Sudetendeutsche Zeitung 24. Mai 2024 Ausgabe 21 Pay

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Attentat auf Robert Fico: Zweifel an Einzeltätertheorie (Seite 18)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

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Jahrgang 76 | Folge 21 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 24. Mai 2024

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Volksgruppensprecher Bernd Posselt dankt Botschafter Tomáš Kafka für dessen Rede.

Ministerpräsident Markus Söder warnt in seiner Rede, Europa den Demagogen zu überlassen.

74. Sudetendeutscher Tag im Schatten von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine und russischen Desinformationskampagnen gegen den Westen

Volksgruppensprecher Bernd Posselt überreicht Jean-Claude Juncker den Sudetendeutschen Karls-Preis.

Höchste Auszeichnung

Karls-Preis für Jean-Claude Juncker Mit dem Europäischen KarlsPreis 2024 ist Jean-Claude Juncker, der langjährige Premierminister Luxemburgs und frühere Präsident der Europäischen Kommission, von Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, ausgezeichnet worden.

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eil der 69jährige wegen eines Rückenleidens derzeit nicht flugtauglich ist, erfolgte die Verleihung der höchsten Auszeichnung der Sudetendeutschen Landsmannschaft vorab in Junckers Heimat Luxemburg und wurde als Videobotschaft auf dem Sudetendeutschen Tag eingespielt. In seiner Würdigung hob Posselt hervor, daß Jean-Claude Junckers, „vielsprachig und visionär, sehr dem Namensgeber der Auszeichnung, Kaiser Karl IV. aus dem Haus Luxemburg, ähnelt“. Junckers könne sich meisterhaft in die verschiedenen Völkerfamilien und Kulturen hineindenken und sei so zu einem der Väter des Binnenmarktes, des Euro und der EU-Osterweiterung geworden. Juncker sei ein herausragender Staatsmann und luxemburgischer Patriot, „der gleichzeitig keinem Nationalstaat gehört, sondern allen Europäern“.

Sorge um unser freies Europa vereint Sudetendeutsche und Tschechen Ob in den Festreden von Ministerpräsident Markus Söder und Volksgruppensprecher Bernd Posselt, in den Ansprachen von Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf und Tschechiens Botschafter Tomáš Kafka oder in den zahlreichen Podiumsveranstaltungen, auf dem 74. Sudetendeutschen Tag drückten Politiker aller demokratischen Parteien sowie sudetendeutsche und tschechische Landsleute ihre tiefe Sorge um Freiheit und Demokratie aus und forderten die Bürger auf, sich aktiv für Europa einzusetzen.

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as Motto des Sudetendeutschen Tages hätte kaum passender sein können: „Sudetendeutsche und Tschechen – miteinander für Europa“. Ministerpräsident Markus Söder thematisierte in seiner Festrede (Seite 4 und 5) die Demagogen, die Europa schlecht reden. Ein sterbendes Europa sei aber „das Schlimmste, was uns passieren könne“, so Söder. Der Ministerpräsident: „Wir wollen eine starke europäische Gemeinschaft, eine europäische Idee, die die Völker vereint und sie nicht spaltet und die Völker in Frieden und Freiheit zu Wohlstand bringt.“ Bernd Posselt, MdEP a. D. und Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, warnte in seiner Festrede (Seite 2 und 3) ebenfalls: „Dieser Nationalismus droht wieder, dieses Europa zu zerstören.“ „Unsere europäischen Werte werden angegriffen, unser euro-

Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf und Volksgruppensprecher Bernd Posselt überreichten am Freitagabend im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses die Sudetendeutschen Kulturpreise. Fotos: Torsten Fricke päisches Friedenswerk muß sich als wehrhaft erweisen, Glauben wir an uns als Europäer“, appellierte Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf in ihrer Ansprache (Seite 7) für ein bürgerschaftliches Engagement pro Europa. Der Europäische Auftakt (Sei-

te 6) war dem Thema „Herausforderung für Europa – Desinformation und Subversion“ gewidmet. Und die Seliger-Gemeinde veranstaltete eine Podiums-Diskussion unter dem Titel „Was wird aus unserem Miteinander in Europa“ (Seite 16). Unter den

Gästen, die diese Diskussion verfolgten, war auch MdB Natalie Pawlik, die Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten. Selbst beim traditionellen Pfingstgottesdienst wurde es politisch. Der Augsburger Bischof

Dr. Bertram Meier rief dazu auf, für unsere Werteordnung einzutreten: „Wir dürfen uns Europa nicht nehmen lassen.“ Als offizieller Vertreter der Tschechischen Republik würdigte Botschafter Tomáš Kafka in seiner Rede (Seite 6) nicht nur die positive Entwicklung des (sudeten-)deutsch-tschechischen Verhältnisses, sondern überbrachte auch eine Botschaft des tschechischen Präsidenten Petr Pavel. „Es ist gut, daß in Zeiten der heutigen Krisen uns unsere nachbarschaftlichen Beziehungen das Gefühl vermitteln, daß wir nicht allein diesen Krisen entgegenwirken müssen. Der Dank gilt allen, die sich dafür einsetzen!“, zitierte Kafka den Präsidenten. Das Staatsoberhaupt nahm damit indirekt Bezug auf das diesjährige Motto des Sudetendeutschen Tages. Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs war Pavel als erstes Staatsoberhaupt in der Ukraine und startete auf der Münchener Sicherheitskonferenz erfolgreich eine internationale Munitionsinitiative für die Ukraine. Der Präsident warnt seit langem, daß Putin nicht nur einen Krieg gegen die Ukraine führt, sondern mit hybrider Kriegsführung, wie Desinformation und Cyberattacken, bereits den Westen angreift, um Europa zu destabilisieren – was Bernd Posselt, der von Putin auf die Schwarze Liste gesetzt wurde, bereits mehrfach in dem Satz zusammengefaßt hat: „Wir sind nicht Kriegspartei, aber Kriegsziel.“ Torsten Fricke

75. Sudetendeutscher Tag

Pfingsten 2025 in Regensburg Der 75. Sudetendeutsche Tag findet von Freitag, 6. bis Pfingstsonntag, 8. Juni 2025 in Regensburg statt.

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ach 2019 („Ja zur Heimat im Herzen Europas“) und 2023 („Schicksalsgemeinschaft Europa“) ist damit die Welterbestadt zum dritten Mal Gastgeber.

Die Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München begeisterte am Pfingstsamstag auf dem HEIMAT!abend die Gäste des 74. Sudetendeutschen Tages.

Volksgruppensprecher Bernd Posselt überreicht den „Menschenrechtspreis der Sudetendeutschen“ an Olivia Schubert von der Föderalistischen Union Europäischer Nationaliäten (FUEN).


74. SUDETENDEUTSCHER TAG

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� Festrede des Sprechers der Sudetendeutschen Volksgruppe, MdEP a. D. Bernd Posselt

„Dieser Nationalismus droht wieder, Liebe Landsleute, dieser bewegende Moment macht deutlich, was sich Gott sei Dank alles in unseren Tagen auch an Positivem ereignet. Liebe Landsleute, liebe Gäste, liebe Freunde, ich möchte zunächst einmal einen doppelten Dank abstatten.

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er erste Dank gilt dem tschechischen Staatspräsidenten und seinem Vertreter, dem Botschafter Tomáš Kafka in der Bundesrepublik Deutschland. Petr Pavel hat mit unglaublichem Mut letztes Jahr in Selb in Gegenwart unseres Schirmherrn und Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder wörtlich gesagt – und Du hast das, lieber Steffen, auch zitiert. Dafür danke ich Dir –, daß es vor allem an den Sudetendeutschen liegt, daß sich die tschechisch-deutschen und tschechisch-sudetendeutschen Beziehungen so gut entwickelt haben. Aber er ist noch einen Schritt weiter gegangen. Er fuhr in die KZ-Gedenkstätte Theresienstadt, hat der Opfer der NS-Verbrechen gedacht und dann den Satz hinzugefügt – ich habe es letztes Jahr schon gesagt, aber ich will es wiederholen, weil es in Deutschland viel zu wenig gesehen wird: „Darüber dürfen wir die Verbrechen“ – Verbrechen hat er gesagt! – „unserer eigenen Vorfahren nicht vergessen, sondern müssen aus ihnen lernen und sie aufarbeiten.“ Ein mutiges, ein sehr mutiges Wort des Staatsoberhauptes. Dafür danke ich ihm und danke ich auch Dir, lieber Tomáš, weil Du ganz maßgeblich zu den Wegbereitern der Verständigung gehörst. Wir haben dieses Jahr das Kafka-Jahr, ich weiß, daß damit ein anderer Kafka gemeint ist, aber allein für Dich könnte man auch ein Kafka-Jahr ausrichten. Dafür danke ich Dir. Mein zweiter Dank gilt Euch, liebe Landsleute. Die letzten beiden Tage schon, und jetzt dieser Höhepunkt, die machen deutlich, was für eine großartige Volksgruppe wir auch 79 Jahre nach dem Beginn der Vertreibung sind. Wir haben gestern eine Rekordzahl an Veranstaltungen erlebt – fast 100 Veranstaltungen auf diesem Messegelände. Mit einer unglaublichen Vielfalt. Das zeigt, welche Initiative in unserer Volksgruppe herrscht, welche Vielfalt in unserer Volksgruppe herrscht. Drüben, und Sie werden das nachher auch sehen, in der anderen Halle beim Böh-

Volkgruppensprecher Bernd Posselt bei seiner Festrede am Pfingstsonntag in der Messe Augsburg. mischen Dorffest sind 99 Stände, mehr Stände als wir jemals hatten. Das zeigt: Die Volksgruppe besteht nicht nur aus einigen wenigen, die halt an der Spitze irgendwie vorturnen müssen – das meine ich rein politisch. Aber, liebe Landsleute, die Volksgruppe besteht vor allem aus Menschen, die sie aus eigener Kraft mit ihrer unglaublichen Buntheit weiter tragen. Dafür danke ich Ihnen allen von Herzen. Wir sind in einer bestimmten historischen Phase, aber wir haben auch viele Gedenktage. Einer ist der des Heiligen Ulrich. Es wurde schon gesagt, das Bistum Augsburg begeht seine UlrichsWochen. Bayern hat ja drei sudetendeutsche Bischöfe in der katholischen Kirche, nämlich den hiesigen, Bischof Bertram Meier, in Eichstätt Bischof Gregor Maria Hanke und in Regensburg Bischof Rudolf Voderholzer.

Ich bin sehr glücklich, daß Bischof Meier schon vor fast zwei Jahren zu mir gekommen ist – wir kennen uns schon viele Jahre, wie er heute früh gesagt hat – und meinte: „Hören Sie zu, ich möchte unbedingt, daß im Rahmen des Ulrichsjahres“ – und das endet demnächst – „als einer der Höhepunkte ein Sudetendeutscher Tag in unserem Bistum stattfindet.“ Ich danke dem Bischof und auch Dir, liebe Eva als Oberbürgermeisterin, herzlich für die Gastfreundschaft, die wir hier in Augsburg genießen. Es ist 175 Jahre her, seit Tschechen und Sudetendeutsche zum ersten Mal in den Jahren 1848 und 1849 gemeinsam in einem demokratisch gewählten Parlament saßen. Dies war der Reichstag von Kremsier, im Sommerschloß der Olmützer Erzbischöfe. Das war damals das erste demokratisch gewählte Parlament der Hasburgermonarchie.

In Wien herrschte Revolution, und die Abgeordneten kamen in Kremsier zusammen, um an einer neuen Verfassung zu arbeiten. Es waren speziell Tschechen und Sudetendeutsche, die da herausgeragt haben. Der herausragendste Sudetendeutsche war Hans Kudlich, etliche seiner Nachfahren sind heute hier unter uns, an der Spitze das Mitglied unserer Bundesversammlung, Annegret Kudlich. Diese Tat, die der Kudlich damals vollbracht hat, nämlich das Gesetz zur Bauernbefreiung, das galt lange Zeit als das einzige von diesem ersten gemeinsamen Parlament, von diesem Reichstag, das Dauerhaftigkeit hatte. Der Reichstag wurde ja dann vom Absolutismus beendet und auseinandergebracht. Aber das Gesetz über die Bauernbefreiung ist geblieben. Ich widerspreche aber der Ansicht, daß es das einzige sei, was

Fotos: Torsten Fricke übrig geblieben ist. Denn im Reichstag von Kremsier hat die unglaubliche Vielfalt an Nationalitäten unserer Habsburgermonarchie vor allem auch gearbeitet an einer Lösung einer völlig neuartigen Frage. Denn damals kam die Demokratie auf Mitte des 19. Jahrhunderts. Es gab ja auch die Paulskirche in Deutschland, die einen deutschen demokratischen Nationalstaat errichten wollte. An die hat man gedacht. Man vergißt aber den Reichstag von Kremsier, der, wie ich finde, noch viel kühner gedacht hat. Denn der hat an eine multinationale Demokratie gedacht, an eine übernationale, gemeinsame Demokratie. Und es war ein Tscheche, der berühmte Historiker František Palacký, der hier entscheidenden Einfluß ausgeübt hat. Der Reichstag von Kremsier hat einen Grundsatz beschlossen, der von überragender Be-

deutung ist: „Alle Volksstämme des Reiches sind gleichberechtigt.“ Also nicht Mehrheitsprinzip/Minderheitsprinzip. Es ging nicht mal um Minderheitenschutz. In der Donaumonarchie gab es keine Mehrheit und keine Minderheit. Der Satz „Alle Volksstämme sind gleichberechtigt“ sollte ausdrücken, egal wie groß oder klein eine Nationalität oder Sprachgruppe ist, sie haben die gleiche Würde und die gleichen Rechte. Als dann später Kaiser Franz Josef, der ja als 18jähriger in Olmütz in Mähren, in der Nähe von Kremsier, damals den Thron bestiegen hat, später andere Verfassungen erlassen hat bis hin zum Staatsgrundgesetz von 1867, das dann bis zum Ende der Monarchie galt, ging dieser in Kremsier geprägte Satz durch alle Verfassungen bis zum Ende der Monarchie. Er wurde konkretisiert: Alle Volksstämme haben ein Recht auf eigene Sprache, einschließlich Amtssprache, ein Recht auf eigenes Schulwesen und auf freie kulturelle Entfaltung. Das hat in der Praxis nicht immer geklappt, es hat oft geknirscht, aber dieser Grundsatz muß auch heute wieder zum Leitmotiv der Europapolitik der Europäischen Union und aller ihrer Mitgliedstaaten werden. Wir alle wissen, daß das Ganze dann leider im Ersten Weltkrieg zerbrochen wurde, zerstört wurde. Trotzdem gab es danach nochmal ein Parlament, in dem Tschechen und Sudetendeutsche gemeinsam saßen, in der Tschechoslowakei. Es gab die Aktivisten, die versucht haben, durch Mitarbeit im Staat diesen föderalistisch zu reformieren. Und sie haben damals zurückgegriffen auf zwei Errungenschaften, die schon in der Monarchie formuliert wurden, nämlich zum einen das Brünner Nationalitätenprogramm der österreichischen Sozialdemokratie, das wir, liebe Christa Naaß, gemeinsam, SL und Seliger-Gemeinde, diesen Herbst in Brünn zusammen mit unseren tschechischen Freunden, lieber David Macek, feiern werden. Und das andere war dann der Mährische Ausgleich von 1905, bis heute das beste Volksgruppen- und Minderheitenrecht. Nächstes Jahr wird er 120 Jahre alt. Und auch den werden wir in Brünn als Sudetendeutsche und Tschechen gemeinsam begehen.

Fortsetzung Seite 3

� Steffen Hörtler, Landesobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft Bayern

„Ein Signal, das spaltet“ Liebe Landsleute, meine sehr geehrten Damen und Herren, über sieben Jahrzehnte lang haben wir auf unseren Sudetendeutschen Tagen gemahnt: Nie wieder Krieg in Europa! Nie wieder Flucht und Vertreibung!

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Steffen Hörtler, stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft und Landesobmann der SL Bayern.

ir wurden dafür oft belächelt, nicht ernst genommen und von Teilen der Bevölkerung als Ewiggestrige hingestellt. Krieg in Europa war für viele Menschen nicht denkbar, die Erfahrungen der deutschen Vertriebenen doch nur noch Geschichte aus einer längt vergangenen Zeit. ... Unser Sudetendeutscher Tag ist und bleibt das unmißverständliche Bekenntnis für die Menschenrechte, für das Recht auf die Heimat, für Dialog und Begegnung, für die Freiheit der Menschen, für ein geeintes Europa. Liebe Landsleute, 2016 war der damalige tschechische Kulturminister Daniel Herman der erste

Minister überhaupt, der am Sudetendeutschen Tag teilgenommen und mit seinen Worten unsere Herzen tief bewegt hat. Ich sagte nach dieser Rede, daß er mit diesem mutigen Schritt das Eis gebrochen hat. Bereits ein Jahr später war der damalige Stellvertretende Ministerpräsident Pavel Bělobrádek bei uns auf dem Sudetendeutschen Tag. Wir alle wußten: Dieser Besuch war ein großer und wichtiger Schritt zur Normalität im Verhältnis zwischen dem tschechischen Volk und seiner Regierung und seinen sudetendeutschen Landsleuten. Nach 2017 wurde es ruhiger, und ein wirkliches Interesse an unseren sudetendeutschen Anliegen kam eher sparsam von der Prager Burg. Doch es gab auf tschechischer Seite immer mutige Politiker, wie Daniel Herman, wie Pavel Bělobrádek, wie Dr. Arnošt Marks, wie Michaela Marksová,

die ihre Standpunkte immer klar vertreten haben. ... Im letzten Jahr hat hier am Sudetendeutschen Tag, als offizielle Vertreter der Tschechischen Regierung, der Minister für Schulwesen, Jugend und Sport der Tschechischen Republik Mikuláš Bek eine eindrucksvolle Rede gehalten. Seine Worte, daß das Versöhnungswerk zwischen Tschechen und Deutschen im Grunde schon vollbracht sei, war ein Schritt in eine historische Dimension. ... Gemeinsam mit unseren tschechischen Freunden haben wir Sudetendeutsche den Boden für diese Versöhnung bereitet. Und unter der Schirmherrschaft des Freistaats Bayern haben wir eine Brücke gebaut, die unsere Völker verbindet, im Wissen um die Geschichte und im Vertrauen auf die Zukunft. ... Meine lieben Landsleute, in Europa sind wir – bis hinauf in höchste politische Kreise unserer östlichen Nachbar-

staaten – als verläßliche Partner zur Versöhnung unserer Völker geschätzt und anerkannt. In Deutschland spüren wir hingegen, daß einige Kreise unsere Geschichte, das Schicksal und die Leistungen unserer Heimatvertriebenen, der Aussiedler und Spätaussiedler und ihrer Nachfahren, aber auch der deutschen Minderheiten im Osten Europas wieder einmal aus dem gesellschaftlichen Bewußtsein verdrängen wollen. Die Streichung unserer Landsleute aus dem Namen des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa ist ein Signal, das spaltet. Und das schmerzt. Denn dies geschieht in einem Augenblick der Zeitgeschichte, in dem das Wirken der Sudetendeutschen und aller anderen Landsmannschaften für Frieden und Freiheit in einem geeinten, aber von vielen Seiten angegriffenen Europa so von Bedeutung ist.“


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Fortsetzung der Festrede des Sprechers der Sudetendeutschen Volksgruppe

dieses Europa zu zerstören“ Fortsetzung von Seite 2 Der Nationalismus, liebe Freunde und Landsleute, hat uns leider dann auseinandergeführt. Und der Menschheitsverbrecher Adolf Hitler hat dies dann für sich genutzt. Gott sei Dank gibt es jetzt wieder – und wir wählen das am 9. Juni – ein Parlament, in dem Sudetendeutsche und Tschechen gemeinsam repräsentiert sind und das Sudetendeutsche und Tschechen gemeinsam wählen. Das ist das Europäische Parlament. Deshalb ist das ein ausgesprochenes Herzensprojekt für uns. Es ist jetzt 75 Jahre her, seit der Europarat entstanden ist. Die erste staatliche Organisation zur europäischen Einigung. Der hatte einen Vater. Und dieser Vater war ein Landsmann von uns, nämlich Richard Graf Coudenhove-Kalergi, der schon 1922 die Paneuropa-Bewegung gegründet hat, weswegen wir ganz klar sagen können: Die Europäische Einigung ist eine sudetendeutsche Erfindung. Auf die wir stolz sein können. Mir hat einer meiner drei Stellvertreter, nämlich Klaus Hoffmann, der hier sitzt, etwas besonders Interessantes erzählt. Klaus Hoffmann ist stellvertretender SL-Bundesvorsitzender, war lange Jahre Chef der Reichenberger, er ist Bürgermeister der Stadt Bad Herrenalb in Baden-Württemberg. Die hatten unlängst ein großes internationales Musikfestival. Und da kam ein Japaner, der dort eine Symphonie aufgeführt hat. Und diese Symphonie hieß „Japanischer Traum“. Gestern habe ich gesagt bei diesem wunderschönen Stück „Böhmischer Traum“, das direkt vor der Europahymne gespielt wurde, der böhmische Traum war und ist ein friedliches, geeintes und demokratisches Europa. Was war der japanische Traum? Das hat mir eben der Klaus Hoffmann erzählt, das ist eine Symphonie, gespielt von 30 oder 40 japanischen Musikern, welturaufgeführt in Bad Herrenalb, eine Eloge auf unseren Landsmann Coudenhove-Kalergi, aus Japan, wo er sehr populär ist – er hat ja eine japanische Mutter gehabt. Wir werden dieses japanische Orchester nach Ronsperg in Böhmen bringen, wo man wieder sehr an Coudenhove erinnert, und werden dort eine japanisch-sudetendeutsch-tschechische Feier veranstalten. Europa ist also auch ein japanischer

„Ich sage ganz klar: Der Nationalismus ist die Ursache für die Vertreibung, weil er eine kollektivistische Grundlage hat.“ Traum. Unter uns ist mein Freund Gerhard Sabathil, der Enkel des letzten deutschen Bürgermeisters von Ronsperg, der sich jetzt auch als unser Ortsbetreuer sehr kümmert um die Beziehungen zur tschechischen Stadt Ronsperg. Ich finde es großartig, daß die Stadt Ronsperg jetzt die unglaublich spannenden Erinnerungen des Vaters Europas ins Tschechische übersetzt, damit

sie auch im tschechischen Volk bekannt sind. Das ist eine wunderbare grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Trotzdem: Die Geschichte ist leider anders verlaufen. Der erste Versuch, Europa zu einen, ist am Nationalismus, am Nationalsozialismus, am Kommunismus gescheitert. Der große Europäer Otto von Habsburg, dessen engster Mitarbeiter ich lange sein durfte, hat immer sehr hart und sehr deut-

Begrüßung in der Festhalle (von links): Volksgruppensprecher Bernd Posselt, SL-Landesobmann Steffen Hörtler, Ministerpräsident Dr. Markus Söder, Staatsministerin Ulrike Scharf und Beauftragte Dr. Petra Loibl.

lich gesagt: Nationalismus ist eine Geisteskrankheit, eine ganz gefährliche Geisteskrankheit. Leider Gottes mußten wir darunter immer wieder leiden. Der Nationalismus hat die Habsburgermonarchie zerstört, die man in ein demokratisches Kleineuropa hätte verwandeln können. Der Nationalismus hat das Verhältnis zwischen Tschechen und Sudetendeutschen schwer belastet in der Tschechoslowakischen Republik. Man

Fotos: Torsten Fricke

denke an den 4. März 1919. Der Nationalismus hat in der übersteigerten und noch gefährlicheren totalitären Form von Menschheitsverbrechen in Gestalt der verbrecherischsten Ideologie aller Zeiten, nämlich des Nationalsozialismus, die böhmischen Länder zerstört, hat die Tschechen verfolgt und unterdrückt, hat die Juden der böhmischen Länder vernichtet, hat die sudetendeutschen NS-Opfer getötet oder in Konzentrationslager

Kurz vor Beginn der Festveranstaltung: Ministerpräsident Markus Söder macht sich letzte Notizen. Ihm gegenüber sitzen Volksgruppensprecher Bernd Posselt und Botschafter Tomáš Kafka (Rede siehe Seite 6).

gesperrt. Und er hat uns schließlich eingebrockt, was dann nach dem Zweiten Weltkrieg kam: wieder Nationalismus, wieder Terror, Kommunismus – die andere große verbrecherische Ideologie – und schließlich auch die Vertreibung. Ich sage ganz klar: Der Nationalismus ist die Ursache für die Vertreibung, weil er eine kollektivistische Grundlage hat. Václav Havel hat immer gesagt, er wende sich mit aller Schärfe gegen Kollektivschuld. Die ist ein ganz gefährlicher Gedanke. Liebe Landsleute, wenn Sie zum Beispiel das Beneš-Dekret Nr. 5 lesen, da steht drinnen „Unzuverlässige Menschen sind Menschen deutscher oder magyarischer Muttersprache.“ Die Tschechen waren Opfer dieses kollektiven Nationalismus. Die Sudetendeutschen. Viele, viele andere. Mit diesem Nationalismus muß endlich für alle Zeiten Schluß sein. Aber er erhebt sein häßliches Haupt wieder in Gestalt des Angriffskrieges der Russen und Putins gegen unsere ukrainischen Landsleute. Er erhebt sein häßliches Haupt in der Gestalt von Parteien wie AfD und Wagenknecht-Partei. Der Nationalismus ist in ganz Europa dabei, alles zu zerstören an Kostbarem, was unsere ältere Generation nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut hat. Liebe Landsleute, das dürfen wir nicht zulassen! Das werden wir nicht zulassen! Dagegen werden wir uns mit aller Kraft wehren. Dieser Nationalismus droht wieder, dieses Europa zu zerstören. Dagegen hilft nur eines: Dagegen hilft zur Europawahl zu gehen und das demokratische Europa zu stärken. Aber noch wichtiger ist, Europa mit pfingstlichem Geist zu erfüllen. Und der pfingstliche Geist ist mit dem Nationalismus völlig unvereinbar. Deshalb ist unser Pfingsttreffen auch zu diesem Zeitpunkt gestaltet worden schon von unseren Vorvätern. Der pfingstliche Geist möge Europa erfüllen, möge es friedlich machen, möge es stark machen. In diesem Sinne, liebe Landsleute, sind wir heute zusammengekommen. Pfingstlicher Geist verjage den Nationalismus. Der Heilige Geist möge Europa erfüllen und nicht unheiliger. In diesem Sinne freue ich mich, daß wir heute da sind.

Erklärung der Jugend: Mario Hierhager, Vorsitzender der SdJ – Jugend für Mitteleuropa

Mittelkürzungen sind der falsche Weg Sehr verehrte Ehrengäste, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir selbst wünschten es uns am allermeisten, eine Erklärung der Jugend einleiten zu können, ohne einer weltpolitisch zerrütteten Gegenwart. Aber es ist leider schier unmöglich. All die Kriege und Krisen, all das kann tiefe Einschnitte für uns alle bedeuten, aber sie hinterlassen tiefe Kerben der Verunsicherung besonders bei jungen Menschen, deren Naturell es ist, die Zukunft gestalten zu wollen.

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ktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen eine junge Generation, die oft nicht positiv in die Zukunft sieht. Das ist nicht zurückzuführen auf eine verweichlichte Generation, sondern auf eine Aneinanderreihung von Belastungen, die nicht den altersentsprechenden Herausforderungen entsprechen. ... Gleichzeitig wird aber einge-

fordert, daß junge Menschen sich für die Gesellschaft und Ältere einzusetzen haben. Dabei wird viel zu oft vergessen, daß dies für viele junge Menschen eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, für uns in der SdJ allemal, denn unsere sudetendeutschen Wurzeln lehren uns, Verantwortung anzunehmen. Allerdings haben jüngere Generationen auch das Recht, in ihren eigenen Anliegen gehört und ernstgenommen zu werden, und dieser Eindruck verblaßt gesellschaftlich zunehmend und endet viel zu oft in Resignation. Neuesten Analysen zufolge wenden sich junge Erwachsene, insbesondere junge Männer immer stärker der AfD zu. Das ist eine fatale und beängstigende Entwicklung, bei der wir alle in der Verantwortung stehen. Politische Zuspitzung ist Teil des Geschäfts, aber rhetorische Überspitzung zur Rückgewinnung von Wählerpotential, die stellenweise ei-

nen gewissen Anstand vermissen läßt, vertieft doch nur die gesellschaftlichen Gräben. Auch politische Überlebensstrategien, bei denen man aufgrund eigener Fehler in der Jugend medial in ein Opfernarrativ verfällt, sind weitere Beispiele für die zahlreichen Brandbeschleuniger in den glimmenden Konflikten unserer Gesellschaft. Am Ende hilft dies aber niemandem mehr als den Extremen von rechts und von links und gibt weitere Starthilfe für Wut, Haß und Gewalt gegenüber denjenigen, die Verantwortung übernehmen wollen für unsere Gesellschaft. Die inoffiziell Abgesandten aus Moskau und Peking nehmen diese Geschenke gerne an und nutzen dies schamlos für ihre eigene zu verachtende, aufwiegelnde Agenda aus und biedern sich damit Despoten und Kriegsverbrechern an. ... Wir sollten mit unserer Demokra-

tie wirklich sehr vorsichtig sein! Auch die Mütter und Väter des Grundgesetzes hatten ihre Erfahrungen mit Volksmeinungen, die vor nicht allzu langer Zeit in nationalsozialistischer Bösartigkeit und Dummheit gipfelten und damit auch unheimliches Leid über die Sudetendeutschen brachte. Nun stehen wir wieder hier und die gesellschaftlichen Gräben vertiefen sich zunehmend, auch in der Jugend! Und jetzt fragen sich vielleicht gerade einige hier in der Halle, was hat das aber bitte mit der SdJ und ihren Mitgliedsgruppen zu tun? Seit 75 Jahren sind die SdJ und ihre Mitgliedsverbände sehr erfolgreich darin, den Spagat zu wagen zwischen historischer Verantwortung und der Bewahrung der Traditionen auf der einen Seite, aber auch der ständigen Weiterentwicklung und Einbettung dieses immateriellen wie materiellen Erbes in eine sich ständig verändernde Gegenwart. Wir

finden, die Stärke einer Demokratie zeigt sich auch darin, wie gut sie die Bedürfnisse und Würde von Minderheiten und von Schwächeren einer Gesellschaft achtet. Daher ist es auch der falsche Weg, die staatliche Unterstützung für die Vertriebenenarbeit allgemein in Deutschland zusammenzustreichen. Auch dies hat direkte Auswirkungen auf unsere demokratiefördernde und grenzüberschreitende Arbeit und schwächt nur weiter den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir haben längst verstanden, wer seine Wurzeln nicht kennt, wächst in keine Zukunft. ... Wären frühere Generationen der Jugend nicht auch unbequem gewesen, gäbe es heute keine wunderbare grenzüberschreitende Verbindung mit unseren tschechischen Freundinnen und Freunden. Schließlich war es auch die SdJ, die als einer der ersten

Mario Hierhager, Vorsitzender der SdJ – Jugend für Mitteleuropa. Gruppierungen überhaupt verstanden hat, daß die Aufarbeitung der Vergangenheit nur mit unseren tschechischen Nachbarinnen und Nachbarn gemeinsam geschehen kann. Ja, wir sind manchmal unangenehm, wir sind nicht immer so, wie es sich ältere Generationen wünschen, und das muß so sein. Aber wir stehen hier, wir stehen in der Mitte der Gesellschaft und wir bleiben hier.


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24.5.2024

� Festrede des Schirmherrn der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder

„Ohne die Sudetendeutschen hätte Lieber Bernd, erst mal herzlichen Dank für deine Rede, ja Predigt (siehe Rede Seite 2 und 3). Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Landsleute, es ist mir wie immer und jedes Jahr eine ganz große Ehre, daß ich als Vertreter des Schirmherrenlandes, als Bayerischer Ministerpräsident, zu Ihnen kommen und bei Ihnen sprechen darf. Es ist eine große Tradition, und ich bin seit vielen Jahren dabei, auch schon lange, bevor ich Ministerpräsident war. ... Ich sage ein herzliches Dankeschön, daß Sie mich einladen, daß Sie diese Schirmherrschaft gerne immer wieder annehmen, und ein herzliches Willkommen heute hier und vor allem: Grüß Gott, liebe Landsleute.

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s ist schon ein ganz besonderes Treffen. Eigentlich ein Festival des Friedens, kann man mittlerweile sagen. Ein Festival des Friedens, aber auch der familiären Erinnerungen. ... Dieses Treffen ist immer wieder ein ganz großes Statement, im Inwie Ausland hoch beachtet. Und deswegen, meine Damen und Herren, sind Sie auch stolz darauf. Die Sudetendeutschen haben in den letzten Jahrzehnten auch mit diesem Pfingstreffen immer große Wirkung erzielt. Und deswegen ist es wichtig, daß darüber berichtet wird. Es ist wichtig, daß darüber gesprochen wird. Aber man spürt die innere Kraft und Stärke der Sudetendeutschen Volksgruppe. Dankeschön dafür, was Sie geleistet haben. Und der Freistaat Bayern ist Ihnen zusätzlich zu enormem Dank verpflichtet. Jetzt sind wir mal ehrlich: Der Freistaat Bayern war nach dem Krieg nicht die erste Adresse der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Lange, lange waren wir ein eher ärmlich geprägtes Land mit hoher Arbeitslosigkeit, viel Landwirtschaft, wenig Industrie und Technologie. Und am Anfang hat kaum einer geglaubt, daß aus diesem Bayern ein solch erfolgreiches Land wie heute werden kann. Auch wenn es nicht jeder zugibt und auch nicht jeder in Deutschland gern wertschätzt, ohne uns wird es in Deutschland deutlich schwerer werden, meine Damen und Herren, weil wir vom Süden aus geradezu die Hälfte der ganzen Länder mitfinanzieren über den Länderfinanzausgleich. Bayern ist heute das stärkste Land in Deutschland, und darauf dürfen wir stolz sein. ... Warum ist dieses Bayern so kräftig und stark geworden? Weil die Sudetendeutschen, weil die Vertriebenen mit Kraft und Mut und mit großer Leistungsfähigkeit am Aufbau dieses Freistaats Bayern mitgewirkt haben. Ich bin der festen Überzeugung, ohne die Vertriebenen, ohne die Spätaussiedler, ohne die Sudetendeutschen hätte Bayern nie diesen Weg gehen können. Denn was so unglaublich beeindruckend ist, nicht nur das Geschick, nicht nur der Fleiß, nicht nur die die handwerklichen und beruflichen Qualitäten waren so wichtig, sondern dieser Mut. Ich weiß nicht, ob wir heute den Mut aufbringen würden, wenn einem die Heimat genommen wird, wenn einem alles genommen wird. Ein ehemaliger Ortsgruppenvorsitzender, den ich aus Nürnberg kannte, Roman Müller, sagte mir immer: Man hat uns alles Materielle genommen, aber unsere Geschichte, unsere Ehre, unsere Heimat im Kopf, unsere Heimat im Herzen, die hat uns niemand genommen. Und dann die Kraft zu finden, nach einem solchen Verlust neu anzufangen,

Ministerpräsident Markus Söder, Schirmherr der Sudetendeutschen Volksgruppe, auf dem 74. Sudetendeutschen Tag in Augsburg. Fotos: Torsten Fricke mitzuwirken, sich als Teil dieser bayerischen Gemeinschaft zu verstehen, ist eine unglaubliche Leistung. Das hat Bayern stark gemacht. Ohne Sudetendeutsche wäre Bayern nicht so vorangekommen. Vergelt‘s Gott. Und was für eine unglaubliche politische Botschaft steckt dahinter in der Charta der Heimatvertriebenen schon in den 1950er Jahren? Heute klingt die Absage an Nationalismus wieder sehr wichtig, ist aber eigentlich im Repertoire fast jeder politischen Rede der demokratischen Mitte selbstverständlich. Aber in den 1950er Jahren? Kalter Krieg. Es tobte in Korea ein aktiver Krieg, ein schlimmer Krieg. Der Eiser-

nicht, alles wiederherzustellen. Wir fordern keine Revanche. Wir fordern nicht den aggressiven Weg.“ Sondern so frühzeitig wie niemand anders sonst in Europa und der Welt stellen sie den Verzicht auf Revanche in den Mittelpunkt und sehen stattdessen das Gespräch, die Botschaft, den Frieden. Das ist und bleibt eine der größten und unglaublichsten Leistungen des letzten Jahrhunderts. Das haben nur die Heimatvertriebenen geschafft. Und warum? An Bernd Posselt zeigt sich das. Es war nicht nur eine Predigt und ein starkes Grußwort. Es war natürlich auch ein historischer Kontext, in den du die heutige Zeit gestellt hast. Manchmal wundere ich mich

Begrüßung vor der Messehalle: Ministerpräsident Markus Söder, Staatsministerin Ulrike Scharf und SL-Landesobmann Steffen Hörtler. ne Vorhang, Bedrohungen, Geschichte, die neu justiert und vielleicht geschrieben wird. Und da sagen die Heimatvertriebenen nicht etwa: „Wir wollen die Vertreibung rückgängig machen.“ Da sagen die Heimatvertriebenen nicht: „Dieses Unrecht, was uns passiert ist, für das wir menschlich, persönlich gar nichts können. Wir haben uns persönlich auch nicht schuldig gemacht gegenüber jemandem. Und dieses Unrecht wird an uns begangen, aber wir fordern

sehr, meine Damen und Herren. Ich weiß, daß für den einen oder anderen Geschichtsunterricht langweilig anmutet und man sich beschwert: „Das ist nicht meins, was gestern war.“ Aber nur wer annähernd spürt und weiß, was gestern war, der kann die Verläufe und Wege der Zukunft heute verstehen. ... Wir leben in der Geschichte, und viele Dinge, die uns bewegen heute, und viele Fragen, die uns beschäftigen, und manche Probleme, die uns bereitet werden, haben eben

auch mit Geschichte zu tun. Und wer die Geschichte nicht kennt, hat keine Chance, in der Zukunft zu bestehen. Und, lieber Bernd, du bist jemand, der die Dimension erkennt, der die Geschichte durchdrungen hat und daraus auch, aber nicht nur, referierst, was war, sondern immer wieder mahnst, lehrst und auch aktive Politik machst für die Zukunft. Bernd Posselt ist nicht nur ein ganz großer Sohn Ihrer Volksgruppe. Er ist auch ein starker und großer Staatsmann des Freistaats Bayern. Und ich gehe einen Schritt weiter. Wir in Bayern haben dich mit allem geehrt, was man ehren kann. Also der Schrank der Ehrungen ist quasi voll. Aber ich finde, meine Damen und Herren, daß Deutschland, die Bundesrepublik Deutschland, viel zu wenig respektiert und ehrt, was die Sudetendeutschen, viel zu wenig ehrt und respektiert, was Bernd Posselt gemacht haben. Und ich würde mir ehrlicherweise wünschen, daß so, wie mittlerweile unsere tschechischen Freunde von ganz oben, Bernd Posselt ehren, die Bundesregierung die gleiche Ehrerbietung für Bernd und für die Volksgruppe erbringen würde. Das wäre angemessen. Das fehlt. Auf uns, auf die Staatsregierung, können Sie sich verlassen. Mich hat das Lob an Ulrike Scharf und an Petra Loibl gefreut. Zwei, die sich engagieren, zwei, die für viele stehen. Die Anzahl der Abgeordneten aus verschiedenen Parteien, die heute hier sind, zeigt den Respekt. Man muß ja immer wissen, es ist Pfingstsonntag. Es ist schon zu Hause begründungspflichtig, warum man am Pfingstsonntag um zehn oder elf Uhr nicht da ist oder vielleicht wie die Ulrike Scharf, am Freitag und am Samstag und am Sonntag. Also das muß man dann auch erklären. Und das tun sie aber alle von Herzen. Nicht nur, weil es ihre scheinbare Pflicht ist. Und deswegen sind auch alle Investitionen, die wir tätigen zur Un-

terstützung, ob im Museum, der ehrenamtlichen Arbeit, vieler Dinge, für uns selbstverständlich. Wir würden auch nie daran rütteln. Umso schmerzlicher ist es, wenn wir in Deutschland einen Konsens, den wir eigentlich zu dem Thema Vertriebene hatten, wenn der irgendwie so durch die Hintertür wieder angeknabbert wird. Ich habe mich selber erinnert: In Nürnberg gab es über viele Jahre immer Diskussionen: „Fassen wir doch Aussiedlerund Ausländerbeiräte zusammen.“ Das sei doch irgendwie das Gleiche und dasselbe. Wir unterstützen jeden, der zu uns kommt und bei uns lebt und hier ein neues Leben beginnen will, mit allem, was geht. Aber es gibt noch mal einen Unterschied, ob ich aus anderen Teilen der Welt komme oder ob ich Sudetendeutscher bin, denn Sudetendeutsche sind deutsche Landsleute. Daraus ergibt sich eine andere Verpflichtung und Bedeutung.

Was soll die Streichung des Wortes „Deutsch“? Ich habe gestern gehört, daß die Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung ein sehr klares Statement gegeben hat. Das ganz anders war als das, was wir derzeit in der aktuellen Gesetzesentwicklung erleben. Ich darf das noch mal für den Freistaat Bayern einfach sagen: Warum soll da das Wort „Deutsch“ gestrichen werden? Was bezweckt man damit? Gibt es da eine Agenda, die dahinter steht? Soll das Ganze nicht mehr respektiert werden? Soll Stück für Stück die Vertriebenenförderung aufgeweicht werden? Mit dem Argument, es seien doch nicht mehr so viele. Das höre ich immer. Nun, ich kann nur jedem empfehlen, und ich hätte es auch von Claudia Roth echt gut gefunden, wenn sie mal hierherkommt, um zu sehen, daß das dort mit so vielen Menschen ein Statement, ein Statement für die Zukunft ist.

Hier vorne krabbeln die Kinder vorbei, meine Damen und Herren. Hier sind alle Generationen da, die Sudetendeutschen werden auch weiter das Bild Bayerns und Deutschlands prägen. Und das ist gut so für unser Land. Das wollen wir auch so. Und deswegen die Aufforderung, die Bitte: Gerade in diesen kulturell hochsensiblen Fragen braucht es einmal, zweimal, dreimal nachdenken, ob man die richtigen Worte und Begriffe verwendet. Unser Vorsitzender der Sudetendeutschen Jugend sagt: Man muß auf die anderen wichtigen Probleme auch schauen. Keine Frage. Aber Identität spielt in einer sich aufspaltenden Welt eine ganz wichtige Rolle. Weißt du nicht, wer du bist? Weißt du nicht, wo du stehst? Wie kannst du dann anderen helfen und mit anderen in Frieden zusammenleben? Verwirrung muß beendet, Klarheit muß geschaffen werden. Deswegen fordern wir auch ganz klar, solches Rumknappern, solches Rumschnipseln wegzulassen. Wir halten es auch für unglücklich, wenn bei internationalen Konferenzen beispielsweise Zimmer umbenannt werden, weil man sich mit Teilen nicht identifizieren will, oder Kreuze abgehängt werden. Es muß keiner frömmelnd sein, es muß keiner in der Geschichte leben. Aber wir können auch nicht das, was wir erlebt haben und was uns heute auch stark macht und was uns heute auch dazu führt, daß wir wissen, was gut und was falsch, was besser und böse wäre, daß das, meine Damen und Herren, endlich vorankommt. Und wenn ich dann erlebe, ich sage das hier sehr deutlich, man möge es mir verzeihen nach der friedlichen Predigt, es ärgert mich, wenn ich umgekehrt sehe, wie beispielsweise bei manchen Kulturveranstaltungen in Berlin geklatscht wird bei antisemitischen Äußerungen. Denn das gehört genau zu unserer Geschichte dazu, daß wir immer klar machen, daß Antisemitismus keinen Platz hat. Und wenn eine Ministerin sich schwertut, diese Sensibilität zu entwickeln, dann kann sie auch etwas anderes tun, aber nicht mehr diese Aufgabe wahrnehmen, die für uns Menschen hier in dem Land so wichtig ist. Besonders freut mich die Freundschaft mit Tschechien. Ich finde, es ist ein so unglaubliches Gut. Unser Botschafter hat es angesprochen, so war es ja tatsächlich: Pfingsttreffen – da war immer höchste Alarmbereitschaft. Medial zumindest. In Prag hat man geschaut: Was erklären zum Beispiel die Sudetendeutsche Landsmannschaft oder meine Vorgänger? War ja immer ein enges, klares Statement. Es gab manchmal auch vorher schon eine Botschaft oder – wenn ich das so sagen darf – auch nicht immer sehr freundschaftliche Signale. Da hat sich keiner was geschenkt. Und in Berlin war man in der Regel immer irgendwie unglücklich darüber. ... Aber selbst, als die Waffen weg waren, die Grenzzäune weg waren, war noch nicht wirklich Frieden im Herzen. Es hat lange gedauert. Beide Seiten haben sich bewegt. Und es ist bewegend, in der Tat, wenn ich sehe, wie wir heute zusammenarbeiten. Horst Seehofer hat damals mit seinem Kollegen Petr Nečas von der anderen Seite diese Tür geöffnet, und viele sind durchgegangen. Und diese Tür wird jedes Jahr ein bißchen breiter. Wir hatten im letzten Jahr das erste Mal eine bayerische Kabinettssitzung mit einem tschechischen Ministerpräsidenten, und es war ein gutes Gespräch. Fortsetzung Seite 5


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� Fortsetzung der Festrede des Schirmherrn der Sudetendeutschen Volksgruppe

Bayern nie diesen Weg gehen können“ Fortsetzung von Seite 4 ... Das Schöne ist, wenn wir Freunde aus Tschechien haben, ... dann essen wir Bratwürste, dann trinken wir Bier und dann versteht man sich, weil man weiß, daß man eben seit Jahrhunderten Nachbar ist. Und es ist schön zu spüren, daß die Zeit des Kommunismus, dieses Jahrhundert der Trennung, anders kann man es ja nicht sagen, trotzdem nicht ausgereicht hat. Dieses Jahrhundert der Trennung hat nicht ausgereicht, die Jahrhunderte der Gemeinschaft, die Jahrhunderte der Verbindungen wirklich völlig zu lösen. Und wir mußten manches neu beleben, wir mußten manches neu bewegen, wir mußten manches neu voranbringen. Stellen Sie sich mal vor 10, 15 Jahren vor, was es bedeutet hätte, die tschechische Hymne hier zu spielen. Und heute ist das ein unglaubliches Signal. Als Politiker, als Ministerpräsident, bin ich froh über den engen Kontakt. Er ist wichtig für Bayern. Als Staatsbürger, historisch denkender Mensch in Bayern, in Franken geboren, bin ich einfach nur glücklich, daß wir heute in dieser Gemeinschaft leben dürfen. Danke schön! Alles, alles Gute. Und das Statement paßt besser denn je in eine wirre Zeit. Manche haben ja gedacht, wir haben gar keine Probleme mehr. Und wenn man ehrlich ist, so im Alltag und im politischen Alltag ist über Dinge geredet worden, die zwar interessant, aber vielleicht nicht annähernd so relevant sind, bis der Krieg in der Ukraine begonnen hat. Die wenigsten haben sich das in der Dimension vorstellen können. Klar gibt es immer welche, die sagen „Wir haben das genau gewußt“. Aber in der Dimension, in der Brutalität, in der Konsequenz? Dieser Krieg in der Ukraine, auch wenn er vermeintlich lange dauert, wird uns noch fundamentaler noch beschäftigen, als die meisten meinen. Auch wenn es manchmal eine Müdigkeit gibt in der Betrachtung und in den Medien. ... Ich finde es richtig, daß wir in Deutschland nicht nur über Maschinen reden, über Technik reden, sondern auch über ein Bekenntnis zu dieser demokratischen Gesellschaft. Ich war bei der Bundeswehr, und ich finde eine Wehrpflicht oder Dienstpflicht, nicht nur als Signal der Landesverteidigung, sondern auch als Bindung, als Statement, als Bekenntnis zum Land, zur Heimat, zu der Verfassung, zu den Werten, wird unserem Land guttun, militärisch, politisch und gesellschaftlich. Davon bin ich fest überzeugt. Aber warum müssen wir das tun? Weil Putin einen Angriffskrieg führt. Dies ist nicht der Konflikt in der Ukraine. Dies ist nicht ein Konflikt Ukraine–Rußland. Es ist ein Angriffskrieg. ... Und wer dann sieht, mit welcher Rücksichtslosigkeit, mit welcher inneren Kälte der Kremlchef Mensch und Material verschleißt. Immer neue Soldaten gepreßt werden aus allen möglichen Teilen des unendlich großen Rußlands. Junge Männer, die vielleicht gar nicht wissen, wohin sie fahren, und die dann in diesem Krieg verheizt werden. Tausende sterben. Und es gibt viele, die sagen: Ja, aber was geht denn uns das an? Das ist schlimm, aber müssen wir da vielleicht Waffen liefern? Und in den neuen Ländern gibt es oft die Frage: Könnten wir nicht vielleicht, indem wir uns heraushalten, das für uns besser lösen? Man mag es zwar für legitim halten, die Frage zu stellen: Ist es gefährlich und falsch, etwas zu tun, um die Ukraine zu unterstützen? Oder wäre es nicht

„Gehen Sie zur Wahl. Entscheiden Sie sich für diejenigen, die sich proaktiv, konstruktiv einsetzen. Motzer, Mauler, Schimpfer gibt es genügend.“ leichter, neutral zu sein? Aber, meine Damen und Herren, sind wir bitte ganz ehrlich, und jeder Einzelne möge sich selbst fragen: Nehmen wir mal an, der Westen und auch wir ziehen unsere Unterstützung zurück. ... Was glauben Sie, was dann passiert? Wird Putin sagen: „Danke, das habt Ihr gut gemacht. Also mir geht es gut, ich bin happy, ich bin fröhlich. Das hat mit euch nichts zu tun. Danke, und wir werden alles gut zusammen machen.“ Glauben Sie das wirklich? ... Das Gegenteil wird der Fall sein. Wir werden am Ende die Hauptbetroffenen sein, und darum dürfen wir diesen Konflikt nicht ignorieren. Darum dürfen wir uns nicht verweigern, sondern wir müssen der Ukraine weiterhelfen, damit diese Maschinerie gestoppt wird. Das andere geht nicht, wäre falsch und geschichtsvergessen. Wir müssen die Hilfe auf der einen Seite leisten, aber die andere Herausforderung zu bestehen, ist vielleicht noch schwieriger. Bernd Posselt als ehemaliger langjähriger Europaabgeordneter weiß, wie das ist. Vor einigen Wochen begann in Indi-

Paßt. Aber manche sagen: „Gehe ich da jetzt hin? Weiß ich nicht. Das bringt nichts da. Ändert sich ja eh nichts.“ Meine Damen und Herren, nimmt die Zahl der Demokratien in der Welt zu? Ist es nicht eher so, daß die Zahl autokratischer Systeme zunimmt? Nimmt die innere Stärkung der Demokratien zu? Werden überall die Demokratien, die wir haben, stärker, vitaler, kräftiger, freudiger, friedlicher? Oder ist es vielleicht so, daß überall, auch mit neuen digitalen Optionen, versucht wird, Mißtrauen, Zwietracht zu säen? Verdächtigungen, Verschwörungen, Gerüchte werden in Gang gesetzt, um die Völker gegeneinander in Stellung zu bringen und die Demokratien intern zu schwächen? ... Und dann gibt es Parteien, von denen wir jetzt kürzlich erst gehört haben, daß sie sogar von Rußland bezahlt werden, um deren Meinung zu vertreten. ... Ich bin entsetzt, wenn ich höre, daß das Ziel heißt, Europa muß sterben. Was soll denn die Alternative zu einem Europa sein? Wollen wir wieder die Kleinstaaterei? ... Wenn Europa stirbt, heißt das erst mal Wohlstand im Eimer. Wir werden unsere tollen Autos nicht nur in Niederbayern und Oberfranken verkaufen können. Das bedeutet natürlich auch, daß Freiheit weg ist, weil die Bewegungsmöglichkeiten andere sind, das Eingesperrtsein innerhalb der Grenzen wird größer. Aber es ist vor allem eine Änderung der Friedensperspektive. ... Darum wäre ein Europa, das stirbt, das Schlimmste, „Gott schütze unsere Verbindung Tschechien–Bayern. was uns passieUnd Gott schütze ganz besonders die Sudetendeut- ren kann. Wir schen!“ Fotos: Torsten Fricke wollen keinen europäischen en eine Wahl – die läuft immer Kadaver. Wir wollen eine starke noch. Das ist die größte demo- europäische Gemeinschaft, eikratische Wahl der Welt. Wuß- ne europäische Idee, die die Völten Sie, daß die Wahl zum Eu- ker vereint und sie nicht spaltet ropäischen Parlament die zweit- und die Völker in Frieden und größte demokratische Wahl der Freiheit zu Wohlstand bringt. Welt ist? Die zweitgrößte. Wenn Das ist die Idee, die wir gemeinich so lese in Umfragen: „Ja“ – schaftlich haben. Die Idee wolJetzt parteilich könnte ich sagen: len wir voranbringen. Und des-

wegen mein Appell, meine Bitte: Gehen Sie zur Wahl. Entscheiden Sie sich für diejenigen, die sich proaktiv, konstruktiv einsetzen. Motzer, Mauler, Schimpfer gibt es genügend. ... Die Einigung, die Gemeinschaft, erfordert immer Vertrauen, Respekt, aufeinander zuzugehen, erfordert immer auch ein Stück weit Kompromiß. Und darum mein Appell: Lassen wir diese große europäische Friedens- und Demokratie-Idee nicht aus Faulheit, nicht aus Langeweile oder aus Nachlässigkeit sterben, auch wenn es langsam ginge. Geben wir dann denen, die bewußt alles zerstören wollen, keine neue Chance, dieses Europa zurückzuführen in die Zeit der Konflikte. Und wenn jemand von Patriotismus redet und sich von anderen bezahlen läßt, kann ich nur sagen: Wahre Patrioten knien nicht vor Despoten. Wahre Patrioten sind nämlich für ihre Heimat und ihr Heimatland da. Und das ist der letzte Teil dessen, was mir heute wichtig ist. Man darf seine eigene Heimat lieben. Ja, man muß sie sogar lieben. Denn die Liebe zur eigenen Heimat gibt die Kraft, sich dafür zu engagieren. ... Ganz am Anfang habe ich über Frau Roth gesprochen. Es wird manchmal mit einem Wort versucht, scheinbar unbemerkt, so ein bißchen einen anderen Weg zu gehen. Das ist nicht immer nur gemeint als „Ich habe einen Beitrag dazu“, sondern man will Leute zu etwas bringen und manchmal auch umerziehen. Und bei mir sträuben sich immer die Nackenhaare, wenn ich das Gefühl habe, daß Politiker in erster Linie einen pädagogischen Auftrag haben und versuchen, eine Gesellschaft in irgendeine bestimmte Richtung zu entwickeln und sie dann zu formen. Das ist alles auf einem niedrigen Level. Aber die mangelnde Toleranz, die dahinter steckt, spürt man jeden Tag. Gestern wollten Tausende Leute in den Urlaub fliegen, zum Beispiel, konnten aber nicht, weil sich einige Leute festgeklebt haben am Münchner Flughafen auf der Start- und Landebahn. Mal abgesehen davon, daß das hochgefährlich ist und irgendwie null für den Klimaschutz bringt, stelle ich mir jedes Mal die Frage: Was steckt da eigentlich für ein Weltbild dahinter, wenn da gesagt wird, wir wollen alle zwingen, das so zu tun wie wir? Mal abgesehen davon, daß ich mir nicht einmal ganz sicher bin, ob die Leute in einer Woche nach Ibiza oder sonstwohin fliegen, das weiß ich nicht. Ich finde, so

kann eine Gesellschaft nicht sein. Jeder muß leben können, wie er es sich vorstellt, und nicht ständig von anderen belehrt oder mit schlechtem Gewissen versehen oder sogar erzogen werden. Wir sind, wer wir sind, wir sind, wie wir sind, und wir wollen es auch bleiben. Das gehört zur Freiheit in einer Gesellschaft dazu. Und nicht nur, weil die Glocken von Iglau eine Erinnerung sind. Es ist übrigens ganz interessant, daß das Glockengeläut, außer vielleicht bei dem einen oder anderen, der daneben wohnt und nicht zu früh aufstehen will, doch bei uns allen immer ein vertrautes Gefühl auslöst, oder? Das Glockengeläut führt immer zu einem Gefühl des Friedens, der Vertrautheit. Das ist der Glaube, und am heutigen Tag, am Pfingstsonntag, ist es besonders spannend. Ist es eigentlich sinnvoll, daß man da überhaupt noch drüber redet? Bei Kirchen haben wir immer ein bißchen Probleme. Da gibt es immer wieder Diskussionen drüber. Gestern habe ich auch einen Beitrag gesehen auf einer Online-Plattform des Öffentlich-Rechtlichen „Darf ein Ministerpräsident, darf ein Bundesland sich überhaupt mit dem Glauben beschäftigen?“. Ist das überhaupt zulässig? Nun, meine Damen und Herren, ich sage Ihnen das aus tiefer Überzeugung: Wir sind ein weltanschaulich neutraler und säkularer Staat. Keine Frage. Aber wir haben Prägungen. Wir haben auch Identität. Ich sage Ihnen das aus tiefer Überzeugung: Ich wünsche mir, daß Kirche und Glaube bei uns eine Rolle spielen. Ich wünsche mir, daß der Glaube in die Nächstenliebe auch bei denen stärker stattfindet, die sich vielleicht geängstigt fühlen. Ist es nicht auffällig, daß gerade dort, wo Glaube lange verbannt, Kirche unendlich behindert wurde, es sehr leicht ist, Menschen zu Dingen zu bewegen, die sie vielleicht gar nicht wollen? Ist es wirklich richtig, den Religionsunterricht zu streichen? Wir wollen ja in den Schulen, daß die Kinder wieder besser Sprachen lernen, Deutsch und in einigen Bereichen auch Tschechisch, was schon wirklich nicht einfach ist. Und dann sollen wir Religion streichen? Ist Schule nicht auch dazu da, Wissen, aber auch Werte zu vermitteln? Und ist es wirklich eine gute Idee zu sagen, dann machen wir das halt mit 30? Und den Kindern nicht dieses Grundgefühl von gut, dieses Grundgefühl von richtig, gerade im Vergleich zu falsch zu übermitteln. Die Zehn Gebo-

te sind die Grundlage. Und der Artikel eins unserer Verfassung, der kommt und ist aus der Quelle des christlichen Menschenbildes heraus entwickelt worden. Auch das, Bernd, ist Teil unserer Identität und Geschichte. Und darum sage ich Ihnen aus tiefer Überzeugung: In Bayern gibt es weiter Religionsunterricht, in Bayern gibt es weiter Kreuze. .... Unser Violinschlüssel heißt: Fortschritt und Tradition. ... Auch die Stadt Augsburg zeigt das sehr schön. Wir investieren unglaublich viel Geld in der Stadt Augsburg in Zukunftsinvestitionen. Nicht nur zum Stopfen der Haushaltslöcher, liebe Eva Weber, sondern ganz bewußt in Zukunft. Künstliche Intelligenz, Robotik. Und auch hier in der Region, meine Damen und Herren, in Luft- und Raumfahrt. Ich wurde und werde da ja oft verlacht – Franz Josef Strauß ging es übrigens genauso, als er damit begann, in den 1970ern über Luft- und Raumfahrt zu reden. Da haben wir gesagt: Franz Josef, wir brauchen Umgehungsstraßen, ein Denkmal für den Landrat, aber doch nicht Luftund Raumfahrt. Das war damals einer der Gründe, warum Bayern mit aufgestiegen ist. Daß wir uns auf Technologien orientiert haben. Heute machen wir das Gleiche. Und vor wenigen Wochen war für mich ein persönlich echtes Highlight die Entscheidung der ESA, der Europäischen Raumfahrtagentur, daß Oberpfaffenhofen der künftige Kontrollpunkt für die Mond-Missionen wird. Und der große Bruder, die NASA – kennen Sie aus vielen Filmen – hat entschieden, in Kooperation mit der ESA, daß für die MarsMissionen, die da stattfinden, auch Oberpfaffenhofen ein Kontrollzentrum wird. ... Aber alles, was damit zusammenhängt, ist nur ein Teil unserer gemeinsamen Ideen. Der andere Teil ist Tradition, ist Bodenständigkeit, ist Glaube, Freiheit, Heimat, Essen, Trachten, Monturen, all das, was dieses Land bindet und Klammern gibt. Und es ist auch nicht out. ... Und wenn man sich positiv zu seiner Heimat bekennt, dann kann man auch positiv mit den anderen reden. Die Liebe, die wir zu uns selber empfinden, gibt uns auch Kraft, anderen Liebe zu zeigen. Denn die Wahrheit ist: Wer Haß predigt, kann sich eigentlich selbst nicht leiden. Der mag sich eigentlich nicht. Und das möchte ich nie für unser Land haben. Und deswegen danke ich Ihnen, gerade in diesen bewegten Zeiten. Alle Ministerpräsidenten danken. Es gibt jedes Jahr den Dank. Aber in diesen bewegten Zeiten und für den Weg, den die Sudetendeutschen in den letzten Jahren genommen haben und für den Friedensgedanken, der an dem heutigen Tag besonders gut kommt und der besonders wichtig ist, dafür möchte ich Ihnen als Staatsbürger, als staatspolitisch interessierter Mensch, einfach ganz persönlich meinen Respekt bezeugen. Die Sudetendeutschen sind für mich ein Vorbild. Es hätte auch ganz anders laufen können. Es hätte auch andere Abzweigungen der Geschichte gegeben. Aber was wir heute erleben, ist: Eine versöhnte, eine kraftvolle, eine vitale, eine geschichtsbewußte, aber auch eine lebendige und liebevolle, große Gemeinschaft und Volksgruppe. Und deswegen ein herzliches Dankeschön. Vergelt’s Gott. Gott schütze unsere Heimat Bayern, Gott schütze unsere Verbindung Tschechien–Bayern, und Gott schütze ganz besonders die Sudetendeutschen! Herzlichen Dank, alles Gute.


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Rede von Tomáš Kafka, Botschafter der Tschechischen Republik in Berlin

„Grüße von Präsident Petr Pavel“ Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Landsleute und Nachbarn, heute selbst als Zeitzeuge, wenn nicht gar als ein Veteran des Prozesses der deutsch-tschechischen respektive sudetendeutsch-tschechischen Annäherung, eines Prozesses, der nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Regimes in Mitteleuropa inzwischen anderthalb Generationen in Anspruch genommen hat, kann ich bestätigen, daß es tatsächlich Zeiten gab, als man dem traditionellen sudetendeutschen Pfingsttreffen in Tschechien mit Befürchtungen begegnet war.

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it Befürchtungen, daß man auf der einen oder anderen Seite in unserer immer noch fragilen Nachbarschaft ungewollt und meistens auch völlig unnötig alte Wunden wieder aufreißt, ohne daß die eine oder andere Seite uns damit dem besseren Verständnis füreinander sowie für unser traditionelles Beisammensein in Mitteleuropa nähergebracht hätte. Ich bin erfreut, daß ich heute feststellen kann, daß diese Zeiten nun in die Vergangenheit hineingehören. Sicher, von Zeit zu Zeit erklingt von der einen oder andern Seite immer noch etwas, was unserer gemeinsamen Verständigung wenig zupaßkommt und was immer noch schmerzen mag. In diesen Fällen handelt es sich aber schon um die Ausnahmen, welche unsere gemeinsame Pflege um das Kulturerbe und

Als offizieller Vertreter der Tschechischen Republik sprach Botschafter Tomáš Kafka am Pfingstsonntag auf der Hauptkundgebung des Sudetendeutschen Tages. Foto: Torsten Fricke Verständigung ertragen und aushalten sollte. Die Beziehungen zwischen den

Tschechen und den Deutschen, selbstverständlich einschließlich der Sudetendeutschen, haben in

den letzten Jahren einen ziemlich langen Weg zurückgelegt. Man kann es für eine wunderba-

re, wenn auch nicht einzelhafte Leistung halten. Als ehemaliger tschechischer Botschafter in Irland kann ich nicht anders, als an den Besuch der inzwischen verblichenen Königin Elisabeth II. in Dublin im Jahre 2011 zurückzudenken, als sie damals in Bezug auf die Entwicklung der Beziehungen zwischen den Engländern und den Iren bemerkt hat, daß der Besuch ihr die Komplexität der gemeinsamen Geschichte wieder präsent gemacht hat. Diese Komplexität enthält viele Ebenen und Traditionen und lehrt uns auch die Bedeutung von Geduld und Versöhnlichkeit, „forbearance and conciliation“, zu schätzen. Sie lehrt uns, daß man die Geschichte akzeptieren muß, daß man sich aber nicht von ihr gängeln lassen darf. Die gleichen Worte kann man auch in Bezug auf unsere deutsch-tschechische Annäherung benutzen. Aus der heutigen Sicht kann man eindeutig sagen, daß in den deutsch-tschechischen wie auch sudetendeutsch-tschechischen Beziehungen sich die Elemente von Partnerschaft und Verständigung, von Vertrauen und Verbundenheit, schon längerfristig durchzusetzen wissen. Die Gründe dafür waren leider nicht immer nur positiv. Nicht nur die Unterschrift der deutsch-tschechischen Erklärung, die Tätigkeit des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds oder die exzellenten grenzüberschreitenden Beziehungen haben uns geholfen, die einst so langen Schatten der Ver-

gangenheit gemeinsam zu überwinden. Was uns heute verbindet, ist leider auch, daß wir der gleichen Bedrohung und den gleichen Risiken seitens des aggressiven Rußlands ausgesetzt sind. Umso wichtiger ist daher, daß wir uns – im Unterschied zu den verschiedenen historischen Erfahrungen – aufeinander verlassen dürfen! Mir, als nun dem tschechischen Botschafter in Deutschland, bleibt an dieser Stelle nichts anderes übrig, als Ihnen für all die Schritte, die in Richtung zu einer besseren Verständigung unternommen haben, von Herzen zu danken! Wir leben in der Ära von großen Zeitenwenden. Es ist gut, daß auch die sudetendeutsch-tschechischen Beziehungen ihre Zeitenwende, diesmal nur positiv besetzt, erfahren dürfen. Ich wünsche Ihnen gutes Gedeihen und daß Ihnen unsere Nachbarschaft und Partnerschaft viel Freude bringen mag! Zum Schluß habe ich mir für Sie das Beste aufbewahrt: Grüße von Präsident Petr Pavel. Herr Präsident ist sehr erfreut in Anbetracht der Richtung wie auch der Dynamik, mit der sich unsere Beziehungen nun entwickeln. Es ist gut, daß in Zeiten der heutigen Krisen uns unsere nachbarschaftlichen Beziehungen das Gefühl vermitteln, daß wir nicht allein diesen Krisen entgegenwirken müssen. Der Dank gilt allen, die sich dafür einsetzen!

Europäischer Auftakt mit einer Podiumsdiskussion über das Thema „Herausforderung für Europa – Desinformation und Subversion“

„Lesen Sie Geschichtsbücher – aber langsam “ Bereits zum fünften Mal begann der Sudetendeutsche Tag schon am Freitagnachmittag mit einem europäischen Auftakt. Dazu hatte Volksgruppensprecher Bernd Posselt im Augustanahaus im Zentrum Augsburgs mehrere Politiker und Wissenschaftler in einem Podium vereint, das der „Herausforderung für Europa – Desinformation und Subversion“ nachspürte.

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eilnehmer waren: Pavel Svoboda von den Christdemokraten in der Tschechischen Republik, ehemaliges Mitglied des Europaparlaments und Justizminister seines Landes. Ein Experte für Europarecht und wohl baldiger Botschafter Tschechiens beim Heiligen Stuhl, wie Posselt verriet. Der Vizepräsident des Bayerischen Landtages und europapolitischer Sprecher seiner SPDFraktion, Markus Rinderspacher. Der Vorsitzende der PaneuropaUnion Ukraine, Professor Ihor Zhaloba. Gebürtig aus Czernowitz, wo er an der von Kaiser Franz Josef I. 1875 gegründeten Universität studierte und unterrichtete, Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften in Kiew und während zweier Jahre auch freiwilliger Kämpfer bei der Verteidigung der Ukraine vor der russischen Aggression. Und der Europa- und Verfassungsrechtler Dirk Hermann Voß, der zwar Rheinländer sei, aber durch den ständigen telefonischen Kontakt mit Bernd Posselt über die Jahrzehnte wohl doch ein Ehren-Sudetendeutscher geworden ist und in Augsburg, wo er heute lebt, als faktischer Gastgeber auf dem Podium fungieren konnte. Daneben begrüßte Posselt auch den letztjährigen Podiumsteilnehmer beim Europäischen Auftakt, den Generaldirektor der Vertretung der gefährdeten Republik Taiwan in Bayern, Ian-tsing Joseph Dieu,

Auf dem Podium (von links): MdEP a. D. Pavel Svoboda, Landtagsvizepräsident Markus Rinderspacher, Volksgruppensprecher und MdEP a. D. Bernd Posselt, Professor Ihor Zhaloba und Verfassungsrechtler Dirk Hermann Voß. Foto: Manfred Gischler und den langjährigen Generalsekretär der jüdischen Gemeinden in der Tschechischen Republik Tomáš Kraus, der wohl zum ersten Male bei einem Sudetendeutschen Tag dabei sei, aber schon lange ein Vorkämpfer der deutsch-tschechischen Versöhnung und Verständigung ist. Als Leiter der Gruppe „Erinnerungsorte“ beim Deutsch-Tschechischen Gesprächsforum beschloß er, daß die gesamte Gruppe diesmal den Sudetendeutschen Tag besuchen werde. Nur drei Wochen vor den Europawahlen, die Deutsche und Tschechen wieder gemeinsam ein Parlament wählen lassen, wie das schon zum Ende der Habsburgermonarchie und in der ersten Tschechoslowakischen Republik der Fall war, stehe man vor großen Herausforderungen, sagte Posselt und erinnerte an

eine Aussage des großen russischen Schriftstellers Alexander Solschenizyn in den 1970er Jahren: „Was jetzt kommt, ist der Dritte Weltkrieg. Dieser Dritte Weltkrieg wird zwar auch heiße Dimensionen haben.“ Das erleben wir gerade mit dem brutalen Angriffskrieg Rußlands. „Der Dritte Weltkrieg wird aber vor allem ein Krieg der Subversion, der Propaganda, der Spionage und der Zersetzung sein.“ Hinzu komme heute noch der Cyberkrieg, der Europa mit nationalistischen Ideen zersetzen wolle. Das gehe von Putins Rußland, aber nicht nur von dort aus. „Damit müssen wir uns endlich offensiv auseinandersetzen, gerade auch als Sudetendeutsche, die wissen, was der Nationalismus anrichtete.“ Ihor Zhaloba schilderte daraufhin seine Eindrücke. Autori-

täre Regime, allen voran Putins Rußland, aber auch islamistische Staaten oder Gruppierungen versuchten durch Desinformation und Subversion die demokratischen Systeme zu zersetzen. Gerade Russia Today sei da sehr aktiv, ein anderes Bild der Welt zu zeigen. „Und wir können uns dem nur entgegenstellen, wenn wir selbstbewußt auftreten, überzeugt von unserem Weg der offenen Ansprache der Probleme und unserer Geschichte sind“, so Zhaloba. Dies sei in der Ukraine der Fall, deshalb könne sie widerstehen. Posselt wies darauf hin, daß Professor Zhaloba sich sehr um Aufklärung über die Verhältnisse in der Ukraine bemüht. Er habe in den letzten Monaten 200 Artikel in den deutschsprachigen Medien veröffentlicht. Markus Rinderspacher sagte, es sei ein Krieg im Gange,

der auch ein Krieg der Information sei und von dem alle betroffen seien. Auch die SPD-Zentrale in Berlin habe einen Cyberangriff erlebt. Die westlichen Länder vermeldeten 420 Millionen Cyberattacken pro Jahr. Das seien 13 Attacken pro Sekunde. Auch im Bayerischen Landtag gäbe es Fälle der Desinformation. Drei AfD-Abgeordnete hätten als Wahlbeobachter an den russischen Präsidentschaftswahlen teilgenommen, um zu bestätigen, daß alles korrekt abgelaufen sei. Der Zugang zu den Wahllokalen sei nach deren Aussage barrierefrei gewesen. Als ob es darum bei den russischen Präsidentenwahlen gegangen wäre. Auch habe man festgestellt, daß etwa 20 Prozent der Mitarbeiter der AfD bei rechtsextremistischen Organisationen tätig sind. Rinderspacher: „Unsere Demokratie muß resilienter werden, um diesen Krieg nicht zuzulassen.“ Diese Feststellung des SPDPolitikers griff der Verfassungsrechtler und Medienanwalt Dirk Hermann Voß auf und schilderte die Veränderung der Medienwelt vom gedruckten Schriftlichen zum Digitalen und Assoziativen. Verändere diese Praxis nicht auch die Art des demokratischen Umgangs? Auch die Schnelligkeit dieser medialen Nutzung sei ein Problem. Wie können man sich – ohne technikfeindlich zu sein – dagegen wehren? Das EU-Parlament habe nach langen Beratungen das Gesetz über digitale Dienste verabschiedet. Dieses Gesetz gelte auch im EWR-Raum, also über die EU hinaus und sei das modernste Gesetz über digitale Medien und Plattformen in der ganzen Welt. Das klare Ziel dieses Gesetzes sei der Schutz der Verbraucher, der Bürger vor Marktmacht, aber auch vor schädlichen Inhalten. Und das Ganze gelte unabhängig vom Standort des Servers,

also weltweit, und werde mit drakonischen Strafen sanktioniert. Hier habe die EU ein modernes Recht für das gegenwärtige 21. Jahrhundert erarbeitet, das Vorbild für andere Regionen sein könne. Voß: „Wenn wir also mutig sind und uns Entwicklungen entgegenstellen, zum Beispiel indem wir ausländische Dienste abschalten, können wir etwas für Europa und ein friedliches Zusammenleben erreichen. Eine Demokratie muß auch wehrhaft sein und sagen: Das wollen wir nicht. Es geht nicht darum, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Es geht darum, die Verbreitung von Aussagen zu unterbinden, die ganz klar gegen die öffentliche Ordnung verstoßen, die rassistisch oder menschenverachtend also strafbar sind.“ Bernd Posselt charakterisierte, diese Art der Polarisierung und die zunehmende Gewalt im politischen Raum sei erst der Anfang. Er verurteile auch das Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico (siehe Seite 18) auf das Schärfste – auch wenn er mit dem slowakischen Populisten in keiner Frage politisch übereinstimme. Auch die Beschäftigung mit den neuen Medien muß vielfach angegangen werden, man werde nicht in eine alte Zeit zurückkommen. Posselt plädiere aber für Gegengewichte. So riet ihm, damals 16 Jahre alt, Rainer Barzel auf die Frage, wie man denn Politiker werden könne: „Lesen Sie Geschichtsbücher – aber langsam. Und denken Sie über das Geschehene nach.“ Er, so Posselt, befolge diesen Rat bis heute. „Dauerhaft werden wir den europäischen Geist und die Demokratie nur schützen können durch Erwachsenenbildung, lebenslanges Lernen, aber vor allem auch dadurch, daß wir mit den jungen Menschen ernsthaft über diese Dinge reden.“ Ulrich Miksch


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Gemeinsam mit Volksgruppensprecher Bernd Posselt hat Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf am Freitag im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses die Sudetendeutschen Kulturpreise verliehen (siehe Seite 10 und 11). Von links: Großer Sudetendeutscher Kulturpreis an Dr. Gertrude Krombholz, Laudator Bundeskulturreferent Prof. Dr. Ulf Broßmann. Kulturpreis für Literatur und Publizistik an Wolftraud de Concini, Laudator Dr. Peter Becher. Kulturpreis für Darstellende Kunst und Musik an Eva Herrmann, Laudator Dr. Wolfram Hader. Kulturpreis für Heimat- und Volkstumspflege an Roland Hammerschmied, Laudatorin Heimatpflegerin Christina Meinusch. Fotos: Torsten Fricke

� Rede der Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf, stellvertretende Ministerpräsidentin und Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, am Pfingstsamstag

„Glauben wir an uns als Europäer“ Meine Damen und Herren, liebe Sudetendeutsche! ... Wer die großartige Erfolgsgeschichte Europas für Völkerversöhnung und Frieden sehen will, muß an Pfingsten in die Friedensstadt Augsburg kommen. Wer die gemeinsamen Werte und die gemeinsame Zukunft Europas sehen will, muß hier in Augsburg sein.

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or genau 70 Jahren hat unser damaliger Ministerpräsident Dr. Hans Erhard eine historische Aussaat vollbracht, deren Ernte lebendig und fruchtbar ist: die Schirmherrschaft des Freistaats Bayern über die Sudetendeutsche Volksgruppe. Im Jahr 1954 wurde die Fackel unserer Schirmherrschaft entzündet. Ich darf Sie als Ihre Ministerin weitertragen in die Zukunft. Das ist mir eine große Ehre und Freude. Lieber Bernd, niemand kann es so in Worte fassen wie Du, und auch ich darf Ihnen allen hier in Augsburg zurufen: Die Sudetendeutschen haben zusammen mit unseren tschechischen Freunden europäische Geschichte geschrieben. Hier sind wirklich die Herzen zusammengewachsen. Das habe ich wieder gespürt bei meinem Besuch in Tschechien im Herbst 2022. Ich habe so viel Wohlwollen und Freundschaft erlebt. Freude auf das Kommende. Und Respekt vor dem Vergangenen. Gemeinsam haben wir viel erreicht. Das ist unsere Pfingstbotschaft von Augsburg: Das Friedensprojekt Europa lebt und ist kraftvoll! Nach Jahrhunderten des europäischen Bürgerkriegs genießen wir in Zentraleuropa Menschenrechte, Demokratie, friedliches Miteinander, und eben auch Einheit in Vielfalt, mit Betonung auf Vielfalt. Das heißt Toleranz und Neugier für die Identität des anderen. Das heißt Freude und nicht Furcht gegenüber der Vielfalt in Europa. Die Bayerisch-Tschechische Landesausstellung in Regensburg und Prag war für mich ein Glanzstück dieser lange gewachsenen Einheit in Vielfalt. Denn oft wird vergessen: Vielfalt in Europa – wie überall auf der Welt – lebt vom Respekt für den anderen. Wer „feministische Außenpolitik“ propagiert und mit erhobenem Zeigefinger auftritt, der wird keine Freundschaft und keine Zusammenarbeit erreichen, sondern Ablehnung und Wut. Das historische Selbstbewußtsein der Sudetendeutschen ist das Gegenteil von Hybris. Damit haben Sie auf tschechischer Seite Vertrauen gewonnen, Versöhnung gelebt und Freundschaft erreicht. Damit haben Sie Respekt gewonnen, weil Sie niemals auf Revanchismus oder gar Rache aus waren. Der europäische Beitrag der Sudetendeutschen zu Versöhnung und Freundschaft baut auf

gegenseitigem Respekt. Ihr Beitrag zur europäischen Erfolgsgeschichte baut gerade nicht auf eine geschichtslose und damit gesichtslose Selbstverleugnung. Belastbare Toleranz und eine selbstbewußte Identität – das sind zwei Seiten einer Medaille. Mit anderen Worten: Wer sich selbst nicht kennt, wer den eigenen Wert vergißt, der hat auch kein Verständnis für den eigenen Wert des Nachbarn. Respekt für den anderen beginnt beim Respekt für sich selbst. Deshalb bin ich erschüttert von der Staatsministerin für Kultur im Kanzleramt: Claudia Roth hat das „Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa“ umbenannt. „Der Deutschen“ ist gestrichen, gelöscht, getilgt, von der ideologischen Sprachpolizei eliminiert. Bei der documenta und den Berliner Filmfestspielen läßt man antisemitische Beiträge durchgehen. Aber Kultur und Geschichte „der Deutschen“ streicht diese Bundesregierung weg. Meine Damen und Herren, Claudia Roth hat von der Geschichte nichts verstanden, gar nichts! Sie sollte sich ein Beispiel nehmen an den Sudetendeutschen – da kann sie sehr viel lernen! Die Heimatvertriebenen sind Versöhner und Brückenbauer in Europa. Wir in Bayern und ich persönlich unterstützen Ihre Arbeit aus ganzem Herzen. Deshalb haben wir eine Bundesratsinitiative für die Heimatvertriebenen gestartet. Wir kämpfen dafür, daß die Bundesregierung sie nicht im Stich läßt. Einheit in Vielfalt als europäisches Projekt – dafür stehen und arbeiten die Sudetendeutsche gestern, heute und morgen. Dafür sage ich im Namen unseres Herrn Ministerpräsidenten, im Namen der gesamten Bayerischen Staatsregierung und im Namen aller Stämme Bayerns: Respekt und Dank! Bayern ist stolz auf seinen vierten Stamm! Verehrte Damen und Herren! Pfingsten ist das Fest der Verständigung – und Sie alle als Sudetendeutsche stehen für Verständigung, Freundschaft und gegenseitigen Respekt. Dazu gehört auch die ehrliche und offene Aufarbeitung der Vergangenheit. Gewalt, Flucht und Vertreibung waren und sind ein Verbrechen. Das ist die Lehre unserer europäischen Geschichte, die über Jahrhunderte ein europäischer Bürgerkrieg war, das ist die Lehre aus zwei Weltkriegen und das ist Ihre Botschaft als Sudetendeutsche an alle Demokraten und Europäer. In der Stadt des Augsburger Religionsfriedens von 1555 senden Sie das Signal: • Wir heute Lebenden stehen auf den Schultern der Generationen vor uns. • Wir bauen die Zukunft auf dem Fundament ihres Erbes. • Wir kennen die Lehren

Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf bei ihrer Rede am Pfingstsamstag. aus der Geschichte als unseren Auftrag für die Zukunft. Meine Damen und Herren! In drei Wochen ist die Europawahl. In der Charta der Deutschen Heimatvertriebenen haben Sie sich zu einem geeinten Europa bekannt. Sie wollten von Anfang an und mit aller Macht die Spirale von Krieg, Gewalt und Leid beenden. Diese Friedensbotschaft der Heimatvertriebenen ist wahrlich aktueller denn je. Ein Beispiel: Die Verdienstmedaille der Sudetendeutschen in Gold wurde heuer in einer Doppelauszeichnung verliehen. An den Tschechischen Botschafter in Deutschland, Tomáš Kafka, und auch an den Deutschen Botschafter in Tschechien, Andreas Künne. Ich bin dankbar für dieses wunderbare Symbol der Freundschaft. Lieber Bernd Posselt, liebe Christa Naaß, lieber Steffen Hörtler, liebe Sudetendeutsche, wer Euch kennt, weiß: Ihr bleibt am Ball, auch wenn es unbequem wird. Eure Erfolge sprechen für sich! So ist das Sudetendeutsche Museum eine echte Perle in der bayerischen Museumslandschaft. Dieser Leuchtturm sudetendeutscher Kultur findet auch international große Anerkennung. Beim „European Museum of the Year Award“ wurde es bestätigt: Das Sudetendeutsche Museum gehört zu den besten Museen in ganz Europa. Das Egerlandmuseum in Marktredwitz, das Isergebirgsmuseum in Neugablonz und das Sudetendeutsche Museum in München – einen solchen Dreiklang von internationalem Rang gibt es sonst nirgends – nur bei uns in Bayern. Im Isergebirgsmuseum ist es sichtbar für die ganze Welt: Mailand, Paris, Tokio – egal, wo der

Laufsteg steht, Neugablonz hat den passenden Modeschmuck. Mit dem Heiligenhof in Bad Kissingen begeistern Sie vor allem junge Menschen. Seine Erfolgsgeschichte wächst und gedeiht. Und ich freue mich schon sehr: Ende des Jahres weihen wir den Erweiterungsbau ein – wieder ein Meilenstein für die Bildung der Jugend und damit für die Zukunft unseres gemeinsamen Europas. Liebe Sudetendeutsche! Seien Sie stolz auf Ihre Kultur- und Bildungsarbeit! Seien Sie stolz auf Ihren Beitrag zum Erfolg unserer Heimat – als Familienunternehmen, als Fach- und Führungskräfte, als sozial engagierte Ehrenamtler in ganz Bayern. Meine Damen und Herren! In drei Wochen wählt Europa sein Parlament. Und wir alle spüren es: Europa steht an einem Scheideweg. Unsere europäischen Werte werden angegriffen, unser europäisches Friedenswerk muß sich als wehrhaft erweisen. „Pacta sunt servanda!“ – so hat es Franz Josef Strauß immer wieder auf den Punkt gebracht. Mit anderen Worten: Das Recht des Stärkeren darf niemals über die Stärke des Rechts siegen. Wer das Völkerrecht bricht, wer wieder Krieg, Flucht und Vertreibung nach Europa trägt, wer Kinder verschleppt und Frauen vergewaltigt, dem muß Europa geschlossen, wehrhaft und mit einer Stimme entgegentreten. Darum geht es am 9. Juni. • Wir müssen unsere europäischen Maßstäbe leben und verteidigen. • Wir müssen allen Extremisten klarmachen, was die Hausordnung Europas ist und was nicht. • Wir müssen unsere jüdisch-christliche Wertetradition

Foto: Torsten Fricke verteidigen. Das gilt auch ethisch und moralisch beim Schutz des Lebens – der Lebensschutz gehört zum Grundkanon europäischer Werte und ist Grundlage aller Menschenrechte. Der Mensch darf niemals „zur Disposition“ stehen – am Anfang wie an seinem Ende, ob mit Behinderung oder im hohen Alter. Auch darum geht es am 9. Juni. Manch verwirrte Geister in Deutschland schielen mit einer Mischung aus Neid und Angst auf staatskapitalistische Systeme wie in China oder Rußland. Meine Vorbilder sind hier die unvergessenen Barbara Stamm und Alois Glück. Mit ihrer tiefen Überzeugung haben sie mir vorgelebt, was uns auch heute in Bayern leitet: Wir müssen auf unsere westlichen Werte vertrauen, auf Demokratie und Menschenrechte, auf Leistung und Nächstenliebe, auf Freiheit und Kreativität. Nur wenn wir an uns selbst glauben, nur dann bestehen wir im Wettbewerb der Systeme. Am 9. Juni geht es um die Grundfrage: Gewinnen die Feinde Europas oder gewinnen die Freunde Europas? Nicht die Stärke seiner Feinde ist die größte Gefahr für Europa, sondern die eigene innere Schwäche. Deshalb: Glauben wir mehr an uns selbst! Darum geht es am 9. Juni. Zum ersten Mal dürfen 16jährige junge Leute wählen. Und ich frage Sie: Welches Weltbild hat ein junger Mensch, der 2008 geboren wurde? – Drei Jahrzehnte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Sechs Jahrzehnte nach Kriegsende, nach Shoah und Holocaust, nach Flucht und Vertreibung. Haben wir diesem jungen Menschen genügend vermittelt, was Europa für ihn bedeutet?

Sind unsere Kinder und Enkel ausreichend immun gegen die Vereinfacher und Verführer gerade im Internet? Deshalb meine herzliche Bitte – und das sage ich als frisch gebackene Oma: Wenn wir in die Gesichter unserer Enkel blicken, dann wissen wir sehr genau, um was es geht am 9. Juni. Es geht um ihre Zukunft, um die Zukunft der kommenden Generationen. Es geht um die Zukunft des geeinten und demokratischen Europa im Konzert und auch im Konflikt der neuen Weltmächte. Kann und will Europa in der Weltgeschichte noch eigene Fußspuren hinterlassen – oder reicht das Gewicht Europas nicht mehr aus? Deshalb ist das Motto dieses Pfingsttreffens hoch aktuell: „Sudetendeutsche und Tschechen – miteinander für Europa!“ Das ist unser Erbe und Auftrag. Für ein demokratisches Europa. Für ein Europa der Einheit in Vielfalt. Für ein wehrhaftes Europa gegen seine Feinde im Innern wie im Äußeren. Für unser Europa der Zukunft und nicht der Schlachten von gestern. Glauben wir mehr an uns selbst. ... Meine Damen und Herren! In wenigen Tagen, am 23. Mai, feiern wir 75 Jahre Grundgesetz. Das erinnert uns: Unsere Verfassung ist kein kalter Vertrag, sondern eine Werteordnung. Und das gleiche gilt für Europa. Zum Geburtstag des Grundgesetzes werde ich als Jugendministerin am 1. Juni in Regensburg ein großes „Fest der Demokratie“ feiern. Ich starte hier unsere Kampagne: „Mach mit – für Deine Demokratie“. Sie alle sind herzlich eingeladen mit der ganzen Familie! Wir alle, meine Damen und Herren, wir Bayern und Tschechen, wir hier vom Lech über den Bayerischen Wald bis zum Böhmerwald und Altvater – wir als Europäer haben allen Grund zu Freude und Dankbarkeit. Wir bauen die Zukunft auf den historischen Erfahrungen der Sudetendeutschen. Zukunft braucht Herkunft! Sie als Sudetendeutsche haben mit Ihrem Zukunftswerk einen großartigen Beitrag zum Friedensprojekt Europas geleistet – für Bayern, für Deutschland, für Europa! Ich danke Ihnen. Als Ihre Ministerin für die Vertriebenen und als stellvertretende Ministerpräsidentin habe ich einen Wunsch und eine Botschaft an Sie: Bleiben Sie die Pioniere für Versöhnung und Freundschaft – gerade in diesen Zeiten der Spaltung. Bleiben Sie die Kraft der Zukunft aus dem Wissen um die Geschichte. Bleiben Sie unser kraftvoller vierter Stamm! Damit auch für die junge Generation die historische Saat Europas für Frieden und Freiheit aufgeht. Es liegt an uns selbst. Glauben wir an uns als Europäer! ...


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74. SUDETENDEUTSCHER TAG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24. 5. 2024

Feierliche Eröffnung

Wir haben den Tschechen immer die Hand gereicht Bernd Kränzle, Dritter Bürgermeister der Friedensstadt Augsburg, bekannte sich zu Verständigung und Versöhnung, zum Frieden schaffen und Frieden halten. Augsburg habe eine Friedenswirkung, und der Sudetendeutsche Tag in dieser Stadt setze ein Friedenssignal. Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf sagte, die großartige Friedensgeieses Motto, so Steffen Hörtler, pas- schichte Europas sehe man in Augsburg. se in diesem Jahr besonders gut. Vor Vor dieser Geschichte habe sie Respekt. 20 Jahren sei die Tschechische Republik Auf dem Sudetendeutschen Tag 1954 mit neun weiteren Saaten in die EU auf- in München habe der damalige Bayerigenommen worden. Bundespräsident sche Ministerpräsident Hans Ehard die Frank-Walter Steinmeier habe vor zwei Schirmherrschaft des Freistaats BayWochen in Prag gesagt, Deutsche und ern über die Sudetendeutschen verkünTschechen bräuchten sich. Hörtler: „Wir det und sie darüber hinaus zum Vierten Sudetendeutschen wissen aber: Sude- Volksstamm Bayerns erklärt. tendeutsche und Tschechen gehören zuDie Sudetendeutsche Landsmannsammen. Wir Sudetendeutsche wollten schaft und die Tschechische Repudie Teilung Europas immer überwinden, blik hätten europäische Geschichte geweil wir aufgrund unserer eigenen Er- schrieben. Das Friedensprojekt Europa fahrung wußten, daß wir Zukunft nur ge- wachse gegenwärtig auch jezt in Augsmeinsam gestalten können mit offenen burg. Das historische Selbstbewußtsein Grenzen in einem intensiven und ehrli- der Sudetendeutschen sei keine Überchen Dialog. Deswegen reichten wir den heblichkeit, sondern basiere auf gegenTschechen immer die seitigem Respekt, beHand für eine gemeinlastbarer Toleranz und same und gerechte ZuAchtung vor der eigekunft in Europa.“ nen Identität. Auch die SudetenBezüglich der deutschen hätten imRoth‘schen Institutsmer gewollt, daß die namensänderung sagTschechische Repute Scharf, Claudia Roth blik Teil der EU werhabe von Geschichte de. Doch vor 20 Jahnicht viel verstanden. ren seien sie skeptisch Sie solle sich ein Beigewesen. „Wir hatten spiel an den SudetenSorge – und diese war deutschen nehmen, nicht unbegründet –, die für das europädaß man über die beische Projekt „Einheit rechtigten Interessen in Vielfalt“ stünden. unserer Volksgruppe Angesichts der Eurohinweggeht. Wir woll- Steffen Hörtler pawahl stellte Scharf ten darauf hinweisen, die Frage: „Gewinnen daß noch einiges gedie Freunde Europas schehen müsse, um eioder seine Feinde?“ In nen echten Dialog zwider Hoffnung, daß die schen Tschechen und Saat von Frieden und Sudetendeutschen Freiheit aufgehe, bat herbeizuführen.“ DieScharf: „Bleiben Sie ser Dialog sei heuunser kraftvoller Vierte erfolgreich im Ganter Stamm.“ ge, aber noch nicht abNatalie Pawlik stellgeschlossen. „Lassen te fest, daß Augsburg Sie uns alle weiter darbereits zum 13. Mal. an arbeiten!“ Wie notGastgeber des Sudewendig die EU sei, zeitendeutschen Tages ge Rußlands Angriffssei. Die Sudetendeutkrieg auf die Ukraine. Bernd Kränzle schen seien ihrer Zeit Hörtler unterstrich die voraus. Sie hätten besudetendeutsche Soreits während des Kallidarität zum ukrainiten Krieges Friedensschen Volk. preise verliehen. Der Und er erinnerte Europäische Karlsdaran, daß die grüne Preis strahle über BundeskulturstaatsDeutschland hinaus ministerin Claudia und dokumentiere geRoth aus dem Namen genseitiges Verständis Bundesinstitut für und einen nicht enden Kultur und Geschichte wollenden Dialog. der Deutschen im östDie Grenze, die liche Europa die Deuteinst getrennt habe, schen gestrichen hasei jetzt eine Brükbe. Zunächst dankte er ke und auch ein Verder Schirmherrschafts- Ulrike Scharf dienst der Sudetenministerin und Stelldeutschen. Diese seivertretenden Minien eine ökonomische sterpräsidentin Ulrike und kulturelle BereiScharf, daß sie deutcherung. Gerade die lich gemacht habe, Mittelmächte bildeten daß der Freistaat Bayeine Achse der Demoern das nicht hinnehkratie. „Daran haben me und eine BundesSie mitgewirkt, Sie traratsinitiative gestartet gen zum Frieden in habe. „Danke für DeiEuropa bei.“ Und: „Ich nen Einsatz.“ habe Claudia Roth aus Außerdem zitierte gutem Grund widerHörtler Natalie Pawsprochen.“ Auch wenn lik MdB, Bundesbedas Institut zugesagt auftragte für Aussied- Natalie Pawlik habe, seine Arbeit weiBilder: Manfred Gischler terzuführen, sei der lerfragen und nationale Minderheiten: „Die Institusname essenGeschichte und Kultur der Deutschen tiell. Das letzte Wort sei noch nicht geim östlichen Europa und den Nachfol- sprochen. Und auch beim Haushalt wergestaaten der ehemaligen Sowjetuni- de man die Sudetendeutschen nicht aus on ist ein wesentlicher Teil der deut- den Augen verlieren. schen Geschichte insgesamt und betrifft Als Kind von Wolgadeutschen in Sidie Lebensrealität von Millionen Men- bieren geboren, entsetze sie die Verfolschen in unserer Gesellschaft. [...] Die- gung von Minderheiten. „Hier zu leben ser Bereich sollte gerade jetzt gestärkt ist ein Privileg.“ „Gemeinsam führen wir und nicht vernachlässigt werden.“ Hört- die friedensstiftende grenzüberschreiler: „Danke für diese deutlichen Wor- tende Arbeit fort“, schloß Pawlik. te!“ Nadira Hurnaus Am Pfingstsamstagvormittag eröffnete Steffen Hörtler, Obmann der SL-Landesgruppe Bayern und Stellvertretender SL-Bundesvorsitzender, den 74. Sudetendeutschen Tag in Augsburg, der unter dem Motto „Sudetendeutsche und Tschechen – miteinander für Europa“ stand.

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Jean-Claude Juncker mit Urkunde …

… Medaille und Bernd Posselt.

Verleihung des Europäischen Karls-Preises 2024

Ein Herzenseuropäer barn seien drei luxemburgische Jungpolitiker gewesen: Jean-Claude Junkker, der jüngste Finanzminister der europäischen Geschichte, der Minister für Verteidigung und Weinbau, Marc Fischbach, und der spätere Parlamentspräsident Jean Spautz. Nachts habe sie der Ordnungsdienst als letzte vom Schiff gebracht. Das sei der Beginn auch einer politischen Freundschaft mit Jean-Claude Junker gewesen. Juncker liebe Europa. Er sei kein Verstandes- oder technokratischer Europä-

Kommission – ein gewaltiges Lebenswerk für die europäische Einigung vollbracht. Und: „Er war der seltene Fall eines Kommissionspräsidenten, der mehr gelacht als geweint hat. Auch dafür danke ich ihm.“ unächst dankte VolksgruppenspreEr sei ein Mann von ausgeprägter cher Bernd Posselt den Grußworteuropäischer Kultiviertheit und strahrednern der vorausgegangenen Eröffle eine ansteckende Europabegeistenungsfeier ( links). Bernd Kränzle und rung aus. Nur sie schaffe einen europäer seien schon befreundet gewesen, als ischen Patriotismus, die den regionalen die Römer Augsburg gegründet hätund den nationalen Patriotismus ergänten, scherzte Posselt. Er habe einen groze und kröne. Juncker sei ein überzeugßen Anteil an der engen Verbundenter Luxemburger, der Europa liebe. Er heit zwischen den Sudetendeutschen sei ein Verbündeter, der Europa geund Augsburg. Das Ministerium von stalte und weiterentwickle. Ulrike Scharf, das Bayerische StaatsWladimir Putin habe mit seinem ministerium für Familie, Arbeit und Krieg nicht nur die Ukraine, sondern Soziales, sei das am breitesten aufgeganz Europa angegriffen: „Die Ukraistellte Ressort im Freistaat. Dennoch ner kämpfen und sterben für uns.“ behandle sie die Sudetendeutschen Weiter mahnte Posselt: „Wir müssen nicht als Nebensache. Die Bundesbedagegen kämpfen, daß dieses Euroauftragte Natalie Pawlik sei eine Wolpa zerstört und zerlegt wird von Nagadeutsche mit einem böhmischen tionalisten – seien sie links wie Sahra Namen. Posselt: „Sie schwimmen geWagenknecht, seien sie rechts wie gen den Strom. Weiter so.“ Björn Höcke und die AfD.“ Diese ExRichard Graf Coudenhove-Kalergi, tremisten dürften nicht das Kostbarso Posselt, habe 1922 im westböhmiste zerstören, das unsere ältere Geneschen Ronsperg die erste europäische ration geschaffen habe, nämlich FrieEinigungsbewegung gegründet, dieden, Demokratie und die europäische se sei mithin eine sudetendeutsche Einigung. Vielmehr müßten wir diese Erfindung. Coudenhove-Kalergi und Werte verteigen und stärken. Jean-Claude Juncker seien beide TräDie gegenwärtige tschechische ger des Aachener Karlspreises und Regierung unter Premier Petr Fiala, des Europäischen Karls-Preises der „meinem Jugendfreund“, stehe für SL. Dieser gehe auf Karl IV. aus dem Demokratie und Europa. Und StaatsHause Luxemburg zurück. Er sei der präsident Petr Pavel öffne sich gegenSohn Johann von Luxemburgs und über den Sudetendeutschen und sudessen sowohl den Přemysliden als che den Schulterschluß mit ihnen. auch den Habsburgern entstammenLeider habe man bei der europäischen der Gattin Elisabeth gewesen und Albrecht Dürer: „Karl der Große“ (1513). Einigung nicht nur mit Nationalisten Wenzel getauft worden. Der franzöals Gegner, sondern auch mit Regiesische König Karl IV. habe ihm den rungen und Politikern zu tun, die keiFirmnamen Karl mit Karl dem Großen ne Herzenseuropäer wie Jean-Claude als Namenspatron gegeben. Juncker seien, sondern eine RenatioKarl habe Französisch, Deutsch, nalisierung anstrebten. Tschechisch und Italienisch gesproHelmut Kohl und Jean-Claude chen. Die zeitgenössische StaatsJuncker hätten in dem luxemburgisprache sei Latein gewesen. Johann schen Weinort Schengen einen EUWolfgang von Goethe habe gesagt, weiten Raum der Freiheit, der Sicherje mehr Sprachen man spreche, deheit und des Rechts geschaffen. „Wir sto mehr Leben lebe man. Das bedeuwollen in dieser Europäischen Union te, daß man andere Kulturen verstekeine dauernde Wiederkehr der Konhe. Karls Goldene Bulle von 1356 sei trollen an den EU-Binnengrenzen, die erste Verfassung auf deutschem vor allem wollen wir keine stationären Boden gewesen. Grenzkontrollen zwischen unserer Karl habe den Kurfürsten geraten, jetzigen Lebensheimat und unserer ihre Söhne eine romanische, eine gerWurzelheimat, zwischen dem deutmanische und eine slawische Sprache schen Sprachraum und den böhmilernen zu lassen. Unter Karl dem Groschen Ländern. Weg mit den Grenzßen seien die romanischen und gerkontrollen dort! Wir müssen nach aumanischen Völker, unter Karl IV. alßen kontrollieren.“ le Völker Europas vereint worden. Johann Očko von Wlaschim: „Karl IV.“ (vor 1371). Der Nationalegoismus führe dazu, Damals habe der Dreiklang aus griedaß die Verkehrsströme renationalichisch, römisch und christlich sowie der er, er sei ein Herzenseuropäer. Wie Karl siert würden. Ein Beispiel sei der RegioDreiklang aus germanisch, romanisch IV. lebe er gleichzeitig in der romani- nalzug Alex, der zwischen München und und slawisch geherrscht. Damit seien al- schen und germanischen Welt. Darüber Prag verkehre. Er verfüge über schlechle später entstehenden Nationalstaaten hinaus habe er sich als einziger westeu- tes Zugmaterial, und die Passagiere vereint gewesen. ropäischer Politiker und Regierungschef müßten den Zug immer wieder wegen Und dann erzählte Posselt, wie er intensiv mit dem sudetendeutsch-tsche- Überfüllung lange vor dem Ziel verlasJuncker kennengelernt habe. Er sei en- chischen Verhältnis beschäftigt. sen. „Wenn ich von Straßburg nach Pager Mitarbeiter von Otto von HabsNeben dem Luxemburger Haupt- ris fahre, dauert das eine Stunde und 40 burg gewesen, der 1979 ins Europä- platz, dem Place d‘ Armes, gebe es ei- Minuten, für dieselbe Strecke von Münische Parlament gewählt worden sei. Ein nen Jan-Palach-Platz. Juncker habe ihm, chen nach Prag brauche ich fünfeinhalb Jahr später – da sei er, Posselt, 24 Jah- Posselt, erzählt, daß er diesen Platz häu- Stunden.“ Jean-Claude Juncker sei energisch, re alt gewesen – habe die Europäische fig besuche, der an den tschechischen Christdemokratie einen Kongreß auf ei- Studenten erinnere, der sich 1969 aus witzig und geistreich. Posselt: „Sie wernem Rheindampfer abgehalten. Er sei Protest gegen die Niederschlagung des den gleich merken, er kann auch ziemfast zu spät gekommen, und alle Plät- Prager Frühlings auf dem Prager Wen- lich frech sein. Das hilft ihm sehr. Wenn wir lauter Europäer hätten wie Jeanze seien besetzt gewesen. Nur am äu- zelsplatz selbst verbrannt habe. ßersten Rand habe es einen Vierertisch Auch wenn Juncker ein typischer Claude Juncker, wäre Europa schon viel gegeben, an dem noch ein Sitz frei ge- Westeuropäer sei, habe er gesamt- weiter. Deswegen bin ich stolz, daß er wesen sei. Dort habe er sich schließlich europäisch gedacht. Er habe – nicht an diesem Pfingstfest unser Karls-PreisNadira Hurnaus hinsetzen können. Seine Tischnach- zuletzt als Präsident der Europäischen Träger ist.“ Mit dem diesjährigen Europäischen Karls-Preis der SL wurde der Luxemburger Jean-Claude Juncker, 2014 bis 2019 Präsident der Europäischen Kommission, ausgezeichnet.

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74. SUDETENDEUTSCHER TAG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24. 5. 2024

Verleihung des Menschenrechtspreises 2024

75 Jahre für Minderheiten Heuer verlieh die SL ihren Menschenrechtspreis an die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten (FUEN).

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audator und Volksgruppensprecher Bernd Posselt sagte, der Sudetendeutsche Menschenrechtspreis habe prominente Träger von Emilie Schindler, der Witwe von Oskar Schindler, bis zu Hartmut Koschyk, der ein Vorkämpfer eines Europäischen Volksgruppen- und Minderheitenrechts sei. Er habe in der Bundesregierung dafür gesorgt, daß eine Volksgruppen- und Minderheitenpolitik ihren Weg genommen habe, die diesen Namen verdiene. Heuer ehre die SL die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten (FUEN). Sie sei 1949 in Paris und als Dachorganisation aller Volksgruppen und Minderheiten in Europa gegründet worden. Die Volksgruppen und Minderheiten in der EU umfaßten soviel Menschen wie Frankreich. Sie seien nach Deutschland der zweitstärkste Mitgliedstaat, wenn man sie zusammenzähle. Die Volksgruppen und Minderheiten könnten der Mörtel an den Fundamenten der europäischen Einigung oder der Sprengstoff sein. Die Sudetendeutschen seien bei der FUEN von Anfang an dabei gewesen, um den Mörtel für die Fundamente der europäischen Einigung anzurühren. Die Sudetendeutschen seien bis zur Wende durch die SL direkt Mitglied in der FUEN gewesen, die niemals nur westeuropäisch gedacht habe, sondern immer gesamteuropäisch orientiert gewesen sei. Als der Eiserne VorDa Jean-Claude Juncker, der Karls-Preis-Träger 2024 ( Seite 8), gewußt hatte, daß er zu Pfingsten wegen einer Operation nicht in Augsburg sein könne, verlieh Volksgruppensprecher ihm den Preis bereits zuvor. Die geradezu private Preisverleihung und Junckers Dankesrede wurden gefilmt. Hier Junckers leicht gekürzter Dank.

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ieber Bernd Posselt, es ist mir eine große Freude, unter Deinem Vorsitz – wenn auch aus der Ferne – zu tagen. Du hast schon öfter Veranstaltungen präsidiert, auf denen ich auftrat. Du bist ein überzeugter Europäer seit vielen Jahren schon. Du bist ein Beispiel für alle, die denken, daß das europäische Einigungswerk weitergeführt werden muß. Ich danke Dir für Deine langjährige Arbeit – auch an der Spitze der SL. Dies ist eine wichtige Funktion neben der, die Du in der Paneuropa-Union bekleidest. Ich bin also froh, daß Du mir jetzt zuhören mußt, ohne mich unterbrechen zu können, denn das wird Dir auf die Distanz nicht gelingen. Der Karls-Preis, den ich heute erhalte, ist nach Karl IV. aus dem Hause Luxemburg benannt. Es liegt also nahe, daß ein Luxemburger diesen Preis kriegt. Ich bin weder König noch Kaiser, aber ich war Präsident der Europäischen Kommission und lange Jahre Premierminister. Wenn ich mir die Liste meiner Vorgänger als Preisträger betrachte, dann fällt mir auf, daß viele überzeugte Europäer waren. Ich bin sehr dankbar für diese Auszeichnung, die, wie ich finde – auch wenn das jetzt ein bißchen abgehoben klingt – zu mir paßt. Ich habe mit der SL nicht viel zu tun, verfolge aber das, was die Sudetendeutschen in Deutschland zur Zeit tun, genau und bin begeistert, wie sie mit der Vergangenheit umgehen. Der Sudetendeutsche Tag ist ein wichtiger Termin im Jahres-

hang gefallen sei, habe die SL der FUEN Adieu gesagt, weil nun die Landsleute hinter dem Eisernen Vorhang sich selbst hätten vertreten können. Seitdem gehörten die deutschen Minderheitenorganisationen in der Tschechischen Republik der FUEN an. Er, so Posselt, habe als Präsident der interfraktionellen Arbeitsgruppe für Minderheitenund Volksgruppenfragen bereits

es sei bei der EU-Kommission stecken geblieben. Die SL wolle das in der nächsten Legislaturperiode der EU, des Europäischen Parlamentes und der nächsten EU-Kommission vorantreiben. Deshalb setze sie mit dieser Ehrung für die FUEN ein Zeichen für ein Europa der Volksgruppen und Minderheiten. Er freue sich, daß mit Olivia Schubert die Vize-Präsidentin

Bernd Posselt und Olivia Schubert.

Bild: Manfred Gischler

in den 1990er Jahren im Europäischen Parlament die FUEN als Nicht-Regierungsorganisation in den Strukturen des Europäischen Parlamentes als besonders angesehen und anerkannt verankert. Der heutige Präsident Loránt Vincze habe als Ungar aus Rumänien diese Arbeit fortgesetzt und für die EU-weite Bürgerinitiative Minority Safe Pack gesorgt. Bei der sei die SL als einzige Landsmannschaft Vollmitglied gewesen. Das Europaparlament und der Bundestag hätten sich dem Gesetzgebungspaket mit riesiger Mehrheit angeschlossen. Doch

der FUEN und der Ungarndeutschen da sei. Das ungarische Volk und József Kardinal Mindszenty seien Träger des Karls-Preises. Der Freiheitskämpfer Mindszenty habe ungarndeutsche Wurzeln. Das ungarische Volk habe heute eine anti-europäische Regierung, die die Europäische Einigung im Auftrag Wladimir Putins zu blockieren versuche. Aber das ungarische Volk sei zutiefst europäisch. Es habe den Weg zur Freiheit und zur Einheit Deutschlands und Europas geebnet und europäische Staatenlenker ge-

Dankesworte des Karls-Preis-Trägers

Es lebe Europa kreis. Er ist, weil er Erlebnisgeneration und Bekenntnisgeneration zusammenbringt, ein Tag und ein Termin der Erinnerung, er ist aber gleichzeitig ein Aufbruchstermin. Er ist ein Tag der Erinnerung und ein Tag gegen das Vergessen. Er erinnert an das Schicksal der Sudetendeutschen und überhaupt der Heimatvertriebenen. Und wer vergißt, ist nicht zukunftsfähig. Der Sudetendeutsche Tag ist ein Tag gegen das Vergessen, und er rückt die Sudetendeutschen und ihr Schicksal in den Mittelpunkt öffentlicher Betrachtung. Er ist aber kein Tag des Revanchismus, kein Tag der Rache, sondern ein Tag, an dem die Völkerverständigung im Mittelpunkt steht. Deshalb ist dieser Tag auch ein Aufbruchtermin. Es geht um Völkerverständigung, vornehmlich und vor allem um Völkerverständigung zwischen Tschechen und Deutschen, zwischen den Sudetendeutschen und den Menschen in ihrer Heimat. Deshalb ist es auch ein Tag, der Aufbruchstimmung für Europa vermitteln soll und auch tatsächlich vermittelt. Man muß, weil ich von Erinnerung rede, an die Kriegsgeneration erinnern. Das ist die eigentliche Gründergeneration des europäischen Gedankens und des europäischen Einigungswerkes. Die Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat vertrieben wurden, diejenigen, die von den Frontabschnitten und aus den Konzentrationslagern in ihre zerstörten Städte und Dörfer zurückkehrten, ha-

ben aus diesem ewigen Nachkriegsgebet „Nie wieder Krieg!“ ein politisches Programm entworfen zusammen mit den damaligen Staatenlenkern, das bis heute seine Wirkung entfaltet. Deshalb ist es ein Tag der Erinnerung und des Aufbruchs in eine bessere Zukunft. Dieses Erbe der Kriegsgeneration verpflichtet. Es verpflichtet die jetzt Lebenden, die nicht wirklich geprüft wurden, weil meiner Generation nichts Schlimmes widerfahren ist. Wir denken manchmal, wir hätten es besonders schwer, aber im Direktvergleich zu den Heimatvertriebenen, zu den anderen Kriegsgeschädigten hatten wir ein relativ einfaches Leben, für das wir eigentlich dankbarer sein sollten als wir es sind. Es geht von diesem Tag eine Botschaft aus. Und die Botschaft besteht darin, jedem den Gedanken nahezubringen, daß wir in Europa, wenn jedes Land in seiner Ecke versucht, sein Schicksal zu gestalten, scheitern werden, wenn wir nicht immer enger zusammenwachsen und alles mit in die Zukunft nehmen, was aus der Vergangenheit kommt. Es muß sich die Erkenntnis herumsprechen, daß jedes Land – und sei es das größte in Europa – auf sich allein gestellt sehr schwach ist, kaum Wirkung entfalten kann. Man muß Europa im richtigen Licht betrachten. Europa ist der kleinste Kontinent. Viele Europäer denken, wir wären die Herren der Welt. Das sind wir nicht. Das brauchen wir auch nicht zu

habt. Was für die Sudetendeutschen Karl IV. sei, sei 300 Jahre früher Staatsgründer König Stephan der Heilige gewesen. Der habe in sein Testament geschrieben „Arm ist ein Land oder Reich, das nur eine einzige Sprache oder Kultur hat“. Er sei im frühen Mittelalter bereits ein Schützer der Volksgruppen- und Minderheitenrechte gewesen. Und von daher fühlten sich die Sudetendeutschen dieser Tradition zutiefst verbunden. „Deshalb freue ich mich, liebe Frau Schubert, Ihnen unseren Menschenrechtspreis zu übergeben.“ Olivia Schubert sagte, der Preis sei ihr Ehre und Verpflichtung. Minderheitenrechte seien Menschenrechte: „Dafür stehen wir seit 75 Jahren.“ Die FUEN verstehe sich als Brückenbauer, habe 119 Mitgliedsorganisationen in 39 Länder, und jedes Jahr kämen neue hinzu. Manche Minderheiten seinen anerkannt, manche würden unterdrückt, manche befänden sich im Krieg. Jeder siebte Europäer gehöre einer Minderheit an oder spreche eine autochthone Sprache. Und alle wollten dort bleiben, wo sie seien. Die größte Errungenschaft der FUEN sei die Minority-SafePack-Initiative. Mit ihr solle der Minderheitenschutz unter dem Motto „Vereint in der Vielfalt“ auf die europäische Ebene gehoben werden. Ein FUEN-Projekt widme sich beispielsweise den Frauen als Minderheit in der Minderheit. Ein weiteres Projekt sei die Europeada 2024, die Fußball-Europameisterschaft der sprachlichen Minderheiten, zu der sie herzlich einlade. Nadira Hurnaus sein. Europa ist demographisch auf dem absteigenden Ast. Anfang des 20. Jahrhunderts waren 25 Prozent der Weltbevölkerung Europäer. Jetzt am Ende dieses Jahrhunderts wird es nur vier Prozent Europäer geben, eine Minderheit, die wissen muß, daß sie auf sich alleine gestellt, Nation für Nation, Land für Land, kaum in der Weltpolitik wirksam agieren kann. Und unser Anteil an der globalen Wirtschaft ist im stetigen Abschwung begriffen. In einigen Jahren wird die europäische Wirtschaft nur 15 Prozent der globalen Wirtschaft ausmachen. Heute schon entstehen 80 Prozent des Wachstums außerhalb der EU – ein weiterer Hinweis darauf, wie notwendig es ist, daß wir enger zusammenstehen. Wer all dies weiß und wer sich vor Augen hält, was die Sudetendeutschen erlitten und was überhaupt die Kriegsgeneration erlitt, der kommt zu dem Schluß, daß es jetzt darauf ankommt, daß wir das, was in Europa tugendhaft zusammengewachsen ist, daß wir das auch für die Zukunft erhalten. Viele Probleme, die es am Ende des Zweiten Weltkrieges gab, kommen in veränderter Form wieder auf uns zu. In der Ukraine gibt es auch wieder Zwangsmigranten, denen unsere Solidarität gelten muß. Die Geschichte ist nicht an ihrem Ende angekommen. Sie geht weiter. Und wenn wir sie gestalten möchten, müßen wir das in gemeinsamer Anstrengung als Europäer tun. Möge sich die Sudetendeutschen wie bislang auch in der Bekenntnisgeneration als Europäer mit einem fast heiligen Auftrag versehen begreifen. Und weil das so ist und weil dem so sein soll, bin ich stolz, Träger des Europäischen Karls-Preises der SL zu sein. Dieser Preis ehrt mich. Er verpflichtet mich, weiterhin das Beste für Europa zu geben. Nur zusammen sind wir stark. Es lebe Europa! Es lebe die Sudetendeutsche Landsmannschaft.

Bundesfrauenreferentin Gerda Ott und ihre Stellvertreterin Birgit Undfug danken Hartmut Koschyk. Bild: Nadira Hurnaus

Vortragsveranstaltung des Bundesfrauenarbeitskreises

Frauen im weltweiten Einsatz er Partnerschaften in der Welt bei. In Rußland lebe die größte deutsche Minderheit des ehemaligen Ostblocks. Doch seit dem Beginn des Angriffskrieges in der Ukraine würden ihre Minderheitenrechte immer stärker beschnitten. Slowenien sei das einzige EU-Mitgliedsland, das gegen die europäischen Minderheitenrechte verstoße und seine deutsche Minderheit nicht anerkenne. Zwar werde das Land regelmäßig von der EU gerügt, undesfrauenreferentin Ger- doch die Rügen zeitigten keine da Ott begrüßte die Zuhörer Folgen. Deutschland habe übriund stellte Hartmut Koschyk vor. gens seine Deutsche Botschaft in Volksgruppensprecher Bernd Laibach umbenannt in Deutsche Posselt sagte, die sudetendeut- Botschaft in Ljubljana. schen Frauen seien einen lanDann erzählte Koschyk, wie es gen Weg von vor, während und zu dem von der Stiftung unternach der Vertreibung bis zum stützten Johnny-Klein-Preis für Wiederaufbau gegangen. Auch deutsch-tschechische Verständiwenn die SL zunächst eher ei- gung gekommen war. Als er als ne Männerangelegenheit gewe- Bundesbeauftragter für nationasen sei, seien le Minderheidie Frauen Moten das Begegtor und Rücknungszentrum grat. Was HartGeschaderhaus mut Koschyk, in Mährisch einen nachgeSchönberg beborenen Obersucht habe, haschlesier, mit be er eine Foden sudetentografie seines deutschen verstorbenen Frauen verbinKollegen Hans de, sei seine ei„Johnny“ Klein gene Frau Gugesehen. Eridrun, deren El- Erika Vosahlo und ihr Bruder Heinz ka Vosahlo/ tern aus dem Cäsar auf dem Weg zur Haupt- Cäsar, LeiteSaazerland und kundgebung am Pfingssonntag. rin des GeschaBilder: Nadira Hurnaus derhauses und dem Elbetal vertrieben worGeschäftsfühden seien. Koschyk sei rerin des Verbands der ein Pionier der MinderDeutschen Nordmähheiten- und Menschenren-Adlergebirge, habe rechte. ihm erzählt, daß Klein Zunächst skizzierals 14jähriges Waite Koschyk die Arbeit senkind aus Mährisch seiner Stiftung, die als Schönberg vertrieben Mittlerorganisation für worden sei. Da sei er die Bundesregierung auf die Idee mit dem in 18 Ländern tätig Štěpánka Šichová Preis gekommen. Im sei. Rund 13 Millionen übrigen sei er der SuDeutsche in Ost-, Mitdetendeutschen Zeitel- und Südosteuropa, tung dankbar, daß sie in den Nachfolgestaakürzlich die Erinnerunten der Sowjetunion, gen von Erikas Mutter im westlichen Europa, Ingeborg Cäsar veröfauf dem nordamerikafentlicht habe. nischen Kontinent, in Dann stellte HartMittel- und Südamerimut Koschyk 33 Frauka sowie in Australien en vor, die sich für die bekennten sich zu ihrer Petra Laurin Deutsche Minderheit deutschen Herkunft, im Baltikum, in DäneSprache und Kultur und besäßen mark, in Georgien, in Kasachnoch emotionale Bindungen zur stan, in Kirgisistan, in Kroatien, Heimat ihrer Vorfahren. in Polen, in Rumänien, in Ruß2004 habe der saarländische land, in Serbien, in der SlowaUnternehmer Kurt Linster die kei, in Slowenien, in der TscheStiftung Verbundenheit gegrün- chischen Republik, in der Ukraidet. Diese unterstütze die deut- ne, in Ungarn, in Usbekistan, in schen Gemeinschaften mit Pro- Argentinien und in Venezuejekten, um sie zu Multiplikatoren la engagieren. Darunter waren der kulturellen, politischen und Štěpánka Šichová und Petra Lauwirtschaftlichen Auslandsbezie- rin von der deutschen Minderhungen Deutschlands zu entwik- heit in der Tschechischen Rekeln. Damit trage die Stiftung zur publik. Štěpánka Šichová leitet Förderung und Erhaltung der den Verein für deutsch-tschechideutschen Sprache und Kultur, sche Verständigung Trautenau der Tradition der im Ausland le- und Petra Laurin das Haus der benden deutschen Minderheiten deutsch-tschechischen Verstänund deutschsprachigen Gemein- digung in Gablonz-Reinowitz. schaften sowie zum Aufbau neuNadira Hurnaus

Hartmut Koschyk, Stiftungsratsvorsitzender der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland, ehemaliger Bundesbeauftragter für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten sowie einstiger Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, berichtete beim 25. Frauenforum über „Engagierte Frauen im Bereich der deutschen Minderheiten und der deutschsprachigen Gemeinschaften in aller Welt“.

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74. SUDETENDEUTSCHER TAG 2024

Am Abend des Pfingsfreitag wurden im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses die Kulturpreise der Sudetendeutschen Landsmannschaft und der Sudetendeutsche Preis für Heimat- und Volkstums­ pflege 2024 verliehen. Bei dem Festlichen Abend überreichten Volksgruppensprecher Bernd Posselt, Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf MdL und SL-Bundeskulturreferent Ulf Broßmann die Urkunden an Preisträger aus Literatur und Publizistik, Ausübender Kunst und Musik, Heimat- und Volkstumspflege sowie den Großen Kulturpreis. Die Schirmherrschaftsministerin der Sudetendeutschen hielt eine engagierte Rede. Ein schönes Grußwort kam vom Augsburger Kulturrreferenten Jürgen Enninger. Eingangs begrüßte der Vorstandsvorsitzende der Sudetendeutschen Stiftung, Ortfried Kotzian. Seine Tochter, die Sängerin Iris Marie Kotzian, moderierte den Festabend.

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ie olympische Fackel für die Sudetendeutschen Kulturpreise ist entzündet!“, ruft Ortfried Kotzian. Gerade die Erhaltung und Pflege der sudetendeutschen Kultur mit ihren vielfältigen Ausprägungen, wie sie bei jeder sudetendeutschen Kulturpreisverleihung sichtbar würden, seien im Laufe seiner Lebensjahrzehnte zu einer Aufgabe und Zielsetzung geworden, die er immer für sinnvoll, aber auch für spannend und lebenserfüllend gehalten habe. Sudetendeutsche Kultur – nicht nur das Wissen über sie, sondern das Tun auf allen Gebieten der Kunst, Musik, Literatur, dem Brauchtum oder der Trachtenpflege – könne so bereichernd für ein Leben sein. „Man muß sie an sich herankommen lassen. Man muß ihr begegnen wollen,“ resümiert Kotzian. Die Sudetendeutsche Stiftung sei der Eigentümer des Sudetendeutschen Hauses und die Betreiberinstitution des Sudetendeutschen Museums, das erst vor wenigen Wochen von einer unabhängigen Organisation, die regelmäßig Münchener Museen bewerte, zum beliebtesten Museum Münchens gewählt worden sei. „Darauf können wir mit Recht sehr stolz sein“, so der Vorstandsvorsitzende. Er gratuliert den Preisträgern, deren Laudationes auf der Seite gegenüber nachzulesen sind.

Prachtstube der Stadt Auch Jürgen Enninger heißt als Vertreter der Stadt Augsburg die Gäste im Goldenen Saal, der „Prachtstube der Friedensstadt Augsburgs“, herzlich willkommen. Der Augsburger Referent für Kultur, Welterbe und Sport betont: „Die Sudetendeutschen sind echte Botschafter des europäischen Miteinander!“ „Ich bin begeistert von Tracht und Kultur der Sudetendeutschen“, meint Ulrike Scharf, die ebenfalls gratuliert. Die Schirmherrschaftsministerin hält eine einfühlsame Festrede über das Traditionsbewußtsein und die Aufbauleistungen der Sudetendeutschen, die die Landsleute trotz der Schrecken von Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg bewiesen hätten:

Moderatorin Iris Marie Kotzian, Eva Herrmann, Dr. Gertrud Krombholz und ein Moriskentänzer, Staatsministerin Ulrike Scharf und Professor Ulf Broßmann. Reihe dahinter: Dr. Ortfried Kotzian, Dr. Wolfram Hader, Dr. Peter Becher, Roland Hammerschmied und Heimatpflegerin Christina Meinusch. Im Hintergrund weitere Mitglieder der Münchener Moriskentänzer. Bilder: Manfred Gischler (6), Susanne Habel (1)

� Preisverleihung der SL-Kulturpreise im Goldenen Saal des Augsburg Rathauses

Musik und Morisken

tabend am Pfingstsamstag werde er wieder moderieren, erfährt das Publikum. „Die sieben ,Plumpmänner‘ tanzten früher im Riesengebirge durch die Straßen“, erinnert Iris Marie Kotzian. Die Tänzer hätten mit ihren wilden Luftsprüngen den Fasching eingeläutet. Ähnliche Künstler hätten heute auch im Foyer begrüßt, dies seien jedoch die großartigen Münchener Morisken gewesen. Und dann tanzen und hüpfen sie wieder in den Saal. Die Münchner Moriskentänzer verdanken die Existenz ihres Ensembles nur der Empfängerin des diesjährigen Großen Kulturpreises. Die 1933 im nordböhmischen Tetschen geborene und in Leitmeritz aufgewachsene Gertrude Krombholz habe Sport, Chemie und Geographie für das Lehramt an Gymnasien studiert und die Prüfung als Tanzlehrerin abgelegt, erläutert SL-Bundeskulturreferent Ulf Broßmann in seiner Laudatio. Sie sei auch Mit-Choreografin für die Eröffnungs- und Schlußfeiern mehrerer Olympischer Spiele gewesen und habe 1976 die Münchener Moriskentänzer wiederbegründet. Jeder im Saal staunt nur, als diese Preisträgerin nach Entgegennahme des Preises heiter verkündet, sie werde jetzt ihre sehr sudetendeutsche Familiengeschichte in einer Powerpoint-Präsentation darstellen. Auf dem Bildschirm zeigt sie Bilder von ihrem Urgroßvater Florian Ritschel, der 1854 in Hochdobern und Ulgersdorf in Nordböhmen eine Knopffabrik gründete.„Er hatte 16 Kinder!“ Dazu habe auch ihr Großvater Alfred Ritschel gehört, so Krombholz. Geblieben seien heute nur ihr Bruder Ivo Vendolsky und sie selbst von der einst so großen nordböhmischen Dynastie. „Ich bin aber schon zweimal daheim gewesen!“ Sie habe sich darum gekümmert, daß der total verwahrloste Friedhof wieder erneuert werde, schildert die Preisträgerin unter riesigem Applaus und bedankt sich strahlend. Und gleich scharen sich schon die Münchner Moriskentänzer um die großartige Sportwissenschaftlerin und führen einige ihrer spektakulären Kunststücke auf.

Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf MdL beim Grußwort.

Jürgen Enninger, Augsburger Referent für Kultur, Welterbe und Sport.

SL-Bundeskulturreferent Professor Dr. Ulf Broßmann als Laudator.

„Sie haben trotzdem immer auf Versöhnung gesetzt und Bayern kräftig mitgestaltet“, lobt die Stellvertretende Ministerpräsidentin. Der Wohlstand in Bayern sei stark mit dem Sudetendeutschen verbunden. „Heimat ist eine Geisteshaltung und dort, wo das Herz ist!“ Die Sudetendeutschen seien verwurzelt in Identität und Glauben. Sie würden sich auch angesichts von Diktatoren wie Wladimir Putin in Moskau immer für Demokratie und Freiheit einsetzen. „Bayern ist jetzt seit genau 70 Jahren Schirmland, und wir stehen zusammen!“ Zur Einstimmung auf die Kulturveranstaltung hatten die Münchener Moriskentänzer bereits im Rathausfoyer Kunstproben gegeben. Im Goldenen Saal hatte am Anfang das Klarinettenquartett des Jugendorchesters Gersthofen unter Klaus Türk eine „Intrade“ des 1729 in Königstädtel geborenen Franz Xaver Pokorny gespielt. Und Iris Marie Kotzian, die mit Schweißband im Sportdreß hereinjoggt, gibt den Sportsgedanken als „Roten Faden“ vor, den Ortfried Kotzian in seiner Begrüßung geistreich aufnimmt. Thematisch kreise alles um große sportliche Ereignisse, so die Moderatorin, da ja

die Olympischen Spiele in 85 Tagen beginnen würden: „Olympia und der Sudetendeutsche Tag haben viel gemeinsam“, sagt sie. „Das Ziel der Völkerverständigung, das Dabeisein und auch ein bißl das Gewinnen“, erklärt die Moderatorin, und führt charmant durch den Abend. Die Sopranistin ist Trägerin des SL-Förderpreises für Darstellende und Ausübende Kunst. Das Klarinettenquartett des Jugendorchesters Gersthofen umrahmt auch mit weiteren Stücken musikalisch. Dazu gehören Kostbarkeiten wie das Schubertlied „Der Hirt auf dem Felsen“, das Iris Marie Kotzian glanzvoll singt. Korbinian Hochmuth spielt dabei Solo-Klarinette, Martina Hellmann Klavier.

Nach der geschickten Überlei- für das Kreisler-Couplet. „Mutung über das Thema „Wan- sik zeigt Seele und Gefühl der dern“ durch Iris Marie Kotzian Menschen“, meint die Pianibeschreibt de Concini die Mo- stin. „Schriftliche Zeugnisse sind tivation zu ihrer „Wiederent- nicht so direkt wie Theater oder deckung“ der böhmischen Hei- Kabarett!“ mat, die sie in ihrem Buch „Böh„Die Ursprünge sportlicher Kultur und Sport men hin und zurück“ schilderte. Disziplinen sind im Brauchtum „Kultur und Sport bringen die 2015 habe sie als Stadtschreibe- zu finden“, führt die Moderarin des Deutschen Kulturforums torin zum Roten Faden zurück. Menschen einander näher und Östliches Europa in Pilsen vom „Denn was anderes kann das fördern das gegenseitige VersteSchicksel der jüdischstämmigen Eier­gschupfen in Südmähren ge- hen. Olympia und der SudetenKlara Loos erfahren, die sie zu ih- wesen sein, als eine frühe Form deutsche Tag wollen dazu beitrarem Roman „Klaras Schuhe“ in- des Weitwurfs?“ Diese Frage gen“, resümiert die Moderatorin. spiriert hätten. Auf die Frage von führt zum Preis für Heimat- und 1928 habe der Sudetendeutsche Kotzian nach „Realität oder Fik- Volkstumspflege, den der 1967 in Rudolf Burkert in Sankt Moritz tion?“ antwortet de Concini er- Falkenau geborene Roland Ham- die allererste Medaille für die staunt: „Natürlich Wirklichkeit!“ merschmied erhalte. Kotzian Tschechoslowakei bei olympiAm nächsten Abend würde man fragt den Preisträger gleich nach schen Spielen gewonnen. „Ein im „Sudetendeutschen Schatz- der Namensgebung für die von handfestes Zeichen für die gute kästlein“ mehr erfahren, kündigt ihm geleitete Gartenberger Bun- Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Tschechen“, erindie Moderatorin an. kerblasmusik. Und sie stellt die nächste PreisHammerschmied erinnert dar- nert Iris Marie Kotzian, die allen trägerin, deren Laudator Musik- an, daß Gartenberg ein Vorort viel Vergnügen beim folgenden kenner und Chorleiter Wolfram von Geretsried in Oberbayern Empfang der Bayerischen StaatsHader ist, gleich authentisch- und Zuflucht vieler Sudetendeut- regierung wünscht. Das Klarinettenquartett spielt musikalisch vor: Beim fulminan- scher nach 1945 gewesen sei, wo ten Chanson „Im Theater ist was man unter anderem auch im Bun- am Ende des Festlichen Abends los“ aus „Lola Blau“ von Georg ker musiziert habe. „Ich habe als das „Divertissement Nummer 1“ Kreisler singt und spielt Iris Ma- Kind schon gesungen und mit der von Georg Druschetzky, der 1745 rie Kotzian prachtvoll eine Chan- Familie Musik gemacht.“ Sein A- in Druschetz in Mittelböhmen sonette bei einer Audition-Szene, cappella-Chor Mixed Voices sei geboren wurde. Und da aus Böhwährend Eva Herrmann sie sprit- eher aktuell orientiert und wer- men nicht nur die Musik kommt, zig am Klavier gleitet. de – nach Reisen etwa nach In- gibt es beim Empfang Wein, Bier Die Pianistin, 1964 in Mün- dien 2017 – demnächst auch in und Knödelchen zum Braten. Susanne Habel chen geboren, hat mütterli- Finnland auftreten. Beim Heimache Wurzeln in Abertham und viel auch mit Sudetendeutschen im Musikbereich gearbeitet. Als Korrepetitorin kennt Herrmann die Nöte junger Kandidaten beim Vorsingen und Einüben. „Was macht für Sie die musikalische Arbeit so besonders?“, fragt die Moderatorin nach dem riesigen Applaus Das Klarinettenquartett des Jugendorchesters Gersthofen.

Iris Marie Kotzian singt mit Begleitung von Kulturpreisträgerin Eva Hermann.

Kostbarkeiten am Klavier Zwischen den musikalischen Intermezzi stehen die Preisträger im Mittelpunkt. Die Moderatorin geht auf deren Biographien ein und entlockt den frisch gekürten Kulturpreisträgern spannende Aussagen über Leben und Werk. Laudatoren sind der Musikverleger Wolfram Hader, die Heimatpflegerin Christina Mei­ nusch, der SLBundeskulturreferent Ulf Broßmann und Peter Becher, der Vorsitzende des Adalbert-Stifter-Vereins. Der hält auch gleich seine Laudatio auf Wolftraud de Concini, die 1940 in Radowenz bei Trautenau im Riesengebirge zur Welt kam und seit 1964 als Autorin in Südtirol lebt.

Die Moderatorin Iris Marie Kotzian vergleicht Kultur mit Sport.

Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24. 5. 2024


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74. SUDETENDEUTSCHER TAG 2024

Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24. 5. 2024

� Laudationes auf die Kulturpreisträger 2024

Vier große Persönlichkeiten Mit drei Kulturpreisen und dem Volkstums­preis der Sudetendeutschen Landsmannschaft wurden dieses Jahr vier verdiente Persönlichkeiten geehrt. Hier dokumentieren wir leicht gekürzt die Laudationes auf die Preisträger.

Großer Sudetendeutscher Kulturpreis für Gertrude Krombholz

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ertrude Krombholz wurde 1933 im nordböhmischen Tetschen geboren, und sie verlebte bis zur Vertreibung ei­ ne glückliche Kindheit in Leitmeritz in der Aussiger Region. Da sie ganz wie ih­ re Mutter sehr sportlich und sportbegei­ stert ist, war es nicht überraschend, daß Gertrude Krombholz in ihrer „neuen“ Heimat Sport an der Bayerischen Sport­ akademie sowie Chemie und Geogra­ phie an der Ludwig-Maximilians-Uni­ versität und der damaligen Technischen

Dr. Gertrude Krombholz bei ihrer Dankesrede im Goldenen Saal. Hochschule für das Lehramt an Gymna­ sien studierte. Nach kurzer Tätigkeit als Gymnasial­ lehrerin wurde sie schon als 30jährige als Dozentin an die Sportakademie berufen. Bereits ein Jahr später leitete Krombholz mit immensem Elan die Sportphilolo­ ginnen-Ausbildung für die Fachgebiete Gymnastik, Tanz, Musik und Bewegung sowie danach als engagierte leitende Akademische Direktorin bis zur Pensio­ nierung die Sportlehrerausbildung an der Technischen Universität München. Mit größter Begeisterung unterrichtete sie die unterschiedlichsten Disziplinen wie Leichtathletik, Schwimmen, Skifah­ ren oder Tanz. Durch eine breite tänze­ rische Ausbildung im In- und Ausland gelang es Gertrude Krombholz, Kurse in Jazz Dance und Rock ’n’ Roll einzu­ führen und das Studium der Zeit anzu­ passen, es waren ja die 1960er Jahre der Beatles. „Ich war ein Magnet“, sagte sie einmal, denn bald nahmen mehr als 300 Studierende an den Schulungen teil. Krombholz gab zudem ausschlagge­ bende Impulse in der Sportphilologin­ nen-Ausbildung und prägte den Stil von Gymnastik und Tanz nicht nur national, sondern auch international. Diese exzel­ lente Expertise befähigte sie, als Chef­ hostess und Mitchoreographin die Er­ öffnungs- und Schlußfeiern der Olympi­ schen Spiele von 1972, 1976 und 1980 zu gestalten. 1972 arbeitete Krombholz mit Sylvia Sommerlath, der späteren schwe­ dischen Königin, im Referat Besucher­ betreuung und Hostessenwesen zusam­ men. Dreizehn Jahre arbeitete Gertrude Krombholz auch für das International Paraolympic Committee. Da die Tanz­ begeisterte niemanden von tänzeri­ schen Bewegungen ausschließen wollte, gründete sie 1975 den integrativen Roll­ stuhl-Tanz und etablierte ihn in inter­ nationalen Behindertenverbänden un­ ter dem Namen Para Dance. Heute ge­ hört Krombholz zur Paraolympic Family und war bei den Paraolympics in viele Sieger­ehrungen eingebunden. Der Tanz mit ihnen wurde auch in Schweden auf­ geführt, woran sich Königin Sylvia und König Karl Gustav aktiv beteiligten. Krombholz hat sich um die olympi­ schen und paraolympischen Spiele ver­ dient gemacht, einer Bewegung und ei­ nem Sinnbild des Friedens, in deren Mit­

telpunkt der Mensch steht, ganz gleich welcher Nation und ganz gleich, ob kör­ perlich gesund oder behindert. Mit ihrem Organisationstalent und überlieferten Quellen und Texten aus dem Münchener Stadtarchiv rekonstru­ ierte Krombholz den mittelalterlichen Moriskentanz. Sie gründete 1976 die Gruppe Münchener Moriskentänzer, die der Technischen Universität ange­ schlossen ist. Dabei wird der ursprüng­ lich maurische Tanz in historischen Ge­ wändern mit kunstvollen Kapriolen und Luftsprüngen dargeboten. Mehr als 500 Tanzauftritte im In- und Ausland sind es nun schon geworden, auch Schloß Drott­ ningholm, die Königsresidenz in Schwe­ den, war dabei. Um ihre Fachkompetenz zu erwei­ tern, studierte Krombholz Neuere Ge­ schichte an der Technischen Universi­ tät München. 1982 wurde ihre Disserta­ tion „Die Entwicklung des Schulsports und der Sportlehrerausbildung in Bay­ ern von den Anfängen bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges“ mit Summa cum laude bewertet und mit dem Preis der besten Doktorarbeiten ausgezeichnet. Als sie 1998 in den Ruhestand trat, stifte­ te sie einen nach ihr benannten Preis der Technischen Universität München für die besten wissenschaftlichen Arbeiten in den Angewandten Sportwissenschaf­ ten. Sie hat dessen Vergabe mit einer ei­ gens dafür gegründeten Stiftung für die Zukunft sichergestellt. Für ihr außergewöhnliches Lebens­ werk wurde Gertrude Krombholz viel­ fach ausgezeichnet. Zu den Aus­ zeichnungen gehören das Bundesver­ dienstkreuz am Bande, der Bayerische Verdienstorden, die Medaille Pro Meri­ tis und der Goldene Ehrenring der Stadt München. Heute lebt Krombholz in der Senio­ renresidenz Augustinum in Dießen am Ammersee. Aber auch hier kann bei ihr nicht von Ruhestand die Rede sein. Denn wo es einen Rollstuhl-Tanz gibt, da gibt es auch einen Rollator-Tanz. Und in ihrem unerschöpflichen Enthusiasmus und Einsatz für den Sport führte sie 2012 den integrativen Rollator-Tanz zur Freu­ de aller Senioren im Augustinum ein. Ulf Broßmann

Kulturpreis für Literatur und Publizistik für Wolftraud de Concini

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m Jahr 1940, als Wolftraud de Conci­ ni in Trautenau am Fuß des Riesenge­ birges zur Welt kam, lebte in der Stadt der sudetendeutsche Schriftsteller Jo­ sef Mühlberger, der zu den herausra­ genden Autoren der Ersten Tschecho­ slowakischen Republik zählte, aber nun in höchster Bedrängnis war. Angefein­ det als Freund von Tschechen und Ju­ den, obendrein denunziert als Homose­ xueller, wurde er im Oktober jenes Jah­ res verhaftet und wenige Monate später eingezogen. Der Weltkrieg war in vol­ lem Gang. Im Juni 1941 begann der Überfall der Wehrmacht auf die Sowjet­ union. Unmittelbarer Anlaß zu ihrem Buch „Böhmen hin und zurück“ (2013) war ein Fotoauftrag, der sie im Jahr 2011 in ihre Geburtsheimat führte, und als sie dabei den alten zweisprachigen Auswei­ sungsbescheid ihrer Familie vom 8. Ju­ ni 1945 fand, faßte sie den Entschluß, den Weg, den die Familie dabei zurück­ gelegt hatte, noch einmal zu gehen. An­ ders als Christiane Hoffmann (geboren 1967), die den Fluchtweg ihres Vaters nachwanderte, wiederholte Concini den Weg ihrer eigenen Geschichte und stat­

Wolftraud de Concini erzählt.

tete den dünnen Gedächtnisfaden mit auftauchenden Erinnerungen, mit Do­ kumenten und Fotoaufnahmen aus, an­ gefangen von dem zweisprachigen Aus­ siedlungsbescheid und einem jungen tschechischen Soldaten, der ihr mit Trä­ nen in den Augen half, die Strümpfe an­ zuziehen, bis zu dem letzten resümie­ renden Satz: „Für mich ist diese Reise in die Vergangenheit, dieses Berühren von Straßen und Wegen, auf denen ich als ,unerwünscht‘ fortgeschickt worden bin, eine Rückkehr in ein Böhmen, das mei­ ne Heimat ist. Trotz allem.“ Das war die Grundlage für ihr Buch, in dem so viel angesprochen wird, Kind­ heitserinnern und Familienglück, Aus­ gestoßensein und Fremdheit, Heimat­ suche und Weltläufigkeit. Eine sen­ sible Mischung aus Sprache und Bild, Schwarzweißfotografien und klaren, schnörkellosen Sätzen. Vertrieben zunächst in das Nach­ kriegspolen, führte Concinis weiterer Lebensweg nach Niedersachsen, spä­ ter zum Studium nach München, zu ei­ ner Zeitung nach Nürnberg und schließ­ lich nach Italien, wo sie seit 1964 als Pu­ blizistin und Fotografin lebt. Im Lauf der Jahre entstand ein umfangreiches Werk, Monografien über italienische und französische Regionen. Und sie, die als Flüchtlingskind selbst zu den „ande­ ren“ zählte, entwickelte eine besonde­ re Sensibilität für Minderheiten, unter anderem für die „Nachbarn … im italie­ nischen Alpenbogen“ und für die Ge­ schichte der Sinti und Roma in der Aus­ stellung „U baro drom – Der lange Weg“, die in Bozen zu sehen war. Als Concini 2015 Stadtschreiberin von Pilsen wurde, eingeladen vom Deut­ schen Kulturforum östliches Europa, er­ kundete sie wenige Monate nach der ful­ minanten Eröffnung des Kulturhaupt­ stadtjahres die überaus lebendige Stadt. Dort erfuhr sie vom Schicksal der jungen Claire Beck (1904–1942), die aus einer Pilsener Industriellenfamilie stammte, zur dritten und letzten Frau des Wiener Architekten Adolf Loos wurde, in There­ sienstadt interniert und schließlich 1942 in der Nähe von Riga umgebracht wur­ de. Darüber schrieb Concini das Buch „Klaras Schuhe. Die Geschichte einer böhmischen Jüdin“ (2018). Während ihres Aufenthalts schrieb und fotografierte Concini für einen eige­ nen Blog. „Heimat“, so schrieb sie dar­ in, „ist der Ort, wo sie einen hereinlas­ sen müssen, wenn man wiederkommt“ –, und „wenn der Hörerkreis kleiner und intimer ist, bekenne ich meine Vor­ stellung von ‚Heimat‘: daß es für mich der Ort ist, wo ich alle Leute umarmen möchte, wo ich auch im Dunkeln keine Angst habe, wo ich mich einfach wohl fühle.“ Peter Becher

Kulturpreis für Musik und Darstellende Kunst für Eva Hermann

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it dem Sudetendeutschen Kultur­ preis für Darstellende Kunst und Musik 2024 wird eine Musikerin aus­ gezeichnet, deren familiäre Wurzeln in den böhmischen Ländern liegen und die sich auch in ihrem musikalischen Wir­ ken in höchstem Maß um die sudeten­ deutsche Musikkultur verdient machte. Die Regensburger Pianistin Eva Herr­ mann widmet sich seit mehr als 30 Jah­ ren mit großem Engagement dem Re­ pertoire sudetendeutscher Komponi­ sten der Gegenwart und Vergangenheit und tritt regelmäßig bei Veranstaltun­ gen sudetendeutscher Institutionen in Erscheinung. Die in München geborene Eva Herr­ mann hat böhmische Wurzeln. Ihre Mut­ ter kam in Abertham/Abertamy im Kreis Neudek/Nejdek zur Welt. Einer ihrer Vorfahren wirkte zu Beginn des 19. Jahr­ hunderts als Klarinettist. Sie studierte in München und Mainz Kirchenmusik, Klavierpädagogik und danach im Auf­ baustudium Vokal-Korrepetition. Seit 1995 ist sie Lehrbeauftragte an der Uni­ versität Regensburg und unterrichtet an der Städtischen Sing- und Musikschu­ le sowie am Musischen Zweig des VonMüller-Gymnasiums in Regensburg. Ei­ ne Frucht dieser musikpädagogischen Tätigkeit ist Eva Herrmanns im Druck

erschienenes Singspiel-Heft mit Klavier, das die tschechische Künstlerin Ivana Koubek illustrierte. Beim internationalen Hans-GaborBelvedere-Wettbewerb Wien war Eva Herrmann mehrfach offizielle Wettbe­ werbskorrepetitorin und langjährig in Opernstudios in München, Berlin und

Pianistin Eva Herrmann dankt. Palermo tätig. Als Korrepetitorin ar­ beitet sie regelmäßig mit Sängern des Theaters Regensburg zusammen. Mit der Pianistin Inna Schur gab sie als Kla­ vierduo Schur & Herrmann zahlreiche Konzerte im In- und Ausland. 1996 er­ hielt sie den Kulturförderpreis der Stadt Regensburg. Eine weitere große Leidenschaft von Eva Herrmann sind Theater und Kaba­ rett. Mit Peter Nüesch, einem langjähri­ gen künstlerischen Weggefährten, ent­ wickelte sie als Musikalische Leiterin im Gründungs-Ensemble seit den An­ fängen des Turmtheaters Regensburg im Jahr 1990 verschiedene Programme. Am Theater an der Rott im niederbayeri­ schen Eggenfelden durfte sie fünf Jah­ re lang unter Intendant Peter Nüesch ei­ ne eigene Kammerkonzertreihe konzi­ pieren und durchführen. Nach wie vor konzipiert sie gerne Motto-Konzerte, die sich mit dem Theaterspielplan ver­ binden. Eva Herrmann hat sich seit den spä­ ten 1980er Jahren vielfältig und phanta­ sievoll in die Musikkulturpflege der Su­ detendeutschen eingebracht. Eine enge Kooperation verbindet sie mit dem Su­ detendeutschen Musikinstitut, sowohl mit mir, dem Gründungsdirektor, als auch mit meinem Nachfolger Andreas Wehrmeyer. Mit der Künstlergilde und dem Adalbert-Stifter-Verein gab und gibt es ebenfalls eine fruchtbare Zusam­ menarbeit. Im Auftrag des Sudetendeutschen Musikinstituts (SMI) übernahm sie die Programmplanung und Musikerrecher­ che für die Konzertreihe „Junge Musi­ ker begrüßen das Neue Jahr“ von 2010 bis 2023. Sie gestaltete für das SMI zahl­ reiche Konzertprogramme; beispielhaft sei hier genannt „Heut hätt‘ i Zeit“. Ein Benatzky-Abend zum 125. Geburtstag und „Zeitgenossen, haufenweise“, ein Chansonabend mit Werken etwa von Edmund Nick und Fred Schnaubelt. Die Vorstellung eines „Literarischen Reise­ führers durch das Böhmische Bäderdrei­ eck“ umrahmte sie mit Markus Koppe an der Violine mit Kurmusik der Karlsbader Komponisten Josef und August Labitz­ ky. In zahllosen Konzerten interpretierte sie Werke sudetendeutscher Komponi­ sten der Vergangenheit und Gegenwart, so von Wenzel Johann Tomaschek, Vik­ tor Ullmann, Oskar Sigmund und Wid­ mar Hader. Diese beispielhaften Aus­ führungen zeigen: Eva Herrmann ist eine feste Größe im Regensburger Kul­ turleben und in der sudetendeutschen Kultur- und Musikszene. Wolfram Hader

Kulturpreis für Heimat- und Volkstumspflege für Roland Hammerschmied

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oland Hammerschmied zu beschrei­ ben, ist tatsächlich in drei Worten möglich: Rampensau, Tausendsassa und Hansdampf in allen Gassen. Diese drei Begriffe fallen mir ein, wenn ich an Ro­ land Hammerschmied denke. Seine Be­ geisterungsfähigkeit sucht in meinen Augen ihresgleichen. Nicht nur sein je­ weiliger Chor oder sein jeweiliges Or­ chester können sich ihr nicht entziehen. Auch sein Publikum kann sich nicht ge­

gen die überschwappende Begeisterung wehren. Da wird nicht nur unter Einsatz des gesamten Körpers, sondern auch mit Mimik dirigiert. Allein durch seine Präsenz und seine Ausstrahlung holt er das Beste aus jedem Musiker und jeder Musikerin unter seiner Leitung heraus. Seine eigene musikalische Karrie­ re begann er bereits in jungen Jahren. Seit seinem elften Lebensjahr singt er in verschiedenen Chören, 1986 legte er erfolgreich die Prüfung zum Laienchor­ leiter im Rahmen der Bad Feilnbacher Chorwoche des Bayerischen Sänger­ bundes ab. Im Jahr 2001 schloß er sei­ ne Gesangsausbildung ab und trat seit­ dem nicht nur als Chorsänger, Chorlei­ ter und Dirigent, sondern auch als Solist ins Rampenlicht. Wenn das nicht der In­ begriff eines leidenschaftlichen Büh­ nenkünstlers ist! Der Vielseitigkeit dieses Tausend­ sassas zolle nicht nur ich Bewunde­ rung. Neben den vielen Instrumenten die er nicht nur spielt sondern auch be­ herrscht, ist seine Wandlungsfähigkeit fast schon legendär. Ob als Leiter der Gartenberger Bunkerblasmusik im Be­ reich Volksmusik oder als Leiter des Chors „Mixed Voices“, welcher Jazzoder Popsongs, Modern Classics, Gos­ pels und Spirituals bis hin zu klassischer geistlicher sowie zeitgenössischer Chor­ musik präsentiert. Von 1997 bis 2015 war er zudem Sänger und Solist im Münche­ ner Rock- und Jazz-Chor „VoicesInTi­ me“ unter der Leitung von Stefan Kal­ mer. Mit diesem Chor gewann er den Ersten Preis beim Deutschen Chorwett­ bewerb 2006 in Kiel in der Kategorie Jazz. Aber auch auf gefühlt meterhohen Plateausohlen in Schlaghosen und mit Vokuhila-Perücke als eine Hälfte des Enno-Strauß-Duos macht er eine gute Figur und brachte heuer die Faschings­ feier der Heimatpflege in Kooperation mit den Münchener Böhmerwäldlern zum Beben. Als Zweiter Vorsitzender der Eger­ länder Gmoi z‘ Geretsried hat Roland „Hansdampf“ Hammerschmied außer­

Roland Hammerschmied freut sich. Bilder: Manfred Gischler dem die Leitung mehrerer Sing- und Tanzgruppen deren Trachtenvereins in­ ne und begeistert hier vor allem die Ju­ gend für Egerländer Volkskultur. Und meines Wissens ist er nebenbei auch noch berufstätig. So viel Engagement bleibt nicht un­ bemerkt. So ist Roland Hammerschmied nicht nur vielseitig begabt, sondern auch vielfach dekoriert. Ich zähle auf: Förderpreis Volkstumspflege der sude­ tendeutschen Landsmannschaft (2003); Kulturpreis der Stadt Geretsried in An­ erkennung für sein kulturelles Enga­ gement (2011); Egerländer Kulturpreis „Johannes-von-Tepl“ (2016); Bronzene Bezirksmedaille des Bezirks Oberbayern für sein ehrenamtliches kulturelles En­ gagement (2018); Isar-Loisach-Medail­ le für ehrenamtliche Volkstumspflege (2018). Und dies ist tatsächlich nur ei­ ne Auswahl der Ehrungen, die Roland Hammerschmied bisher erhielt. Für all dieses Engagement, das kaum Platz findet in einer einzigen Laudatio, seinen unermüdlichen Einsatz für den Erhalt Sudetendeutscher Kultur, seine herausragende Jugendarbeit und dafür, daß immer, wenn man denkt, man habe nun endlich alle seine Facetten gesehen, er noch eine weitere zeigt, erhält Roland Hammerschmied den Kulturpreis für Heimat- und Volkstumspflege der Sude­ tendeutschen Landsmannschaft. Christina Meinusch


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74. SUDETENDEUTSCHER TAG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24.5.2024

Der Vorsitzende des Sudetendeutschen Priesterwerks Holger Kruschina und Monsignore Adolf Pintíř lasen das Pfingstevangelium.

David Macek von Meeting Brno und Ursula Lippert (Vorsitzende der Ackermann-Gemeinde im Erzbistum Bamberg) trugen die Fürbitten vor.

Fahnenabordnungen verschiedener Heimatregionen waren beim Gottesdienst am Pfingstsonntag vertreten. Fotos: Markus Bauer

Pontifikalamt mit dem Augsburger Bischof Dr. Bertram Meier

„Wir dürfen uns Europa nicht nehmen lassen“ Die pfingstliche Vielsprachigkeit, die auch für den (sudeten) deutsch-tschechischen Alltag gilt, einige prägende sudetendeutsche Personen aus der Vergangenheit und den Augsburger Bistumspatron, den heiligen Ulrich, hat der Augsburger Bischof Dr. Bertram Meier, Hauptzelebrant des katholischen Festgottesdienstes beim Sudetendeutschen Tag, in den Mittelpunkt seiner Predigt gestellt. Und natürlich erwähnte er seine sudetendeutschen Wurzeln seitens seiner am 12. März verstorbenen Mutter, die aus dem Kreis Freiwaldau stammte.

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ber die bestens gefüllte Schwabenhalle freute sich in seiner Begrüßung der Präses der sudetendeutschen Katholiken, Monsignore Dieter Olbrich. „Feiern wir diesen Gottesdienst im Sinne der Völkerverständigung zwischen Sudetendeutschen und Tschechen“, leitete er zum Hauptzelebranten über. Dieser betonte seine langjährige Verbundenheit mit Bernd Posselt, dem Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe. „Als Kirche sind wir ja ‚global player‘“, bemerkte der Augsburger Oberhirte einleitend in seiner Predigt und verwies in diesem Zusammenhang auf die vielen Sprachen auch in der Kirche. Aus den Erfahrungen in seiner Funktion als Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz ist für ihn die Erfahrung der Verbindung im Glauben und Herzen sowie beim gemeinsamen Gebet besonders wichtig. Konkret „die christliche Grundhaltung einer offenen und respektvollen Begegnung mit Menschen, vor allem auch mit Kriegsflüchtlingen und Vertriebenen“, wobei er auf die Ereignisse 1945/46 hinwies. „Auch beim Sudetendeutschen Tag geht es um grundsätzliche Wertschätzung und Freundlich-

Pontifikalamt am Pfingstsonntag auf dem Sudetendeutschen Tag mit Bischof Dr. Bertram Meier (Mitte) und den weiteren Zelebranten. keit“, stellte der Bischof fest und erinnerte an die beiden Gründerväter der europäischen Einigung, Konrad Adenauer und Robert Schuman. „Noch heute ist es das Ziel, aufeinander zuzugehen und das Wohlergehen der Völker zu fördern!“ Mit Blick auf die anstehende Europa-Wahl wandte er sich gegen jeden „...ismus“, diese alle seien unvereinbar mit den gemeinsam getragenen Werten von Menschenwürde und Solidarität. Vielmehr fordere Pfingsten dazu auf, dem Gemeinwohl zu dienen sowie die persönlichen Talente und Charismen zu entfalten und in die Gemeinschaft einzubringen – „zum Aufbau der Gemeinde und zum Wohl der Mitmenschen“, so der Bistumschef. Als Beispiele nannte er den heiligen Adalbert von Prag, der

sich schon zu seiner Zeit für die Einigung Europas einsetzte, und die erste Nobelpreisträgerin für Medizin, Gerty Cori, die aus Prag stammte. Ebenso drückte er seine Sorge über die Gefährdungen von innen und außen für Freiheit, Frieden und Demokratie aus. „Wir dürfen uns Europa nicht nehmen lassen!“, forderte er vehement. Damit kam er zur zentralen Aussage des Evangeliums, in dem Jesus seinen Jüngern den Frieden als Aufgabe aufträgt. Für Bischof Meier gehört hier auch der „innere Friede, der von Gott kommt“ dazu. In diesem Kontext erwähnte er auch die Vermittlung des Friedens von Tussa (Illertissen) im Jahr 954 durch den heiligen Ulrich. Mit Blick auf die aktuellen Kriege und Konflikte in der

Evangelischer Pfingstgottesdienst mit Pfarrerin Erna Meiser

Ukraine und im Heiligen Land empfahl er deshalb, „die Wege der Gewalt zu überwinden“ – gemäß Bertha von Suttners Leitwort „Die Waffen nieder“ – und die Kanäle des Dialogs nicht aufzugeben. Natürlich gestand er – wie auch die Deutsche Bischofskonferenz – der Ukraine ihr Recht auf Verteidigung zu. Und Bischof Meier kam schließlich auf einen weiteren wichtigen Aspekt, die Vergebung, die ebenfalls nötig sei. „Wir wollen natürlich weiterkommen in der Völkerverständigung. Dafür bilden Vertrauen und Wahrhaftigkeit eine bedeutende Basis“, faßte der Oberhirte zusammen. Am Ende der Eucharistie sprach Monsignore Adolf Pintíř im Namen der Tschechischen Bischofskonferenz ein Grußwort. „Leichter kommt ein Sudeten-

deutscher Tag nach Tschechien als ein tschechischer Bischof zum Sudetendeutschen Tag“, leitete er dieses humorvoll und vielleicht mit Hintergedanken ein. Die gute Entwicklung der Beziehungen zwischen Sudetendeutschen und Tschechen seit der Samtenen Revolution 1989 schrieb er auch dem Wirken des Heiligen Geistes zu. „Das war eine große Gabe, die wir bekommen haben. Aber die Gabe bringt auch eine Aufgabe mit sich – die Aufgabe, als Christ im heutigen Europa zu wirken. Die sudetendeutschen und tschechischen Gläubigen können ein Zeugnis geben, daß es möglich ist, als Christen im heutigen Europa zu leben. Wir sind von Gott nicht vertrieben, sondern gesandt! Wir haben eine Aufgabe, ja eine Mission im heutigen Europa!“

Foto: Torsten Fricke Als Lektoren der Lesungen fungierten Christoph Lippert und Lothar Palsa, die Fürbitten trugen Ursula Lippert und David Macek vor, das Evangelium Monsignore Adolf Pintíř und Holger Kruschina, der Vorsitzende des Sudetendeutschen Priesterwerks. Das Amt des Kantors übernahm Roland Hammerschmied. Die musikalische Gestaltung oblag Kurt Pascher und seinen Original Böhmerwälder Musikanten. Die Kollekte war für das Kloster Haindorf im nordböhmischen Isergebirge. Und eine Randnotiz zum Schluß: Wie sich in einem kurzen Zwiegespräch bei der Predigt von Bischof Meier herausstellte, kannte der Ortsbetreuer des Heimatortes von Bischof Meiers Mutter eben diese. So klein ist (oft) die Welt. Markus Bauer

SL-Bezirksobmann Schiefer

Gedenken der Toten

Sudetendeutsches Erlebnis

Das Totengedenken hat eindrucksvoll SL-Bezirksobmann Edmund Schiefer am Freitag am Augustusbrunnen auf dem Rathausplatz in Anwesenheit seiner sudetendeutschen Landsleute gesprochen.

Wie lebendig die Sudetendeutsche Volksgruppe ist, erlebte die mittlerweile pensionierte Pfarrerin Erna Meiser ausgerechnet auf einer Beerdigung, die sie für einen verstorbenen Landsmann zelebrierte. Die Fahnenabordnungen, die sich am offenen Grab aufstellten, waren ein Schlüsselerlebnis – obwohl Erna Meiser selbst sudetendeutsche Wurzeln hat.

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uf dem Sudetendeutschen Tag in Augsburg hielt Erna Meiser zum ersten Mal den evangelischen Gottesdienst. Die aus Ursensollen in der Oberpfalz stammende Pfarrerin war in den vergangenen 13 Jahren in Straubing tätig, wo sie im Februar nach 41 Dienstjahren in der evangelischen Landeskirche Bayern mit einem Festgottesdienst in der Versöhnungskirche in den Ruhestand verabschiedet wurde.

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Pfarrerin Erna Meiser zelebrierte auf dem Sudetendeutschen Tag den evangelischen Pfingstgottesdienst. Foto: Torsten Fricke An Pfingsten feiern auch die evangelischen Christen den Heiligen Geist, der alle Gläubigen weltweit erfüllt und unter dem Symbolbild der weißen Taube verbindet. Pfingsten gilt deshalb als der „Geburtstag der Kirche“. Vor dem Gottesdienst hat-

te Margaretha Michel für den Bundesverband der Sudetendeutschen Landsmannschaft die Gläubigen begrüßt. Musikalisch umrahmt hat den Gottesdienst das „duo connessione“ mit Carina Kaltenbach-Schonhardt, Violine, und Tomáš Spurný, Klavier.

chiefer erinnerte an die Opfer von Krieg und Gewalt, an die zahllosen Menschen, die auf den Schlachtfeldern oder in den Lagern ihr Leben lassen mußten sowie an die Frauen, Kinder und Männer, die auf der Flucht oder bei der Vertreibung starben und deren Grab oft niemand kennen würde. Er erinnerte an die zahllosen Menschen, die noch in heimatlicher Erde ruhten, neben verlassenen Kirchen und unter zerbrochenen Kreuzen. Alle hätten sich gegen das Unrecht der Vertreibung und für den Erhalt des kulturellen Erbes eingesetzt. Foto: H. Schuster


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24. 5. 2024

Chorleiterin Martina Miksch und die Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München.

Mauke – die Band. Der Böhmerwald war Schwerpunkt des diesjährigen Volkstumsabends, den Heimatpflegerin Christina Meinusch eröffnete und durch den Roland Hammerschied, frisch gekürter Träger des Kulturpreises für Heimat- und Volkstumspflege (Þ Seiten 10 und 11), führte.

Christina Meinusch und Roland Hammerschmied.

Kurt Pascher, seine Original Böhmerwälder Musikanten und ein kleiner Pascherfan.

� Heimatabend

der Gruppe bei. Während heute noch ein Teil der Gründungsmitglieder aktiv mitspielt, sind inzwischen deren Kinder zum festen Bestandteil der Musikgruppe geworden. Damit ist es wieder gelungen, die Tradition eine Generation weiterzutragen. Besonders gern spielt die Familienmusik zum Tanz auf. Neben etlichen Veranstaltungen im deutschsprachigen Raum musizierte sie unter anderem auch beim Kathreintanz in Wien, im Schloß Versailles in Paris, im Europäischen Parlament in Straßburg, in Eger und im Stift Tepl. Ebenfalls aus dem Egerland, aus Großsichdichfür im Kreis Marienbad, stammte der langjährige Volksgruppensprecher und SL-Bundesvorsitzende Franz Neubauer (1930–2015). Unter den Gästen des Heimatabends war seine Witwe Erika. Bilder (9): Manfred Gischler Das Prachiner Ensemble aus Strakonitz zählt zu den bedeu1978 Volksmusik aus dem Eger- tensten Vertretern der südböland sowie dem gesamten sude- mischen Folklore. 1949 leitetendeutschen Raum. Neben der te Josef Rezny als Erster das Enmöglichst authentischen Wie- semble und widmete sich den dergabe der traditionellen Mu- tschechischen Dudelsackpfeifen, sikstücke und Pflege der Egha- den Volksliedern, den Tänzen landa Mundart legt sie Wert auf und Traditionen. Das Ensemble originalgetreue Trachten, die die schöpft vor allem aus dem KulMitglieder größtenteils selbst turreichtum der Prachiner Reginach alten Vorlagen on sowie des Böhmernähen. waldes. Die GrundDie Wurzeln der lage des Ensembles Familie Hess liegen ist die tschechische im Karlsbader und im Dudelsackmusik mit Marienbader Raum Violine, Kontrabaß im Egerland sowie im und Klarinette. Die Grulicher Raum im Sänger interpretieren Adlergebirge. Nach Prachiner Lieder und der Vertreibung kabarocke Meister. Sie men die Eltern in den sind in farbenfroher Odenwald und bauten Volkstracht im In- und sich in Hirschhorn am Ausland erfolgreich. Neckar eine Existenz Die Musiker, Sänger auf. Ihre erste musi- Erika Neubauer und die Tänzer erfreukalische Ausbildung en Auge und Ohr. bekamen die damaligen Kinder Überaus erfreut waren auch von ihrem Onkel beziehungs- die Augen und Ohren von Volksweise Vater Heinz Hess, der auch gruppensprecher Bernd Posselt. den Grundstein für die Familien- Posselt ist bekanntermaßen der musik legte. Später trug die Zu- größte Anhänder des Volkstumssammenarbeit mit Erich Bau- abends beim Sudetendeutschen mann ihren Teil zur Entwicklung Tag. Nadira Hurnaus

Tief drin im Böhmerwald

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aß Rudolf Hartauer, ein Nachfahre von Andreas Hartauer, dem Verfasser des Böhmerwaldliedes „Tief drin im Böhmerwald“, anfangs nach vorne drängelte, um den Einzug der Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München zu fotografieren, war Ehrensache. Den Einzug der Musik- und Tanzgruppen begleiteten Kurt Pascher und seine Original Böhmerwälder Musikanten. 1981 gründete Kurt Pascher mit Musikerkollegen das Blas­ orchester „Böhmerwälder Mu- Die Egerländer Familienmusik Hess hat keine Nachwuchsprobleme. sikanten“. Als Grundlage diente ihm das von seinem Großvater bert Wolf oder Rolf Schnee- der neuen Heimat zu pflegen, Johann Spörl überlieferte No- biegl. sondern sie zeigt diese auch auf tenmaterial. Spörl war 1946 aus Paschers unverwechselba- vielen Reisen in Europa und in Althütten im Kreis Bischoftei- re Kompositionen und Arrange- den USA wie bei der Steubenpanitz vertrieben worden und bei ments trugen wesentlich zu sei- rade in New York. Für dieses EnAugsburg wieder seßhaft gewor- nem großen Erfolg bei. Sein bis- gagement erhielten die Müncheden. 1983 wurde der Bayerische lang größter Erfolg ist die Polka ner Böhmerwäldler zahlreiche Rundfunk auf die „Böhmerwäl- „Böhmisch klingt am schönsten“, Preise. Zu ihren aktiven Mitglieder“ aufmerksam und lud sie zu die auf YouTube nahezu drei Mil- dern zählen Bernd Posselts NefArchivaufnahmen lionen Aufrufe er- fe Franziskus Posselt und Birgit ein. Damit begann reichte. Für die Ver- Unfug. Unfug eine fruchtbare Zudienste um die Pfle- ist Krankensammenarbeit. ge der Blasmusik schwester, VorDas Orchester wurde das Orche- sitzende des Öfspielt in der typister mit dem Sude- fentlichkeitausschen Egerländer tendeutschen Volks- schusses der Blasmusikbesetzung tumspreis und dem Sudetendeutvon 18 Musikern. Volksmusik-Ehrenschen BundesAußer Kurt Pascher preis der Hanns-Sei- versammlung, sind die Tubisten del-Stiftung ausge- Stellvertretende Ludwig Holzhauzeichnet. Bundesfrauenser und Franz OttDie Böhmerwald referentin und ner GründungsmitSing- und Volks- Betreuerin der Bernd Posselt glieder. Im Lauf der Franziskus Posselt und tanzgruppe Mün- HeimatlandZeit begeisterte Pa- Birgit Unfug chen entstand 1954 schaft Saazerland. scher zahlreiche junund feiert heuer 70. Die Band Mauke bot eine einge Musiker für diese besonde- Geburtstag. Sie pflegt die Kul- zigartige Kombination aus paurire Art der traditionellen Blasmu- tur ihrer Eltern und Großeltern schem Dialekt und Musik. Pausik. Er sieht sich in der Tradition mit Lied und Tanz, ihre Trach- risch ist ein ostmitteldeutscher Egerländer Musiker und Kom- ten und die Mundart. Die Grup- Dialekt, den die Deutschen in ponisten wie Ernst Mosch, Franz pe versucht aber auch, die Böh- Galonz und Umgebeung spreBummerl, Franz Pleyer, Hu- merwäldler Kultur nicht nur in chen. Viele vertriebene Gablon-

zer waren in Bayerisch-Schwaben gestrandet, wo die Vertriebenenstadt Neugablonz entstand, die heute ein Stadtteil von Kaufbeuren ist. Bei der Gründung der Band 2006 und dem ersten Konzert im Rahmen der Kaufbeurer Kulturwoche war weder den Musikern noch den Besuchern klar, welcher Stein damit ins Rollen gebracht werden sollte. Unzählige ausverkaufte Konzerte folgten und 2013 mit dem Kulturpreis der Stadt Kaufbeuren die erste Auszeichnung. Bei zwei Reisen in die Heimat wandelte Mauke mit mitgereisten Fans in Gablonz auf den Spuren des Paurischen Dialekts. 2019 erhielt die Band den Dialektpreis Bayern und 2023 der Sudetendeutschen Kulturpreis für Heimat und Volkstumspflege. Die Egerländer Familienmusik Hess spielt seit ihrer Gründung

Die Böhmerwäldler tanzen das Mühlradl.

Akrobatisch sind auch die Tänze des Prachiner Ensembles Strakonitz.


14 Beim Sudetendeutschen Schatzkästlein las die diesjährige Kulturpreisträgerin für Literatur, Wolftraud de Concini, aus ihren Büchern. Musikalisch umrahmt wurde die traditionelle Abendveranstaltung von der Kulturpreisträgerin für Darstellende Kunst und Musik: Eva Herrmann stellte am Klavier Stücke von böhmischen und jüdischen Komponisten vor. Veranstalter waren das Sudetendeutsche Kulturreferat und das Sudetendeutsche Musikinstitut in Regensburg (SMI).

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Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24 .5. 2024

� Sudetendeutsches Schatzkästlein mit zwei aktuellen Kulturpreisträgerinnen

Pilsen und Klaras Schuhe

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u einem sehr schönen Schatzkästlein kann ich Sie heute begrüßen“, kündigt Ulf Broßmann der großen Gästeschar an. „Unsere Kulturpreisträgerinnen Wolftraud de Concini und Eva Hartmann haben eine sehr ausgewogene, gut abgestimmte und interessante Zusammenstellung von Musik und Lesung geschaffen“, freut sich der SL-Bundeskulturreferent. Auch Mitveranstalter Andreas Wehrmeyer tritt aufs Podium und stellt den dritten Künstler des Abends vor: „Wolfgang Antesberger ist nicht nur Sänger, sondern auch Musikforscher“, sagt der Direktor des Sudetendeutschen Musikinstituts in Regensburg. Der Tenor habe sich unter anderem intensiv mit dem böhmischen Komponisten Wenzel Johann Tomaschek (1774– 1850) beschäftigt, dem eine weitere Veranstaltung des Sudetendeutschen Musikinstituts auf dem Sudetendeutschen Tag ge-

Eva Herrmann und Dr. Wolfgang Antesberger umrahmen die Lesung von Wolftraud de Contini. widmet sei. Und schon erklingt Eva Herrmanns Spiel auf dem Bechstein: Die neugekürte Kulturpreisträgerin für Darstellende Kunst und Musik trägt zur Einstimmung „Riesengebirglers Heimatlied“ von Vinzenz Hampel und Othmar Fiebiger vor. „Als ich zwei Jahre alt war...“, beginnt Wolftraud de Concini ihre erste Lesung aus dem autobio-

Ergreifende Musik von jüdischstämmigen Komponisten.

graphischen Buch „Böhmen hin und zurück“ (2013). Das Werk sei während ihrer Zeit als Stadtschreiberin in Pilsen (2015) entstanden, so die gerade ausgezeichnete Empfängerin des Sudetendeutschen Kulturpreises für Literatur und Publizistik. Die 1940 in Trautenau im Riesengebirge geborene Autorin berichtet weiter über die Schrecknisse nach dem Einmarsch der Deutschen in ihrer böhmischen Heimat: Der Onkel kommt ins Zuchthaus, der ältere Bruder stirbt bei Stalingrad, der jüngere Bruder wird zur Wehrmacht einberufen, und sie wird im Alter von fünf Jahren mit ihrer Familie an die polnische Grenze vertrieben. Erst Jahrzehnte später wird sie ihre Vertreibungsroute – meist wandernd – vom Kindheitsort Radowenz/Radvanice aus bis zum damaligen Grenzort nach Polen nachvollziehen. „Geblieben sind das Nichts und einige wildwachsende Apfelbäume“, schildert sie ihre „Rückkehr in ein Böhmen, das meine Heimat ist, trotz allem“, wie die erste Lesung endet. Mit der Polka „Erinnerung an Pilsen vom ursprünglich Deutsch sprechenen Komponisten Friedrich Smetana, die Herrmann auf dem BechsteinKlavier spielt, ergänzt die Pianistin die Dichterworte und leitet

Bilder: Manfred Gischler (2), Susanne Habel (2)

über zum zweiten Teil, der auch in Pilsen spielt. Weiter geht es mit de Concinis Roman „Klaras Schuhe. Die Geschichte einer böhmischen Jüdin“ (2018), der auch auf Italienisch als „Le scarpe di Klara. Storia di una ebrea boema “ erschien. Inspiriert worden sei sie zu dem Buch von einem Foto der 1904 in Pilsen geborenen Jüdin Klara Beck, die den Architekten Adolf Loos geheiratet habe. „Klara trug darauf damals modische Spangenschuhe aus grauem Ziegenleder“, sagt de Concini und liest vor von dem beschwerlichen Weg der von Soldaten deportierten Klara, der erst in das Konzentrationslager Theresienstadt und später nach Lettland führen wird, wo sie bei Riga 1942 umgebracht wird. Immer sind die feinen Schuhe ihr Begleiter, bis hin zum Tod im kalten Nordosten, als Klara mit 999 anderen erschossenen Opfern in einen eigens ausgehobenen Graben fällt. Zurück geblieben sei – da sie sich alle hätten ausziehen müssen – ein Kleiderhaufen, der auch Klaras Schuhe enthalten habe, schließt de Concini diese Lesung. Sehr passend dazu erklingen die Lieder „Berjoskele“ von Viktor Ullmann (1898–1944) sowie „Der Mensch ist vergänglich“, „Mach, daß etwas uns geschieht“

Strophen authentisch sind, wie � Offenes Singen Herbert Preisenhammer anmerkte. Zum Aufwärmen war zunächst „Auf, auf, ihr Wandersleut“ aus Nordböhmen gesungen worden. „Blüh nur, blüh, mein Sommerkorn“, „Ich wollt, wenns Kohlen schneit“ und „Schätzelein was fehlet dir“ stamm- Madarl mogst an Edlknobn“, während ten ebenso aus dem Schönhengstgau „Jetzt fahrn wir über See“ nach Nordwie „Wenn ich morgens früh aufsteh“. und Westböhmen zurückführte. Der Und noch immer kamen einzelne San- Sprung in den Böhmerwald ging zum gesfreudige in den recht düsteren Saal, „Besenbinderlied“ und dem zünftigen um mitzusingen. „I bin da Stoahaua“. Und auch das KuhWeiter nach Osten führte die Rei- ländchen bekam musikalischen Besuch se mit dem schwer mundartlichen „Sog, mit „Ai du edler Tannenbaum“ in einer

und „Zapadá siniečko“ von Hans Krása (1899–1944). Die beiden jüdischen Komponisten waren in Theresienstadt interniert und starben in Auschwitz-Birkenau. Antesberger verwandelt sich die teils jiddischen Texte mit seiner Tenorstimme hautnah an. Vera Herrmanns Klavierspiel verleiht den traurig-schönen Melodien weitere Tiefe.

„Mein Buch „Wally und das Pistazieneis“ ist bisher nur auf Italienisch als „Wally e il gelato al pistacchio“ erschienen“, führt die Autorin in ihre dritte Buchlesung ein. Sie habe Passagen daraus für die Lesung übersetzt. Über Wallys Schicksal und das Ursprungsbuch „Die Geier-Wally“ von Wilhelmine von Hillern habe Alfredo Catalani (1854– 1893) die Oper „La Wally“ komponiert, so de Concini, die Szenen liest. Der begeisterte Arturo Toskanini (1867–1957) dirigiert die Uraufführung 1892 in Mailand und nennt seine 1900 geborene Tochter ebenfalls Wally und seinen Sohn Walter wie den Bruder in der Oper. Toscanini kauft im Roman nach Geburt seiner Tochter Wally auch das titelgebende Pistazieneis. Der mährische Komponist Gustav Mahler (1860–1911), der die Oper später in Hamburg dirigiert, habe diese als beste italienische Oper angesehen, so de Concini. „Das Leben des italienischen Komponisten Catalani endete auf dem Weg in die Schweiz“, sagt de Concini zum Schluß. Catalani habe in der Grenzstadt Chiasso einen Zusammenbruch erlittten und sei kurz darauf an Tuberkulose gestorben. Dazu spielt Eva Herrmann am Klavier aus „La Wally“ den Beginn der Arie „Ebben ne andròi lontana“. Auf deutsch heißt sie „Nun denn, so werd ich in die Ferne ziehen“. Damit paßt die Musik wieder zum Leben der Dichterin Wolftraud de Concini. Susanne Habel

Dr. Andreas Wehrmeyer mit Bundeskulturreferent Professor Ulf Broßmann.

Fassung von Walther Hensel alias Julius Janiczek, einer der Anführer der Jugendmusikbewegung, der 1887 in Mährisch Trübau zur Welt kam. Von Hensel stammte auch „Eichhorn und Eichhörnin“. Im Thayaland war „Es blaset ein Jäger“ entstanden, das sich gut mit dem folgenden „Ich bin ein lustiger Jägersknecht“ aus Nordböhmen vergleichen ließ. Das Egerland war mit dem kecken „Es flieget ein Tauber“ gut vertreten. In der letzten Strophe heißt es: „Laß singen die Vögelein, laß sie singen! / Kein Teufel soll mich von der Taube bringen!“

„Dej mit de blauen Bandla“ aus der Iglauer Sprachinsel und „Zu Partschendorf“ aus dem Kuhländchen rundeten die Liederreise ab. Den Schluß bildeten „Es freit ein wilder Wassermann“ aus Joachimsthal und „Af d‘ Wulda“ nach dem Satz von Fritz Stolle. Jetzt hatten alle Durst, der in der Aktionshalle sogleich gestillt wurde. Susanne Habel

Andreas Schmalcz von der Sudetendeutschen Heimatpflege begrüßt Herbert Preisenhammer. Der Singleiter bringt mit Liederblättern und seiner Gitarre den ganzen Saal zum Singen.

Bilder: Susanne Habel (2),Manfred Gischler (1)

Unter dem Motto „Liederreise durchs Sudetenland“ hat auf dem Sudetendeutschen Tag am Pfingstsamstag auf dem Augsburger Messegelände das Offene Volksliedsingen stattgefunden. Die beliebte Veranstaltung wurde von der Walther-Hensel-Gesellschaft und der Sudetendeutschen Heimatpflege veranstaltet und organisiert. Die Leitung hatte Herbert Preisenhammer.

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as Offene Volksliedersingen bot tatsächlich eine wahre Lieder-Reise durch die Heimat. Gleich zu Anfang erklang „Und in dem Schneegebirge“ aus Schlesien, von dem wohl nur die ersten

Liederreise

Sommersingwoche der WaltherHensel-Gesellschaft: Sonntag, 28. Juli bis Sonntag, 4. August auf dem Heiligenhof in Bad Kissingen. Informationen: Telefon (0 71 95) 26 31, eMail post@ walther-hensel-gesellschaft.de


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24. 5. 2024

Die Mundartlesungen am Pfingstsonntag hatten Christina Meinusch, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, und der Freundeskreis Sudetendeutscher Mundarten veranstaltet. Im Rahmen der Lesungen zeichnete SL-Bundeskulturreferent Ulf Broßmann den Mundartsprecher Friedrich „Fritz“ Höpp aus dem Kuhländchen für sein Lebenswerk mit der AdalbertStifter-Medaille aus.

� Mundartlesungen am Pfingstsonntag am Sudetendeutschen Tag

Lebendige Dialekte

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ritz Höpp wurde 1934 in Stiebnig im Kreis Wagstadt geboren“, erzählte Ulf Broßmann. Der SL-Bundeskulturreferent schilderte in seiner Laudatio die Verdienste Höpps um Mundart und Pflege des heimatlichen Kulturerbes einschließlich des Kuhländler Tanzes, das mittlerweile zum immaterielle Kulturerbe Bayerns gekürt worden sei. Der vollkommen überraschte Kuhländler freute sich über die Medaille, aber auch über

Friedrich („Fritz“) Höpp erhält von SL-Bundeskulturreferent Professor Ulf Broßmann die Adalbert-Stifter-Medaille. Rechts: Alois Kuschel aus dem Böhmerwald als Moderator mit Rosina Reim, die Texte aus der Wischauer Sprachinsel vorträgt, und der ehemaligen Heimatpflegerin Dr. Zuzana Finger. Bilder: Susanne Habel

Günter Fiedler und Margit Bartošová aus dem Riesengebirge.

das egerländische Glückwunschständchen von Moderatorin Ingrid Deistler und Michael Käsbauer. Außer Fritz Höpp lasen 14 Mundartsprecher. Teils eigene, teils von anderen verfaßte Texte erklangen, mal in Prosa, oft auch in Gedichten. Einen

Heimatpflegerin Christina Meinusch begrüßt.

anderen Ansatz verfolgen „Wissenschaftler“ wie Thomas Englberger aus Triebendorf. Er beschrieb zunächst die Diph­ thongierung in der Schönhengster Mundart, bot jedoch auch Poesie. Gedichte ins Hochdeutsch zu übersetzen, sei schwierig, sagten

15 viele, da sie sich oft nicht mehr reimten. Einhellig meinte man auch, daß heimatverbliebene Landsleute die reinste Mundart sprächen. Ein Beispiel bot Margit Bartošová aus dem Riesengebirge. Sie sprach über Brauchtum im Jahreslauf in Paurisch, dem Dialekt im Gablonzer Raum. Der mit der Stifter-Medaille geehrte Fritz Höpp erzählte in Kuhländler Mundart vom heimischen Garten, in dem es „Äppelund Birnbaam“, viele „Bliaml“ sowie Beeren und Gemüse gegeben habe. Aus der Wischauer Sprachinsel trat Rosina Reim in prächtiger Tracht mit Texten über Heimat, Brauchtum, Wallfahrten und Märchen auf, Themen vieler Mundartsprecher. Zu diesen zählten in Augsburg Gustav Reinert aus Gablonz, Komoderator Rudolf Klieber aus Luditz, Richard Šulko aus Netschetin, Inge Efferová aus dem Riesengebirge) und Leo Schön aus Braunau. Susanne Habel

Rudolf Köhler aus Reichenberg und Franz Puritscher aus dem Böhmerwald.

Bernhard Geier aus dem Altvaterland, Thomas Englberger aus dem Schönhengstgau, Michael Käsbauer mit Ingrid Deistler aus dem Egerland beim Ständchen für Fritz Höpp, der Kuhländler Erhard Peter und der Iglauer Harry Höfer. Der Adalbert-Stifter-Verein (ASV) stellte auf dem Sudetendeutschen Tag einen neuen Dokumentarfilm vor. Der Film von Rainer Brumme und Wolfgang Spielvogel wird vor allem von Schülern getragen und richtet sich an junge Deutsche und Tschechen. ASV-Kulturreferent Wolfgang Schwarz war erkrankt, und so stellten seine Kollegin Anna Knechtel und die ASV-Geschäftsführerin Zuzana Jürgens das Projekt um den Film „Wagen nach Wien” vor.

� Veranstaltung des Kulturreferenten für die Böhmischen Länder im ASV

Neuer Dokumentarfilm

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er zweite Film aus der Reihe ,Über unsere Schwellen hinaus‘ von Rainer Brumme und Wolfgang Spielvogel begleitet ein deutsch-tschechisches Schulprojekt über das Thema Flucht und Vertreibung“, erläuterte Anna Knechtel. Es solle anhand von zwei Schulklassen untersuchen, wie junge Tschechen und Deutsche über ihre gemeinsame Geschichte dächten. Der erste Teil des Projektes habe sich mit der Rezeption eines Romans aus der Nachkriegszeit befaßt. Der bereits fertige erste Teil, „Nástup – Erste Schritte“, hatte bei den Schülern die Lektüre des Romans „Die ersten Schritte“ („Nástup“) von Václav Řezáč aus dem Jahr 1951 vorausgesetzt, in dem aus der damaligen Sicht die Vertreibung der Deutschen gerechtfertigt schien, was von den Schülern durchaus kontrovers diskutiert wurde. Der Film war in den ersten Vorführungen überall sehr positiv aufgenommen worden“, hatte Kulturreferent Wolfgang Schwarz geschrieben. „Er wurde letztes Jahr auf dem Sudetendeutschen Tag in Regensburg, ferner in Frankfurt, in Hanau, beim Festival Meeting Brno in Brünn, im österreichischen Freistadt beim Festival „Der neue Heimatfilm“ und in Kaplitz/

Anna Knechtel spricht über den Film. Dr. Zuzana Jürgens kämpft mit den Tücken der Technik. Lehrer Pavel Novák war unmittelbar involviert. Markus Harzer, der deutsche Lehrer in Hanau, im Film. Bilder: Susanne Habel Kaplice gezeigt. Überall wurde sofort nach einer Fortsetzung gefragt.“ In Teil 2 des Filmes, „Wagen nach Wien”, ging es nun weiter: Als Einstieg in den zweiten Teil des Dokumentarfilms hatte man die Novelle „Wagen nach Wien“ von Jan Procházka gewählt. Sie

steht beispielhaft für die zaghaften Versuche in der Zeit vor dem Prager Frühling, die Mauern des Schwarz-Weiß-Denkens – voller Respektlosigkeit und Haß – einzureißen. Auch diese Novelle führt den Leser und unsere Schüler wieder in die Zeit des Zusammenbruchs der deutschen

Weltherrschaftsträume, zeigt die Deutschen jedoch nicht nur als Täter, sondern auch als Opfer. Die Novelle schildert Vorgänge zu Kriegsende. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs erhängen Deutsche in der Tschechoslowakei einen Bauern als angeblichen Plünderer. Seine junge

Szenen aus dem Dokumentarfilm, der bei den tschechischen Schülern auch deutsch untertitelt ist.

Frau will sich dafür an zwei versprengten Landsern rächen, die sie mit ihrem Pferdewagen in deren österreichische Heimat fahren soll. Sie bringt es jedoch nicht fertig, die Deutschen zu töten. Einer der beiden Soldaten wird verwundet und stirbt während der Fahrt. Tschechische Partisanen

erschießen den zweiten, mißhandeln die Frau und vergewaltigen sie als vermeintliche Nazi-Hure. Diese Novelle war 1966 – in der tschechischen „Tauwetter“Zeit – schon packend von Procházka und Karel Kachyna (Regie) verfilmt worden. Der entstandene Film (derzeit bei Amazon Prime mit Werbung kostenlos zu sehen) brach damals Klischees von Recht und Unrecht auf und war eine aufrüttelnde Mahnung zur Menschlichkeit. Wegen der ungewohnt kritischen Darstellung der Partisanen und der sympathischen Zeichnung eines deutschen Soldaten löste er in der ČSSR heftige Diskussionen aus. 1966 erhielt er in Karlsbad einen Hauptpreis des Festivals, aber nach der sowjetischen Invasion 1968 wurde er verboten. In dem neuen Dokumentarfilm wird nun mit Schülern der Karl-Rehbein-Schule in Hanau und der American Academy Brno in Brünn sowie deren Lehrern Markus Harzer und Pavel Novák sowie Zeitzeugen und Wissenschaftlern aus beiden Ländern das Bild der jeweils anderen untersucht und dargestellt. Der Brünner Lehrer Pavel Novák war eigens aus Wischau zur Vorführung angereist und konnte Auskunft geben. Gezeigt werden sollte, wie Jugendliche heute an das Thema Vertreibung herangehen und es aufarbeiten. Etliche Ambivalenzen kamen auch im neuen Dokumentarfilm in den Äußerungen der engagierten Schüler und der Zeitzeugen zum Ausdruck. Die Filmvorführung in Augsburg litt unter technischen Widrigkeiten, war jedoch spannend. Zu hoffen ist, daß es weitere Aufführungen von „Über unsere Schwellen hinaus Teil II: Wagen nach Wien“, geben wird möglichst auch oft an Schulen. Susanne Habel


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Podiumsdiskussion der Ackermann-Gemeinde über ein kompliziertes Thema

Der Umgang mit der eigenen Schuld Eine zentrale Botschaft aus dem „Vater unser“ war der Titel der Podiumsveranstaltung der Akkermann-Gemeinde beim Sudetendeutschen Tag „… und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“. Im Untertitel die nähere Erläuterung: „Der Umgang mit der eigenen Schuld als Grundlage für einen Dialog aus christlichem Ursprung“. Moderiert von Christoph Lippert bezogen dazu Dr. Günter Reichert, Dr. Peter Becher, Dr. Otfried Pustejovsky und Dr. Richard Neugebauer Stellung.

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inleitend stellte Moderator Lippert die Verbindung zur Marienbader Erklärung 2008 des Sudetendeutschen Rates her, die unter anderem Johann Böhm, Gerhard Pieschl und Wolf-Dieter Hamperl unterschrieben hatten. „Die SL-Führung hat das damals eher kritisch gesehen“, merkte Lippert an und kam damit zur eigentlichen Frage der Veranstaltung: Was ist mit der sudetendeutschen Schuld? Ist da noch etwas nachzuholen, aufzuarbeiten? Als Beispiel aus der jüngsten Zeit zitierte der Moderator eine Passage der tschechischen Seite aus der deutsch-tschechischen Erklärung von 1997, wo vor allem die Exzesse bei der Vertreibung angesprochen wurden. Und Lippert verwies auf den Auftritt des Volksgruppensprechers Bernd Posselt am 25. März 2002 im tschechischen Rundfunk, wo dieser um Verzeihung für Verbrechen von Sudetendeutschen an Tschechen bat. Darüber hinaus rief Lippert tschechische Initiativen „auf unterer Ebene“ zur Auf-

deckung tschechischer Vertreibungsverbrechen in Erinnerung oder auch das im Jahr 2016 erschienene Buch von Jiří Padevět „Blutiger Sommer 1945“. Vor dem Hintergrund dieser Beispiele fragte Lippert die Podiumsteilnehmer: „Was ist noch offen auf sudetendeutscher Seite?“ Rückblickend auf seine schon im Jahr 1998 beim Sudetendeutschen Rat gehaltene Rede zu diesem Thema meinte Peter Becher, daß er zwar damals „sehr stark angegangen“ worden sei, sich seither aber auch vieles verändert, ja einiges getan habe. Neben dem erwähnten TVAuftritt Bernd Posselts, dessen Inhalt dieser auf dem Sudetendeutschen Tag wiederholte, verwies der Vorsitzende des Adalbert Stifter Vereins auf die Ackermann-Gemeinde und deren auf Versöhnung angelegte Aktionen. Vielfach und lange Zeit sei bei Sudetendeutschen das Narrativ verbreitet gewesen, daß das Leid erst mit der Vertreibung im Jahr 1945 seinen Anfang genommen habe. „Auch eine Aufarbeitung der Zeit zwischen 1938 und 1945 ist nötig. Im sudetendeutschen Bereich ist für diesen Zeitraum noch einiges zu tun“, mahnte Becher an. So etwa spezifische Untersuchungen der Geschichte einzelner Orte mit dem Themen Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Todesmärsche oder das Nachdenken über die Frage, ob das Jahr 1938 mit den einschneidenden Ereignissen eine Befreiung oder aber eine Gleichschaltung war. „Wer ist ausgegrenzt oder verfolgt worden“, fragte Becher mit Blick etwa auf sudetendeutsche

Sozialdemokraten und die Entscheidung zum Exil bei NS-Gegnern, wie beispielsweise Wenzel Jaksch. Zu diesen Fragen fehle noch etwas an Aufarbeitung. Dazu regte Becher die Gründung eines Arbeitskreises quer durch alle sudetendeutschen Institutionen an. Auf die Grundsatzerklärung der Sudetendeutschen Landsmannschaft von 2015, an deren Erarbeitung er federführend mitbeteiligt war, wies Günter Reichert, in vielen Funktionen für die Sudetendeutschen tätig, hin. Aber bereits im Jahr 1963 habe es seitens des damaligen Volksgruppensprechers Hans-Christoph Seebohm eine „Bitte um Verzeihung an das tschechische Volk“ gegeben – konkret beim damaligen Sudetendeutschen Tag in Stuttgart. Spätere Sprecher hätten Seebohns Passage dann bei unterschiedlichen Anlässen wiederholt oder sich darauf berufen. Zur deutsch-tschechischen Erklärung meinte Reichert: „Es wird zwar bedauert, was geschah; aber nicht gesagt, wer die Verantwortung trägt. Die deutsche Seite hat deutlich die Verantwortung für die Vergehen zwischen 1938 und 1945 übernommen, aber nicht die tschechische Seite für die Vorkommnisse 1945/46“, machte Reichert deutlich. Er sprach eine Empfehlung aus: „Jeder hat die Pflicht, seine eigene Schuld aufzuarbeiten.“ Wege dahin können gemeinsame Projekte sein – wie zum Beispiel Arbeiten zur Pflege von Friedhöfen. Die Orts- und Heimatgliederungen seien hier bereits sehr aktiv. Auf unterer, kommunaler Ebene würden so die je-

Die Teilnehmer an der Podiumsdiskussion (von links): Dr. Günter Reichert, Dr. Richard Neugebauer, Moderator Christoph Lippert, Dr. Peter Becher und Dr. Otfried Pustejovsky. Foto: Markus Bauer weiligen Verantwortlichkeiten angesprochen, es geschehe eine Aufarbeitung im Kleinen. Im Gegensatz zu Tschechien würden, so Reichert, in Deutschland an diesem Thema interessierte Professoren fehlen. „Eigentlich wäre es eine Aufgabe des Collegium Carolinum. An den Universitäten werden die Osteuropa-Institute eingestampft. Solche Themen sind keine Sachen, mit denen man Karriere machen kann“, führte der Reichert aus. Er schlug vor, den Blick auf die Zusammenhänge jeder einzelnen Person zu werfen und die Urheber der Verbrechen auf beiden Seiten anzuklagen. Einige Personen aus dem katholischen sudetendeutschen Widerstand gegen das NS-Regime, wie Josef Tippelt und Sr. Epiphania Pritzl, nannte Dr. Otfried Pustejovsky, Historiker und früherer Vorsitzender der Ackermann-Gemeinde im Erzbistum München-Freising, zu Beginn seines Vortrags. „Ich vermisse bis heute eine Feierstunde der Sudetendeutschen für diejenigen Personen, die durch die Nationalsozialisten eingesperrt, verschleppt und getötet wurden“, forderte er. Kurz skizzierte er exemplarisch die Ereignisse nach dem Münchener Abkommen im Su-

detenland und nannte für Ende 1938 bereits rund 2500 ins KZ Dachau deportierte Sudetendeutsche, die zum Teil von eigenen Landsleuten denunziert worden seien. Dazu sei die Aufarbeitung lückenhaft, zumal das der „Beginn der inneren Entfremdung der Sudetendeutschen untereinander“ gewesen sei. Die Aufarbeitung müsse innerhalb der Sudetendeutschen stattfinden. Dagegen seien, viele Themen aus diesem Spektrum, so der Historiker, an tschechischen Universitäten bearbeitet worden. Schließlich machte er anhand der Gründung der Ackermann-Gemeinde im Jahr 1946, der Eichstätter Erklärung 1949 und der Charta der Vertriebenen 1950 deutlich, daß der den Vertriebenen oftmals unterstellte Revanchismus nicht zutreffe. Denn der in den Dokumenten erwähnte Begriff „Verzicht“ hänge ja mit „verzeihen“ zusammen – einem grundlegenden Aspekt für Versöhnung und Verständigung. Erst in den letzten zehn Jahren sei der Historikerstreit mitsamt seinen Auswirkungen überwunden und eine wieder nüchterne Faktenbearbeitung möglich geworden. Detailliertere Aufarbeitungen hinsichtlich einzelner Sudetendeutscher Biographien fehlten jedoch bislang.

Für Pustejovsky ist das auch ein „gesamtdeutsches Wissenschafts- und Politikproblem“. Richard Neugebauer, Präsidiumsmitglied der Landesversammlung der Deutschen Veereine in der Tschechischen Republik und Geschäftsführer der Bohemia Troppau, zollte der tschechischen Wissenschaft Anerkennung für ihre Forschungen und beschrieb die Gefühlslage der deutschen Minderheit: „Ich habe nie eine Situation gehabt, wo ich mich entschuldigen mußte. Wir wurden täglich mit unserer Schuld konfrontiert.“ Die Eliten seien größtenteils weg, also vertrieben worden oder geflüchtet. Geblieben seien „meist die einfachen Leute“, die sehr zerstreut lebten. Auch Neugebauer wünscht eine zügige Aufarbeitung der Geschichte beziehungsweise einzelner Ereignisse, zumal die Erlebnisgeneration weniger werde. Neugebauer: „Die Reflexion der Schuld der Vorfahren ist wichtig. Aber ich spüre keinen Bedarf bei der tschechischen Bevölkerung, daß man ein Schuldbekenntnis hören will. Die tschechische Mehrheit hat sich mit der Geschichte abgefunden. Wichtig ist es, das deutsche Erbe zu bewahren.“ Markus Bauer

„Was wird aus unserem Miteinander in Europa?“ – Podiumsdiskussion der Seliger-Gemeinde

„Kein Frieden und keine Freiheit ohne Demokratie“ Die Seliger-Gemeinde fragte in ihrer Veranstaltung vom Samstagnachmittag „Was wird aus unserem Miteinander in Europa?“

Veronika Kupková präsentierte ihren preisgekrönten Dokumentarfilm. Foto: Markus Bauer

Dokumentarfilm

Generation N: Deutschböhme Der von Veronika Kupková konzipierte Dokumentarfilm „Generation N: Deutschböhme“ (2016) stand in einer gemeinsamen Veranstaltung von Ackermann-Gemeinde und Antikomplex im Mittelpunkt.

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eronika Kupková dokumentiert in ihrem mit dem deutsch-tschechischen Journalistenpreis ausgezeichneten Film zwei in der damaligen Tschechoslowakei verbliebene Deutsche und zwei Vertriebene als Angehörige der „Generation N“. Die aus dem Land Vertriebenen hätten „alles verloren“, so Kupková, aber auch die Situation der Verbliebenen sei nicht einfach gewesen: „Sie wurden zu Menschen zweiter Klasse“. Der Film, vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds und vom Landkreis Mittelsachsen gefördert, ist frei zugänglich und kann im Schulunterricht und in der Bildungsarbeit gezeigt werden. Markus Bauer

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azu begrüßte Christa Naaß, die Ko-Vorsitzende der Seliger-Gemeinde, die Ko-Vorsitzende der Bayern-SPD, Ronja Endres, das Mitglied des EU-Parlaments für die österreichischen Sozialdemokraten, Hannes Heide, den Karls-Preisträger des vergangenen Jahres und Kandidaten und Wahlkämpfer für die tschechische Socdem, Libor Rouček, und den stellvertretenden Landesvorsitzenden der Europa-Union in Bayern, Reinhard Schaupp. Doch am Anfang stand ein Grußwort der Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, MdB Natalie Pawlik, die sich dann auch die Zeit nahm, der ganzen Diskussion beizuwohnen. Pawlik thematisierte die beängstigende Entwicklung in Europa: „Wir haben einen zunehmenden Populismus und extreme Radikalisierungen in verschiedenen Ländern. Aber auch bei uns ist festzustellen, daß es Angriffe auf Ehrenamtler und gewählte Vertreter gibt, wie auf unseren sächsischen EU-Abgeordneten Matthias Ecke.“ Sie habe in ihrer Arbeit es noch mit vielen Vertriebenen der Erlebnisgeneration zu tun, darunter sei auch eine Seniorenbeirätin aus ihrem Wahlkreis in der Wetterau. Diese Frau stamme aus Schlesien und habe über Jahrzehnte den Weg zu ihrem

Auf dem Podium (von links): Dr. Reinhard Schaupp, Christa Naaß, MdEP Hannes Heide, ,Ronja Endres und Karls-Preisträger Libor Rouček. Foto: Ulrich Miksch Heimatort im heutigen Polen gesucht und Fahrten der Verständigung aus der Wetterau in ihre Heimat organisiert. Wie diese Schlesierin würden sich viele Menschen für Demokratie und ein friedliches Zusammenleben in Europa engagieren. Diese jahrzehntelange Arbeit der Verständigung und Versöhnung dürfe nicht umsonst gewesen sein. Pawlik sagte, sie hoffe deshalb „auf eine starke Stimme der noch immer demokratischen Mehrheit in unserem Land bei der kommenden Europawahl“. Ronja Endres, ganz im Wahlkampf stehend, beklagte die pessimistische Stimmung bei der Jugend in Deutschland, der sie aber einen Optimismus entgegenstellen will, der auf den Erfahrungen der Sozialdemokraten aufbaut. „Ja, da sind große Herausforderungen. Ja, wir haben den Klimawandel. Ja, es ist auch nicht mehr sicher, wer denn unsere internationalen Partner sind. Ja, da ist ein Krieg. Aber wir wissen, wenn

wir in unserem reichen Land als Generation uns zusammenreißen, dann haben wir in Europa eine gute Zukunft.“ Hannes Heide, dessen Vater aus Langenau bei Haida stammt und dort Bleikristallschleifer war, war zwischen 2007 und 2019 Bürgermeister von Bad Ischl, der neuen europäischen Kulturhauptstadt, deren Bewerbung er initiierte und deren Aufsichtsrat er vorsteht. Heide antwortete auf die Frage, wie man die Europäische Union den Menschen näherbringen könne. Und er beschrieb das Dilemma, daß gerade in Österreich die niedrigsten Zustimmungswerte zur EU in allen Mitgliedsstaaten von nur 42 Prozent zu verzeichnen seien, obwohl ganz viel Unzufriedenheit mit Europa auf Unkenntnis zurückzuführen sei. Er frage immer, wer sei der einflußreichste Europapolitiker aus Österreich sei. Vielen fielen dann der österreichische EUAbgeordnete und Erster Vizeprä-

sident des EU-Parlaments Otmar Karras ein. Daß es aber der Bundeskanzler Nehammer sei, verblüffe dann viele. Auch die Strukturförderung werde nicht von Brüsseler Bürokraten vergeben, sondern von den Mitgliedsstaaten, und die Bundesländer entschieden ebenso nach Vorgaben der EU. Auch die Geschichte mit den Nettozahlern, die Österreich und Deutschland seien, sei nicht ganz korrekt, denn vieles käme zurück. Der Brexit, der Großbritannien 12 Milliarden Euro sparen sollte, stellt sich als RiesenEigentor heraus. Die Briten verloren das 12- bis 14-fache. Wie könne man die EU also spürbar machen? Als Sozialdemokraten wisse man: „Kein Frieden und keine Freiheit ohne Demokratie.“ Libor Rouček antwortete auf die Frage, was ihn zur Politik gebracht und was habe ihn für Europa eingenommen habe. Er besuchte 1968 Österreich, erlebte als 16jähriger die Unterschiede, dann nach seiner Flucht in den Westen, reiste er 1979 nach Amerika und wunderte sich, warum dort alles besser war. Er schloß aus diesem Erlebnis, Europa ginge es schlecht, weil es eben diese beiden Kriege erlebt hatte. Seitdem habe er sich für die Zusammenarbeit und die Versöhnung in Europa engagiert. „Für mich als Tscheche war das Wichtigste, sich mit den Deutschen und den Sudetendeutschen zu versöhnen“, so Rouček. Die höchste Anerkennung, die er erfahren habe, war die Tatsache, daß Bundespräsident Stein-

meier vor zwei Wochen nach Prag reiste und in seiner Rede auf der Prager Burg nur einen Namen erwähnte, nämlich seinen Namen. Und er zitierte aus seiner Doktorarbeit, die er vor 40 Jahren in Wien geschrieben hatte zu den deutsch-tschechischen Beziehungen. Er sei immer ein Optimist gewesen. Er habe immer daran geglaubt, daß der Kommunismus zu einem Ende komme und es dann wichtig sei, „daß wir Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat in Europa aufbauen“. Reinhard Schaupp, der die Europa-Union in Bayern vertritt und dessen Landesverband mit 3800 Mitgliedern der größte deutsche Landesverband ist, antwortete auf die Frage von Christa Naaß, welche Aktionen die Europa-Union starte, um ihrem Ziel, die wehrhafte Demokratie zu verteidigen, gerecht zu werden. „Demokratien können sterben, aber sie sterben an der Mutlosigkeit von Demokratinnen und Demokraten.“ Das Wichtigste sei deshalb, die Zivilgesellschaft zu stärken. „Wir riefen beispielsweise im Februar in Hammelburg zu einer Demonstration unter dem Motto ,Nie wieder Faschismus‘ auf. 800 Menschen kamen. Wir holen keine Parteipolitiker auf die Podien, sondern Vertreter der Zivilgesellschaft, vor allem Vereine. Und wir versuchen mit Anhängern extremer Ausrichtung im Gespräch zu bleiben, auch wenn man natürlich Leute in einem Radikalisierungstunnel nicht mehr erreichen kann.“ Da brauche man auch eine Brandmauer. Ulrich Miksch


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Natalie Pawlik, Beauftragte der Bundesregierung, und Christa Naaß, Präsidentin der SL-Bundesversammlung.

MdL Carolina Trautner, ehemalige Schirmherrschaftsministerin, mit Landesobmann Steffen Hörtler.

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Ein Selfie mit der Schirmherrschaftsministerin: Karls-Preisträger Libor Rouček mit Ulrike Scharf, Staatsministerin und weitere stellvertretende Ministerpräsidentin des Freistaates Bayern. Fotos: Torsten Fricke

Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft beim 74. Sudetendeutschen Tag in Augsburg

Auszug aus der Gästeliste Kirche: Bischof Dr. Bertram Meier, Monsignore Dieter Olbrich (Präses der Sudetendeutschen Katholiken), Monsignore Karl Wuchterl, Monsignore Adolf Pintíř, Pfarrer Holger Kruschina, Militärdekan Siegfried Weber, evangelische Pfarrerin Erna Meiser und Erzpriester Apostolos Malamoussis. Politik: Ministerpräsident Markus Söder, Staatsminister Hubert Aiwanger (stellvertretender Ministerpräsident), Staatsministerin Ulrike Scharf (Schirmherrschaftsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin), Dr. Petra Loibl (Beauftragte für Vertriebene und Aussiedler), Dr. Ludwig Spaenle (Beauftragter für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe). MdB Natalie Pawlik (Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten). MdEP Hannes Heide, MdB Stephan Mayer, MdB Dr. Volker Ullrich, Markus Rinderspacher (Vizepräsident des Bayerischen Landtags), die Landtagsabgeordneten Carolina Trautner, Josef Zellmeier, Volkmar Halbleib, Jürgen Mistol, Andreas Jäckel, Sebastian Friesinger, Bernhard Pohl, Johann Groß und Anton Rittel. Konrad Epple und Raimund Haser (MdL Baden-Württemberg), Oberbürgermeisterin Eva Weber (Augsburg), Bürgermeister Bernd Kränzle (Augsburg). Oberbürgermeister Stefan Bosse (Kaufbeuren), Bürgermeister Robert Pötzsch (Waldkraiburg), Bürgermeister Toni Dutz (Wiesau), Bürgermeister Norbert Stumpf (Bubenreuth), Bezirkstagspräsident Peter Daniel Forster (Mittelfranken). Tschechien: Botschafter Tomáš Kafka, Arnošt Marks (früherer Vizewissenschaftsminister der Tschechischen Republik), Tomáš Po-

Ministerpräsident Markus Söder, Volksgruppensprecher Bernd Posselt und Prof. Ihor Zhaloba, Präsident der Paneuropa-Union Ukraine.

Generalkonsulin Dr. Anna Červenková mit den ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretären Hartmut Koschyk (links) und MdB Stephan Mayer.

Hubert Aiwanger, stellvertretender Ministerpräsident des Freistaates Bayern sowie Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, im Kreise der Wischauer. divínský (ehemaliger Botschafter der Tschechischen Republik in Deutschland), Abgeordnete Šimon Heller und Jan Kuchař, Karls-Preisträger Milan Horáček und Dr. Libor Rouček, Pavel Hořava (Generalsekretär der KDU-ČSL), Generalkonsulin Dr. Anna Červenková und die Konsuln Lukáš Opartný und Petr Janoušek, David Macek und Veronika Smyslová von „Meeting Brno“, Anna Šabatová (frühere Ombudsfrau für Menschenrechte und Witwe des Karls-Preisträgers Petr Uhl), Petr Koura (Direktor des „Collegium Bohemicum“ in Aussig), Tomáš Kraus (Direktor der „Theresienstädter Initiative“), die ehemaligen Parlamentsabgeordneten Daniel Korte und Pavel Svoboda, Petra Laurin

(Landesversammlung), Radek Novák und Irena Novak (Kulturverband). Sudetendeutsche Landsmannschaft und Partner-Organisationen Bernd Posselt (Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe), Steffen Hörtler und Klaus Hoffmann (stellvertretende SLBundesvorsitzende), Christa Naaß (Präsidentin der Sudetendeutschen Bundesversammlung), Dr. Ortfried Kotzian (Vorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung), Dr. Stefan Planker (Sudetendeutsches Museum), Hans Knapek (Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk), Bundeskulturreferent Prof. Dr. Ulf Broßmann, Franz Longin (Vorsitzender des Sudetendeutschen

Die große Pfingst-Koalition für die Sudetendeutsche Volksgruppe: die Landtagsabgeordneten Jürgen Mistol (Die Grünen), Berhard Pohl (Freie Wähler), Volkmar Halbleib (SPD) und Josef Zellmeier (CSU).

Heimatrates), Frauenbeauftragte Gerda Ott, Mario Hierhager (Sudetendeutsche Jugend), Prof. Dr. Andreas Otto Weber (Haus des Deutschen Ostens); Martin Kastler (Leiter der Bayerischen Repräsentanz in Prag), Brunhilde Reitmeier-Zwick (Vorsitzende der Karpatendeutschen Landsmannschaft), Peter Barton (Leiter des Sudetendeutschen Büros in Prag), Dr. Rüdiger Stix (Sudetendeutsche Landsmannschaft Österreich), Dr. Zuzana Jürgens (Adalbert Stifter Verein), Helena Päßler (Seliger-Gemeinde), Christoph Lippert (AckermannGemeinde), Prof. Dr. Günter Josef Krejs (Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste), Reinfried Vogler (Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen), Hartmut Koschyk (Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland), Johannes Kijas (Paneuropa Union Deutschland), Prof. Ihor Zhaloba (Paneuropa-Union Ukraine), Dr. Dirk Hermann Voß (Europa- und Verfassungsrechtler). Ministerien: Botschafter Andreas Künne, Ministerialrat Dr. Wolfgang Freytag, Nina Hieronymus (Leitung der politischen Planung) und Alexander Landsperger vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, Mirko Anton (Bundesministerium des Innern und für Heimat). Wirtschaft: Werner Brombach (Inhaber der Privatbrauerei Erdinger Weißbräu), Luis-Andreas Hart (Ziegel- und Tonwerk Schirnding).

Aufmerksam verfolgt die Beauftragte Dr. Petra Loibl die Festreden.

Karls-Preisträger Milan und Dr. Zuzana Jürgens.

Horáček

Die Unternehmer Werner Brombach (links) und Luis-Andreas Hart (rechts) mit Tschechiens Botschafter Tomáš Kafka.

Radek Novák und Irena Novak vom Kulturverband mit Dr. Stefan Planker und Dr. Raimund Paleczek.


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AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

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ie deutsche Schriftstellerin Herma Kennel wurde am 20. Juni 1944 in Finsterbrunnertal bei Pirmasens geboren. Ihr Tatsachenroman „BergersDorf“ über den Massenmord an Sudetendeutschen, zu dem es am 19. Mai 1945 in einer Gemeinde nicht weit von der böhmisch-mährischen Grenze gekommen war, ist 2011 in tschechischer Übersetzung erschienen, unter der damals regen Aufmerksamkeit sowohl der tschechischen Presse als auch der Politik. Dank des Engagements des tschechischen Historikers Miroslav Mareš wurde an der Stelle des Verbrechens ein Holzkreuz errichtet. Herma Kennel besuchte das Prager Sudetendeutsche Büro, um mit dessen Leiter Peter Barton über ihre weitere Tä-

PRAGER SPITZEN

tigkeit zu sprechen. Die beiden diskutierten über die Verständigungsarbeit zwischen Sudetendeutschen und Tschechen und wie sie sich in Zukunft noch besser gestalten ließe. Kennel ist eine aufmerksame Zuhörerin und bewies mit ihrem Besuch des Prager Büros der Sudetendeutschen Landsmannschaft, daß ihr Interesse für dieses Thema nicht erloschen ist. Barton hob den Verdienst dieser Kulturschaffenden hervor, deren Arbeit die dunkle Seite der deutschtschechischen Beziehungen aufzeigt, damit sie nicht in Vergessenheit geraten.

Präsident Pavel mahnt zum Euro

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Kurz nach der Festnahme wurde die Facebook-Seite von Unbekannten gelöscht

Anschlag auf Robert Fico: Zweifel an Einzeltätertheorie Der Attentäter, der am vergangenen Mittwoch vor dem Kulturzentrum in Krickerhau (Handlová) vier Mal auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico geschossen und ihn dabei lebensgefährlich verletzt hat, ist möglicherweise doch kein Einzeltäter.

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s gebe Hinweise, wonach das Attentat „in einem größeren Kreis besprochen“ worden sei, hat Verteidigungsminister Robert Kalinák erklärt, ohne weitere Details zu nennen. Sein Kabinettskollege, Innenminister Matúš Šutaj-Eštok, sagte am Sonntag vor Journalisten in Preßburg: „Wir haben ein Ermittlerteam zusammengestellt, das auch mit der Version arbeiten wird, daß es sich nicht um einen einsamen Wolf handelte.“ Ein Indiz sei, daß der vollständige Inhaltsverlauf der Facebook-Seite des Täters zwei Stunden nach seiner Festnahme gelöscht worden sei, obwohl der Mann festgenommen war und selbst keinen Internetzugang hatte. Bei dem Attentäter handelt es

Samstag, 25. Mai, 11.30 Uhr, BdV-Landesverband Hessen: Kulturfest „Unsere Heimat Hessen“. 13.30 Uhr: Festrede Ministerpräsident Boris Rhein. 14.00 Uhr: Trachtenschau unter anderem mit dem Egerländer Volkstanzkreis. Stadthalle, Kasseler Straße, Fritzlar. Montag, 27. Mai, 18.00 Uhr, Gerhart-Hauptmann-Haus: „Mein Europa und ich. Gesammelte Liebeserklärungen in Bildern und Exponaten“. Vortrag und Diskussion. Zentralbibliothek – KAP 1, Konrad-Adenauer-Platz 1, Düsseldorf. Montag, 27. Mai, 19.00 Uhr, Gerhart-Hauptmann-Haus: „Manchmal wird eine Nation modern. Joseph Roth (1894– 1939), die Ukraine, das Anwachsen des Rechtsextremismus und mehr“. Vortrag mit Textbeispielen zum 85. Todestag von Joseph Roth mit Dr. Katja Schlenker und Prof. Dr. Winfrid Halder. Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Freitag, 31. Mai bis Sonntag, 2. Juni, Paneuropa-Union Deutschland: „Paneuropa: Wir sind Freiheit“. 50. Paneuropa-Tage in Kempten und Zeil. Freitag, 31. Mai bis Samstag, 1. Juni: 73. Deutschhauser Heimattreffen in Lichtenfels. Anmeldung bei Heimatortsbetreuerin Gerda Ott unter Telefon (07 11) 59 22 85. Sonntag, 2. Juni, 11.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Ober-

Der Attentäter wurde umgehend von den Sicherheitskräften überwältigt.

Schwerverletzt: Robert Fico.

sich um einen 71jährigen Schriftsteller aus dem Zentrum der Slowakei, der auch für einen privaten Sicherheitsdienst gearbeitet haben soll, und deshalb eine Waffe besaß. Laut einer Videoaufnahme aus der Polizeistation, die ein TV-Sender trotz eines Embargos veröffentlichte, soll der Täter als Motiv angegeben haben, er „stimme der Regierungspolitik nicht zu“. Als konkretes Beispiel nannte er die von der Regierung geplante Auflösung des öffentlich-rechtlichen

chen“, so die Ärzte. Unterdessen gehen die innenpolitischen Spannungen weiter. So sind die scheidende Präsidentin Zuzana Čaputová und ihr Nachfolger Peter Pellegrini mit dem Plan gescheitert, alle Parlamentsparteien an einem Runden Tisch zusammenzubringen. Pellegrini sagte, anscheinend sei „die Zeit noch nicht reif dafür“. Einige Politiker hätten „gezeigt, daß sie selbst nach einer solchen Tragödie nicht fähig zur Selbstbesinnung sind“.

Radios und Fernsehens RTVS, gegen die seit Wochen Tausende Menschen in der Slowakei demonstrieren. Das Opfer sei „momentan außerhalb des Zustandes der Lebensbedrohung“, erklärte die Klinik. Fico mußte fünf Stunden notoperiert werden. Am vergangenen Freitag folgte eine weitere Operation, die zwei Stunden dauerte. „Sein Zustand ist aber weiterhin sehr ernst, und er wird eine lange Zeit und Ruhe zur Genesung brau-

VERANSTALTUNGSKALENDER pfalz): Kammerkonzert-Matinee mit dem Geigenduo Joshua Epstein/ Thomas Kaes und der Pianistin Heather Epstein. Auf dem Programm stehen Werke von Georg Friedrich Händel, Wolfgang Amadeus Mozart, Josef Suk (anläßlich seines 150. Geburtstags) und Bohuslav Martinů. Eintritt 15,00 Euro. Vorverkauf unter www.okticket.de Festsaal des Bezirks Oberpfalz, Ludwig-ThomaStraße 14, Regensburg. Donnerstag, 6. Juni, 19.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Oskar Schindler – Lebemann und Lebensretter“. Eröffnung der Ausstellung im Adalbert-Stifter-Saal. Anmeldung per eMail an info@ sudetendeutsches-museum.de oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 37. Die Sonderausstellung in der Alfred-Kubin-Galerie läuft bis Sonntag, 27. Oktober. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Freitag, 7., 18.00 Uhr, bis Sonntag, 9. Juni, 12.00 Uhr, Heimatkreis Jägerdorf: Heimatkreistreffen. Anmeldung bei Lorenz Loserth per eMail an LorenzLoserth@googlemail.com Heiligenhof, Bad Kissingen. Samstag, 8. Juni, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Krefeld: Jahreshauptversammlung mit Vorstandswahlen. Anmeldung unter Telefon (0 21 51) 3 26 99 70 oder per eMail an werner.appl@

sudeten-kr.de Niederrheinischer Hof, Hülser Straße 398, Krefeld. Samstag, 8. Juni, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: „Die Falkenauer Heimatstube in Schwandorf“. Vortrag von Gerhard Hampl. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Samstag, 8. Juni, 19.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Die Retterin Valeria Valentin“. Filmvorführung im Adalbert-Stifter-Saal in Zusammenarbeit mit dem Generalkonsulat der Italienischen Republik München und dem Italienischen Kulturinstitut. Anmeldung per eMail an info@ sudetendeutsches-museum. de oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 37. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Montag, 10. Juni, 19.00 bis 20.30 Uhr, Südosteuropa-Gesellschaft: „Verhältnis auf dem Prüfstand – Ungarns EU-Ratspräsidentschaft 2024“. Podiumsdiskussion mit Volksgruppensprecher Bernd Posselt, Dr. Sonja Priebus von der Europa-Universität Viadrina, Zoltán Kiszelly vom Center for Political Analysis und Prof. Dr. Gabor Polyák von der Eötvös Loránd Universität Budapest. Donnerstag, 13. Juni, 14.00 Uhr, Heimatverband der Brünner, Kreisverband München: Heimatnachmittag. Gaststätte

Zum alten Bezirksamt im Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Samstag, 15. Juni, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: Monatsnachmittag mit Thomas Schembera vom Polizeirevier 8 zum Thema Enkeltrick und Telefonbetrug. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Montag, 17. Juni, 19.00 Uhr: Vortragsreihe „Böhmen als Ort der Begegnung – Teil 2: Der Frieden kommt aus Böhmen“ von Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Donnerstag, 20. Juni, 16.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Wie schmeckt Heimat“. Veranstaltungen zum Thema Kulinarik am Tag der Heimat. 16.00 Uhr: Museumspädagoische Führung. 17.00 Uhr: Kulinarische Reise im Sudetendeutschen Museum mit Dr. Amanda Ramm. Abendausklang im Restaurant Bohemia. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Freitag, 21. bis Montag, 24. Juni, „Meeting Brno“ in Brünn mit dem Brünner Versöhnungsmarsch am Samstag, 22. Juni. Die SL-Landesgruppen Bayern und Baden-Württemberg organisieren wieder eine mehrtägige Busfahrt. Anmeldung per Telefax an (0 89) 48 00 03 96, per eMail an Geschaeftsstelle@sudeten-by. de, oder per Post an SL Bayern, Hochstraße 8, 81669 München.

ie wirtschaftliche Zukunft und der Wohlstand Tschechiens seien eng mit dem Euroraum verbunden, hat Präsident Petr Pavel am Montag auf der Konferenz „ReVision Tschechiens 2024“ für die Euro-Einführung geworben. Die tschechische Wirtschaft sei, so das Staatsoberhaupt, stark exportorientiert und setze den größten Teil ihrer Produktion im Euroraum ab. Die Tschechische Republik hatte sich in ihrem EU-Beitrittsvertrag verpflichtet, den Euro einzuführen, es wurde aber kein Termin festgelegt. Das Finanzministerium und die Zentralbank gehen davon aus, daß Tschechien noch in diesem Jahr vier der fünf Kriterien für den Beitritt zum Euroraum erfüllen könnte. Das Kriterium der Wechselkursstabilität, das eine zweijährige Mitgliedschaft im Wechselkursmechanismus II (WKM II) voraussetzt, wird jedoch noch nicht erfüllt.

Premierminister empört über IStGH

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ls „völlig inakzeptabel“ hat Premierminister Petr Fiala den Antrag des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs IStGH bezeichnet, Haftbefehle gegen Vertreter der demokratisch gewählten Regierung Israels zusammen mit den Führern der islamischen Terrororganisation Hamas zu erlassen. Man dürfe nicht vergessen, daß es die Hamas war, die Israel im Oktober angegriffen und Tausende von unschuldigen Menschen getötet, verletzt und entführt hat, kritisierte Fiala und erklärte: „Es war dieser völlig unprovozierte Terroranschlag, der zum gegenwärtigen Krieg im Gazastreifen und zum Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, in Israel und im Libanon geführt hat.“

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Ano führt weiter in den Umfragen

rneutes Umfragedesaster für die Fünfer-Koalition von Premierminister Petr Fiala: Fänden die Wahlen ins Abgeordnetenhaus jetzt statt, würde die oppositionelle Partei Ano mit 32 Prozent der Stimmen glatt ge-

winnen. Die regierenden Bürgerdemokraten (ODS) kämen mit 15,5 Prozent mit deutlichem Abstand auf den zweiten Platz. Das geht aus dem aktuellen Wahlmodell des Meinungsforschungsinstituts Kantar für das Tschechische Fernsehen (ČT) hervor. Die mitregierenden Piraten lägen demnach mit 11 Prozent auf dem dritten Platz. Dahinter würden die oppositionelle Rechtsaußenpartei SPD mit 9 Prozent und die mitregierende Bürgermeisterpartei Stan mit 7,5 Prozent folgen. Koalitionspartner Top 09 würde knapp die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, während die KDU-ČSL nicht eigenständig ins Parlament einziehen könnte.

Sparta Prag wieder Fußballmeister

S

parta Prag hat den tschechischen Fußballmeistertitel verteidigt. Dies gelang dem Verein zum ersten Mal wieder seit 2001. In der vorletzten 4. Runde setzte sich Sparta am Samstag gegen Mladá Boleslav mit 5:0 durch und behielt einen Vorsprung von vier Punkten vor dem Stadtrivalen Slavia Prag, der zum dritten Mal in Folge den zweiten Platz belegte. Sparta wurde in der zweiten Saison unter dem dänischen Trainer Brian Priske tschechischer Meister. Priske führte Sparta Prag im vergangenen Jahr nach neun Jahren zum Meistertitel. Miteigentümer und Präsident von Sparta ist Milliardär Daniel Křetínský, der erst unlängst mit seinem Einstieg bei Thyssen-Krupp in Deutschland für Schlagzeilen gesorgt hat.

I

Paternoster wieder in Betrieb

m Prager Rathaus am Marienplatz (Mariánské náměstí) ist der Paternoster wieder in Betrieb. Der historische Aufzug, der 1911 eingebaut wurde, mußte im vergangenen Jahr stillgelegt werden. Der Grund war die große Zahl von Touristen, die sich die technische Sehenswürdigkeit anschauten, sie benutzten und zudem oft beschädigten oder für Lärm sorgten. Künftig müssen Touristen für die Paternosterfahrt 250 Kronen (10 Euro) bezahlen. In Prag sind noch 17 weitere Umlaufaufzüge in Betrieb.

Sudetendeutsche Zeitung ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2023 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief oder einer der Regionalblöcke (Block 1 – Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote; Block 2 – Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung/Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung; Block 3 – Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimat, Zuckmantler Heimatbrief; Block 4 – Riesengebirgsheimat) (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2023 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.


74. SUDETENDEUTSCHER TAG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 21| 24.5.2024

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Vortrag des Sudetendeutschen Priesterwerks und der Ackermann-Gemeinde

Der heilige Ulrich als siebter europäischer Heiliger?

Die Stadt Augsburg war diesmal auch aus dem Grund Ort des Sudetendeutschen Tages, weil das Bistum Augsburg derzeit das Ulrichsjubiläum 2023/24 feiert. Damit wird der Bistumspatron, der heilige Ulrich, gewürdigt, der vor 1100 Jahren – im Jahr 923 – die Bischofsweihe erhalten hat. Mit der Frage, ob dieser zu einem Heiligen für Europa ernannt werden soll, befaßte sich ein Vortrag des Sudetendeutschen Priesterwerks und der Akkermann-Gemeinde am Nachmittag des Pfingstsonntags.

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en erwähnten Anlaß zum Jubiläum und das 50jährige Wirken Ulrichs als Bischof griff in seiner Einführung Pfarrer Mathias Kotonski, Beisitzer im Vorstand des Sudetendeutschen Priesterwerk, auf: „Ulrich war ein sehr aktiver Mensch, ein großer Bischof und Heiliger“, faßte er zusammen und leitete auf den Vortrag von Domkapitular Dr. Thomas Groll über, der Bistumshistoriker und Vorsitzender des Bischöflichen St.-Ulrich-Komitees ist. Kurz stellte Groll die momentanen europäischen Heiligen Benedikt, Kyrill und Method, Katharina von Siena, Birgitta von Schweden und Edith Stein vor. Er berichtete von der Fahrt einer Delegation des Bistums zur Europäischen Kommission nach Brüssel im September letzten Jahres, wo das Bistumsanliegen, den heiligen Ulrich in die Riege der Europa-Heiligen aufzunehmen, vorgetragen wurde. Die Kommission habe das aber nicht

Pfarrer Mathias Kotonski (rechts), Beisitzer im Vorstand des Sudetendeutschen Priesterwerks, und Domkapitular Dr. Thomas Groll stellten den Heiligen Ulrich vor. Foto: Markus Bauer als ihre Aufgabe gesehen, so Groll zum Ergebnis der Exkursion. Natürlich versuche auch der Augsburger Bischof Dr. Bertram Meier, dieses Anliegen bei den zuständigen Stellen im Vatikan voranzutreiben. Mit drei Attributen charakterisierte Groll den Bistumspatron: mutig, sozial, europäisch. Der Mut Ulrichs drücke sich im Einstehen für seinen Glauben aus. „Er war viel mit dem Pferd oder Ochsenkarren unterwegs – zu Firmungen, Gottesdiensten, zu den Bergbauern oder zu Kirchweihen. Für die heutige Zeit bedeute das, so der Domkapitular, in schwierigen Zeiten zusammenzustehen und das Gute in der Kirche darzustellen. Der soziale Aspekt sei zu Ulrichs Zeiten anders gewesen. Bei ihm drückte sich dieser vor allem im Umgang mit Armen und Bedürftigen aus. „Er hat sich erst zum Essen hingesetzt, wenn er

gewußt hat, daß die armen Leute auch versorgt waren und zu essen bekamen. In der Karwoche bei der Fußwaschung hatte er immer Geschenke für die Armen, zum Beispiel einen Fisch, dabei“, schilderte der Priester. Übertragen auf jetzt sei es wichtig, „daß wir auch heute in Europa für die Armen und Bedrängten da sind. Hier ist Ulrich ein Vorbild“, so Groll vertiefend. Zum europäischen Aspekt verwies er auf die Vermittlung des Friedens von Tussa (Illertissen) im Jahr 954 durch Ulrich, was dann im Jahr darauf für die siegreiche Schlacht auf dem Lechfeld gegen die Ungarn von Vorteil war. Die damalige Abwehr der ungarischen Aggressoren verglich Groll mit dem Krieg Rußlands gegen die Ukraine, wo Abwehr und Verteidigung gerechtfertigt waren beziehungsweise sind. „Die Bischöfe hatten damals wichtige Funktionen, um

das Reich zusammenzuführen – auch Bischof Ulrich“, erläuterte der Historiker und bezeichnete den heiligen Ulrich daher als Prototyp eines Europäers. Daß in der Folge der Schlacht auf dem Lechfeld dann Ungarn missioniert wurde und Stephan I. der erste christliche König Ungarns wurde – und Ungarn damit ein „festes Glied der europäischen Völkerfamilie“, erwähnte Groll ergänzend. Die Verehrung des heiligen Ulrichs mit zahlreichen Kirchenpatronaten und Ulrichsbrunnen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Frankreich und Ungarn sei außerdem ein eindrucksvolles Zeugnis, „daß der heilige Ulrich für Europa ein gutes Vorbild sein kann“, so Groll zusammenfassend. Bei den Fragen der Zuhörer wurde deutlich, daß der Name Ulrich in der entsprechenden Übersetzung wohl auch im slawischen Bereich stark verbreitet war, vor allem nach dem Jahr 955. In Deutschland seien aktuell die Vornamen Ulrich und Ulrike hingegen eher selten. Markus Bauer

Die Kirche St. Ulrich und Afra erfüllt verschiedene Funktionen: Das Gotteshaus ist unter anderem Wallfahrtskirche für den Augsburger Bistumsheiligen Ulrich. Foto: Regio Augsburg Tourismus/Norbert Liesz

V.i.S.d.P.: CSU-Landesleitung, Bereich KAMPAGNE, Wilhelm Graf, Mies-van-der-Rohe-Straße 1, 80807 München

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FÜR EIN STARKES BAYERN IN EUROPA


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24.5.2024

Heimatblatt für die Kreise Hohenelbe und Trautenau Heimatkreis Hohenelbe/Riesengebirge e. V. – 1. Vorsitzende: Verena Schindler, Telefon 0391 5565987, eMail: info@hohenelbe.de, www.hohenelbe.de – Riesengebirgler Heimatkreis Trautenau e. V. – 1. Vorsitzender Wigbert Baumann, Telefon 0931 32090657 – Geschäftsstelle Riesengebirgsstube (Museum-Bibliothek-Archiv), Neubaustr. 12, 97070 Würzburg, Telefon 0931 12141, eMail: riesengebirge-trautenau@freenet.de – www.trautenau.de – Redaktion: Heike Thiele, Eulengasse 16, 50189 Elsdorf, Telefon 02271 805630, eMail: riesengebirgsheimat@gmx.de – Redaktionsschluss: jeweils der 1. des Erscheinungsmonats.

Rathaus Rochlitz (Heimattreffen im September). Foto: K. Langenwalder Schule von Oberlangenau im aktuellen Zustand. Foto: Milan Ježek, Gemeinde Lanov

Beschilderung der neuen Peterbaude, Dirk und Carmen Schule davor. Fotos: Dirk und Carmen Schulze, 2024

� Oberlangenau

� Spindelmühle

Oberlangenaus Schulgebäude einst und jetzt Das Schulhaus in Oberlangenau, Haus Nr. 148, hat nach mehrjährigem Leerstand einen neuen Eigentümer gefunden.

Zu erwähnen ist noch das mächtige Kriegerdenkmal neben dem Schulgebäude in Oberlangenau, welches von dem

einklassig, 1875 dann zweiklassig, 1876 dreiklassig und 1885 vierklassig, die vierte Klasse wurde jedoch erst 1895 eröffnet.

Aushilfslehrer zum Einsatz. Mit dem Kriegsende im Mai 1945 endete auch der Unterricht in Oberlangenau für alle deutschen

Die Schule Oberlangenau heute.

Foto: Milan Ježek Schule Nr. 148, Oberlangenau, 1925. Foto: Archiv Trautenau

D

ie Gemeinde Lánov (Langenau) hat das Haus gekauft und sucht nun nach einer neuen Nutzungsmöglichkeit für das heruntergekommene, jedoch noch immer imposante Gebäude. Bis vor einigen Jahren wohnte Ladislav Kadavy in dem alten Schulhaus. Im Flur waren seine antiken Sammlerstücke, darunter auch alte Dokumente und Fotografien zur Geschichte des Schulhauses, ausgestellt. Das meiste davon verkaufte er in den Jahren vor seinem Tod, so auch eine größere Postkartensammlung. Im Ortsbuch von Roland Zirm „Das kleine Elbetal – Band 2, Mittellangenau – Oberlangenau“ ist zur Schulgeschichte das Folgende zu lesen: Vor der Errichtung einer eigenen Schule in Oberlangenau waren die Kinder in Niederlangenau eingeschult. Von 1778 bis 1805 wurden sie zusammen mit den Kindern aus dem angrenzenden Niederhof in dem gemieteten Haus Nr. 98 unterrichtet. Im Jahr 1805 wurde in Oberlangenau ein eigenes Schulhaus erbaut, das jetzige Haus Nr. 138. Der Grundstein zu dem neuen Schulgebäude, Haus Nr. 148, wurde am 25. März 1875 gelegt. Der höchste Schülerstand war im Schuljahr 1884/1885 mit 228 Schülern zu verzeichnen. Ursprünglich war die Schule in Oberlangenau

Ans Vaterland, ans theu‘re, schließ dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen! (Friedrich Schiller) Eine von drei Inschriften, Schulgebäude Oberlangenau. Vom ersten Jänner 1913 bis zum 31. März 1924 hatte Albert Feist, der auch das Gemeindegedenkbuch anlegte, die Stelle des Oberlehrers inne. Von 1911 bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges im Sommer 1914 war der Lehrkörper der Schule vollzählig. In der Zeit ab 1935, dem Ende der Gedenkbucheintragungen, waren der Oberlehrer Josef Futschik und der Lehrer Vinzenz Donth die Hauptakteure im Dorf. Es kamen zeitweise auch

Foto: Milan Ježek

Schüler. In den Jahren danach ging der Schülerstand an der Oberlangenauer Schule zurück. Er lag lange Zeit bei 200 Schülern, sank dann aber immer weiter. Die Kinder von Oberlangenau gehen heute in Mittellangenau zur Schule. Auf dem Gelände der gesprengten evangelischen Kirche entstand ab den 1980er-Jahren ein Komplex von mehreren Schulgebäuden, einschließlich der ehemaligen Pfarrei und des ursprünglichen Schulhauses an der Straße in Mittellangenau.

bedeutenden Bildhauer aus dem Riesengebirge, Emil Schwantner (1890–1956), errichtet und am 16. August 1925 enthüllt worden war. Nach 1945 wurde es zerstört. Die Figur, ein sitzender Krieger mit einem Adler zu Füßen, wurde in den Bach geworfen. Die beiden Bronzetafeln mit den Namen der 39 Gefallenen des Ersten Weltkrieges wurden entwendet oder vergraben. Eine Platte hatte Ladislav Kadavy, der bis zu seinem Tod in dem Schulgebäude wohnte, von einem Mann gekauft. Sie befindet sich heute im Museum in Hohenelbe. Es bleibt zu hoffen, daß das heruntergekommene Schulgebäude bald in neuem Glanz erstrahlt. Ob es wohl auch Hoffnung auf die Wiederherstellung des Kriegerdenkmals gibt? Bärbel Hamatschek HOB von Oberlangenau

� Nachrufe/Niederhof

Nachruf auf Otto Kleiner Otto Kleiner wurde Juli 1929 in Niederhof geboren und ist April 2024 in Pfaffenhofen verstorben.

N

ach kurzer Krankheit ohne Schmerzen ist er friedlich im Kreise seiner großen Familie eingeschlafen. Um ihn trauern die Töchter Elsbeth, Sieglinde und Birgit mit Ehegatten, neun Enkel, sechzehn Urenkel und ein Ururenkel. Otto war mit Niederhof immer verbunden. In sechs Reisen

Otto mitten in seiner großen Familie, bei der Feier zum 90. Geburtstag.

Jubilar Otto Kleiner bei der Feier zu seinem 90. Geburtstag im Juli 2019. Fotos: Erich Kraus

hat er mit seinen Töchtern, ihren Ehegatten und den Enkeln Niederhof besucht und ihnen unsere Heimat vorgestellt. Er hat mir bis zum letzten Jahr immer meine Fragen zu Niederhof vor 1945 beantwortet, er wird

auch mir fehlen. Er war Mitglied im Heimatkreis und Bezieher der „Riesengebirgsheimat“. Nun haben wir nur noch wenige, die unsere Heimat aus der Zeit vor der Vertreibung bewußt erlebt haben. Erich Kraus, HOB

In Spindelmühle Vom 10. bis 15. April haben Dirk und Carmen Schulze Spindelmühle im Riesengebirge besucht.

E

s war eine wettertechnisch sehr durchwachsene Woche, von Sonnenschein bis Schneefall war alles dabei, typisches Riesengebirgswetter eben. Aufgrund der Nebensaison war es sehr ruhig in Spindelmühle, es gab kaum Gäste und viele Gasthäuser hatten geschlossen. Wir unternahmen trotzdem sehr viel, von Wanderungen zur neuen Peterbaude bis zu Besuchen in Hohenelbe und Stakenbach. Wir besuchten selbstverständlich auch das Denkmal für die ermordeten Männer am Veraweg

in Spindelmühle, wo wir ein Lichtlein aufstellten und ein stilles Vaterunser beteten. Auch oben in Krausebauden waren wir. Am Wegekreuz und Glockenturm gedachten wir der vielen Krausebaudener und Spindelmühler, die an der Wiederherstellung dieser beider Objekte mitgewirkt haben und an die schönen Heimattreffen vergangener Jahre. Schweren Herzens und mit dem Riesengebirgslied im Radio fuhren wir am Samstag wieder heim, mit der Gewißheit, bald wieder dort zu sein – im schönen Riesengebirge. Dirk und Carmen Schulze, HOB von Spindelmühle

� Rochlitz/Heimattreffen

Rochlitzer Treffen im September 2024 Kirsten Langenwalder, HOB von Rochlitz, informiert zum Rochlitzer Ortstreffen.

Z

unächst soll es darum gehen, wieder mit den Treffen zu beginnen und möglichst viele Rochlitzer, bestenfalls samt den Nachkommen, „zusammenzutrommeln“. Beim Zeitpunkt für diesen ersten Termin richtete ich mich nach demjenigen der vorhergegangenen Treffen. Es ist mir ein großes Anliegen, auch den Nachkommen die Möglichkeit zu geben, sich untereinander auszutauschen. Daß Bedarf vorhanden ist, zeigt mir nicht nur der Stammtisch für Interessierte rund ums Sudetenland, den ich seit März 2023 regelmäßig organisiere. Vor Ort finden sich sicherlich spontan Ideen, was man gemeinsam unternehmen kann. Wer Vorschläge diesbezüglich hat oder vorab etwas organisieren möchte, möge mich bitte kontaktieren. Auf Vorschlag eines jungen Tschechen möchten wir uns um Gräber auf dem Rochlitzer Friedhof kümmern. Ich werde in der kompletten ersten Septemberwoche vor Ort in Rochlitz sein. Da ich nicht

davon ausgehe, daß alle zu jener Zeit Urlaub haben werden, schlage ich als „Haupttage“ Donnerstag, Freitag und Samstag (5. bis 7. September 2024) vor. Für diese Daten gehe ich davon aus, daß wir uns zumindest abends zusammenfinden werden. Ich bitte mir mitzuteilen, wer am Treffen teilnehmen wird, damit ich eine Übersicht möglicher Interessenten gewinnen kann. Bisher habe ich bereits einige Rückmeldungen von Interessierten. Die Wahl der Unterkunft ist frei. Wer Personen kennt, die möglicherweise keine Informationen erhalten, möge mir ihre Kontaktdaten mitteilen (Einverständnis vorausgesetzt) oder die Informationen weitergeben. Ich freue mich auf unser Treffen im September und jegliche Rückmeldung. Eure Rochlitzer Heimatortsbetreuerin Kirsten Langenwalder, HOB Rochlitz Tel. 089 12018348 (abends und am Wochenende, ich bin in Vollzeit berufstätig), eMail: presseriesengebirge@aol.com


Familiennachrichten aus dem Heimatkreis Hohenelbe Heimatkreis Hohenelbe/Riesengebirge e. V. Sitz Marktoberdorf Geschäftsführung: Gerhard Baumgartl 87616 Marktoberdorf, Richard-Wagner-Str. 2 Tel. 08342 40528, Fax 08342 7054060 www.hohenelbe.de, eMail: info@hohenelbe.de Sparkasse Allgäu, IBAN: DE 41 7335 0000 0380 271262 BIC: BYLADEM1ALG

Der Heimatkreis Hohenelbe/Riesengebirge e. V. gratuliert zum Geburtstag 29.06. Siegfried Schorm, HOB von Huttendorf zum 84. Bärbel Hamatschek, Sprecherin der HOB, 3. Vorsitzende des HKH  ANSEITH

11.06. Irma Fritsche zum 96. 18.06. Günter Wagner (JH38) zum 89. 19.06. Brigitte Franz geb. Peitsch (A9) zum 80. 24.06. Helmut Leeder (A35) zum 95. 29.06. Edith Kutschera geb. Beck (JH2) zum 99. HOB Tanja Fritz Tel. 06222 389787 eMail: meerfritz@gmail.com

 HARRACHSDORF

01.06. Margot Biemann zum 96. 06.06. Annemarie Orth zum 83. 10.06. Margit Szypritt zum 89. 14.06. Horst Adolf zum 89. 20.06. Karlheinz Knappe zum 82. 24.06. Marie-Christine Schwarz zum 79. 26.06. Brigitte Gerloff zum 92. 28.06. Karl-Heinz Ziffer zum 94. 30.06. Silvia Stolle zum 90. HOB Ines und Falk Heinrich Tel. 03586 4085635

 HARTA

12.06. Heinz Sacher zum 84. 18.06. Gisela Ehmke zum 57. HOB Ingrid Mainert (Waengler) Tel. 06039 2255

 HENNERSDORF

09.06. Edith Kellner geb. Zirm zum 89. 11.06. Werner Wrobel zum 93. HOB Ingrid Mainert (Waengler) Tel. 06039 2255

 HERMANNSEIFEN

05.06. Elvira Legat geb. Erben zum 89. 17.06. Irene Patzelt geb. Rücker zum 90. 23.06. Sigrid Rücker zum 84. 25.06. Josef Pohl zum 90. HOB Christina Auerswald Tel. 0341 24707822

 HOHENELBE

01.06. Dorothea Heid geb. Fink zum 60. 04.06. Brigitte Hesse geb. Fechtner zum 83. 09.06. Margarete Reichholf geb. Nossek zum 91. 10.06. Helga Pennekamp zum 92. 19.06. Waltraud Peschel geb. Hanusch zum 84. HOB Ingrid Mainert (Waengler) Tel. 06039 2255

09.06. Anna Stransky geb. Appelt (Nr. 168) zum 95.

04.06. Alfred Fleischer zum 82. 05.06, Ilse Stumpf geb. Russ zum 82. 10.06. Werner Gall zum 82. 12.06. Gudrun Piening geb. Langner zum 83. 13.06. Margarethe Schmidt geb. Hanka zum 89. 19.06. Siegfried Pfohl zum 84. 20.06. Margarethe Kitlitschko geb. Erben zum 81. 22.06. Magdalena Burkert geb. Preissler zum 93. 27.06. Margarete Weber geb. Russ zum 92. HOB Verena Schindler Tel. 0391 5565987

11.06. Basil Hammerschlag (Preinisch Nr. 133) HOB Siegfried Schorm  KLEINBOROWITZ

01.06. Otto Mladek (169) zum 90. 24.06. Horst Tauchmann (217) zum 84. 30.06. Roland Großmann (144) zum 71. HOB Tanja Fritz s. Anseith

 KOTTWITZ

02.06. Hans-Heinrich Scharm (Karlseck Nr. 45) zum 90. 14.06. Bärbel Rumler (Gattin des Franz Rumler) zum 82. 15.06. Notburga Rieger geb. Rumler (Oberdorf Nr. 169) zum 91. 21.06. Hildegard Schmiedehausen geb. Wagner (Karlseck Nr. 102) zum 98. 28.06. Helga Sturm zum 78. Zur Erinnerung Kottwitzer Treffen: 29.06.2024 Ketzelsdorfer Brünnl-Fest: 30.06.2024 HOB Gudrun Bönisch Tel. 08377 1293

 MASTIG

03.06. Irene Lutz geb. Knauer (M 44) zum 86. 12.06. Hilmar Rumler (M 82) zum 83. 16.06. Arnold Müksch (M 20) zum 80. 25.06. Gertrud Luschtinetz (MB 6) zum 96. HOB Tanja Fritz s. Anseith

 MITTELLANGENAU

02.06. Horst Wiesner zum 87. 02.06. Maria Pauter geb. Franz zum 76. 04.06. Martha Erben geb. Erben zum 97. 06.06. Anni Ehret geb. Pogerth zum 89. 10.06. Alois Erben zum 93. 14.06. Margarete Grüneberg geb. Rilk zum 79. 26.06. Edith Schössböck geb. Zirm zum 86. HOB Verena Schindler Tel. 0391 5565987

 NIEDERHOF

03.06. Selma Schlegel geb. Zirm (Pommersberg 139) zum 84. 08.06. Peter Zirm (Kl. Elbetal 103) zum 80. 09.06. Erna Blümler geb. Luksch (Auerwiesbauden 307) zum 89. 1942 Ilse Bartz geb. Goder (Kesselboden 288) zum 82. Besondere Geburtstage 80. Geburtstag: Peter Zirm HOB Erich Kraus Tel. 0351 4718868 eMail: brigitte.und.erich.kraus@ web.de

 HUTTENDORF

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RIESENGEBIRGSHEIMAT

Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24.5.2024

 NIEDERLANGENAU

01.06. Anneliese Rehberger geb. Fink zum 90.

 NIEDERPRAUSNITZ

13.06. Anton Hoffmann zum 100. 14.06. Ursula Härdtle zum 73. HOB Tanja Fritz s. Anseith

 OBERLANGENAU

14.06. Gretel Grüneberg geb. Rilk zum 79. 22.06. Margit Egert geb. Ullrich zum 84. HOB Bärbel Hamatschek Tel. 06451 9134

 OBERPRAUSNITZ

06.06. Rüdiger Pfister zum 76. 08.06. Marie Kuhn geb. Wanka (111) zum 96. HOB Tanja Fritz s. Anseith

 ROCHLITZ

04.06. Anni Spitschan geb. Erlebach (Sahlenbach 155, zum 99. 13.06. Christl Kunze geb. Möchel (Oberrochlitz 300) zum 88. 16.06. Christl Jaensch geb. Gebert(Kaltenberg 19)zum 91. 26.06. Edeltraud Goetz geb. Erlebach (Sahlenbach 52) zum 96. HOB Kirsten Langenwalder Tel. 089 12018348 (abends u.WE) eMail: presseriesengebirge@ aol.com

 SCHWARZENTAL

01.06. Helga Hillenbrand geb. Reichel zum 89. 01.06. Horst Möhwald (Hs. 213, Hubertusbaude) zum 86. 02.06. Maria Zirm geb. Wonka (Hs. 57, Schlosserei) zum 83. 02.06. Hans Priesel (Hs. 163, Bönischbaude) zum 81. 06.06. Günter Erlebach (Hs. 187, Waldbaude) zum 86. 06.06. Lambert Erlebach (Hofmannsbaude) zum 88. 07.06. Elli Hochstätter geb. Hofmann (Hs. 55) zum 99. 09.06. Hildegard Rudolph geb. Matzer (Schule Töpferbauden) zum 99. 12.06. Adalbert Douba (Hs. 28) zum 85. 12.06. Helene Kraus geb. Kraus (Hs. 38) zum 86. 13.06. Walter Brosch (Hs. 126) zum 90. 13.06. Christa Reber geb. Seidel (Hs. 53) zum 79. 14.06. Eduard Hermann (Hs. 203) zum 88. 16.06. Gernoth Bock (Hs. 127) zum 79. 16.06. Reinhold Maywald (Hs. 74) zum 96. 17.06. Hannelore Botsch geb. Novotny (Hs. 196) zum 86.

19.06. Gertrud Altendorf geb. Hofmann (Hs. 55) zum 98. 19.06. Rosl Hänsle geb. Luksch (Hs. 143) zum 97. 19.06. Liesl Thuma (Hs. 160, Forsthaus) zum 93. Herzlichen Glückwunsch allen Jubilaren! HOB Vera Kraus‚ Tel. 0173 8853142 eMail: vera.kraus@t-online.de  SPINDELMÜHLE -

FRIEDRICHSTHAL 01.06. Helene Gerold geb. Hollmann (Sp 095 Spaltebaude zum 97. 01.06. Helmtraud Wulle geb. Buchberger (Sp 069 St. Peter-Lebensmittelgeschäft) zum 90. 02.06. Erika Fabiunke geb. Hollmann (Sp 045 - St. Peter- Alpenhotel) zum 87. 04.06. Alwin Hollmann (Sp 084 - Bärengrundbaude) zum 99. 05.06. Dr. med. Irene Richter (Sp 020 - Herta) zum 92. 07.06. Johanna Sowa geb. Lauer (Sp 171- Haus Tannenstein) zum 83. 09.06. Elisabeth Hoffmann geb. Lauer (F 009) zum 86. 11.06. Anita Smid geb. Slavicek (Sp 240 - Haus Lindenhöhe) zum 83. 12.06. Helga Wagner geb. Stiller (Gatte: Lothar Wagner, Sp 135 - Bäckerei Stiller) zum 92. 15.06. Erhard Slavicek (Sp 240 Haus Lindenhöhe) zum 92. 15.06. Christa Hofstetter geb. Erlebach (Sp 131 - Hotel Erlebach) zum 87. 22.06. Johann Hollmann (Sp 098 - Davidsbauden) zum 95. 22.06. Johann Hollmann (Sp 049 - St. Peter - Bergheim) zum 87. 24.06. Maria Kaufhold geb. Scholz (Sp 047 - St. Peter) zum 92. 25.06. Berta Herman geb. Bradler (Sp 083 Eichlerbaude) zum 94. 29.06. Peter Hackel (F 022 Delikatessengeschäft) zum 94. HOB Dirk Schulze Tel. 033732 40383 eMail: tischlerei-dirk-schulze@ t-online.de

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07.06. Helmut Kuhn (Hs. 45) zum 94. 10.06. Otto Sturm (Hs. 5) zum 85. 18.06. Hella Rothberger geb. Erben (Hs. 101) zum 88. 19.06. Ilse Altheim geb. Spitschan (Hs. 12) zum 86. 29.06. Helga Strobel geb. Jäger (Hs. 54) zum 86. HOB Heidrun Vogt Tel. 036421 22707

 SWITSCHIN

24.06. Erwin Erben (Nr. 48) zum 92. 25.06. Karl-Heinz Scholz (Nr. 64) zum 80. 28.06. Hilda Böhm geb. Ruß (Nr. 30) zum 83. HOB Roman C. Scholz Tel.: 0170 2457875 eMail: r.c.scholz@freenet.de

 WITKOWITZ

01.06. Helmut Kraus (Hannesse-Franzen, Schüsselbauden 231) zum 80. 01.06. Dieter Fischer (SchusterHonneln/Smutny, Fuchsloch 207) zum 80. 07.06. Irma Broders geb. Fischer (Paulin-Franzl, Schwarzental 96) zum 79. 11.06. Marie Rösler geb. Braun (Brauns-Josef, Ziegenhäuser 281) zum 91. 14.06. Dieter Rühmer (von Loisehannesses Gretl, Hinterwinkel 69) zum 84. 15.06. Eva Böhrer geb. Kraus (Kosper-Marie/von Berta, Schüsselbauden 144) zum 94. 28.06. Carola Radde geb. Kubat (Kubats-Annl, Niederdorf 37) zum 80. Hans-Joachim Hönig Tel. 03949 502153

 Nachrufe/Spindelmühle

Nachruf auf Elli Renner Die allseits geschätzte Elli Renner hat den Kreis der Riesengebirgler verlassen.

E

lli Renner wurde am 23. November des Jahres 1929 in Bendeleben, Thüringen, geboren. Gemeinsam mit ihrer Schwester floh sie in den Westen, wobei erst der zweite Anlauf gelang. Bei einem Besuch ihres Onkels in der Nähe von Kassel lernte sie ihren späteren Mann Otto kennen. Sie bekamen vier Kinder und waren fast 68 Jahre verheiratet. In Fritzlar wurden sie seßhaft und lebten dort bis Dezember 2022 in einem Reihenhaus. In die alte Heimat fuhren sie das erste Mal noch zu Zeiten des „Kalten Krieges“. Später fuhren sie regelmäßig nach Spindelmühle, da sie dort noch Verwandtschaft hatten. Auch zu den Heimattreffen fuhren sie sehr gerne. Das letzte Mal waren sie im Juli 2022 im Riesengebirge. Die gemeinsamen Treffen in Spindelmühle, bei denen Elli und Otto immer dabei waren, werden auch wir nicht vergessen.

NIEDERHOF Otto Kleiner wurde in Niederhof am 27.07.1929 geboren und verstarb am 06.04.2024 in Pfaffenhofen.  NIEDERLANGENAU

Sieghard Gall wurde am siebten Februar 1940 geboren und stammte aus Haus Nr. 182 in Niederlangenau. Er verstarb am 21. Februar 2023 mit 83 Jahren.

Es gab immer etwas zu lachen, da ihr Humor und ihr Frohsinn umwerfend war. Auch ihre Unternehmungslust hat uns geprägt. Durch Elli sind wir zum Schloß Lomnitz im Hirschberger Tal gereist und waren genau wie sie so sehr begeistert vom wiedererrichteten Schloß Lomnitz. Wir werden ihr Andenken in Ehren bewahren. Die Familie von Elli Renner und Carmen und Dirk Schulze, HOB Spindelmühle  SWITSCHIN

Franz Tscherney, geboren am 11.03.1941 in Switschin Nr. 46, verstarb am 31.03.2024 nach langer, schwerer Krankheit in seinem Wohnort Negast. Seine Mitarbeit am Gemeindegedenkbuch trug maßgeblich dazu bei, daß viele Dokumente, Geschichten und Fotos aus seiner Heimatgemeinde Switschin für die Nachwelt dokumentiert wurden. Hierfür gilt ihm unser Dank und seiner Familie unsere Anteilnahme.

Familiennachrichten aus dem Stadt- und Landkreis Trautenau Riesengebirgler Heimatkreis Trautenau e. V., Sitz Würzburg Geschäftsstelle/Riesengebirgsstube: 97070 Würzburg, Neubaustr. 12 Tel. 0931 12141, Fax 0931 571230 1. Vorsitzender Wigbert Baumann www.trautenau.de, eMail: riesengebirge-trautenau@freenet.de Sparkasse Mainfranken Würzburg IBAN: DE 31 7905 0000 0001 405695 BIC: BYLADEM1SWU

Der Riesengebirgler Heimatkreis Trautenau e. V. gratuliert zum Geburtstag 02.06. Enrico Schreyer, ehem. HOB Ketzelsdorf/Güntersdorf/ Söberle, zum 51. 04.06. Alfred Hackel, HOB Marschendorf I–IV, zum 93. 05.06. Sieghart Rind, ehem Beirat und ehemaliger HOB von Altrognitz, zum 84. 06.06. Volker Braun, ehemaliger HOB von Großaupa III (Petzer), zum 53. 07.06. Lothar Riemer, HOB Wolta, zum 64. 27.06. Elfriede Pich, ehemalige HOB Liebthal, zum 91.  ALTENBUCH

05.06. Margit Müller geb. Ueberla zum 92. 04.06. Anna Knuth geb. Pauer zum 91. HOB Markus Decker Tel. 0170 2120408 (ab 19.00 h)

 ALT-ROGNITZ

05.06. Sieghart Rind (AR 180) zum 84. 06.06. Anni Berger (AR 37) zum 85. 18.06. Martin Walsch (AR 144) zum 61. 29.06. Mathias Wolfgang Tschernitschek (AR 84) zum 65. HOB Andreas Hoffmann Tel. 03672 411729 eMail: brunnl@outlook.de

 ALTSEDLOWITZ -

MARKAUSCH 05.06. Horst Schreiber zum 84. 13.06. Elisabeth Tippelt geb. Petrasch zum 91. 19.06. Baldur Haase zum 85. 22.06. Margit Staude geb. Beier zum 90. 22.06. Gertrud von Speckelsen geb. Kühnel zum 85. 29.06. Vera Fritzlar geb. Fries zum 90. HOB Günter Henke Tel. 07257 2208 eMail: henke.g-f@t-online.de

 BAUSNITZ

03.06. Margit Flohr geb. Seidel zum 83. 15.06. Erika Dartsch geb. Fichtner zum 80. 23.06. Siegfried Fichtner zum 91. HOB Günter Henke s. Altsedlowitz


22 n BERNSDORF-BERGGRABEN

13.06. Gabriele Ruhs geb. Soukup zum 72. 26.06. Dietlinde Baldauf geb. Eschner zum 85. HOB Peter Stächelin Tel. 08171 26363

n DEUTSCH PRAUSNITZ

03.06. Ludmilla Lucinia geb. Hanusch (17) zum 87. 08.06 . Leopold Treschnak (24) zum 95. 08.06. Alfons Tschöp (123) zum 88. 11.06. Ingrid Kronberger geb. Flaschina (47) zum 82. 25.06. Adolf Weigel (24) zum 94. 25.06. Rosa Schulz geb. Weigel (24) zum 94. 28.06. Michel Rudolf (80) zum 88. HOB Markus Decker s. Altenbuch

n DÖBERLE

05.06. Margit Buttstedt geb. Hanscher (47) zum 88. 09.06. Renate Seydel geb. Seidel (92) zum 85. 15.06. Maria Beck geb. Fleischer (63) zum 96. 23.06. Helene Teschendorf geb. Franz (53) zum 86. Wir wünschen allen Geburtstagskindern von Herzen alles Gute, Glück und Gesundheit im neuen Lebensjahr. Unsere besonderen Glückwünsche gehen an Maria Beck (Kohla-Mariechen) nach Genthin zum 95. Geburtstag. HOB Dr. Siegfried Erben Tel. 03843 842088 eMail: dr.siefriederben@web.de

n DUBENETZ

17.06. Irmgard Großmann geb. Nedwidek (OD 52)zum 96. 20.06. Margit Schmied geb. Ermann zum 81. HOB Georgine Nitsch Tel. 08638 9822828 eMail: georgine.nitsch @t-online.de

n FREIHEIT

02.06. Adolf Gall zum 83. 05.06. Helga Risch geb. Renner zum 81. 20.06. Edeltraud Schmidt geb. Scholz-Ruhs zum 84. 30.06. Wera Schneider geb. Wende zum 92. HOB Dr.-Ing. Herbert Gall Tel. 03744 2413660

n GLASENDORF

06.06. Rudi Richter (Nr. 34) zum 79. 15.06. Erna Wilde geb. Zieris (Nr. 38) zum 81. 26.06. Irmgard Henke geb. Richter (Nr. 32) zum 88. HOB Alois Zieris Tel. 03578 314382

n GOLDENÖLS

17.06. Irmgard Bär geb. Hilbert zum 85. HOB Peter Stächelin Tel. 08171 26363

n GRADLITZ

01.06. Dr. med. Peter Falge zum 86. 01.06. Willi Birke zum 84. 13.06. Ruth Drögmüller geb. Kordina zum 87. 21.06. Erhard Mikysa zum 80. 26.06. Irma Reitmeier geb. Friebel zum 95. HOB Günter Henke s. Altsedlowitz

n GROSS-AUPA I und II

01.06. Anneliese Brönner geb. Hofer (II/65) zum 91. 01.06. Brigitte Borbe geb. Berger (II/59) zum 83. 02.06. Helga Tippelt geb. Weber (I/143) zum 82. 05.06. Christina Bergmann geb. Kneifel (II/211) zum 96. 06.06. Vera Hennig geb. Berger (I/172) zum 90. 06.06. Hedwig Krumm geb. Braun (II/17) zum 83. 08.06. Annemarie Heckmann geb. Dix (II/162) zum 83. 14.06. Anna Rössler geb. Bönsch (II/23) zum 89. 25.06. Erna Franz geb. Braun (II/47) zum 93. 25.06. Hans Joachim Berger (II/25) zum 88.

RIESENGEBIRGSHEIMAT 28.06. Renate Behrens geb. Braun (I/53) zum 89. 28.06. Adolf Tippelt (I/139) zum 86. 28.06. Klaus Peter Lindberg (I/178) Sagasser zum 80. HOB Christa Lang Handy: 0170 6523260

n KOKEN

04.06. Ottilie Schmid geb. Fleischer zum 89. HOB Josef Heina Tel. 03831 280179

n KÖNIGSHAN

03.06. Margit Flohr geb. Seidel zum 83. n GÜNTERSDORF 08.06. Kurt Breuer zum 94. KOMAR - HEGERBUSCH 10.06. Hannelore Maiwald 06.06. Sieghard Klenner geb. Schmidt zum 95. (Hegerbusch) zum 86. 15.06. Erika Dartsch 19.06. Johanna Schamberger geb. Fichtner zum 80. geb. Smischek zum 83. 16.06. Martha Bretthauer 24.06. Ernst Blaschke geb. Rindt zum 91. (K 44) zum 87. 17.06. Erna Pross HOB Georgine Nitsch geb. Schmidt zum 83. s. Dubenetz 22.06. Christof Ulrich Anders zum 68. n HARTMANNSDORF 26.06. Ruth Meier 22.06. Gertrud von Spreckelsen geb. Breuer zum 92. geb. Kühnel (Nr. 93) 28.06. Alois Anders zum 89. zum 85. 28.06. Gerhard Ringel zum 84. 29.06. Vera Fritzlar 29.06. Karin Ringel geb. Fries (Nr. 62) zum 90. geb. Wonkel zum 84. HOB Markus Decker s. Altenbuch HOB Günter Henke s. Altsedlowitz n HERMANITZ, BIELAUN, n KUKUS PRODE und GRABSCHÜTZ 16.06. Lisbeth Kittler geb. 23.06. Edeltraud Fronzek Schmitt (61/67) zum 87. geb. Reichelt zum 97. 18.06. Karl Langhammer 30.06. Margarete Dittrich (33) zum 92. geb. Müller zum 91. HOB Markus Decker s. Altenbuch 21.06. Ilse Lerch geb. Henreich (44) zum 96. n JUNGBUCH 26.06. Heidemarie Niendorf 10.06. Dr. phil. Friedemann geb. Sturm (32) zum 80. Mosler zum 92. 28.06. Marga Kühnel (47) zum 79. 13.06. Erna Lang 29.06. Wolftrud Rösel-Nahr geb. Fink zum 87. (73) zum 86. 14.06. Oskar Seehack zum 96. HOB Wolfgang Dittrich-Windhüfel 19.06. Luise Dürr Tel. 0761 2025553 geb. Bönsch zum 98. eMail: wodw54(at)gmail.com 19.06. Rainalda Weilacher n LAMPERSDORF geb. Bönsch zum 94. 29.06. Henry Dieter Josef Exner 08.06. Birgit-Ottilie Henke geb. Mreyen (1) zum 76. zum 80. 10.06. Siegfried Bischof 30.06. Erika Buss (174) zum 74. geb. Patzelt zum 85. HOB Markus Decker s. Altenbuch 11.06. Josef Künzel (173) zum 91. 11.06. Sandra Haselbach zum 47. n KAILE 14.06. Ulrika Falkenhagen 08.06. Erich Dvoratschek zum 81. geb. Bönsch zum 73. 27.06. Gertrud Schnitter 14.06. Elfi Rupp geb. Scharf zum 93. geb. Bönsch zum 73. HOB Günter Henke 14.06. Florian Haselbach s. Altsedlowitz zum 36. 15.06. Wolfgang Leder n KETZELSDORF (97) zum 84. 10.06. Rainer Kulhanek 15.06. Susanne Maassen (222) zum 94. geb. Tamm (68) zum 80. 15.06. Anna Tschullik geb. 16.06. Manfred Leißner Neumann (196) zum 95. (34) zum 80. 24.06. Edith Kühne (67) zum 92. 17.06. Hildegard Scheer HOB Georgine Nitsch geb. Illner (23) zum 91. s. Dubenetz 19.06. Roswitha Drews geb. Bürgel zum 83. n KLADERN 22.06. Dr. Günter Halla zum 84. 01.06. Horst Tasler zum 83. 24.06. Rainer Kejzlar 21.06. Gertha Härtel (62) zum 91. geb. Morak zum 88. 26.06. Gertraud Kubiková 25.06. Margarete Voss geb. Forst (137) zum 85. geb. Kriegler zum 95. 28.06. Gerda Hnizdilová HOB Josef Heina geb. Taube (36) zum 83. Tel. 03831 280179 HOB Günter Henke s. Altsedlowitz n KLEINAUPA 05.06. Uta Bick geb. Hofer zum 80. n LITTITSCH NEUJAHRSDORF 06.06. Maria Kowalski 30.06. Adolf Bartmann geb. Ruse zum 89. (Li. 53) zum 91. 06.06. Andreas Donat zum 56. HOB Georgine Nitsch 09.06. Roman Hofer zum 82. s. Dubenetz HOB Günter Henke s. Altsedlowitz n MARSCHENDORF I-II n KÖNIGINHOF 04.06. Alfred Hackel zum 93. DEUTSCH PODHART HOB Peter Stächelin 07.06. Christa Eberspächer Tel. 08171 26363 geb. Jannausch zum 87. 19.06. Dieter Jannausch zum 82. n MARSCHENDORF III-IV und DUNKELTHAL HOB Georgine Nitsch 03.06. Maria Watscheder s. Dubenetz geb. Bernkopf zum 92. n KÖNIGSHAN 21.06. Marie Heinze 11.06. Gerda Fechner geb. geb. Hampel zum 91. Grabiger zum 91. HOB Peter Stächelin 12.06. Bärbel Werner zum 66. Tel. 08171 26363 13.06. Günther Sagasser zum 79. n OBERALTSTADT 14.06. Franz Tasler zum 88. 09.06. Roswitha Ruscha 16.06. Siegfried Kober zum 80. geb. Gall, zum 81. 17.06. Maria Weis 15.06. Helene Fecher geb. Brunecker zum 90. geb. Kühnel zum 98. 20.06. Ilse Reichert 16.06. Franz Winter zum 94. geb. Thamm zum 82. 21.06. Rosel Roggendorf geb. 17.06. Eveline Stadlbauer geb. Haase zum 81. Kirchschlager zum 80. 20.06. Ernst Meergans zum 90. 24.06. Petra Matusek 21.06. Edeltraud Krämer geb. Tümpel zum 60. geb. Bradel zum 95. 25.06. Erich Klein zum 83. 21.06. Alois Demuth zum 84. 28.06. Anneliese Schön 22.06. Annelis Tasler geb. Bönsch zum 87. geb. Ludwig zum 94. 29.06. Günther Brunecker zum 88. 24.06. Hilde Krüger HOB Günter Henke geb. Mai zum 99. s. Altsedlowitz

25.06. Heinz Berger (unser „Rübezahl“) zum 94. 25.06. Edith Bollara geb. Menzel zum 89. 29.06. Margit Prager geb. Walesch zum 81. HOB Markus Decker s. Altenbuch n OBER-NIEDERALBENDORF

Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24.5.2024

n RAATSCH

07.06. Franz Weisser zum 93. 14.06. Jürgen Rindt zum 80. HOB Andreas Hoffmann s. Alt-Rognitz

n RADOWENZ

03.06. Karl Winter zum 85. 21.06. Otto Sagner zum 77. 28.06. Erwin Kohl zum 81. 28.06. Horst Bartmann zum 73. 29.06. Ingrid Bach geb. Rzehak zum 75. HOB W. Thole Tel. 06196 44836

und DÖRRENGRUND 01.06. Ilse Stehling geb. Polz (Dörrgrd.) zum 94. 01.06. Hilda Heuck geb. Lamer (Dörrgrd.) zum 82. 24.06. Auguste Schröder geb. Polz (Dörrgrd.) zum 94. n SCHATZLAR, STOLLEN, 26.06. Inge Schwab geb. Tamml (O. A.) zum 87. BOBER, BRETTGRUND/ WERNSDORF, REHORN/ HOB Helena Kessler QUINTENTAL, SCHWARZTel. 09355 1047 WASSER n OBER-NIEDERKOLBENDORF 01.06. Margareta Fiedler geb. 03.06. Roswitha Ilgner geb. Kirchschlager zum 94. Kramer (O. K.) zum 79. 05.06. Johannes Ullrich zum 84. 21.06. Gerhard Pfluger 08.06. Kurt Baier zum 95. (O. K.) zum 89. 08.06. Erika Rohlicková HOB Helena Kessler geb. Turicek zum 86. Tel. 09355 1047 09.06. Wolfgang Schöbel zum 74. 12.06. Willi Gabert zum 95. n PETZER 15.06. Gertrud Hoormann 06.06. Karl-Heinz Knauer geb. Schremmer zum 93. zum 78. 15.06. Rudolf Schremmer zum 93. 15.06. Adolf Erlebach zum 90. 17.06. Lotti Fink 18.06. Gertrud Hoffarth geb. Ehlers zum 91. geb. Tippelt zum 92. 17.06. Gerda Neuwirth 19.06. Edeltraud Ertl zum 92. geb. Resnitschek zum 91. 20.06. Edith Jilge 19.06. Erwin Kasper zum 90. geb. Tippelt zum 91. 19.06. Rosa Brandt 22.06. Erika Angermeier geb. Nepovedany zum 83. geb. Tippelt zum 85. 20.06. Carl-Heinz Kamel zum 64. 28.06. Ernst-Dieter Großmann 21.06. Werner Ohnrich zum 94. zum 84. 21.06. Norbert Kotscharnik .30.06. Hubert Buchberger zum 75. zum 89. 23.06. Fritz Bürkle zum 83. 30.06. Herbert Schröfel 24.06. Erna Goldmann zum 93. zum 92 25.06. Else Neurath HOB Christa Lang geb. Kohl zum 94. Handy: 0170 6523260 25.06. Rosl Wende zum 92. 25.06. Helmut Feist zum 86. n PILNIKAU - PILSDORF 25.06. Christa-Heidi Kirsch 01.06. Dr. Peter Falge geb. Olbrich zum 80. (Pd I/175) zum 86. 26.06. Christine Diedrich 04.06. Elvira Stryniak geb. Ullrich zum 86. geb. Exner (Pi 69) zum 95. 27.06. Dietmar Hübner zum 83. 04.06. Bruno Sturm 28.06. Hannelore Kumpf (Pi 59) zum 94. geb. Richter zum 88. 05.06. Anneliese Schöwel 29.06. Cäcilia Demuth (Pd II/108) zum 82. geb. Reisinger zum 83. 06.06. Horst Dieter Luschtinetz 29.06. Rudolf Höhsl zum 79. (Pi 77) zum 80. HOB Günter Henke 07.06. Jürgen Windischmann s. Altsedlowitz (Pd I/43) zum 76. n SILWARLEUT 08.06. Hedwig Ettrich 18.06. Ingeborg Weigelt geb. Kühnel (Pd II/132) geb. Pospischil zum 88. zum 96. HOB Georgine Nitsch 08.06. Hedwig Otto geb. Kunert (Pd II/138) zum 86. s. Dubenetz 10.06. Hubert Wick n SLATIN (Pd II/114) zum 80. 03.06. Renate Reiss 11.06. Annelies Koblischek zum 77. (Pd II/114) zum 90. 18.06. Klaus Efler zum 89. 12.06. Prof. Dr. Hubertus 24.06. Herbert Rudolf zum 69. Windischmann In heimatlicher Verbundenheit (Pd I/43) zum 93. und bleiben Sie alle recht gesund. 15.06. Harald Windischmann Euer HOB Wilfried Rudolf (Pd I/43) zum 85. Tel. 05086 2278 17.06. Erna Hanisch geb. Stuchlik (Pd II/155) n SÖBERLE zum 96. 18.06. Edeltraud Elsässer geb. 03.06. Siegfried Rücker (59) zum 83. Wagner (Pi 106) zum 88. 18.06. Annelies Trenner geb. 09.06. Irma Sechtin geb. Baier (14) zum 91. Purmann (Pi 44) zum 86. 13.06. Rudi Baier (14) zum 89. 19.06. Winfried Starke HOB Georgine Nitsch (Pi 120) zum 86. s. Dubenetz 20.06. Rosa Bohl geb. Richter (Pd I/60) zum 95. 25.06. Heidemarie Blendinger n SOOR 05.06. Johann Feistauer geb. Klug (Pd I/137) (OS/KR 122) zum 86. zum 82. 14.06. Margarete Riebe geb. 25.06. Olaf Schorm Seidel (OS 18) zum 88. (Pd II/177) zum 90. 20.06. Herta Just geb. Schirmer 26.06. Peggy Toth geb. (OS 27) zum 97. Wagner (Pd I/82) zum 96. 29.06. Dr. Marielies Krippendorf 25.06. Erika Wietzke geb. Letzel (NS 68) zum 94. geb. Frantel (Pi 151) 27.06. Siegfried Just (OS) zum 83. zum 85. HOB Edith Niepel 30.06. Leopold Berger Tel. 03841 632765 (Pd I/50) zum 91. HOB Markus Decker s. Altenbuch n STAUDENZ n QUALISCH 13.06. Walli Just zum 88. 05.06. Gerhard Jüptner zum 79. 13.06. Angela Patzak zum 65. 10.06. Edeltraud Hübner 14.06. Horst Tippelt zum 87. geb. Springer zum 94. 23.06. Edith Erben zum 89. 10.06. Edith Hübner HOB Günter Henke geb. Springer zum 94. s. Altsedlowitz 15.06. Christa Joppich n STERN geb. Kohl zum 85. 10.06. Rainer Gottwald zum 84. 16.06. Irmgard Heinzerling zum 88. HOB Georgine Nitsch 17.06. Bärbl Altmann s. Dubenetz geb. Efler zum 92. n TRAUTENAU HOB Günter Henke 03.06. Edeltraud Pfeil zum 92. s. Altsedlowitz

03.06. Ingrid Festel geb. Anders zum 84. 04.06. Margarethe Friemel zum 93. 08.06. Gerhard Krause zum 96. 09.06. Werner Matiaske zum 82. 09.06. Christel Mava zum 79. 10.06. Anton Fiedler zum 99. 13.06. Evelin Dostal geb. Kügler zum 90. 14.06. Edeltraud Bradler zum 96. 16.06. Erna Körner geb. Tippelt zum 85. 22.06. Dr. Margarethe Teichmann geb. Burglies zum 77. 28.06. Dieter Barth zum 82. HOB Markus Decker s. Altenbuch n TRAUTENAU-

HOHENBRUCK 04.06. Fritz Menz-Bittner zum 97. 06.06. Franz Fiedler zum 87. 19.06. Günter Fiedler zum 85. 24.06. Christa Lichtenheld geb. Kayser zum 76. 30.06. Holger Hofmann zum 67. HOB Harald Richter Tel. 02224 81437 eMail: UHRichter@t-online.de

n WEIGELSDORF-

KALTENHOF 04.06. Juliane Cersovsky (We 30) zum 92. 08.06. Gretel Langner geb. Hoffmann (We 82) zum 97. 09.06. Roland Falge (We 71) zum 81. 11.06. Annelies Heimanns geb. Frühbauer (Ka 3) zum 95. 14.06. Wiszniewski geb. Weiss, (We 51) zum 97. 16.06. Brunhilde Mann geb. Gottwald (We 61) zum 84. 20.06. Ida Ehehalt geb. Richter (Ka 26) zum 95. 23.06. Edeltraud Bradl geb. Woitech (We 40) zum 92. 24.06. Christl Blazejewski geb. Richter (We 21) zum 89. 26.06. Rudolf Kühnel (We 10) zum 78. HOB Markus Decker s. Altenbuch

n WELHOTTA-BÖSIG

09.06. Christa Webesib zum 81. 21.06. Sigrid Walhauser zum 81. HOB Sieglinde Wolf

n WIHNAN

22.06. Brigitte Juckel geb. Bartmann zum 72. HOB Josef Heina Tel. 03831 280179

n WILDSCHÜTZ

02.06. Walburga Stromer geb. Langer (Hof) zum 93. 02.06. Maria Kühnel geb. Baudisch (119) zum 85. 13.06. Hilda Rupprecht geb. Kühnel (176) zum 89. 23.06. Hedwig Bauch geb. Baudisch (159) zum 84. 27.06. Maria Kuhn geb. Spiller (131) zum 87. 30.06. Helga Freundorfer geb. Reh zum 83. HOB Markus Decker s. Altenbuch

n WÖLSDORF

26.06. Helmut Filip (OW 11) zum 87. 27.06. Fritz Kriegler (OW 19) zum 93. HOB Wolfgang Dittrich-Windhüfel s. Kukus

n WOLTA

06.06. Günther Böhm zum 96. 06.06. Maria Cierzniak geb. Kirchschlager zum 91. 25.06. Inge Eger geb. Baudisch zum 80. 28.06. Helga Klenk geb. Böhm zum 93. HOB Lothar Riemer Tel. 0816 8874937 eMail: lothar@riemeronline.com n ZIESMITZ

07.06. Elsa Lien geb. Tschöp zum 93. HOB Georgine Nitsch s. Dubenetz

WIR BETRAUERN n FREIHEIT

Gerhard Franz Karl Fleischer, geboren am 20.02.1932 in Freiheit, verstorben mit 92 Jahren am 18.04.2024 in Geislingen an der Steige.


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RIESENGEBIRGSHEIMAT

Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24.5.2024

� Nachrufe/Freiheit

Prof. Dr. Winfried Kreutzer ist verstorben Der Riesengebirgler Heimatkreis Trautenau nimmt Abschied von seinem Ehrenmitglied Prof. Dr. Winfried Kreutzer, Romanist und Riesengebirgler von ganzem Herzen. Die Teilnehmer des Heimatkreistreffens im angeregten Austausch sowie bei Speis‘ und Trank (oben/unten). Fotos: Christine Geßendörfer, Wigbert Baumann

� Heimatkreistreffen Trautenau 2024

79. Heimatkreistreffen 2024 in Würzburg Am 27. und 28. April haben zwei Dutzend Heimatfreundinnen und Heimatfreunde teils lange Wege nach Würzburg nicht gescheut.

D

ie am weitesten Anreisenden kamen aus Berlin, Köln, Bad Honnef. Sogar ein österreichischer Heimatfreund aus der Linzer Gegend kam eigens nach Mainfranken, um eine Kiste mit Fotos, Postkarten, Dokumenten, Anstecknadeln (und mehr) seiner Vorfahren aus dem Riesengebirge zu treuen Händen hier in der Riesengebirgsstube abzugeben. Am Samstag fanden wir rund um die Riesengebirgsstube zusammen. Eine Vorstandssitzung im eigentlichen Sinne konnte nicht stattfinden, da die Anreise je nach Verkehrslage bis 12:30 Uhr bei Einzelnen dauerte. Mit leerem Magen läßt sich schlecht beraten, also waren belegte Brötchen zur Hand, um knurrende Mägen zu besänftigen. Dann war es schon fast vierzehn Uhr und die Jahreshauptversammlung mit den Vereinsformalitäten wartete auf die Mitglieder des Heimatkreises. Im Jahr zuvor, 2023, waren in der Versammlung dreizehn Mitglieder, heuer waren wir einundzwanzig. Über das letzte Jahr gesehen weilen manche Riesengebirglerinnen und Riesengebirgler nicht

mehr unter uns. Wir mußten uns von ihnen in den Familien verabschieden. Die Versammelten hielten inne zum Totengedenken. Dankenswerterweise macht die frühere Geschäftsführerin Andrea Huber seit einem guten Jahr die Buch- und Kassenführung. Letztere wurde von Lothar Streck geprüft und für in Ordnung befunden. So wurden Vorstand und Beiräte für das vergangenes Jahr einstimmig entlastet. Die Koordination der Heimatortsbetreuer wurde von Günter Henke nach vielen Jahren geordnet auf Georgine Nitsch übertragen. Erfreulich, daß es da weitergeht. Über Verschiedenes wurde angeregt, aber nicht aufgeregt debat-

tiert. Heimatfreund Werner Honal stellte noch sein „Voraus“Buch, in englischer Sprache und über das Schaffen der Altrognitzer Bildhauerfamilie Patzak in der Barockzeit, vor. Er plant ein noch umfangreicheres Buch zu dem Thema, dann auch auf Deutsch. Wir lassen uns gerne überraschen! Ebenso erfreulich ist, daß die Mitglieder im Großen und Ganzen mit der Arbeit des Vereinsvorstands zufrieden sind. Als Überraschungsgast kam Karen Flöter, eigentlich eine „Braunsche“, die im Beruf als Gymnasiallehrerin am hiesigen Würzburger Wirsberg-Gymnasium arbeitet. Sie hatte letztes Jahr eine Klassenfahrt nach Trautenau ins

Auge gefasst, realisiert und zeigte uns einige kommentierte Bilder von den deutsch-tschechischen Aktivitäten in und um Trautenau. Der Gegenbesuch der Trautenauer Schülerinnen und Schüler folgte im September des Jahres. Als Zugabe hatte Karen Flöter auch noch Kuchen gebacken und mitgebracht. Herzlichen Dank! Zum Abend und zum Essen hatten wir die Wahl zwischen den reichhaltigen Angeboten der Würzburger Gastronomie. Ich denke, unterfränkischer Spargel war der Renner auf der Speisekarte. Sonntagvormittag war Gelegenheit zum individuellen Besuch des Gottesdiensts gegeben. Zur Mittagszeit fanden sich fast zwei Dutzend Heimatfreundinnen und Heimatfreunde im Lokal „Schusters zur Zeller Au“ ein. Der Erste Vorsitzende schwang keine großen und langen Reden, die knappen vier bis fünf Stunden vergingen wie im Flug. Dann mußten sich die weither Gekommenen schon wieder, nach angeregten Gesprächen an den Tischen, auf die Heimfahrt begeben. Bevor wir auseinander gingen, stimmte ein Heimatfreund noch ein kleines Lied an. Der Berichterstatter ist sich sicher, daß wir auch im nächsten Jahr das Riesengebirgslied singen werden. Wigbert Baumann

� Nachrufe/Freiheit

� Wolta

Neuer Heimatortsbetreuer

Ein Nachruf auf Gerhard

für den Ort Wolta

Franz Karl Fleischer Der aus Freiheit stammende Riesengebirgler ist verstorben.

Woltas neuer HOB Lothar Riemer möchte sich Ihnen, liebe Riesengebirgler, gerne vorstellen.

M

ein Name ist Lothar Riemer und ich wohne in Freising bei München. In über vierzig Jahren als Polizeibeamter habe ich in über zehn verschiedenen Dienstorten im In- und Ausland gearbeitet und bin seit 2020 in Pension. Über die Ahnenforschung gelangte ich väterlicherseits zum Ort Wolta. Dort ist die Familie laut Unterlagen des Prager Staatsarchivs seit 1545 dokumentiert. Zu meiner Überraschung fand ich beim Besuch des dortigen Friedhofes das unversehrte Grab meines Urgroßvaters Augustin Riemer, welches ich einige Monate später bei der Friedhofsverwaltung für die nächsten zehn Jahre mietete. Ich freue mich, daß ich nun die verdiente Nachfolge von Günter Henke antreten darf. Ein herzliches Dankeschön gebührt an

G

Lothar Riemer.

Foto: L. Riemer

dieser Stelle seiner unermüdlichen ehrenamtlichen Tätigkeit. Sollten Sie Fragen oder Wünsche bezüglich des Ortes Wolta oder hinsichtlich der Ahnenforschung haben, stehe ich gerne unter den genannten Kontaktdaten zur Verfügung. In diesem Sinne, Ihnen allen eine gute Zeit und bleiben Sie gesund. Herzlich, Ihr Lothar Riemer HOB Wolta

(NICHT) GEKOMMEN UM ZU BLEIBEN... Ausstellung im Rathausfoyer Würzburg vom 5.–31. Juli 2024 Vernissage: Freitag, den 5.7.2024, um 15.30 Uhr im Ratssaal der Stadt Würzburg, mit einem Grußwort von Bürgermeisterin Judith Roth-Jörg.

erhard Franz Karl Fleischer kam am 20. Februar 1932 im Ort Freiheit als zweiter Sohn der Eheleute Leopold und Wilma Fleischer, geborene Kudernatsch, zur Welt. Er ist am 18. April 2024 in Geislingen an der Stei- Gerhard Franz Karl Fleischer im 87. Lebensjahr in seiner Heimat mit der Schneekoppe im Hinge verstorben. Foto: Herbert Gall Er arbeitete bereits tergrund. als Kind als Pferdekutscher in der Papierfabrik Piette, sehr verbunden, besuchte sie in mit deren Sohn er als Kind eng späteren Jahren häufiger und befreundet war. sprach auch in Schwaben, wann Diese Berufstätigkeit eröffne- immer er auf Landsleute traf und te ihm auch die Möglichkeit, mit jedes Weihnachten, konsequent der Familie in der Heimat zu ver- seinen Heimatdialekt. bleiben (vermutlich in der GeEr war ebenfalls Mitglied im birgsstraße Nr. 76), allerdings Heimatkreis Trautenau. beschlossen die Eltern, dort nicht Nach dem Tod seiner Eheisoliert von Verwandten, Freun- frau 2016 verblieb er bis in sein den und Bekannten, die vertrie- 91. Lebensjahr selbständig in seiben wurden, zurückzubleiben. nem Haus in Gingen an der Fils, Daraufhin verlor er mit vierzehn bis Erkrankungen seinen Umzug Jahren seine Heimat, worunter er in die DRK-Seniorenresidenz in sein Leben lang litt. Geislingen an der Steige notwenIn Göppingen heiratete er 1952 dig machten. die Schwäbin Else Fleischer, geb. Nach weiteren schweren ErDudium. Aus dieser Ehe gingen krankungen schlief er dort nun drei Söhne, zwei Enkel und vier friedlich ein. Urenkel hervor. Herbert Gall, Er blieb seiner RiesengebirgsHOB Freiheit, nach Angaben von heimat sein Leben lang immer Dr. Klaus Fleischer

Professor Dr. Winfried Kreutzer. Foto: Wigbert Baumann

A

ls Winfried Kreutzer am 23. März 1940 geboren wurde, merkte man in Trautenau am Fuße des böhmischen Riesengebirges noch wenig von der kommenden Katastrophe. Er war das erste Kind des Buchhalters Emil Kreutzer und seiner Ehefrau Elfriede, einer Kindergärtnerin. Aber das Unheil war nicht aufzuhalten. Angesichts der beginnenden Vertreibungsgräuel floh die inzwischen vierköpfige Familie in den Westen. Nach einigen Lageraufenthalten fand sie 1946 in Thüngfeld bei lieben Bauersleuten eine Unterkunft. Eingeschult in Schlüsselfeld, besuchte Winfried Kreutzer nach dem Umzug der Familie nach Höchstadt/ Aisch noch anderthalb Jahre die dortige Volksschule. Auf den Besuch des Humanistischen Gymnasiums in Forchheim in den Fünfziger Jahren folgte sein Studium der Anglistik und Romanistik an der Uni Erlangen. Er konzentrierte sich auf die romanischen Sprachen Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch und Rumänisch. Nach Dissertation und Habilitation begann seine Lehrtätigkeit an der Uni Würzburg mit vielen Auslandsaufenthalten im romanischen Sprachraum. Prof. Kreutzer war Gründungsmitglied der DeutschIberischen Gesellschaft Würzburg e.V. und wurde 1991 zum Präsidenten der DIG gewählt. Er füllte das Ehrenamt mit Leib und Seele bis 2009 aus. Mit viel persönlichem Herzblut setzte er sich für die Ziele der DIG ein. Professor Winfried Kreutzer als langjährigem Mitglied und Förderer des Heimatkreises wurde am 16.03.2013 die Ehrenmitgliedschaft verliehen. In den 2000er Jahren war er regelmäßiger Besucher der „Schatzsuche mit Rübezahl“ im „Herrgottswinkel“ der Riesengebirgsstube. Ab 2012 übernahm er auch die Leitung bis April 2023. Professor Kreutzers offene Herzlichkeit, der Wille, anderen Menschen sein enorm großes Wissen zu vermitteln und es mit ihnen zu teilen, haben wir im Wirken für den Heimatkreis, bei

� Heimatortsbetreuer

Neue HOBSprecherin Günter Henke übergibt seine Arbeit als Heimatortsbetreuer und ebenfalls Sprecher der Ortsbetreuer ab dem ersten Juni an Georgine Nitsch.

M

eine liebe Freundin Georgine Nitsch (ihre Adressdaten lauten: Tel. 08638 9822828 sowie

Heimattreffen und vor allem bei der „Schatzsuche mit Rübezahl“ über viele Jahre schätzen gelernt. Zu erwähnen ist seine Mitarbeit als ein Zeitzeuge und auch Mitgestalter der Ausstellung „Vertreibung, Integration, Versöhnung“, die 2013 zweimal in Würzburg im Rathaus und im Foyer der Sparkasse der Öffentlichkeit mit großer Resonanz gezeigt wurde. Bei der „Schatzsuche mit Rübezahl“ jeden Monat in der Riesengebirgstube konnten wir Professor Kreutzer, als „Dozent“ immer gut vorbereitet zur böhmischen Geschichte, zu Josef Mühlberger, einem Trautenauer Schriftsteller, zu Geschichten von Paschern, Finanzern und vielem mehr zuhören. Er beeindruckte mit immensem, breitem Wissen zu den Deutschen in den Böhmischen Ländern. Mit ansteckendem Humor und dem Schalk im Nacken setzte er mancher Schatzsuche ein Sahnehäubchen auf. Im April 2023 erlaubte seine Gesundheit nicht mehr den Weg zur Riesengebirgsstube. Die gesundheitlichen Problem waren offensichtlich, aber mit stoischer Einstellung bereicherte uns Professor Kreutzer weiter, bis es zuletzt wirklich nicht mehr ging. Das Alter forderte unbarmherzig seinen Tribut. Professor Kreutzer war ein Mensch, den man nicht vergißt, wenn man ihn gekannt hat. Er war ein Professor und auch ein Riesengebirgler Sproß vom alten Schlag. Er war, wie alle großen Menschen, bescheiden, freundlich und nahbar. Gepflegt von seinem Sohn Christoph über die letzten Jahre, schlief er am Ostermontag, dem ersten April 2024, kurz nach seinem 84. Geburtstag Zuhause friedlich ein und kehrte wieder zur Kreutzer-Familie nach Höchstadt/Aisch zurück. Die „Schatzsucher“ und der Riesengebirgler Heimatkreis vermissen den Menschen Winfried Kreuzer sehr. Prof. Dr. Winfried Kreutzer 2013 in der Ausstellung „Vertreibung, Integration, Versöhnung“: „Die (Städte-) Partnerschaft von Würzburg und Trutnov ist für mich ein Zeichen, daß sich alles ein wenig gelockert hat, daß sich das Verhältnis zwischen Vertriebenen und Tschechen allmählich normalisiert und entspannt.“ „Que aunque la vida perdió Dejonos harto consuelo: Su memoria.“ „Obwohl er das Leben verlor, hinterließ er uns reichen Trost: sein Gedächtnis.“ Dies sind Verse von Jorge Manrique (1440–1479), die er zum Tode seines Vaters anno 1476 geschrieben hat. Winfried Kreutzer ruhe im Frieden Gottes. Wigbert Baumann 1. Vorsitzender RHT e.V. eMail: georgine.nitsch@t-online. de) wird alle meine Tätigkeiten als Ortsbetreuer sowie die Arbeit als Sprecher der HOB, Kreis Trautenau, ab dem ersten Juni 2024 übernehmen. Ich stehe Georgine Nitsch und auch allen, die es wollen, eingeschränkt zur Verfügung. Sie hat schon weitere Kanäle im Kopf, um die Arbeit des HOB-Sprechers auf größere Füße zu stellen. Bitte, liebe Heimatfreunde, wendet Euch bei Fragen vertrauensvoll an sie. Mit heimatlichen Grüßen Günter Henke HOB


24

74. SUDETENDEUTSCHER TAG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 21 | 24.5.2024

Frontmann Wolfgang Klemm brachte mit seiner preisgekrönten Mundart-Band „Mauke“ Gablonzer Kultur und Lebensart nach Augsburg. Rechts: Das Prachiner Ensemble zeigte Volkstanz vom Feinsten.

Fotos: Torsten Fricke

HEIMAT!abend auf dem 74. Sudetendeutschen Tag

Tracht, Musik & Tanz fürs Herz Die Festreden für den Verstand, der HEIMAT!abend fürs Herz: Tracht, Musik und Tanz waren auch an diesem Pfingstsamstag wieder der emotionale Höhepunkt des Sudetendeutschen Tages. Kurt Pascher und seine Original Böhmerwälder Musikanten sorgten bereits beim Einzug der Gruppen beim HEIMAT!abend für Stimmung.

D

Klarinette und tschechischer Dudelsack bilden zusammen mit Violine und Kontrabaß das musikalische Fundament des Prachiner Ensembles.

ie Regie und Moderation hatte erneut Roland Hammerschmied übernommen, der am Vorabend für sein nachhaltiges und vielfältiges Engagement mit dem Sudetendeutschen Kulturpreis für Heimat- und Volkstumspflege (siehe Seite 10 und 11) ausgezeichnet worden. Gemeinsam mit der Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch, realisierte Hammerschmied ein zweistündiges Programm mit Tracht, Musik und Tanz (Bericht Seite 13). Der Abend fand dann seine Fortsetzung mit dem Sudetendeutschen Volkstanzfest, das Tanzmeisterin Sabine Januschko leitete.

Die Egerländer Familienmusik Hess aus Hirschhorn/Neckartal. Die Anfänge der Gruppe reichen bis in das Jahr 1974 zurück.

Heimatpflegerin Christina Meinusch und Roland Hammerschmied, Regisseur und Moderator des HEIMAT!abends, begrüßten die Gäste.

Die Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München begeisterte mit mehreren Tanz- und Gesangseinlagen die Gäste auf dem HEIMAT!abend am 74. Sudetendeutschen Tag in Augsburg.

Das Prachiner Ensemble aus Strakonitz präsentiert den Kulturreichtum der Prachiner Region und des Böhmerwaldes.

Höhe- und Schlußpunkt des HEIMAT!abends: Alle Künstler und die Gäste singen gemeinsam „Kein schöner Land in dieser Zeit – als hier das unsre weit und breit, – wo wir uns finden wohl untern Linden – zur Abendzeit“.


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