziemlich isoliert in der Botschaft residieren. An Heiligabend 1976 wollte er die Abhörung in der Botschaft testen, deshalb sagte er in seinen Privaträumen, er wolle an Silvester punkt Mitternacht seinen „Beschützern“ zuprosten. Zu besagter Zeit ging er mit seiner Frau ans Fenster, und tatsächlich wurde im Haus gegenüber das Rollo hochgezogen und zwei StB-Angehörige zeigten sich mit einem Glas Sekt in der Hand. Tomek

PRAGER SPITZEN US-Präsident Biden empfängt Petr Fiala

E

benutzt die Erinnerungen Ritzels zur Schilderung eines weiteren Vorfalls, zu dem es im Frühling 1976 gekommen war: Mit

physischer Gewalt verhinderten StB-Angehörige, daß Ritzel am Prager Flughafen Mitglieder der Berliner Philharmoniker begrüßen durfte.

Nachrichtenagentur ČTK hat ein großes Interview mit Bernd Posselt verbreitet

Volksgruppensprecher in den tschechischen Medien Die Nachrichtenagentur ČTK, deren Ursprung auf 1918 zurückgeht, ist eine der wichtigsten Medienmarken in Tschechien. Rund um die Uhr werden von der Zentralredaktion in Prag aus Zeitungen, Zeitschriften, Online-Magazine sowie Radio- und Fernsehsender mit Nachrichten und Berichten beliefert. Das, was ČTK meldet, hat in Tschechien und darüber hinaus Gewicht. Insofern ist es ein besonderes Ereignis, daß der Berliner Korrespondent von ČTK, Aleš Zápotocký, ein großes Interview mit dem Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, geführt und am Wochenende veröffentlicht hat. Die Sudetendeutsche Zeitung dokumentiert den Bericht in deutscher Übersetzung.

Umfrage: Ano steigt auf 38,5 Prozent

N

ach der aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar wäre die Oppositionspartei Ano des ehemaligen Premierministers Andrej Babiš mit 38,5 Prozent der klare Wahlsieger. Es ist der höchste Wert seit 2014. Von dem regierenden Fünfer-Bündnis würden vier Parteien den Wiedereinzug in das Parlament schaffen. Die ODS von Premierminister Petr Fiala käme demnach auf 14,5 Prozent, die Piraten auf 10,0 Prozent, Stan auf 7,5 Prozent und Top 09 auf 5,0 Prozent. Die KDU-ČSL würde mit 2,0 Prozent deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Die Rechtsaußenpartei SPD würde 9 Prozent der Stimmen bekommen.

E

Babiš beleidigt Außenminister

ine falsch verschickte eMail des Ano-Vorsitzenden Andrej Babiš sorgt in Tschechien für Aufsehen: „Besorgen Sie mir Hintergrundinformationen über diesen ... (nicht druckbares Schimpfwort). Hat er Kinder?“, forderte Babiš ein Dossier über Tschechiens Außenminister Jan Lipavský an. Als die eMail öffentlich wurde, hat sich Babiš zwar für die vulgären Worte ent-

B

erlin – Die Erweiterung der Europäischen Union im Jahr 2004 um zehn Länder, darunter die Tschechische Republik, war ein großer Erfolg für alle. Das sagte Bernd Posselt, der höchste politische Vertreter der Sudetendeutschen, in einem Interview mit der ČTK. Er unterstützte damals den Beitritt Tschechiens, stimmte aber gleichzeitig im Europäischen Parlament gegen den tschechischen Beitritt. Heute spart Posselt nicht mit Lob, wenn er von Fortschritten in den Beziehungen zwischen Tschechen, Deutschen und Sudetendeutschen spricht. In dem Interview bezeichnete er die Tschechische Republik als eines der konstruktivsten Mitglieder der Union und lobte Prag auch für seine klare Unterstützung der Ukraine, die sich seit über zwei Jahren gegen die von Präsident Wladimir Putin angeordnete russische Militärinvasion wehrt. „Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft, die Frieden und Stabilität anstrebt. Putin will Europa zerstören und (US-Präsidentschaftskandidat Donald) Trump will sich von Europa abwenden. Deshalb müssen wir eng zusammenarbeiten und zusammenhalten. Die nationalen Interessen Tschechiens und Deutschlands unterscheiden sich nicht, im Gegenteil, sie stimmen überein“, sagte Posselt auf die Frage, was die EU den Tschechen bringt und wie die Deutschen von der tschechischen Mitgliedschaft profitieren. Allerdings waren die Beziehungen zwischen Berlin, Prag und den Sudetendeutschen in der Vergangenheit nicht so harmonisch, wie sie heute von al-

s ist eine besondere Geste: US-Präsident Joe Biden wird Tschechiens Premierminister Petr Fiala am 15. April im Weißen Haus empfangen. Die beiden Politiker wollen, so eine Sprecherin des Präsidenten, mit dem Treffen in Washington die anhaltende Unterstützung der Ukraine bekräftigen. Außerdem sollen Sicherheitsfragen, die wirtschaftliche Lage und der Kampf für demokratischen Werte auf der Tagesordnung stehen. Tschechien hatte im Herbst den Kauf von 24 Überschall-Mehrzweckkampfflugzeugen des Typs F-35 des amerikanischen Rüstungsunternehmens Lockheed Martin für fünf Milliarden US-Dollar beschlossen. Dabei handelt es sich um die größte Rüstungsinvestition seit Bestehen der Tschechischen Republik.

Volksgruppensprecher Bernd Posselt als Brückenbauer bei einer Podiumsdiskussion im vergangenen Jahr beim Brünner Kulturfestival Meeting Brno. Foto: Torsten Fricke len drei Seiten beschrieben werden. Posselt selbst stimmte 2003 im Europäischen Parlament gegen den tschechischen Beitritt, ebenso wie zwei Dutzend deutsche konservative Abgeordnete. Er begründete dies damals in einem offenen Brief damit, daß sich seine Ablehnung nicht gegen die Tschechen richte, sondern ein Protest dagegen sei, daß die Dekrete von Präsident Edvard Beneš Teil der tschechischen Rechtsordnung bleiben. Die Dekrete, mit denen nach dem Zweiten Weltkrieg rund drei Millionen Deutsche aus der Tschechoslowakei vertrieben wurden, sind für die Sudetendeutschen ein sensibles Thema. Die Tschechische Republik betrachtet die Dekrete als rechtlich erloschen. ... Posselt hat wiederholt für den Beitrag der Sudetendeutschen zum Nationalsozialismus um Verzeihung gebeten. Jetzt, mehr als 20 Jahre nach der Abstimmung, sagte Posselt, er habe sein ganzes politisches Leben lang für die Erweiterung des europäischen Blocks gekämpft. „Das war vor dem Fall des Eisernen Vorhangs. Ich war immer davon überzeugt, daß der Vorhang eines Tages verschwinden würde. Und als die Tschechoslowakei frei wurde, war das einer der schönsten Tage in meinem Leben“, sagte er. „Natürlich habe ich auch dafür gekämpft,

daß das Land meiner Vorfahren Teil der EU wird, aber ich habe dagegen gestimmt, um zu zeigen, daß es noch offene Probleme gab, weil die tschechische Regierung damals absolut keinen Kontakt zu den Sudetendeutschen wollte“, sagte er. Er merkte an, daß es damals mehr solcher symbolischer Stimmen gegen den Beitritt gab. „Viele Sozialdemokraten, obwohl sie für die Erweiterung waren, stimmten gegen Polen, weil sie eine Reform der Agrarpolitik für notwendig hielten. Und eine Reihe von Grünen hat gegen Malta gestimmt, weil die Vogelschutzrichtlinie nicht umgesetzt wurde“, erklärte er. „Aber ich war immer grundsätzlich für den tschechischen Beitritt, wie ich damals in einem offenen Brief gesagt habe. Und heute halte ich Tschechien für einen der positivsten und konstruktivsten EU-Mitgliedstaaten“, betonte der Sudetendeutsche. Posselt hält die Erweiterung der EU um vor allem mittel- und osteuropäische Länder für einen außerordentlichen Erfolg. „Die zehn Länder, die damals (2004) beigetreten sind, aber auch Rumänien, Bulgarien und Kroatien, die später beigetreten sind, haben von der EU-Mitgliedschaft enorm profitiert. Das sehen wir zum Beispiel an der klaren Hal-

tung Polens, der Tschechischen Republik und Rumäniens zum Krieg in der Ukraine, die sich wohltuend von der Schwäche einiger Mitgliedsstaaten unterscheidet“, so Posselt. Er sieht auch Vorteile in der Umwandlung eines einst geteilten Mitteleuropas.“ Bayern und die Tschechische Republik waren jahrhundertelang das blühende Zentrum Europas und sind es heute dank der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und der europäischen Einigung wieder“, sagte er. Posselt sieht in einem von Moskau dominierten Eurasien von Wladiwostok bis Lissabon die einzige realistische Alternative zur EU.“ Aber das wollen wir auf keinen Fall“, sagte er. Er wies darauf hin, daß Putin offen über die Idee eines solchen Eurasiens spreche und daß er nicht nur in Deutschland eine fünfte Kolonne habe, die er in der Alternative für Deutschland (AfD) und ähnlichen nationalistischen Parteien gewonnen habe. Trotz der hohen Wahlbeteiligung fürchtet Posselt den Aufstieg der Radikalen in Deutschland nicht. „Die rechtsradikale AfD und die linksnationalistische Partei von (Sahra) Wagenknecht haben zum Glück keine Chance, ihre antieuropäische Politik durchzusetzen, denn die meisten Deutschen haben aus der Geschichte gelernt.“

schuldigt, aber erklärt, er habe nichts Kompromittierendes über den Außenminister haben wollen, sondern er wollte ihn angeblich nur fragen, ob er seine Kinder in den Krieg schicken würde. In einer TV-Sendung konterte Lipavský und erklärte, Babiš sei mittlerweile ein Sicherheitsrisiko für das Land.

Ex-Präsident Bill Clinton in Prag

Z

um 25. Jahrestag des Nato-Beitritts hat der ehemalige US-Präsident Bill Clinton am Dienstag in Prag eine Rede auf der Jubiläumskonferenz „Unsere Sicherheit ist keine Selbstverständlichkeit“ gehalten. Im Zuge der ersten NatoOsterweiterung war Tschechien am 12. März 1999 gemeinsam mit Polen und Ungarn dem westlichen Militärbündnis beigetreten. Clinton, der sich seit vergangenem Samstag in der tschechischen Hauptstadt aufhielt, wurde auch von Präsident Petr Pavel und Premierminister Petr Fiala zu persönlichen Gesprächen empfangen. Gemeinsam mit dem Präsidentenehepaar Petr Pavel und Eva Pavlová besuchte Clinton am Sonntagabend den Jazzclub Reduta, in dem er 1994 seinen legendären Saxophon-Auftritt vor dem damaligen Präsidenten Václav Havel und der ehemaligen US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Madeleine Albright, hatte.

Böhmischer Löwe für Spielfilm „Brüder“

D

er tschechische Filmpreis Böhmischer Löwe (Český lev) für den besten Spielfilm des Jahres 2023 geht an „Brüder“ („Bratři“) von Regisseur Tomáš Mašín. Der Film handelt von den Gebrüdern Mašín, die eine Widerstandsgruppe gegen das kommunistische Regime in der Tschechoslowakei gegründet hatten und 1953 über die DDR nach Berlin (West) flohen. Die meisten Auszeichnungen erhielten die TV-Retroserie „Volha“ und der Science-Fiction-Film „Bruchstelle“ („Bod zlomu“) mit jeweils fünf Preisen. Der Böhmische Löwe für das Lebenswerk wurde an den Kameramann Vladimír Smutný verliehen.

Sudetendeutsche Zeitung ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2023 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief oder einer der Regionalblöcke (Block 1 – Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote; Block 2 – Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung/Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung; Block 3 – Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimat, Zuckmantler Heimatbrief; Block 4 – Riesengebirgsheimat) (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2023 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15.3.2024

„Der Krieg Putins wütet weiter mit voller Brutalität“, berichtet MdB Knut Abraham. Der Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuß für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat sich in der vergangenen Woche im ukrainischen Odessa sowie in Moldawien ein Bild von Rußlands Aggression gemacht. Abraham, der Mitglied des Sudetendeutschen Rates ist, war Teil einer Bundestagsdelegation, der auch Falko Droßmann (SPD), Ottmar von Holtz (Grüne) und Peter Heidt (FDP) angehörten.

SUDETENDEUTSCHE GESPRÄCHE Interview mit MdB Knut Abraham, Mitglied des Sudetendeutschen Rates

„Wir müssen die Initiative von Präsident Pavel unterstützen “

H

err Abraham, was war der aktuelle Anlaß, nach Odessa und Moldawien zu fahren? Knut Abraham: Weltweit stellt Getreide die wichtigste Ernährungsgrundlage da. Experten schätzen, daß rund 400 Millionen Menschen auf Getreide aus der Ukraine angewiesen sind. Wir müssen deshalb alles tun, um weitere humanitäre Katastrophen in Folge des russischen Angriffskriegs zu verhindern. Als Kornkammer der Welt wickelt die Ukraine ihre Getreidetransporte unter anderem über das Schwarze Meer, aber auch über die Donau, und somit über Moldawien, ab. Vor zwei Jahren, kurz nach dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine, war die Route über das Schwarze Meer unterbrochen. Es drohte eine Hungersnot in Afrika. Jetzt exportiert die Ukraine vom Hafen Odessa aus wieder Millionen Tonnen über den Seeweg. Wie kam es dazu? Abraham: Den Ukrainern ist es gelungen, einen Getreidekorridor entlang der SchwarzmeerKüste zu errichten und wieder Rekordmengen für den Weltmarkt zu liefern. Die Getreidefrachter fahren dabei von Odessa aus direkt an der Küstenlinie von Rumänien, Bulgarien und der Türkei entlang und sind so geschützt vor Angriffen der russischen Marine. Wie reagiert Rußland? Abraham: Für die Russen hat die Störung der ukrainischen Getreideexporte weiterhin eine hohe Priorität, deshalb gibt es ständig Raketen- und Drohnenangriffe auf Odessa. Allein am Mittwoch, als wir vor Ort waren, sind bei einem Angriff auf den Hafen fünf Ukrainer getötet worden. Die Bedrohungslage für Odessa ist sehr hoch, weil die Entfernung zur russisch besetzten Krim gering ist. Es gibt deshalb so gut wie keine Vorwarnzeiten. Wenn jederzeit an jedem Ort eine Rakete einschlagen kann, wie reagieren die Menschen in Odessa auf diese permanente Bedrohung? Abraham: Odessa ist eine Millionenstadt, und sie funktioniert, aber diese ständige Bedrohung liegt wie Blei über der Stadt. Am Mittwoch war auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Odessa, um an einer Beerdigung teilzunehmen. Am Wochenende war eine russische Rakete in einem Wohnhaus, übrigens weit entfernt vom Hafen, eingeschlagen, und hatte zwölf Menschen getötet – darunter ein Baby. Die Gefahr ist allgegenwärtig. Man hält sich in einer Wohnung auf und blickt auf die Nachbarschaft, wo ganze Häuser von russischen Raketen zerstört worden sind. Die Stimmung ist gedrückt und bedrückend. Ein entscheidendes Thema für die Ukraine, um sich gegen die russischen Angriffe wehren zu können, ist die nachhaltige Versorgung mit Munition. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat der tschechische Staatspräsident Petr Pavel eine internationale Initiative zum Ankauf von 800 000 Artilleriegranaten gestartet. Sollte sich Deutschland beteiligen? Abraham: Das ist eine hervorragende und verdienstvolle Initiative des tschechischen Staatsoberhaupts, der als ehe-

Zur Person: Knut Abraham

Geboren am 4. Juni 1966 in Hamburg, verheiratet, fünf Kinder. 1985 Abitur am Hansa-Gymnasium Bergedorf. 1985 bis 1987 Soldat auf Zeit im integrierten Dienst der Nato im HQ AFCENT in Brunssum/Niederlande. Studium der Rechtswissenschaften an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Erstes Juristisches Staatsexamen am OLG Düsseldorf 1993. Referendariat am Kammergericht in Berlin. Dort Zweites Juristisches Staatsexamen 1998. 1987 bis 1996 Büroleiter von Dr. Otto von Habsburg, MdEP, am Deutschen Bundestag in Bonn und Berlin. 1994 bis 1996 auch am Europäischen Parlament. 1990 bis 1998 Bundesvorsitzender der Paneuropa-Jugend Deutschland. Seit 1998 Angehöriger des Auswärtigen Dienstes. 2003 bis 2005 Tätigkeit als Referent im Nato-Referat des Auswärtigen Amtes. 2018 bis 2021 Gesandter an der Deutschen Botschaft Warschau. Seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages. Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuß für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Seit 2021 Mitglied des Sudetendeutschen Rats.

maliger General und Vorsitzender des Nato-Militärausschusses sehr genau weiß, was die Ukraine in der aktuellen Lage dringend benötigt. Pavel ist weltweit tätig geworden, um verfügbare

Artilleriegranaten für die Ukraine zu sichern. Was jetzt dringend benötigt wird, ist eine Finanzierung des Ankaufs dieser Munitionsbestände. Es geht um rund 1,4 Milliarden Euro, wobei die

MdB Knut Abraham vertritt die CDU/CSU-Fraktion als Obmann im Ausschuß für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Außerdem ist der ehemalige Gesandte und Polen-Kenner Mitglied des Sudetendeutschen Rates. Niederlande bereits erklärt haben, 250 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Für mich steht deshalb völlig außer Frage: Wir als Deutschland müssen die Initiative von Präsident Petr Pavel selbstverständlich unterstützen. Warum hört man aber aus dem politischen Berlin nichts zu dieser Initiative der Tschechen? Abraham: Die politische Debatte in Deutschland wird derzeit dominiert vom Taurus-Thema und dem irritierenden Verhalten des Bundeskanzlers in dieser Frage. Deutschland muß aber auch bei den anderen Waffensystemen weiter Munition liefern, wie bei Gepard, IrisT und Patriot. Die Dringlichkeit ist uns in Odessa immer wieder von ukrainischer Seite bestätigt worden. Und ich nehme das Thema auch mit nach Berlin in den Bundestag. Die Ukrainer haben allergrößte Sorge, und da

spielt sicherlich auch die aktuelle politische Entwicklung im USamerikanischen Wahlkampf eine Rolle, daß sie eines nahen Tages mit zu wenig Munition dastehen, um mit einer effektiven Luftverteidigung ihre Bevölkerung vor russischen Raketen zu schützen. Das wäre eine Katastrophe – insbesondere für die Ukraine, aber auch für uns in Westeuropa. Die Reise Ihrer Delegation ging auch nach Moldawien. Was bereitet Ihnen hier Sorgen? Abraham: Es ging um zwei Punkte. Erstens, Moldawien massiv zu unterstützen auf dem Weg in die Europäische Union. Das passiert aktuell und trägt zu einer deutlichen Stabilisierung des Landes bei. Das ist auch für uns im Westen ein wichtiger Schritt für mehr Sicherheit in dieser Region. Zweitens müssen wir die Lage im abtrünnigen und von Rußland dominierten Transni-

Die Bundestagsabgeordneten (von links) Falko Droßmann, Knut Abraham, Peter Heidt und Ottmar von Holtz (rechts) mit dem Leiter der Militärverwaltung Odessas, Oleh Kiper (vierter von links).

Die Bundestagsdelegation vor dem Büro des deutschen Honorarkonsuls Oleksandr Kyfak mit dem stellvertretenden Leiter der ukrainischen Seehäfen, Dmytro Barinow. Fotos: Bundestagsbüro Knut Abraham

Über zwei Jahrzehnte hatte der postsowjetische Hotelbau die Skyline von Odessa dominiert. Während des Umbaus zum Kempinski wurde das Gebäude im vergangenen Herbst bei einem russischen Raketenangriff zerstört.

3 strien weiter eng im Blick behalten, wo unlängst der sogenannte Volksdeputiertenkongreß einen Hilfsappell nach Moskau geschickt hat und bereits jetzt rund 1500 russische Soldaten stationiert sind. Auch wenn niemand damit rechnet, daß kurzfristig eine negative Entwicklung eintritt, hat Putin doch immer wieder gezeigt, daß er unberechenbar ist und jede Gelegenheit nutzt, um zu destabilisieren. Das ist Teil der hybriden Kriegsführung Rußlands. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, daß Moldawien ein sehr armes Land ist. Die Gefahr ist deshalb groß, daß es insbesondere im Vorfeld der kommenden Präsidentschaftswahlen zu von Moskau gesteuerten Unruhen kommen könnte. Wir müssen also alles tun, um die Republik Moldau auf einem stabilen Kurs zu halten. Deshalb ist es eine sehr gute Nachricht, daß die moldawische Präsidentin Maia Sandu am Donnerstag nach Paris gereist ist, um mit Staatspräsident Emmanuel Macron ein Sicherheitsabkommen zu unterzeichnen. Frankreich macht damit sehr deutlich, daß es auch in dieser Region Verantwortung übernimmt. Putin hat Ende Februar in einer Rede an die Nation Stellung bezogen. Wie beurteilen Sie, was der russische Präsident gesagt hat? Abraham: Putins Botschaft an den Westen war unmißverständlich. Erstens, er hat keinen Zweifel daran gelassen, daß er den Weg des Krieges weitergehen wird. Und zweitens hat er deutlich gemacht, daß er keinerlei Interesse an einer vertraglich vereinbarten Friedenslösung hat. Stattdessen setzt Putin, und das war auch die Botschaft an sein Volk, auf Rußlands Stärke und fordert seine Bürger zum Patriotismus auf. Das ist deshalb so besorgniserregend und gefährlich, weil der Westen derzeit den Eindruck vermittelt, verwirrt und durcheinander zu sein. Es ist deshalb mehr als unglücklich, daß der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der französischer Staatspräsident Emmanuel Macron vor ein paar Tagen auf der Weltbühne deutlich gemacht haben, daß man sich in der einstigen Achse Berlin–Paris in wesentlichen Fragen der westlichen Unterstützung der Ukraine nicht auf einen Standpunkt einigen kann. Dabei braucht es gerade jetzt ein deutliches Signal der Geschlossenheit des Westens. Wir müssen deutlich machen, daß wir nach wie vor willens und in der Lage sind, Putin Einhalt zu gebieten. Putin hat in seiner Rede gesagt, er verteidige auch die Interessen der Mitbürger in „Neu-Rußland“. Wenn man sich anschaut, welche Regionen für Putin unter „Neu-Rußland“ fallen könnten, zeigt dies, daß die Ukraine in seiner Strategie nur ein erster Schritt ist. Putin versucht permanent den Westen unter Druck zu setzen, und das dürfen wir nicht zulassen. Petr Pavel hat unlängst seine Bürger gewarnt, Rußland dürfte den Krieg nicht gewinnen, nur weil wir im Westen kriegsmüde werden. Dennoch stellt sich die Frage, wann dieses sinnlose Sterben ein Ende hat. Abraham: Die Ukrainer werden nicht aufgeben. Auf der anderen Seite wird der russische Druck, insbesondere auf die ukrainische Schwarzmeerküste, nicht geringer werden. Man muß bedenken, daß die Kriegssituation die Grundlage für das politische Überleben der russischen Führung ist. Für Putin kann es deshalb keine vertragliche und faire Friedenslösung geben. Wir müssen deshalb unseren Bürgern immer wieder erklären, daß es wichtig ist, die Ukraine weiterhin zu stärken. Die Ukrainer kämpfen auch für unser Europa. Unsere Unterstützung dient dazu, diesen Krieg möglichst schnell zu beenden, aber es wird dauern. Torsten Fricke


4 Bis Sonntag, 7. April, Sonderausstellung „Ein bißchen Magier bin ich schon... Otfried Preußlers Erzählwelten“. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 13.00 bis 17.00 Uhr. Isergebirgs-Museum Neugablonz, Bürgerplatz 1, Kaufbeuren. Bis Samstag, 20. April, Sonderausstellung der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen: „Stillgeschwiegen! – Die Vertriebenen in der SBZ und DDR“. Öffnungszeiten: täglich von 9.00 bis 19.00 Uhr. DDR-Museum, St.Wolfgang-Straße 2–4, Berlin. Bis Sonntag, 12. Mai, Sudetendeutscher Rat, Wanderausstellung „So geht Verständigung – dorozméní“. Öffnungszeiten: Donnerstag, 17.00 bis 20.00 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertag, 14.00 bis 17.00 Uhr. Stadtmuseum, Kirchenplatz 2, Herzogenaurach. Bis Freitag, 24. Mai, Ausstellung „Kampf um die Demokratie. Plakate aus dem Wahljahr 1924“. Staatsarchiv, Hainstraße 39, Bamberg. Freitag, 15. März, 16.00 Uhr, Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen: OnlineRechtsworkshop mit Schwerpunkt Vereins- und Satzungsrecht. Anmeldung per eMail an birgit.aldenhoff@kulturstiftung. org Freitag, 15. März, 19.00 Uhr, Deutsches Kulturforum östliches Europa: „Die letzten Österreicher“. Ein Dokumentarfilm von Lukas Pitscheider. Kino Krokodil, Greifenhagener Straße 32, Berlin. Samstag, 16. März, 10.00 Uhr, Südmährerbund: 61. Kulturtagung. Anmeldung für Online-Teilnahme per eMail an slr@ suedmaehren.de Präsenz: Altes Rathaus, Hauptstraße 19, Geislingen. Samstag, 16., 11.00 Uhr, bis Sonntag, 17. März, 13.00 Uhr, Paneuropa-Union Deutschland: 61. Andechser Europatag. Klostergasthof, Bergstraße 9, Andechs. Samstag, 16. März, 15.00 Uhr, Ackermann-Gemeinde in der Erzdiözese München und Freising und Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: Passionskonzert „Seht an das Gotteslamm“. Musik zur Passion Christi mit dem Duo connessione (Carina Kaltenbach-Schonhardt, Violine und Tomáš Spurný, Orgel). Asamkirche, Sendlinger Straße 32, München. Samstag, 16. März, 15.30 Uhr, Deutsches Kulturforum östliches Europa: „Die letzten Österreicher“. Ein Dokumentarfilm von Lukas Pitscheider. Bundesplatz-Kino, Bundesplatz 14, Berlin. Sonntag, 17. März, 17.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz) in Kooperation mit dem Kultur-Schloß Theuern: „Auf a Melange im Café Central“. Ein musikalischer Streifzug durch die Kaffeehauskultur der Donaumonarchie mit Iris Marie Kotzian (Sopran), Anna-Sophia Kraus (Violine) und Christoph Weber (Klavier). Eintritt 10 Euro. Vorverkauf über www. okticket.de Kultur-Schloß Theuern, Portnerstraße 1, Kümmersbruck. Montag, 18. März, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Deutsch-Tschechischer Marionettenabend „Spejbl und Hurvínek treffen auf Mozart und Musik“. Anmeldung per eMail an sekretariat@gh-h.de oder unter Telefon (02 11) 1 69 91 11. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Montag, 18. März, 19.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz): „Am Tanze fehlte es nicht ….“ Der junge Friedrich Smetana (1824–1884) in Tagebuch und Musik – Lesung und Konzert zum 200. Geburtstag. Mit Thoma Jaron-Wutz (Tenor), Marek Kozák (Klavier), Helmut Becker (Lesung) sowie Olga Mojžíšová

TERMINE VERANSTALTUNGSKALENDER und Václav Petrbok (Einführung). Eintritt frei. Festsaal des Bezirks Oberpfalz, Ludwig-Thoma-Straße 14, Regensburg. Dienstag, 19. März, 16.00 bis 18.30 Uhr, Sudetendeutsches Museum: Schreibcafé „Lebendige Erinnerung“. Teilnahmegebühr: 15 Euro. Anmeldung per eMail an info@sudetendeutschesmuseum.de oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 37. Sudetendeutsches Museum, Treffpunkt Museumskasse, Hochstraße 10, München. Dienstag, 19. März, 19.00 Uhr, SL-Landesgruppe Bayern: 75-Jahr-Feier der Landesgruppe. Anmeldung erforderlich per eMail an Geschaeftsstelle@ sudeten-by.de, SL-Landesgruppe Bayern, Hochstraße 8, 81669 München oder per Telefax an (0 89) 48 00 03 96. Löwenbräukeller am Stiglmaierplatz, Nymphenburger Straße 2, München. Dienstag, 19. März, SL-Bezirksgruppen Mittelfranken und Oberfranken: Fahrt zur 75-JahrFeier der Landesgruppe Bayern (siehe oben). Bayreuth, Bahnhof: 12.00 Uhr. Pegnitz, Wiesweiher: 12.30 Uhr. Lauf, Landratsamt: 13.00 Uhr. Hilpoltstein, Hilpodrom Schocolat: 13.30 Uhr. Zubringer aus Bamberg und Forchheim (Abfahrtsort und -zeit nach Absprache). Rückfahrt: 20.15 Uhr. Anmeldung bei Margaretha Michel unter eMail mail@ familie-michel.net Dienstag, 19. März, 19.00 Uhr, Adalbert Stifter Verein: „Am Tanze fehlte es nicht ….“. Der junge Smetana in Tagebuch und Musik. Eintritt: 15 Euro. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Mittwoch, 20. bis Donnerstag, 28. März, Ausstellung „Auf den zweiten Blick – Na druhý pohled“. Vor dem Umzug des Tschechischen Zentrums werden in der letzten Ausstellung die Ergebnisse des deutsch‐tschechischen Analogfotografieprojekts gezeigt. Tschechisches Zentrum, Prinzregentenstraße 7, München. Mittwoch, 20. März, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Krefeld: Monatstreffen der SL-Frauengruppe. Anmeldung per eMail gr@gertraud-rakewitz.com oder per Telefon unter (0 65 97)13 68. Pfarrheim der Heiligen Schutzengel, Hauptstraße 18, Krefeld. Mittwoch, 20. März, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Diese Minderheit, die durch Morden, Plündern und Sengen den deutschen Namen besudelt, wird das Unglück des ganzen deutschen Volkes werden … – Hellmuth Stieff (1901– 1944) und das NS-Regime“. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Freitag, 22. März, 10.00 Uhr, SL-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen: Landesversammlung mit Neuwahlen. Steffen Hörtler, stellvertretender Bundesvorsitzender, spricht zum Thema: „Positive Ansätze zur Verständigung zwischen Tschechen und Sudetendeutschen“. Als Gäste zugesagt haben Kristina Larischová, Generalkonsulin der Tschechischen Republik, und Heiko Hendriks, Beauftragter für die Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern. Anmeldung per eMail an werner.appl@sudeten-nrw.de Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Freitag, 22. bis Sonntag, 24. März, Ackermann-Gemeinde und Bernard-Bolzano-Gesellschaft: XXXII. Brünner Symposium „Dialog in der Mitte Europas“. Neues Rathaus, Dominikánské náměstí 1, Brünn und Hotel International, Husova 16, Brünn. Samstag, 23. März, 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: Böhmisch-Mährisch-Schlesischer Ostermarkt. Musikalische Umrahmung: Elisabeth und Ste-

fanie Januschko. 14.00 bis 18.00 Uhr: Offene Werkstatt für Kinder ab fünf Jahren mit Ricarda Wolf. 15.00 Uhr: Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Samstag, 23. März, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: Monatsnachmittag. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Samstag, 23. März, 15.00 Uhr: „Tracht(en)Kunst. Foto-Diptychon-Montagen zur Wischauer Festtagstracht“. Führung durch die Sonderausstellung mit Heimatpflegerin Christina Meinusch. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Dienstag, 26. März, 19.00 Uhr, Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste: Ringveranstaltung – Peter Becher stellt sein neues Buch „Unter dem Steinernen Meer“ vor. Freier Eintritt mit anschließendem Empfang. Anmeldung per eMail an sudak@ mailbox.org oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 48. Sudetendeutsches Haus, Adalbert-StifterSaal, Hochstraße 8, München. Sonntag, 7. April, 11.00 bis 14.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Fest der Nationen. Gemeindehaus Salvator Giebel, Giebelstraße 15, Stuttgart. Dienstag, 9. April, 19.00 Uhr: Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste: Ausstellungseröffnung „Moritz Baumgartl und Simon Dittrich – Dialoge der Bildenden Kunst & Architektur“. Freier Eintritt mit anschließendem Empfang. Anmeldung erbeten unter Telefon (0 89) 48 00 03 48 oder per eMail an sudak@ mailbox.org Ausstellungsdauer: 10. April 2024 bis 5. Mai. Sudetendeutsches Haus, Alfred-Kubin-Galerie, Hochstraße 8, München. Donnerstag, 11. April, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Eröffnung der Ausstellung „Hitler-Stalin-Pakt und seine Folgen für Ostmitteleuropa: Geschichte und Erinnerung“. Die Ausstellung läuft bis zum 28. Juni. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Freitag, 12. bis Sonntag, 14. April: Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Samstag, 13. April, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: Film: „Verschwundener Böhmerwald“. Emil Kintzl erzählt Episoden aus der Grenzregion. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Samstag, 13. April, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Krefeld: „Bertha von Suttner – Lobbyistin für den Frieden“. Vortrag von Christel Schmalbach über die Friedensnobelpreisträgerin 1905. Anmeldung unter Telefon (0 21 51) 3 26 99 70 oder per eMail an werner.appl@sudeten-kr.de Niederrheinischer Hof, Hülser Straße 398, Krefeld. Samstag, 13. April, 19.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz): „Nachklänge – Widmar Hader zu Ehren“. Kammerkonzert mit Werken von Widmar Hader. Es musizieren: Carlos Araújo, Claudia Böckel, Christiane Gagelmann, Dietmar Gräf, Eva Herrmann, Susanne Hoffmann, Malte Müller, Antonino Secchia und Silke Winkler. Eintritt frei, Bezirk Oberpfalz, Festsaal, Ludwig-Thoma-Straße 14, Regensburg. Montag, 15. April, 15.00 Uhr: Eröffnung der Ausstellung „Deutsche Brünner Persönlichkeiten aus sechs Jahrhunderten“. Veranstalter sind der Heimatverband der Brünner in der Bundesrepublik Deutschland (Bruna), der Kulturverband der Deutschen in der Tschechischen Republik und das Sudetendeut-

sche Büro in Prag. Haus der nationalen Minderheiten, Vocelova 602/3, Prag 2. Mittwoch, 17. April, 19.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz) in Kooperation mit der „Forschungsstelle Kultur und Erinnerung. Heimatvertriebene und Aussiedler in Bayern“. Peter Becher liest aus seinem Roman „Unter dem Steinernen Meer“. Eintritt frei. Mit musikalischer Umrahmung. Weinschenkvilla, Hoppestraße 6, Regensburg. Donnerstag, 18. April, 14.00 Uhr, Heimatverband der Brünner, Kreisverband München: Heimatnachmittag. Gaststätte Altes Bezirksamt im Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Samstag, 20. April, 10.00 Uhr, SL-Landesgruppe BadenWürttemberg: Landesversammlung. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart. Montag, 22. April, 19.00 Uhr: Vortragsreihe „Böhmen als Ort der Begegnung – Teil 1: Europäische Wegbereiter“ von Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Donnerstag, 25. April, 10.00 Uhr: SL-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen: Landesfrauentagung. Anmeldung per eMail gr@gertraudrakewitz.com oder per Telefon unter (0 65 97) 13 68. GerhartHauptmann-Haus, Bismarck Straße 90, Düsseldorf. Samstag, 27. April, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: Jahreshauptversammlung mit Ehrungen. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Samstag, 4. Mai, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: Muttertagsfeier. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Donnerstag, 9. Mai, 19.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Augsburg: Maiandacht mit Blasmusik und Chorgesang. St. Ulrich, Ulrichsplatz 3, Königsbrunn. Freitag, 10. bis Sonntag, 12. Mai, Egerland-Jugend: 52. Bundestreffen. Aalen-Fachsenfeld. Samstag, 11. Mai, 14.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Augsburg: Wir feiern die Mütter und Väter. Fischerheim, In der Aue 2, Wehringen. Samstag, 11. Mai, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Krefeld. Muttertags-Feier. Anmeldung bei Gerda Nilges per Telefon unter (0 21 58) 25 73) oder unter eMail an werner.appl@ sudeten-kr.de Niederrheinischer Hof, Hülser Straße 398, Krefeld. Freitag, 17. bis Pfingstsonntag, 19. Mai: 74. Sudetendeutscher Tag in Augsburg. Feste Programmpunkte sind die Kulturpreisverleihung am Freitagabend, die Verleihung des Europäischen Karls-Preises der SL und der HEIMAT!abend am Samstag sowie die Hauptkundgebung mit den Festreden des Sprechers der Sudetendeutschen Volksgruppe und des Bayerischen Ministerpräsidenten am Pfingstsonntag. Ausführliches Programm folgt. Sonntag, 19. Mai, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Fahrt zum Sudetendeutschen Tag nach Augsburg. Abfahrt: Weilimdorf-Giebel, Ecke Giebelstraße/Krötenweg 6.00 Uhr. Zustieg: Bahnhof Stuttgart-Feuerbach 6.15 Uhr. Anmeldung bei Waltraud Illner unter Telefon (07 11) 86 32 58 oder per eMail an illner@sudeten-bw.de Freitag, 31. Mai bis Samstag, 1. Juni: 73. Deutschhauser Heimattreffen in Lichtenfels. Anmeldung bei Heimatortsbetreuerin Gerda Ott unter Telefon (07 11) 59 22 85. Samstag, 8. Juni, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Krefeld: Jahreshauptversammlung mit Vorstandswahlen. Anmeldung unter Telefon (0 21 51) 3 26 99 70 oder per eMail an werner.appl@ sudeten-kr.de Niederrheinischer Hof, Hülser Straße 398, Krefeld.

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15.3.2024

Buchpräsentation mit Sonderführungen

Architektur & Museum Dienstag, 19. März, 16.00 bis 18.30 Uhr, Sudetendeutsches Museum: Schreibcafé „Lebendige Erinnerung“ mit Journalistin und Autorin Gunda Achterhold. Teilnahme: 15 Euro, Anmeldung per eMail an info@ sudetendeutsches-museum. de oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 37, Treffpunkt: Sudetendeutsches Museum, Museumskasse Hochstraße 10, München. Samstag, 23. März, 14.00 bis 18.00 Uhr: „Offene Werkstatt zum Ostermarkt der Heimatpflegerin für Kinder ab fünf Jahren mit Ricarda Wolf“. Sudetendeutsches Haus, Werkstattraum der Museumspädagogik, Hochstraße 8, München. In der Osterwerkstatt des Sudetendeutschen Museums wird mit viel Gehämmer der Frühling begrüßt, wenn fri-

sche, bunte Blüten mit dem Gummihammer auf Papier und Stoff drucken. Noch lauter wird es mit einer traditionellen Osterratsche. Die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen dürfen sie ganz nach Lust und Laune gestalten, individuell unter Anleitung der Museumspädagogin. Damit es noch grüner und bunter wird, fertigen die Teilnehmer schließlich Samenmischungen und Sameneier an. Die Teilnahme ist kostenfrei. Dienstag, 26. bis Mittwoch, 27. März, 9.00 bis 14.00 Uhr: „Ei, Ei, Ei! Osterferien im Museum“. Osterferienprogramm mit Ricarda Wolf für Grundschulkinder. Anmeldung bis Freitag, 22. März, per eMail an info@sudetendeutschesmuseum.de oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 37, Treffpunkt Museumskasse.

Fritz-Jeßler-Ostersingwoche Freitag, 22. bis Donnerstag, 28. März: „67. Fritz-Jeßler-Ostersingwoche – Mit Musik in den Frühling“. Die „Fritz-Jeßler-Ostersingwoche“ ist aus dem Jahreskreis am Heiligenhof nicht wegzudenken – ein magischer Anziehungspunkt während der Karwoche für alle Generationen seit mehr als 60 Jahren. Musik, Tanz, Ausflüge, Vorträge – der Heiligenhof bietet eine Woche voller Kultur, Musik und Begegnung. Den Tag bestimmt die Musik: Nach dem Wecken, das kleine Vokaloder Instrumentalensembles übernehmen, dem Singen im Morgenkreis und Frühstück, stehen für die Erwachsenen über den Tag verteilt mehrere Proben im Chor auf dem Programm: Werke alter und neuer Meister sowie Lieder und Chorsätze zur Jahreszeit werden einstudiert. Neben Volksliedern stehen auch Madrigale aus Italien, England und Frankreich auf dem Programm. Tägliches Einsingen und Stimmbildung sind ein weiterer wichtiger Baustein. Als Abwechslung stehen Volkstanzen, Ausflüge sowie abends Vorträge und Lesungen auf dem Programm. Auch ein Singwochenorchester wird sich wieder zusammenfinden (Bitte Instrumente mitbringen). Ebenso hat das Bilden von spontanen Ensembles Tradition, neue Teilnehmer sind immer herzlich willkommen. Am Mittwochabend wird das Erlernte in einer Abschlußveranstaltung auf dem Heiligenhof präsentiert. Kinder werden im Rahmen der Kindersingwoche betreut. Dabei bietet Carina Jochheim, Sozialpädagogin aus Arnsberg, mit ihrem Team den bis zu 14jährigen ein kreatives Programm mit Musizieren, Spielen, Basteln und Malen an. Die musikalische Leitung der Singwoche übernimmt wieder Astrid Jeßler-Wernz, die Tochter des Singwochengründers Fritz Jeßler. Die Tanzleitung liegt in den Händen von Martina Blankenstein. Organisatorisch unterstützt wird die Singwoche durch Bernhard Goldhammer und Gisela Muschiol, die auch für das Begleitprogramm mit Lesungen, Vorträgen und mehr verantwortlich zeichnen. Weitere Informationen zu Preisen und Unterbringung über den Heiligenhof (siehe unten) oder per eMail an hoertler@heiligenhof.de Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

Ausstellung zu Flucht, Vertreibung und Integration

Teil 2: „Ungehört – die Geschichte der Frauen“ Bis Freitag, 12. April, zweiter Teil der Ausstellung „Ungehört – die Geschichte der Frauen. Flucht. Vertreibung und Integration“. Veranstaltungsort: Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Öffnungszeiten: montags bis freitags von 10.00 bis 20.00 Uhr. Die Ausstellung, die das Team Dr. Lilia Antipow

(HDO), Patricia Erkenberg M.A. (HDO), Prof. Dr. Daniela Neri-Ultsch (Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung Universität Regensburg) und Prof. Dr. Andreas Otto Weber (Direktor des Hauses des Deutschen Ostens) kreiert hat, wird nach dem Erfolg im Sommer in einer erweiterten Version gezeigt.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15.3.2024

AKTUELL · KOLUMNE

Zentrum gegen Vertreibungen eröffnet Wanderausstellung im DDR-Museum in Berlin

Das Leid der Vertriebenen in der DDR: Stillgeschwiegen und still geschwiegen Im DDR-Museum in Berlin hat die Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen in Zusammenarbeit mit dem BdV ihre mittlerweile sechste Wanderausstellung präsentiert. Unter dem (bewußt doppeldeutigen) Titel „Stillgeschwiegen!“ wird das Schicksal der Vertriebenen und Flüchtlinge in der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR dargestellt. Jeder dritte DDR-Bürger, so der Vorsitzende der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen, Dr. Christean Wagner, habe ein Vertreibungsschicksal erlitten, und „still geschwiegen“, weil die SED dieses Leid „stillgeschwiegen“ und stattdessen von „Umsiedlern“ gesprochen habe.

Die Ausstellung „Stillgeschwiegen“ wird noch bis zum 20. April im Konferenzsaal des DDR-Museums gezeigt, dessen Eingang sich unweit des Museums in der St. Wolfgang-Straße 2–4 befindet. Fotos. Ulrich Miksch

daß die öffentliche Thematisierung von Vertreibungen und des Verlustes von Heimat zu staatlichen Sanktionen führen konnte. Mit dem Ausstellungstitel wollen wir auch zum Ausdruck bringen, daß die Vertriebenen in der DDR, mit ihrem Schicksal, mit ihrer Herkunft und ihrer Identität gleichsam als Imperativ stillgeschwiegen werden sollten. Das Thema wurde tabuisiert. Die Heimatvertriebenen existierten als Gruppe in der Bevölkerung nicht. Der Titel weist darüber hinaus in seiner Mehrdeutigkeit darauf hin, daß die Vertriebenen die Botschaft verstanden. Sie haben ,still geschwiegen‘. Sie haben sich arrangiert mit der Situation, weil sie Schwierigkeiten mit dem Staat vermeiden wollten.“ Allerdings wanderten bis 1961 auch 900 000 der erstmal in der SBZ und der DDR gestrandeten nach Westdeutschland weiter. Der BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius erinnerte unter anderem an die Zeit nach der Wiedervereinigung, als in den neuen Bundesländern BdV-Landesverbände gegründet wurden. „Ganz so, als hätten die Menschen eine lange verschlossene Tür aufgestoßen, um frei atmen zu können. Plötzlich waren sie wieder sichtbar, die Flüchtlinge und Vertriebenen aus den deutschen Ost- und Siedlungsgebieten. Sie durften sich wieder zu ihrer Herkunft bekennen; das unter politischem Druck nur auf kleinster Sparflamme gelebte Selbstverständnis als Ostbrandenburger, Pommern oder Schlesier – um nur einige von vielen zu nennen – brach sich wieder Bahn.“ Und er gab im Blick auf den Sächsischen Landesbeauftragten für Vertriebene und Spätaussiedler, Jens Baumann, der auch noch sprach, eine der nächsten Stationen der Wanderausstellung im Transferraum Heimat in Hoyerswerda-Knappenrode in den nächsten Monaten bekannt. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, dessen Mutter noch in Podersam zur Welt kam und

der deshalb in der letzten Zeit auch nach Aussig gefahren ist, um sich dort die Ausstellung über „Unsere Deutschen“ anzuschauen, die ja auch das Schicksal eines Teils seiner Familie thematisiert, kam nicht ohne Grund zur Eröffnung: „Vertriebene haben unser Land nach dem Zweiten Weltkrieg an vielen Stellen geprägt – wirtschaftlich, kulturell und auch sozial. Darüber ist lange nur wenig bis gar nicht gesprochen worden. Ich bin froh, daß sich das geändert hat. Die Ausstellung ,Stillgeschwiegen – Die Vertriebenen in der SBZ und der DDR‘ trägt dazu bei, ihr Schicksal und ihre Leistungen sichtbar zu machen. Mich hat das Thema besonders berührt, weil ein Teil meiner Familie auch Vertriebene sind. Sie fühlen sich als Thüringer durch und durch, aber die Erinnerung an die alte Heimat bleibt präsent und prägend. Gefallen hat mir deshalb an der Ausstellung, daß sie Menschen selbst zu Wort kommen läßt, die ihre Heimat verlassen mußten. Da finden sich ganz unterschiedliche Lebenswege und individuelle Schicksale. Es ist gut und wichtig, mehr darüber zu erfahren und mehr darüber zu sprechen.“ Und zwar nicht nur in Deutschland. Denn noch etwas habe sich verändert, so Schneider: „Heute leben wir in einem gemeinsamen Europa in Freiheit. Die Erfahrung der massenhaften Vertreibung von ganzen Bevölkerungsgruppen überall im mittleren und östlichen Europa, die lange Zeit Nachbarstaaten voneinander getrennt hat, kann heute die Grundlage für eine engere Verbindung sein. Inzwischen geht es nicht mehr um Ansprüche und Schuld, sondern darum, aus dem gemeinsamen Schicksal auch gemeinsame Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Das kann uns verbinden.“ Die Ausstellung berührt viele Fragen der Einordnung der Vertreibungsakte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und die Bewältigung ihrer Folgen gerade in der SBZ und vor allem in der

DDR. Sie schildert dabei aber viele interessante Facetten des Lebens, die unter dem Diktat des Stillschweigens lange Zeit nur im Privaten und damit eben nicht öffentlich erzählt werden konnten. Erfrischend dabei die Liste mit bekannten Persönlichkeiten der DDR und ihre Herkunft als Vertriebene. Oder die dargestellten Versuche wenigstens in der Literatur, im Theater oder auch im Fernsehen die Probleme mit den „Umsiedlern“, wie die Flüchtlinge und Vertriebenen genannt werden mußten, zu thematisieren. Viele wichtige Namen fallen da, ein wichtiger Sudetendeutscher fehlt jedoch: Der Schriftsteller Franz Fühmann aus Rochlitz an der Iser, der schon 1984 mit nur 62 Jahren starb, der aber doch eine Erzählung schrieb und auch veröffentlichte „Böhmen am Meer“, wo er seine Herkunft und die seiner zufälligen Bekannten bei einer Reise an die Ostseeküste thematisierte. Eine erhebliche Auflockerung erhalten die dargestellten Fakten, die hier wohl erstmals so konzentriert zusammengefaßt sind, durch die Originaltöne von Vertriebenen, die in der DDR gelebt haben, die größtenteils aus dem mittlerweile angewachsenen Fundus der Zeitzeugen-Interviews des Dokumentationszentrums Flucht, Vertreibung, Versöhnung entnommen sind. Sie schildern darin ihre persönlichen Umstände und Einschätzungen. Darunter die Sudetendeutschen Oswald Wöhl, geboren 1941 in Neustadt an der Tafelfichte, Edith Kiesewetter-Giese, geboren 1935 in Neu Titschein, oder Professor Otto Weiss, geboren 1932 in Arnau an der Elbe. Der Ausstellung ist eine besondere Aufmerksamkeit in Ost- wie Westdeutschland zu gönnen, denn in beiden Teilen Deutschlands ist die Kenntnis des Schicksals der Vertriebenen in der DDR wenig entwickelt. An neuen Orten der Präsentation bekommt sie vielleicht auch etwas mehr Platz zur Aufstellung. Das wäre zu wünschen. Ulrich Miksch

Direktorin Dr. Gundula Bavendamm hatte die Wanderausstellung abgelehnt

Absage vom Dokumentationszentrum Auf der Vernissage der Ausstellung „Stillgeschwiegen“ war es die Frage des Abends: Warum wird die Sonderausstellung des Zentrums gegen Vertreibungen nicht im Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung gezeigt?

M

an habe die Sonderausstellung im vergangenen Jahr dem Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung angeboten, dann fast drei Monate keine Antwort und am Ende eine Absage erhalten, erklärt Dr. Christean Wagner, Vorsitzende der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen, auf Anfrage der Sudetendeutschen Zeitung, und sagt: „Natürlich war die Enttäuschung groß.“ Mittlerweile sei man aber über den Ausstellungsort glücklich. Das DDRMuseum paße nicht nur thematisch,

Mut tut gut

Mit den Augen fasten D

A

ufgebaut waren die 32 Tafeln und der multifunktionale Bildschirmtisch, der über die Deutschen in Mittelund Osteuropa informiert und schon aus den anderen Ausstellungen bekannt ist, im Konferenzraum des DDR-Museums, der oberhalb des an der Spree beheimateten Museums in der Sankt-WolfgangStraße liegt. Bis zum 20. April macht die Ausstellung bei freiem Eintritt ihren ersten Halt thematisch nachvollziehbar gleich gegenüber dem Berliner Dom in Berlins Mitte. Zur Eröffnung kamen fast 100 Gäste, was die räumlichen Möglichkeiten fast überforderte. Auch die detaillierten Beschreibungen vermochten die Premierengäste so kaum zu würdigen. Sie werden wohl noch einmal vorbeischauen müssen. Der Hausherr und Direktor des DDRMuseums, Gordon Freiherrn von Godin, begrüßte die Gäste und verwies auf die inhaltliche Nähe seines Museums zu dieser Ausstellung. Der Vorsitzende der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen, Dr. Christean Wagner, geboren in Königsberg und langjähriger KulDr. Christean Wag- tus- und Justizminer, Vorsitzender nister des Landes der Stiftung Zen- Hessen, erläuterte trum gegen Vertrei- das Anliegen der bungen. sechsten von der Stiftung ins Werk gesetzten Ausstellung: „Rund 4,3 Millionen Vertriebene fanden in den Provinzen Mecklenburg, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zunächst Unterkunft, Arbeit und später eine neue Heimat. Das Schicksal dieser Menschen nach dem Krieg ist das Thema unserer Ausstellung, die wir unter den plakativen, mehrdeutigen Titel ,Stillgeschwiegen!‘ stellen. Der Begriff symbolisiert den Umgang mit dem Thema in der damaligen SBZ und dann in der DDR. Die Botschaft des SED-Systems an seine Bürger war eindeutig: ,Ihr dürft von Vertreibung nicht sprechen.‘ Es war jedem Vertriebenen klar,

5

Das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung ist im Sommer 2021 eröffnet worden. Foto: Ulrich Miksch

sondern liege zentral nahe des Berliner Doms und der Museumsinsel. Außerdem sei das DDR-Museum mit 500 000 Gästen pro Jahr ein echter Zuschauer-Magnet und man erschließe sich damit neue Zielgruppen. In ihrem Schreiben an das Zentrum gegen Vertreibungen hatte Dr. Gundula Bavendamm, die Direktorin des Dokumentationszentrums, ihre Ablehnung un-

ter anderem damit begründet, daß das Dokumentationszentrum eine umfangreiche Kooperation mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen. UNHCR, plane und das daraus zwei Sonderausstellungen entstehen würden. Auf Nachfrage der Sudetendeutschen Zeitung erklärte Dr. Bavendamm: „Als junges Haus verfolgt das Dokumentationszentrum in erster Linie die Strategie, selbst erarbeitete Sonderausstellungen zu präsentieren. Außerdem wird bei der Programmplanung Wert darauf gelegt, daß die thematische Vielfalt der Stiftungsarbeit zum Ausdruck kommt. Schließlich arbeiten wir bereits an einem Ausstellungsprojekt über die Geschichte der Vertriebenen in Deutschland nach 1945, in der auch die Situation in der DDR Thema sein wird.“ Der Stiftungsrat sei über diese Entscheidung informiert. Torsten Fricke

er fünfte Sonntag in der Fastenzeit wird auch als Passionssonntag bezeichnet. In katholischen Kirchen sind ab diesem Sonntag für gewöhnlich die Kreuze mit violetten Tüchern verhüllt. Der sogenannte Corpus, also der gekreuzigte Leib Jesu, ist dann nicht zu sehen. Erst am Karfreitag werden die Kreuze wieder enthüllt. Wozu dient dieser besondere Brauch? Was sollen die Verhüllung und die Enthüllung ausgedrükken? Oberflächlich betrachtet ergibt es keinen Sinn, gerade in der Passionszeit die Figur des leidenden Jesus am Kreuz zu verstecken. Sollte es nicht genau umgekehrt sein? Sollte in den letzten Wochen vor Ostern der Blick auf das Leiden und Sterben des Herrn nicht eher ermöglicht als verhindert werden? Die Verhüllung der Kreuze knüpft an einen anderen Brauch in der Fastenzeit an, nämlich daran, ab dem Aschermittwoch die Altarbilder in den Kirchen abzudecken. Dieser Brauch, der im späten Mittelalter aufgekam, hat in den letzten Jahrzehnten eine kräftige Wiederbelebung erfahren. In vielen Kirchen sind derzeit sogenannte Fasten- oder Hungertücher zu sehen. Teilweise sind es schlichte einfarbige Vorhänge. Teilweise sind es aber auch künstlerisch aufwendig gestaltete Textilien, mit denen die Altarbilder abgedeckt sind. Der Brauch der Verhüllung hat zunächst einmal psychologische Gründe. Alles was ein Mensch tagtäglich sieht, wird zur Gewohnheit, und alles, was Gewohnheit ist, hat die Tendenz, nicht mehr bewußt wahrgenommen zu werden. Wenn deswegen in der Fastenzeit manche Altarbilder und ab dem Passionssonntag auch die Kreuze verdeckt sind, dann soll dies dazu beitragen, auf eine Sehgewohnheit zu verzichten, um später wieder besser schauen und betrachten zu können. Die Verhüllung will auf diese Weise zu einem Fasten mit den Augen beitragen. Der Blick auf das Kreuz und den Gekreuzigten soll gerade nicht zu einer Gewohnheit werden. Im Kreuz zeigt sich nämlich manches, was für ein christliches Leben von ungemein großer Bedeutung ist. Vor allem ist es ein Zeichen von Gottes grenzenloser Liebe. Indem unser himmlischer Vater es nicht vermied, daß sein Sohn am Kreuz schuldlos hingerichtet wurde und einen qualvollen Tod starb, offenbarte er seine hingebungsvolle Leidenschaft für die Menschen. Das ist eine Liebe, die bis zur letzten Konsequenz geht. Für mich persönlich ist die Verhüllung der Kreuze ab dem Passionssonntag eine Gelegenheit, diese große Liebe weniger mit den Augen zu meditieren, sondern mehr mit den Gedanken und Gefühlen. Der Blick geht dann eben nicht so sehr nach außen, als vielmehr nach innen. Die am Kreuz offenbar gewordene Liebe ist ja mehr als ein historisches Geschehen. Sie betrifft mich in meinem ganz persönlichen Leben. Um dem besser nachzuspüren, hilft es, daß das äußere Zeichen des Kreuzes eine Zeitlang nicht zu sehen ist. Wie hat Antoine de Saint-Exupéry gesagt? „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Dr. Martin Leitgöb CSsR Provinzial der Redemptoristen Wien-München


6

FORUM PERSONALIEN

Unser Angebot

60 Jahre Priester

Sudetendeutsche Zeitung mit Aussiger Bote · Der Egerländer · Egerer Zeitung · Elbogener Heimatbrief · Falkenauer Heimatbrief · Heimatbote · Heimatruf · Isergebirgs-Rundschau · Karlsbader Badeblatt · Karlsbader Heimatzeitung · Leitmeritzer Heimatbote · Luditzer Heimatbrief · Nordböhmische Umschau · Reichenberger Zeitung · Riesengebirgsheimat · Sternberger Heimatblatt · Zuckmantler Heimatbrief

Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

wöchentlich (125,00 EUR im Jahr) mit folgendem Zahlungszeitraum: jährlich durch Lastschrift

Karl Wuchterl feiert Am 8. März feierte Monsignore Karl Wuchterl, der ehemalige Visitator für die Sudetenund Karpatendeutschen sowie Ehrenvorsitzende des Sudetendeutschen Priesterwerks, sein diamantenes Priesterjubiläum.

halbjährlich durch Lastschrift vierteljährlich durch Lastschrift Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung, Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr)

A

Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimatblatt, Zuckmantler Heimatbrief 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Neudeker Heimatbrief, für die Heimatfreunde aus Stadt und Landkreis Neudek 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Reichenberger Zeitung, Nordböhmische Umschau 24 Ausgaben (62,50 EUR im Jahr) Riesengebirgsheimat 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Diese Preise gelten bei Erteilung eines Bankeinzugsauftrags (SEPA-Lastschriftmandat) und Lieferung innerhalb Deutschlands. Preise für Auslandsabonnements auf Anfrage! Adresse: Name, Vorname

Straße, Hausnummer

Postleitzahl, Ort

Telefon

E-Mail

Geburtsdatum, Heimatkreis

Datum, Unterschrift

Ich/Wir ermächtige/n die Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH (SVG), Hochstraße 8, 81669 München, Gläubiger-Identifikationsnummer DE04SVG00000003583, Zahlungen von meinem/unserem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein/weisen wir unser Kreditinstitut an, die von der SVG auf mein/unser Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Ich kann/Wir können innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Dabei gelten die mit meinem/unserem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen. Wenn sich meine Kontodaten ändern, teile ich dies der SVG unverzüglich mit.

Kontoinhaber

Kontonummer oder IBAN

Bankleitzahl oder BIC

Datum, Unterschrift

Alle Preise inklusive 7 % Mehrwertsteuer und Versand. Abbestellungen mit einer Frist von einem Monat zum Vierteljahresschluß schriftlich an die SVG. Sie sind berechtigt, die Bestellung des Abonnements ohne Angabe von Gründen innerhalb 14 Tagen nach Absendung dieses Auftrages schriftlich gegenüber der Sudetendeutschen Verlagsgesellschaft, Hochstraße 8, 81669 München (auch per E-Mail an svg@sudeten.de) zu widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Bitte gescannt oder abfotografiert mailen oder in ausreichend frankiertem Umschlag (85 Cent) einsenden an

Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH Hochstraße 8 81669 München E-Mail svg@sudeten.de

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

11/2024

m 22. Juni 1937 kam Karl Wuchterl in Nedraschitz im Kreis Mies im Egerland zur Welt. Die Vertreibung brachte seine Familie und ihn nach Bayern. Wie viele heimatvertriebene Priesteramtskandidaten studierte er an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Königstein im Taunus und wurde am 8. März 1964 in Bamberg zum Priester geweiht und gehört seitdem dem Klerus der Erzdiözese Bamberg an. Nach acht Jahren als Kaplan wurde er Jugendpfarrer und ab 1978 für den überdiözesanen Dienst als Bundespräses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) freigestellt, verbunden mit der Leitung der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge im Jugendhaus Düsseldorf. 1984 kehrte er in den Pfarrdienst in die Region Nürnberg-Fürth zurück. Mit 70 Jahren ging er in den Ruhestand nach Edling im Kreis Rosenheim, wo seine Verwandtschaft lebt, und hilft dort noch fleißig in der Seelsorge mit. Neben dieser beruflichen Vita gab es aber auch eine Karriere im Bereich der Vertriebenenseelsorge. 2009 wurde er zum Visitator für die Seelsorge an den Sudeten- und den Karpatendeutschen ernannt. Als solcher war er unermüdlich unterwegs bei Wallfahrten in Deutschland und in der Tschechischen Republik, feierte unzählige Gottesdienste bei Heimattreffen und erreichte mit seinen von Herzen kommenden Predigten die Herzen der Gläubigen. Er übernahm auch Verantwortung im Sudetendeutschen Priesterwerk und bekleidete ab 2012 das Amt des Ersten Vorsitzenden, das er 2017 in die jüngeren Hände von Holger Kruschina legte. Der inzwischen zum Ehrenvorsitzenden Ernannte blieb weiterhin aktiv. So organisierte und begleitete er die Sudetendeutschen Schwesternkongresse und die Urlaubswochen für Tschechische Priester. Ein bleibendes Verdienst von Karl Wuchterl ist, daß er jüngere Priester für die Mitarbeit im Sudetendeutschen Priesterwerk gewinnen konnte und es damit zukunftsfähig machte. Wir gratulieren dem Jubilar von Herzen und wünschen ihm Gesundheit und weiterhin den wachen Geist, mit dem er die Arbeit des Sudetendeutschen Priesterwerks belebt. Mathias Kotonski

Die Deutschen Bischöfe im Hof des Roncallihauses in Wiesbaden vor einem gemeinsame Gottesdienst in der Bonifatiuskirche während der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 2023. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) ist der Zusammenschluß der katholischen Bischöfe aller Diözesen in Deutschland. Neben den Diözesanbischöfen gehören der Bischofskonferenz die Koadjutoren, die Diözesanadministratoren und die Weihbischöfe an.

Ackermann-Gemeinde

Die deutschen Bischöfe und der Extremismus

Positiv findet der Kirchen- werden. Schüller plädierte zwar rechtler, daß alle Bischöfe – für Freiheit bei der Entscheidung auch die Weihbischöfe – auf des Verbandes, riet aber auch, diese Position gegen einen völ- über entsprechende Satzungsänkischen Nationalismus einge- derungen nachzudenken. schwenkt seien, wenngleich es Bei den Diskussionsbeiträsich bei der Verlautbarung um gen ging es um die unterschiedkeinen Rechtstext, sondern um lichen Notwendigkeiten bei kaeine politische Erklärung handle, tholischen Vereinen, Verbändie aber durchaus politisches Ge- den und Gruppen zum Handeln. wicht habe. Und seiner Ansicht Es wurde aber auch darauf hinnach habe die Stellungnahme gewiesen, daß beide politischen der Bischöfe die AfD auch getrof- Extreme – rechts und links – fen, da viele Medien darüber be- in diesem Kontext zu benennen richtet hätten und auch die Evan- seien, eventuell auch Strömungelische Kirche dies dann aufge- gen bei anderen Parteien. Einigriffen habe. ge Jugend- beziehungsweise SoFür die Ebene der Pfarreien, zialverbände seien bereits von Dekanate sowie der kirchlichen sich aus tätig geworden und hätas heißt es für unsere De- Gruppen, Vereine und Verbände ten ihre Satzungen entsprechend mokratie, wenn eine rech- nannte Schüller die seit dem te politische Kraft – die AfD – 1. Januar 2023 gültige neue sehr stark ist und andere Partei- Grundordnung des kirchlien herausfordert? Wie gehen wir chen Dienstes. Hier seien ardamit um?“ Diese Fragen stell- beitsrechtliche Sanktionen ette einleitend Moderator Rainer wa bei fremdenfeindlichen Karlitschek mit Verweis auf das Aktionen, Diskriminierung Positionspapier der deutschen und antisemitischen VerhalBischöfe über diese Thematik. ten festgehalten. Konkretere Er verheimlichte auch nicht, daß Ausführungen im Hinblick auf sich der Referent des Abends und Pfarrgemeinderäte hätten in- Dr. Albert-Peter Rethmann, Bundesder Bundesvorsitzende der Ak- zwischen das Bistum Würzung vorsitzender der Ackermann-Gemeinkermann-Gemeinde, Albert-Pe- und auch das Erzbistum Ber- de, und Professor Dr. Thomas Schülter Rethmann, schon lange ken- lin erarbeitet. Das gehe bis hin ler kennen sich. Schüller, Jahrgang nen und so der Kontakt schnell zum Entzug des Mandats bei 1961, studierte in Tübingen, Innsbruck habe hergestellt werden kön- einem entsprechenden Ver- und Bonn Katholische Theologie. Seit nen. Denn Schüller befasse sich halten. Bei Vereinen und Ver- 2009 ist er Professor für kanonisches aus einer anderen Blickrichtung bänden gelte die Verbandsau- Recht an der Universität Münster. Beebenfalls mit diesem Sujet. tonomie, Regelungen – auch kannt wurde er durch seine kritischen Natürlich seien ihm die Acker- zur Aufnahme und zum Aus- Stellungnahmen zur Aufarbeitung des mann-Gemeinde und deren Ar- schluß von Mitgliedern – er- sexuellen Mißbrauchs in der katholischen Kirche, zu den Kontroversen beit vertraut, bekannte Schüller folgten über die Satzung. und berichtete – zum Vortrag Häufiger sei in letzter Zeit, um den Kölner Erzbischof Rainer Maüberleitend – von an ihn ge- so Schüller, der Aspekt der ria Woelki sowie zu den Auseinanderrichteten schlimmen eMails von Unvereinbarkeit erwähnt wor- setzungen über die Anliegen des Synfalsch angegebenen Adressen. den. Dieser werde in den mei- odalen Wegs. Er ist ein regelmäßiger Das zeige den Grund, warum die sten Fällen durch das faktische Gesprächspartner und Beiträger für Bischöfe besorgt seien, führte er Verhalten von Personen, zum führende überregionale Medien und Bild (1): Nadira Hurnaus aus. Aufgrund jüdischer Vorfah- Beispiel durch rassistische Äu- Buchautor. ren in früheren Generationen ßerungen, deutlich. Ein Kritemütterlicherseits habe er zudem rium für den Ausschluß oder die geändert oder erweitert. Schüleinen besonderen Bezug zu die- Nichtaufnahme sei damit gege- ler bedauerte, daß es keine eiser Materie. „Der Großteil ist im ben – laut Satzung meist ver- gene kirchliche VerwaltungsKZ umgekommen, deshalb set- einsschädigendes Verhalten. Ei- gerichtsbarkeit gebe und daher ze ich mich gegen solche Ideolo- ne Zugehörigkeit zu einer Partei eventuelle Klagen in den weltgien und Fremdenfeindlichkeit müsse beim Eintritt in einen Ver- lichen Gremien verhandelt würein“, erläuterte er. ein oder Verband nicht genannt den. „Den Bischöfen war es ein Anliegen, ihre Position zu Papier zu bringen. Es war ihnen ein Anliegen, damit deutlich zu sagen, daß extreme Positionen nicht mit dem christlichen Menschenbild zusammenpassen. Vor allem wankelmütige Katholiken sollen nachdenklich gestimmt werden“, faßte Thomas Schüller abschliedie meistgekauften ... ßend zusammen. Und Modera… weil sie so gut sind! tor Rainer Karlitschek sprach von einem Akt der Sensibilisierung WETZEL Karlsbader Oblaten- und Waffelfabrik · Austraße 5 · 89407 Dillingen/Donau und Wachsamkeit. Internet: www.wetzel-oblaten.de · eMail: info@wetzel-oblaten.de Markus Bauer Die deutschen katholischen Bischöfe bezogen kürzlich eindeutig und unmißverständlich Position zum Umgang vor allem mit der rechtsextremen AfD. Das taten sie auch angesichts der heuer stattfindenden Europa- sowie Lantagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Wie sich kirchliche Vereine, Gruppen und Verbände gegenüber politischen extremen Parteien verhalten können oder sollen, darüber sprach der Münsteraner Kirchenrechtsprofessor Thomas Schüller beim jüngsten Themenzoom der Ackermann-Gemeinde.

W

Ein Weltbegriff – ein Hochgenuß für Feinschmecker

KARLSBADER OBLATEN


7

KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

Blick in die Ausstellung in der Alfred-Kubin-Galerie. Im Sudetendeutschen Haus in München eröffnete die neue Sonderausstellung „Tracht(en) Kunst. Foto-Diptychon-Montagen zur Wischauer Festtagstracht“. Die Schau der Sudetendeutschen Heimatpflege in Kooperation mit dem Haus des Deutschen Ostens in München (HDO) in der Alfred-Kubin-Galerie zeigt Festtrachten der Deutschen aus der oberen Wischauer Sprachinsel in Südmähren. Den Festvortrag hielt der Ethnologe Jan Kuča. Kuratorinnen der Schau sind die HDO-Öffentlichkeitsreferentin Lilia Antipow und die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch, auf Basis von Bildern der Fotografin Annette Hempfling. Glanzstücke der neuen Ausstellung sind Originaltrachtenteile von der Gemeinschaft Wischauer Sprachinsel.

� Vernissage einer Ausstellung über traditionelle Bekleidung aus der Wischauer Sprachinsel

Berückend schöne Trachten

D

ie Wischauer Sprachinsel besteht nur aus ein paar kleinen Dörfern“, begann Jan Kuča seinen Festvortrag auf Deutsch. „Acht Dörfer bildeten zusammen die obere und untere Sprachinsel“, so der Ethnologe und frühere Kurator des Trachtenmuseums in Wostrow/Ostrov in Mittelböhmen. Sie habe an die Hanna angegrenzt, und insgesamt sei die Sprachinsel quasi ein extremes Grenzgebiet gewesen. Da die meisten Bewohner Landwirtschaft betrieben hätten

Das Duo Hardl & Burgl umrahmen mit Mitgliedern der Gemeinschaft Wischauer Sprachinsel die Eröffnung. ka“, „Wißt‘s wo mei Hoamat is“ und „Ein schönes Fleckchen Erde“. Gemeinsam sangen alle zum Schluß das Wischauer Heimatlied „Über weite Hügel weht der Wind“.

lose Jacken, in rotgemustertem Samt, die über einer Foit, einem Hemd aus weißer Leinwand, getragen wurden. Umfangreicher fiel der Vortragsteil über die Frauentracht

Jan Kuča, Heimatpflegerin Christina Meinusch, Monika Ofner-Reim und Dr. Lilia Antipow vom HDO.

Dr. h. c. Bernd Posselt, Dr. Petra Loibl und HDO-VizedirektorThomas Vollkommer. und in ihrem jeweiligen Dorf geblieben seien, sei dort der Konservatismus stärker gewesen als anderswo. Das habe auf die deutsche Sprache, die altertümlichen Dörfer und besonders die Tracht zugetroffen. Von der Wischauer Tracht seien viele Fotos erhalten, die auch den Alltag in den Originaltrachten zeigten. „Die Tracht begleitete die Menschen das ganze Leben, angefangen mit der Jouppn, also dem Hemdchen, für Kleinkinder.“ Auch die Tracht der Erwachsenen sah man bei der Vernissage, denn Mitglieder der Wischauer Gemeinschaft in Tracht bevölkerten den Adalbert-Stifter-Saal. Das Duo Hardl & Burgl musizierte und bot Stücke wie „Sternpol-

Lilia Antipow, Christina Meinusch (Hrsg.): „Tracht(en)Kunst. Die Anatomie der Wischauer Tracht.“ VolkVerlag, München, 2024; 96 Seiten. (ISBN 973-3-86222-501-9)

war einRock, der nur zu besonderen Festlichkeiten getragen wurde. Einige Hauben, Halskrausen, Borten und steif gefalteten Röcke sind auch jetzt in der Ausstellung zu bewundern. „Die Tracht war sehr farbig, und es gab auch viele Blumenmotive“, schilderte Kuča anschaulich. Die Jankerl der Frauen seien aus weißem, später aus buntem Tuch oder Samt gewesen, ähnlich wie in anderen Regionen Mährens. Auch die anderen Trachtenteile verglich Kuča mit ihren Pendants im restlichen Mähren, der Hanna und der Slowakei. Kuča betonte, daß die Tracht auch variiert habe, etwa nach Anlaß, Alter und Familienstand. Dabei wies er immer wieder auf die Exponate und prachtvollen Fotos von Annette Hempfling in der aktuellen Ausstellung hin, die später auch in der Publikation zur Ausstellung zu sehen sein würden. „Da die umliegenden, meist eher slawischen Dörfer modernisiert wurden, blieben die Trachten eine Wischauer Besonderheit“, sagte Kuča, wobei er hinwies auf die große Leistung der Familie von Rosina Reim, der Ehrenvorsitzenden der Wischauer Gemeinschaft. „So ist diese einzigartige Kultur mit ihren Trachten noch heute zu bewundern“,schloß er. Über die Ausstellung hatten zuvor die beiden Kuratorinnen bei ihrer Begrüßung informiert.

Heimatpflegerin Christina Meinusch freute sich als erstes über die vielen Gäste und die prominenten Besucher, darunter SLBundeskulturreferent Ulf Broßmann und Stefan Planker, der Direktor des Sudetendeutschen Museums. Die spannende Geschichte der Ausstellung übernahm Lilia Antipow, die Öffentlichkeitsreferentin des Hauses des Deutschen Ostens (HDO) in München. Ursprünglich sei nur eine Fotodokumentation zur HDO-Ausstellung „Wer bin ich? Wer sind wir?“ geplant gewesen. Als Lieferantin für Trachten sei nur eine „Kandidatin“ in Frage gekommen. Rosina Reim sei dann zum ersten Fotoshooting mit vielen bunten Trachtenteilen gekommen, die sie für die Wischauer Gemeinschaft aufbewahrt habe. Gemeinsam mit Heimatpflegerin Meinusch und Fotografin Hempfling habe sie ab Dezember 2022 die Vorbereitungen begonnen. Neben Rosina Reim seien auch ihre Tochter Monika OfnerReim, deren Ehemann Gernot Ofner und Rosinas Schwester Christine Legner intensiv beteiligt gewesen. Ihr Dank gelte auch dem Verleger Michael Volk. Die Ausstellung bestehe aus zwölf Teilen, von denen jeder ein fotografisches Diptychon – also eine zweiteilige Tafel – zeige, dessen beide Elemente auf der Ebene der Bild- und Motivstruktur aufeinander bezogen seien, einan-

Kuča beschrieb zunächst die aus, etwa mit den plissierten RöcWischauer Männertracht und er- ken. Unter dem Überrock wurklärte auch die mundartlichen den mindestens zwei, drei UnBezeichnungen für die einzel- terröcke getragen. Der glitzada nen Teile. In der neuen Ausstel- Schuaz, der glänzende Oberrock, lung stehen die Wischauer Mundartnamen ebenfalls bei den Trachten, denn Kuča hatte intensiv an der Beschriftung der Ausstellungstafeln mitgearbeitet. Da gab es die Brustfleck, ärmel- Viele Original-Trachtenteile der Wischauer werden auch gezeigt. An den Beschriftungen war Museumsleiter Jan Kuča beteiligt.

der ergänzten oder im Gegensatz zueinander stünden, so Antipow. Auch Monika Ofner-Reim erinnerte in ihrer Rede an das Entstehen der Ausstellung und dankte den vielen Helfern. Die Vorsitzende der Wischauer Sprachinsel dankte für die Ehre, die ihren Landsleuten durch die Ausstellung erwiesen worden sei. Als Mitglied der „Enkelgeneration“ vertrete sie die „Einheit in Vielfalt“, wie auch das Motto der Europäischen Union heute laute. Dem schlossen sich auch die Gastredner an. Sehr freundliche Grußworte sprachen Petra Loibl, die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, HDO-Vize-Direktor Thomas Vollkommer und Bernd Posselt. Der Volksgruppensprecher erinnerte an den historischen Kampf der Sudetendeutschen für Minderheitenrechte und betonte, daß Vielfalt, Buntheit und Völkerverständigung die Basis für ein gutes Miteinander in Europa seien. „Trachten und kleine Gemeinschaften wie die der Wischauer machen Europa vielfältiger“, schloß Posselt sein Grußwort unter großem Applaus. Susanne Habel Bis Donnerstag, 28. März: „Tracht(en)Kunst. Foto-Diptychon-Montagen zur Wischauer Festtagstracht“ in München-Au, Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8. Montag bis Freitag 10.00 bis 18.00 Uhr.

Bilder: Susanne Habel


8

KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

Fotografien in der Ausstellung „Grenzen und Fluidität“ mit Blick von der Grenze nach Böhmen, „Information & Reflektion“ mit Blick in ein Linzer Schaufenster, „Jetzt & Dann“ mit Blick vom Plöckenstein nach Österreich) und „Einsamkeit“ mit Blick durch einen Torbogen in Budweis. Bilder (4): Florian Eichinger „Zusammen Wachsen“ ist der Titel des jüngsten Buches von Alexandra von Poschinger. Es ist eine vielseitige Dokumentation über das Zusammenleben in der Mitte Europas. Die Fotos für diese Reportage in der Dreiländerregion Deutschland-Österreich-Tschechische Republik stammen von Florian Eichinger aus Frauenau im Kreis Regen im Bayerischen Wald. Derzeit präsentiert Eichinger diese Fotografien in einer Sonderausstellung in der Galerie „Kuns(t)räume grenzenlos“ in Bayerisch Eisenstein in Niederbayern.

L

andschaften halten mich lebendig“, sagt Florian Eichinger, weshalb er den Großteil seiner Freizeit draußen verbringt. „Dort komme ich in Situationen und Stimmungen, die mein Schaffen wie nichts anderes prägen.“ Der 30jährige sammelt Eindrücke, flüchtige Begegnungen, Szenen und kleine, fast unscheinbare Momente, die er in ausdrucksstarke Bilder packt. Seine Fotos von der Dreiländerregion für das im renommierten KnesebeckVerlag erschienene Buch bedürfen keiner Worte und erzählen trotzdem Geschichten mit Tiefgang. Ausgerüstet mit einer Kamera, einer Reihe von Objektiven und gelegentlich einer Drohne machte Florian Eichinger sich auf den Weg ins Grenzland zwischen Bayerischem und Böhmerwald. In Städte und Dörfer, am liebsten aber in die Einsamkeit, die so viele Orte verbindet auf der Welt.

Der Verlag Tschirner & Kosová gibt in der nächsten Zeit auch spezielle Kochbücher mit Rezepten aus den böhmischen Ländern heraus, zwei davon sind soeben erschienen. Aktuell kam jetzt ein Buch mit Rezepten und Geschichten aus Nordböhmen heraus, das der vielseitige Pädagoge, Autor und Verleger Hans-Jürgen Salier zusammengestellt hatte.

D

ie Schwiegereltern von HansJürgen Salier brachten in den siebziger Jahren von einer Reise in ihre ehemalige Heimat Nordböhmen ein handgeschriebenes Kochbuch mit. Es stammte von Betty Kubik, einer ehemaligen Mitbewohnerin in Reichenberg. Die Aufzeichnungen in Sütterlin-Schrift leisteten danach in der Familie gute Dienste, um das Erbe der nordböhmischen Küche weiterhin zu pflegen. Kurz vor seinem Tod transkribierte Salier das Kochbuch von Betty Kubik, um es herauszugeben. Das umfangreiche Buch ist vor allem ein Zeitzeugnis und eine Botschaft aus der „alten“ Heimat, besser aus der nordböhmischen Küche in der Region von Reichenberg bis Gablonz. Die dortige Küche wird in einem Einführungskapitel kurz vorgestellt. „Die Küche der deutschen Bewohner des JeschkenIsergebirges war stark beeinflußt von der Wiener Küche der alten k. u. k. Monarchie“, heißt es im Vorspann vom Neugablonzer Thomas Schönhoff. Diese überraschende Tatsache merkt man beim Blättern und Stöbern sofort, denn die Auswahl und Namen der Rezepte klingen oft nach der Donaumonarchie. Eine Menge Suppen und Soßen machen den Anfang. Was

� Neue Ausstellung in der Galerie in Bayerisch Eisenstein

Zukunft“ über den Nationalpark Bayerischer Wald. Susanne Habel

Bilder vom Herzen Europas Farben und Stimmungen setzt Eichinger als dramaturgisches Stilmittel ein. Sie öffnen den Blick für eine neue Ästhetik der Motive, lassen still werden – und überwältigen. So wird die Ausstellung im Dachgeschoß der „Kuns(t)räume“ zu einer eindrucksvollen Entdeckungsreise in die Landschaften und Orte im Herzen Europas. Florian Eichinger wuchs in Frauenau im Bayerischen Wald und in einem Europa ohne Grenzen auf. Der Design- und Produktmanager arbeitete nach seinem Studium in Salzburg zunächst in einer Agentur, bevor er sich 2018 als Fotograf selbständig machte. Liegt der Schwerpunkt seiner Arbeit in der Produkt- und Werbefotografie, so zeichnet er auf seinen innerund außereuropäischen Reisen dokumentarisch inspirierte Bilder des Gesehenen und Erlebten. Die Kurzlebigkeit einer Stimmung oder einer Bewegung ist es, die er festhaltenswert fin-

Die Galerie „Kuns(t)räume grenzenlos“ wurde im ehemaligen Grenzbahnhof von Bayerisch Eisenstein 2013 eröffnet. Bild: Wikipedia

det: Emotionen eines bestimmten Moments, zum Betrachten, Nach- und Weiterdenken. Wer die schöne Galerie nicht besuchen kann, sollte sich das Buch mit den 25 schwarz-weißund 64 farbigen Abbildungen ansehen. Die Autorin Alexandra von Poschinger lebt im Bayerischen Wald und in München. Nach ihrem Studium der Germanistik und Geographie arbeitete sie zehn Jahre lang für die „Passauer Neue Presse“ und den Bayerischen Rundfunk sowie im Anschluß als PR-Redakteurin und Projektmanagerin in einer Agentur. 2012 machte sich die Journalistin, Buchautorin und Kulturmanagerin selbständig. Alexandra von Poschinger schreibt heute für Zeitungen und Magazine sowie als Buchautorin. Neben ihrer Leidenschaft für die Natur engagiert sie sich aktiv in der Kultur. Bei Knesebeck erschien im Jahr 2020 ihr Buch „Wilder Wald. Europas Pionier für die Wälder der

Bis Sonntag, 7. April: „Zusammen Wachsen“ in Bayerisch Eisenstein, Kuns(t)räume grenzenlos, Bahnhofstraße 52, Telefon (0 99 25) 1 82 97 52. Mittwoch bis Sonntag 11.00–17.00 Uhr, Ostermontag, 1. April, und 2. April geöffnet.

Alexandra von Poschinger, Florian Eichinger: „Zusammen wachsen. Starke Stimmen für Europa.“ Knesebeck-Verlag, München 2023, 224 Seiten, 30 Euro. (ISBN 9783-95728-609-3)

� Neue Kochbücher mit Rezepten aus der Heimat: Nordböhmen und Egerland

Hobelspäne und Powidlschnapper sich hier schon andeutet, wird bei den Hauptgerichten klar. Neben Fleischspeisen aus Rind, Schwein, Geflügel und Wild widmet sich ein Kapitel ganz den Innereien Nieren, Kutteln, Herz, Hirn und Leber. Sie waren in der heimatlichen Küche immer selbstverständlich, und ihre Wiederentdeckung nach der Devise „from nose to tail“ längst fällig. Gigantisch ist der Bereich der Mehlspeisen: Kartoffel-Topfen-Täschchen, Kartoffelbuchte, Kolatschen und die bei Kindergeburtstagen beliebte Torte aus Karlsbader Oblaten sind nur einige der Spezialitäten, die mit „K“ beginnen. Unbekannter dürften Schwarze Hobelspäne sein, die nicht verbrannt, sondern mit Kakao geschwärzte Räderkuchen sind. Einen großen Raum bei den Rezepten nehmen auch eingekochte oder fermentierte „Konserven“ aus Salat, Gemüse und Obst ein: Vorratshaltung aus Zeiten von Keller statt Kühlschrank. Natürlich darf hier Zwetschkenröster nicht fehlen wie auch die Marmelade aus Vogelbeeren der Eberesche. Interessant sind Rezepte für Getränke, denn wer macht heute Likör, Schnaps und Limonade noch selbst? Das Buch wird abgerundet mit Exkursen über Hotels und Gasthäuser in Gablonz sowie über die Küchensprache, Löffelmaße und das Sütterlinalphabet – alles hilfreich, wenn man sich mit altüberlieferten Rezepten befaßt.

Auch ein Rezept- und Geschichtenbuch aus dem Egerland, das das eghalandrische Ehepaar Lorenz zusammengetragen hatte, ist im Verlag Tschirner & Kosová neu erschienen. So können Hobbyköche sich rechtzeitig zur Osterzeit mit Leckereien aus der Küche des Egerlands vorbereiten.

E

rna und Heinz Lorenz, beide Jahrgang 1930, stammen aus Falkenau im Egerland. Sie haben sich 1949 – bald nach der Vertreibung – in Burglengenfeld in

der Oberpfalz kennen- und liebengelernt – und waren 67 Jahre glücklich verheiratet, bis zum Tod von Heinz Lorenz im August 2022. Die Liebe zum Egerland, zu seiner deftigen und genußreichen Kost und zu seinem Brauchtum mit geselligen Sprüchen und Musik hat sie immer begleitet. „Schreib‘s aaf“ – dieses Motto galt Heinz Lorenz sehr viel, und er hat vielfältig dokumentiert. Meist in wunderschöner Handschrift, in sehr hohem Alter noch mutig den Computer entdeckend. So war er auch die lie-

Hans-Jürgen Salier: „Wahre Schätze aus der Nordböhmischen Küche. Rezepte und Geschichten.“ Verlag Tschirner & Kosová, Leipzig 2024, 184 Seiten, 35 Euro. (ISBN 978-3-9825526-2-0)

bevoll-beharrlich treibende Kraft im Hintergrund, die seine Frau Erna animierte, ihr recht intuitives Kochen in die Form von nachvollziehbaren Rezepten zu bringen. Ein teilweise mühsamer Prozeß startete, der insgesamt wohl an die fünf Jahre dauerte und viele sorgfältige Test-Kochereien einschloß. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und macht Lust auf Nachkochen. Am Anfang des Buches steht die Lebensgeschichte des Lorenz-Paars. In diesem Teil werden auch die Vertreibungen von Erna und Lorenz ergreifend geschildert,. Im Teil „Familienrezepte“ regt schon das Inhaltsverzeichnis den Appetit an. Die Kapitel beginnen oft mit „GrundRezepturen“, etwa mit einer Rindssuppe, aus der sich dann weitere Suppen machen lassen können, dann spezielle Suppen. Hier rätselt man etwas über den Namen Schpoutz‘n in da Kniadlsupp‘n, ein „Arme-Leute-Essen“, bei dem Mehlspatzen in Brühwürfelsuppe garen. Erna und Heinz Lorenz: „Wahre Schätze aus Nach den Supder Egerländer Küche. Rezepte, Brauchtum pen gibt es kräfti& Verse.“ Verlag Tschirner & Kosová, Leip- ge Soßen zur Ergänzig 2024, 184 Seiten, 35 Euro. ­(ISBN 978-3- zung der kräftigen 9825526-3-7) Fleischgerichte von

Lungenbraten über Schwartlbratl und faschiertem Braten bis hin zu Gulasch halb und halb. Einen großen Raum bei den Beilagen nehmen Kniadla ein wie Reiwa Kniadla aus rohen Kartoffeln und Magerquark oder Båchana Kniadla alias Kartoffelpuffer. Unter verschiedenen Gemüsebeilagen findet sich Pumberskraut, was sich als süßsaure Weißkrautspezialität entpuppt. Bei den Mehl- und Nachspeisen bieten die Autoren zuerst wieder eine Reihe Grundrezepte, in denen sie diverse Massen, wie der Profikoch Teige nennt, und Füllen oder Füllungen vorstellen. Das Hefegebäck Buchteln kennen wohl die meisten, aber was sind Powidlschnapper, Stoppala oder Kartoffelsterz? Der Nicht-Egerländer wird viele Entdeckungen machen. Am besten nachlesen und ausprobieren! Die meisten Mehlspeisrezepte gibt es für das Kuchen-Buffet, darunter natürlich Klecksl­ kouchn und Mohntascherln. Ein Extrakapitel ist weihnachtlichen Spezialitäten gewidmet, darunter weitere Neuentdeckungen wie Mandelknacker und Marzipanschwammerl. So familiär wie die Rezepte sind auch die schönen Beispiele heimatlichen Brauchtums, die den Band beschließen. Hier findet sich auch „Vuar Åstern in Eghalånd“ ein mundartliches Gedicht zu Ostern, dazu paßt ein Rezept für Osterlaib nach dem Grundrezept für Hefeteig. Beide Bücher sind liebevoll illustriert, teils mit Zeichnungen und Aquarellen von Verlegerin Kateřina Tschirner-Kosová, teils mit historischen Fotos. Und natürlich ist diese Kulinarik immer regional und saisonal. Susanne Habel


Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

9

VERBANDSNACHRICHTEN SL-Kreisgruppe Hof/Oberfranken

Jung, unerfahren, unsicher

BdV-Bezirksvorsitzender Paul Hansel, Brunhilde Reitmeier-Zwick, Bundesvorsitzende der Karpatendeutschen Landsmannschaft, Dr. Michael Nusser, Kulturreferent und Leiter des Kulturwerks der Banater Schwaben in Bayern, Dr. h. c. Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und SL-Bundesvorsitzender, der langjährige LdO-Landesvorsitzende Damian Schwider, der neue LdO-Landesvorsitzende Damian Bednarski, Norbert Gröner, Stellvertretender LdO-Landesvorsitzender, Gertrud Müller, Ehrenvorsitzende des LdO-Kreisverbandes München, und Hans Slawik, Obmann der oberbayerischen SL-Kreisgruppe München-Stadt und -Land. Bilder: Ulf Broßmann (2), Nadira Hurnaus (2), Tobias Hase (1)

SL-Kreisgruppe München-Stadt und -Land/Oberbayern

Verletztes Selbstbestimmungsrecht SL-Bundeskulturreferent Profes- Ausdruck, daß die LdO die Gesor Ulf Broßmann, gleichzeitig denkfeier zusammen mit der SL Betreuer der Heimatlandschaft und dem BdV durchführe. Bei der Kuhländchen, willkommen. Das Volksabstimmung am 20. März quittierten die Bläser mit dem 1921 am Annaberg in Oberschle„Bayerischen Militärgebet“ von sien hätten 59 Prozent für einen Johann Caspar Aibling. Verbleib bei Deutschland geBirgit Unfug, als Mitglied der stimmt, trotzdem sei OberschleSudetendeutschen Bundesver- sien vor allem mit der Unterstütsammlung Vorsitzen- zung von Frankreich an Polen de des Öffentlich- abgegeben worden. „Trumpet keitsausschusses, ge- Voluntary“ von Jeremiah Clark dachte der Toten. beschloß die Grußworte. Dabei ging Unfug Festredner Michael Nusser auf die Geschehnisse ist Historiker sowie Kulturrefesowohl im Sudeten- rent und Leiter des Kulturwerks land als auch in Ober- der Banater Schwaben in Bayschlesien 1921 ein. ern. In seinem hochinteressanten Sie machte allerdings Beitrag beleuchtete er die oberen Einzug der auch auf die aktuel- schlesische und sudetendeutFahnenund len Krische Frage während Trachtenträger der Birgit Unfug gedenkt sen in Euder Weimarer RepuBöhmerwäldler, der der Toten. ropa aufblik aus dem BlickEgerländer, der Kuhmerksam. winkel bayerischer ländler, der Oberschlesier und Das von dem Russen Politik. Danach wurder Riesengebirgler begleitete Dmitri Stepanowitsch de der „Marsch“ von das Blechbläserquintett Höhen- Bortnjanski (1751– Ludwig van Beethokirchen-Siegertsbrunn unter Flo- 1825) vertonte geistven geblasen. rian Till mit „Grüßen aus dem liche Lied „Ich bete Zum Schluß sprach Egerland“ von Florian Wenzl an die Macht der LiePaul Hansel, Vorsitund der überlieferten „Intrada be“ spielten die Blä- Beatrix Zurek vertritt zender des BdV-Bedie Stadt. aus der Steiermark“. Johann Sla- ser nun. zirks Oberbayern. Er wik, Obmann der SL-KreisgrupBernd Posselt, dankte allen Mitwirpe München-Stadt und -Land, Sprecher der Sudetendeutschen kenden und Gästen und lud zu begrüßte die Gäste und die Ver- Volksgruppe und SL-Bundesvor- einem kleinen Umtrunk mit gutreter der Heimatlandschaften. sitzender, gab in seinem Gruß- ten Gesprächen ins Otto-vonBesonders hieß er Beatrix Zurek, wort einen historischen Über- Habsburg-Foyer des SudetenGesundheitsreferentin der Stadt blick bezüglich des Geschehens deutschen Hauses ein. Zuvor erMünchen, Brunhilde Reitmeier- 1919 und ging dann auch auf die klangen die „Bayernhymne“ und Zwick, Bundesvorsitzende der aktuelle Situation in Europa ein, das „Deutschlandlied“. Und zu Karpatendeutschen Landsmann- auch mit Hinblick auf die dies- den Klängen des „Tölzer Schütschaft und BdV-Präsidiumsmit- jährigen Europawahlen. zenmarsches“ zogen die Fahnenglied, Damian Bednarski, neuDamian Bednarski gab in sei- abordnungen wieder aus. er LdO-Landesvorsitzender, und nem Grußwort seiner Freude Zur Erinnerung an den 4. März 1919 im Sudetenland und der Volksabstimmung am 20. März 1921 im oberschlesischen Annaberg hatte die SL-Kreisgruppe München-Stadt und -Land in Kooperation mit dem BdVKreisverband München, dem BdV-Bezirkverband Oberbayern und der Landesgruppe der Landsmannschaft der Oberschlesier (LdO) zu einer Gedenkfeier für Anfang März in das Sudetendeutsche Haus in München eingeladen.

D

I

SL-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt/Mittelfranken

4. März und Karl IV. tretender Präsident der Sudetendeutschen Bundesversammlung und Altlandrat, den Nürnberger Stadtrat Werner Henning, Ingrid Deistler, Vüarstäihare der Eghalanda Gmoi z‘ Nürnberg, und den SL-Bezirksobmann Eberhard Heiser. Baumgartl hielt eine weit ausholende Rede, die Ursachen und Bewegründe beleuchtete, die zu den Ereignissen am 4. März 1919 führten, als 54 sudetendeutsche Frauen, Männer und Kinder im

Baumgartl erwähnte das goldene Zeitalter Böhmens unter Kaiser Karl IV., in dem Tschechen und Deutsche in recht gutem Einvernehmen zusammengelebt hätten. Beide Volksgruppen verehrten diesen Kaiser bis heute. Zu Zeiten von Jan Hus seien die ersten nationalistischen Gegener erst kürzlich zum SLsätze aufgekommen. Baumgartl Kreisobmann gewählte Erich vermied einseitige SchuldzuAmeseder und sein Stellverweisungen. So geißelte er nicht treter Peter Konstantin Schlenur die Unwahrheiten, die Edgel (Schlegels Lebensgeschichvard Beneš den Siegermächten te SdZ 7/2021) in Saint Germain hatten diese Geerzählt habe, denkveranstalum sich Wohltung in Koopewollen für die ration mit der Durchsetzung SL-Bezirksgrupseiner nationalipe Mittelfranken stischen Interesvorzüglich orgasen zu erschleinisiert. Mit eichen. Baumgartl nem anfänglich verurteilte auch und abschließendas Schreckensden Solo verlieh regiment der GeTrompeter Alois stapo-Schergen Schmid von der während der wiGeigenbauerderrechtlichen kapelle Buben- Referent Manfred Baumgartl, Obmann Erich Ameseder und Fahnenträ- Besetzung der reuth der Veran- ger Peter Konstantin Schlegel am Vertreibungsmahnml auf dem Nürn- sogenannten Bild: Reinhard Schmutzer Resttschechoslostaltung einen berger Hallplatz. feierlichen Rahwakei. men. Kugelhagel tschechischer Miliz Mit einer Schweigeminute für Obmann Ameseder hieß ein- ihr Leben ließen und Hunderte die März-Opfer im Sudetenland gangs alle herzlich willkommen. Verletzte auf den Straßen mehre- endete das Gedenken. KreisobAnschließend begrüßte Manfred rer sudetendeutscher Städte lie- mann Erich Ameseder freute sich Baumgartl, Gedenkredner und gen blieben, nur weil sie friedlich über das Gelingen der VeranstalStellvertretender SL-Bezirks- für das Selbstbestimmungsrecht tung und lud zu einem anschlieobmann, Helmut Reich, Stellver- demonstriert hatten. ßenden Umtrunk ein. dr Die erste Bewährungsprobe bestand die zu neuem Leben erweckte mittelfränkische SLKreisgruppe Nürnberg-Stadt bei der mit rund 50 Teilnehmern gelungenen Veranstaltung anläßlich der tragischen Geschehnisse des 4. März 1919.

D

Die Heimatfahnen der Böhmerwäldler, der Egerländer, der Kuhländler, der Oberschlesier und der Riesengebirgler sowie die Kuhländler Abordnung aus Christl Rösch und Professor Dr. Ulf Broßmann, Landschaftsbetreuer und SLBundeskulturreferent, in Tracht und mit Fahne im Adalbert-Stifter-Saal des Sudetendeutschen Hauses in der Münchener Hochstraße.

der Ukraine – damals als Galizien bezeichnet – habe bis 1919 zu Österreich gehört. USA-Präsident Woodrow Wilson habe weitab von den betroffenen Orten vom Selbstbestimmungsrecht der Völker gesprochen. Das habe aber nur für die Sieger gegolten. Die Deutschen hätten zu den Verlierern gehört. Mit der neuen Tschechoslowakischen Republik habe man wieder einen Vielvölkerstaat geschaffen, ohne die Minderheiten wie Deutsche, Ungarn oder Ruthenen richtig einzubinden. Deshalb habe der Führer der deutschen Sozialdemokraten zu Demonstrationen für das Selbst-

sei erst 1937 gegründet worden, und der wachsende Einfluß vom Deutschen Reich hätten zur Katastrophe geführt: Adolf Hitlers Einmarsch in das Sudetenland, die Besetzung der sogenannten Resttschechei und schließlich die wilde Vertreibung nach Kriegsende 1945 und 1946 die sogenannte Aussiedlung in angeblich n der Bad Stebener katholigeordneten Bahnen. schen Kirche Maria Königin Michel: „Mögen mehr als 100 des Friedens begrüßte KreisobJahre nach 1919 und 78 Jahmann Adalbert Schiller alle Gotre nach Kriegsende die Bitternis tesdienstbesucher und Landsund der Schmerz aus den Herleute. Sein besonderer Gruß galt zen verschwinden.“ Gleichzeitig dem Zelebranten Pfarrvikar Sesei notwendig, das noch bestebastian Schiller, Margaretha Mihende Unrecht in wissenschaftchel, SL-Bezirks- und Stellverlichen Diskursen aufzuarbeiten. tretende LanBesonders relidesobfrau, und giöse Menschen Bannerträgerin seien in der neuEva Maria Herren Tschechimann. Der kathoschen Republik lische Kirchenunzufrieden gechor mit Ellen wesen. Der neue von Kieseritzky Staat habe eian der Orgel bene liberale Poligleitete die Mestik betrieben und se musikalisch. die katholische Die Musikstücke Kirche schwäwaren dezent auf chen wollen, undie Dramaturgie ter anderem dades Tages abge- Pfarrvikar Sebastian Schiller, Kreisobmann Adalbert Schiller, Bezirks- durch, daß die obfrau Margaretha Michel und Bannerträgerin Eva Maria Herrmann. stimmt. tschechische NaVor einigen tionalkirche geJahren habe ein australischer bestimmungsrecht aufgeru- fördert worden sei. In der kathoHistoriker gesagt, Europa sei fen. „In Kaaden war am 4. März lischen Kirche von Wettel hatten gleichsam mit einem Schlafwa- 1919, einem Faschingsdienstag, sie 1919 sogar einen Maskenball gen 1914 in den Krieg gerauscht, der riesige Marktplatz von einer abgehalten. begann Michel ihre Gedenkrede. Menschenmenge bevölkert. Die„In dem Sinne gedenken wir Bald sei bekannt gewesen, daß ser Masse stand eine kleine Ein- aller Menschen, die Opfer wurdie Mittelmächte nicht in der La- heit von Tschechen gegenüber, den und gelitten haben, und hofge gewesen seien, den Krieg zu jung, unerfahren und unsicher. fen auf einen künftigen Frieden“, gewinnen. Aber man habe lieber Es fielen Schüsse, und es starben schloß Michel ihre zu Herzen geeinen Stellungskrieg gespielt. Menschen. Es wurden Kleinkin- hende Rede. „Millionen Menschen starben im der getroffen, Heranwachsende, Nach dem Gottesdienst zog Feld und noch mehr an der Spa- Frauen und alte Männer. Meist man unter Orgelklängen zum nischen Grippe. Und für die er- waren es Querschläger, die das Mahnmal für die Toten der Heikrankten Menschen gab es zu- Unglück anrichteten.“ mat. Dort legten Kreisobmann letzt nur noch den RübenwinDie Deutschen, etwa ab die- Adalbert Schiller und Bezirksobter. Ohne Brot und andere feste ser Zeit als Sudetendeutsche frau Margaretha Michel mit den Nahrung waren die Menschen zu bezeichnet, hätten in diesem SL-Vorständen einen Kranz niesehr geschwächt.“ neuen Staat leben müssen. Sie der. Anschließend fuhr man nach Bei den Friedensschlüssen in hätten sich von der neuen tsche- Schwarzenbach und legte auch Paris von 1919 sei über die Köp- chischen Politik zurückgesetzt dort ein Blumengebinde nieder. fe der Beteiligten entschieden gefühlt. Gerade ihre Industri- Pfarrsekretär Bernhard Kuhn worden. Österreich-Ungarn und en hätten im so klein geworden sprach an beiden Gedenkstätdie Türkei seien zerlegt worden Land Absatzschwierigkeiten ge- ten ein Gebet für die Toten des mit Folgen, unter denen wir heu- habt. Unkluge Diskriminierun- 4. März sowie für alle Kriegsopte noch litten. Auch der Westteil gen, ein deutscher Rundfunk fer. dn

Anfang März beging die oberfränkische SL-Kreisgruppe Hof den Tag des Selbstbestimmungsrechts der Völker und Volksgruppe an den Mahnmalen in Schwarzenbach und Bad Steben. Die zentrale Gedenkfeier für beide Orte war in Bad Steben.


10

VERBANDSNACHRICHTEN

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

� SL-Ortsgruppe Königsbrunn/Wehringen und Kreisgruppe Augsburger Land

Austellung und Ehrungen Neumitglied GerOpfer des 4. März traud ­ Raab, David 1919 im SudetenHeydenreich von land ehrten Lander SL-Bundeszendesobmann Steffen trale in München, Hörtler und Kreis­ der Stellvertretenobmann Kurt Aue de Kreisobmann einige Landsleute. Leo Schön, Leiter Für 60 Jahre Treue der Ausstellung, wurden Heinz is zum heutigen 15. März prä- Horst Bergmann, Streubel, Karl sentierte die sudetendeut- Herbert Bombeck, Weisser und Wersche Volksgruppe auf 18 Tafeln Herbert Kinzel, Bürgermeister Franz Feigl ner Fritsch ausgeihr Wirken und Handeln. Königs- Helga Aue, Christa zeichnet. Streubrunns Stadtoberhaupt Franz und Walter Eichler vom Vorstand bel erhielt zusätzlich die RudolfFeigl, sein Stellvertreter Maximi- der SL-Kreisgruppe Augsburger Lodgman-Plakette, Weisser und lian Wellner, SL-Landesobmann Land. Fritsch das Große Ehrenzeichen Steffen Hörtler, SL-Kreisder SL. und -Ortsobmann Kurt Aue Zum Schluß erinnerhießen die zahlreichen Gäste te Hörtler an den Aufstand der Ausstellungseröffnung der Sudetendeutschen am herzlich willkommen. Un4. März 1919 in Kaaden und ter ihnen waren der SL-Beanderen Städten, der bluzirksobmann Edmund Schietig niedergeschlagen worfer, der Augsburger Stadtrat den sei und 54 Todesopfer zu Josef Hummel, Altstadtrat beklagen gehabt habe. BeHeinrich Bachmann, Rebecvor Zeitzeuge und Mundartca Ribarek, Leiterin des Kulsprecher Leo Schön vom SLturbüros der Stadt KönigsOrsvorstand die Besucher brunn, Norberta Steingruber, durch die Ausstellung geleiObfrau der SL-Ortsgruptete, gab Obmann Kurt Aue pe Bobingen, Gisela Thiel, einen Überblick über komObfrau der SL-Kreisgrup- Leo Schön führt durch die Ausstellung. mende Veranstaltungen und pe Augsburg-Stadt, Ortfried lud zum Sudetendeutschen Kotzian, Vorstandsvorsitzender Zwischen der Ausstellungser- Tag zu Pfingsten nach Augsburg der Sudetendeutschen Stiftung, öffnung und dem Gedenken der ein.

Anfang März eröffnete die bayerisch-schwäbische SL-Ortsgruppe Königsbrunn/Wehringen mit der SL-Kreisgruppe Augsburg-Land im neuen Königsbrunner Bürgerservicezentrum die Ausstellung „Wir Sudetendeutschen“.

B

� SL-Kreisgruppe und Ackermann-Gemeinde Erlangen/Mittelfranken

Ein Film und seine Folgen Tief beeindruckt waren die Mitglieder der mittelfränkischen Kreisgruppe Erlangen und der dortigen Ackermann-Gemeinde von der Film-Dokumentation eines Projekts, das deutsche und tschechische Schüler zusammengeführt hatte, um sich gegenseitig kennenzulernen und Vorurteile abzubauen. Dank einer einmaligen Sondergenehmigung der Produzenten konnte der Film in Erlangen gezeigt werden.

D

ie Filmemacher Rainer Brumme und Wolfgang Spielvogel hatten mit dem früheren hessischen SL-Landesobmann Markus Harzer deutsche Jugendliche von der Carl-Rehbein-Schule in Hanau mit tschechischen Gleichaltrigen der American Academy Brno/Brünn zusammengeführt. Die getrennte Vorbereitung der Schüler in Hanau und Brünn erfolgte anhand des tschechi-

schen Propaganda-Romans „Nás­tup – die ersten Schritte“, in dem die damaligen Stereotypen über die Sudetendeutschen demonstriert und deren Vertreibung gerechtfertigt wurde. Die tschechischen Schüler erkannten in dieser Phase, daß diese problematischen Stereotypen bis heute in die tschechische Gesellschaft hinein wirken. Tief bewegt erlebten insbesondere die selbst noch von der Vertreibung betroffenen Erlanger Zuschauer, mit welcher Ernsthaftigkeit die tschechischen Jugendlichen sich mit den daraus resultierenden Vorurteilen auseinandersetzten. Die deutschen Schüler hatten zwar selbst zu einem erheblichen Anteil Vorfahren aus dem Sudetenland, mit Tschechien und der Vertreibung hatten sie sich aber kaum auseinandergesetzt. Für sie bestand der Lerneffekt der ersten Phase vor allem in der Erkenntnis ihrer persönlichen Betroffenheit.

In einer zweiten Phase trafen sich deutsche und tschechische Schüler zum unmittelbaren Kontakt in der Sudetendeutschen Bildungsstätte auf dem Heiligenhof. Sehr ernsthaft wurden dort Vorurteile diskutiert, Wissenslücken geschlossen und Vertrauen aufgebaut. In der anschließenden Diskussion hoben die Erlanger Zuschauer insbesondere das Interesse und die Offenheit hervor, mit der die Schüler sich einander und den Themen genähert hätten. Sie erwarten sich einen Einfluß auf das Bewußtsein nicht nur bei den Jugendlichen selbst, sondern auch in deren Umfeld, in das sie ihre neuen Erkenntnisse einbrächten. Die hessische Landeszentrale für politische Bildung hält den Film für die Nutzung in weiteren hessischen Schulen vor. Hoffentlich wird dieses Angebot reichlich genutzt. Christoph Lippert

� SL-Ortsgruppe Naila/Oberfranken

Voraussetzung für Frieden Maximilian Wellner, Dr. Ortfried Kotzian, Steffen Hörtler, Kurt Aue, Heinz Streubel, Werner Frischs Tochter Angelika Schuler und Schwabens Bezirksobmann Edmund Schiefer. Bilder: David Heydenreich

� SL-Ortsgruppe Bayreuth/Oberfranken

Toleranz und Respekt des tschechoslowakischen Staates. Diese friedlichen Demonstrationen wurden mit Waffengewalt und 54 Toten aufgelöst. Das darf sich nie wiederholen. Deshalb und weil wir wieder einen sinnlosen völkerrechtswidrigen Krieg in Europa erleben, gedenken wir Sudetendeutsche der März-Ereignisse 1919. Und wir appellieren: Legt die Waffen nieder und schafft Frieden für alle Menschen. Nach der Gründung der Tschechoslowakischen Republik begann eine zwei Jahrzehnte dauernde Zeit der Benachteiligungen für die Sudetendeutschen. Und dann kam, nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht, die sogenannte Befreiung

3,5 Millionen Deutsche sind infolge der Beneš-Dekrete nach 1945 aus der Tschechoslowakei nach Deutschland gekommen, 1,9 Millionen nach Bayern. Dennoch ist das Wissen über diese Volksgruppe begrenzt. Wer sind ls Obmann der SL-Ortsgrupdie Sudetendeutschen, wer ist pe Bayreuth begrüßte ich folBayerns Vierter Stamm? Weitere gende Ehrengäste: OberbürgerAufklärung ist erforderlich. meister Thomas Ebersberger, Unser Gedenken richtet sich die frühere Oberbürgermeistenicht nur auf die Vergangenrin Brigitte Merk-Erbe, Stefan heit, sondern auch auf die ZuSpecht, Vorsitzender der CSUkunft. Es liegt in unserer VerantStadtratsfraktion, Torsten Lanwortung, aus der Geschichte zu ge, Fraktionsvorsitzender der lernen und sicherzustellen, daß BG, Günter Dörfler, Zweiter Bürsolche Ereignisse nie wieder gegermeister von Weidenberg, Saschehen. Wir sollten uns für den bine Habla, Geschäftsführerin Frieden, die Verständigung und der CSU-Kreistagsfraktion und die Zusammenarbeit zwischen frühere Bezirksvorsitzende der den Völkern einsetzen. Wir wolCSU-Arbeitsgemeinlen unsere Geschichte schaft Union der Vertrieund unsere reiche Kulbenen und Aussiedler tur für die Zukunft le(UdV), Werner K ­ rempl, bendig halten. Sie gibt Geschäftsführer der uns die Schubkraft für Deutschen Rentenverunsere grenzüberschreisicherung Nordbayern, tenden Aktivitäten. Sie BdV-Kreisvorsitzender stärkt unseren steten Helmut Hempel, Karl Einsatz für eine gerechte Heider, langjähriger SLVölker- und StaatenordOrtsobmann, und Gerda nung, mit dem wir zur Mühlbacher stellvertreeuropäischen Verständitend für alle Vorstandsgung beitragen. mitglieder. Möge dies Gedenken Am 4. März 1919 hatuns inspirieren, für eine ten Demonstrationen Manfred Kees (links) gedenkt bei den Schloßterrassen Welt einzutreten, in der der Sudetendeutschen der Opfer des 4. März 1919 im Sudetenland und wirbt Toleranz, Respekt und in der Ersten Tschecho- für eine gute Zukunft. Zusammenarbeit die slowakischen Republik Prinzipien sind. Laßt uns stattgefunden. Die Sudetendeut- und der völkermordende Zweite eine Zukunft gestalten, in der die schen forderten die Angliede- Weltkrieg. 78 Jahre ist die Ver- Lehren der Geschichte als Wegrung an Deutsch-Österreich an- treibung – auch als Folge des weiser dienen und in der die statt der Inkorporation des Sude- Zweiten Weltkrieges – der Su- Würde aller Menschen geachtet tenlandes in das Hoheitsgebiet detendeutschen jetzt her. Etwa wird. Manfred Kees Die oberfränkische SL-Ortsgruppe Bayreuth gedachte Anfang März am Denkmal an den Schloßterrassen der Verletzung des Selbstbestimmungsrechtes am 4. März 1919.

A

des Ukraine- und Nahostkrieges notwendiger denn je, mahnte Stumpf. Auch am Beginn des dritten Jahrtausends würden Konflikte um Selbstbestimmungsrecht, Vergangenheitsbewältigung und Verständigung zwischen Ethnien immer häufiger. So wie es den deutschen Vertriebenen 1945 leidvoll ergangen sei, so würden auch heute wieder Millionen von Menschen aus ihrer Heimat vertrieben, und unzählige Unschuldige hätten da-

garn und die Türkei seien zerlegt worden mit Auswirkungen bis heute. Trotz Selbstbestimmungsrechtsproklamation des USA-Präsidenten Woodrow Wilson habe der neue tschechoslowakische Nationalstaat einen Vielvölkerstaat gegründet, die 3,5 Millionen zählende deutsche Volksgruppe ohne Selbstbestimmungsrecht einverleibt und das nter den zahlreichen TeilSchweizmodell-Versprechen genehmern auch aus der Naibrochen. Die Sudetendeutschen laer Umgebung begrüßte SLseien wirtschaftlich, schulisch Orts- und SL-Bezirksviund demokratisch bezeobmann Adolf Markus nachteiligt worden. besonders den Nailaer Michel erinnerte an Bürgermeister und Stelldie sudetendeutschen vertretenden Hofer Demonstrationen am Landrat Frank Stumpf, 4. März 1919 in KaaDekan Andreas Seliger den und allen größeund die SL-Bezirks- und ren Städten des SudeSL-Landesvizeobfrau tenlandes mit Toten und Margaretha Michel. Hunderten von VerletzBürgermeister Stumpf ten jeden Alters durch hob in seiner Gedenkretschechisches Militär. In de hervor, daß die Frage der Folge sei es zu weides Selbstbestimmungsteren Diskriminierunrechts der Völker an Akgen der Sudetendeuttualität nichts eingebüßt Lektor Horst Kaschel, Vizeortsobmann Jürgen Nowa- schen gekommen, zum habe. Gerade für Sude- kowitz, Frank Stumpf, Dekan Andreas Seliger, Marga- wachsenden Einfluß des tendeutsche sei dies ei- retha Michel, Pater Eugen und Adolf Markus. Nazi-Reiches mit dem ne bittere Erfahrung. Einmarsch Adolf HitDen 3,5 Millionen Sudetendeut- bei ihr Leben verloren. Gewalt lers in das Sudetenland, zur Bilschen habe der neue National- dürfe niemals siegen. dung des Protektorats Böhmen staat Tschechoslowakei dieses Margaretha Michel zeigte in und Mähren, zum verheerenden Recht verweigert. Versuche su- ihrer Gedenkrede Parallelen von Zweiten Weltkrieg und zur undetendeutscher Politiker, mit der den schrecklichen Kriegen in der seligen Vertreibung aus der Heitschechoslowakischen Regie- Ukraine und im Gazastreifen zu mat. Die SL arbeite das noch berung zu verhandeln, seien schroff der 1918/19 erfolgten Okkupa- stehende Unrecht in intensiven zurückgewiesen worden mit der tion des 800 Jahre alten Sude- Dialogen und wissenschaftlichen Begründung: „Das Selbstbestim- tenlandes. Immer wieder seien Diskursen auf, schloß Michel ihmungsrecht ist eine schöne Phra- Konfliktpotentiale durch unzu- re Gedenkrede. se, jetzt entscheidet die Gewalt.“ reichende Problem- und FrieVor dem Auszug zum SudeDaher hätten am 4. März 1919 denslösungen entstanden. tendeutschen Mahnmal sagalle deutschen Parteien im SudeDer australische Historiker te SL-Bezirksvizeobmann Adolf tenland zu einem Generalstreik Christopher Clark habe in sei- Markus: „Die Opfer des 4. März mit friedlichen Kundgebungen nem Buch darauf hingewiesen, 1919, der Kriege und Vertreibunaufgerufen. Tschechoslowaki- daß es die europäischen Mächte gen verpflichten uns zu bürgersches Militär habe diese Demon- 1914 wie „Schlafwandler“ in den lichem Engagement für einen stration mit Waffengewalt aufge- Ersten Weltkrieg gezogen ha- gesellschaftlichen Zusammenlöst. 54 Menschen seien durch be mit der Folge einer millionen- halt und zur VölkerverständiGewehrsalven in den seit Jahr- fach geschwächten und erkrank- gung. Das schulden wir auch der hunderten von Deutschen besie- ten Bevölkerung. nachwachsenden Generation. delten Sudetengebieten gestorBei den Friedensschlüs- Und zwar gegen alle Ideologiben, Hunderte seien verletzt und sen 1918/19 in Paris sei über en. Deshalb gelte: Nie wieder viele verhaftet worden. die Köpfe der Beteiligten hin- Nazi-Faschismus, Stalin-PutinisDas Gedenken der Sudeten- weg Deutschland die alleini- mus, Antisemitismus, Islamisdeutschen in Naila nach 105 ge Schuld zugeschoben worden. mus und ReligionsverfolgunJahren sei heute angesichts Die Monarchie Österreich-Un- gen.“ Mit einen Gottesdienst und der anschließenden Kranzniederlegung am Sudetendeutschen Mahnmal an der katholischen Kirche Naila gedachte die oberfränkische SL-Ortsgruppe Naila der Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts der Deutschen in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien.

U


Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

11

VERBANDNACHRICHTEN

Am ersten Märzwochenende trafen sich wieder Freunde der Mundarten aus Böhmen, Mähren und Schlesien auf dem Heiligenhof. „Feste und Bräuche im Jahreslauf“ waren Thema des von Heimatpflegerin Christina Meinusch und Ingrid Deist­ ler, Vorsitzende des Arbeitskreises sudetendeutscher Mundarten, vorbereiteten Seminars.

M

ehr als 40 Landsleute genos­ sen die Gastfreundschaft des Heiligenhofes und die Vor­ träge und Workshops. Zunächst begrüßten uns Nino Schmitt, der Assistent des Stiftungsdirektors, und Christina Meinusch. Ingrid Deistler hieß uns mit einem Ge­ dicht willkommen und gedachte der verstorbenen Mitglieder des Freundeskreises. Dann stimm­ Bilder (10): Richard Šulko te sie mit dem Lied „Im Märzen Die Mundartfreunde an der Treppe hinterm Haus. da kommt man am Heiligenhof zamm“ aufs Programm ein. Martin Dzingel, Präsident der � Mundarttagung auf dem Heiligenhof Landesversammlung der deut­ schen Vereine in der Tschechi­ schen Republik, sprach über die „Bewahrung Sudetendeutscher Mundarten durch die Landesver­ sammlung“. Eingangs stellte er seine Organisation vor. Dann er­ Wachtl/Deutsch Brodek, Ol­ sei die Ortschaft Sedlnitz gewe­ Projekt könne man komplett mit die Kunst des Schreibens immer klärte er, wie die deutsche Spra­ mütz, Bautsch, Bradelstein und sen. allen Aufnahmen auf der Home­ mehr?“, fragte sie. Das liege an che in Tschechien gesetzlich ge­ Sudetenschlesien. In Langen­ Nun trugen wir Mundart­ page des BGZ Trautenau finden. Smartphone, Schreibmaschine, schützt wird und wie es mit dem lutsch gingen die Kinder am Kar­ freunde unsere Hausaufgaben Šichová erwähnte speziell Ursula Computer, Telefon, SMS, eMail, Deutschunterricht aussieht. Er freitag mit einer Schnarre durch vor und erzählten von Osterbräu­ Ludwig, mit welcher sie bei vie­ Kugelschreiber und Abkürzun­ erwähnte auch die Bedeutung den Ort, welche die Glocken er­ chen in unseren jeweiligen Ge­ len Projekten zusammengearbei­ gen, von denen es laut Duden 96 der Muttersprache für die Iden­ setzt haben. Denselben Brauch bieten. Dann stellte Štěpánka tet habe. Arten gebe. Für jede Art Schrift­ tität. verkehr kön­ Dzingel prä­ ne man das sentierte wei­ „Hamburger tere Projekte in Verständlich­ der Republik, keitskonzept“ die die Spra­ benutzten. che unterstütz­ Wenn man ten wie De­ mit der Hand battierclubs, schreibe, brin­ Mundartvi­ ge das Vor­ deos oder Bü­ teile. Das sei cher. Er zeig­ persönlicher, te dann Filme man trainie­ mit Mundart­ re die Finger, aufnahmen, und man falle die die Lan­ auch auf. „Wie desversamm­ baut man ei­ Martin Dzingel Lorenz Loserth Dr. Richard Rothenhagen lung aufge­ Dr. Mojmír Muzikant nen Brief rich­ nommen hatte tig auf?“ Zu­ und die man auf YouTube sehen haben wir im Egerland auch heu­ Šichová, die Leiterin des Traute­ Den nächsten Vortrag hielt Lo­ erst solle man das richtige Brief­ kann. Auch ein zweisprachiges te noch am Karfreitag. nauer Begegnungszentrums renz Loserth über „Sudetendeut­ papier wählen und einen Füller, Märchenbuch in Mundart stell­ Das Umhergehen mit einer (BGZ), mit Unterstützung von sches Mundartmemory“. Nach Tinte könne man mit einem Tin­ te er vor, welches die Landesver­ Osterrute am Ostermontag sei Margit Bartošová und Renata der Auswertung der einzelnen tentod gut wegbekommen. Die sammlung herausgab. Dazu gibt fast überall zu sehen gewesen, Smutná das erfolgreiche BGZ- Begriffe wählte Loserth passen­ Anrede am Briefanfang sei ganz es auch eine CD mit Mundartauf­ was der Einfluß des tschechi­ Projekt „Paurisch“ vor. In Schatz­ de Bilder zu diesen Begriffen aus, wichtig. Ort und Datum müs­ nahmen. schen Brauchtums gewesen sei. lar könne man heute noch alten die Rückseite wurde entworfen se man angeben, und zwar al­ Der Abend brachte Mundart­ Ein fast vergessener Brauch sei Leute begegnen, die miteinander und die einzelnen Karten wur­ phanumerisch: „Lieber Herr Dr. lesungen und Mundartvorträ­ das Osterreiten, bei dem man mit auf der Straße Paurisch redeten. den gedruckt. Und schon pro­ Maier.“ Die Anrede „Hallo“ so­ ge zum Seminarthema. Vor den geweihten Palmzweigen und ei­ Wissenschaftlich bearbeitet bierten wir das Spiel aus. wie eine elektronische Briefmar­ einzelnen Geschichten folgte ei­ nem Kreuz um die Felder ritt, um hätte das Thema der Mundart Etta Engelmann hatte den ke solle man vermeiden. Jeder ne Vorstellungsrunde, weil viele sie für eine gute Ernte zu seg­ in dieser Gegend einst der aus „Workshop“ „Verlust einer Absatz müsse sein eigenes The­ neue Gesichter dabei waren. nen. In Schöllschitz in Der nächste Tag begann mit der Brünner Sprachinsel dem Vortrag „Enklitika (ab­ würden an den Osterru­ geschwächte Pronominalfor­ ten keine bunten Bänder men) in den deutschen Dialek­ hängen, sondern Pajät­ ten Mährens und Schlesiens“ zen, Figuren aus Wolle. von Dr. Mojmír Muzikant aus Der Begriff Schmeck­ Brünn. Bei den Erhebungen für ostern komme vom tsche­ den „Atlas der deutschen Mund­ chischen šmikat für arten in Tschechien“ sei es ziem­ schnell schneiden oder lich schwierig gewesen, Mund­ sägen. Ganz unterschied­ artsprecher zu finden. Wenn man lich seien die Sprüche die Karte im Mundartatlas zum gewesen. In Dohle bei Måla Richard Šulko mit Osterwunsch. Ingrid Deistler mit Glocke Beispiel nur im Schönhengst­ Sternberg hätten die Kin­ Gustav Reinert mit 92 Jahren. gau anschaue, könne man viele der gesungen: „Ich stieh verschiedene Endungen bei den uff an Stään, miech freßt oo de Düsseldorf stammende und am Handschrift“ vorbereitet. Zuerst ma beinhalten. Den Brief soll­ Personalpronomen finden. Bään, gatt mr a Stickl Striezl und 25. Februar 1852 geborene Ge­ erklärte sie, daß man sich nach te man mit Abstand noch mal Über „Osterbräuche in Mäh­ ann Klecks Honig drauf, dann org Wenker. Mit den sogenann­ der Kaffeepause leider in einer durchlesen. Bei privaten Briefen ren und Schlesien“ berichte­ gieh ich wieder hääm./Ich ste­ ten Wenkersätzen sei die Mund­ Nachmittagsdepression befinde, solle man Umschläge ohne Fen­ te Richard Rothenhagen. Er sag­ he auf einem Stein, mich friert art in der Region aufgezeichnet. die durch „Neurogene Deprivati­ ster benutzen und den Absender te, daß für die Tschechen der an die Beine, gebt mir ein Stückl Ein solcher Satz sei zum Beispiel: on“ ausgelöst werde und die hof­ links oben und ohne Titel schreiOstermontag der wichtigste Tag Striezel und einen Klecks Ho­ „Der gute alte Mann ist mit dem fentlich den „Workshop“ nicht zu ben. der Osternzeit ist. Rothenha­ nig drauf, dann geh ich wieder Pferde durch‘s Eis gebrochen und sehr beeinträchtigt. Heute schrei­ Engelmann hatte einen Mu­ gen widmete sich den ehema­ heim.“ Der einzige Ort in dieser in das kalte Wasser gefallen.“ Ein be man selten mit einer Füllfeder, sterbrief vorbereitet, welchen ligen deutschen Sprachinseln Region, in dem die Kinder Ge­ wichtiger Teil des Projektes seien sondern eher mit einem Kugel­ man verbessern mußte. Auch die Schönhengstgau, Iglau, Brünn, schenke hätten suchen müssen, die Audioaufnahmen. Das ganze schreiber. „Warum verschwindet Formulierungen wurden trai­

Lieber Herr Dr. Maier

Inge Eflerová, Štěpánka Šichová und Margit Bartošová.

Etta Engelmann erklärt ihre Liebe zur Füllfeder.

niert. Nach diesem theoretischen Teil teilte Engelmann Briefpapie­ re aus, dazu die Umschläge, auch Briefmarken waren dafür vorbe­ reitet worden. Jeder suchte sich eine Person aus, die sich über unseren mit der Hand geschrie­ benen Brief freuen würde, und schrieb ihr einen persönlichen Brief. Es war schon ein ganz au­ ßergewöhnliches Gefühl, mit ei­ gener Hand so etwas zu schrei­ ben. Der obligatorische Morgen­ spaziergang hatte den Titel „Willkommen im Märzenwald.“ Ingrid und Gerald Deistler hat­ ten mehrere Stationen mit In­ formationen und Aufgaben für die Mundartfreunde vorberei­ tet. Nach dem Pflichtfoto an der Treppe hinter dem Haus ging es los. Ingrid Deistler, ausgestat­ tet mit einer „Osterglocke“, be­ gleitete die Wanderer mit ihrem Fachwissen und kommentierte die einzelnen Stationen. Bei ih­ nen wurden die einzelnen Bräu­ che erklärt und Fragen gestellt. Auch für mich war der Brauch mit dem „Summadockn-Aastrogn“ neu. Gelungen war das Palmbü­ schel für den Palmsonntag, das aus Palmzweigen und Tannenrei­ sig zusammengebunden war. Die größte Freude bereitete die Rat­ sche an einer Station, auf welcher Stefan Busch aus dem Riesenge­ birge gleich sein Sprüchel aus der Heimat vortrug. Das Schönste an solchen Spa­ ziergängen ist, daß man Zeit hat, sich zu unterhalten, sogar in Mundart. So erfuhr ich im Ge­ spräch mit Edwin Bude etwas über sein neues Buch „Sagen, Märchen und Mythen aus den Sudetenländern und den ehema­ ligen deutschen Ostgebieten“. Am Ende des Spaziergangs war an der Kapelle eine praktische Übung vorbereitet. Jeder konn­ te seine Wünsche oder Bitten auf Ostereier aus gelbem Papier schreiben. Nach dem österlichen gesungenen „Halleluja“ ging es wieder zurück zum Heiligenhof. Dort erklärte Meinusch die problematische Finanzierung der Begegnung am Jahresan­ fang. Gegen den Vorschlag, die Begegnung in die zweite Jah­ reshälfte zu verlegen, gab es kei­ ne Einwände, und so wird es ab 2025 gehandhabt. Schließlich wurde das Seminar bewertet. Das nächste Mal wird die Sitz­ ordnung geändert, und Namens­ schilder werden vorbereitet. Auch die Einblendung der Texte zum Mitsingen wäre wünschens­ wert. Ansonsten waren al­ le Teilnehmer sehr zufrie­ den und freuen sich auf die Begegnung im näch­ sten Jahr. Als Vortragsthemen für die nächste Begegnung schlug Richard Rothen­ hagen „Gartengeräte, Feld- und Gartenarbeit“ vor. Als Hausaufgabe schlug Lorenz Loserth die Aufbereitung eines Hei­ matliedes vor. Eine schö­ ne Idee war auch, einen komplizierten Begriff in Mundart zu erraten und zu erklären. Nach dem guten Mittagessen ging es für alle wieder nach Hause. Wir hatten ein schönes und lehrrei­ ches Wochenende verbracht, das dem Erhalt unserer Mutter­ sprache gedient hatte. Schließ­ lich ist unsere Mundart Teil unserer Identität. Måla Richard Šulko

Kurt Hammer und Gustav Reinert spielen Mundart-Memory..


Reicenberger Zeitung

12

Stadt und Kreis Reichenberg

Kreis Deutsch Gabel

Nordböhmi[e Um[au

Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

Kreis Friedland

Kreis Gablonz

� Ingolstadt und Tetschen-Bodenbach

Nur ein Stück Metall hatte ich ihn in den Geldbeutel nen Ring nicht trägt, ihn aber gut gesteckt. Sicherheitshalber. Aber aufbewahrt, könnte ich ihn als jetzt? Muster nehmen, um wieder eiIch bin ahnungslos. Ich erzäh- nen ähnlich verzierten und innen le es Hans. Der überlegt mit mir. mit unserem Datum und dem Am Vormittag war ich im Garten. Namen des Partners versehenen in fesselnder Vortrag über Der Gärtner war hier, und ich ha- Trauring zu erhalten. Ich durchdas Werden einer Stadt: In- be alle Birkenreiser eingesam- kämme das Gras und die Traugolstadt trete aus dem Dunkel melt, die der Wind vom Baum ge- benhyazinthen. Ich suche zwider Geschichte, hebe rissen hatte. Dort werde schen Tulpen und Erdbeerpflansich ab vom Umland, ich morgen zuerst su- zen. befestige sich und hochen. Der Ring, er fehlt Da kommt Hans aus der Gale den Donau-Hauptmir. Das Datum auf der rage, hält mir die geschlossearm an seine SüdseiInnenseite, es bedeutet ne Faust hin und öffnet sie. „Ist te, referiert die Leitemir etwas. Der 17. Ja- es vielleicht der?“ Mein Ring! rin des Stadtmuseums. nuar 1975. Nur einmal Ich bin sprachlos! Hatte ich ihn Schauplatz der akadehab ich ihn vergessen, beim Gartenwerkzeug in der Gamischen Veranstaltung unseren Hochzeitstag, rage abgelegt? Die Antwort ist: ist der 400 Zuhörer fasin 44 Jahren. Damals „Nein. Er steckte in deinen roten sende Hörsaal der neu- Erika Dietrich in sprang Hans ein. Er hat- Gartenhandschuhen.“ Ich bin eren Technischen Hoch- Ingolstadt. te zwei kleine Bocks- leichtert und wie befreit und imschule. Beim anschliebeutel Beerenauslese mer noch erledigt. Ich kann es ßenden Empfang entwickelt sich bereit und sagte zunächst nichts fast nicht glauben, daß ich ihn ein Gespräch mit Paul M. Ost- über den Anlaß der Feier. Der doch wieder habe. Und ich verberg, dem Herausgeber und Au- übliche Kuchen fehlte also. Aber stehe nicht, warum es mir derart tor der Ingolstädter Geschichten das war kein Beinbruch. Der naheging, daß ich den Ring nicht in seinem Werk „Rund um den Wein war vorzüglich. mehr hatte. Scherbelberg“. Wechsel der Bühne am selLetzte Tage in der ben Tag. Kurze nächtliche AuHeimat 1945 tofahrt in den Süden der Stadt. Ich denke an meine MutAm Auwaldsee, in der ländter, die mir erzählte, daß die lich-gemütlichen Gaststätte, Tschechen ihr bei der Vertreibeginnt das monatliche Kolbung aus unserer Heimatstadt legentreffen. Zwei SprachenTetschen-Bodenbach den Ehelehrer mit Partnern sind schon ring abgenommen hätten. Die anwesend, ein Mathematiker, deutschen Bewohner der Stadt eine Mathematikerin, einmal waren 1945 vor dem SchützenDeutsch mit Geschichte. Geheim, ihrem alten Treffpunkt, spräche kreisen um Urlaub in zusammengetrieben worden Korsika, um Gewaltexzesse im Alltag, um Operationsmetho- Mutter Irmgard Klein mit den Kindern und mußten alle WertgegenWalter, Hans, Susanne und Erika 1945 in stände abgeben. Eine peinliden. che Leibesvisitation war einBeim Erzählen Spiel mit Tetschen-Bodenbach. geschlossen. Es hieß: „Der den Händen, Gestikulieren. Da plötzlich, es fehlt etwas! Die Hans will wissen, welche Ring ist jetzt Eigentum des tscherechte Hand ist so leer. Da steckt Handschuhe ich bei der Garten- chischen Volkes.“ Meine Mutter wollte ihn nicht doch immer der Ehering. Links arbeit getragen habe. Es waren ein Ring mit Saphir und rechts? die üblichen roten Gartenhand- hergeben. Mein Vater sah aber, daß tschechisches Nichts! Wie Militär schon mit kann das sein? Peitschen um die Hab ich ihn in Menschen herumGedanken abstrich. Er beruhiggezogen? Liegt te meine Mutter er irgendwo? und drängte sie. Ich sehe nichts. „Gib ihn heraus“, Ich sage es den sagte er. „Den Kollegen. Mein kann man ersetEhering ist zen.“ Der Macht plötzlich weg. der Herrschenden Wie kann das beugt man sich nur sein? Das – zunächst –, so ist mir noch nie sah er es. passiert. Ein Ich lasse mir Kollege frotjetzt vom Juwelier zelt. Ach so ein meinen Ehering Ring, das hat doch nichts zu Die Eltern Irmgard und Emil Klein mit ihren Kindern Hans, Susanne, enger machen. Er ist ein Stück von sagen. Womög- Walter und Erika 1950 in Dillingen. mir. Ich will ihn lich steht innen „Auf ewig Dein“ oder „In ewi- schuhe, nicht die normalen aus nie wieder verlieren. Meine Mutter war nicht so ger Treue“. Das trifft mich. Ich Leder. bin nervös und grüble. Ich fahre Am nächsten Morgen bin ich glücklich wie ich, ihr wurde der heim. beschäftigt. Bei der Technischen Ring geraubt. Er war unwiederZu Hause Nachdenken. Wo Hochschule anzurufen und nach bringlich verloren. Damit war kann ich ihn verloren haben? Auf dem Ring zu fragen, ist mir zu aber auch Hab und Gut verdem dunklen Parkplatz am Au- peinlich. Am Nachmittag durch- schwunden, das Geschäft in der waldsee? Im Hörsaal beim Ge- forste ich erst einmal den Gar- Brückengasse, die Wohnung, die spräch mit dem Zuhörer neben ten. In der Immergrünecke, wo Möbel und auch Freunde und mir? Beim festlichen Brötchenes- ich am Vortag auch war, ist es na- Nachbarn und Kunden. Mein Vater behielt schließlich sen danach? Natürlich saß der türlich sinnlos zu suchen. Da ist Ring in letzter Zeit etwas locker. alles sehr dicht zugewachsen. Da Recht. Ein neuer Ring wurde späIch hatte ein paar Kilo abgenom- müßte ich die grünen Schlingen ter gekauft, und eine neue Eximen. In der Gymnastikstunde bei massenhaft herausreißen, um stenz konnte im schwäbischen der Freien Turnerschaft Ringsee den Ring zu finden. Ich denke Bayern, in Dillingen, aufgebaut und im neuen Sportbad der Stadt schon an Neukauf. Da Hans sei- werden.

Erika Dietrich berichtet über den Wert eines Eheringes im oberbayerischen Ingolstadt und im nordböhmischen TetschenBodenbach.

E

Tetschen-Bodenbach heute.

Jonsdorf in Sachsen.

� Die Geschichte der nordböhmischen Stadt Deutsch Gabel – Teil XVI und Schluß

Endstation Jonsdorf N

iedergeschlagen und mutlos fanden sich die betroffenen Deutschen früh um fünf Uhr am Viadukt ein. An einem Tisch mußten Wertgegenstände abgegeben werden. Nach einer von Tschechen vorgenommenen, teilweise sehr willkürlichen Leibesvisitation und Gepäckdurchsuchung mußten sie durch den Viadukt gehen. In Viererreihen wurden die Deutsch Gabler Richtung Grenze über Hermsdorf, Großmergthal, die Wache nach sächsisch Jonsdorf getrieben. Während des Gewaltmarsches ritten und gingen tschechische Soldaten an der Kolonne auf und ab und trieben die Leute durch Schläge mit langen Peitschen immer wieder zu rascherem Tempo an. „Wer zurückbleibt, wird erschossen“, hieß es, und mit einem strikten Verbot, nach rückwärts zu schauen, und mit Gewehrschüssen am

Ende der Kolonne wurden die Menschen eingeschüchtert. Einigen wurde ihr Gepäck zu schwer, und sie warfen einen Teil weg. Bei einer Rast wurde wieder gedroht, immer noch vorhandenes Geld, Uhren, Schmuck und so weiter abzuliefern, andernfalls sie spätestens an der Grenze von den angeblich dort wartenden Russen erschossen würden. Aus Angst gab mancher auch noch seine letzte Habe her. Nach einer zweiten Rast an der Grenze und einer nochmaligen Visitation hieß es: „Ihr seid frei und könnt nun heim ins Reich gehen!“ Dann verschwanden die Bewacher. Jetzt wurde den Vertriebenen bewußt, daß es vielleicht kein Zurück in die Heimat mehr gab. Am selben Tag gegen Mittag wurden in einem zweiten Transport weitere Deutsch Gabler über Großmergthal nach

Jonsdorf vertrieben. Die zurückgebliebenen Deutschen erhielten am nächsten Tag Lebensmittelkarten. In Abständen erfolgten weitere Vertreibungen; so mußten am 22. Juli 1945 überwiegend Landwirte Haus und Hof verlassen. Sie wurden zu Erntearbeiten ins Tschechische geschafft, später von dort ebenfalls nach Deutschland ausgewiesen. Am 23. Juli 1945 wurden wieder einige Hundert vertrieben. Sie mußten diesmal am Gürtlerplatz aufgestellt sein. Nach einer Leibes- und Sachkontrolle wurden sie mit rund 50 Pferdefuhrwerken über Petersdorf nach Oberoderwitz in Sachsen gebracht. Weitere Ausweisungen folgten am 29. August, am 4. September 1945 und 1946 bis alle Deutschen aus unserer Heimatstadt vertrieben waren. Hans Brabetz

� Heimatgruppe Deutsch Gabel/Zwickau in München

Treffpunkt Löwenbräukeller Krieg und Vertreibung brachten unsere Heimatfreunde in viele europäische und außereuropäische Länder. Die meisten wurden jedoch überwiegend im Gebiet der späteren DDR und im südlichen Teil der Bundesrepublik Deutschland ansässig. Das Suchen nach Verwandten, Bekannten und Freunden begann.

Z

wei Männer unseres Ortes hatten sich damals zum Ziel gesetzt, möglichst alle Landsleute unseres Gebietes zu erfassen. Kurt Wendler gab am 6. Dezember 1949 einen ersten Heimatbrief heraus, dem Ostern 1950 der zweite folgte. Später erfolgte eine Zusammenarbeit mit „Zwischen Lausche und Bösig“, bis dann die Reichenberger Zeitung 1951 das offizielle Mitteilungsblatt für den Heimatkreis wurde. Am 28. August 1949 fand in München-Allach ein erstes Flüchtlingstreffen statt, an dem einige Deutsch Gabler teilnahmen. Hier reifte bei Heinrich Brabetz der Gedanke, für die in München wohnenden Landsleute auch ein solches Treffen zu arrangieren. Am 3. Dezember 1949 trafen sich das erste Mal nach der Vertreibung diese Heimatfreunde im Löwenbräukeller zu München, dem am 30. April 1950 das zweite Treffen folgte. Später wurde beschlossen, im August 1950 unser Kirchenfest Laurenzi mit einem Großtreffen

aller Landsleute unseres Bezirkes in München zu feiern. Dieser Tag war die Geburtsstunde des Laurenzifestes fern der Heimat. Alle im Westen wohnenden, erfaßten Landsleute wurden eingeladen. Das waren mehr als 350 Personen. Schon am Samstagabend fand sich eine große Zahl Landsleute ein, und am Sonntag waren es dann mehr als 350, die sich in der Gaststätte „Zum Kriegerdenkmal“ in MünchenMoosach trafen. Der am Vormittag in der Kirche Allerheiligen am Kreuz in der Münchener Kreuzstraße von Heimatseelsorgern zelebrierte Gottesdienst war von vielen Teilnehmern besucht, die die Kirche kaum fassen konnte. Bei der anschließenden Stadtführung zeigte Professor Gustav Scholze den interessierten Landsleuten die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Nachher kamen sie teils mit Omnibussen, teils mit der Straßenbahn ebenfalls nach Moosach zum gemeinsamen Mittagessen. Welcher Teilnehmer erinnert sich nicht gern der damals ver-

brachten schönen Stunden? Welche Freude herrschte an den beiden Tagen bei allen Anwesenden. Diese wenigen Stunden des ersten Wiedersehens nach der Vertreibung, des Erzählens der Erlebnisse, ließen all die Not, das Elend, das Leid der seit Mai 1945 vergangenen Zeit für einige Stunden vergessen. Aus diesem Treffen entstand die Heimatgruppe München, die ab September 1950 bis Corona regelmäßig monatliche Treffen abhielt und die Interessen der Landsleute aus dem ehemaligen Gerichtsbezirk Deutsch-Gabel und später auch die des ehemaligen Gerichtsbezirkes Zwickau seitdem vertrat. Das Laurenzifest mit dem Großtreffen wurde seit 1950 jeweils im August in München abgehalten und erlebte 1974 das Silberjubiläum. Diese Entwicklung aus einem kleinen Heimattreffen in 25 Jahren zu einer Interessensvertretung der Bewohner der ehemaligen Gerichtsbezirke Deutsch Gabel und Zwickau ist das Werk von Heinrich Brabetz.


13

REICHENBERGER ZEITUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

Diözese Leitmeritz

Stanislav Přibyl CSsR zum Bischof geweiht Im Dezember hatte Papst Franziskus den Redemptoristenpater Monsignore Stanislav Přibyl als Nachfolger von Jan Baxant zum Bischof der Diözese Leitmeritz ernannt. Anfang März empfing Přibyl im Leitmeritzer Stephansdom die Bischofsweihe. Festprediger war der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn, der auf Schloß Skalken bei Leitmeritz zur Welt gekommen war und Träger des Europäischen Karls-Preises 2018 ist. Und Gregor Maria Hanke OSB, Bischof des Leitmeritzer Partnerbistums Eichstätt, war an der Weihe beteiligt.

Monsignore Stanislav Přibyl, Wiens Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn, der emeritierte Prager Bischof und Tschechiens Primas Dominik Kardinal Duka sowie der emeritierte Leitmeritzer Bischof Jan Baxant auf dem Weg zum Stephansdom.

Die lateinische Ernennungsurkunde von Papst Franziskus zum Beweis, daß Přibyl in dessen Auftrag geweiht wird. Karel Havelka, Dekan des Domkapitels Leitmeritz, Sprößling einer tschechisch-deutschen Familie und begehrter Zelebrant von Heimatmessen, liest die Papstbulle auf Tschechisch vor.

D

er 1948 in Karlsbad Geborene Apostolische Administrator Jan Baxant ist seit 1973 Priester und war 15 Jahre lang Bischof von Leitmeritz. Er schreibt in seiner Einführung zur Bischofsweihe seines Nachfolgers: „In den letzten 35 Jahren fanden mehrere Bischofsweihen in dieser Kathedrale statt. 1989 wurde Monsignore Josef Koukl und 2004 Monsignore Pavel Posád zum Bischof geweiht. Nach der dritten Bischofsweihe 2008 feiern wir heute die vierte, und zwar die von Monsignore Stanislav Přibyl zum 21. Bischof von Leitmeritz.“ Die Kathedrale gelte als Mutter aller Kirchen in der hiesigen Diözese. Dank ihres Barocks sei sie herrlich und freundlich. Der Dom glänze durch seine Einmaligkeit, auch weil die bischöfliche Kathedra hier stehe, so Baxant. Die Diözese Leitmeritz erstrecke sich über fünf Regionen der Tschechischen Republik. Als Teil der böhmischen Kirchenprovinz zeichne sie sich sowohl durch ihre Naturvielfalt als auch durch ihr Geschichtsdrama aus. Der neue Diözesanbischof betrete nicht nur einen Steinbruch, sondern auch einen Garten. Es sei allerdings nicht anzunehmen, daß er zu einem Steinbruchmeister oder Obergärtner bestellt werde. Heute werde er der höchste geistliche Hirte für alle in der Diözese. Durch die Bischofsweihe vertraue ihm Christus die Fülle des Priestertums an. Sein jetziges Hirtenamt sei nicht nur mit der Herrlichkeit der Erwählung, sondern auch mit dem Joch der Verantwortung verbunden. „Bitte, schließen wir ihn in unsere Gebete ein“, schließt der emeritierte Bischof. Stanislav Přibyl kam am 16. November 1971 in Prag-Straschnitz zur Welt. 1990 maturierte er an der Prager Fachoberschule für Vermessungswesen. Bereits als Oberschüler spielte er in Prager Pfarreien, vor allem in seiner Heimatpfarrei Straschnitz, Orgel. Nach dem Schulabschluß trat er im polnischen Lubaszowa der Ordensgemeinschaft der Redemptoristen bei und legte nach dem Noviziat 1991 die erste Profeß ab. 1991 bis 1996 studierte er an der Theologischen Fakultät der Karls-Universität und absolvierte gleichzeitig die Ausbildung am Erzbischöflichen Seminar in Prag. Am 22. Juni 1996 empfing er das Sakrament der Priesterweihe. Anschließend war er Wallfahrts- und Pfarrseelsorger am Marienheiligtum im Kloser Svatá Hora/Heiliger Berg, bis 1999 als Kaplan und bis 2008 als Pfarrer. 2002 bis 2011 war er Provinzial der Redemptoristenprovinz Prag. 2004 bis 2008 war er Direktor der Prager Dözesancaritas. In dieser Funktion organisierte er auch den Bau eines Krankenhauses in Uganda. 2008 wurde er Mitglied des Priesterrates im Erzbistum Prag. An der Katholisch-Theologischen Fakultät der Prager Karls-Universität erwarb er 2012 das Lizenziat in Theolo-

Bevor die Weihe beginnt, hält der gebürtige Leitmeritzer Christoph Kardinal Schönborn die Festpredigt. Bilder: Diözese Leitmeritz

Bei der Prostratio genannten Niederwerfung legt sich Přibyl mit dem Gesicht zum Boden vor den Altar. Damit begibt er sich ganz in Gottes Hände. Anschließend weiht Graubner durch Handauflegung und Gebet. Das versinnbildlicht die ungebrochene Verbindung der Bischöfe zu den Aposteln.

Auch alle anderen Bischöfe legen ihre Hände auf wie der Apostolische Nuntius in der Tschechischen Republik, Jude Thaddeus Okolo, Dominik Kardinal Duka oder Christoph Kardinal Schönborn.

Graubner überreicht Přibyl das Evangeliar …

Graubner setzt Přibyl die Mitra auf, steckt ihm den Bischofsring an den Finger und überreicht ihm den Hirtenstab als Zeichen, daß der Bischof bestellt ist, die Kirche zu leiten.

Bischof Hanke spricht das Erste Hochgebet auf Deutsch. Rechts: Bischof Přibyl feiert Eucharistie.

Während des Weihegebets – dieses geht zurück bis auf die Traditio Apostolica, eine Kirchenordnung aus dem dritten Jahrhundert – halten zwei Diakone ein aufgeschlagenes Evangeliar über das Haupt des neu geweihten Bischofs.

… und salbt ihn.

Bischof Gregor Maria Hanke von der Partnerdiözese Eichstätt gratuliert dem frisch geweihten Bischof.

gie und wurde zwei Jahre später promoviert. Ab 2016 studierte er Kunstgeschichte an der dortigen Philosophischen Fakultät. 2009 bis 2016 war er Generalvikar des Bistums Leitmeritz. Seit 2016 ist er Generalsekretär der Tschechischen Bischofskonferenz. 2019 schloß er sein Masterstudium in Finanzen und Management an der Fakultät für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Jan-EvangelistaPurkyně-Universität Aussig ab. Seit 2021 gehört er außerdem dem nationalen Vorbereitungsstab für die Weltsynode zur Synodalität an. Nun wurde er zum Bsichof geweiht. Hauptzelebrant war Jan Graubner, Erzbischof von Prag, Metropolit, Primas von Böhmen und Präsident der Tschechischen Bischofskonferenz. Neben ihm wirkten Jan Baxant, emeritierter Bischof von Leitmeritz, und der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke OSB bei der Weihe mit. Konzelebranten waren Jude Thaddeus Okolo, Apostolischer Nuntius in der Tschechischen Republik, sowie böhmische, mährische und ausländische Bischöfe und Priester. Die zweite Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an Timotheus trug Alexandr „Saša“ Vondra MdEP vor. Vor der Samtenen Revolution hatte er sich in Dissidentenkreisen engagiert und deshalb im Gefängnis gesessen. Danach war der ODS-Politiker Diplomat, vertrat den Kreis Leitmeritz im Senat, war Außenminister und Vizepremier. Seit 2019 ist er Mitglied des Europäischen Parlaments. Der im Bistum Leitmeritz geborene Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn hielt die Festpredigt, die er auf Tschechisch begann und die folgendermaßen endete: „Viel hat sich seit der Samtenen Revolution in Tschechien geändert. Ich erinnere mich noch gut an meinen Besuch im Priesterseminar von Leitmeritz in den ersten Jännertagen 1990. Vojtěch Cikrle war noch Regens. Es war eine wunderbare Aufbruchstimmung seit der Heiligsprechung der Agnes von Böhmen in Rom am 12. November 1989. Ich durfte sie miterleben. Was ist aus dieser Stimmung 34 Jahre später geblieben, geworden? Wie sieht die Zeit aus, in der Du, lieber Stanislav, jetzt Bischof wirst? Ich darf Dir etwas verraten: Wir schauen zur Zeit mit wachsendem Interesse auf die Kirche in Tschechien. In Wien speziell, aber in Österreich insgesamt und wohl im Westen Europas erleben wir eine rasante Säkularisierung mit allem, was dazu gehört. Ihr habt das durch Kommunismus und Wirtschaftsliberalismus fast schon hinter euch. Wir schauen in der letzten Zeit auf euch, um besser zu lernen, wie als Kirche in einer so säkularen Gesellschaft zu leben ist, auch mit viel bescheideneren finanziellen Mitteln. Papst Benedikt XVI. wies schon 2009 darauf hin, daß wir von Tschechien lernen können, wie sich in dieser säkularen Gesellschaft Christsein heute gestalten kann. Ein Wort der kleinen Heiligen Thérèse von Lisieux möge überleiten zum nun beginnenden Akt der Bischofsweihe. In einem ihrer Gedichte steht der Satz: ,Pour t‘aimer, je n‘ai que aujourd‘hui.‘/,Um dich, Jesus, zu lieben, habe ich nur heute.‘ Möge dieses Heute dich, lieber Bischof Stanislav, alle Tage deines Lebens begleiten, bis ins ewige HEUTE Gottes!“ Nach der Weihe feierte Stanislav Přibyl, der neue Bischof von Leitmeritz, mit Geistlichen und Laien aus mehreren Ländern die Heilige Eucharistie. Nadira Hurnaus


14

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

Dux

Ladowitz

Klostergrab

Ossegg

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. Heimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard. spacek@gmx.de Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Schloß und Marktplatz 1912. Kürzlich bat Karl Schmotz ( Kasten), langjähriger Kreisarchäologe des niederbayerischen Landkreises Deggendorf, Jutta Benešová, ob sie etwas über die Geschichte des Biliner Heimatmuseums schreiben könne. Die Bitte kam von einem Archäologen, der im Rahmen seiner Tätigkeit enge Verbindungen zur Tschechischen Republik hatte. Ein Museum in Bilin? Nachdem Benešová festgestellt hatte, daß es in Bilin kein Museum gibt, wurde sie neugierig. Und sie denkt, daß das Schicksal dieses einst reichen Museums die Heimatruf-Leser Leser interessieren könnte. Sie berichtet.

D

ie Geschichte der Museen in Bilin hat nicht nur zwei historische, sondern auch thematische Linien. Die Schloß-Linie beginnt, als Joseph Franz Maximilian Fürst von Lobkowicz (1772–1816) den sehr prominenten Arzt und Naturforscher Franz Ambrosius Reuß (1761–1830) engagierte. Im Jahr 1785 zog dieser nach Bilin und wurde dort herrschaftlicher Brunnenarzt. Gleichzeitig fungierte er als Direktor der Unternehmensbetriebe des Fürsten Lobkowicz. Reuß verwaltete den Biliner Sauerbrunn, das Saidschitzer Bitterwasser, den Granatbergbau

Bilin

Teplitz-Schönau

Graupen

Niklasberg

Schloß und Rathaus 2012.

Die Geschichte des verschwundenen Biliner Museums – Teil I

Die Schloß-Linie bei Meronitz, die Kohlengruben und den Erzbergbau in Zinnwald sowie eine Reihe von Ziegel-, Kalkstein- und kleinen Steinbrüchen. Während dieser Tätigkeit fielen den Mitarbeitern oft inter-

schnell. Bald gab es, entsprechend der Menge der gewonnenen Funde, eine regelmäßige Sammlung von Mineralien und Fossilien aus dem umliegenden Mineralbergbau. Die Sammlung

Karl Schmotz † r war 1990 auch Mitbegründer der Archäologischen Arbeitsgemeinschaft Ostbayern/Westund Südböhmen – Archeologická pracovní skupina východní Bavorsko/ západní a jižní Čechy.

2007 wurde diese um Oberösterreich erweitert und schloß eine große geographische und kulturhistorische Lücke zwischen Niederbayern und Südböhmen. Von Beginn an bis zu seinem unerwarteten Tod am 25. Februar mit 75 Jahren organisierte er die jährliche archäologische Veranstaltung auf bayerischer Seite.

essante Steine und Fossilien auf, die an die Betriebskanzlei Bilin geschickt wurden. So wie das Interesse von Reuß und seine wichtigen Kontakte zunahmen, so wuchs auch die Sammlung von Naturobjekten

wuchs auch durch einen regen Austausch mit vielen führenden Forschern in ganz Europa, mit denen Reuß als Wissenschaftler in Kontakt war. In zwei kleineren Räumen des Schlosses war damals bereits ei-

Karl Schmotz war nicht nur 33 Jahre lang Kreisarchäologe von Deggendorf.

E

Die Seite des Reußdenkmals in Bad Sauerbrunn für Franz Ambrosius …

… und die andere Seite für August Emanuel Reuß.

ne kleine Mineraliensammlung ausgestellt. Die Privatsammlung von Reuß wurde in der Direktion für Industrieunternehmen auf dem Gelände des Alten Schlosses in der jetzigen KomenskýStraße aufbewahrt. Nach dem Tod von Josef Franz Maximilian Lobkowicz im Jahre 1816 wurde Ferdinand Joseph Fürst von Lobkowicz Eigentümer der Herrschaft Bilin, der ein großes Interesse an Naturwissenschaften und insbesondere Mineralogie hatte. Im Jahr 1821 verkaufte Franz Ambrosius Reuß seine gesamte Mineralien- und Fossiliensammlung, darunter eine umfangreiche Bibliothek, für die stattliche Summe von 10 000 Gulden an den Schloßherrn. Es kam zu einer Vereinigung mit einer kleineren Sammlung von Naturprodukten auf Schloß Eisenberg, und so entstand die größte geologische Sammlung der Habsburger Monarchie, die in mehreren Sälen des Biliner Schlosses ausgestellt war. Reuß verwaltete die Sammlung bis zu seinem Lebensen-

liner Museums. Sein Schicksal in Ungarn sei noch kurz beschrieben. Einen schweren Schlag erlitten die Sammlungen während des revolutionären antikommunistischen und antisowjetischen Aufstands von 1956, als das Gebäude des Nationalmuseums in Budapest bei Straßenkämpfen in

de. Durch die Ausstellung führte er damals persönlich bedeutende Naturforscher, zum Beispiel Alexander von Humboldt. Auch andere berühmte Persönlichkeiten wie Johann Wolfgang von Goethe besuchten ihn oder kurten in Teplitz oder Bilin. Nach Reußens Tod im Jahr 1830 war Josef Rubesch bis 1869 Direktor des Mineralogischen Kabinetts. Dazu gab er auch eine detaillierte Beschrei- Heute beherbergt das Ungarische Nationalmuseum in Budapest die Reuß-Sammlung aus Bilin. bung heraus. Die Sammlung umfaßte 30 000 Inventargegen- Brand geriet. Ein Teil der Sammstände und wurde jährlich von lungen verbrannte, darunter mehreren hundert Interessenten auch die Fossilien aus der Lobim Schloß besichtigt. Die Samm- kowicz-Sammlung. Der Brand lungen beeinflußten auch Reu- beschädigte unwiederbringlich ßens Sohn August Emanuel, der die Sammlung versteinerter TieMediziner, Geologe und Paläon- re, insbesondere tertiärer Tietologe war und in die Fußstapfen re aus Kutschlin, Schichhof, Koseines Vaters trat. stenblatt und Fundstellen mesoSchirmherr der geologischen zoischer Meeresschichten in der Sammlungen in Bilin war Ferdi- Umgebung von Bilin. nand Joseph Fürst von LobkoDie Mineralien- und Gewicz. Er starb 1868, und seine in steinssammlung blieb unbeschäSüdtirol lebende Tochter Leopol- digt und befindet sich noch heudina wurde Erbin der Sammlun- te in den Sammlungen des Ungen. Am 9. März 1870 verkauf- garischen Nationalmuseums. te ihr Gemahl, Anton Maria Graf Auch die umfangreiche Sammvon Bossi-Fedrigotti die gesam- lung versteinerter Pflanzen blieb te Lobkowicz‘sche Sammlung unversehrt, da sie außerhalb für 35 000 Gulden an das Unga- von Budapest gelagert worden rische Nationalmuseum in Buda- war. pest. Die paläontologische SammLaut Liste umfaßte diese be- lung wurde von dem führenden deutende Sammlung 41 217 Mi- Paläobotaniker Professor Zlato neralien, Gesteine und Fossilien. Kvaček (1937–2020) bearbeitet Die Sammlung wurde drei Mona- und als wissenschaftliche Publite lang verpackt, wog 30 Tonnen, kation 2001 neu herausgegeben. und für den Transport wurden elf Damit bleibt die Sammlung zuEisenbahnwaggons bestellt. In mindest in dieser Form hier zuBudapest wurde der größte Teil gänglich. Fortsetzung folgt im Nationalmuseum aufbewahrt, ein Teil wurde an eine TERMINE Reihe anderer Museen und Donnerstag, 29. August bis verschiedene Schulen verSonntag, 1. September: 10. Teteilt. In den nächsten hunplitz-Schönauer Heimattreffen. dert Jahren diente die naturEinladungen und Programm historische Sammlung trotz werden rechtzeitig verschickt. aller Kriege zur Freude der Auskunft: Erhard Spacek, TeUngarn als Studienmaterial lefon (01 60) 95 32 07 27, für die ungarischen WisseneMail spacek@teplitz-schoenauschaftler. freunde.org Damit endete die sogenannte Schloß-Linie des Bi-


HEIMATBOTE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

Bischofteinitz

Ronsperg

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

15 Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Heinz Winklmüller, Katharina Drescher-Seidl, Vladana Kubisková, Ludmila Mathauserová, Kristýna Pinkrová, Herbert Pöhnl, Vaclav Cordier, Herbert Mückl, Richard Unverdorben und Alfred Bruckner. Von einer gelungenen Premiere sprach Kristýna Pinkrová bei der Eröffnung der Fotoausstellung „Grenzen bewegen“ des gebürtigen Furthers Herbert Pöhnl in Taus.

E

rstmals würde hier, so Kristýna Pinkrová, der Verein Chodsko Žije!/Das Chodenland lebt!, in dem das grenzüberschreitende zweisprachige Projekt „Hindle“ beheimatet sei, mit dem Kunst- und Kulturverein Freiraum aus Furth im Wald zusammenarbeiten. Das Ergebnis sei die Präsentation dieser Fotoausstellung in den Räumen des Hindle-Zentrums am Tauser Stadtplatz. Erfreulich viele Besucher waren gekommen, unter ihnen Freiraum-Vorsitzender Alfred Bruckner, Kulturreferent Heinz Winkl-

Taus

Mit Bildern Grenzen bewegen müller, Katharina Drescher-Seidl vom Kulturamt der Stadt Furth im Wald und Ludmila Mathauserová vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds. Hindle-Projektleiterin Pinkrová wies darauf hin, daß die Ausstellung versuche, die Menschen von beiden Seiten der Grenze in Verbindung zu bringen. Der Fotograf und Autor Herbert Pöhnl dankte Pinkrová für die Möglichkeit, in Taus ausstellen zu dürfen. Er bemerkte, daß sich die Ausstellung der Grenzbegegnung widme, und stellte danach einige Besucher vor,

die sich ebenfalls für BegegnunErfreut zeigte er sich auch über aus Kollnburg im niederbayerigen über die Grenze hinweg ein- den Besuch von Marta Klimmer schen Kreis Regen, die mit Vesetzten. Unter den Beronika Němcová ein suchern habe er auch deutsch-tschechischneue Leute kennengebayerisches Wörterlernt, die viel grenzbuch verfaßt hatte. Eiüberschreitend unternen besonders herzindle bedeutet im chodischen Dialekt der wegs seien wie Vaclav lichen Dank richtete Ort zwischen hier und dort. Hindle ist die Cordier. „Vaclav Corer an seine Frau GiseRegion zwischen Pilsen und Regensburg, in der dier hat eine interesla, die seit zehn Jahren es nicht darauf ankommt, welche Sprache man sante Biographie und dieses Projekt unterspricht, sondern daß man sich versteht. Trotz der wird mir nun nicht stützt. schwierigen Vergangenheit gibt es viel mehr, mehr auskommen“. Er habe, so Pöhnl, was uns eint, als was uns trennt. Hindle ist ein Auch die Pläne von in den vergangenen Ort, an dem es keine Grenzen geben muß, wenn Felix Bruckner fand zehn Jahren rund 1500 wir das wollen und etwas dafür tun. Herbert Pöhnl sehr inPersonen von beiteressant. den Seiten der Gren-

Hindle

H

Bild: Karl Reitmeier

ze portraitiert. Als Schlüssel zu den Menschen auf beiden Seiten der Grenze habe er die Bürgermeister kennengelernt, wofür er danke. Erstaunlich sei, „wie wir heute Grenzen bewegen“. „Laßt uns weiter die Grenzen bearbeiten, bis wir die Grenzen gar nicht mehr merken“, schloß er. Anschließend wurde ein Video über die Arbeit von Herbert Pöhnl vorgeführt. Dabei wurde deutlich, daß Pöhnl nicht verbissen an seinen Fotos arbeitet, sondern daß dabei auch der Humor nicht zu kurz kommt. Karl Reitmeier Herbert Pöhnl: „Grenzen bewegen“ bis 20. Mai im Hindle-Zentrum, Náměstí Míru 122, Taus, Sonntag und Montag 13.00 bis 18.00 Uhr.

Muttersdorf

Die wechselvolle Geschichte einer Pfarrei Die Pfarrei Muttersdorf ist mittlerweile zu einsam für einen Pfarrer.

I

schaften aus. 1644 wurde der Friedhof Sankt Sebastian angelegt. In seiner Mitte stand die alte Sankt-Sebastian-Kirche. Im 18. Jahrhundert umfaßte die Pfarrei Muttersdorf 14 der umliegenden Ortschaften. 1707

ger wurde in der Mitte der Kirche angelegt. 1736 bekam die Pfarrei eine Kaplanstelle. 1759 spendete der Gutsherr eine große zinnerne Ampel, verziert mit dem Wiedersperger Wappen. Diese wurde als ewiges Licht genutzt.

m Jahr 1352 wurde erstmals eine Pfarrei in Muttersdorf erwähnt. Zu dieser Zeit gehörte außer Muttersdorf noch Wasserau zur Pfarrei. 1360 und 1364 präsentierte Protiwetz von Muttersdorf einen Pfarrer für die Gemeinde. Bereits 1384 bestand eine Pfarrkirche. 1972 wurden bei einer Renovierung ein zugemauertes gotisches Fenster und Fresken entdeckt. Aus diesen Funden kann man schließen, daß an dieser Stelle in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine gotische Kirche stand. Die Jahreszahl 1440 befindet sich auf einer Turmglocke neben dem Wappen der Wiedersperger. 1433 präsentierte Pawlik von Bělowic einen Pfarrer für Muttersdorf und stiftete die Glokken von 1434 und 1440. Von 1517 bis 1555 war Muttersdorf von der Reformation betroffen. In dieser Zeit war Heinrich von Wiedersperg Herr von Muttersdorf. 1573 wurde die Kirche in Muttersdorf von pfälzischen Räubern geplündert. Daraufhin baten die Muttersdorfer Katholiken den Erzbischof von Prag um eine Spende zur Behebung des angerichte- Blick in die Muttersdorfer Bartholomäuskirche vor zehn Jahren ten Schadens. 1614 stiftete Heinrich von Wiedersperg der wurde die Kirche Sankt BarthoNachdem der alte Pfarrhof Muttersdorfer Kirche eine gro- lomäus im romanischen Stil er- beim großen Brand 1877 den ße Glocke mit dem Wappen der baut. Sie erhielt einen 32 Meter Flammen zum Opfer gefallen Wiedersperger. hohen Kirchturm mit sechs bron- war, wurde er 1878 neu aufgeIm 16. und 17. Jahrhundert zenen Glocken und ein kunst- baut. Die Pfarrei hatte drei kadehnte sich die Pfarrei Mutters- voll gegossenes Taufbecken aus tholische Friedhöfe. Von 1359 dorf jeweils auf weitere fünf Ort- Zinn. Die Gruft der Wiedersper- bis 1945 wirkten in Mutters-

dorf 38 Pfarrer und 53 Kapläne. Zur Pfarrei Muttersdorf gehörten: Muttersdorf, Schwanenbrückl, Rindl, Althütten, Wasserau, Groß Gorschin, Klein Gorschin, Pfaffenberg, Putz-

bühl, Altgramatin seit 1784, gehörte vorher zu Hostau, Horouschen, gehörte seit 1784 zur Pfarrei Hostau. Bis 1784 gehörte Waier mit Oberhütten, Unterhütten, Friedrichshof, Bernstein, Böhmisch

Schwarzach, Neid, Neuhütten und Schnaggenmühl zur Pfarrei Muttersdorf. Seit 1784 bildete Waier mit diesen Orten eine eigene Pfarrei. Zur Gemeinde Rindl gehörte die Gemeinde Jungrindl, die aber nach Stockau eingepfarrt war. Das sehr alte Sebastianskirchlein wurde 1813 vom russischen Militär als Quartier benutzt. Alles Holzwerk im Kirchlein wurde zur Feuerung verwendet. Das Kirchlein verfiel in der Folge. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in Muttersdorf und Umgebung die deutsche Bevölkerung, die weitgehend Träger der katholischen Religiosität gewesen war, vertrieben. Die Einwohnerzahl von Muttersdorf sank dadurch plötzlich von 1200 auf 200 Einwohner. Die wenigen verbliebenen und neuangesiedelten Tschechen hatten nur sehr wenig Interesse an Religion. Die Tschechen gehören zu den atheistischsten und religionslosesten Menschen in Europa. Im Jahr 2010 war in der Tschechischen Republik mit 16 Prozent der Anteil der Menschen, die an einen Gott glauben, am niedrigsten von allen EU-Staaten. Im ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhundert herrschten ein allgemeiner Gläubigenschwund und Priestermangel. Dies führte zu einer Zusammenlegung vieler kleiner Kirchengemeinden zu immer größeren Gebilden. Im Jahr 2020 gehörte Muttersdorf zur Pfarrgemeinde Ronsperg. Zu dieser Pfarrei gehörten

2020: Trohatin, Berg, Metzling, Hoslau, Münchsdorf, Muttersdorf, Neugramatin, Wottawa, Wilkenau, Ronsperg und Weier. Dagegen gehörte das benachbarte Hostau zur Pfarrgemeinde Bischofteinitz. Zur Pfarrei Bischofteinitz gehörten 2020 Weißensulz, Bischofteinitz, Hostau, Meßhals, Mirschigkau, Pfraumberg, Hochsemlowitz, Sirb, Zemschen, Großmallowa und Wiedlitz. Selbst diese riesigen Pfarrgemeinden hatten keine eigenen Priester, sondern wurden durch Beauftragte des Vikariats Taus sporadisch versorgt. Diese Beauftragten lebten nicht in ihrer Pfarrgemeinde, so wie das in früheren Zeiten für den Gemeindepfarrer üblich war, sondern sie wohnten in Taus und kamen nur bei Bedarf in die Pfarrgemeinde. Als Ursache dieser Praxis wurde angegeben, daß sich die Pfarrer in ihrer Pfarrei zu allein und einsam fühlen würden. So die Antwort des Pilsener Bischofs Tomáš Holub am 9. Juli 2019 auf die Frage des Tauser Tageszeitung „Domažlický deník“, ob ein Pfarrer gefunden werden soll, der in Ronsperg seinen Beruf ausübt: „Nein. Weil sich die Gemeinde Ronsperg als eine Gemeinde erwies, die für einen Priester, der dort allein in der Pfarrei lebt, unter den gegenwärtigen Bedingungen und der Anzahl der Gläubigen, nicht lebenswert ist. Wir dürfen auch die Einsamkeit nicht vergessen, die ihn dort später erwartet. Daher habe ich im nächsten Schritt beschlossen, daß die Gemeinde Ronsperg direkt von Taus aus verwaltet wird.“


16

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstra­ße 21, 83352 Altenmarkt, Tele­fon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl­ @online.de. In­ter­net www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Oben rechts: In den Jahrzehnten nach der Vertreibung setzte die rauhe Witterung dem Kirchenbau immer mehr zu. Der Außenputz löste sich teilweise vom Mauerwerk, so daß die alten gotischen Fenster zum Vorschein kamen, die im Rahmen der barocken Umgestaltung zugemauert worden waren. Die großen Fenster wurden um 1750 in die Wand geschlagen. An der Stirnseite des einfachen Kirchenbaus kam hinter dem Hochaltar ein schmales romanisches Fenster zum Vorschein (Mitte). Das beweist, daß die Speierlinger Kirche (rechts) in der Zeit der Romanik zwischen 1000 und 1200 erbaut worden ist. Die Bilder dokumentieren den Zustand um 1985. Bilder: Wolf-Dieter Hamperl Franz Heller, der langjährige Ortsbetreuer von Speierling, hat im Jahr 2001 anläßlich der Renovierung der Kirche Sankt Peter und Paul in seinem Heimatort eine schöne Broschüre herausgegeben. An den Beginn der Dokumentation der Renovierungsmaßnahmen stellte er folgende Erzählung.

T

räume geben oft Anregung für wundersame Geschichten. Sie deuten nicht immer die Wirklichkeit des Geschehens, erreichen aber in ihrer Phantasie mögliche Annäherungen an das gelebte Leben. So war es wohl in Speierling, einem kleinen Dorf in Westböhmen, weit ab von dem pulsierenden Leben im ehemaligen Egerland. Das Dorfleben wurde geprägt von der Landwirtschaft, dem Löwensteinschen Meierhof, der für viele kleine „Haislleute“ der Hauptarbeitgeber war. Die Bewohner waren meist auch Handwerker, vorwiegend Maurer und Zimmerleute, die in der Saison in das angrenzende Deutschland fuhren, um dort zu arbeiten, und somit ihren Lebensunterhalt verdienten. Eine einklassige Volksschule, die schon 1838 als Gemeindeprivatschule errichtet worden war, brachte der heranwachsenden Jugend Lesen und Schreiben bei. Die fast 800jährige romanische Kirche mit einem ebenso alten Friedhof steht im Osten des Dorfplatzes auf einem Hügel. Im Laufe der Jahrhunderte gab es im kirchlichen Leben viel auf und ab, das Gotteshaus war sogar nach den Hussitenkriegen und dem Dreißigjährigen Krieg über mehr als 100 Jahre lang dem Verfall ausgesetzt gewesen. 1749/50 entriß der Stadtpfarrer von Haid, Joseph Schmidt, die Kirche dem Verfall, baute sie wieder auf und renovierte sie. 200 Jahre später, nach der Vertreibung der Sudetendeutschen, war sie erneut dem Ruin ausgesetzt. Erst am Ende des 20. Jahrhunderts ergriff Vikar Vladimír Born aus Haid wieder die Initiative, und unter Mithilfe der ehemaligen Speierlinger Bewohner sanierte er die Bausubstanz und renovierte die Kirche. Der heutige Zustand, so Gott will, wird wohl die Kirche die nächsten 200 Jahre überleben lassen. Und da beginnt der Traum, der Wirklichkeit wurde.

� Erzählung von Franz Heller – Teil I

Die Speierlinger im Himmel Die Toten, die auf dem Fried- ern. Im Himmel, wo sie jetzt ein- nach Sankt Anna bei Tirna, schon treibung der Menschen aus ihhof von Speierling ihre letzte Ru- gebunden waren, war es hei- 1937 im 64. Lebensjahr abberu- rer Heimat würden sie viel Unhe gefunden hatten, kamen sich melig und warm, keine Last lag fen worden. heil anrichten. verlassen vor, als ihre Kinder und mehr auf ihren Schultern. Sie Der Paffareas kam 1946 und erSein Vater, der Alte Pfaff, kam Enkel und all die Verwandten aus fügten sich in ihr Schicksal, und zählte, was in Speierling Schlim- 1951 zu ihnen und erzählte noch ihrer Heimat vertrieben wurden. ihr Hauptaugenmerk galt ihren mes geschah. Der Haislseff, dem Schlimmeres. 1952 kam der alte Kein Leben in der Kirche und um Kindern und Verwandten, die dies alles erspart geblieben war, Büallat und wußte von den bessie herum. Die Häuser verfallen, sie, so Gott will, auch einmal im sprach sofort bei Petrus vor und seren Zeiten in Speierling zu benur wenige Tschechen wohnen Himmel erwarteten. drängte ihn, etwas dagegen zu richten. Von großen Hochzeiten, im Ort. Die alten Speierlinger, Die ehemaligen Speierlinger unternehmen. Aber der wink- die meistens zu Hause abgehaldie weit ab von ihrer Heimat in im Himmel betreute der Haisl- te ab und versuchte ihm zu er- ten worden seien, von schönen der Fremde gestorben waren und seff, der frühere Mesner. Er war, klären, daß die Dämonen mit ih- Festen und vom Fastnachtstreidort ihre letzte Ruhe gefunden obwohl ein fleißiger Streiter im rer atheistischen Weltanschau- ben im Dorf. Dem Haislseff‘n seihatten, fanden sich in der ewi- Glauben und Organisator von ung versuchten, die Welt neu zu ne Frau war seine Schwester, und gen Heimat wieder im Himmel Wallfahrten nach Pleystein und ordnen. Durch Kriege und Ver- die Verwandtschaft beflügelte und beklagen seine Berichterdiese Entwickstattung. Es war lung. Fast alle schön, mit jefanden sich dort mandem zu rewieder, denn sie den, der die beswaren anständiseren Zeiten mitge und biedere erleben durfte. Menschen geweDabei vergaß er sen und hatten die Grausamkeiwegen der vieten, die der Krieg len Arbeit keine und seine Folgen Zeit in ihrem irüber seine Famidischen Leben, lie gebracht hatUnredliches zu ten. Sein Sohn, tun und auf dumder Seff, der 1963 me Gedanken zu aus dem irdikommen. schen Leben abNun sahen sie berufen wurde, den Verfall ihres langjähriger BürDorfes, in dem germeister von sie zur Welt geSpeierling gewekommen waren, sen war und sich und den Verfall für die Gemeinihrer uralten Kirde verantwortlich che, in der sie, fühlte, berichtewenn es schwiete von Speierlinrige Zeiten zu ger Familien, die überstehen geim hessischen gegeben hatte, Okarben ihr neuimmer Trost und es Zuhause geZuspruch gefunden hätten. funden hatten. Für viele Ältere Sie wollten helwar der Abstieg fen und konnten von der Selbstännicht. Ab und zu digkeit in ein Abfanden sie den hängigkeitsverWeg dorthin. Es hältnis, um das war kalt und frotägliche Brot für stig. Der Putz fiel die Familie zu von den Mauern. beschaffen, mit Der Wind strich großen Demütidurch die kagungen verbunputten Fenster, den. Diese Sorund durch das gen und Entbehundichte Dach rungen nagten drang Feuchtig- Die alte Speierlinger Kirche mit der Friedhofsmauer und den mächtigen Linden seitlich der Aufgangstreppe. an ihrer GesundBild: Franz Heller heit. keit in die Mau- Rechts von der Kirche der Friedhof. Das Foto dürfte im Winter 1940 gemacht worden sein.

Der Nopfnwenzel, der schon zu Weihnachten 1940 seine Frau plötzlich verloren hatte, 1944 seinen Sohn in Rußland hatte lassen und nach der Vertreibung schlimme, fast unmenschliche Dinge in der ihm zugewiesenen neuen Heimat hatte erleben müsssen, wurde 1956 aus dem irdischen Leben abberufen. Er gesellte sich zu den Speierlinger Familien und fand Ruhe und Frieden. Von Jahr zu Jahr wurden es mehr. 1962 kamen der Annerlreas und seine ehemalige Nachbarin, die Schütznmutter, beide viel zu früh aus dem Leben gerissen. 1964 stieß der Lutznbauer dazu, der ebenfalls mit seiner Familie Schlimmes zu ertragen gehabt hatte. Er war in das Landes­ innere verschleppt worden und mußte über längere Zeit Zwangsarbeit leisten. Er ist davon krank und nur 64 Jahre alt geworden. Auch der Gouterlwenzel mußte als Vertriebener in Bayern nach dem Verlust seines Hofes und seiner Habschaften nur noch zehn Jahre im irdischen Leben ertragen. 1956 wurde er abberufen, seine Frau Kathl acht Jahre später. Im großen, unendlich weiten Himmelreich wurde das Häuflein der Speierlinger immer größer, und es gesellten sich auch Frauen dazu, die die kleine Gemeinschaft belebten. Im irdischen Bereich scharten sich die ehemaligen Speierlinger, die fast alle in die Bundesrepublik aufgenommen worden waren, um den Guaslseffen. Der versuchte, die Geschehnisse um Speierling zusammenzutragen und die ehemaligen Gemeindebürger zu registrieren, um ihre neuen Anschriften zu erfahren. Hier halfen alle zusammen, um das Umfeld der Einzelnen zu erforschen. Nach seinem Tode im Jahre 1978 übernahm diese Aufgabe der Faoltatone und fungierte dann als Ortsbetreuer von Speierling. Beide waren aufgrund ihres hohen Alters unbeweglich geworden und konnten die Tagungen des Heimatkreises nicht mehr besuchen. Diese Aufgaben übernahm dann ab dem Jahre 1990 sein Sohn Franz. Der war zu diesem Zeitpunkt in den Ruhestand versetzt worden. Nun hatte er Zeit und versuchte, die ehemaligen Speierlinger näher zusammenzuführen. Fortsetzung folgt


17

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

Heimatkundliches Mitteilungsblatt für die Vertriebenen aus dem Isergebirge/Organ des Gablonzer Heimatkreises e.V. Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail isergebirge@sudeten.de

Tag der Muttersprache im Sudetendeutschen Haus

Paurisch in Museum und Saal A

nläßlich des Tags der Muttersprache war im Sudetendeutschen Haus und im Museum Paurisch zu hören. Am Nachmittag stellte Leo Schön einen Gegenstand aus der Dauerausstellung des Sudetendeutschen Mu-

seums auf Paurisch-Braunsch vor ( SdZ 9/2024), wobei ihm Mauke-Fans interessiert folgten. Am Abend erfreute Die Band mit Musik und Kabarett ein begeistertes Publikum mit ihrem Programm „Ohne Untertitel“.

Rudolf Burkert aus Polaun

Der lange Oswald In Folge 7 der IsergebirgsRundschau wurde über den Skifahrer und Olympioniken Rudolf Burkert berichtet. Im Skiclub Windsbraut gab es einen zweiten, ebenfalls bedeutenden Wintersportler, es war Oswald Bartel, geboren 1888.

D

er „lange Oswald“, so war sein Rufname, ist auch verbunden mit der tragischen Geschichte des tschechischen Skisports. Am 24. März 1913 war auf dem Riesengebirgskamm ein 50-Kilometer-Langlauf angesagt, die Meisterschaft der Böhmischen Krone. Für die tschechischen Spitzensportler Bohumil Hanč, Emerich Rath, Karel Jarolimek und andere war Bartel der größte Konkurrent von der deutschen Seite. In einem unerwartet starken Schneesturm kamen Hanč und sein Helfer Vrbata in der Nähe der Elbfallbaude ums Leben. Das tragische Ereignis wurde nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Titel „Söhne der Berge“ (Synové hor) verfilmt.

Es gibt auch ein gleichlautendes Buch. Oswald Bartel, in die DDR vertrieben, war zufällig zu Besuch bei seiner Tochter in Unter Polaun, als in Dessendorf der erwähnte Film im Kino aufgeführt wurde. Bartel, der Großvater meiner Frau, wurde als Ehrengast eingeladen und bekam das Buch überreicht. Das von den Filmschauspielern signierte Buch ist jetzt in unserem Besitz. Oswald Bartel war in den Jahren 1922/23 besonders erfolgreich. Am 20. Jänner 1923 siegte er in einem gesamtdeutschen 12-Kilometer-Rennen im Erzgebirge. Am 8. Februar gewann er in Harrachsdorf ein 50 Kilometer langes Kongreßrennen, in dem es Teilnehmer aus acht Ländern gab. Fünf Wochen später wurde er zweiter in einem 50 Kilometer langen reichsdeutschen Rennen in Schreiberhau. In der mitteleuropäischen Meisterschaft in Johannesberg wurde der 37jährige in seiner Altersgruppe achter, unter 140 Teilnehmern. Herbert Fischer

Bilder: David Heydenreich (1), Kathrin Hoffmann (2)

TERMINE Freitag, 15. März, 15.00

Uhr, Isergebirgs-Museum: „Ich bin ein Geschichtenerzähler“. Lesung aus der gleichnamigen Publikation von Otfried Preußler, die einen Einblick in Leben und Werk, persönliche Überzeugungen und Weltanschauung gibt. Kosten: 2,00 Euro. Anmeldung telefonisch über (0 83 41) 96 50 18 oder per eMail verwaltung@ isergebirgs-museum.de Samstag, 16. März, 10.00 Uhr, Isergebirgs-Museum: „Der kleine Wassermann“. Kindgerechte Lesung mit anschließendem Kreativangebot. Materialkosten: 3,00 Euro. Anmeldung telefonisch unter (0 83 41) 96 50 18 oder per eMail verwaltung@ isergebirgs-museum.de Mittwoch, 3. April, 10.00 Uhr, Isergebirgs-Museum: „Der Räuber Hotzenplotz“. Kindgerechte Lesung mit anschließen-

dem Kreativangebot. Materialkosten: 3,00 Euro. Anmeldung telefonisch unter (0 83 41) 96 50 18 oder per eMail verwaltung@ isergebirgs-museum.de Samstag, 6. April, 15.00 Uhr, Isergebirgs-Museum: „Reikuckn. Paurischer Mundartnachmittag“ mit Thomas Schönhoff. Isergebirgs-Museum, Kleine Galerie, Bürgerplatz 1 (Gablonzer Haus), Kaufbeuren-Neugablonz. Anmeldung telefonisch unter (0 83 41) 96 50 18 oder per eMail verwaltung@ isergebirgs-museum.de Samstag, 20. April, 12.00 Uhr, Isergebirgs-Museum: „Reikuckn. Paurische Mundart rund um die Gablonzer Küche“ von Thomas Schönhoff. Anmeldung telefonisch unter (0 83 41) 96 50 18 oder per eMail verwaltung@ isergebirgs-museum.de

WIR GRATULIEREN Schumburg-Gistei, Unterschwarzbrunn. Am 8. April gratuliert die Ortsgemeinschaft Selma Reckziegel/Reckziegel zum 84. Geburtstag in KaufbeurenNeugablonz. Hans Theileis Ortsbetreuer Labau-Pintschei. Die Ortsgemeinschaft gratuliert zum Geburtstag im April: zum 94. am 5. Heinz Heidrich in Bad Reichenhall; zum 92. am 7. Cäcilia Piwernetz/Baumann in Linsengericht; zum 91. am 15. Marga Strinzel/Könnecke in Sargstedt; zum 89. am 2. Ewald Bernt in Weidenberg; zum 86. am 4. Hans Lau in Smrzovka; zum 85. am 9. Christa Schulz/ Dubsky in Möglingen; zum 84. am 29. Rudolf Kretschmer in Mosbach; zum 81. am 11. Klemens Posselt in Kaufbeuren-Neugablonz; zum 79. am 23. Hertwig Simm in Kaufbeuren-Neugablonz; zum 77. am 23. Christiane Delese in Texarkana/Arkansas (USA); zum 76. am 13. Hans-Peter Bernt in Ebenhofen; zum 74. am 22. Helmut Fabian-Krause in Kaufbeuren;

zum 64. am 30. Thomas Theileis in Kaufbeuren-Neugablonz; zum 50. am 18. Cornelia Pinkert in Bonn. Hans Theileis Ortsbetreuer

Friedrichswald. Im April gratulieren wir zum Geburtstag: zum 86. am 28. Horst Blaschke; zum 85. am 11. Erna Gärtner/ Jäger in Teublitz.

zum 88. am 30. Magda Rössler/ Jäger in Neugablonz; zum 87. am 1. Brigitte Hesche/ Posselt; zum 81. am 19. Manfred Schier.

Dalleschitz. Am 10. April gratulieren wir Hannelore Pavlata/Kovar zum 82. Geburtstag in Pforzheim. Hans Theileis Ortsbetreuer

Gablonz. Zum 95. Geburtstag am 24. Februar gratulieren wir nachträglich Anita Kaiser/ Prade in Lindau am Bodensee auf das Herzlichste und wünschen ihr von Herzen alles Gute. Im April gratulieren wir zum 99. am 21. Margit Rössler (Seidenschwanzer Straße 4) in Neugablonz; 88. am 14. Dr. Horst Zappe (Bartelberg) in Weidenberg; 85. am 9. Wolfgang Weyer in Steyr (Österreich).

Kukan. Im April gratulieren wir zum Geburtstag: zum 86. am 22. Gudrun Kreutzberg/Filip; zum 79. am 23. Hertwig Simm in Neugablonz; zum 78. am 27. Dieter Kittel.

Gränzendorf. Im April gratulieren wir zum Geburtstag: zum 85. am 4. Edeltraud Popp/ Klamt in Teneriffa; zum 84. am 27. Sieglinde Klamt in Kaufbeuren.

Seidenschwanz. Im April gratulieren wir zum Geburtstag: zum 88. am 13. Gertrud Kittel/ Preissler; zum 88. am 14. Brigitte Schmidt/Zinke.

Grünwald. Am 12. April gratulieren wir Ursula Cimander/Porsche zum 81. Geburtstag.

Maxdorf. Im April gratulieren wir zum Geburtstag: zum 89. am 5. Hilde Mayer/ Bönsch in Mauerstetten; zum 68. am 21. Gerhard Mitlehner in Linsengericht. Thomas Schönhoff Ortsbetreuer

Polaun. Wir gratulieren al-

len Heimatfreunden, die im April Geburtstag feiern können, und wünschen ihnen ein gesundes neues Lebensjahr. Hans Pfeifer Ortsbetreuer Albrechtsdorf. Im April gratulieren wir zum Geburtstag: zum 79. am 9. Helmut Bartel; zum 84. am 11. Gerlinde Trostl/Ullmann. Antoniwald. Im April gratulieren wir zum Geburtstag: zum 82. am 8. Susi Krüger/ Bergmann in Neugablonz; zum 80. am 29. Herbert Krompholz in Oberursel. Karlsberg. Am 19. April gra-

tulieren wir Anneliese Ranzinger/Dressler zum 91. Geburtstag in Steinholz.

Im April gratulieren wir zum Geburtstag: zum 90. am 29. Herta Krause/ Schöler; Johannesberg.

Morchenstern. Im April gratulieren wir zum Geburtstag: zum 86. am 4. Hans Lau, zuhause in Morchenstern; zum 85. am 17. Elfriede Ausmus/Scheibler.

WIR BETRAUERN Im Dezember 2023 starb zu Hause in Seidenschwanz Heinz Zinke im Alter von 93 Jahren. Als Spätaussiedler kam er 1965 nach Biberach und zog nach dem Tod seiner Gattin Margit wieder zurück in die Heimat. Seidenschwanz.

Friedrichswald. In Neugablonz starb im Januar Helmut Usler im Alter von 90 Jahren. Seine Mutter Edith war einige Jahre Ortsbetreuerin von Friedrichswald und sehr heimatverbunden. Polaun. In Neugablonz starb Peter Bergmann (Judengaßl/Unter-Polaun) im Alter von 78 Jahren. Sein Vater Kurt bekleidete einige Jahre das Amt des Ortsbetreuers von Polaun. Gablonz. In Prag verstarb im Januar Walter Hofirek aus Gablonz im Alter von 85 Jahren. Um ihn trauert seine Schwester Margit zu Hause in Gablonz, Waldzeile 48. Nach langer Krankheit starb im Pflegeheim Neugablonz un-

sere liebe Heimatfreundin Giselheid Staffa/Lahmer aus der Glasschleiferstraße, im Alter von 93 Jahren. Wie ihre Mutter war sie Damenschneiderin von Beruf und aktives Mitglied des Mundartkreises Neugablonz. Ihrem Lebensgefährten Gunther Brosche herzliches Beileid. Am 4. Februar verstarb Brigitte Müller/Ullrich nach schwerer Krankheit im Alter von 89 Jahren. Ihrem trauernden Gatten Heinz mit Familie in Kaufbeuren herzliche Anteilnahme. Das Ehepaar Müller arbeitete viele Jahre ehrenamtlich im Isergebirgs-Museum Neugablonz. Am 17. Februar starb in Neugablonz Isolde Böhm/ Preissler (Tochter von Bruno und Laura Preissler) im 80. Lebensjahr. Um sie trauern ihre Kinder Norbert und Christina mit Familien. Thomas Schönhoff Reichenau. In Kaufbeuren verstarb im 90. Lebensjahr Max Preissler (Sohn vom PreisslerFlejschr), betrauert von seinen Kindern und Enkeln.

Neues Kochbuch mit Rezepten aus der Heimat

Wahre Schätze V

on einer Reise in die ehemalige Heimat, das Sudetenland, brachten die Schwiegereltern von Hans-Jürgen Salier in den 1970er Jahren ein handgeschriebenes Kochbuch mit. Es stammt von einer ehemaligen Mitbewohnerin in Reichenberg (heute Liberec). Die Aufzeichnungen in Sütterlin-Schrift leisteten danach in der Familie gute Dienste, um das Erbe der nordböhmischen Küche weiterhin zu pflegen. Kurz vor seinem Tod transkribierte der Thüringer Autor und Verleger Hans-Jürgen Salier das Kochbuch von Betty Kubik, um es herauszugeben. Erweitert hat er das Manuskript um die Fluchtgeschichte seiner Schwiegereltern von Böhmen nach Thüringen. Am 11. März erschien das Buch im Verlag Tschirner & Kosova, Leipzig. In der nächsten Ausga-

be werden wir das Buch genauer vorstellen.

Hans-Jürgen Salier: „Wahre Schätze aus der Nordböhmischen Küche. Rezepte & Geschichten“, 184 Seiten, Hardcover mit Leinenbezug, 35 Euro. ISBN 978-3-9825526-2-0


18

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

Heimatblatt für den Kreis Sternberg in Mähren (einschl. Neustädter Ländchen) Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail sternberg@sudeten.de

Bild: landesecho.cz

Die Kapelle am Heidebrünnl auf einer Postkarte aus dem Jahr 1913 ...

... und auf einer Postkarte aus dem Jahr 1940. Bilder (2): https://ansichtskarten-lexikon.de/ak-56974.html

Das Heidebrünnl im Altvatergebirge

Wallfahrtsort heute oben ohne Schon einige Male besuchte ich mit meinem Mann das Heidebrünnl im Altvatergebirge, 1333 Meter hoch am Roten Berg gelegen. Ein Ort, der mich immer wieder beeindruckt.

D

Freilichtaltar und altes Kreuz auf den Fundamenten der ehemaligen Heidebrünnl-Kapelle. Bild: heimatlandschaft-altvater.eu

a wir durch die „Frühlingsblumen“ schon in der Natur sind, können wir auch einen Spaziergang zum Heidebrünnl machen. Das fand ich zur Geschichte des Heidebrünnel: (nach J. Schön?) Um 1300 war es, da beobachtete ein Jäger, wie ein angeschossener Hirsch durch das Quellwasser des Heidebrünnel gesund

Das größte christliche Fest

wurde. Die Familie des Jägers erkrankte später an Aussatz, und voller Verzweiflung ging man zur Heidequelle, betete und flehte die Jungfrau Maria an, wusch sich in der Quelle und ... fand Heilung. Zum Dank wurde ein aus Ahornholz gefertigtes Gnadenbild auf einem Steinsockel angebracht. Fürst Liechtenstein baute eine Kapelle darüber und ließ auch die Quelle fassen. Das war der Anfang eines berühmten, weit bekannten Wallfahrtsortes. Der österreichische Kaiser Joseph II. (1765–1790) ließ aber leider alle Wallfahrtsstätten schließen. So kam das Gnaden-

stern hat in unserem Kulturkreis eine besondere Stellung, denn für alle hat diese Zeit eine wichtige Bedeutung. Nichtgläubige feiern den Frühling, das Erwachen der Natur und die Fruchtbarkeit. Dies ist mit verschiedenen Bräuchen verbunden, die ihren Ursprung in der heidnischen Zivilisation haben. Der religiöse Feiertag hat eine jüdische Tradition, denn vor ungefähr 3500 Jahren verließ das jüdische Volk Ägypten. Das „Pascha-Fest“ wurde die Feier vom Ende der Sklaverei. Für Christen ist Ostern das bedeutendste Fest im Jahr, bedeutender als Weihnachten. Die Gläubigen erinnern sich in diesen Tagen an die Ankunft Jesus in Jerusalem, seine folgende Inhaftierung, seinen Märtyrertod am Kreuz und die Auferstehung. Die Tage vor dem Osterfest bilden den Höhepunkt des christlichen Jahres. Am Palmsonntag gedenken die Gläubigen Jesu Ankunft in Jerusalem und erinnern daran mit Palmzweigen. Gründonnerstag symbolisiert die Einsetzung des aller-

A

ls 1946 das Vertreibungsschicksal den damals 15jährigen Ernst Seifert zusammen mit seiner Familie, die in Winkelsdorf im Tesstal (Kreis Mährisch Schönberg) ihr Zuhause hatte, traf, fiel es besonders Mutter Anna Seifert/Praus schwer, die Heimat zu verlassen. Als tiefgläubige Frau hatte sie die nahe gelegene Heidebrünnl-Kapelle in Freud und Leid oft aufgesucht. Da Ernst der Kummer der Mutter sehr zu Herzen ging, versprach er, eine neue Heidebrünnl-Kapelle zu bauen, sobald es ihm möglich sei. Fleiß und Tatkraft erlaubten es dem späteren Kaisheimer Neubürger, eine gut zwei Hektar große MagerrasenHeidefläche zwischen Kaisheim und Gunzenhausen zu kaufen und mit mehr als 8000 Bäumen und Sträuchern zu bepflanzen. 1998 begann Seifert mit dem Neubau der Kapelle sein Versprechen einzulösen. An Christi Himmelfahrt 2004 wurde das dem Original nachempfundene Bauwerk, das etwa 45 Personen Platz bietet, vom damaligen Augsburger Bischof Dr. Walter Mixa in einem festlichen Gottesdienst eingeweiht. Die Kapelle ist an Sonn- und Feiertagen von 14.00 bis 17.00 Uhr geöffnet. Führungen bitte bei der Marktgemeinde Kaisheim erfragen.

Restaurierung des Kirchendachs nach traditionellem Verfahren

Ostern O

bild in die Pfarrkirche Großullersdorf. Um 1800 stellten beherzte Männer die verfallene Kapelle wieder her, und das Gnadenbild kam an den alten Platz zurück. 1814–1850 wurde eine neue Kapelle errichtet, die 96 Jahre ihren Dienst tat. Tausende Touristen und Pilger besuchten sie und beteten darin, bis mit der Vertreibung auch ihr Ende kam. An Christi Himmelfahrt 1946, am 30. Mai, schlug der Blitz in die Kapelle ein, und sie brannte bis auf die Grundmauern nieder. Das Gnadenbild wurde gerettet. Sigrid Lichtenthäler

Wenn man „Heidebrünnl“ googelt, erhält man Treffer zu einer Heidebrünnl-Kapelle im Altmühltal. Dort, zwischen Kaisheim und Gunzenhausen, steht eine Nachbildung der Kappelle aus dem Altvatergebirge.

heiligsten Festes, die Eucharistie, welche Christus der Menschheit beim letzten Abendmahl als Mittelpunkt des christlichen Gottesdienstes übergibt. Danach wurde er vom Apostel Judas verraten und von römischen Soldaten gefangengenommen. Der Abendgottesdienst am Gründonnerstag ist der Beginn des Oster-Triduums. Am Karfreitag starb Jesus am Kreuz; das ist der Tag des strengen Fastens. Ostersamstag lag Jesu Körper im Grab. Das Wichtigste geschah in der Nacht vom Samstag auf den Ostersonntag, dann feiern die Christen die Auferstehung. Ostern ist ein beweglicher Feiertag; man feiert ihn am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond. Fällt dieser auf einen Sonntag, ist Ostern eine Woche später. Dieser Termin wurde im Jahre 325 festgelegt beim Konzil von Nicäa, zu dem der römische Kaiser Konstantin I. gerufen hatte. Aus dem „Mährisch Neustädter Berichterstatter“, April 2023, übersetzt und leicht gekürzt von Sigrid Lichtenthäler.

Zur Erinnerung an die Palmzweige werden in vielen Regionen Regio Palmbuschn aus Palmkätzchen und Buchsbaum gebunden. Bild: Kathrin Hoffmann

Allmählicher Zerfall Vor einem halben Jahr wurde vor dem Haupteingang der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt ein Schaden entdeckt. Es geht nun um die Sicherheit und den Schutz der Passanten vor möglicherweise herabfallenden Teilen des Mauerwerks. Fachleute stellten fest, daß das Holz des Daches gequollen ist und neben dem allmählichen Zerfall eines Teils des hölzernen Daches auch der Druck auf die Form des zusammengesetzten Daches eine Lockerung des Gesimses zur Folge hat.

A

llein das Dach ist aus der Zeit nach dem letzten großen Brand im August 1779. Das Gesims wurde gefertigt in der Zeit 1889 von dem Baumeister Zděnek Vodička. Das fast 250 Jahre alte Dach ist größtenteils gut erhalten. Aber Teile, die Feuchtigkeit abbekommen haben, sind sehr beschädigt, einige sind buchstäblich als Staub runtergefallen. Jetzt läuft die Erneuerung. Von den ursprünglichen Balken schneiden die Zimmerleute die beschädigten Teile ab, und das gesunde Holz wird neu imprägniert. Sie arbeiten dabei mit traditionellen Methoden ohne eine Schraube oder Nagel zu benutzen. Die neuen Balken im gut erhaltenen Teil werden getränkt mit der ursprünglichen Holzverbindung (?) mit Hilfe von Einschnitten, Stiften und Hauben. Erneuert wird das Dach nach historischem Vorbild. Pfarrer Dariusz Tomaš Třaskalik meint, daß 600 000 Kronen nicht reichen werden. Die Stadt wird einen Zuschuß von etwa 300 000 Kronen geben. Für diesen Betrag ist der Pfarrer sehr dankbar. „Für die üblichen Umstände halten wir uns an das Programm der Erneue-

rung der Kirche, zum Beispiel stufenweise Restaurierung einzelner Altäre. Aber im Falle des beschädigten Daches und Simses geht es um Schäden, mit denen wir wirklich nicht gerechnet hatten. Deshalb würden wir es begrüßen, wenn sich jemand finden würde, der bei der Erneuerung dieses außergewöhnlichen Denkmals uns finanziell unterstützen würde“, sagte der Neustädter Pfarrer. Die Geschichte der Pfarrkirche begann im Jahre 1330. Die erste schriftliche Erwähnung aus dem Jahre 1381 belegt, daß damals schon in Mährisch Neustadt eine Pfarrei existierte. Der Bauplatz für die Kirche war schon bei Gründung der Stadt festgelegt worden. Das Presbyterium, also der Ort, an dem sich der Altar befindet, war das erste, das im Mittelalter errichtet wurde. Erst danach kam es, nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Stadt, zum Bau der restlichen Kirche. Nach historischen Unterlagen dauerte der Bau der Mährisch Neustädter Kirche fast 100 Jahre. Im Laufe der Zeit wurde das Tabernakel durch mehrere Brände beschädigt, die schlimmsten waren 1531, 1643 und 1779. Das jetzige Aussehen erhielt die Kirche 1889. 100 Jahre später machte sich der damalige Mährisch Neustädter Pfarrer Max Jarosch an eine umfangreiche Renovierung, bei der die Kirche ein neues Dach, Fassade und Fußboden bekam, und es wurden alle Fensterscheiben restauriert. Marek Juráň Aus „uničovský zpravodaj“ (Mährisch Neustädter Berichterstatter), Februar 2024, übersetzt und leicht gekürzt von Sigrid Lichtenthäler.


STERNBERGER HEIMAT-POST

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

WIR GRATULIEREN Neustadt. Wir gratulieren herzlich allen Landsleuten, die im April Geburtstag feiern können, und wünschen ihnen alles Gute! Am 2. April Hans-Jürgen Bunde (Olmützer Gasse) zum 79. Geburtstag in Kassel und Robert Heger (Obere Alleegasse) zum 86. Geburtstag in Wenden; 3. April Theresia Woller/ Meixner (Wallgasse) zum 88. Geburtstag in Freiberg; 4. April Margit Ruhland/Hoplitschek (Sternberger Gasse) zum 91. Geburtstag in Rüsselsheim; 5. April Mansuet Heidenreich (Olmützer Gasse) zum 88. Geburtstag in Taunusstein; 6. April Marie Luncoy (Feldgasse) zum 92. Geburtstag in Brett da noux (Frankreich); 8. April Margarete Pschierer/ Wenzlitschke (Stadtplatz) zum 89. Geburtstag in Rodenbach; 10. April Manfred Brixel (Lange Gasse) zum 88. Geburtstag in Dillenburg; 11. April Marta Urban/Volkmer (Sternberger Gasse) zum 94. Geburtstag in Bad Camberg und Liesbeth Vetter/Höchsmann (Sternberger Gasse) zum 85. Geburtstag in Süsel; 12. April Manfred Roland (Gr. Neustadt) zum 84. Geburtstag in Wehrheim und Brunhilde Spies/ Brixel (Herrengasse) zum 83. Geburtstag in Illerkirchberg; 13. April Margot Müller/Kaulich (Sternberger Gasse) zum 85. Geburtstag in Puchheim und Edith Wagner/Seuchter (Stadtplatz) zum 87. Geburtstag in Kassel; 14. April Robert Breitenbach/ Wepil (Siedlung) zum 91. Geburtstag in Bad Camberg; 16. April Anni Demme/Frömel zum 91. Geburtstag in ON.L6X 2 A4 (Kanada), Gerhard Hampel (Olmützer Gasse) zum 83. Geburtstag in Hünstetten-Bechtheim, Gerhard Richter (Wallgasse) zum 88. Geburtstag in Bad Vöslau (Österreich) und KarlHeinz Wontka (Untere Alleegasse) zum 79. Geburtstag in Heusenstamm; 17. April Gerlinde Weinforth (Schubertgasse) zum 94. Geburtstag in Erlangen; 18. April Elisabeth Lenz/Rabenseifner (Lange Gasse) zum 89. Geburtstag in 3733 Monrovia/Ca. (USA); 19. April Rotraud Fassl/Pustina (Müglitzer Gasse) zum 89. Geburtstag in Eppstein und Inge Morgenstern/Fritsch (Schönberger Gasse) zum 86. Geburtstag in Eppstein; 20. April Marlies Fahlke/Wagner (Kl. Neustift) zum 79. Geburtstag in Gernsheim; 22. April Dietmar Grätzer (Siedlung, Gartenstraße) zum 83. Geburtstag in Kahl und Günther Maneth (Schönberger Gasse) zum 81. Geburtstag in Lohmar; 23. April Anneliese Hirsch/ Höbling (Olmützer Gasse) zum 86. Geburtstag in Meißner-Abterode; 24. April Rudolf Brixel (Herrengasse) zum 93. Geburtstag in Wernau und Horst Klement (Untere Alleegasse) zum 84. Geburtstag in Weinbach; 25. April Magda Speet/Falz (Wallgasse) zum 79. Geburtstag in Diepholz; 27. April Helga Harzenetter/ Parsch (Mittelgasse) zum 94. Geburtstag in Lindenberg; 28. April Renate Prokscha/ Gans (Theoderichstraße) zum 80. Geburtstag in Ettlingen; 30. April Monika Meister/Riedel (Stadtplatz) zum 84. Geburtstag in Villmar. Sigrid Lichtenthäler Ortsbetreuerin Mährisch

Star

19

Frühlingsblumen im Volksmund

Butterschmiergerl und Giftgerligigack

Er ist‘s

Frühling läßt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte; süße, wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land. Veilchen träumen schon, wollen balde kommen. Horch, von fern ein leiser Harfenton! Frühling, ja du bist‘s! Dich hab‘ ich vernommen! Eduard Mörike

Der Frühling ist da, und bei einem Spaziergang durch die erwachende Natur sind auch die ersten Frühlingsblumen zu entdecken. Im „Neustädter Ländchen“ fand ich einen Artikel, der vielleicht Erinnerungen wachruft. ine unserer ersten Frühlingsboten auf Weiden, offenen Plätzen und Waldungen ist das Butterschmiergerl, so genannt wegen seiner buttergelben und fettglänzenden Blumenblätter. Der Botaniker bezeichnet es als Scharbockskraut. Der Name Scharbockskraut hängt damit zusammen, daß man früher die Blätter als Heilmittel gegen die schwere und langwierige Ernährungskrankheit, den Skorbut oder Scharbock, verwendete. Eine nahe Verwandte des Butterschmiergerl ist die Butterblume oder Sumpfdotterblume, die jetzt überall auf feuchten Wiesen, an Gräben und Bächen anzutreffen ist.

E

Einen herrlichen Schmuck unserer Wiesen im Frühjahr bilden die rötlichweißen, mitunter lilafarbenen Blütentrauben des Wiesenschaumkrauts. Der Name Wiesenschaumkraut kommt von den Schleimflocken her, die man später häufig am Stängel findet. Dieser „Speichel“ stammt von der Larve der Schaumzikade. Sie bläht die flüssigen Auswurfstoffe durch Einblasen von Luft zu Schaumbläschen auf. Da diese klebrig sind, haften sie lange aneinander. Ein zierliches Pflänzchen, zu den Lippenblütlern zählend, ist der Gundermann, den man vom April bis Juni an Hecken, Wegen und Wiesen häufig findet.

Allgemein bekannt ist der an Wegen und Hecken überall zu treffende „Giftgerligigack“, der wegen seines ätzenden, rotgelben Milchsaftes, mit welchem die Stängel gefüllt sind, so bezeichnet wird. Vielfach verwendet man bei uns den giftigen Saft des Schöllkrautes zum Vertreiben von Warzen. Weit verbreitet kommt auf Wegen und Schutthaufen ein Weidengewächs vor, der „Gute Heinrich“ oder Löwenzahn, der mit seinen Blüten unsere Wiesen gelb erscheinen läßt. Er ist der Liebling der Kinder. „Kettenblume“, nennen ihn die einen, „Pusteblume“ die anderen. „Kuhblume“ wird er auch genannt, weil das Rind die Blätter gerne verzehrt.

Bild: Waewkidja auf Freepik

Mit dem Rad ins Bad

Wenn die Vögel wieder zwitschern

Neuer Radweg

Zitzipui und tschilp Wie die Blumen uns durch ihre Farbenpracht erfreuen, so ergötzen uns die gefiederten Sänger. Jedem dieser Tonkünstler ist ein bestimmtes Liedchen eigen, mal kürzer, mal länger, aber immer so bezeichnend, daß man ihn daran erkennen kann, auch wenn man ihn nicht sieht.

Bild: facebook.com/sternberkorg

D

Šternberk und das Naherholungsgebiet Dolní Žleb werden durch einen Radweg für 20,5 Millionen Kronen verbunden, der im Oktober fertig sein soll. Am vergangenen Montag begann der Bau des zweiten Teils des Radweges, der Sternberg mit Dolní Žleb verbindet.

D

er neue Teil des Weges für Radfahrer und Fußgänger wird 811 Meter lang sein und den ersten Teil aus dem Jahr 2019, der 170 Meter lang ist, forsetzen. „Wir wollen Radfahrer und Fußgänger jenseits des Hauptverkehrsstroms sicher unterbringen“, teilt das Rathaus auf seiner Webseite mit. Der neue Teil des Radweges führt rechts der Straße III/44429 im Grüngürtel am Zaun der Forstgärtnerei entlang. Nach der Einfahrt zum Parkplatz biegt der Radweg nach links ab, ist in einen bewaldeten Hang eingebettet und verläuft dann parallel zur Straße III/44429 bis zum Beginn des Ortsteils von Dolní Žleb. „Wir werden den ausgehobenen Hang für die Radwegtrasse mit einer Stahlbetonstützmauer mit einer Gesamtlänge von 180 Metern sichern. Die Mauer wird

stellenweise bis zu sechs Meter hoch sein“, heißt es in der Mitteilung des Rathauses. Aufgrund des Baus des Radwegs und der Stützmauer ist die Straße nach Dolní Žleb von Montag, 11. bis Sonntag, 31. März, komplett für den Verkehr gesperrt und die Einfahrt nur mit Linienbussen möglich. Die Umgehungsstrecke für alle Fahrzeuge führt von Dolní Žleb in Richtung Horní Žleb, Dalov, Horní Loděnice, Lipina und Šternberk. Von Montag, 1. April, bis 31. Oktober kommt es zu weiteren teilweisen Sperrungen zwischen Šternberk und Dolní Žleb. Der Bau des Radwegs erfordert das Fällen von Bäumen am Hang und den Abtransport großer Mengen Erde. „Beim Bau einer Stützmauer besteht ein hohes Gefahrenrisiko. Der Arbeitsraum ist hier begrenzt und der Umgang mit schweren Maschinen und Materialien erhöht die Gefahr für Nichtmitarbeiter der Baustelle. Der Sicherheitsingenieur hält es daher für erforderlich, den Bauabschnitt des Radweges zu sperren, um das Risiko von Personen- und Sachschäden zu minimieren“, teilte das Rathaus mit.

ie Feldlerche mit ihrem „tirili“ klingt hell und klar, und man sagte: „An ihren bunten Liedern klettert die Lerche selig in die Luft.“ Während die Feldlerche am Tage singt, läßt die Wachtel das Abendlied ertönen. Der Wachtelschlag ist nicht lang und besonders an schönen Sommerabenden zu vernehmen. Die Goldammer hat gerne buschreiches Waldgelände. Aus mehreren gleichhohen Kurztönen und einem langen Schlußton ertönt ihr Lied etwa so: „Zi, zi, zi, zi, zi, zeet“. Der Buchfink ist ein zutraulicher Geselle. Kaum ist der Winter vorbei, hört man ihn von Baum und Strauch laut schmetternd schlagen, seine Töne sind regelmäßig und wiederholend.

Der Ruf des Hausrotschwänzchens besteht aus zwei Reihen gleich hoher Töne, zwischen denen man einen klingenden Ton vernimmt. Morgens nach 8.00 Uhr beginnt er zu singen und ist oft bis 9.00 Uhr abends zu hören „tschtsch – sch-sch-sch-sch“. Das Gartenrotschwänzchen hat eine ähnliche Stimme, während der Zeisig so klingt: „zlielipp, zielipp, zielipp“, öfter auch länger. Unermüdlich ist die Kohlmeise mit ihrem Ruf „zitzipui, zitzipui“. Eintönig ruft der Spatz sein „tichilp, tschilp“ in unzähligen Wiederholungen; schön klingt dagegen das Lied des Schwarzplättchens, sein Gesang ist dem des Rotkehlchens sehr ähnlich. Aus dem Laubgehölz hört man den Vogelspotter, der ist leicht zu verwechseln mit der Amsel und dem Star. Der gelbgrüne Vogel hat eine feine Singkehle. Viel zu erzählen hat auch die Hausschwalbe. Ihr zutrauliches und angenehmes Gezwitscher begleitete die Dorfleute von morgens bis abends. Die Stare pfeifen ihr Liedlein. An ihrem eigentüm-

lichen Gesang fällt besonders auf, daß lang aufwärts gezogene Töne mit schwatzendem Gezwitscher abwechseln. Gesagt werden muß, daß die Stare andere Vögel nachzuahmen verstehen. Ein Vogel, dessen Stimme alle kennen, aber den die wenigsten schon gesehen haben, ist der Kuckuck. Er ist scheu und hält sich im Gehölz gut versteckt, ruft aber trotzdem manchmal: „kukkuck, kuckuck!“ Zum Schluß sei noch der Krähen gedacht. Wenn im Winter der Schnee die Felder weiß bedeckt, ist für die schwarzen Gesellen Schmalhans Küchenmeister. In großen Scharen kamen sie in die Nähe menschlicher Wohnungen und suchten nach eßbaren Abfällen, öfter dazwischenrufend: „krah, krah“. Jetzt haben wir uns die bekanntesten unserer gefiederten Freunde wieder ein wenig ins Gedächtnis gerufen.

Buchfink

Kohlmeise

Aus dem „Neustädter Ländchen“ von 1931 (Hans Stolz), stark gekürzt von Sigrid Lichtenthäler.

Gartenrotschwanz

Goldammer

Feldlerche

Kuckuck

Bilder: www.nabu.de


20

Sudetendeutsche Zeitung Folge 11 | 15. 3. 2024

Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail zuckmantel@sudeten.de

800 Jahre Zuckmantel

WIR GRATULIEREN

Besuch in der Patenstadt Dieses Jahr feiert Zuckmantel sein 800jähriges Bestehen. In Vorbereitung dieses Ereignisses besuchte eine Delegation aus Zuckmantel Bietigheim-Bissingen. Darüber berichtet die Patenstadt auf ihrer Webseite:

D

ie freundschaftlichen Beziehungen zur Stadt Zlaté Hory/Zuckmantel in Tschechien verstärken sich: Eine kleine Delegation mit Bürgermeister Milan Rác, seinem Stellvertreter Jiri Kozel, dem Museumsleiter Marian Cep und Dolmetscherin Petra Sosnová Rozbrojová kam am 4. und 5. November 2023 nach Bietigheim-Bissingen. Sie besuchten die Heimatstube Zuckmantel in der Schieringer Straße und baten um die Leihe einiger Ausstellungsobjekte. Die kleine Stadt Zuckmantel mit ihren rund 3700 Einwohnern, im ehemaligen schlesischen Landesteil nahe der Neuntöter

polnischen Grenze in Tschechien gelegen, feiert 2024 ihr 800jähriges Bestehen. Dazu soll im dortigen Museum die Geschichte der Stadt und Region in einer Ausstellung aufbereitet werden. Die Geschichte der Stadt wurde einige Jahrhunderte lang von deutschen Aussiedlern geprägt, die fast 90 Prozent der Bevölkerung in Schlesien stellten, jedoch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vertrieben wurden. Die Vertriebenen aus dem ehemaligen Gerichtsbezirk Zuckmantel fanden in Baden-Württemberg eine neue Heimat, auch in Bietigheim-Bissingen, und

ist inzwischen in den Besitz der Stadt übergegangen und wird vom Stadtmuseum verwaltet. Erster Bürgermeister Michael Hanus und Museumsleiterin Dr. Catharina Raible begrüßten die Delegation zusammen mit den Vertretern der Heimatgruppe Zuckmantel, Bild: Presseamt Bietigheim-Bissingen Helmut Schindler und Irmtrud Kutzer, in der gründeten hier im Jahr 1965 eine Paten- Heimatstube und besprachen die Leischaft mit der Stadt, die viele Jahre lang he der gewünschten AusstellungsobjekOrt der zweijährig durchgeführten Hei- te. Im nächsten Jahr werden einige Teile mattreffen und später auch der Heimat- der Ausstellung nach Zlaté Hory reisen, stube wurde, die mit zahlreichen Aus- evtl. begleitet von einer städtischen Destellungsstücken die Geschichte der legation zur Ausstellungseröffnung 800 Zuckmantler bewahrt. Die Heimatstube Jahre Zuckmantel/Zlaté Hory.

Zuckmantel. Wir gratulieren herzlich allen Landsleuten, die im April Geburtstag feiern, und wünschen alles Gute. Zum 95. Professor Dr. Helmut Schmidt (Hauptstraße 389/390) am 2.; Gertrud Deseyve/Krebs (Viktor-Heeger-Straße 330), Im Kirschenwäldchen 56, 60437 Frankfurt, am 14.; Josef Bock (Hauptstraße 239) am 26.; 91. Elisabeth Führich/Richter (Gattin von Kurt Führich, Hauptstraße 52) am 12.; Elisabeth Mock/Ronge (Miserich 466), Föhrenstraße 4, 82380 Peißenberg, am 16.; 87. Anni Hanschu/Fischer (Hermannstädter Straße 309) am 9.; 85. Margarete Drechsler/Pfützner (Rosenthal 4) am 3.; Erika Schleich/Kratzei am 5.; Waltraud Jeräbek/Weiß (Lerchenfeld 13), Terminiusstraße 4, 71726 Benningen, am 10.; Heinz Klemme (Rosenthal 1) am 26.; 83. Alfram Wolf (Hans-Knirsch-Straße 632) am 24.; Dr. Winfried Kausch (Schießstätte 546) am 25. Rudolf Heider Ortsbetreuer

Die Vogelwelt des mährisch-schlesischen Gebirges – Teil II

Lange unerforscht Das erste Vogelgezwitscher ist wieder in den Gärten hörbar und stimmt auf den Frühling ein. Deshalb wollen wir uns etwas genauer mit der heimischen Vogelwelt beschäftigen, die Rechtsanwalt Kollibay in der Zeitschrift „Altvater“, dem Organ des mährisch-schlesischen Sudeten-Gebirgsverein, 1894 beschrieben hat. Rudolf Heider sandte den Bericht ein.

W

o die Gebirgsflüsse schon ruhigeren Lauf angenommen haben und durch tief gelegenes, fruchtbares Ackerland hinfließen, wo sich an ihren Ufern umfangreichere Weidendickichte bilden und Hopfen, Weiden und mannshohe Nesseln das Durchkommen erschweren, da ist der Lieblingsaufenthalt eines unserer herrlichsten Sänger, des Sumpfrohrsängers, welcher auch nächst dem die Gärten und Anlagen bevölkernden gelben Gartensänger ein Meister in der Kunst ist, anderer Vögel Ruf und Gesang täuschend nachzuahmen. Gar oft habe ich mich an seinen Muster-Leistungen in der Imitation ergötzt und mit großem Vergnügen gelauscht, wenn mir tief aus dem Dickicht mit täuschender Ähnlichkeit der charakteristische Ruf der Mehlschwalbe oder der Triller der Feldlerche zu Ohren drang. Ein anderer solcher Spötter ist der rotrückige Würger oder Neuntöter, der sein Nest mit Vorliebe in Dornengesträuch baut und auch sonst am liebsten dort seinen Aufenthalt nimmt, wo stachelbewehrtes Gestrüpp den Boden bedeckt. Seine Nachahmungsgabe, vielleicht auch noch seine Farbenschönheit, sind aber die einzigen Eigenschaften, welche für diesen Vogel einnehmen können; denn er ist, obwohl systematisch selbst zur Ordnung der Singvögel gehörig, einer der gefährlichsten Feinde der kleinen Sänger, aus deren Nestern er mit großer Frechheit, trotz des Geschreies und der heroischen Angriffe der rechtmäßigen Inhaber, eines der nackten Jungen nach dem anderen herausholt,

um sie auf einen spitzen Dorn zu spießen und dort zu zerfleischen. Alle Vogelfreunde sollten es sich zur Aufgabe machen, die Nester dieses leider sehr häufigen Räubers, welcher selbst Nachstellungen mit dem Schießgewehre bald zu entgehen weiß, unbarmherzig zu vernichten; denn ein solcher Vogel wiegt zwanzig arme Weber und Schuhmacher auf, die sich zu ihrer Unterhaltung einen Piepmatz fangen und über die von hypersentimentalen Vogelschützern so entsetzlich als über die Vernichter der Vogelwelt gejammert wird. Gehen wir am Fluß aufwärts, immer begleitet von der zierlichen weißen Bachstelze, so gelangen wir allmählich in jene Gegend, wo Berg und Ebene sich hinsichtlich der Vogelwelt gewissermaßen die Hand reichen. Dies ist dort, wo das seichter werdende Wasser in eiligem Laufe über das Geröll des Bettes dahinsprudelt, wo immer größere Felsblöcke ihm den Weg versperren, wo die steilen sandigen oder lehmigen Uferwände ein Ende nehmen. Bis dahin wohl haben wir zuweilen Gelegenheit, den scharfen Ruf eines Vogels hinter der letzten Flußkrümmung zu vernehmen und bald darauf zu sehen, wie aus jener Richtung her der Rufer, einer leuchtenden blauen Linie gleich, pfeilschnell über das Wasser schießt. Es ist der Eisvogel wie der Pirol und die Mandelkrähe ein Gesandter der Sonne des Südens, bestimmt, durch wundervollen Schmelz des Gefieders uns Nordländern die Sehnsucht nach der glühenden Farbenpracht, nach dem bestrickenden Formen-

reichtum der tropischen Gefilde zu erwecken. Der Eisvogel bedarf tiefen Wassers, um dem Fischfange durch Stoßtauchen nachgehen zu können, und steiler Uferwände, da er nur in solchen sein Nest, eine selbstgegrabene, einen Meter lange Röhre mit backofenförmiger Erweiterung am hinteren Ende, anlegt; er kann daher ein Bewohner des eigentlichen Gebirges nicht sein. Statt seiner sehen wir alsdann am Wasser zwei reizende Vögel erscheinen: die schwefelgelbe Bachstelze und die Bachamsel oder den Wasserstar. Jedem Naturfreund muß das Herz aufgehen, wenn er am rauschenden, vom hohen Nadelwalde umgebenen Gebirgsbache sich niederläßt, wenn aus den Tannen das Lied der Amsel und der Singdrossel erschallt, wenn vor ihm auf den moosigen Steinen im Flußbette leicht geschürzt die Gebirgsstelze nach Insekten haschend, einher trippelt und der Wasserstar seine blendend weiße Brust im Bache spiegelt. Läßt dann noch von unterkühltem Wurzelwerk am Ufer der winzige Zaunkönig sein munteres Liedchen ertönen, begleitet von dem leisen Gesänge der Tannen- und Haubenmeisen und des Vogelzwerges Goldhähnchen in dem Tannengezweig, so mag wohl der Beobachter vergessen, was sonst ihm das Herz bedrückt, und sich glücklich fühlen im ungetrübten Genuß des Augenblicks. Der Wasserstar ist nicht nur für den Beobachter in der freien Natur von besonderer Anziehung, er bietet auch dem Orni-

thologen am grünen Tische ein hervorragendes Interesse. Während natürlich der Laie nur eine Art dieses Vogels kennt, streiten sich die Forscher über deren vier bis fünf in Europa. So viel scheint indessen sicher zu sein, dass wir in Deutschland zwei gute Subspezies haben, von denen die eine Cinclus merula schlechthin, die andere Cinclus merula septentrionalis Brehm genannt wird. Letztere, zum Beispiel in Ostpreußen heimisch, scheint in Schlesien sehr selten zu sein. Da sie jedoch bereits im Glatzer Gebirge angetroffen wurde, ist es wahrscheinlich, dass sie auch von unseren Sudeten beherbergt wird. Ich würde die Zusendung erlegter Sudetenexemplare mit großem Danke begrüßen. Solange der Beobachter, aufwärtsstrebend, den hohen Nadelwald durchschreitet, wird ihm

wenig Gelegenheit zu Vogelstudien gegeben. Die majestätische Ruhe der Natur wird nur selten durch den munteren Schlag eines Finken oder den hellen Ruf der Kohlmeise unterbrochen. Nur leise zirpen in den Zweigen Hauben- und Tannenmeisen, das Goldhähnchen und der zierliche Baumläufer. Auch letzterer bietet, wie der Wasserstar, besonderes ornithologisches Interesse, weil es anscheinend eine ständige Unterart dieses Vogels gibt. Das gleiche gilt von den beiden Formen der Spechtmeise. Dieser Vogel, welcher auch Kleiber und Baumrutscher genannt wird, ist einer der bemerkenswertesten Vögel hochstämmiger Waldungen. Nicht nur, daß sein flötender Lockruf „tti tü tü“ in angenehmer Weise die allgemeine Stille unterbricht, auch die Kletterkünste des Vogels, welcher kopfoberst, kopfunterst die Baumstämme nach Nahrung absucht, bereiten dem Beobachter viel Vergnügen. Ist man im Frühjahr besonders glücklich, so kann man auch die absonderliche Anlage des Nestes der Spechtmeise beobachten. Dasselbe wird in einem hohlen Baume derartig angebracht, daß der Eingang bis auf ein zum Ein- und Ausschlüpfen eben ausreichendes kleines Loch mit Lehm oder klebriger Erde vermauert wird. Andere Kletterer sind die Spechte. Ich habe im Gebirgswald ihren lachenden Ruf nicht oft gehört und bin bezüglich ihres Vorkommens zum größten Teil auf die Angaben des Forst-

Zaunkönig

Dreizehenspecht

Bachstelze personales angewiesen. Freilich ist dieses, namentlich die unteren Beamten, vielfach mit den Unterschieden der einzelnen Arten nicht recht vertraut, und es scheint mir, daß sogar Grau- und Grünspecht nicht immer auseinandergehalten werden, von den fünf Buntspechtarten ganz zu schweigen. So viel habe ich indessen überall erfahren, daß der Grünspecht und ein Buntspecht häufig, und der prächtige und stattliche Schwarzspecht wenigstens nicht selten sind. Den seltenen Grauspecht konnte ich zweimal konstatieren. Den einen besitzt Förster König in Adelsdorf; er hatte sich im Mai 1890 bei Böhmischdorf in einem auf den Eichelhäher aufgestellten und mit einem Hühnerei geköderten Tellereisen gefangen. Das zweite Exemplar war in ähnlicher Weise verunglückt: Förster Heisig in Ziegenhals fand es im November 1893 in einem auf Krammetsvögel aufgestellten Dohnenbügel stranguliert vor und sandte es mir zu. Was die Buntspechte anlangt, so wäre es von hohem Interesse, sichere Mittheilungen oder Belegexemplare bezüglich des Vorkommens des Weißrückenspechtes und des Dreizehenspechtes zu erhalten; sie dürften kaum fehlen. Letzterer ist namentlich im Riesengebirge schon einige Male erlegt worden, ja der alte schlesische Ornithologe Constantin Gloger behauptet von ihm, freilich ohne nähere Beweise zu erbringen: „Gehört weder tief im Riesengebirge noch im Gesenke und Altvater zu den Seltenheiten und ist dort allgemein bekannt.“ Wird fortgesetzt Wintergoldhähnchen

Wasseramsel Sumpfrohrsänger

Eisvogel

Bilder: www.nabu.de


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.