BdV feiert Tag der Heimat im Sudetendeutschen Haus (Seiten 8 und 9)
Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung HEIMATBOTE
Jahrgang 76 | Folge 38 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 20. September 2024
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Postvertriebsstück · Deutsche Post AG · Entgelt bezahlt Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH · Hochstraße 8 · D-81669 München · eMail zeitung@sudeten.de
Sudetendeutsche Zeitung
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Hochwasserkatastrophe in Tschechien und Mitteleuropa
HEIMATAUSGABEN IN DIESER ZEITUNG
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Tod, Zerstörung – und Fake-News
Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
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Erstmals ist eine Naturkatastrophe in Tschechien dazu mißbraucht worden, um im großen Stil über Social-Media-Kanäle Fake-News zu verbreiten, in denen behauptet wurde, es gäbe kein Hochwasser oder die Katastrophe sei von der Regierung gesteuert worden. Tschechiens Präsident Petr Pavel rief die Bürger dazu auf, Polizei und Feuerwehr zu vertrauen und den Anweisungen zu folgen, um Leben und Gut bestmöglich zu schützen. Gleichzeitig lobte das Staatsoberhaupt den öffentlichrechtlichen TV-Kanal ČT24 und andere seriöse Medien.
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Mitteilungsblatt für den früheren Gerichtsbezirk Zuckmantel im Altvatergebirge
Dauereinsatz für die Rettungskräfte: Von Bord eines Polizeihubschraubers aus retten Feuerwehrleute Hochwasseropfer in Südmähren aus den Fluten. Foto: Feuerwehr Kreis Südmähren
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ie Zahl der Todesopfer und das ganze Ausmaß der Schäden sind derzeit noch nicht absehbar. Der Sprecher der Su-
detendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, zeigte sich tief getroffen von der Katastrophe und hat die sudetendeutschen Landsleute aufgerufen, für die Hochwasseropfer in der Wurzelheimat zu spenden (siehe Seite 5). Posselt war am Wochenende Gastgeber der Ideenwerkstadt „Sudetendeutsch-Tschechische Kooperationen“, die in Haindorf im Isergebirge getagt hatte, das ebenfalls vom Hochwasser bedroht wurde (siehe unten und Seite 3). Besonders betroffen vom Hochwasser waren außerdem Schlesien sowie Niederösterreich. In vielen Gegenden Mitteleuropas wurde Katastrophenalarm ausgelöst. Ganze Regionen mußten evakuiert werden. Mehr Seite 5
Zwischen zwei Hochwassereinsätzen kam Martin Půta zur Ideenwerkstatt „Sudetendeutsch-Tschechische Kooperationen“ ins Kloster Haindorf
Reichenbergs Regionalhauptmann lädt die Sudetendeutsche ein
Zum Gedenktag des heiligen Wenzel werden wieder die Kronjuwelen ausgestellt. Foto: Prager Burg
Im Prager Veitsdom
Gelbe Warnweste, dicke Jakke und festes Schuhwerk: Reichenbergs Regionalhauptmann Martin Půta kam am Samstag zwischen zwei Hochwassereinsätzen zur Ideenwerkstatt „Sudetendeutsch-Tschechische Kooperationen“ ins Kloster nach Haindorf – mit einer guten Nachricht im Gepäck.
Kronjuwelen werden wieder ůta ist seit 2012 Regionalausgestellt Phauptmann und damit auch Anläßlich des Gedenktages des heiligen Wenzel am 28. September hat Staatspräsident Petr Pavel entschieden, die böhmischen Kronjuwelen in der Prager Burg öffentlich zu zeigen. Die diesjährige Ausstellung mit dem Titel „Die geheimnisvolle Macht der Edelsteine“ läuft bis Montag, 30. September.
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it Hilfe von holografischer Animationen wird erstmals die ursprüngliche Farbgebung der Krone, mit der Karl IV. im Jahr 1347 gekrönt wurde, dargestellt. Die 13 grünen Smaragde und 60 Perlen, die die Krone bei seiner Krönung dominierten, wurden von Karl IV. am Ende seines Lebens durch blaue Saphire ersetzt. Seit 1791 werden Wenzelskrone, Zepter und Reichsapfel in einer hochgesicherten Kammer in der St.-Wenzels-Kapelle des Veitsdomes aufbewahrt. Die Tür ist mit sieben Schlössern ausgestattet, die von sieben staatlichen und geistlichen Würdenträgern verwahrt werden. Schlüsselinhaber sind der Präsident, der Premierminister, der Prager Erzbischof, der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, der Vorsitzende des Senats, der Dekan des Metropolitankapitels der St.-Veits-Kathedrale und der Prager Oberbürgermeister. Die Insignien sind im Vladislav-Saal der Prager Burg während der Ausstellungsdauer von 9.00 bis 17.00 Uhr zu sehen.
für die Kulturpolitik in seiner Region verantwortlich. Zudem gehört der 53jährige, der am Vortag seines Besuchs Geburtstag hatte, dem Präsidium der Euroregion Neisse-Nisa-Nysa an und ist seit 2014 stellvertretender Vorsitzender des Verbands der Kreise in der Tschechischen Republik. Půta nutzte sein Kommen, um eine Einladung an die Sudetendeutschen auszusprechen. „Ich würde mich freuen, wenn eine größere Veranstaltung in der Region Reichenberg stattfindet“, sagte der Regionalhauptmann und erhielt dafür großen Beifall von den Konferenzteilnehmern. „Ich bedanke mich für diese großartigen Worte. Wir machen sicher etwas in dieser Region. Wir fühlen uns hier sehr wohl“, sagte Volksgruppensprecher Bernd Posselt zum Regionalhauptmann, den er bereits seit vielen Jahren kennt. Man werde jetzt die Kommunalwahlen abwarten müssen, aber sich noch in diesem Jahr zusammensetzen, um konkrete Schritte zu planen. Während der Regionalhauptmann die nächsten Hochwassereinsätze koordinierte, leitete Bernd Posselt am Sonntagvormittag das Abschlußpodium zum Thema „Was bedeutet Wiederbelebung der Heimat im Europa von morgen?“. Seine Gesprächspartner waren der ehemalige Europa- und Bundestagsabgeordnete Milan Horáček, Roman Klinger, der den Osterritt in Nixdorf wiederbelebt hat, Christina Meinusch, die Heimatpflege-
Von links: Regionalhauptmann Martin Půta, Alfred Miller, Volksgruppensprecher Bernd Posselt, Libor Rouček und Steffen Hörtler.
Der Reichenberger Regionalhauptmann Martin Půta wurde von den Sudetendeutschen herzlich aufgenommen. rin der Sudetendeutschen, Petra Laurin, die sich in vielfältiger Weise für die deutsch-tschechischen Verständigung engagiert, und Natascha Dulíčková, die ins Isergebirge gezogen ist, und damit in die Heimat ihrer sudetendeutschen Urgroßeltern, die nach dem Krieg vertrieben wurden. Mit zwei Sprachen sei Böhmen schon immer ein europäisches Land gewesen, zumal hier auch die Paneuropa-Idee geboren wurde, erklärte Posselt und sah in der Familiengeschichte von Natascha Dulíčková ein modernes Beispiel für dieses Euro-
päertum. Die junge Frau wurde in Osthessen geboren, hat aber seit früher Kindheit mit ihren Großeltern das Isergebirge besucht. Ihr Freiwilliges Jahr absolvierte sie in Prag bei Antikomplex, lernte dort ihren tschechischen Mann kennen. Mittlerweile lebt das Paar in Raspenau und hat vier Kinder, die zweisprachig aufwachsen. Diese Verbindung stehe exemplarisch „für das selbstverständliche Europäertum der jungen Generation mit Traditionsbewußtsein und Wurzelsuche“, so Posselt. Eindrucksvoll ist auch die Geschichte von Roman Klinger, Auch wenn der Schwarzbach zum reißenden Gebirgsfluß mutierte, blieb Haindorf vom Hochwasser verschont. Das Kloster ist ohnehin hochwassersicher auf einem kleinen Hügel gebaut worden.
dessen Familie nicht vertrieben wurde. Als wohl in seinem Ort einziger Bürger mit deutschen Wurzeln hat er es geschafft, in Nixdorf eine sudetendeutsche Tradition wiederzubeleben – den Osterritt. Für Klinger war dies auch eine Familienangelegenheit. Sein Urgroßvater war der letzte Vorsitzende des Osterreitervereins gewesen. „Es hat sich wie Wiedergutmachung angefühlt. Alles Schlechte der vergangenen 70 Jahre war wie weggewischt“, beschrieb Klinger seine Gefühlslage beim Auftakt. „Verbliebene Deutsche haben zwar nicht ihre Heimat verloren, aber die Heimat hat sich für die Menschen sehr geändert“, berichtete auch Petra Laurin, die sich unter anderem als Journalistin, Autorin und als Leiterin einer Begegnungsstätte für den deutsch-tschechischen Dialog einsetzt. In Gablonz, so Laurin, hatten vor dem Krieg 95 Prozent der Bürger deutsche Wurzeln. 80 Prozent wurden dann vertrieben.
Ausnahmen gab es nur für Antifaschisten, bei Mischehen und für unverzichtbare Fachkräfte. Viele dieser heimatverbliebenen Gablonzer seien aber später unter den Kommunisten als Spätaussiedler nach Deutschland emigriert, weil sie sich in ihrer Heimat nicht mehr wohlfühlten. Als eine Persönlichkeit, die „durch und durch Europäer und zugleich ein patriotischer Mährer ist“, stellte Posselt Milan Horáček vor: „Milan ist kein Vertriebener, mußte aber ins Exil gehen und sich dabei eine neue Heimat aufbauen.“ Dabei schrieb Horáček auch ein Kapitel bundesdeutscher Geschichte. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern der Grünen, war Europaabgeordneter und Bundestagsabgeordneter, und engagiert sich heute als Beiratsmitglied des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums und als Präsidiumsmitglied des Bundes der Vertriebenen für die Völkerverständigung. Auf dem Podium gestand Horáček dann, er hätte eigentlich eine ganz andere Lebensplanung gehabt: Anstatt Politiker zu werden, hatte er eigentlich Zirkusdirektor werden wollen – was nicht danach klingt, als ob sich diese beiden Berufe wesentlich unterscheiden. David Heydenreich /Torsten Fricke Mehr Seite 3
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 38 | 20.9.2024
AUS UNSEREM PRAGER BÜRO
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er tschechische Dominikaner Pater Vojtěch Ondřej Soudský gehört zu den ältesten Freunden des Leiters des Prager Sudetendeutschen Büros, Peter Barton. Die beiden kennen sich aus einer Untergrundgruppe junger Christen in Prag, wo sie sich seit 1977 getroffen hatten, um ihren Glauben mit anderen jungen Menschen zu teilen. Der in der Hauptstadt geborene Soudský wurde im Jahr 1987 durch den Erfurter Bischof HansReinhard Koch im Leipziger Dominikanerkloster heimlich zum
Priester geweiht. Im Unterschied zur durch die Kommunisten verfolgten tschechischen Kirche durften die Ordensgemeinschaften in der DDR relativ frei existieren. Bis vor kurzem noch war Soudský Prior der kleinen, aber sehr aktiven Klostergemeinschaft seines Ordens in Pilsen, die im Bistum an Seelsorge und Kirchenunterricht beteiligt ist. Obwohl zum Teil auch jüdischer Herkunft, hatte Soudský niemals Vorbehalte, mit den Sudetendeutschen in der Tschechischen Republik zusammenzuarbeiten. Und so unterstützte er immer alle Bemü-
PRAGER SPITZEN hungen zur Verständigung und Versöhnung beider Völker. In den 1990er Jahren gelang es ihm und Barton, fruchtbare Kontakte und Erfahrungsaustausch zur bayerischen Pfarrgemeinde Forstinning (Kreis Ebersberg) herzustellen. Sudetendeutsche Teilnehmer aus dem Landkreis waren ebenfalls dabei. Barton besuchte Pater Vojtěch Ondřej Soudský kurz nach dessen 73. Geburtstag im Pilsener Kloster, um mit ihm über weitere Aktivitäten und Begegnungen für die Zukunft zu sprechen.
Verdienstorden für Wissenschaft und Künste
Große Ehre für Stefan Samerski Mit dem Verdienstorden für Wissenschaft und Künste ist der renommierte Kirchenhistoriker Prof. Dr. Stefan Samerski von Eduard Prinz von Anhalt, Oberhaupt des altsächsischen Hochadelsgeschlechts Askanier, im Rahmen eines Festaktes auf Schloß Ballenstedt in SachsenAnhalt ausgezeichnet worden.
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iese Auszeichnung wird in Anhalt seit über 150 Jahren an internationale Wissenschaftler, Künstler und Literaten vergeben. Im Juli 1873 stiftete das Gesamthaus Anhalt einen entsprechenden Verdienstorden, der im September 1875 in den anhaltinischen Hausorden eingegliedert wurde. Er hatte seine Vorgänger in den 1854 beziehungsweise 1856 gestifteten Medaillen für Kunst und Wissenschaft, die von den damaligen Herzogtümern Anhalt-Dessau-Köthen und Anhalt-Bernburg im Unterharz verliehen wurde. Durch das Aussterben zweier anhaltinischer Linien ging das Erbe schließlich 1863 an den Herzog von Dessau-Köthen über, der damit das gesamte Fürstentum Anhalt zusammenfaßte. Die Familie, aus der auch die aufgeklärte russische Zarin Katharina die Große (1729–1796) hervorging, brachte nicht nur eine ganze Reihe von weltweit bekannten Militärs, wie den ‚Alten Dessauer‘ Leopold I. von AnhaltDessau (1676–1747) hervor, sondern wies auch eine bedeutende Musiktradition (Johann Sebastian Bach in Köthen) und architektonische Innovationen (Bauhaus
Eduard Prinz von Anhalt, Oberhaupt des altsächsischen Hochadelsgeschlechts Askanier, und Prof. Dr. Stefan Samerski, mit dem Verdienstorden 1. Klasse, der als Halsorden getragen wird. in Dessau) auf. Neben seinen herausragenden Kunstsammlungen (Lucas Cranach der Ältere, Albrecht Dürer, Pieter Bruegel der Ältere) verbuchte Anhalt außerdem Weltruhm durch das Gartenreich in Dessau-Wörlitz, den ersten englischen Landschaftsgarten auf dem Kontinent und heute Unesco-Welterbe. Auch Johann Wolfgang von Goethe aus dem nahen Weimar und
andere Schriftsteller besuchten gerne das anregende Land und ließen sich von der wildromantischen Harzregion inspirieren. Als kleines und politisch weniger bedeutendes Fürstentum mit seinen 100 000 Einwohnern auf 2300 Quadratkilometern (1910), dessen Landesherren häufig als tapfere und erfindungsreiche Generale in preußischen Diensten standen, verlegte sich An-
halt im 18. und 19. Jahrhundert auf Kunst und Kultur. Der Wissenschafts- und Kunst-Orden paßte somit ins Bild eines Kulturstaates, der in seiner Geschichte zahlreiche Literaten, Schauspieler, Opernsänger, Dirigenten, Architekten und Professoren aus Deutschland und weit darüber hinaus ehrte. Schaut man in das Verzeichnis der Ordensträger, dann gab es schon einmal einen Kirchenhistoriker, nämlich den produktiven Autor und Wegbereiter des Marburger evangelischen Liberalismus, Prof. Dr. Dr. h.c. Heinrich Heppe (1820–1879), der 1860 die damalige Medaille für Kunst und Wissenschaft erhielt. Samerski lehrt als Professor für Kirchengeschichte am Priesterseminar Redemptoris Mater Berlin, einer Zweigstelle der Päpstlichen Universität Gregoriana, und ist Mitglied der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, des Johann Gottfried HerderForschungsrates, der Historischen Kommission für die böhmischen Länder und der Preußischen Historischen Kommission. Außerdem ist der 61jährige seit 2015 ordentliches Mitglied der Geisteswissenschaftlichen Klasse der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste und seit 2018 deren Vizepräsident. Regelmäßig hält Prof. Samerski Vorträge im Sudetendeutschen Haus und auf dem Sudetendeutschen Tag zur böhmischen Geschichte.
Nato-Gremium tagt erstmals in Prag
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um Auftakt der Tagung des Nato-Militärausschusses in Prag hat der tschechische Staatspräsident Petr Pavel in seiner Rede gewarnt, die Welt basiere nicht mehr auf der Rivalität zwischen Westen und Osten, sondern immer mehr auf dem Wettkampf zwischen der Demokratie und verschiedenen Formen der Autokratie. Die 32 Armeechefs der Nato-Staaten haben sich mit etwa 350 internationalen Teilnehmern beraten. Der Militärausschuß, das höchste militärische Gremium der Allianz, kommt dreimal jährlich zusammen, einmal davon immer außerhalb Brüssels. In Prag fand die Veranstaltung zum ersten Mal statt und das im Jahr des 25. Mitgliedsjubiläums Tschechiens in der Nato.
Senatspräsident würdigt Masaryk
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er Präsident des Senats, Miloš Vystrčil (ODS), hat am Samstag das Andenken des ehemaligen Präsidenten Tomáš Garrigue Masaryk (1850–1937) geehrt. Am 87. Todestag besuchte Vystrčil sowohl das Masaryk-Denkmal vor den Toren der Prager Burg sowie Masaryks Grab in Lana (Lány). Zuvor hatte Vystrčil im Senatsgebäude daran erinnert, daß Masaryk, noch bevor er am 14. November 1918 von der Revolutionären Nationalversammlung zum Präsidenten gewählt wurde, sich dafür eingesetzt habe, daß das hiesige Parlament aus zwei Kammern bestehe.
Trauer um Věra Kunderová
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ie Witwe des Schriftstellers Milan Kundera, Věra Kunderová, ist am Samstag in Frankreich gestorben, hat die Mährische Landesbibliothek mitgeteilt, die in Brünn die Milan-Kundera-Bibliothek mit seinem Nachlaß betreibt. Věra Kunderová wurde 1935 geboren und war als Rundfunk- und Fernsehredakteurin tätig. Nachdem sie mit ihrem Mann ins französische Exil gegangen war, verwaltete sie dessen Werk. Nach Kunderovás Ableben wird nun ein weiterer Teil des Kundera-Nachlasses
nach Brünn überstellt. Sie habe zuvor alles sorgfältig ausgehandelt, sagte der Bibliotheksleiter Tomáš Kubíček der Presseagentur ČTK.
Gazprom verliert vor Schiedsgericht
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er Gasnetzbetreiber Net4Gas, der seit vergangenem Jahr dem tschechischen Staat gehört, hat vor einem Schiedsgericht einen Erfolg im Rechtsstreit mit dem russischen Konzern Gazprom erzielt. Net4Gas hatte sich an das Gericht gewandt, da die russische Seite nicht mehr die Gebühren für die angemieteten Pipelines bezahlt hatte. Dem Urteil zufolge muß Gazprom nun die Schulden bezahlen und zudem für Verzugszinsen und die Kosten des Verfahrens aufkommen. Bei internationalen Verträgen ist es üblich, daß sich beide Seiten verpflichten, Rechtsstreitigkeiten wegen der sonst langen Verfahrensdauer nicht vor einem nationalen Gericht, sondern vor einem nicht-staatlichen Schiedsgericht auszutragen.
Weltstar Dua Lipa kommt nach Prag
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ie britisch-albanische Sängerin Dua Lipa wird im Rahmen ihrer Radical Optimism Tour 2025 am 27. und 28. Mai in der Prager O2 Arena auftreten, hat ihr Management angekündigt. Die Ticketpreise beginnen bei 1790 Kronen (71 Euro), der Vorverkauf soll am 20. September starten. Die dreifache Grammy-Award-Gewinnerin hat unter anderem mit „Cold Heart“ im Duett im Elton John 2021 einen Welthit gelandet. Insgesamt hat die 29jährige bereits 120 Millionen Tonträger verkauft.
Tschechen gewinnen ARD-Wettbewerb
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as tschechische Bläserensemble Alinde Quintet hat im ARD-Wettbewerb im Fach Bläserquintett gesiegt. Am Wettbewerb nahmen in diesem Fach 19 Ensembles teil. Mitglieder des Alinde Quintets sind die Flötistin Anna Talácková, die Oboistin Barbora Trnčíková, der Klarinettist David Šimeček, der Fagottist Petr Sedlák und der Hornist Kryštof Koska.
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Gedachten des bayerischen Europa-Visionärs Heinrich Aigner (1924–1988) im Europäischen Rechnungshof in Luxemburg (von links): Matthias Wilkes, Roland Wortmann, Stephanie Waldburg, Bernd Posselt, Niclas Herbst, Präsident Tony Murphy, Monika Hohlmeier, Klaus-Heiner Lehne und Jürgen Hecht. Fotos: Johannes Kijas
Gedenkakt in Luxemburg für den 1988 verstorbenen Europa-Visionär aus Bayern
Zum 100. Geburtstag von Heinrich Aigner Es gibt einen bayerischen Politiker, der dem Steuerzahler jährlich Milliardenbeträge einspart, obwohl er schon 1988 verstorben ist: Den CSU-Europaabgeordneten und Vizepräsidenten der überparteilichen Paneuropa-Union Deutschland, Heinrich Aigner aus Amberg, der dieses Jahr seinen 100. Geburtstag hätte begehen können.
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er Oberpfälzer schuf den Haushaltskontrollausschuß des Europäischen Parlamentes sowie den Europäischen Rechnungshof in Luxemburg, die in großem Ausmaß gegen Verschwendung und Mißwirtschaft
kämpfen. Daran erinnerte jetzt eine Feierstunde im Großen Sitzungssaal des Europäischen Rechnungshofes, die dessen Präsident, der Ire Tony Murphy, und der Präsident der PaneuropaUnion Deutschland, der langjährige Münchner Europaabgeordnete Bernd Posselt, ausrichteten. Bei dem Festakt im Luxemburger Europaviertel, wo HeinrichAigner-Straße und Alcide-DeGasperi-Straße aneinanderstoßen, sprachen außer Murphy und Posselt die bisherige Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, MdEP Monika Hohlmeier, ihr jetzt frisch gewählter Nachfolger in dieser Funktion, Niclas
Herbst aus Schleswig-Holstein, sowie das deutsche Rechnungshof-Mitglied Klaus-Heiner Lehne. Präsident Murphy betonte, daß Aigner als erster die herausragende Bedeutung von Transparenz, Integrität und Rechenschaftspflicht speziell für die Europäischen Institutionen erkannt habe. Posselt schilderte Aigner, mit dem er eng verbunden war, als tief im Volk und in der pragmatischen Tagesarbeit verwurzelten Visionär. Lange vor dem Fall des Eisernen Vorhanges habe er den Bau einer Autobahn von Nürnberg über Amberg Richtung Böhmen initiiert, weil
er fest an die Wiedervereinigung Europas geglaubt und dafür gestritten habe. Einerseits habe er die wertvolle Arbeit europäischer Beamter sehr geschätzt, sich aber als unbeugsamer Vertreter der Bürger energisch gegen jeden Machtmißbrauch durch Funktionäre und Politiker gewandt. Monika Hohlmeier erwähnte die Parallelen zwischen Aigner und ihrem Vater Franz Josef Strauß. Beide seien überzeugte Paneuropäer gewesen, die für die Überwindung der europäischen Teilung tätig waren und 1988, ein Jahr vor der Verwirklichung ihrer Vision, überraschend gestorben seien.
ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2023 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief oder einer der Regionalblöcke (Block 1 – Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote; Block 2 – Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung/Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung; Block 3 – Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimat, Zuckmantler Heimatbrief; Block 4 – Riesengebirgsheimat) (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2023 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.
Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.
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Podium 1 „Gedenken und Erinnerungskultur als Brücke in die Zukunft“ unter der Leitung von Hans Knapek, Vorsitzender der Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk (Mitte). Von links: Alfred Miller (Landwirt, Hobermillerhof in Reichenau bei Gablonz), Cornelius von der Heyden (Gymnasiallehrer und Schlagersänger), Libor Rouček (ehemaliger Vize-Präsident des Europäischen Parlaments), Monika Žárská (Dozentin am Institut für Translatologie der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität Prag), Niklas Perzi (Historiker aus Österreich) und Volksgruppensprecher Bernd Posselt, der zum Auftakt des Kongresses die Teilnehmer begrüßte.
Podium 2 „Film und Medien als Spiegelbild der Wurzelheimat“ unter der Leitung von Steffen Hörtler, Stiftungsdirektor der Bildungsstätte „Der Heiligenhof“, stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft und Mitglied des ZDF-Fernsehrats (Mitte). Von links: Lennart Gertler (Schüler am Gymnasium Bad Tölz), Dr. Jan Blažek (Journalist und Publizist, Post Bellum – Redakteur und Koordinator der internationalen Zusammenarbeit), Maximilian Schmidt (Chefredakteur der Zeitschrift LandesEcho) und Edwin Bude (Heimatfilmer, Autor). Nicht im Bild: Torsten Fricke, Chefredakteur der Sudetendeutschen Zeitung.
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Podium 3 „Was bedeutet Wiederbelebung der Heimat im Europa von morgen“ unter Leitung von Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Präsident der Paneuropa-Union Deutschland. Von links: Milan Horáček (MdEP a. D. und MdB a. D.), Roman Klinger (Erneuerer des Osterrittes in Nixdorf, Lehrer), Christina Meinusch (Heimatpflegerin der Sudetendeutschen), Petra Laurin (Schriftstellerin und Journalistin, Vorsitzende des Vereins der Deutschen in Nordböhmen, Leiterin des Hauses der deutsch-tschechischen Verständigung) und Natascha Dulíčková (im Isergebirge lebende Enkelin Heimatvertriebener Sudetendeutscher).
Ideenwerkstatt „Sudetendeutsch-Tschechische Kooperationen“ in Haindorf
Suche nach einem gemeinsamen Narrativ für Sudetendeutsche und Tschechen
„Kann erinnern statt versöhnen auch spalten“, hat Hans Knapek, Vorsitzender der Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk, sein Podium zum Auftakt der Ideenwerkstatt „Sudetendeutsch-Tschechische Kooperationen“ gefragt.
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ie provokante Frage war rhetorisch gemeint, zumal das Podium unter dem Leitmotto „Gedenken und Erinnerungskultur als Brücke in die Zukunft“ diskutierte. „Die Erinnerungskultur hat Konjunktur“, stellte Knapek fest und bewertete eine wie auch immer geartete Schlußstrichmentalität als „ahistorisch“. Dennoch blieben das Gedenken und Erinnern „ein kompliziertes und schwieriges Geschäft“. Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, so erklärte Alfred Miller, habe sich der tschechische Blick auf die eigene Vergangenheit geändert. „1945 war keine Befreiung, es war ein Sieg eines Regimes über ein anderes Regime. Und damit hängen auch die Vertreibung zusammen und das Verhältnis der Tschechen zu den Sudetendeutschen.“ Mit Blick auf die schwindende Zahl von deutschen Heimatverbliebenen sagte Miller: „Die Zukunft unser Erinnerungskultur wird von der tschechischen Gesellschaft getragen, insofern sie dazu bereit ist, auch schmerzliche Fakten zu akzeptieren. Die sudetendeutsche Frage wird damit mehr und mehr zu einer tschechischen Frage.“ „Ein gemeinsames Narrativ ist qualvoll, aber machbar. Es lohnt sich daran zu arbeiten“, faßte Knapek zusammen. Und dafür, so Volksgruppensprecher Bernd Posselt, „brauchen die Tschechen uns Sudetendeutsche als Ansprechpartner“. Libor Rouček kommentierte, daß der sudetendeutsch-tschechische Verständigungsprozeß „ein gutes Beispiel für die Beilegung von Konflikten weltweit
Der Pfarrer von Haindorf, Pavel Andrš, beim sonntäglichen Gottesdienst, dem auch die Kongreßteilnehmer beiwohnten.
Fotos: Torsten Fricke
Das Kloster ist heute ein Begegnungszentrum
Das Wunder von Haindorf
„Kirche und Kloster waren total zerbröselt. Wir waren uns sicher, daß von diesem jahrhundertealten Wallfahrtsort in zehn Jahren nichts mehr übrig sein wird“, hat Volksgruppensprecher Bernd Posselt von der ersten Reise in die Heimat mit seinem Vater im Jahr 1979 berichtet.
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eute thront die monumentale Wallfahrtsbasilika „Mariä Heimsuchung“, deren
erster Bau der Sage nach auf eine wundersame Heilung im Jahr 1211 zurückgeht, wieder im okker-gelben Glanz über Haindorf am Fuße des Isergebirges und beherbergt seit 1993 das internationale Begegnungszentrum des Bistums Leitmeritz. Seit 2000 treffen sich hier am 8. Mai, dem Tag des Endes des Zweiten Weltkrieges, Deutsche, Polen, Sorben und Tschechen zur alljährlichen Versöhnungswallfahrt.
Während die Wallfahrtsbasilika auch im Regen wieder in altem Glanz strahlt, wurde dieses Haus in direkter Nachbarschaft noch nicht saniert.
sein könne. Knapek: „Die Diplomatie sollte endlich der Volksdiplomatie folgen.“ Das Gedenkjahr 2025 sei ein perfekter Zeitpunkt, um auch von offizieller tschechischer Seite „Zeichen des Fortschritts“ zu setzen. Welche wichtige Rolle die Medien in diesem Versöhnungsprozeß haben, diskutierte im Anschluß das Podium von Steffen Hörtler, der nicht nur stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft ist, sondern auch Mitglied des ZDF-Fernsehrates. Auf sudetendeutscher Seite sprach Edwin Bude, Träger des Sudetendeutschen Kulturpreises, über seine Dokumentarfilme, die unter www.youtube. com/@SudetenTV abrufbar sind. Bude war es auch, der die Geographie-Schüler von Cornelius von der Heyden vom Gymnasium in Bad Tölz unterstützte, einen Film über ihre Reise nach Böhmen zu realisieren, der ebenfalls auf dem Kongreß gezeigt und von dem Gymnasiasten Lennart Gertler vorgestellt wurde. Maximilian Schmidt stellte als Chefredakteur die Zeitschrift LandesEcho vor, die als Magazin der Deutschen eine wichtige mediale Stimme in Tschechien ist. Eindrucksvoll ist das Zeitzeugen-Projekt von Post Bellum, über das Dr. Jan Blažek informierte. Dieses Archiv umfaßt mittlerweile über 10 000 Dokumente in Tschechisch und Englisch sowie Video-Interviews in Originalsprache, die über die Webseite www.memoryofnations. eu abgerufen werden können. Zu Wort kommen auch Sudetendeutsche, die von ihrem schrecklichen Vertreibungsschicksal berichten. Post Bellum arbeitet dabei mit Schulen, Bildungseinrichtungen und Medien zusammen, um künftige Generationen für die Erinnerungsarbeit zu sensibilisieren. Torsten Fricke
Historiker Niklas Perzi berichtet über ein dunkles Kapitel in der Nachkriegsgeschichte
Österreich schob 150 000 Sudetendeutsche ab Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Österreich 150 000 Sudetendeutsche, die in Masse aus Südmähren und Südböhmen vertrieben worden waren, zwangsweise in die Bundesrepublik abgeschoben. Diese in der Öffentlichkeit wenig bekannten Taten seien ein Beispiel für die „selektive Erinnerung an die Vertreibung“, hat der österreichische Historiker Niklas Perzi auf dem Kongreß in Haindorf erklärt.
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s habe sich, so Perzi, um „eine zweite Vertreibung“ gehandelt, die für die Opfer oft noch
schmerzhafter gewesen sei. „Die Menschen hatten gedacht, daß sie als Altösterreicher, die den gleichen Dialekt sprechen und die gleiche Religion haben, mit offenen Armen aufgenommen werden. Doch das war ein Trugschluß.“ Stattdessen seien sie im Sammellager Melk, einem ehemaligen KZ, bis zur Ausweisung eingepfercht gewesen. Bei der Ausweisungsanordnung hätte die österreichische Regierung die Ausnahmeregelungen ähnlich definiert wie in den Beneš-Dekreten, so Perzi. Wie Anti-Sudetendeutsch die
Haltung der österreichischen Nachkriegsregierung war, belegt ein Brief, den Außenminister Karl Gruber an seinen tschechoslowakischen Amtskollegen Jan Masaryk geschrieben hat, und aus dem Perzi zitierte: „Liebe Tschechen, wir haben vollstes Verständnis, daß Sie diese Leute loswerden wollen. Die haben ihnen immer Schwierigkeiten bereitet und werden allen Schwierigkeiten bereiten. Nur bitte, schickt sie nach Deutschland, nicht nach Österreich. Wir haben schon genug mit den Nazis zu tun.“
Grubers Stimme hatte Gewicht. Der Tiroler (1902–1995) war im März 1938 nur knapp einer Verhaftung durch die Gestapo entgangen und konnte nach Berlin fliehen, wo er sich dem Widerstand anschloß. Er leitete die Organisation „Rosengarten“, die eng mit der österreichischen Gruppe O5 sowie deutschen Organisationen, wie dem Kreisauer Kreis, kooperierte. Im Winter 1944/45 kehrte Gruber nach Innsbruck zurück und übernahm die Führung der Tiroler Widerstandsbewegung. Mit einer Finte gelang es der Grup-
pe am 2. Mai 1945, Kasernen, Polizeistationen und Rundfunksender zu besetzen, den Tiroler Wehrmachtskommandanten sowie den Innsbrucker Polizeipräsidenten festzunehmen und die SS zu vertreiben. Am Abend des 3. Mai 1945 marschierten dann die ersten US-Truppen in eine von der nationalsozialistischen Herrschaft befreite Stadt Innsbruck ein. Diese Befreiungsaktion gilt als eine der wichtigsten Leistungen des österreichischen Widerstandes. Karl Gruber wurde später der erste Landeshauptmann im Nachkriegs-Tirol.
Niklas Perzi ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Geschichte des Ländlichen Raums in St. Pölten und Autor.
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 38 | 20.9.2024
30. Europäisches Volksmusikkonzert am Sonntag, 13. Oktober, in Korntal
100 Künstler, eine Mission: „Wir wollen Brücke sein“
„Wir wollen Brücke sein“ – unter diesem völkerverbindenden Motto steht am Sonntag, 13. Oktober, das 30. Europäische Volksmusikkonzert, das die Deutsche Jugend in Europa (DJO) am Sonntag, 13. Oktober, im baden-württembergischen KorntalMünchingen veranstaltet.
Freitag, 20. bis Sonntag, 22. September: „Volksgruppen- und Minderheitenrechte – Herausforderungen durch den demographischen Wandel“. Seminar in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Sudetendeutscher Akademiker (ASA). Der demographische Wandel führt zu einer Vielfalt an Herausforderungen und Chancen für die Volksgruppen und Minderheiten in den verschiedenen Ländern. In dieser Veranstaltung beschäftigen sich die Teilnehmer mit ausgewählten Ländern und Volksgruppen beziehungsweise Minderheiten und analysieren, wie der aktuelle Stand der Entwicklungen ist und die langfristigen Entwicklungen aussehen könnten. Geleitet wird das Seminar von Ulrich Rümenapp vom Heiligenhof und Dr. Andreas Müller, Vorsitzender des ASA. Als Referenten haben zugesagt: Dr. Günther Rautz, Leiter des Instituts für Minderheitenrechte bei der Europäischen Akademie: „Autonomiemodelle im europäischen Vergleich“, Dr. Stefan Planker, Direktor des Sudetendeutschen Museums: „Sprachlich-ethnische Minderheiten in den italienischen Alpen – eine Bestandsaufnahme“, Prof. Dr. Vello Pettai, Direktor des Europäischen Zentrums für Minderheitenfragen: „Die russischsprachige Bevölkerung in den baltischen Staaten – Risiko oder Chance für die Region?“ und Albina Baumann, stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Rußland: „Zur Lage der Rußlanddeutschen“. Die Anmeldungen sind postalisch, per Telefax, über die Webseite oder per eMail an info@heiligenhof.de möglich.
I
n den Originaltrachten ihrer Heimat stellen Volksmusikgruppen traditionelle und landschaftlich unverwechselbare Melodien vor. Daß Musik verbindet, wollen die Gruppen gegen Schluß des Konzertes zeigen, indem sie in bunter Zusammensetzung den europäischen Gedanken musikalisch umsetzen. Rund 100 junge Künstler aus der Ukraine, Österreich, Tschechien und Deutschland werden dabei gleichzeitig auf der Konzertbühne ein musikalisches Feuerwerk entzünden. An diesem einmaligen Brükken-Konzert wirken die Egerländer Familienmusik Hess aus dem Neckartal und die Ostelsheimer Stubenmusik ebenso mit wie die sudetendeutschen Zwolinge Eilsabeth und Stefanie Ja Bis Sonntag, 27. Oktober,
Sudetendeutsches Museum: „Oskar Schindler – Lebemann und Lebensretter“. Sonderausstellung in der Alfred-Kubin-Galerie mit Begleitprogramm (siehe rechts). Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 10.00 bis 18.00 Uhr. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Samstag, 21. bis Sonntag 22. September, Adalbert Stifter Verein: Böhmerwaldseminar. Schloß Gratzen, Nové Hrady 1, Gratzen. Samstag, 21. September, 13.30 Uhr, Erzdiözese Bamberg: Andacht mit Vertriebenenseelsorger Monsignore Herbert Hautmann. Kapelle „Heidebrünnel“, Weilersbach. Samstag, 21. September, 14.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Stuttgart und SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Sudetendeutscher Kulturnachmittag mit der Egerländer Gmoi Stuttgart zum Thema Egerländer Tracht des Jahres 2022. Haus der Heimat, Großer Saal, Schloßstraße 92, Stuttgart. Samstag, 21. September, 15.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: Filmvorführung „Generation N – Deutschböhme“. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Sonntag, 22. September, 14.00 Uhr, BdV Wetzlar: Tag der Heimat. Die Festansprache hält der Hessische Innenminister Prof. Dr. Roman Poseck. Eintritt frei. Stadthalle, Brühlsbachstraße 2, Wetzlar. Montag, 23. September, 18.00 Uhr, Deutsches Kulturforum östliches Europa: „Vom Anstand des Aufstands – Widerstand und Erinnerung in Polen, Deutschland und Frankreich“. Themenabend anläßlich der 80. Jahrestage des 20. Juli 1944, des Warschauer Aufstands und der Befreiung von Paris. Anmeldung bis 20. September per eMail an deutsches@kulturforum. info oder per Telefon unter (03 31) 20 09 80. Rotes Rathaus, Festsaal, Rathausstraße 15, Berlin. Donnerstag, 26. September, 15.00 Uhr, EunicMünchen: Europäischer Tag der Sprachen. Unter den Gratis-Schnupperkursen für Anfänger ist auch Tsche-
Volksgruppen- und Minderheitenrechte
Auch die Zwolinge Elisabeth Januschko an der Gitarre und Stefanie Januschko am Akkordeon, die regelmäßig Sudetendeutsche Tage und andere Veranstaltungen der Sudetendeutschen Landsmannschaft musikalisch gestalten, sind beim 30. Europäischen Volksmusikkonzert dabei. Foto: Zwolinge nuschko aus München. Aus der Ukraine reist die Folkloregruppe Schum an, aus Stainz in der Steiermark die Volkstanzgruppe, sowie die Volksmusikgruppe Brnensky Valasek aus Brünn. Die Schirmherrschaft hat Baden-Württembergs stellvertretender Ministerpräsident und In-
nenminister Thomas Strobl übernommen. Die Konzertkarten kosten 13 Euro im Vorverkauf und 15 Euro an der Abendkasse. Die Tickets sind erhältlich unter www.reservix.de oder beim Veranstalter unter Telefon (07 11) 62 51 38, per Telefax an (07 11)
VERANSTALTUNGSKALENDER chisch (Beginn 18.00 und 19.00 Uhr). Anmeldung per eMail an ccmunich@czechcentres.cz Kulturzentrum Luise, Ruppertstraße 5, München. Donnerstag, 26. September, 16.30 Uhr, Sudetendeutsches Museum: Kuratorenführung durch die Sonderausstellung „Oskar Schindler – Lebemann und Lebensretter“. Treffpunkt: Foyer des Sudetendeutschen Museums, Hochstraße 10, München. Samstag, 28. bis Montag, 30. September: Sandauer Heimattreffen in Arzberg und Sandau. Samstag, 16.00 Uhr: Treffen in der Sandauer Heimatstube. Sonntag, 9.30 Uhr: Festgottesdienst und Patronatsfest in der Pfarrkirche St. Michael in Sandau. Am Nachmittag Besichtigung des Senger-Hofes in Bad Neualbenreuth. Montag, 10.00 Uhr: Hochamt in der Sandauer Pfarrkirche St. Michael. Sonntag, 29. September, 15.30 Uhr, Deutsches Kulturforum östliches Europa: „Der Prozeß“. Ein Film von Orson Welles in der Reihe „Kafka im Kino“. Bundesplatz-Kino, Bundesplatz 14, Berlin. Dienstag, 1. Oktober, 16.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: Vernissage „Verloren, vermißt, verewigt – Heimatbilder der Sudetendeutschen“. Die Ausstellung wird bis zum 31. Oktober gezeigt. Rathaus, Rückermainstraße 2, Würzburg. Mittwoch, 2. Oktober, 11.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Rückersdorf/Mittelfranken: Schlachtschüsselessen. Anmeldung bei Bärbel und Otmar Anclam unter Telefon (09 11) 57 63 76 oder per eMail an otmar.anclam@gmx.de Schmidtbauernhof, Schloßgasse 15, Rückersdorf. Donnerstag, 3. bis Freitag, 4. Oktober, Adalbert Stifter Verein: Stadtbesuch in Pilsen „Franz Kafka, Adolf Loos und Pilsner Urquell“. Anmeldung erforderlich per eMail an sekretariat@ stifterverein.de Anreise erfolgt eigenständig. Treffpunkt am Freitag, 14.45 Uhr vor dem Ausstellungssaal Masné Krámy, Pražská 18, Pilsen.
Donnerstag, 3. Oktober, 15.00 Uhr, Stiftung Haus Oberschlesien, Kuratorenführung zur Finissage der Ausstellung „Im Widerstand gegen Hitler: Hans Lukaschek, Paulus van Husen, Michael Graf Matuschka und der Kreisauer Kreis“. Oberschlesisches Landesmuseum, Bahnhofstraße 62, Ratingen. Freitag, 4. bis Samstag, 5. Oktober, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege. Fachtagung: „Friedhöfe neu denken“. Anmeldung und Programm unter www.heimat-bayern.de Tagungs- und Kulturzentrum Schüttbau, Lange Pfalzgasse 5, Hofheim-Rügheim. Samstag, 5. Oktober, 11.30 Uhr: Monatstreffen der Graslitzer. Pizzeria Rosa Mystica, Erlanger Straße 13, Fürth. Samstag, 5. Oktober, 15.00 Uhr, Ackermann-Gemeinde der Diözese Mainz: Hans-Georg Herrnleben spricht über „Tschechien–mehr als böhmische Dörfer“. St. Josef, Gabelsbergerstraße 17, Darmstadt-Eberstadt. Mittwoch, 9. Oktober, 10.00 und 16.30 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Das Mädchen in Rot“. Führung anläßlich Oskar Schindlers 50. Todestag. Treffpunkt: Foyer des Sudetendeutschen Museums, Hochstraße 10, München. Mittwoch, 9. Oktober, 18.00–21.15 Uhr, Filmvorführung „Schindlers Liste“ im Rio Filmpalast. Zum 50. Todestag von Oskar Schindler zeigt das Sudetendeutsche Museum bei freiem Eintritt Steven Spielbergs Klassiker im Kino. Teilnahme nur nach Anmeldung bis 8. Oktober per eMail an anmeldung @sudetendeutsches-museum.de Rio Filmpalast, Rosenheimer Straße 46, München. Donnerstag, 10. Oktober, 19.00 Uhr, Deutsches Kulturforum östliches Europa: Georg- Dehio-Buchpreis 2024. Der Hauptpreis geht an Ulrike Draesner. Den Förderpreis erhalten Karolina Kuszyk und ihr Übersetzer Bernhard Hartmann. Staatsbibliothek zu Berlin, Simon-Bolivar-Saal, Potsdamer Straße 33, Berlin. Freitag, 11. bis Sonntag, 13.
62 51 68 oder per email an zentrale@djobw.de Sonntag, 13. Oktober, 17.00 bis 19.30 Uhr, Deutsche Jugend in Europa (DJO): 30. Europäisches Volksmusikkonzert in Korntal. Stadthalle Korntal, Martin-Luther-Straße 32, Korntal-Münchingen. Oktober, Sudetendeutscher Rat: Marienbader Gespräche unter dem Motto „Deutsch-Tschechisches Grenzland – Gemeinsamer Entfaltungs- und Eintwicklungsraum für Mensch und Natur“. Gesellschaftshaus Casino, Marienbad. Samstag, 12. Oktober, 10.00 bis 14.30 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Mutig und menschlich“. Workshop zur Förderung von Zivilcourage in Kooperation mit „Zivilcourage für ALLE“. Ab 15 Jahre. Teilnahme frei. Anmeldung bis 10. Oktober per eMail an anmeldung@sudetendeutschesmuseum.de oder per Telefon unter (0 89) 48 00 03 37. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Mittwoch, 16. Oktober, 14.00 Uhr: Monatstreffen der Graslitzer. Café Alte Villa, Erlanger Straße 50, Fürth. Freitag, 18. Oktober, 14.00 Uhr, Heimatverband der Brünner, Kreisverband München: Heimatnachmittag. Gaststätte Zum alten Bezirksamt im HDO, Am Lilienberg 5, München. Freitag, 18. Oktober, 19.00 Uhr, Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste: Festveranstaltung. Vortrag der Architekten Christian und Peter Brückner über den Gedenkort zum Olympiaattentat. Freier Eintritt mit anschließendem Empfang. Anmeldung per eMail an sudak@mailbox. org oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 48. Sudetendeutsches Haus, Adalbert-Stifter-Saal, Hochstraße 8, München. Freitag, 18. bis Sonntag, 20. Oktober, Donauschwäbische Arbeitsgemeinschaft in Österreich: Erster Internationaler Donauschwäbischer Kongreß anläßlich „80 Jahre Flucht. Vertreibung. Ankommen“. Anmeldung und weitere Informationen unter www. donauschwabenkongress.at Kulturzentrum TRENK.S. Marchtrenk, Kulturplatz 1, Österreich. Samstag, 19. Oktober, 15.00 Uhr, SL-Orsgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: Vortrag und Film „Das Ascher Ländchen“ mit Filmemacher Reinhard Dengler. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen.
Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de
Eröffnung der neuen Ausstellung
Deutsche in Rumänien Donnerstag, 10. Oktober, 18.00 Uhr: Eröffnung der Ausstellung „Deutsche Minderheit in Rumänien. Geschichte und Gegenwart im vereinten Europa“ mit anschließendem Empfang. Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien hat mit Unterstützung der Deutschen Botschaft in Bukarest diese Ausstellung konzipiert, die die Kultur, Geschichte und Tradition der deutschen Minderheit über 850 Jahre zeigt.
Die Ausstellung umfaßt alle heute in Rumänien lebenden deutschen Volksgruppen von den Siebenbürger Sachsen und Landlern, über die Banater und Sathmarschwaben bis zu den Berglanddeutschen, Zipsern, Bukowinadeutschen und Dobrudschadeutschen. Die Ausstellung wird bis Freitag, 13. Dezember gezeigt. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag (werktags) von 10.00 bis 20.00 Uhr. Anmeldung zur Vernissage per Telefon unter (0 89) 4 49 99 3-0 oder per eMail an poststelle@hdo.bayern.de
Kuratorenführung durch Schindler-Ausstellung
„Auf krummen Linien“
Donnerstag, 26. September, 16.30 Uhr, Sudetendeutsches Museum: Kuratorenführung durch die Sonderausstellung „Oskar Schindler – Lebemann und Lebensretter“ in der Alfred-Kubin-Galerie im Sudetendeutschen Haus. „Gott schreibt auch auf krummen Linien gerade.“ Dieses bekannte Zitat des französischen Schriftstellers Paul Claudel beruht auf einer biblischen Vorlage: „Was krumm ist, soll gerade werden, was hüglig ist, werde eben“ (Jesaja 40,4). Vor 2500 Jahren trösteten Prophetenworte das
Volk Israel in seiner Bedrängnis. Auch der Sudetendeutsche Oskar Schindler aus dem Schönhengstgau, dessen 50. Todestag sich am 9. Oktober jährt, wurde zum Helden. Seine krummen Lebenslinien waren geprägt von Lebenslust und Skandalen, aber auch vom Mut, unter ständiger Lebensgefahr rund 1200 Juden vor den Gaskammern der Nazis zu retten. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Der Eintritt ist frei. Treffpunkt an der Museumskasse. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Foto: Torsten Fricke
AKTUELL · KOLUMNE
Sudetendeutsche Zeitung Folge 38 | 20.9.2024
5 � Mut tut gut
Glaubhaft Christsein
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Der Blick aus dem Hubschrauber läßt das Ausmaß der Katastrophe nur erahnen: In Ostrau stehen weite Teile der Stadt unter Wasser. Nach dem Abfluß des Wassers lassen sich die Schäden erahnen. So wurden ganze Häuser zerstört und Autos von den Fluten mitgerissen. Fotos: Tschechische Feuerwehr (7), Torsten Fricke
� Sudetendeutsche Landsmannschaft startet Spendenaktion für die Hochwasseropfer in der Wurzelheimat
Volksgruppensprecher Bernd Posselt: „Wir helfen unseren Landsleuten“ Tote und Vermißte, Ortschaften, die von der Außenwelt abgeschnitten sind, ganze Regionen ohne Strom und Wasser, Zehntausende, die evakuiert werden mußten, und grenzenlose Zerstörung: Auch in Tschechien stehen viele Hochwasseropfer vor dem Nichts. Der Lebenstraum vom eigenen Heim wurde von den Fluten weggespült.
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as ganze Ausmaß der Katastrophe läßt sich derzeit nur erahnen. Wo die Wassermassen abgeflossen sind, bleiben Schlamm, zerstörte Straßen, demolierte Autos und unbewohnbare Häuser zurück. Gerade bei Privatleuten decken die Versicherungen nur einen Bruchteil der Schäden ab – wenn es überhaupt Geld gibt. „Viele Landsleute in unserer Wurzelheimat stehen vor dem Nichts“, sagt Bernd Posselt. Als Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe ruft Posselt deshalb die Sudetendeutschen zu einer Spendenaktion auf und verspricht: „Wir helfen unseren Landsleuten, die völlig unverschuldet in Not geraten sind.“ Posselt hatte am Wochenende im Kloster Haindorf am Fuße des Isergebirges die Zukunftswerkstatt „Deutsch-Tschechische Kooperationen“ geleitet und die Naturkatastrophe hautnah mitbekommen. „Bei uns war Reichenbergs Regionalhauptmann Martin Půta zu Gast, der den Katastropheneinsatz in seiner Region koordiniert hat. Er hat uns aus erster Hand berichtet, wie ernst die Lage ist, wobei das Isergebirge noch einigermaßen glimpflich davongekommen ist. Dramatisch sind in Tschechien die Hochwasserschäden in Südböhmen, Südmähren und Sudeten-Schlesien.“ Unter den Hochwasseropfern war auch der renommierte Regisseur und Fernsehjournalist David Vondráček, der eigentlich zum Kongreß nach Haindorf kommen wollte, um dort unter anderem über seinen großen Dokumentarfilm „Töten auf Tschechisch“ zu reden, der nach der Erstausstrahlung im Jahr
� Sudetendeutsche Hochwasserhilfe
Spendenkonto LIGA-Bank München IBAN: DE64 7509 0300 0202 1114 70 BIC:
GENODEF1M05
Stichwort: Sudetendeutsche Hochwasserhilfe 2010 eine breite Diskussion in der tschechischen Zivilbevölkerung über die eigenen Nachkriegsverbrechen ausgelöst hat. „David Vondráček mußte leider
kurzfristig absagen, da auch in seinem Haus das Wasser steht“, erklärte Steffen Hörtler, der als stellvertretender SLBundesvorsitzender mit dem Dokumen-
� Tschechiens Staatspräsident Petr Pavel
„Wenn Sie können, helfen Sie bitte“ Über die Social-Media-Plattform X hat Tschechiens Staatspräsident Petr Pavel um Unterstützung für die Flutopfer gebeten. Die Erklärung im Wortlaut:
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ie Überschwemmungen sind noch lange nicht vorbei, aber es zeichnet sich bereits ab, welche Gemeinden und Regionen die meiste Hilfe benötigen werden. So werden beispielsweise Freiwaldau oder Friedland, die ebenfalls zu den am stärksten benachteiligten Regionen gehören, wahrscheinlich die größten Schäden erlitten haben. Im ganzen Land werden die Wiederaufbauarbeiten nicht nur die Unterstützung des Staates und der Ver-
In diesem Wohnviertel in Olmütz sind die Keller vollgelaufen. Wasser und Schlamm stehen auch im Erdgeschoß.
sicherungsgesellschaften erfordern, sondern auch die von uns allen. Die Erfahrungen der vergangenen Krisen zeigen, daß wir sehr solidarisch sein können. Die einfachste Form der Hilfe ist die finanzielle Unterstützung. Es gibt viele Möglichkeiten, von Spenden an etablierte Wohlfahrtsverbände und gemeinnützige Organisationen über individuelle kommunale Konten bis hin zu Beiträgen an Lebensmittelbanken. Wenn Sie können, helfen Sie bitte denen, die sich in diesen Tagen in einer äußerst schwierigen Situation befinden. Petr Pavel Präsident der Tschechischen Republik
Auch Tiere wurden Opfer der Hochwasserkatastrophe. Dieser Schäferhund wurde aus den Fluten gerettet.
tarfilmer auf dem Podium diskutieren wollte. Am schlimmsten betroffen waren nach Angaben der Feuerwehr das Altvatergebirge, Orte in Südböhmen sowie im Norden und Osten Mährens. So standen weite Teile der Städte Troppau und Ostrau unter Wasser. Landesweit wurde in über 200 Gemeinden Hochwasseralarm ausgelöst. Straßen wurden gesperrt, Zug- und Busverbindungen eingestellt. Oft fielen über Stunden die Strom- und Wasserversorgung sowie die Mobilfunkverbindung aus. Über 12 000 Menschen mußten evakuiert werden – zum Teil sogar per Hubschrauber. Noch am Montagabend besprach das Regierungskabinett erste Hilfsmaßnahmen. An dieser Sondersitzung nahm auch Staatspräsident Petr Pavel teil. Premierminister Petr Fiala kündigte anschließend staatliche Hilfspakte für die betroffenen Regionen an. Außerdem sollen Bürger unbürokratisch eine einmalige Sonderhilfe von bis zu 72 900 Kronen (2900 Euro) erhalten, die aber in den meisten Fällen nur einen Bruchteil der verheerenden Schäden abdeckt. Laut einer ersten Schätzung des Tschechischen Verbandes der Versicherungsgesellschaften beläuft sich die Höhe der versicherten Schäden auf 17 Milliarden Kronen (680 Millionen Euro). Dies wäre demnach die zweitgrößte Katastrophe für die Versicherungen seit der Gründung der Tschechischen Republik im Jahr 1993. Die Zahl der Todesopfer beläuft sich bislang auf drei, allerdings werden noch mehrere Menschen vermißt. Laut Feuerwehr ertrank eine Frau in einem Fluß bei Freudenthal. Zwei weitere Todesopfer gab es in Jägerndorf. Besonders mies: Mittlerweile nutzen Betrüger die Katastrophe und senden Bürgern in den Hochwassergebieten gefälschte SMS-Nachrichten, in denen eine angebliche Versicherungsauszahlung versprochen wird, warnt die Allgemeine Krankenversicherungsgesellschaft (VZP). Torsten Fricke
Viele Ortschaften sind auch nach der Flut nicht erreichbar, weil die Wassermassen ganze Straßen aufgerissen haben.
m Psalm 104 findet sich das hoffnungsvolle Wort: „Du wirst das Angesicht der Erde erneuern.“ Auf Lateinisch heißt das: „Renovabis faciem terrae.“ Davon leitet sich der Name eines großen Hilfswerkes der deutschen katholischen Kirche ab, das seit 31 Jahren besteht. Unter dem Namen Renovabis unterstützt es die Kirche und Gesellschaft in den postkommunistischen Ländern Ost-, Mittelost- und Südosteuropas. Viel Gutes konnte es in den letzten Jahrzehnten bewirken. Seinen Sitz hat Renovabis im bayerischen Freising. Dort fand Mitte September sein alljährlicher internationaler Kongreß statt. Mehr als 200 Teilnehmer aus halb Europa – Theologen, Bischöfe, Priester, Ordensleute und andere kirchliche Mitarbeiter – beschäftigten sich mit dem Thema „Eine Mission haben – Glaubwürdig Zeugnis geben. Zum Umgang mit Säkularisierung und religiöser Indifferenz in Europa“. Ich wollte schon lange einmal an dem Kongreß teilnehmen, heuer ging es sich aus. Mit Säkularisierung und Indifferenz haben fast alle Kirchen in Eu ropa zu tun. Mit ersterem Begriff ist eine verweltlichte Lebensweise gemeint. Der zweite Begriff bezeichnet die Gleichgültigkeit der Menschen gegenüber religiösen Fragen. Es gibt Länder, in denen diese Phänomene schon lange gang und gäbe sind. In Westeuropa gehören die Niederlande dazu. In Mittelund Osteuropa gilt Tschechien seit Jahrzehnten als das am meisten säkularisierte Land. Säkularisierte Menschen haben nicht nur Gott vergessen, sondern sie haben auch vergessen, daß sie Gott vergessen haben. Der Glaube ist eine große Leerstelle in ihrem Leben. Häufig merken sie das nicht einmal. Ihr Motto könnte man mit der heute nicht selten gehörten Aussage zusammenfassen: „Ich bin nicht religiös, aber mir fehlt nichts.“ Selbst in bisher stark von Glaube und Kirche geprägten Ländern wie Polen breitet sich diese Gesinnung aus. Wie gehen wir als Christen mit dieser Situation um? Mit dieser Frage beschäftigen sich Theologen und Kirchenleute schon seit langem. Die schlechteste Devise wäre: „Augen zu und durch.“ Die religiöse Gleichgültigkeit vieler Zeitgenossen kann uns nicht gleichgültig lassen. Ebenso wenig hilft die Devise: „Einfach nur weiter so.“ Nein, wir können bisherige kirchliche Vorgehensweisen nicht einfach nur fortschreiben und darauf warten, daß alles wieder so wird, wie es einmal war. Zugleich dürfen wir Christen nie vergessen, daß wir eine Mission haben. Wir sind dazu berufen, von unseren Glaubenserfahrungen zu sprechen, anderen unseren Glauben zu vermitteln und neue Christen zu gewinnen. Der Kongreß nannte in seinem Titel ein wichtiges Stichwort für alles missionarische Tun heute: Glaubwürdigkeit. Für mich stellen sich in diesem Zusammenhang zwei Fragen: Lebe ich so, daß mich andere Menschen nach meinem Glauben fragen? Und: Sind mein Glaube und mein Leben einigermaßen deckungsgleich? Glaubwürdiges Christsein wirkt attraktiv und vertrauensstiftend. Möge Gott nicht nur das Angesicht der Erde erneuern, sondern auch die Herzen jener, die an ihn glauben, damit viele Menschen neu auf ihn aufmerksam werden. Dr. Martin Leitgöb CSsR Provinzial der Redemptoristen Wien-München
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FORUM � SL-Ortsgruppe Rückersdorf
Unser Angebot Sudetendeutsche Zeitung mit Aussiger Bote · Der Egerländer · Egerer Zeitung · Elbogener Heimatbrief · Falkenauer Heimatbrief · Heimatbote · Heimatruf · Isergebirgs-Rundschau · Karlsbader Badeblatt · Karlsbader Heimatzeitung · Leitmeritzer Heimatbote · Luditzer Heimatbrief · Nordböhmische Umschau · Reichenberger Zeitung · Riesengebirgsheimat · Sternberger Heimatblatt · Zuckmantler Heimatbrief
Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
wöchentlich (125,00 EUR im Jahr) mit folgendem Zahlungszeitraum: jährlich durch Lastschrift
Von Mittelfranken nach Masuren Ende August bis Anfang September unternahm die mittelfränkische SL-Ortsgruppe Rückersdorf eine Reise nach Polen.
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halbjährlich durch Lastschrift vierteljährlich durch Lastschrift Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung, Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung,, Graslitzer Heimatzeitung 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimatblatt, Zuckmantler Heimatbrief 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Neudeker Heimatbrief, für die Heimatfreunde aus Stadt und Landkreis Neudek 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Reichenberger Zeitung, Nordböhmische Umschau 24 Ausgaben (62,50 EUR im Jahr) Riesengebirgsheimat 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Diese Preise gelten bei Erteilung eines Bankeinzugsauftrags (SEPA-Lastschriftmandat) und Lieferung innerhalb Deutschlands. Preise für Auslandsabonnements auf Anfrage! Adresse: Name, Vorname
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 38 | 20. 9. 2024
31+32/2024 38/2024
Erzbistums Danzig ist. Hier erlebten wir ein Orgelkonzert, das Dozenten und Professoren der Musikhochschule gaben. Die Orgel bietet zusätzlich zu den bekannten Pfeifentönen Naturlaute wie Vogelgezwitscher, Kuckucksrufe oder Wassergeplätscher. Fantastisch. Zur Musik drehen sich Figuren und goldene Rädchen am Orgelprospekt. Das war ein Augen- und Ohrenschmaus. Nachmittags genossen manche ein Eis in der historisch aufgebauten Stadt oder ein Menü vor atemberaubender Kulisse. Viele machten eine Schiffahrt auf dem Nachbau eines Piraten-
Schienen durch natürliche Wasserkraft über Wasserräder – ohne Strom – über fünf Rollberge zur Überwindung von Höhenunterschieden bis in die WeichselNiederungen gezogen werden. Das ist ein sehr beeindruckendes Kulturdenkmal, das heute noch genutzt wird. Wir fuhren weiter Richtung Osten und erreichten Masuren. Dies ist eine weite, bäuerliche Landschaft eiszeitlichen Ursprungs, leicht hügelig und von unwahrscheinlich vielen Seen durchzogen. Das Hotel To-Tu/ Hier-und-da am Ufer des Schloßsees empfing uns herzlich mit
rüh morgens verließ der Bus Rückersdorf und nahm in Röthenbach und Lauf weitere Reisende mit. Wir waren eine gemischte Gruppe aus Paaren, Alleinstehenden, SL-Mitgliedern und Interessierten der Region unterschiedlichen Alters. Der Bus fuhr auf der A 9 Richtung Berlin und weiter nach Nord-Ost. Die Stadt Stettin/Szczecin war das erste Tagesziel. Im Rahmen einer Stadtrundfahrt erkundeten wir die großartige Hakenterrasse/Wały Chrobrego, die nach dem langjährigen Bürgermeister Hermann Haken benannt ist. Sie ist ein fantastisches Bauensemble am westlichen Ufer der Oder mit fantastischen Ausblicken auf den Strom und seine Brücken, den Hafen und die Weite der Region. Auch am zweiten Tag war frühes Aufstehen Pflicht, denn vor uns lag die Fahrt durch das nördliche Polen bis zur Dreistadt, einer Agglomeration aus den Städten Danzig/ Gdańsk, Gdingen/Gdynia und Zoppot/Sopot in der Wojwodschaft Pommern. Den Ostseestrand erreichten wir in der Hafenstadt Gdingen bei einem Spaziergang auf der Hafenpromenade. Hier liegen Schulschiffe der polnischen Marine. Anschließend erkundeten wir die Weichselmündung mit der Halbinsel Westerplatte. Die ist ein historischer Ort, denn hier beschoß der Panzerkreuzer Die Mittelfranken vor der barocken Wallfahrtskirche Heiligelinde in Nordmasuren. Schleswig-Holstein polnische Soldaten zu Beginn der Zweiten schiffs entlang der Mottlau über leckeren Speisen, und die WasWeltkrieges. die Weichsel bis zur Weichsel- serratten genossen das Wasser Weiter ging es durch Zoppot mündung durch den weitläufigen des Sees. bis zu unserem Tagesziel Novo- Industriehafen der Hansestadt Tag fünf führte nach Heiligetel im Zentrum von Danzig. Neu- mit mehr-, auch deutschsprachi- linde/Święta Lipka in Nordmagierige machten noch am Abend ger Führung. Die Rückfahrt im suren. Hier besichtigten wir die einen stimmungsvollen Spazier- Licht der untergehenden Sonne barocke Wallfahrtskirche mit gang zur Hafenkulisse der ehe- begleitete Shanty-Musik. Danzig Orgelkonzert. Auch hier gab es maligen Hansestadt. hat uns alle sehr beeindruckt. ein mechanisches Figurenspiel Morgens begann die FühAm vierten Tag ging es wei- am Orgelprospekt: sehr beeinrung unserer 39 Köpfe zählenden ter nach Osten über die grü- druckend und wunderbar anReisegruppe durch den Danzi- ne Weichsel zur Festung Mari- zuschauen. Anschließend fuhger Stadtteil Rechtstadt. Die Be- enburg/Zamek w Malborku des ren wir durch viele wunderbare zeichnung rechte stat geht auf Deutschritterordens an der No- Alleen nach Görlitz/Gierłoż im das Jahr 1406 zurück und zeigt gat aus dem 13. Jahrhundert. Die ehemals deutschen Ostpreußen an, daß das Recht maßgeblich Führung zeigte uns das mittelal- und erlebten eine Führung durch von dieser Stadt ausging. Wir terliche Ordensleben spürbar auf das ehemalige Feldhauptquartier waren beeindruckt von den rie- sowie die bewegte Geschichte Wolfsschanze. Diese weitläufige sigen Backstein-Speichern, dem dieser Anlange über die Zeit. Bunkeranlage wurde nach dem Kran-Tor, den wunderbar gestalAnschließend gab es ein Mit- Krieg gesprengt, die Reste verteten Fassaden entlang der Mott- tagspicknick im Grünen und ei- mitteln eindrucksvoll die Größe lau/Motława, den schmalen Gas- ne Schiffahrt auf dem Oberland- und Tarnung dieser historischen sen der Innenstadt, der beein- oder Oberländischen Kanal in Anlage. druckenden Marienkirche und der Woiwodschaft ErmlandDie Mittagspause in einem dem Neptunbrunnen. Masuren. Dieser Kanal verbin- masurischen Lokal bot auch LoAnschließend fuhren wir mit det mehrere Seen und Städte kales wie Saure Suppe, Paladem Bus nach Oliva/Oliwa, seit von Deutsch Eylau/Iława über tschinken in leckersten Variatio1926 ein Stadtteil von Danzig, Osterrode/Ostróda bis Elbing/ nen und Reibekuchen mit Pilzen. zum ehemaligen Zisterzienser- Elbląg zum Frischen Haff. Wir Abschließend besuchten wir Nikloster mit der Abteikirche Oliva, sahen, wie die Schiffe auf einer kolaiken/Mikołajki am Nikolaidie jetzt die Kathedralkirche des Plattform mittels Stahlseilen auf ker See/Jezioro Mikołajskie. Mit
Schwimmen im Schloßsee oder dem Genießen der Hotelterrasse mit Blick auf den See und leckeren Getränken endete der Tag. Das Abendbuffet bot immer etwas für jeden Geschmack einschließlich lokaler Spezialitäten. Es gab sogar Griebenfett und Essiggurken im Steingutfäßchen und dunkle Brotvariationen. Am sechsten Tag war der Himmel zum ersten Mal dick bewölkt, beim morgendlichen Schwimmen war schon leises Donnergrollen in der Ferne zu hören. Beim Frühstück regnete es heftig. Der Regen begleitete uns in gemäßigter Form in den Vormittag. Regenschauer und dunklere Wolken eskortierten die Schiffahrt über den größten masurischen See, was der Wahrnehmung der Ausgedehntheit dieser Seenlandschaft keinen Abbruch tat. In Eckertsdorf/Wojnowo in der Johannisburger Heide erfuhren wir etwas über die Geschichte der Altgläubigen. Diese waren russisch-orthodoxe Glaubensangehörige, die Mitte des 17. Jahrhunderts die verbindlichen Reformen für die russisch-orthodoxe Kirche nicht mitmachen wollten. Sie flüchteten nach Eckertsdorf, wo sie ein Kloster und kleine Kirchen erbauten, das karge Land bebauten, ihren strengen Glauben lebten und bis heute sichtbare Spuren hinterließen. Zuletzt besuchten wir den ehemaligen Luftkurort Kruttinnen/ Krutyń an der Kruttinna/Krutynia. Hier ist heute ein touristisches Zentrum für Kanufahren. Man kann auch auf Staken-Booten oder mit Kajaks auf dem Fluß durch die ursprüngliche Natur gleiten und masurisches Leben erleben. An unseren letzten Tagen sieben und acht ging es wieder west- und damit heimwärts. Früh morgens fuhren wir los, um die gut 1000 Kilometer mit dem Reisebus gut zu bewältigen. Unterwegs besichtigten wir Thorn/ Toruń, die gut erhaltene Geburtsstadt von Nikolaus Kopernikus (1473–1543). Die mittelalterliche Altstadt zählt zum UNESCOWeltkulturerbe. Unser Tagesziel war Posen mit Übernachtung in einem Novotel. Hier erlebten wir eine tolle Abendstimmung beim Flanieren auf dem Hauptmarkt der Studentenstadt mit mediterranem Flair. Der letzte Tag führte uns zunächst nach Breslau mit zweistündiger Stadtführung. Breslau ist fantastisch und braucht unbedingt mehr Zeit, um es genauer kennenzulernen. Wohlbehalten erreichten wir die heimatlichen Ziele am späten Abend. Dank gebührt Bärbel und Otmar Anclam für eine wirklich tolle Woche. Susanne Vogel
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FORUM
Sudetendeutsche Zeitung Folge 38 | 20. 9. 2024
� Bezirk Karlsbad
Tag der Minderheiten Der Ausschuß für nationale Minderheiten beim Bezirk Karlsbad organisiert seit 2008 alljährlich einen Tag der Minderheiten. Die Gelder dafür stellt der Bezirk zur Verfügung. Diese sehr beliebte Veranstaltung hat einen Hauch Exotik, man kann exotische Düfte oder Gesang und Tanz bewundern. Dies und noch viel mehr bot der Tag der nationalen Minderheiten heuer, der gleichzeitig mit dem Tag der Bergleute am 7. September auf dem Alten Platz in Falkenau stattfand. Die Schirmherrschaft des diesjährigen 16. Tages der Minderheiten hatte Klára Šimáčková Laurenčíková, die Regierungsbeauftragte für Menschenrechte, übernommen.
D
ie Hauptaufgabe dieses Ausschusses für nationale Minderheiten im Bezirk Karlsbad besteht darin, Vorurteile zu widerlegen und Barrieren zwischen den einzelnen Völkern und Nationalitäten, die auf dem Gebiet der Karlsbader Region leben, abzubauen. „Gemeinsam mit unseren Kollegen helfen wir bei der Integration unterschiedlicher Mentalitäten und Kulturen, um ihnen das Leben bei uns so einfach wie möglich zu machen. Dazu gehört auch, Respekt und Toleranz unter den Einheimischen aufzubauen, damit unser Zusammenleben problemlos verläuft. Dabei hilft uns ein traditioneller Tag, der verschiedenen Kulturen gewidmet ist,“ sagte Markéta Monsportová, Vorsitzende des Ausschusses und Beauftragte für die Bereiche Kurorte, Tourismus und Kreativwirtschaft der Region. Die Veranstaltung begann um zehn Uhr vormittags mit einem Nachbarschaftsfrühstück für alle Besucher. Die so Gestärkten konnten sich dann die Bergbauparade durch die Stadt ansehen und für den Rest des Tages die Küche, das Talent und die Kunst der slowakischen, serbischen, vietnamesischen, mongolischen, rumänischen, deutschen oder Roma-Minderheiten genießen. Zu den zahlreichsten Minderhei-
ten auf dem Gebiet der Karlsbader Region zählen auch Ukrainer, Russen und Weißrussen, die einen gemeinsamen Auftritt vorbereitet hatten.
Egerländer und Afrikaner Auch der afrikanische Kontinent war unter den Darstellern vertreten. Er ist bekannt für seine unglaublich energiegeladenen und abwechslungsreichen Rhythmen, die niemanden kalt lassen. Vorgestellt wurde die Gruppe Njachas, bestehend aus westafrikanischen professionellen Schlagzeugern und Tänzern, die in der Tschechischen Republik eine dauerhafte Heimat gefunden haben. Die Rolle des Moderators übernahm Lukáš Houdek, ehemaliger Manager der staatlichen Kampagne „HateFree Culture“ und Autor mehrerer preisgekrönter Radiodokumentationen und Podcasts. 2019 gewann er den Journalism Award für den Dokumentarfilm „White Wears Death“ über die Stigmatisierung von Albinos in Ghana. „Ich denke, wir sind uns alle einig, daß das beste Mittel, einander näherzukommen, unabhängig von Kultur oder Nationalität das Essen ist. Deshalb steht auch die Präsentation ausländischer Gerichte auf dem Programm. Die Besucher können traditionelle Gerichte aus verschiedenen Teilen der Welt ausprobieren“, sagte die Ausschußvorsitzende Markéta Monsportová. Die Egerländer aus Plachtin bei Netschetin vom Bund der Deutschen in Böhmen boten ein halbstündiges Programm: Neben dem Duo „Målaboum“ mit Zither und Gesang, die sechs Egerländer Volkslieder vortrugen, tanzte auf dem Podium auch die Egerländer Volkstanzgruppe „Die Målas“, die sieben Egerländer Volkstänze zeigte. Bei der Einführung der Egerländer sagte Pavel Vaculík, der Sekretär des Ausschusses: „Jetzt können wir Kultur sehen, die wir durch die Vertreibung verloren haben.“ Richard Šulko
Afrikanische Trommelwirbel und vietnamesische Schmankerl.
Mongole mit Pferdekopfgeige und Russinnen mit Kokoshniks auf dem Kopf.
Einige „Målas“ in Egerländer Tracht.
Bilder (4): Richard Šulko
Die „Hähnchen“ fetzen über die Bühne.
Bilder (2): Richard Šulko
Die Målas posieren am Josef-Ressel-Denkmal.
Bild: Petr Malivánek
� Bezirk Pardubitz
Erntedankfest in Crudim Die Folkloregruppe „Kohou- ten, in welchem der Jahrmarkt schenk. Nach der Vorstellung So etwas erwärmt einem das tek“ (Hähnchen) aus Crudim schon in vollem Gange war. Zum der Egerländer Volkstanzgruppe Herz. im ostböhmischen Bezirk Par- Glück standen im Klostergarten und des Schicksals der verblieDas Erntedankfest schloß mit dubitz organisiert seit alte Obstbäume, die an benen Egerländer sagte der Bür- dem Gottesdient in der Pfarrkir1993 alljährlich ein diesem 30 Grad hei- germeister: „Das Schicksal ken- che Mariä Himmelfahrt auf dem Erntedankfest ßen Tag Schat- ne ich gut. Ich weiß auch, daß das Marktplatz. Die Heilige Mesmit den besten ten spendeten. Schicksal der Deutschen in der se begleiteten mehrere FolkloFolkloreenIm Rahmen ei- tschechischen Bevölkerung nicht regruppen musikalisch. Die mit sembles aus nes Minipro- sehr bekannt ist. Ich kenne sogar so vielen Trachtenträgern beder Tschechigramms tra- die Geschichte einer Gedenk- setzten Kirchenbänke boten ein schen Reputen alle Grup- platte, die an diese Deutschen er- wunderbar buntes Bild. Während blik sowie eipen auf, um innerte und die nach einer Haus- der Kommunionsausteilung erner ausländizum Besuch renovierung verschwand.“ klangen die Zither des Vojtěch schen Gruppe. des HauptIm 90minütigen Hauptpro- Šulko und der Gesang des Måla Heuer feierte programms am gramm wurden verschiede- Richard. Zu diesem Akt der inne„Hähnchen“ sein Nachmittag zu ne Szenen gezeigt, getanzt und ren Einkehr paßte das Lied „Kai40jähriges animieren. gespielt. Den wohl originell- serwåld“ wohl am besten. In eiErntedankkranz auf der Bühne. Jubiläum, Bürgersten Beitrag brachte die fin- ner so großen Kirche so ein Lied und auch meister Fran nische Gruppe: ein musikali- darzubieten, ist ein ganz besondie Egerländer Volkstanzgrup- tišek Pilný empfing die Vertreter sches Volkstanzspiel, im wel- deres Erlebnis. Nach dem Gotpe „Die Målas“ und das Duo der Gruppen nach dem Mittages- chem die Männer Volltrunkene tesdienst spielten die Gruppen „Målaboum“ traten auf. sen in der sehr teuer renovierten mimten. Mich erfreute am mei- noch vor der Kirche, und dann Klosterkirche, die zu einem Mu- sten eine Frau, die sagte: „Ich hieß es nur „Auf Wiedersehen“. m Freitag früh startete ein seum der Barockkunst umgewid- bin nur wegen ihrer Gruppe zu Danke, daß wir unser Egerländer Kleinbus mit verbliebenen met worden war. Jeder Vertreter dem Fest gekommen. Mein Vater Brauchtum wieder vor HunderEgerländern aus Plachtin aus stellte seine Gruppe vor und be- stammt nämlich aus dem Eger- ten von Menschen präsentieren Netschetin Richtung Ostböh- kam vom Bürgermeister ein Ge- land in der Nähe von Podersam.“ konnten. do men. Weil es der letzte Arbeitstag in den Sommerferien war, Anzeige konnte man Probleme mit dem Verkehr erwarten, was sich speziell in Prag zeigte. Zum Abendessen in Crudim kamen die Egerländer aber gerade noch rechtzeitig. Schnell in die Trachten geschlüpft, eilten sie in den alten Klostergarten. Dort traten die Folkloregruppe „Gaudeamus“ aus Prag, von der Ökonomischen Hochchule, „Die Målaboum“ und „Jiskra“ (Funke) aus Pilsen auf. Zuvor hatte die Singer-Songwriterin Kateřina Marie Tiché ein Konzert gegeben. Bei der „Folklorenacht“ auf dem Hauptpodium kam die Folkloregruppe „Riinat ja Rikut“ aus Hollola in Finnland dazu. In Erleben Sie eine besondere vorweihnachtliche Atmosphäre! Tschechien ist es üblich, daß dieDie Stiftung Verbundenheit in Kooperation mit der Landesversammlung der deutschen Vereine se Gruppen professionell mit einem Choreographen arbeiten, so in Tschechien, dem Bund der Deutschen in Böhmen und das Busunternehmen Krieg aus Pegnitz laden daß die Vorführungen sehr umherzlich ein! fangreich und mit viel „Action“ verbunden sind. Die Egerländer Karlsbad, auf Tschechisch Karlovy Vary, zählt zu den berühmtesten und schönsten Kurorten der Welt. Im Mittelpunkt halten sich jedoch an die überlieunserer Tagesfahrt steht eine musikalisch-literarische Weihnachtslesung von Otfried Preußlers Erzählung „Die Flucht nach ferten volkstümlichen Tänze und Ägypten“, gelesen von Schauspieler Wolfram Ster aus Bayreuth und musikalisch umrahmt vom Duo „Bojaz“, bestehend aus Volkslieder, so daß man eine urGerhard und Andrea Wunderlich aus Esslingen, im wunderschönen Zandersaal des Kaiserbades als freudvolle Einstimmung sprüngliche Form dieser Volkskunst sehen kann. Das bestätigte auf das Fest der Feste. auch Kamila Skopová, eine in der Moldau getaufte Künstlerin und Abfahrt nach Karlsbad ist um 9:00 Uhr ab dem Bayreuther Volksfestplatz. Schriftstellerin. Noch am Vormittag werden unter ortskundiger Führung durch Richard Šulko, Sie ist Absolventin der MittelVorsitzender des Bundes der Deutschen in Böhmen e. V., bei einem Spaziergang schule für Angewandte Kunst in die Sehenswürdigkeiten der Stadt gezeigt. An der reizvollen Kurpromenade Prag. Seit 1972 studierte sie nekehren Sie in Goethes Beer House zum Mittagessen ein. Danach entdecken Sie ben ihrem Beruf Ethnographie. das Nationale Kulturdenkmal Kaiserbad. Während einer etwa einstündigen Sie arbeitet mit zahlreichen FolkBesichtigung erfahren Sie die Geschichte des goldenen Zeitalters der lore-Ensembles zusammen und europäischen Bäder. Ebenfalls im Kaiserbad findet im Anschluss die Lesung und ist Autorin zahlreicher Ausstelein kleiner Empfang mit Spezialitäten aus der regionalen Küche statt. Gegen lungen über Volksbräuche und 19:15 Uhr treten wir nach einem erlebnisreichen Tag die Heimreise nach Traditionen, Nachbildungen von Bayreuth an. Volkstrachten und Gegenständen. Sie unterrichtet VolkskleiUnsere Leistungen: dung in der Schule für Volks❖ Fahrt mit modernem Reisebus der Firma Krieg aus Pegnitz tumstraditionen. Als das Egerer Museum für die Zweigstelle ❖ Stadtrundgang mit anschließendem Mittagessen in Miltigau Besucherunterlagen ❖ Führung durch das Kaiserbad vorbereitete, steuerte sie eine ❖ Teilnahme an der Lesung Ausschneidekrippe und Trach❖ Teilnahme am Empfang mit Imbiss tenbasteleien für Kinder bei.
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Musikalisch-literarische Weihnachtslesung in Karlsbad am Samstag, 30. November 2024
Morgens startete von der Statue des Josef Ressel – ein gebürtiger Crudimer und einer der Erfinder des Schiffspropellers – der Trachtenumzug. Mit musikalischen Darbietungen und Volkstanz zog man in den Klostergar-
Teilnehmerbeitrag: 75 € pro Person Wir freuen uns auf Ihre verbindliche Anmeldung an karin.weinmann@stiftung-verbundenheit.de oder per Telefon unter 0921/1510824-0.
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KULTUR
Ein Höhepunkt ist der Auftritt der pommerschen Tanz- und Späldeel Leba Erlangen mit verschiedenen Tänzen, darunter ein Erntetanz und der beliebte „Krakowiak“. Unter dem Motto „Heimatvertriebene und Heimatverbliebene: Gemeinsam für ein friedliches Europa“ veranstaltete der BdV Bayern in München seinen zentralen Festakt zum Tag der Heimat. Grußworte hielten der BdV-Vizelandesvorsitzende Bernhard Fackelmann, MiheiaMălina Diculescu-Blebea, die Generalkonsulin Rumäniens, und Konsul Péter Lorenz vom Ungarischen Generalkonsulat. In Vertretung des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder sprach dessen Staatsminister für Kunst und Wissenschaft, Markus Blume MdL. Der BdVLandesvorsitzende Christian Knauer hielt die Festrede. Umrahmt wurde der Festakt von den preisgekrönten Original Banater Dorfmusikanten München, der Tanz- und Spielgruppe Leba Erlangen, der Kindertanzgruppe der Siebenbürger und Banater sowie der Donauschwäbischen Singgruppe Landshut.
Sudetendeutsche Zeitung Folge 38 | 20. 9. 2024
Bilder: Susanne Habel
� Tag der Heimat des BdV-Landesverbandes Bayern in München
Vor Knauers Festrede hatte auch der BdV-Vizepräsident Bernhard Fackelmann ergriffen über die Bedeutung seiner Banater Heimat gesprochen. MiheiaMălina Diculescu-Blebea, die Generalkonsulin Rumäniens, betonte die gute Zusammenarbeit zwischen Bayern und ihrer Heimat. Der Ungarische Konsul Peter Lorenz trug ein Grußwort des Generalkonsuls Gábor TordaiLejkó vor, in dem die gute Lage der heimatverbliebenen Ungarndeutschen im Mittelpunkt stand. Die Tschechische Generalkonsulin Ivana Červenková hatte wegen Krankheit abgesagt. In Vertretung des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder kam der Staatsminister für Kunst und Wissenschaft, Markus Blume MdL. Er war beim Tag der offenen Tür des Universitätsklinikums Großhadern gewesen und hielt somit seine Ansprache erst gegen Ende des Festaktes: „Vertriebenenpolitik ist hochNach dem Fahneneinzug: BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer begrüßt am Rednerpult die Mitwirkenden auf der Bühne und die Gäste im Saal. aktuell.“ Dies sei Europapolitik, er Tag der Heimat ist nicht die auch von den Landsmannnur für die Erlebnis- und Be- als das Grundgesetz der deut- aus und eine große moralische wa die heimatverbliebenen deut- schen Bevölkerung besiedelt ge- schaften lebendig gehalten werkenntnisgeneration jährlich ein schen Heimatvertriebenen.“ In Leistung der Vertriebenen, die schen Minderheiten als Brücken wesen sei. Er meinte, daß nach de, sagte Blume, dessen Großvaganz besonderes Ereignis, son- ihrem Kern enthalte sie einen damals noch nicht wußten, was zu östlichen und südöstlichen mahr als 80 Jahren endlich die ter aus dem Egerland kam. „Heidern er ist etwas, an dem etwas Aufruf zum Verzicht auf Rache überhaupt mit ihnen gesche- Nachbarvölkern sein. Vertreibungsdekrete rechtskräf- mat wird im Freistaat Bayern herausgestellt wird, das für vie- und Gewalt trotz des eigenen ge- hen sollte und wie es weitergeKnauer lobte die positiven Si- tig beseitigt werden sollten. „Ein immer groß geschrieben“, bele Menschen in unserem Land rade erlittenen Unrechts und ein hen würde.“ Die Aufgabe aller gnale der Länder Südosteuropas Schlußstrich gehört gemacht.“ tonte der Diplom-Politikwissenscheinbar zur Selbstverständlich- klares Bekenntnis zur Schaffung sei heute, den Frieden in Euro- an die vertriebenen Deutschen „Wir fühlen uns in Bayern zu schaftler. Er wolle sich auch dakeit geworden ist – die Heimat“, eines einigen Europas, zur Ver- pa zu erhalten. „Wir wollen dazu wie etwa, daß man sich in Polen Hause und wollen mitwirken, für einsetzen, daß im Haus des sagte Christian Knauer. „Was ständigung zwischen Staaten, unseren Beitrag leisten, gemäß und der Tschechischen Republik daß Bayern das bleibt, worum es Deutschen Ostens die GaststätHeimat eigentlich für den Men- Völkern und Volksgruppen. „Sie dem Motto unseres heutigen Ta- immer stärker für die Geschich- von so vielen Menschen benei- te wieder einen Pächter finde, schen bedeutet, begreift er oft- war zum Zeitpunkt ihrer Verab- ges ,Gemeinsam für ein friedli- te der Regionen interessiere, die det wird: lebens- und liebens- um die dortigen Treffen der ostmals erst, wenn sie droht verlo- schiedung ihrer Zeit weit vor- ches Europa‘.“ Dabei könnten et- jahrhundertelang von der deut- wert“, schloß Knauer. deutschen Gruppen zu erleichren zu gehen oder tern. wenn man sie verNach dem granloren hat“, erklärte diosen Auftritt der der Vorsitzende des pommerschen TanzBdV-Landesverbangruppe Leba wurdes Bayerns. de BdV-LandesgeKnauer erinnerte schäftsführerin Suan die Verabschiesanne Sorgenfrei dung der Charta verabschiedet. Sie der deutschen Heiseit 2020 in dieser matvertriebenen“ Position und in dieam 5. August 1950 ser Zeit zweimal in Stuttgart-Bad BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer und der Vizelandesvorsitzende Bernhard Fackelmann sprechen über den Tag der Heimat. Grußworte entbieten die Rumänische General- Mutter geworden. Cannstatt. „Sie gilt konsulin Miheia-Mălina Diculescu-Blebea, der Ungarische Konsul Péter Lorenz und der Bayerische Staatsminister Markus Blume MdL als Vertreter der Staatsregierung. Susanne Habel
Für ein friedliches Europa
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Eine gemischte Kindertanzgruppe aus Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben zeigt schöne Tänze.
Die Donauschwäbische Singgruppe Landshut singt „Wenn der Wein blüht“.
Das musikalische Rahmenprogramm liefern die Original Banater Dorfmusikanten, zu Beginn mit „Wir sind Kinder von der Eger“. Sie erhält den BdV-Kulturpreis 2024. Rechts: Christian Knauer verabschiedet Susanne Sorgenfrei.
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KULTUR
Sudetendeutsche Zeitung Folge 38 | 20. 9. 2024
Beim zentralen Tag der Heimat des BdV Bayern im Sudetendeutschen Haus wurde auch der BdV-Kulturpreis an die Original Banater Dorfmusikanten München überreicht. Zusätzlich wurden der Historiker Wolfgang Freyberg und der Moosacher Altbürgermeister Anton Neumaier mit Ehrengaben ausgezeichnet.
D
er Landesverband Bayern des Bundes der Vertriebenen verleiht seit 2013, auch dank der Unterstützung durch den Freistaat Bayern, jährlich einen Kulturpreis und ergänzt diesen mit der Ausreichung von bis zu zwei Ehrengaben. Der Preis wird vergeben für herausragende künstlerische, literarische oder wissenschaftliche Beiträge über Themen der Vertriebenen und Spätaussiedler oder der deutschen Siedlungsgebiete in Ost- und Südosteuropa und für solche aus dem Bereich der Brauchtumspflege. Der Kulturpreis besteht aus dem Hauptpreis, der mit 2000 Euro dotiert ist, sowie Ehrengaben mit einer Ausreichung von jeweils 500 Euro. Die Preise werden von einer fünfköpfigen Jury vergeben, von denen zwei Mitglieder durch das für die Heimatvertriebenen jeweils zuständige Staatsministerium und drei Mitglieder vom BdV-Landesvorstand berufen werden. „Es freut mich sehr, daß ich als Landesschatzmeister und oberbayerischer BdV-Bezirksvorsitzender heute die Laudatio auf den Empfänger der ersten Ehrengabe halten darf“, sagte Paul Hansel. Der Sohn schlesischer Eltern stellte den Empfänger, den Moosburger Altbürgermeister Anton Neumaier, vor. „1952 in Moosburg an der Isar geboren, wurde der einstige Sachbearbeiter und Personalratsvorsitzende beim Arbeitsamt 1984 zum Ersten Bürgermeister der Stadt
Die Preisträger mit Politprominenz zwischen Musikern der Original Banater Dorfmusikanten München: Staatsminister Markus Blume MdL, HDO-Direktor Professor Dr. Andreas Otto Weber, Landeskulturreferent Wolfgang Freyberg, Kapellmeister Walter Prinz und Laura Schwartz von den Original Banater Dorfmusikanten, Altbürgermeister Anton Reitmaier, Josef Zellmeier MdL, Paul Hansel und BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer.
� Verleihung des BdV-Kulturpreises und der Ehrengaben zum Preis
Strahlende Preisträger Moosburg gewählt und hatte dieses Amt bis 2002 inne.“ Bereits seit 1978 gehöre er dem dortigen Stadtrat an und habe von 1984 bis 2020 als Kreisrat das Geschehen im Landkreis Freising mitgestaltet. „In den über 40 Jahren seiner kommunalpolitischen Tätigkeit unterstützte der sozialdemokratische Politiker die Heimatvertriebenen seiner Stadt nachhaltig und engagierte sich beim donauschwäbischen Heimatverein als Ausschußmitglied und Redakteur des ,Hodschager Blättli‘.“ Neumaier habe vorbildlich die Patenschaften seiner Stadt mit den heimatvertriebenen Hodschagern und jenen aus der Stadt Königsberg an der Elbe gepflegt. Ein besonderes Au-
Josef Dollinger, heute Bürgermeister von Moosach an der Isar, Laudator Paul Hansel, HDO-Direktor Professor Dr. Andreas Otto Weber, Christian Knauer mit Altbürgermeister Anton Reitmaier bei dessen Dankesworten. BdV-Landesgeschäftsführer Christian Knauer hielt die Laudatio auf die diesjährigen Empfänger des BdVKulturpreises, die Original Banater Dorfmusikanten, die er im Sudetendeutschen Haus auszeichnete. Hier dokumentieren wir die Lobrede.
genmerk widme er dem Haus der Heimat seiner Stadt, in dem sechs Heimatvereinigungen ihr Zuhause gefunden hätten. „Eindeutig ist Anton Neumaiers Haltung bei der Bewertung von Vertreibungen. Sie brandmarkte er einst als Verbrechen und schlimmes Unrecht, warnte aber zugleich vor Rache, die erneutes Unrecht schaffen würde.“ Für sein engagiertes Miteinander sei der Altbürgermeister bereits von der Landsmannschaft der Donauschwaben mit der Prinz-Eugen-Medaille in Silber und in Gold ausgezeichnet worden. „Anton Neumaier hat sich nicht nur für seine Heimatstadt, sondern in gleicher Weise für den Erhalt des ostdeutschen Kulturgutes verdient gemacht“,
lobte Hansel und gratulierte dem Preisträger. Der bedankte sich für die Auszeichnung für seinen langjährigen Einsatz für die Heimatvertriebenen und erzählte: „Schon 1971 trat ich mit 19 Jahren in die SPD ein. Meine Arbeit im SPD-Ortsverein Moosburg führte mich zu den Parteifreunden der sudetendeutschen Seliger-Gemeinde, unter denen sich eine starke Gruppe aus dem Egerland befand.“ 1978 sei er in den Stadtrat gewählt worden und habe dann Kontakte über den damaligen Zweiten Bürgermeister, einen Donauschwaben aus der Nähe von Hodschag, insbesondere zu den Hodschagern und damit zu den Donauschwaben in seiner Stadt herstellen können. „Und ab 1984 – als Er-
Laudator Christoph Stabe, der Landesvorsitzende der Landsmannschaft Ost- und Westpreußen, Josef Zellmeier MdL mit der Ehrengabenurkunde, Christian Knauer und Wolfgang Freyberg, der sich ausführlich bedankt.
ster Bürgermeister unserer Stadt – konnte ich dann doch vieles für unsere Heimatvertriebenen und Flüchtlinge tun, was mich im Rückblick auch heute noch mit Stolz erfüllt.“ Ebenso wie Reitmaier wurde auch ein zweiter Kandidat mit einer Ehrengabe des BdV belohnt: „Als Mitglied des Geschäftsführenden BdV-Landesvorstandes und Landesvorsitzender der Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen darf ich die Laudatio auf den zweiten Empfänger einer Ehrengabe halten“, so Christoph Stabe. Damit sollten die Leistungen des Gründungsdirektors des Kulturzentrum Ostpreußens im mittelfränkischen Ellingen, Wolfgang Freyberg, ausgezeichnet werden. Freyberg,
Markus Blume MdL, Bernhard Fackelmann, Laura Schwartz und Walter Prinz von den Original Banater Dorfmusikanten sowie BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer mit einem Päckchen Stonsdorfer als Geschenk.
� Laudatio auf die Original Banater Dorfmusik
Harmonisches Zusammenspiel
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nsere diesjährigen BdV-Kulturpreisträger verbindet die Liebe zur Musik und zur damit verbundenen Tradition, die sie aufrechterhalten wollen. Mit ihren Aufführungen verbreiten sie Freude und Stimmungen, die an die alte Heimat erinnern. Zugleich aber schafft das Ensemble somit Möglichkeiten für das Entstehen neuer Erinnerungen. Seit 2008 zeichnet es sich durch eine generationenübergreifende Pflege der ostdeutschen Kultur aus. Mit seinen Auftritten begeistert es nicht nur die Besucher aus den Reihen der eigenen Landsleute, sondern weit darüber hinaus. Die gelungene musikalische Umrahmung des Großen Schwabenballs in München am 24. Januar 2009 stellte den Startschuß für das künftige erfolgreiche Wirken einer durch die gemeinsame Heimatliebe geprägten Gemeinschaft dar. Heute genießt das Ensemble überregionale Bekanntheit und erfreut sich dank einer ständig gestiegenen musikalischen Qualität über ein hohes Ansehen. Auch wenn der Große Schwabenball in der Landeshauptstadt bis heu-
geboren 1956 als Kind ostpreußischer Eltern in Göttingen, habe es geschafft, die 1985 in sechs Räumen im Westflügel des ehemaligen Deutschordensschlosses untergebrachte Einrichtung entscheidend zu entwickeln. Mit einer ansprechenden Dauerausstellung und vielen Sonderausstellungen, den dazugehörigen Publikationen und Vorträgen, begeistere das Zentrum alle. „Heute stellen wir voller Anerkennung fest, daß sich die einst unscheinbare Einrichtung in ein prächtig gestaltetes, weit ausstrahlendes Schaufenster zu Geschichte und Kultur Ostpreußens verwandelt hat!“, freute sich der Laudator. Hervorzuheben sei das Engagement des Preisträgers im heute polnischen Ostpreußen. Nahezu jährlich führe er, oftmals mit polnischen, russischen und litauischen Einrichtungen, Ausstellungen durch. „Somit gelang es dem heute zu Ehrenden auch in der ehemaligen deutschen Provinz das Wissen über die Geschichte und Kultur Ostpreußens zu erweitern.“ Auch Wolfgang Freyberg empfing auf der Bühne die Ehrengabe des BdV und bedankte sich umfassend. Mit Spannung wurde die Verkündigung des BdV-Kulturpreisträgers erwartet: Die Original Banater Dorfmusikanten München stellte Christian Knauer als Laudator vor. Danach bat er die Blechbläserin Laura Schwartz und den musikalischen Leiter Walter Prinz zum Empfang des Preises und der Urkunde auf die Bühne. Unter Applaus überreichte Knauer Urkunde und Scheck. Alle Preisträger und die prominenten Gäste erhielten Blumen, Flaschen mit schlesischem Stonsdorfer und die neue Festschrift „60 Jahre Bund der Vertriebenen in Bayern“. Mit dem Deutschlandlied und der Bayernhymne klang der Festakt aus. Susanne Habel
Staatsminister Markus Blume MdL, Generalkonsulin Miheia-Mălina Diculescu-Blebea, die Original Banater Dorfmusikanten München, BdVLandesvorsitzender Christian Knauer und BdV-Vizevorsitzender Bernhard Fackelmann. Bild: Susanne Habel
te einen festen Termin im Kalender der Preisträger darstellt, ist ihre Tätigkeit weiß Gott nicht auf die Vertriebenenverbände, die Stadt München oder den Bezirk Oberbayern beschränkt. So zeigen die Original Banater Dorfmusiker sich mit ihren regelmäßigen Auftritten in Rumänien als echte Brückenbauer zwischen den Völkern. Bei ihren Verpflichtungen, beispielsweise im Bayerischen Landtag, in der Bayerischen Staatskanzlei oder im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, legten sie stets ein überzeugendes Beispiel für das musikalische Schaffen der ursprünglichen Heimatregion ihrer meisten Mitglieder, dem Banat, ab. Gerne begleiten sie auch heute, beispielsweise auf der „Oidn Wiesn“ die Banater Tanzgruppe, erfreuen ihre Landsleute im Senioren-Zentrum Josef Nischbach in Ingolstadt oder blasen auch mal den Politikern der CSULandesgruppe oder bei der Union der Vertriebenen kräftig den Marsch. Einbezogen in die heutige Ehrung werden auch und vor allem die früheren und heutigen Leiter und Organisatoren der Gemeinschaft. Das sind Laura Schwartz, Helmut Baumgärtner und Walter Prinz sowie alle im Hintergrund helfenden fleißigen Hände, ohne deren ehrenamtlichen Einsatz das im wahrsten Sinne des Wortes „harmonische Zusammenspiel“ nicht möglich wäre.
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VERBANDSNACHRICHTEN
Sudetendeutsche Zeitung Folge 38 | 20. 9. 2024
Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg
Nepomuk ist ein wichtiger Heiliger für Brückenbauer derte er und kam so zur musikalischen Dreistimmigkeit als Bild für das Leben Mariens. Der Grundton sei die Lebensgeschichte, „der Teil von uns selbst, der Teil, der uns trägt“. Der zweite Ton sei ein bewegenit dieser Feier wolle man die der, angenehmer Ton, der die vergangenen Tage und das Sehnsucht des Herzens ausdrükfolgende Jahr unter den Schutz ke: die Verlobung mit Josef, das Mariens stellen, stellte Diöze- Leben als Ehefrau und Mutter. sanvorsitzender Bernhard Dick Der dritte Ton sei schließlich ein in seiner Begrüßung fest. Dank, Unruheton, der aufhorchen und Trost und Hilfe seien auch die As- hinhören lasse, der verändern pekte der Wallfahrer, die in Ver- könne, wenn man auf ihn högangenheit und Gegenwart zu re. Die Begegnung mit dem Erzdieser Marienkirche pilgerten. engel Gabriel, der von diesem „Gerade auch die Vertriebenen übermittelte Auftrag an Maria ließen sich an ihren Orten von und deren Einverständnis drükder Gottesmutter trösten. Auch ke sich darin aus. Für die Gläubitschechische Christen verehren gen schloß der Geistliche daraus: Maria“, ergänzte der Geistliche „Auch im Leben braucht es das Beirat der Ackermann-Gemeinde Zulassen der Frage, was Gott von im Bistum Regensmir und meinem burg und emeriLeben will. Matierter Domkapituria hat in diesem lar Johannes NeuDreiklang dem müller. Er verwies Werk Gottes geauf die Wallfahrt dient. Und Maria zum Gnadenbild bringt uns damit „Maria vom Blut“ auch nahe, daß wir in Klattau, zumal auf ihre Fürspradie Regensburger che vertrauen dürAckermann-Gefen.“ meinde seit vieBeim Totengelen Jahren dorthin denken entzündegute Kontakte haten – in ErinneJohannes Neumüller be. rung an die fünf In seiner AnFlammen beziesprache machte Neumüller deut- hungsweise Sterne des heiligen lich, daß Maria uns wichtig und Johannes von Nepomuk – Bernvertraut sei als Mutter Jesu – hard Dick und Florian Würsch vor allem im Kontext der Kind- vom Führungskreis fünf Kerzen. heit Jesu sowie dessen Leiden An die Premiere der Regensburund Sterben. „Sie war nach dem ger Nepomukfeier am 11. SepTod Jesu bei seinen Jüngern, tember 2021 erinnerte der Altdeshalb heißt sie auch Mutter vorsitzende Karl-Ludwig Ritzke. der Kirche“, erklärte der Priester. Damals seien in der Corona-EpiDoch darüber hinaus sei aus dem demie zum ersten Mal wieder die Neuen Testament nur wenig von Lokale geöffnet gewesen. Da er, ihrem Leben bekannt. Auskünf- Ritzke, die Nepomuk-Statue bei te über ihre Eltern Joachim und Mariaort gekannt habe, sei die Anna und die Zeit bis zur Verfol- Idee der Nepomukfeier im Zugung durch Herodes liefere das sammenhang mit den bekannapogryphe Jakobus-Evangelium. ten Wallfahrtsmotivationen entEbenso verwies Neumüller auf standen. die Sankt-Anna-Kirche in Jerusa„Heute wäre Johannes von lem, die in der Nähe der vermu- Nepomuk ein Pilsener Diözeteten Wohnung von Joachim und sanangehöriger“, begann FloAnna erbaut worden sei und zu rian Würsch seinen Kurzvorden ältesten Gotteshäusern Jeru- trag über den Brückenheiligen salems gehöre. „Wenn man dort (1350–1393). Denn der mutmaßdas ‚Salve Regina‘ singt, hat das liche Geburtsort oder die heutieine gewaltige Wirkung“, schil- ge Stadt Nepomuk liege etwa 35
Obfrau Waltraud Illner berichtet über die Teilnahme am Versöhnungsmarsch in Brünn. Bild: Helmut Heisig
Mit der mittlerweile vierten Sankt-Johannes-von-NepomukFeier startete die AckermannGemeinde im Bistum Regensburg nach der Sommerpause wieder ins Vereinsjahr.
SL-Ortsgruppe Weilimdorf
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Bericht über Brünn Im Rahmen des Monatsnachmittages der baden-württembergischen SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf Anfang September berichtete Obfrau Waltraud Illner in einem Vortrag vom diesjährigen Versöhnungsmarsch in Brünn.
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um 19. Mal habe die SL eine Fahrt in die südmährische Stadt organisiert. Grund sei gewesen, im Rahmen der Veranstaltung „Meeting Brno“ am Versöhnungsmarsch teilzunehmen. Auch zahlreiche politische Prominenz wie der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries, sein CSU-Kollege Stephan Mayer und Martin Körner als Vertreter des Stuttgarter Oberbürgermeisters Frank Nopper seien heuer nach Brünn gekommen, um unter dem Motto „Vom Trauma zur Hoffnung“ die rund 30 Kilometer lange Strecke gemeinsam mit Zeitzeugen und tschechischen Teilnehmern zu gehen. Allerdings seien die Teilnehmer, die in Erinnerung an den Brünner Todesmarsch vom 31. Mai 1945 die Strecke absolviert hätten, in umgekehrter Richtung, also von Pohrlitz nach Brünn, marschiert. Damals hätten mehr als 20 000 Brünner Deutsche einen Fußmarsch zur 60 Kilometer entfernten österreichischen Grenze antreten müssen, bei dem am Ende mindestens 1700 Tote zu beklagen gewesen seien. Waltraud Illner erzählte auch von einer bewegenden Gedenkfeier am Abend des Versöhnungsmarsches im Augustinerkloster in Alt Brünn, wo neben dem Konsul der deutschen Botschaft auch die Brünner Oberbürgermeisterin Markéta Vaňková gesprochen habe, die ihre eindrucksvolle Rede mit folgendem Zitat von Antoine de Saint-Exupéry beendet habe: „Mit dem Herzen müssen wir auch verzeihen, auch wenn die Vernunft uns sagt, nicht zu vergessen.“ Berührend sei auch der musikalische Schluß dank des Jugendorchesters und des Chores des Königin-KatharinaStift-Gymnasiums aus der Brünner Partnerstadt Stuttgart gewesen, die das Chorstück „Earth Song“ von Michael Jackson aufgeführt hätten. Außerdem habe das SL-Programm des Brünnbesuchs die Möglichkeit zum Besuch eines Gottesdienstes in der Brünner Domkirche Sankt Peter und Paul, eines Rundgangs auf jüdischen Spuren der mährischen Metropole und einer Fahrt in die Wischauer Sprachinsel geboten. Die Obfrau aus Weilimdorf erwähnte natürlich auch das Gedenken in der ehemaligen Gestapo-Zentrale in Kaunitz und am Gedenkstein in Pohrlitz, wies in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, daß sich die Sudetendeutsche Landsmannschaft ein Gedenken in Pohrlitz, daß bislang den tschechischen Vertretern vorbehalten sei, zur 80jährigen Erinnerung an den Brünner Todesmarsch im kommenden Jahr wünsche. Helmut Heisig
Kilometer südöstlich von Pilsen. Würsch ging vor allem auf biographische Aspekte des Heiligen und dessen Tätigkeit als Generalvikar beim Prager Erzbischof Johann von Jenstein ein, wo er in die Spannungsspirale zwischen dem Oberhirten und dem böhmischen König Wenzel IV. geraten sei. Der König habe das Erzbistum Prag durch ein neu zu errichtendes Bistum Kladrau verkleinern und damit die Macht des Erzbischofs verringern wollen. Als der Erzbischof dem König bei der Ernennung des Bischofs für das Bistum Kladrau zuvorgekommen sei, sei der König düpiert worden. Da der Erzbischof geflüchtet sei, sei Johannes von Nepomuk als ranghöchster verbliebener Kleriker vom König zunächst verhaftet, gefoltert und danach zur Bestrafung von der Karlsbrücke in die Moldau gestürzt und ertränkt worden. Außerdem ranke sich seit jeher die Legende vom Beichtgeheimnis – Johannes von Nepomuk sei der Beichtvater der Königin Johanna von Bayern – um Nepomuks Tod. „Jedenfalls ist Nepomuk ein wichtiger Heiliger für alle Brückenbauer – also auch für die Ackermann-Gemeinde“, faßte Würsch zusammen. An Begegnungen hier mit Stipendiaten des Ostkirchlichen Instituts aus Rußland und der Ukraine erinnerte Karl-Ludwig Ritzke. „Die Priester haben sich gut verstanden“, blickte er zurück. Angesichts der aktuellen Situation richtete er an die Gottesmutter und den heiligen Johannes von Nepomuk die Bitte, zwischen diesen beiden Ländern bezeihungsweise Völkern wieder Brücken zu schlagen. Die zentralen und bewährten Aspekte der Arbeit der Ackermann-Gemeinde – Versöhnung, Verständigung, friedvolle Nachbarschaft – könnten ein langfristiges Modell zur Lösung dieses Konfliktes sein. Mit dem Nepomuk-Lied und dem Lied „Mit der Fiedel auf dem Rucken“, musikalisch begleitet von Stephanie und Mareike Rademacher, endete die Nepomukfeier. Doch ein paar Lieder wurden auch noch bei der Brotzeit im Gasthaus Krieger gesungen. Markus Bauer
Nepomukfeier bei der Statue an der Fußgängerbrücke über die Naab bei Mariaort.
Bilder: Markus Bauer
SL-Kreisgruppe Augsburg Land/Bayerisch Schwaben
Trauer um Walter Seifert Am 27. August starb Walter Seifert, ehemaliger Obmann der bayerisch-schwäbischen SLOrtsgruppe Klosterlechfeld, im 93. Lebensjahr.
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ir trauern um unser langjähriges Mitglied und ehemaligen Obmann von Klosterlech-
feld, Walter Seifert. Er war am 23. November 1931 im Sudetenland zur Welt gekommen. Der Trauergottesdienst fand in der Wallfahrtskirche Maria Hilf statt. Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken
bewahren. Seinen Kindern Erwin, Walter, Brigitte, Rupert und Beate mit Familien gilt unsere aufrichtige Anteilnahme. Kurt Aue Kreisobmann Lothar Silbernagel Ehrenobmann
Manfred Kees und Thomas Ebersberger in der Elisabethkapelle.
SL-Ortsgruppe Bayreuth/Oberfranken
Neue Tafel für Altvaterturm Anfang September weihten Bayreuths Oberbürgermeister Thomas Ebersberger, Lehestens Bürgermeisterin Nicole Vokkeroth sowie Manfred Kees und Gerda Mühlbacher von der oberfränkischen SL-Ortsgruppe Bayreuth in der Elisabethkapelle des Altvaterturms auf dem thüringischen Wetzstein die Patenschaftstafel von Bayreuth über Franzensbad ein.
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ayreuth übernahm mit einstimmigem Beschluß des Stadtrates vom 18. September 1954 die Patenschaft über die heimatvertriebenen Bürger von Franzensbad. Zum Egerlandtag 1955 wurde diese Patenschaft mit der Übergabe der Patenschaftsurkunde am 17. Juli 1955 beurkundet. Mit der Einfügung einer Patenschaftstafel im Altvaterturm soll diese Patenschaft dauerhaft gewürdigt werden. Mehr als 15 Millionen Menschen wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aus ihrer Heimat vertrieben oder mußten flüchten, darunter mehr als drei Millionen Sudetendeutsche. Die einheimische Bevölkerung trug die schweren wirtschaftlichen und persönlichen Folgen mit. Viele Gemeinden zeigten dies auch durch Übernahme von Patenschaften über die Herkunftsorte. So auch Bayreuth für die vertriebenen Franzensbader. Diese Patenschaften gaben vielen Vertriebenen Mut, nach dem Krieg neu anzufangen. Das dokumentieren die im Altvaterturm nebeneinander angebrachten Wappen der Heimatstadt und der Patenstadt für nachfolgende Generationen. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung der Vergangenheit, zur Heilung von Wunden, die von der Vertreibung verursacht wurden, sowie ein Bestandteil der Erinnerungskultur. Jean Paul (1763–1825): „Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus welchem wir nicht vertrieben werden können.“ Ausdrücklich dankte Manfred Kees in seiner Ansprache Oberbürgermeister Ebersberger aus der Festspiel- und Universitätsstadt Bayreuth für seine Teilnahme und dafür, daß Bayreuth die Hälfte der Kosten zur Herstellung und Anbringung der Gedenktafel übernommen habe. „Damit wird auch die Aufbauarbeit der Vertriebenen in der Bundesrepublik, in Bayern und in Bayreuth nach dem Krieg gewürdigt“, betonte Manfred Kees. Heidrun Weese-Alebiosu, die Tochter von Altvaterturm-Erbauer Kurt Weese, war aus Koblenz gekommen. Sie ist Mitglied im Vorstand des Altvaterturmvereins. Ein besonderer Gruß galt Willi Rimpl, dem früheren Bürgermeister von Lehesten. Er war
vor kurzem im Krankenhaus, weshalb an seiner Stelle Manfred Eisold die Geschichte des Altvaterturmes schilderte. Sehr emotionale Grußworte sprach Lehestens Bürgermeisterin Nicole Vockeroth. Die Aufgabe der jungen Generation sei, das Erbe der Vorfahren zu bewahren und dafür einzutreten, daß Krieg und Vertreibung verbannt würden und kein überspitzter Nationalismus die aufgebaute Friedensordnung in Europa wieder zerstöre. Ebersberger erinnerte an den Stadtratsbeschluß von 1954 und die Übergabe der Patenschaftsurkunde 1955. Die Bedeutung und Wirkung als Signal des Friedens und der Versöhnung dürften nicht verkannt werden. Seit 20 Jahren stehe der neue Altvaterturm in Thüringen. Überwiegend Sudetendeutsche hätten ihn als Mahnmal gegen Vertreibung, als Erinnerungsund Begegnungsstätte und als Ort der Versöhnung errichtet. Mit seiner guten Aussicht ins Erzgebirge, ins Fichtelgebirge, in den Frankenwald, auf die Höhenlagen des Thüringer Waldes und des Harzes sei der Altvaterturm ein völkerverbindendes Schaufenster am südöstlichen Rennsteig. Hier in der Elisabethkapelle des Altvaterturmes, betonte der Oberbürgermeister, erinnerten zahlreiche Tafeln an die deutschen Siedlungsgebiete, an die jeweilige Einwohnerzahl, an die Gefallenen und an die während der Vertreibung umgebrachten Bewohner. Der Altvaterturm sei mit seinen geschichtlichen Inhalten ein Baustein für ein gemeinsames europäisches Haus, in dem übersteigerter Nationalismus, Intoleranz, Völkerhaß und Willkür keinen Platz hätten. Ebersberger schloß mit der Bemerkung, daß durch die Darstellung der bestehenden Patenschaften im Altvaterturm auch die Stadt Bayreuth ihren Beitrag leisten wolle. Nach der Einweihungsfeier gab es für alle als Überraschung einen Schluck Altvater-Likör und danach eine zünftige Brotzeit an der Wetzsteinhütte des Thüringer Waldvereines. Seit 2004 steht der Altvaterturm mit 35,8 Metern Höhe auf dem Wetzstein bei Lehesten am Rennsteig in Thüringen. Die Sichthöhe auf offener Aussichtsplattform beträgt 824 Meter. 16 Skulpturen auf den Zinnen des Turmes symbolisieren 16 Millionen Vertriebene und 16 000 getötete Menschen nach Ende des Zweiten Weltkrieges im Zuge der Vertreibung. Im Treppenhaus stellen Doppelwappen die Orte der Vertreibung und die neuen Wohnorte dar, nun ergänzt um die Patenschaftstafel von Bayreuth über Franzensbad. ds
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AUS DER HEIMAT
� Heimatkreis Braunau/Riesengebirge
Erfolgreiche Tage der Begegnung nannte Schroll, der mit 15 Jahren in die Wekelsdorfer Jungfeuerwehr eingetreten war, zum Ehrenmitglied. Im Ortsteil Löchau/Lachov wurde im Gebäude der ehemaligen Schölzerei eine Ausstellung des Heimatkreises Braunau mit Fotografien aus den 1920er Jahren eröffnet und in Ober Adersbach/ Horní Adršpach die Kirche zum Heiliur Überraschung und Freude der gen Kreuz besucht, die mangels ausreitschechischen Partner waren in der chender Gläubigen im Braunauer Deka40köpfigen Delegation des Heimatkrei- nat säkularisiert wird. ses Braunau Vertreter von drei GeneraBei einer durchaus anstrengenden tionen: vom 98jährigen Zeitzeugen aus Wanderung durch das Gebiet des früWekelsdorf/Teplice nad Metují bis zum heren Ortes Liebenau/Libná, der in den 20jährigen Interessenten mit Vorfahren 1960er Jahren entvölkert und dem Veraus Wiesen/Vižňov, heute ein Ortsteil fall preisgegeben worden war, konnten von Halbstadt/Meziměstí. Heimatkreis- die vom ehemaligen Bürgermeister Jobetreuer Erik Buchholz war es eine be- sef Bitnar initiierten und in diesem Jahr sondere Freude, Forchheims Oberbür- aufgestellten Gedenktafeln besichtigt germeister Uwe Kirschstein sowie die werden. Bei einem großzügigen EmpStadträtin Anita Kern erneut bei den Ta- fang der Stadt Wekelsdorf im Hotel Zur gen der Begegnung zu begrüßen. Krone/Koruna verblüffte ein beachNach dem freundlichen Empfang tenswertes Drei-Generationen-Engagedurch Braunaus Bürgermeister Arnold ment über die Aufarbeitung der VertreiVodochodský stanbungsphase 1945/46 den in Braunau Inim Zusammenwirken formationen über mit dem Heimatkreis verschiedene InitiaBraunau die Teilnehtiven der Agentur für mer. die Entwicklung des Věra Vítová, BürBraunauer Landes/ germeisterin von Agentura pro roz1998 bis 2002, hatvoj Broumovska im te mit großem EinBenediktiner-Klosatz und gegen Wister, der Besuch der derstände im Jahr Ausstellung „Time 2001 eine GedenkMachine Křinice“ stätte für die 1945 an von jungen Wissender „Buche“ ermorschaftlern über die deten 23 Deutschen Entwicklung der Ge- Braunaus Bürgermeister Arnold Vodo- errichten lassen und meinde Weckers- chodský und Heimatkreisbetreuer Erik wurde dafür im Jahr dorf/Křinice in der Buchholz. 2003 mit dem FranzStadtbücherei sowie Werfel-Menschendie Präsentation eines Projekts zur Er- rechtspreis geehrt. Ihre Tochter Věra fassung der deutschen Gräber auf dem Prokopová ist jetzt Bürgermeisterin von Friedhof und der dazu gehörenden Fa- Wekelsdorf und führt die von ihrem Vormiliengeschichten durch Schüler im gänger Josef Bitnar begonnene enge Gymnasium im Mittelpunkt. Zusammenarbeit mit dem Heimatkreis Mit Spannung erwartet war der Be- Braunau fort. Und deren Tochter Julie such auf dem Friedhof im Hermsdorf/ Kubečková schreibt ihre Master-Arbeit Heřmánkovice. Dort stellte Bürgermei- über das Braunauer Heimatmuseum in sterin Jana Králová die Anfänge der Forchheim – ein wunderbarer familiWiederaufstellung der nach der Eineb- ärer Dreiklang! nung der deutschen Gräber wieder aufEin besonderes Interesse an dem Begefundenen und sorgfältig restaurier- such des Heimatkreises Braunau hatten ten Grabsteine und Grabplatten in einer die Besitzer des früheren Pfarrhauses der Gedenkallee sowie das Kreuz mit einer Kirche Sankt Georg und Sankt Martin in tschechischen und deutschen Inschrift Märzdorf/Martínkovice. Sie hatten vor vor: „Im Gedenken an alle, die hier ge- drei Jahren dasJärchafest rund um den lebt haben und auf diesem Friedhof ih- Georgstag Ende April wieder aufleben re letzte Ruhestätte gefunden haben. Sie lassen, der traditionell der größte Heiwerden nie vergessen werden. Herr, gib ratsmark“ im Braunauer Ländchen geihnen die ewige Ruhe und laß sie in Frie- wesen war. Sie bemühen sich nicht nur den ruhen. Heřmánkovice – Herms- um die Pflege der Kirche und des Frieddorf, Janovičky – Johannesberg.“ In hofs, sondern waren auch an alten BräuAnbetracht der Tatsache, daß die Schän- chen rund um dieses Fest interessiert. dung dieses deutschen Gräberfelds Bei dieser Gelegenheit stellten Forscher nicht rückgängig gemacht werden kann, der Prager Kunstakademie ein weitewurde die Neugestaltung als einfühlsam res Projekt im Zusammenhang mit den und würdevoll beurteilt; sie dürfe aber Friedhöfen im Braunauer Land vor. Sie kein Beispiel für andere Friedhöfe sein. stellen Frottagen von Grabsteinen her, Ein Schwerpunkt der diesjährigen Ta- um die Schriftarten zu studieren – ein ge der Begegnung war der Stadt Wekels- interessanter Ansatz für eine künftige dorf und ihrer Bevölkerung gewid- Ausstellung des Heimatkreises. met. In einer öffentlich angekündigten Nach dem abschließenden tsche„Wanderung vom Oberen zum Unteren chisch-deutschen Gottesdienst mit DeSchloß“ informierte der 98jährige Gott- kan Martin Lanži zog Erik Buchholz eihard Schroll die erstaunlich zahlreichen ne positive Bilanz der Begegnung. Er Teilnehmer über die Geschichte, frühe- dankte dem Deutsch-Tschechischen re Nutzung und Zukunftsfonds Bewohner der und der Sudeeinzelnen Getendeutschen bäude. In einer Stiftung für die gut besuchten Unterstützung Veranstaltung dieses Projekts, im Kinosaal inder Organisatoterviewte der rin und DolmetVizebürgermeischerin Dagmar ster von AdersHeeg/Filippobach/Adršpach, vová für ihr umTomáš Dimter, sichtiges und die in Wekelsaufopferungsdorf geborevolles Wirken nen Zeitzeugen und den vieSieglinde Birlen tschechike, Anna Feigl schen Partnern und Gotthard für die offenen Schroll. Zur Gespräche auch großen Freude über schwierialler marschierge Fragen sowie te zum Schluß für ihre übereine Abordaus große Gastnung der städ- Gedenkkreuz für die auf dem Hermsdorfer Fried- freundschaft. tischen Feuer- hof begrabenen Deutschen; im Hintergrund ein Günter wehr ein und er- Gefallenendenkmal. Reichert Die 10. Tage der Begegung des Heimatkreises Braunau im Riesengebirge mit den Repräsentanten der Kommunen im Braunauer Land und der Stadt Forchheim, Patenstadt der Braunauer und Partnerstadt der Stadt Braunau/Broumov, fanden Anfang September diesmal in Braunau statt.
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Junge und ältere deutsche und tschechische Gottesdienstteilnehmer vor der Pfarrkirche Mariä Namen in Schwarzwasser. Vorne knien Hermann Baur, Schwarzwassers Bürgermeister Zdeněk Beťák und Wilhelm Rubick.
� Heimatort Schwarzwasser/Kreis Freiwaldau
Die Zeitenwende naht mit Vertretern der VdD-Ortsgruppe Freiwaldau. Alina Dittmann, Vertreterin der Ortsgruppe Ziegenhals/Głuchołazy der Sozialkulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien (SKGD), begrüßte uns mit den Worten: „Ihr seid die Erinnerung an unser Kulturerbe.“ Gerhard Hermann, Vorsitzender der VdD-Ortsgruppe Freiwaldau, schilderte ausführlich das schwere Leben der verbliebenen Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. Bei allen drei Begegnungen mit den Vertretern und Mitgliedern des VdD wurde schnell klar, daß Vertriebene und Verbliebene ein schweres Los zu tragen hatten. Erst der Zusammenbruch des Kommunismus habe die deutschen Minderheiten sowie die Tschechen und Slowaken zu freien Menschen gemacht, waren sich alle einig. Zum Schluß lud Dittmann uns für nächstes Jahr herzlich nach Ziegenhals in Polen ein. Sie dankte uns, daß wir immer wieder Zeit und Kraft fänden, in die Heimat zurückzukehren. Rubick dankte für die vielen Begegnungen und betonte, daß diese Treffen als Feste der Völkerverständigung in Erinnerung blie-
und betonte: „Wir sind stolz auf Eure Vorfahren.“ Danach er lud er uns zu Kaffee und Kuchen ins Pfarrhaus ein. Dort erfuhren wir Details über das Leben und die Lage der Gläubigen in der Tschechischen Republik. Mit einem Abendessen in der Pension Rejviz in Reihwiesen, der Gaststätte mit den geschnitzten Stühlen, klang der Tag gemütlich aus. Dort wurden auch schlesische Hefa kließla mit asislager war die Pension Bei Peter in Sahne und Heidelbeeren serviert. Freiwaldau/Jeseník. Von dort ging Am Sonntag zelebrierte Dekan Kotlář es zunächst nach Grulich/Králiky. In einen tschechisch-deutschen Wallder Stadtpfarrkirche Sankt Michael befahrtsgottesdienst für alle Pfarreien des grüßte uns Pfarrer Pavel Plíšek und erDekanats Freiwaldau in der nahezu bis läuterte die Geschichte sowie die reiche auf den letzten Platz besetzten PfarrkirInnenausstattung. Anschließend führte che Mariä Namen in Schwarzwasser. Bei Anna Dobrohrušková, Vorsitzende der seiner innigen Begrüßung stellte er fest, Ortsgruppe Grulich vom Verband der daß wir die einzige Heimatgruppe seiDeutschen Nordmähren-Adlergebiren, die jährlich noch mit einem Reisege (VdD), durch den historischen Stadtbus in die Heimat fahre. „Das verdient kern, der seit 1990 unter Denkmalschutz Respekt.“ Zudem lobte er das fortwähsteht. rende Engagement der Familien Rubick Mittags erwartete uns VdD-Geund Baur und bat sie, sich nicht von ihschäftsführerin Erika Vosáhlo im Gerem erfolgreichen Kurs abbringen zu schader-Haus in Mährisch Schönberg. lassen. Das Haus zählt zu den bedeutendsten Eine Lesung, die Fürbitten, das VaBürgerhäusern der Stadt und beherterunser und ein Friedensgebet wurbergt das Europäden auf Deutsch geische Begegnungssprochen. Den Gotzentrum. Zur Zeit der tesdienstbesuchern Hexenprozesse hatstand ein zweispraten hier Tragödien chiges Faltblatt mit stattgefunden. Wähallen Texten zur Verrend einige im Keller fügung. Kotlář predie Ausstellung über digte auf Tschedie Hexenprozesse chisch, und Kamila besichtigten, führSikorová dolmetschte Anette Pohl andete. In der Predigt erre durch den historiinnerte der Dekan schen Stadtkern „Wo daran, daß wir alle die Hexen wohnten“. Brüder und SchweVosáhlo referierte stern seien. Solange anschließend im BGZ wir auf Erden lebten, über Aufgaben und sollten wir einander Bedeutung des VdD. lieben und gemeinZur Diskussion reichsam unser Europa als te sie Kaffee und Heimat gestalten. Selbstgebackenes. Die Orgel spielDie Fahrt zurück zu te Martin Grobar aus unserer Pension ging Brünn und sang unüber den Roten Berg. Brunhilde Rubick/Hauke, dritte von links, mit Tochter Nicole und Enkelin Mona vor ih- ter anderem „Ave Auch wenn die Stra- rem Geburtshaus in Schwarzwasser, rechts die jetzigen Eigentümer. Maria – Wenn ich Bild: Petra Mačková Žulová ein Glöcklein wär“, ßen von Mährisch Schönberg/Šumperk und zwar die einzelnach Freiwaldau großzügig ausgebaut ben und vor den Sorgen des Alltags nen Strophen abwechselnd deutsch und waren, ist es immer noch ein Erlebnis, nicht allzu schnell verrauschen soll- tschechisch. Zum Festgottesdienst waauf dieser Paßstraße über den Roten ten. ren auch die Bürgermeister Beťák und Auch Dekan Stanislav Kotlář hieß Bártková, Bohumila Tinzová, Schulleiter Berg zu fahren. Abends empfingen Schwarzwassers uns im Slovan willkommen. Anschlie- Pavel Novák aus Brünn sowie Thomas Erster Bürgermeister Zdeněk Beťák, die ßend zeigte uns der Historiker Květoslav Hradil als Vertreter der Gruppe BrontoStellvertretende Bürgermeisterin Dáša Growka die renovierten Gräber der letz- saurus gekommen. Bártková, Gemeinderatsmitglieder so- ten deutschen Priester von Freiwaldau. Für den anschließenden Stehempwie Steinmetz Jiří Dorotik die Mitorga- In der renovierten Freiwaldauer Stadt- fang stand ein Zelt mit Tischen und Bännisatoren Hermann Baur und Wilhelm pfarrkirche Mariä Himmelfahrt sagte ken auf dem Kirchenvorplatz, um die Rubick im dortigen Hotel Rychleby. Martina Seidlerová, Präsidentin des Ver- Gemütlichkeit und Gespräche mit den Beťák betonte, daß der Besuch für die eins Sudetikus, daß es sie ehre, ehemali- heutigen Bewohnern von SchwarzwasGemeinde eine große Freude und Ehre ge deutsche Bewohner bei der Wurzel- ser zu fördern. Zu Mittag aßen wir mit sei und gemeinsame grenzüberschrei- suche empfangen zu dürfen. Sie dankte den Bürgermeistern, Gemeinderatsmittende Zusammenarbeit fördere. Er wolle uns, daß wir jedes Jahr an die Orte zu- gliedern, Bewohnern von Schwarzwasden Weg der Verständigung weiterge- rückkehrten, die uns so sehr am Her- ser und tschechischen Freunden im Garhen und hoffe, er führe zur Zeitenwen- zen lägen. Gerne würde sie uns näch- ten des Hotels Rychleby. Musiker Marde in den deutsch-tschechischen Bezie- stes Jahr nach Ziegenhals beglei- tin Grobar spielte Akkordeon und sang hungen, auf die schon jahrzehntelang ten. mit Dekan Kotlář Volkslieder. Wir dankhingearbeitet werde. Die vielverspreAnschließend führte Bohumila Tin- ten mit „Wahre Freundschaft soll nicht chenden Gespräche über den geplanten zová, ehemalige Leiterin des Bezirksar- wanken“. Nachmittags bestand GeleGedenkstein im Friedhof von Schwarz- chivs Freiwaldau, durch die Kirche. Die genheit zum Besuch der Elternhäuser in wasser waren konstruktiv, offen, freund- Kirche beherbergt die älteste noch spiel- Schwarzwasser, Gurschdorf/Skorosice schaftlich und vertraulich. Die Errich- bare Orgel der Firma Rieger aus Jägern- und Setzdorf/Vápenná. tung des Gedenksteins ist Rubicks Her- dorf. Darauf gab Jiří Krátký, der OrgelWir danken Kamila Sikorová aus Thozenswunsch zu seinem 85. Geburtstag sachverständige des Bistums Ostrau, ein masdorf/Domašov für die Hilfe bei der im nächsten Jahr. Orgelkonzert mit Werken von Robert Organisation und für das Dolmetschen, Nach einem Besuch im Prießnitz-Park Schumann, Friedrich Smetana und Sig- allen anderen tschechischen Helfern sound einer Führung durch Freiwaldau, frid Karg-Elert. Dekan Kotlář sprach ein wie dem Deutsch-Tschechischen Zuorganisiert von Mitgliedern des dorti- abschließendes Gebet für die Landsleu- kunftsfonds für die finanzielle Untergen VdD, trafen wir uns im Hotel Slovan te, die dieses Land aufgebaut hätten, stützung. mk
Ende August leitete das Ortsbetreuerpaar Brunhilde und Wilhelm Rubick aus dem mittelfränkischen Thälmässing eine Fahrt nach Schwarzwasser/ Černá Voda im nordmährischen Kreis Freiwaldau, die unter dem Motto „Wege in die Zukunft ebnen. Fortentwicklung der deutsch-tschechischen Beziehungen. Begegnungen im Altvaterland“ stand.
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Reicenberger Zeitung
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Stadt und Kreis Reichenberg
Kreis Deutsch Gabel
Nordböhmi[e Um[au
Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
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Kreis Friedland
Kreis Gablonz
Entdecke Friedland
Lehrer Josef Linkes Grabstein in Wiese und die Geschichte der Schule in Ebersdorf schwerlich, im Winter oft unmöglich, im Frühjahr und im Sommer bei Hochwasser zuweilen recht gefährlich. Deshalb wurde während der rauhen Jahreszeit für die katholischen Kinder in Ebersdorf eine Winter-Notschule eingerichtet, die in der Art funktionierte, daß ein Schulgehilfe aus Wiese an den Nachmittagen nach Ebersdorf kam und hier in einer Wohnstube unterrichtete. Mit Sicherheit kann festgestellt werden, daß vor 1837 in den Häusern Nr. 36 und Nr. 8
Die Gemeinde Ebersdorf hatte für die Beheizung der Stube zu sorgen, doch erfolgten alljährlich wiederkehrende Ansuchen der Ebersdorfer bei der Herrschaft Friedland, daß diese das zur Beheizung der verwendeten Wohnstube erforderliche Brennholz bewilligen möge. In den nachfolgenden Jahren, also von 1846 bis 1868, fand die Winter-Schule in eiufgepaßt Kinder“, sagte ich. nem für Schulzwecke gespen„Hier liegt meine ovale Grabdeten Haus statt. Dieses war tafel, teilweise ist die Inschrift das Haus mit der Nummer verwittert. Sie ist vollständig 27. Gestiftet wurde es teversunken im Erdreich bis hinstamentarisch von Florian unter zur grünen Grasnarbe. Haelbig, der dieses BauernFranz, was war das Thema unhaus mit niedrigen Decken serer letzten Stunde?“ „Die im Jahr 1814 gekauft hatte. Entstehung unserer Schule, In den darauffolgenden Herr Lehrer.“ „Sehr gut.“ Jahren von 1868 bis 1891 Bis zum Jahr 1622, als der war die Schule im Haus General von Waldstein neuNr. 26 untergebracht und er Herr auf Friedland wurde, erlebte einen erheblichen besuchten die Kinder des OrAufschwung. Der Krettes Ebersdorf die Schule in der scham-Besitzer Pohl überbenachbarten Stadt Seidenließ gegen einen kleinen berg in Schlesien. Doch mit Betrag sein Haus Nr. 26 der der von ihm in der FriedlänGemeinde zu Schulzwekder Herrschaft befohlenen Reken. Dank der von seinem katholisierung wurde ein geVater gesammelten Spenmeinsamer Schulunterricht den für die Schule und des von Kindern evangelischer Erlöses aus dem Verkauf und katholischer Konfession des Schulhauses Nr. 27 für nicht akzeptabel erklärt. blieb noch ein positiver SalSo mußten ab dem Jahr do in der Kasse. 1624 die katholischen Kinder Der Status der Schule zu Fuß in die Schule des Dor- Grabstein und Portrait von Josef Linke. wurde zu einer Filial-Schufes Wiese gehen, wo die ältele angehoben, und Kinder ste Kirche Nordböhmens steht. unterrichtet wurde. In der Zeit beider Konfessionen durften Nach Wiese kamen auch die Kin- von 1837 bis 1840 erfolgte der sie besuchen. Bereits zwei Jahder aus Bunzendorf, aus Tschern- Unterreicht in der Wohnstu- re später, im Jahr 1870, wurde hausen, aus dem hinter dem Berg be des Hauses Nr. 37. Von 1840 der Status der Schule abermals gelegenen Göhe sowie aus Ostri- bis 1846 wurde zu dem Zweck angehoben zu einer einklassichen, das gleich hinter der Wittig das zur Bauernwirtschaft Nr. 19 gen unabhängigen Schule. in Schlesien liegt. des Gottlieb Richter gehörige In den folgenden Jahren Der Weg von Ebersdorf nach Gedinghaus Nr. 20 verwendet, stieg die Schülerzahl auf mehr Wiese war der weiten Entfernung das 1920 niedergerissen wur- als 100. Im Jahr 1890 wurde wegen für die Kinder sehr be- de. neben dem alten Schulgebäude ein neues mit zwei Klassen aufgeführt, das Eigentum der Schulgemeinde ist. Den Baubeginn konnte ich noch sehen, aber seit Juni 1890 liege ich nun hier in Wiese, nachdem ich Schulleiter an unserer Schule war. Ihr könnt ja nicht wissen, daß ich 1862 nicht weit von hier in Arnsdorf Nr. 14 zur Welt kam. Mein Großvater mütterlicherseits war der dortige Schullehrer, Dominik Kraus der Ältere. Sein Sohn, mein Onkel, ebenfalls namens Dominik Kraus, war Lehrer in Göhe. Und dessen Sohn Dominik Kraus der Jüngere war Lehrer in Buschullersdorf. Bis 1884 war ich Lehrer in Einsiedel, und am 1. März des selben Jahres trat ich die Stelle des Schulleiters in Ebersdorf an. Ich war nunmehr der dritte selbständige Schulleiter in Ebersdorf. Verheiratet habe ich mich mit Emma, der Tochter des Seidenberger Töpfermeisters Careis. Sie wohnt nun in Seidenberg. Mein Cousin Dominik Kraus der Jüngere, namentlich wie mein Großvater, war wegen der großen Kinderschar ab Februar 1890 als Aushilfskraft an unserer Schule in Ebersdorf tätig und übernahm seit Juni meine Schulleiterstelle substitutionsmäßig bis zum 31. Dezember 1890. Dann kehrte er nach Buschullersdorf Vorne Grab und Grabstein von Josef Linke und Josef Hofmann.Oben in der zurück. rechten Ecke ein Plan des Friedhofs mit der gekennzeichneten Lage des GraDas nach mir im Jahr 1891 bes von Linke. eingeweihte neue SchulgeSteffen Geissler entdeckte in Wiese die Grabtafel des Josef Linke, der in Arnsdorf zur Welt gekommen und in Ebersdorf Lehrer gewesen war. Im Rahmen des Identitätsfindungsprojektes „Entdecke Friedland“ und der Rekonstruktion von deutschen Gräbern berichtet Geissler als Icherzähler Josef Linke über die Geschichte der Schule in Ebersdorf.
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Die Sankt-Laurentius-Kirche wird erstmals 1306 schriftlich erwähnt und ist die älteste Kirche im Friedländer Gebiet. Sie gehörte 1346 zur Diözese Meißen und später zur Diözese Prag. Die Kirchenmauern wurden 1591 in spätgotischem Stil errichtet. Der Friedhof schmiegt sich um die Kirche herum.
bäude enthält vier Lehrzimmer Andenken in einem der Lehrzim- Brief an die Korinther: ,Für jetzt und ein Lehrmittelzimmer. Das mer. bleibet Glaube, Hoffnung, Liealte Schulgebäude beherbergt „Kinder“, sagte ich, „nehmt be, diese drei, aber die Liebe ist Lehrerwohnungen. Zur Deckung Euch die Spender unserer Schu- die größte unter ihnen.‘ In dieder Schulbaukosten von 25 000 le zum Vorbild, und laßt uns noch sem Sinne, haut‘s ab, geht spieGulden wurde das zuvor erwähn- ein Rätsel lösen. Was stand auf len und seid lieb zueinander. te Schulstiftungskapital verwen- meinem Grabstein vor der Ver- Aber zuvor, mein Grabstein liegt det. witterung einst geschrieben? hier im Konvolut mit anderen, Die Schülerzahl an unserer Anton? Maria? Anna? Ich sag tragt meinen Stein bitte zu meiSchule stieg rasant um rund zehn es Euch. Es ist aus dem ersten nem Grab.“ pro Jahr. Bereits nach neun Jahren, also im Jahre 1899, mußte ein Flügel an das neue Schulhaus angebaut werden, um Raum für eine dritte Klasse zu schaffen. Die Schülerzahl betrug damals 168. Anfang des Schuljahres 1908/1909 mußte zur dritten Klasse, da sie 102 Schüler zählte, eine weitere errichtet werden, so daß der Unterricht an der Schule fortan nach dem Lehrplan einer vierklassigen Schule erteilt wurde. In jenem Jahr lernten in unserer Schule 220 Kinder. Unsere Schule wurde mit Spenden finanziert, die im Stiftungskapital gesammelt worden waren. Zu diesem Stiftungskapital gehörten auch 1000 Gulden, die der Fabrikarbeiter Johann Gottfried Moser aus dem Haus Nr. 38 der Schule testamentarisch 1889 vermachte. Sein Bild hängt zum bleibenden Dieser Ortsplan von Ebersdorf zeigt, wann die Schule wo stand.
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REICHENBERGER ZEITUNG
Sudetendeutsche Zeitung Folge 38 | 20. 9. 2024
Ringelshain 1932 von Süden gesehen. Im Vordergrund sieht man die Straße nach Johnsdorf, im Hintergrund ragt das Gebäude der Schicht‘schen Seifenfabrik empor, und den Horizont hinter ihr schließt der Kamm des Lausitzer Gebirges mit dem Sandberg ab. Bild: Sammlung von Tomáš Rejzek
Ringelshain und Aussig
Georg und Johann Schicht sieden Seife Das „Heimatbüchlein des Polzengaus“ ist ein Schulbuch, das das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur 1922 für allgemein zulässig erklärte. Herausgeber war die Prager Verlagsgesellschaft Roland, gedruckt hatte es die Böhmisch Leipaer Buch- und Steindruckerei Bergmann, und es kostete samt Zuschlag vier Kronen. In diesem Büchlein schildert Dietrich Friedegg die Anfänge der Firma Schicht in Ringelshain und Aussig.
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mit etwas Grund und Boden sowie die Fleischbankgerechtigkeit in Ringelshain. Die zur Fleischerei notwendigen Kenntnisse eignete sich Georg Schicht bei einem Meister in Kunnersdorf an, und nun übte er den Beruf seiner Urväter aus. Jeder andere hätte sich mit diesem Arbeitsgebiet zufrieden gegeben, nur den jungen Georg trieb ein unruhiger Tätigkeitstrieb vorwärts. Er bewarb sich im Frühjahr 1848 bei den Behörden um die Erlaubnis, das Seifensiedergewerbe ausüben zu dürfen, und im Juli 1848 wurde ihm die Genehmigung dazu erteilt. Die Kenntnis der Seifensiederei hatte er sich in aller Eile bei einem Seifensieder in Niemes angeeignet. Zu dem Häuschen, das Georg Schicht als Geschenk erhalten hatte, gehörte ein geräumiges Kellergewölbe. Mit dem Wohnhaus war das Gewölbe durch einen unterirdischen Gang verbunden. In diesem dunklen Kellerraum wurde die erste Schicht-Seife gesotten. Die Anfänge der Schicht‘schen Seifensiederei waren also denkbar bescheiden. Es fehlte so-
gar an Siedekesseln, weil für ihre Anschaffung das Geld mangelte. An Stelle der Siedekessel gab es von der Fleischerei einen alten Wurstkessel. Dennoch wurde schon die erste Seife gut, sie war schnell verkauft, und die Nachfrage wurde größer. Georg Schicht arbeitete Tag und Nacht. Von dem Ertrag dieses unermüdlichen Schaffens kaufte er binnen Jahresfrist einen ordentlichen Siedekessel und noch dazu einen recht großen. Georg Schicht gönnte sich und der heranwachsenden Kinderschar – acht Söhnen und einer Tochter – keine Ruhe und keine Rast. Kaum war der erste Hahnenruf verschallt, so dröhnte schon der erste Schritt des Alten vor der Kammertür, und er rief die Kleinen munter, indem er ihnen erklärte: „Der Leib ist ein fauler Knecht, dem man Gewalt antun muß.“ Oder er sagte ihnen auch: „Schlafen macht nicht zum Grafen, und im Grabe ist Zeit genug zum Schlafen.“ Die Jungen mußten – mit der Butte auf dem Rücken – das Rohmaterial zusammenschleppen, den brodelnden Inhalt des Kessels rühren und
ie Begründer der Aussiger Firma Georg Schicht, der größten Seifenfabrik in Europa, stammen aus dem Dorf Ringelshain. Der Vater jenes Schicht, von dem das Welthaus den Namen trägt, hieß Anton Schicht, war Fleischhauer und betrieb nebenbei das Fuhrmannsgewerbe, hatte aber damit kein Glück. Der Hunger und der Gerichsvollzieher waren Stammgäste des Hauses. Seine acht Kinder wuchsen daher unter ärmsten Verhältnissen auf. Der tüchtigste der Söhne scheint der vierte, Georg, gewesen zu sein. Von Kindheit an mußte er zu Hause fest zupacken, darum konnte er die Volksschule in Ringelshain nur mit großen Unterbrechungen besuchen. So kam es, daß ihm später besonders das Schreiben große Beschwerden bereitete. „Da hack‘ ich doch lieber ein Klafter Holz“, pflegte er zu sagen, wenn er etwas schriftlich erledigen sollte. Als er sich mit 27 Jahren verheiratet hatte, nahm sich sein Onkel, gegen den Georg jederzeit sehr gefällig gewesen war, seiner an und schenkte ihm aus Erkenntlichkeit ein Bauernwohnhaus Die Schichtwerke in Obersedlitz im Jahre 1903.
hunderterlei andere schwere 1867 bis 1868 „ins Böhmische“. Handgriffe leisten. Zur Seifen- Im August 1868 kam der 13jähsiederei kamen allmählich eine rige zu einem Kaufmann in ReiKerzengießerei und ein offener chenberg in die Lehre, wo der Verkaufsladen, in dem Seife, So- schwächliche Knabe eine sehr da,KerzenundSpeckfeilgebotenwur- harte Lehrzeit durchzumachen den. Der Krieg im Jahre 1866 brachte dem Schicht‘schen Geschäft einen guten Gewinn. Als Georg Schicht sah, daß es zum Krieg kommen werde, kaufte er große Mengen Mehl und Fett, sogenanntes Inselt oder Talg. Nach dem Krieg herrschte furchtbare Not. Im Nu schlug er sein Mehl zu hohen Preisen los, und auch der Vorrat an Inselt leistete ihm vortreffliche Dienste. Während die anderen Seifensieder keine Rohstoffe hatten, wurde im Schicht‘schen Hause ohne Unterbrechung weitergearbeitet. Nun kamen Johann Schicht die Kaufleute aus der fernsten Umgebung zu Schicht und kauf- hatte. Aber sie festigte seinen ten fuhrenweise seine Seife. Un- Charakter und machte ihn mit ter solchen Umständen machte Geringem zufrieden. Georg Schicht nach 1866 glänMit 17 Jahren trat er in das zende Geschäfte. Er sammel- Wiener Öl- und Fettwarengete Ersparnisse, die er dazu ver- schäft von Leopold Buchmayr wandte, sein Haus zu vergrößern als Handlungsgehilfe ein. Dort und seine technischen Einrich- lernte Johann ein großzügiges tungen zu verbessern. Geschäftsleben kennen und geSo kam das Unterneh- wann einen Blick für die Zusammen auf einen sicheren Bo- menhänge von Erzeugung und den, zumal alle Familien- Verbrauch, von Politik und Wirtmitglieder äußerst sparsam schaft. waren. Sie gingen nicht ins Rasch machte er sich alles Wirtshaus, sprachen auch zu Neue, das auf ihn eindrang, zu Hause dem Alkohol nicht zu, eigen. Dabei war auch sein Wierauchten nicht und waren zu- ner Dasein karg und schwer, da frieden, wenn sie satt zu es- er von zu Hause keinerlei Unsen bekamen. terstützung erhielt und sein GeGeorg Schicht konnte die halt sehr klein war. Er war schon Hilfe seiner Kinder bei der froh, wenn ihm so viel blieb, daß Arbeit nicht entbehren, und er sich zum Mittagessen etwas so ließ er sie mit Müh und Speck und zwei große Semmeln Not die Dorfschule in Rin- leisten konnte. gelshain besuchen. Nur den Ein Prokurist von Bachmayr begabtesten der Söhne, Jo- machte ihn darauf aufmerksam, hann, gab er für ein Jahr von daß es in Böhmen keine große
Seifenfabrik gebe und daß keine böhmische Stadt sich für die Errichtung einer solchen so vortrefflich eignen würde wie Aussig. Aussig hatte den Vorzug einer Sodafabrik. Soda ist bei der Erzeugung von Seife nicht zu entbehren. In Aussig konnte man, weil es an der Elbe liegt, aus Hamburg zu ungemein niedrigen Frachtsätzen Kokosöl, Palmkernöl und anderes beziehen und schließlich hatte und hat Aussig billige Kohlen und gute Eisenbahnverbindungen. Das schrieb Johann seinem Vater und fragte ihn, ob er für die Errichtung einer Fabik 10 000 Gulden hergeben wolle. Georg Schicht stand diesem Plan durchaus ablehnend gegenüber. Er hatte keine Lust, sein, wie er glaubte, sicheres Ringelshainer Unternehmen mit einem nach seinem Empfinden anderen Geschäft in Aussig zu vertauschen. So mußte Johann, nachdem er 20 Jahre alt geworden war, wieder nach Ringelshain zurückkehren und seine Kraft der väterlichen Seifensiederei widmen. Je mehr sich aber das Ringelshainer Werk infolge der Tüchtigkeit von Johann ausdehnte, desto stärker merkte man die Mängel, unter denen eine aufstrebende Fabrik in einem abgelegenen Dorf zu leiden hat. Schließlich gab Georg Schicht nach und erlaubte seinen Söhnen, zu Beginn des Jahres 1882 in der Umgebung von Aussig einen geeigneten Bauplatz auszuwählen. Bei Obersedlitz gegenüber von Aussig faßte man festen Fuß, und im Jänner 1883 ward der Betrieb eröffnet. Damit wurde der Grund zu den großen Schichtwerken gelegt, deren Erzeugnisse heute in ganz Europa und darüber hinaus bekannt sind.
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Dux
Ladowitz
Klostergrab
Ossegg
für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau
Bilin
Teplitz-Schönau
Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. H eimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard. spacek@gmx.de Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
Graupen
Niklasberg
� Adalbert-Stifter-Medaille
Erhard Spacek geehrt Spacek sollte nicht erfahren, daß er am ersten Abend geehrt werden sollte, denn sein abwechslungsreiches Programm beginnt meist am Tag der Ankunft mit einem Konzert. So mußten HRKorrespondentin Jutta Benešová, sie ist die gute Seele der deutschsprachigen Teplitzer und Dolmetscherin, die Ehepaare Clary und Aldringen sowie Kautz as Schloß, heute ein Museum, ge- ner informiert werden. Die Paare sind hörte den Grafen Clary und Aldrin- nämlich Gründungsmitglieder des Tegen. Und das Ehepaar Maria Gräfin und plitz-Schönauer Freundeskreises. Und Christian Graf Clary und Aldringen natürlich sollten auch Spaceks Frau Regehört zu den Stammgästen des Hei- nate sowie sein Bruder Peter dabei sein. mattreffens. Peter war aber Laudatorin war leider krank. die ebenfalls in Da die Ehrung Teplitz geborekurz vor dem ne Helena PäßAbendessen ler, Ko-Vorsitstattfinden sollzende der Selite, wurde auch ger-Gemeinde. das HotelperSie bekam die sonal eingeMedaille samt weiht. Urkunde zugeAlles klappsandt. So entte wunderbar. stand die Idee, Erhard Spacek und Christian Graf Clary und Aldrin- Erhard Spaceks diese beim Hei- gen. Augen leuchmattreffen in teten und wurTeplitz, das Erhard Spacek alljährlich or- den etwas feucht, als er Medaille und ganisiert, zu überreichen. Urkunde in den Händen hielt. Dann verMehr als 30 Landsleute und Freunde sprach er, nächstes Jahr wieder ein Trefnehmen stets die Gelegenheit Ende Au- fen zu organisieren. Über das diesjährigust/Anfang September wahr, Teplitz ge wird Jutta Benešová in der nächsten zu besuchen und Orte zu erkunden, die HR-Ausgabe ausführlich berichten. Schön, daß es diese Heimattreffen man selbst als Teplitzer möglicherweise noch gar nicht kannte. Und so war dies- gibt. Danke an Erhard und an alle, die mal auch Päßlers Zwillingsschwester ihn unterstützen und dazu beitragen, Krista dabei, die eigens aus den USA an- daß diese unvergeßlichen Treffen in Teplitz stattfinden. ar gereist war.
Ende August überreichte Christian Graf Clary und Aldringen Erhard Spacek, Heimatkreisbetreuer von Teplitz-Schönau und Vorsitzender des Freundeskreises Teplitz-Schönau, im Rahmen des 10. Heimatkreistreffens im Hotel Prince de Ligne am Teplitzer Schloßplatz die Adalbert-Stifter-Medaile.
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Verrate Deine Rezepte Neueröffnung des sogenannten Lebendigen Hauses der Salesianer hier in Teplitz. Mit Hilfe und Unterstützung von Spenden wurde das Haus renoviert. Zu den Spendern gehörte auch der Teplitzer Freundeskreis. eit zehn Jahren organisiert Erhard Zu den Gründungsmitgliedern diedie Heimattreffen hier in unserem ses Freundeskreises gehörten 2015 Teplitz. Immer mit neuen, interes- wiederum Graf und Gräfin Clary und santen Programmpunkten und dazu- Aldringen und das Ehepaar Kautzgehörigen Geschichten. Stets achtet ner mit Erhard als Vorsitzendem an er darauf, daß die Kultur, die Histo- der Spitze. Der leider verstorbene Parie, die Eigenarten der Sudetendeut- ter Benno Beneš, den die meisten hier schen einbezogen werden. Ebenso sicher kennen, war Mitglied der Salegt er Wert darauf, daß Aspekte des lesianer Don Boscos. Kinder und JuZusammenlebens zwischen Deut- gendliche von Minderheiten, denen schen und Tschechen theaus vielerlei Gründen die matisiert werden. Teilhabe am gesellschaftliUnterschiedlichste Verchen Leben erschwert oder anstaltungen gerade über gar unmöglich gemacht diese, nicht immer einfawird, werden hier betreut che, ja brenzlige Thematik, und versorgt. Eine wichtihat Erhard nicht nur angegere, eine bessere Prävenregt, sondern auch durchtionsarbeit kann ich mir geführt. kaum vorstellen. Auch daEngen Kontakt pflegt für gebühren Dir, lieber er zum Teplitzer Gymnasi- Helena Päßler Erhard, größter Dank und um und dem dortigen Lehhöchste Anerkennung. rer Martin Rak. Alljährlich werden Noch so viel mehr gäbe es zu bedie besten Schülerinnen und Schüler richten über Dich, Deine Familie, der deutschen Sprache und Geschich- über die unglaubliche Fülle Deiner te ausgezeichnet. Gerade der Kon- Tätigkeiten – das solltest Du, lieber takt zu jungen Menschen liegt Er- Erhard, verschriftlichen – genau, wie hard sehr am Herzen. So setzt er sich Du es mit dem böhmischen Kochbuch ein für die Fußballjugend des TFK Te- getan hast. Denn das, was Du geplice/Teplitz und fördert sie auch mit macht hast und noch vorhast, benödem Ausrichten von Fußballturnieren tigt gewissermaßen ebenso Rezepte. wie in Bad Kissingen. Nicht zuletzt ist Welche Zutaten werden gebraucht, hier sein stetes Eintreten für die Städ- wie viel Zeit benötigt man, kann man tepartnerschaft von Teplitz und Bad es vorher ausprobieren oder muß das Kissingen zu nennen. Vorhaben, der Plan, auf Anhieb klapErhard ist unermüdlich in seinen pen? Engagements, ein „leidenschaftliNun aber wird Dir im Namen der cher Landsmann“ – wie er von der Sudetendeutschen Landsmannschaft Sudetendeutschen Zeitung bezeichnet die Urkunde mit der Adalbert-Stifwurde. Erst kürzlich berichtete unsere ter-Medaille überreicht. Herzlichen Jutta Benešová im Heimatruf über die Glückwunsch! Hier die Laudatio, die Helena Päßler bei der Überreichung der AdalbertStifter-Medaille an Erhard Spacek im Teplitzer Hotel de Ligne Ende September hielt.
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Grüßonkel mit amerikanischen Soldaten.
Retter mit dem geretteten Heinz Schön.
Gerd Müller vor seinem Restaurant Ambry in Florida.
GEMA-Außendienstler mit Nichte und James Last im Ambry.
� Das reiche Leben eines Mannes aus Herrlich
Josef „Sepp“ Ittner 99 Am morgigen 21. September wird Josef „Sepp“ Ittner alias Joe, der in Herrlich im ehemaligen Kreis Dux zur Welt kam, in Augsburg 99. Geburtstag feiern.
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sen, denn sie durften nur 20 Kilogramm Handgepäck an Bord bringen. „Wir von den Schiffen mußten das überwachen. Unser Auftrag war, Menschen in Sicherheit zu bringen, aber keine Güter.“ Im Mai 1945 lag die „Main“ im dänischen Hadersleben. Sie wurde als Kriegsbeute an Norwegen abgeliefert und die Besatzung interniert. 1947 wurde Ittner nach Hamburg entlassen. Der britische Besatzungsoffizier fragte ihn, wohin er jetzt wolle. Nachdem er erzählt hatte, eine Rückkehr in die Heimat sei nicht möglich, schenkte ihm der Offizier eine Zugfahrkarte nach München. Dort suche die USA-Armee Sicherheitspersonal zur Bewachung ihrer
epp Ittners Geburtsort gibt es seit einem halben Jahrhundert nicht mehr, in den 1970er Jahren fiel er dem Braunkohleabbau zum Opfer. Einst hatte die Braunkohle jedoch das Dorf wirtschaftlich erblühen lassen. Auch sein Vater Josef Ittner war Bergmann, seine Mutter Maria Hausfrau. Noch heute erinnert sich Sepp Ittner an das Grubenunglück am 3. Januar vor 90 Jahren im Schacht Nelson III im nahen Ossegg. „Die Dorfjugend lief wie an vielen anderen Tagen auf einem nahen Dorfteich Schlittschuh. Von dort hatte man eine ungehinderte Sicht zum Schacht. Ich hörte einen gewaltigen Knall und sah eine Feuersäule, die kerzengerade nach oben schoß. Als Naseweis sagte ich zu meinen Freunden: ,Jetzt hat der Hitler eine Bombe geschmissen.‘“ Nach Volks- und Bürgerschule nahm er auf Empfehlung seiner älteren Schwester, die als junges Mädchen bei der Firma HICO in Dux gearbeitet hatte, ebenfalls bei dieser Firma eine Bürostelle an. HICO war das Kürzel für Hirsch & Co. Das jüdische Der Schiffsjunge und der USA-Soldat. Unternehmen stellte Kinderroller, Rodel und Kinderwägen her. Depots. In München erhielt Ittner sofort Ittner: „Die Zeit, in der auch ich Sol- Unterkunft, Verpflegung, Uniform und dat werden sollte, rückte immer näher. ein Gewehr. „Nach wenigen Tagen im Man hatte mir bereits mitgeteilt, daß ich Wachdienst übernahm ich die Stelle als zur Infanterie-Ersatz-Abteilung 2 einge- Clerk [Büroangestellter] in der Kleiderzogen werden sollte. Eine Kämpfernatur kammer, wir waren ja uniformiert, ich bin ich nicht, so ging ich 1942 zur Han- wechselte dann zur Kompanie Schreibdelsmarine in Hamburg.“ Die Ausbil- stube.“ Und: „Wir waren Support Units dung erhielt er auf dem nicht mehr im der Army mit der Bezeichnung InduEinsatz befindlichen fünfmastigen Gaf- strial Police, später US Army Labor Serfelschoner „Kapitän Hilgendorf“. Der vice.“ Diese Einheiten hatten mehrere Lehrgang bestand aus 140 jungen Män- Funktionen und waren mobil, je nachnern. „Auf diesem Schiff hausten Ar- dem wo sie eingesetzt waren. Und Ittner meen von Kakerlaken. Auch die Kom- wurde nun Joe und nicht mehr Sepp gebüse war von dem Viehzeug bevölkert. nannt. Einige Zeit war ich in der SchiffsküAls Mitglied einer mobilen Einheit che beschäftigt. Am Abend hatten wir kam Ittner viel in Bayern herum. Damals die Kommißbrote in Scheiben geschnit- lernte er eine junge Augsburgerin kenten, auf Kuchenbleche gelegt, so daß nen, die er heiratete. „So kam ich nach dann nur noch die Margarine darauf ge- Augsburg.“ Und über die US Army erschmiert werden mußte. In der Früh hol- zählt er: „Bald nach dem Krieg überten wir die Brotscheiben aus dem Pro- nahmen die Amerikaner eine wichtige viantraum, mußten jedoch die Bleche Funktion. Unter dem Befehl der US Nakräftig auf den Tisch schlagen, damit die vy räumten sie bis zur Auflösung dieser Kakerlaken zwischen den Brotscheiben Einheiten 1964 in der Nord- und Ostsee herausfielen.“ Seeminen aus dem Zweiten Weltkrieg.“ Als die jungen Burschen seiner GeneBereits 1945 hatten Ittners Eltern im ration bereits in Schützengräben kauer- Zuge der Wilden Vertreibung die Heiten, ging Ittner in seiner Freizeit in Zi- mat verlassen müssen und waren in eivil spazieren. Und dies nicht nur in deut- nem Sammellager im sächsischen Freischen Hafenstädten, sondern auch in berg gestrandet. Der Vater, der im ErDänemark, Norwegen, Finnland und sten Weltkrieg Kaiser Karl gedient Schweden. Schweden war neutral, und hatte, starb an einem Kriegsleiden noch dort konnte man Dinge kaufen, die es in in der Sowjetischen Besatungszone. Im Deutschland fast nicht mehr gab. Zuge der Familienzusammenführung Bei Kriegsende mußten die Schif- war es möglich, die Mutter nach Nürnfe der Handelsmarine Flüchtlinge aus berg zu holen, wo Ittners Schwester nach Schlesien und Ostpreußen über die Ost- ihrer Flucht aus der DDR lebte. see retten. So auch Ittners Schiff, die Im Januar 1965 begann Ittner bei „Main“. Die Flüchtlinge waren von weit den Farbwerken Hoechst im bayerischher gekommen. Sie hatten einen kleinen schwäbischen Gersthofen nahe AugsRest ihrer Habe zum Hafen geschleppt. burg im Bereich Rechnungsprüfung Diesen mußten sie nun hier zurücklas- und Spedition zu arbeiten. Am 1. Janu-
ar 1970 wechselte er zur Gesellschaft für Musikalische Rechte (GEMA), für die er 20 Jahre lang tätig sein sollte. „Auf eigenen Wunsch war ich im Außendienst. Mein Gebiet war der Südschwarzwald. Das ist ein landschaftlich wunderschönes Fleckchen Erde. Ich mußte herausfinden, ob Musikveranstalter die Aufführungsrechte bei der GEMA erworben hatten. Einfacher war, die Wahrheit ,undercover‘ zu ermitteln.“ „Komponisten, Sänger und andere, die dank GEMA oft viel Geld erhielten, suchte ich vor Ort auf und bat sie, mir regionale Informationen zu überlassen. Fast immer war man mir gegenüber hilfsbereit, denn sie profitierten von der GEMA. Wenn ich beispielsweise in Baden-Baden war, besuchte ich Tony Marshall. Wenn die Familie gerade beim Vespern oder Kaffeetrinken war, lud sie mich dazu ein. Anderseits war ich bei den Musikveranstaltern nicht immer gerne gesehen, denn von denen wollte ja die GEMA Tantiemen.“ „Der prominente Fußballer Gerd Müller hatte in Fort Lauderdale in Florida das Restaurant Ambry. Als ich bei Gerd Müller dort Gast war, kam zufällig auch James Last mit einigen seiner Musiker zur Tür herein. Ich wartete, bis Last seine Bestellungen aufgegeben hatte, dann trat ich zu ihm an den Tisch und sagte: ,Herr Last, ich arbeite für Sie.‘ Seine Antwort: ,Ich kenne sie ja gar nicht.‘“ Nachdem Ittner James Last seine Tätigkeit geschildert hatte, meinte Last: „Na setzen Sie sich mal zu mir.“ Dann erzählte er Ittner einiges aus seinem Leben und sagte, daß über die GEMA fortlaufend Schecks bei ihm eingingen. Oft wisse er gar nicht, daß irgendwo, vielleicht in Australien, seine Musik aufgeführt werde, aber das Geld erreiche ihn. Der Niederschlesier Heinz Schön (1926–2013) war Schiffzahlmeisterassistent auf der „Wilhelm Gustloff“ und überlebte deren Untergang 1945. Er war Zeitzeuge dieses Ereignisses und Archivar über die südliche Ostsee. 1985 und 1986 organisierte er im Ostseebad Damp Begegnungen der Geretteten und Retter der Ostseeflucht. 1987 stiftete er die Rettungsmedaille Ostsee 1945, mit denen die Retter geehrt wurden. Unter den ausgezeichneten Rettern war 1995 auch Josef Ittner. Sechs Jahre zuvor, 1989, war er Rentner geworden. „Ich nenne es Unruhezustand. Ich lege meine Hände nicht in den Schoß.“ Lange sei er Mitglied im Marineverein gewesen. Dieser sei jedoch aufgelöst worden, weil es keine Mitglieder mehr gegeben habe. „Die sind alle bereits zu ihrer letzten Fahrt ausgelaufen.“ Er führe seinen Haushalt allein und sei eng eingebunden als Mitglied im Verein Amerika in Augsburg. Jedes Jahr komme eine Gruppe von amerikanischen Soldaten aus Wiesbaden nach Augsburg. „Da bin ich dann der amerikanisch sprechende Grüßonkel.“ Happy birthday, dear Joe from Herrlich in Bohemia, lots of love, luck and god‘s blessing. Nadira Hurnaus
HEIMATBOTE
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Bischofteinitz
Ronsperg
FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ
15 Hostau
Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
Eisendorfer Notizen und Erinnerungen von Pater Josef Schwarzmeier – Teil III
Ohne Heimatkenntnis keine Heimatliebe „Ohne Heimatkenntnis keine Heimatliebe“: Das was das dezidierte Motto des Priesters Josef Schwarzmeier, der
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ach der Rundschau vom Eisendorfer Steinock blicke ich in die Geschichte und auf die Vergangenheit von Eisendorf zurück und beginne mit der geographischen Lage meines Heimatortes. Der Ort hatte mehr als 200 Häuser. Kennzeichnend sind die beiden Häuserreihen des Dorfes, die sich längs der Straße etwa einen Kilometer lang von Ost nach West bis knapp an die bayerische Grenze an der Tillyschanz hinziehen. Unterbrochen vom Damm des Mühl- oder Hofweihers, zeigt Eisendorf von oben her gesehen die Gestalt eines auf dem Bauche liegenden Hundes, der sozusagen alle Viere von sich streckt. Daher rührt auch der Name Hundschwanz für den Ortsteil vom Osteingang des Dorfes bis zur Kirche, mit dem einen Hinterbein vom Aberlgaßl an dem von Peter Siegler gestifteten Kindergarten Vinzentinum vorbei gegen den Steinnock zu. Das andere Hinterbein bildet das Pfarrgaßl am Eisendorfer Pfarrhaus vorbei gegen Eisendorferhütte zu. Den Leib des Hundes bildet das Mitteldorf von der Schule aus übers Kirchbargl hinunter bis zur Dorfmühle des Mühlröisn. Der Mühlweiher-Damm leitet dann über zum sogenannten Rappauf, das heißt zum Hundekopf, angefangen vom Eisendorfer Meierhof bis zur Tillyschanz. Links vom Meierhof entlang des Westufers des Mühlweihers das eine Vorderbein des Hundes und rechts vom Meierhof nach Norden zu am Kleinpellhaus und Ferdlgasthaus vorüber, auch Ferdlgaserl genannt, das zur Schleißlohstraße übergeht und die in zwei Wegstunden über Dianaberg nach der Ortschaft Roßhaupt führt, das andere Vorderbein. Eingebettet im schönsten Wiesengrund, liegt Eisendorf zwischen dem westlichen Guldbarch oder Goldberg, der den Eisendorfer Baumführern so manches gute Stück Geld einbrachte, und dem Draxelberger Buchenwald, dem südlichen Plößerberg und Platterberg, dem östlichen Kapellerberg beziehungsweise Heinsenberg und dem Pfraumberg sowie Dianaberg im Norden. Den Osten von Eisendorf hinter dem Heinzenberg säumte die Lokalbahnlinie Taus, das altrömische Tusta, über Ronsperg, Weißensulz und Tachau nach Plan. Außerdem führte während des Zweiten Weltkriegs eine reichsdeutsche Autobuslinie von Bischofteinitz über Weißensulz und Eslarn nach Weiden und eine Linie von Cham über Tiefenbach und Eslarn nach Waidhaus. Nach Beendigung des letzten Krieges und bis zur Vertreibung der Deutschen 1946 wurde die Verbindung von einem tschechoslowakischen Autobus von Weißensulz nach Eisendorf aufrecht erhalten. Hydrographisch, das heißt wasserkundlich, gesehen, liegt Eisendorf knapp an der Wasserscheide zwischen Elbe und Donau. Über den von Baron Kotz
am 20. April 1890 in Eisendorf auf die Welt gekommen war und als Studienprofessor und Bischöflicher Notar am
angelegten Mühl- oder Hofweiher pflegte der Khonas Voda, ein alter Eisendorfer Hofknecht, oft zu sagen: „Am löibst‘n war mia hoalt da Mühlweiha vull Kaffee und da Huafstodl als bakanas Kniadl dazou!“
9. Juni 1966 im niederbayerischen Tettenweis in der Diözese Passau starb. Er hinterließ seinen Landsleuten ei-
dem Wort Schütt für aufgeschüttetes Erdreich – des Eisendorfer Mühlweihers fließt das Oberwasser in das Fall-Loch – Foll-Luach – ab, um als Buchermühlbachl mit dem aus der Sparloh kommenden Tieftlohbachl durch
nen Schatz an unwiederbringlichen Erinnerungen an seinen Geburtsort. Der Heimatbote veröffentlicht seine akri-
ten des Fürsten Trauttmansdorff in Horschau bei Bischofteinitz mit seinen Gehegen voller Damwild, Wildschweinen und Fasanen. Eine rund drei Meter hohe Mauer – die Horschauer Mauer – grenzte diesen Tiergarten ab.
bischen, von der Liebe zur Heimat geprägten Aufzeichnungen in loser Folge.
tschechische Volksschule genötigt, zu deren Bau ausgerechnet eine altgermanische, eine keltische Opfersteinplatte verwendet wurde. Die Platte lag, versteckt zwischen Gras und Gebüsch, mitten am Unteren Gäwasteinnock Alter Ortsplan von Eisendorf, das heute ein Ortsteil von Weißensulz ist. Die Ortsteile Eisendorfhütte, Ruhstein, Franzlhütte sowie Walddorf gibt es nicht mehr.
Den Mühl- beziehungsweise Huafweiher speiste von Süden das sogenannte Pfarrbachl, das aus der Roten Loh bei Eisendorfhütte kommt und durch die Eisendorfer Pfarrgründe läuft. Vom Westen bewässert der Eisendorfer Weiher das Lindauerbachl, das die bayerischen Wiesen durchfließt und an unserer bayerischen Bachlwies vorbei als Huafbachl beim Eisendorfer Meierhof in den Mühlweiher mündet. Durch die sogenannte Dammschütze – abgeleitet von
die Pfrentsch- oder Kothwiesen in die Pfreimt und als Waldnaab in die Donau zu gelangen. Die Häuschen in der Nähe des Mühlwasserfalls wie Franzenpeter, Girgengircherl und Toutengrowalröis bildeten den Eisendorfer Wasserwinkel. Zoologisch bedeutungsvoll und erwähnenswert sind in unserer Heimat außer den bereits erwähnten Tiergärten des Baron Kotz bei Walddorf und des Grafen Kolowrat in Dianaberg bei Eisendorf besonders der Tiergar-
National beziehungsweise völkisch gesehen, war die Bevölkerung von Eisendorf und Umgebung bis nach dem Ersten Weltkrieg immer rein deutschfränkisch mit Egerländer Mundart. Aber mit der Einverleibung von Eisendorf und Umgebung in die nach dem Ersten Weltkrieg geschaffene Tschechoslowakische Republik bildeten die wenigen Finanzer und Gendarmen die tschechische Böhmerwaldgruppe Jednotá Pošumavská. Deutsche Kinder wurden in eine
und ruhte auf vier Steinblöcken, unter die ich als Schulbub gerne kroch, wenn mich dort beim Kuhhüten ein Regenschauer überraschte. Historisch betrachtet, hat Eisendorf seinen Namen von den 1548 bis 1871 betriebenen Eisengruben rings um das Dorf. Aus dieser Zeit stammt der Name Buchermühle oder Pochermühle. Diese Pochermühle, etwa zehn Minuten nordwestlich von Eisendorf entfernt, war ehemals ein wassertechnisch betriebener
Eisenhammer, der das in den Eisendorfer Schächten gewonnene Eisenerz zerkleinerte und hochofenfertig machte. Das bezeugte ein noch bis 1945 sichtbarer Eingang zum Bergwerksstollen nördlich der Buchermühle. Im Zusammenhang damit steht auch die Einschichte Berghäusl; nicht zuletzt auch das Eisendorfer Bergwerk, das bis 1871 in Betrieb war. Schutthalden des Eisendorfer Bergwerks waren noch bis zum Zweiten Weltkriege auf dem sogenannten Gäwafeld südlich von Eisendorf zu sehen. Nach dem Ersten Weltkrieg 1914 bis 1918 nahm eine tschechoslowakische Bergwerkskommission sogar noch einmal Bohrungen vor. Doch erwiesen sich die Schürfungen und entnommenen Erzproben als unrentabel. Daher wurden die letzten Spuren des ehemaligen Eisendorfer Bergwerkes eingeebnet und der zutage liegende Eisenschutt zur Schotterung der umliegenden Feldwege benutzt. Was die eigentliche und nähere Ortsgeschichte von Eisendorf anbelangt, so hat sich damit auch der für Heimatgeschichte interessierte und aufgeschlossene Bauer Peter Siegler, der Gründer des Eisendorfer Kindergartens, beschäftigt und gottlob auch schriftlich festgehalten, was ich bei meinen Forschungen in alten Archiven, Büchereien und Schriften fand. Sieglers heimatliche Aufzeichnungen besitzt heute angeblich der Eisendorfer Jesuitenpater Karl Forster, Rektor von Kalksburg in Niederösterreich. Leider konnte ich dieselben aber nicht ausfindig machen. Daher entschloß ich mich, nun in meinem jetzigen Pensionsaufenthalt im niederbayerischen Tettenweis wieder soviel Material als möglich über die Geschichte unserer Heimat Eisendorf zusammenzusuchen. Nach einer alten, von Peter Siegler zitierten Urkunde des Amberger Archivs, wanderte im Jahre 1548 ein protestantischer Ritter Pergler von Perglas aus der Oberpfalz nach Westböhmen ein und erbaute ein Eisendörfl in der Steinockmulde des jetzigen Eisendorf. Mit den zugewanderten Bergleuten und Glasmachern lutherischen Glaubens entstand vorerst ein protestantisches Dorf. Zur Protestantisierung unserer westböhmischen Heimat trugen besonders die Hussitenkriege und die Anhänger der Hussiten 1419 bis 1436 bei, die ihre Herrschaft und Neugläubigkeit über die Grenzen Böhmens bis weit in die Oberpfalz vortrugen. Reif und aufnahmefähig für den neuen Glauben wurde der nördliche Böhmerwald unter anderem durch die Kleinkriege der westböhmischen Adeligen wie die Grafen Schlicht zwischen Plan und Wildstein an der Eger, die adeligen Herren Schwammberger in der Gegend um Haid und Pfraumberg, die Ronsperger und die Gutensteiner Herren von Ronsperg bis Taus. Fortsetzung folg
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Heimatbote für den Kreis Ta<au
Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
An der Autobahn von Weiden nach Hof findet sich vor Wiesau die Ausfahrt nach Falkenberg und Marienbad. Man sollte hier einmal rausfahren und sich die Burg Falkenberg ansehen.
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ie Burg liegt auf einem imposanten Granitfelsen und beschützte früher den Übergang über die Waldnaab. Die Herrschaft Falkenberg wurde die Grundlage des Stiftlandes. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Burg erstmals erobert und war Ruine, bis sie Friedrich Werner Graf von der Schulenburg 1929 sah. Hier wollte er seinen Lebensabend verbringen. Er kaufte die Burg, ließ sie 1936 bis 1939 außen renovieren und mit
Burg Falkenberg in der Oberpfalz
Deutscher Widerstand Dächern versehen. Dann folgte der Innenausbau. Doch wer war dieser Graf von der Schulenburg? Jeden Samstag und Sonntag informiert eine nachhaltige Führung über die Burg und den Grafen. In einem Lift fährt man nach oben und erfährt zuerst in einem gelungen Film Näheres. Friedrich Werner Graf zu der Schulenburg war ab 1934 Deutscher Botschafter in Moskau. Er war mit Herz und Verstand ein gro-
Die Falkenburg in der Oberpfalz. Franzseff Schart, der Ortsbetreuer von Godrusch, widmet sich der Frage „Was waren Heuhütten in Böhmen, wozu wurden sie verwendet?“
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enn ich heute einen Jugendlichen danach fragen würde, was er unter einer Heuhütte versteht, würde er vermutlich prompt antworten, das seien, wie der Name schon sage, Hütten, in denen Heu eingelagert werde, so wie sie heute noch in vielen Bergregionen vom Schwarzwald über Bayern bis nach Südtirol stünden. Bei Heuhütten handelt es sich um luftdurchlässige, meist aus Baumstämmen, Holzbalken oder mit Bretterverschlag erbaute Gebäude mit wasserdichtem Dach. Bei uns im Allgäu sagt man „Heustadl“ dazu. Das dort absolut trocken eingelagerte Heu dient den Bauern als Vorratslager und wird heute noch, vor allem im Winter, im Hochgebirge mit sogenannten Hörnerschlitten bei Bedarf zu den Höfen ins Tal befördert. Stimmt, müßte ich erwidern, aber die Heuhütten, wie sie in Böhmen verwendet wurden, waren von einer ganz anderen Bauart. Hier handelt es sich um eine Art Trockengerüst, dessen Ursprung vermutlich in Bayern lag. Zur genauen Beschreibung und Verwendung liegt mir ein Original-Merkblatt von einem gewissen Ingenieur Hans Wozak aus Haselhof bei Bad Kö-
ßer Kenner und Freund ter Schmidt und KathariRußlands und der Russen. na Dittrich van Weringh, Und er war einer, der sich Moskau 2012, das ich im gegen den Krieg stemmMuseumsladen kaufte, erte, den Adolf Hitler trotz fährt man viel über die Tädes Hitler-Stalin-Paktes tigkeit des Diplomaten, gegen Rußland anstrebte. der einen der schwierigBei einem Treffen mit Hitsten Jobs der damaligen ler im April 1941 in Berlin, Zeit hatte. auf das er bestand, um unWie seinem diplomater vier Augen Hitler vom tischen Lehrmeister Otto Krieg abzubringen, bevon Bismarck war ihm klar, log ihn Hitler. In Moskau daß sich Deutschland nicht mußte er Außenminister in einen Zweifrontenkrieg Wjatscheslaw Michailoverwickeln lassen dürfe witsch Molotow die und daß ein Krieg gegen Kriegserklärung über- Blick ins Museum: Friedrich Werner Graf zu der Rußland nicht gewonnen reichen. Er schämte sich Schulenburg an seinem Schreibtisch auf der Fal- werden könne. Die Niekenburg. für sein Land. derlage in der Schlacht bei Sein geradliniges Stalingrad am 31. JanuDenken führte ihn in den bewegte Leben des Grafen, da- ar 1943 und die Kapitulation des Kreisauer Kreis und in den neben stehen persönliche Ge- Deutschen Reiches vom 4. Mai Widerstand gegen den Dikta- genstände. In dem russisch-deut- 1945 bestätigten die Befürchtuntor. In einer Regierung nach schen Buch „Friedrich-Werner gen der Diplomaten. einem erfolgreichen Umsturz Graf von der Schulenburg, DiWir stehen heute wieder vor am 20. Juli 1944 sollte er Au- plomat und Widerstandskämp- einem großen Krieg, wenn weißenminister werden. Doch es fer“, herausgegeben von Lars Pe- ter Kriegstreiber und Juristen kam anders. Am 20. August 1944 wurde er verhaftet, im Oktober zum Tode verurteilt und am 10. November 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Der Filmraum und das anschließende Museum sind neben dem Erschießungsplatz im KZ Flossenbürg die einzigen Orte in der Oberpfalz, die an den Widerstand gegen Hitler erinnern. Eine Zeitschiene informiert über das Der Friedensucher, der Menschenfreund, der Dipolmat, der Soldat und der Adelige.
Godrusch – Teil I
Heimatliche Heuhütten nigswart aus dem Jahre 1927 nannte Heumandln überflüsvor. sig macht. Dazu kamen früher Als Eghalanda Bou, geboren noch der langwierige Transport 1949 und aufgewachsen im Un- mit Ochsengespann oder Pferdeterallgäu, dort unter anderem bei fuhrwerk sowie die Größe der beden Bauern tätig als Hüatabua, wirtschafteten Fläche. habe ich mich oft unter solchen Bei uns im Dorf gab es zu meiHeuhütten aufgehalten, denn ner Jugendzeit etwa 30 Bauerndiese gab es auch vermehrt bei betriebe, und heute sind es noch uns im Allgäu. Diese hatten nach fünf. Die Anbauflächen sind dem Beladen das Aussehen eines aber nahezu gleich groß geblieCampingzeltes. ben. Auch die Arbeitskräfte wie Ich betone, „gab es“, denn das Knechte und Mägde gibt es nicht Einbringen der Ernte vom Schnitt bis zur Reifung, was früher je nach Wetterlage oft bis zu zehn Tage dauern konnte, bewerkstelligen die heutigen Landwirte dank genauester Wettervorhersagen sowie modernster Technik meist schon in zwei Tagen. Was somit die Verwendung von Heuhütten, aber auch von anderen vorhandenen und angewendeten Trockengerüsten wie Schwedenreiter oder -reuter, Heinzen (meist in Bayern), Dreibockreiter oder soge- Eine Allgäuer Heuhütte.
mehr, somit wäre ein Agieren mit Trockengestellen auch gar nicht mehr möglich und total unwirtschaftlich. Die heute noch vorhandenen Trockengestelle sieht man des öfteren noch als Deko in einem Garten stehen, so auch bei mir. Hans Wozak schreibt 1927 in „Landwirtschaftliche Merkblätter“ des Kulturrates für Böhmen, Deutsche Sektion „Über die Verwendung von Heuhütten“: „Unter den vielen Mitteln, die auf die Gewinnung von Qualitätsheu und die Verminderung der Nährstoffverluste im Heu abzielen, ist die Heuhütte eines, das in unseren Gegenden noch lange nicht die gebührende und berechtigte Würdigung gefunden hat. Besonders in solchen Jahren wie das heurige macht sich das Fehlen dieser Geräte sehr unangenehm bemerkbar. Was die Landwirte bis jetzt an Heu eingefahren haben, ist nicht viel besser als Stroh.
Um nun die Landsleute, die ihr Heu durch die Hütten verbessern wollen – und das sollten alle sein, die namhaftere Grasflächen besitzen – vor den Fehlern, wie wir sie anfangs gemacht haben, zu bewahren, will ich unsere in zweijähriger Hüttenpraxis erworbenen Erfahrungen bekanntgeben. In letzter Zeit sah man in den Zeitschriften öfters die sogenannte Allgäuer Heuhütte. Diese kommt aber als in der Verwendung zu unpraktisch und in der Herstellung viel zu teuer gar nicht in Betracht. Da muß gebohrt, gespitzt, ineinandergesetzt werden, die Längs- wie die Querstangen müssen verschiedene Längen haben, die beiden Teile sind mit einem Eisenbolzen verbunden. Sie sind demnach ohne Schmied und Wagner nicht herzustellen. Was das für die mittleren oder kleineren Landwirte bedeutet, ist bekannt. Wir verwenden nun seit zwei Jahren ein Modell, dessen Idee mein Vater, Oberrat Ingenieur Wozak, aus Bayern mitbrachte und das sich bei einiger Vertrautheit mit der Sache ganz hervorragend bewährt hat und das ich als Haselhofer Heuhütte bezeichne. Es besteht aus zwei losen Teilen, die bei Gebrauch einfach in einem Abstand von etwa 1,25 bis 1,5 Meter aneinandergereiht werden. Die Länge der Stangen – ungeschälte Fichten – beträgt durchweg zwei Meter. Fortsetzung folgt
anstatt Diplomaten bestimmen. Schritt für Schritt schlittern wir in eine Katastrophe wie zu Beginn des Ersten Weltkriegs. Wo sind die Pazifisten in diesem Land? Wo sind die Friedensmarschierer? Wo ist die Intelligenz, die die Menschen vor dem Dritten Weltkrieg warnt? Dafür hört man in den Nachrichten vom „gerechten Krieg“, von dem „Recht, sich verteidigen zu dürfen“. Doch, wer liefert die Waffen? Am 21. Juni beging die Welt den 110. Todestag von Bertha von Suttner, der berühmten Prager Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin. Sie hinterließ den Roman „Die Waffen nieder“. Stolz verweisen wir auf diese erste Friedensnobelpreisträgerin, doch haben wir etwas von ihr gelernt? Das kleine, aber feine Museum sollten Sie bei Ihrem nächsten Besuch in der Oberpfalz besuchen. Führungen sind Samstag und Sonntag um 15.30 Uhr. Bei der Führung erfährt man auch, daß die Gemeinde Falkenberg die Burg kaufte und mit viel ehrenamtlichem Engagement neben der Gedenkstätte ein modernes Hotel mit Tagungszentrum betreibt. Wolf-Dieter Hamperl
TERMINE Bis Donnerstag, 31. Oktober, Tachau-Heiligen: Ausstellung „900 Jahre Klöster Zwiefalten und Kladruby/Kladrau 1115 bis 2015“ in der Reithalle. Mittwoch bis Sonntag 10.00–17.00 Uhr. Freitag, 18. Oktober, 18.00 Uhr, Hals: Bayerisch-tschechischer Stammtisch im Restaurant U Soudku, Svobodka 60, Halže. Sonntag, 20. Oktober, 15.00 Uhr, Haid: Deutschsprachige Pilgermesse in der Loreto mit Weihbischof em. Ulrich Boom aus Würzburg, anschließend Kirchkaffee in der Sakristei.
WIR GRATULIEREN Wir gratulieren folgenden treuen Abonnenten des Tachauer Heimatboten, die im September Geburtstag feiern, und wünschen von Herzen alles Gute, Gesundheit und Gottes überreichen Segen. Pfraumberg. Am 20. Marianne Pankowski/Eisenhut (Haus Nr. 8), Danziger Weg 35, 58511 Lüdenscheid, 93 Jahre. Waltraud Gregor Ortsbetreuerin Vorderpaulusbrunn. Am 22. Franz Bäuml, Wittichsthal Nr. 11, Hausname Mirl Franz, 89 Jahre. Helmut Gleißner Ortsbetreuer
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Heimatkundliches Mitteilungsblatt für die Vertriebenen aus dem Isergebirge/Organ des Gablonzer Heimatkreises e.V. Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail isergebirge@sudeten.de
Ausstellung in Gablonz
Hier ruht in Frieden Mehr als zwei Jahre lang dokumentierten Studierende der Prager Hochschule für Kunstgewerbe (Umprum) gezielt ausgewählte Friedhöfe. Ziel ihrer Arbeit war es, die auf Grabsteinen verwendete Schrift, ihre Formen und Typologie, lokale Besonderheiten sowie die Veränderung im Laufe der Zeit zu erfassen und zu dokumentieren.
fit und Papier erstellt. „Entstanden sind daraus mehrere hundert Frottagen, auf denen zu sehen ist, was früher in die Steine gehauen wurde“, sagt Jan Čumlivski, der das Projekt mitgeleitet hat. Die
Bis Freitag, 22. November: „Hier ruht begraben/Zde odpočívá v pokoji“. Galerie Nisa Factory, Gablonz, wochentags 10.00–16.00 Uhr.
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ie Kuratorin Anna Habánová der Presseagentur ČTK mitteilte, wurden die Abdrücke mit Gra-
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enzel-Schneidersch Hermine troof ihre ale Freundin, de Stumpe Gustn, und dou tischkriertn die zwej Weibr halt ibr dos und jes. Wie de Stumpe Gustn ofing ibr de Eisnbohne zu schimpfn, dos die halt ollsfort zu langstn kimmt und dos se su teuer is, dou mejnte de Hermine: „Weßte, iech ho die diche Bande itze amoul drogekricht. Iech ho mr anne Fohrkorte gekouft und bie ejfach ne gefohrn!“
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noublr Karl aus dr Stoodt sohte ibr seine neue Liebschoft, die de vunn Dorfe wor: „Ach Liebste, ißt du auch so gerne Erbsen?“ Druf mejnte die: „Nej, die kollrn mr immr su vunn Massr!“ Thomas Schönhoff
TERMINE Samstag, 28. September, 15.00 Uhr, Isergebirgsmuseum: Paurischer Mundartnachmittag mit Thomas Schönhoff, Träger des Bayerischen Dialektpreises 2024 für die sudetendeutsche Mundartpflege, in der kleinen Galerie. Anmeldung: Telefon (0 83 41) 96 50 18 (Dienstag bis Sonntag ab 12.30 Uhr) oder eMail verwaltung@isergebirgsmuseum.de
WIR BETRAUERN Am 12. August starb in Kaufbeuren Erika Machalitzky aus der Mozartgasse 29a nach längerer Krankheit im 85. Lebensjahr betrauert von ihren Angehörigen. Gablonz.
Reinowitz. Kurz nach ihrem 83. Geburtstag verstarb am 17. August in Neugablonz unsere liebe Heimatfreundin Renate Hübner/Jäger. Über viele Jahre arbeitete sie ehrenamtlich an der Kasse im Isergebirgsmusem und als Bedienung im Seniorentreff Koffejtippl Neugablonz. Ihrem Gatten Günther unsere herzliche Anteilnahme ! Thomas Schönhoff Ortsgemeinschaft LabauPintschei. Wir trauern um unsere verstorbene Heimatfreundin, Maria Tomesch/Dworatschek, geboren am 26. Juli 1929), die am 31. August in der Kursana-Villa München, Greinerberg 17, im Alter von 95 Jahren verstarb. Hans Theileis
Abdrücke der deutschen Gräber aus dem Sudetenland sind derzeit in einer neuen Ausstellung in der Nisa Factory in Gablonz zu sehen. Ziel der Untersuchung war es nicht nur, die Erinnerung an die heute weitestgehend unbekannten Menschen aufrechtzuerhalten, sondern auch – in digitalisierter Form – mit der Schrift weiterzuarbeiten. Basierend auf der im Studio erstellten Dokumentation wurden später digitale Schriftarten erstellt, die im hinteren Raum der Ausstellung zu sehen sind.
Das sanierte Gebäude beherbergt eine permanente Ausstellung von Glasperlen und Modeschmuck. Bei dieser Hommage an die regionale Handwerkskunst und Tradition treffen Geschichte und Gegenwart dieses einzigartigen Fachgebiets aufeinander.
Kulturzentrum in ehemaliger Fabrik
WIR GRATULIEREN Ortsgemeinschaft LabauPintschei. Die Ortsgemeinschaft gratuliert im Oktober zum 89. Geburtstag am 7. Ilse Niessner/Kretschmer in Amorbach und am 18. Hans Hendrich in Freital; 88. Geburtstag am 14. Horst Strinzel in Sonthofen; 87. Geburtstag am 4. Erich Wittiger in Kaufbeuren; 85. Geburtstag am 14. Adelheid Fleischmann in Leinau; 83. Geburtstag am 3. Gerd Fischer in Kaufbeuren; 82. Geburtstag am 21. Dr. Klaus Peter Jeschke in Dresden; 80. Geburtstag am 5. Thomas Miller in Pforzen; 78. Geburtstag am 30. Renate Posselt in Kaufbeuren-Neugablonz; 74. Geburtstag am 29. Christine Piwernetz/Metzger in Strullendorf; 71. Geburtstag am 9. Rolf Kretschmann in KaufbeurenNeugablonz; 67. Geburtstag am 25. Dr. Hans-Joachim Hübner in Kaufbeuren-Neugablonz; 45. Geburtstag am 12. Stefanie Theileis/Bernhard in Lamerdingen; 38. Geburtstag am 8. Hansjörg Albrecht in Pforzen; 31. Geburtstag am 11. Tatjana Dietrich in Kaufbeuren. Hans Theileis Marschowitz. Die Ortsgemeinschaft gratuliert am 16. Oktober Schwester Hedwig Preußler in Kaufbeuren zum 88. Geburtstag. Hans Theileis Polaun. Wir gratulieren allen Polaunern, die im Oktober geboren sind, auf das Allerherzlichste zum Geburtstag. Hans Pfeifer Ortsbetreuer Antoniwald. Wir gratulieren herzlich allen, die im Oktober Geburtstag haben. Es feiern 80. am 24. Brigitte Krompholz/Schröder in Oberursel; 67. am 26. Dietmar Müller. Friedrichswald. Am 12. Ok-
tober gratulieren wir Helga Hujer zum 89. Geburtstag. Gablonz. Im Oktober feiern Geburtstag 85. am 12. Roswitha Frohn/ Skolaude in Wolfsberg (Österreich) und am 3. Peter Kunze zu Hause in Friedrichswald/ Bedřichov; 83. am 2. Christa Möller
(Schmirgelfelsgasse 52); 93. am 1. Inge Hübner/Hossner (Schillergasse 26) in Waldkraiburg. Hennersdorf. Wir gratulieren zum 84. Geburtstag am 4. Oktober Margit Müller (Wünschloch) in Karlsruhe. Grünwald. Im Oktober gratulieren wir zum Geburtstag 77. am 3. Karl Porsche; 83. am 4. Helmut Porsche. Johannesberg. Im Oktober feiern Geburtstag: 89. am 8. Brigitte Odechnal/ Weiss; 83. am 14. Günther Reckziegel; 84. am 18. Gertrud Schäfer/ Schwertner und am 11.Helmtraud Streichert/Schöler in Neugablonz; 81. am 13.Anni Wohlrab/ Schöffel; 92. am 23. Ilse Zenkner/Seibt. Josefsthal. Im Oktober gratulieren wir zum Geburtstag 89. am 20. Renate Prediger/ Trochlepschy; 85. am 15.Gerald Linke in Neugablonz; 87. am 19. Erna Jäger in Bärnau. Karlsberg. Wir gratulieren zum 84. Geburtstag am 19. Oktober Brigitte Pilz in Steinholz. Kukan. Im Oktober feiern Geburtstag 84. am 2. Ingrid Metzger/ Hoffmann; 86. am 8. Ingrid Hennerbichler/Hoffmann in Enns (Österreich); 94. am 30. Gerhard Kittel in Neugablonz; 86. am 14. Renate Ludley/ Rössler in Dessau; 85. am 5. Sieglinde Messinger/Postel in Golling (Österreich); 87. am 4. Erich Wittiger in Kaufbeuren. Maxdorf. Im Oktober gratulieren wir zum Geburtstag: 84. am 30. Horst Pohl; 85. am 12.Herta Schwedler/ Gärtner. Tannwald. Im Oktober gratulieren wir zum Geburtstag: 86. am 11. Werner Pilz; 93. am 16.Heinz Eckert in Neuburg an der Donau. Thomas Schönhoff Ortsbetreuer
das Textilunternehmen bis heute überlebt. In den 1950er Jahren diente es jedoch nicht mehr der Textilindustrie, sondern wurde an das staatliche Unternehmen Bižuterie übertragen. In der Öffentlichkeit war es als Silka bekannt. Die Firma G&B Beads kaufte 2002 das Gelände und verlegte die Produktion von Glasperlen und Modeschmuck dorthin. 2020 spendete G&B Beads ungenutzte Fabrikflächen an den Bürgerverein Nisa Factory, um ein Zentrum für zeitgenössische Kunst, Wissenschaft und Technologie zu errichten. Nisa Factory ist ein Treffpunkt für Menschen, ein Raum, in dem Meinungen und Erfahrungen ausgetauscht und ein offener Dialog geführt werden.
Historische Moderne Am Fuße des Isergebirges steht eine Perlenfabrik, die ein Freizeit- und Bildungsprogramm für Schulen und Familien voller Kreativität, Kunst, Geschichte und Wissen bietet. Das Gelände der ehemaligen HerzigFabrik verfügt über großzügige Flächen, die an die berühmte Textilgeschichte der Region erinnern. Der Stolz des gesamten Komplexes ist der wunderbare Raum der ehemaligen Spinnerei, der zu einem Galerieraum geworden ist.
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Bei der Umgestaltung der ehemaligen Spinnerei in die Große Galerie wurden die ursprünglichen Deckenbalken freigelegt. Der längste von ihnen mißt beeindruckende 18 Meter. Geschäftspartner in Italien, Ungarn und Siebenbürgen. Exportiert wurden hauptsächlich rohe, weiße und gefärbte Baumwollwaren. Das Unternehmen erhielt unzählige Verdienste und Medaillen auf Industrieausstellungen in Wien, Leipzig, München, London und Paris. Doch 1859 ging der Geschäftspartner des Unternehmens, das Bankhaus Arnstein & Eskeles, in Konkurs, was bei Josef Herzig & Söhne zu großen finanziellen Verlusten und schließlich zum Verkauf der Fabrik führte. In den folgenden Jahren wechselte mehrmals der Besitzer, bis 1880 die damals größte Baumwollfirma Österreich-Ungarns, Mautner & Osterreicher, unter der Leitung des Industriellen Isaac Mautner aus Nachod, den Betrieb kaufte. Das Unternehmen überstand den Ersten Weltkrieg und setzte die Produktion auch nach der Gründung der Tschechoslowakei fort. Größter Anteilseigner des Unternehmens war damals die Prager Živnobanka. Nach mehreren Umbauten und Veränderungen hat
Die Nisa Factory liegt in einer wunderschönen Landschaft am Fuße des Isergebirges. Der FlußBílá Nisa, der im nahe gelegenen Naturschutzgebiet Klikvová louka entspringt, fließt durch das Werksgelände. Das Funktionieren der Fabrik ist seit jeher eng mit der sie umgebenden wilden Natur verbunden. Der Wasserlauf der Bílá Nisa war ursprünglich die treibende Kraft für den Betrieb der Fabrik. In den 1840er Jahren wurde er jedoch durch eine leistungsfähigere Dampfmaschine ersetzt. Heute ist der Fluß ein Symbol, das an die Geschichte und Tradition der Glasherstellung erinnert. Ähnlich wie die Holzbalken in der großen Galerie. Das Holz aus den angrenzenden Wäldern diente als Brennstoff für die Textilfabrik und wurde auch für den Bau der Fabrik selbst verwendet. Die Nisa Factory bietet Einheimischen und Touristen, Einzelpersonen und Familien nicht nur einen neuen Galerieraum, sondern auch Kreativ-Workshops, ein Museum über die Perlen- und Schmuckherstellung in Gablonz sowie einen Laden mit einem breiten Angebot an Schmuck und Perlen aus eigener Produktion – gepreßt, geschliffen, feuerpoliert oder gewickelt.
ie Fabrik wurde zwischen 1798 und 1800 erbaut und diente ursprünglich als Druckerei für feine Stoffe. Im Jahr 1825 wurde es vom Kaufmann Josef Herzig erworben. Zwei Jahre später kaufte Herzig auch die hinter der Fabrik befindliche Glasschleiferei. 1828 ließ er an dieser Stelle ein Gebäude für eine Baumwollspinnerei, eine Maschinenwerkstatt, eine Bleicherei, eine Färberei und eine Veredelungsanlage errichten. So wandelte sich in der Gegend die Leinenweberei zur Weberei von Baumwollstoffen, wodurch Baumwolle zu einem leicht verfügbaren Material wurde. 1837 traten Herzigs Söhne in die Fabrik ein, und das Unternehmen wurde in Josef Herzig & Söhne umbenannt. In den 1840er Jahren betrieb die Fabrik insgesamt 5196 Spindeln und beschäftigte 113 Arbeiter. Da der Antrieb der Fabrik durch die Wasserkraft der Nisa mit der Zeit unzureichend wurde, wurde 1842 die erste Dampfmaschine der Region in Betrieb genommen, ergänzt durch zwei Wasserturbinen. Nach Die Fabrik Herzig 1844 auf einer 1855 übernahm Schießscheibe. Anton Herzig die Leitung des Unternehmens. Zu diesem Zeitpunkt betrieb die Fabrik eine mechanische Weberei mit 244 Webstühlen mit einer jährlichen Produktion von rund 3300 Stück Baumwollstoffen und beschäftigte rund 300 Mitarbeiter. Zum Areal gehörten ein Verwaltungsgebäude, ein Kohlenlager und eine Schmiede. Her- Dominantes Merkmal des Fabrikgeländes ist der 35 Meter hohe Schornzigs Fabrik hatte ihre wichtigsten stein, der seine Funktion nicht mehr erfüllt.
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Heimatblatt für den Kreis Sternberg in Mähren (einschl. Neustädter Ländchen) Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail sternberg@sudeten.de
Straßen in Mährisch Neustadt
Fronfest- oder Fleischergasse Fronfestgasse mit Arrest.
Blick durch die Fronfestgasse Richtung Rathausturm. Heute wird die Fronfestgasse etwas hervorgehoben.
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ie Fronfestgasse führt von der südlichen Ecke des Stadtplatzes aus über die Schwabengasse in Richtung der früheren Stadtmauer und ist die Verbindung zur Oberen Alleegasse. In früheren Zeiten stand in der Fronfestgasse vom Stadtplatz aus gesehen links das Haus des Vogtes, später die Kasernen und jetzt das Marthahaus. Auf der rechten Seite befanden sich die Fleischbänke, auf deren Grundstück das Haus der Buchhandlung Meier gebaut wurde.
Die Fronfestgasse hieß vor 500 Jahren Scherchgasse, weil früher dort der Scharfrichter wohnte. Als dann die Kasernen nebst Militärgefängnis hier untergebracht waren, wurde die Gasse in Kustodigasse umbenannt. Und 1822 wieder eine Namensänderung in Fleischergasse wegen der Fleischbänke. Ihren uns geläufigen Namen Fronfestgasse erhielt sie wegen des Gefängnisses 1849. Nach unserer Vertreibung mußte sie nochmals eine Namensänderung hinnehmen, jetzt heißt sie Příční ulice. Demnächst werden öfter einige Straßen näher beschrieben. Sigrid Lichtenthäler
Blick vom Hof der Bank in der Fronfestgasse zur Oberen Alleegasse. Diese Erinnerungen an Mährisch Neustadt hat Grete Brosig/Leidolf vor 24 Jahren niedergeschrieben.
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iebe ältere und alte Landsleute, besonders vom Kirchenplatz, aus der Müglitzer Gasse bis zur Perlfabrik, aus der Wallgasse und der Feldgasse, ich bin die Leidolf Grete aus der Leimser-Bäckerei, geboren am 12. Mai 1923 in der guten Stube eben dort. Damals lebten noch der alte Leimser-Bäcker, die Emma Tant‘, eine ledige Schwester von ihm, meine Eltern und die Tant‘ Else, „Bäckermeisterin“, die Seele des Ganzen. Das Haus war so alt wie das Meedler Tor, an das es angrenzte. Die Vorderfront mit Fenstern und Jalousien im ersten Stock. Dahinter aber nur ein großer Boden mit allerlei Gerümpel, mit eiserner Feuerschutztüre und zum Hof ein riesiges Schindeldach bis zum Erdgeschoß. Ich
saß oft, als ich schon größer war, auf der Hofbank und schaute verträumt, wie die Sonne die letzten Schneereste fraß. Wir hatten vom Hof aus angebaut an die Stadtmauer und den Hungerturm, ein Haus mit Schlafzimmer, Wohnzimmer und Vorraum. Letztere mit Fenstern in den Garten. Aber keinerlei Beleuchtung, gottlob wenigstens einen Kachelofen! Notlicht war nur eine Kerze oder Taschenlampe. Bloß in der Backstube und im guten Zimmer dahinter war Gaslicht vorhanden. Nochmals zur Backstube: Wir hatten dort in einer Ecke einen Küchenherd, einen Eßtisch und glatten, pflegeleichten Holz-Zement-Boden. Tante Else kochte vorzüglich. Ich war zwar öfter meinen Freundinnen, der Duschek Ilse und der Pospischil Traude, neidisch, weil sie richtige Küchen daheim hatten, aber beide fanden es bei mir so gemütlich. Neben dem Herd stan-
Fronfestgasse mit Lohwasserhaus. Das ehemalige Gefängnis.
Blick vom Hof der Bank in der Fronfestgasse zur Rückseite der Mädchenschule.
Erinnerungen aus Mährisch Neustadt
Kindheit ohne Radio, aber den zwei Kübel mit Brunnenwasser, und ein Schöpflöffel hing darüber an der Wand. Gelegentlich kamen auch durstige Schulkinder vorbei und labten sich hier. Wie gesagt, alles fand in der Backstube statt. Ob es das Federnschleißen im Winter war oder zu Allerseelen das Rosenkranzbeten in der Dunkelstube mit bunten Kerzen. Auch gelegentliche Nachmittagsbesuche blieben gerne in der Backstube. Alle wußten, daß auf den Brettern, die von der Decke hingen, meistens Kuchen gelagert waren. An heißen Sommertagen aßen wir mittags im großen Vorhaus, das ein großes Gewölbe hatte. Dort war es kühl. Es gab
nur ein bäuerliches Holztor zum Hof, welches Tag und Nacht offenstand. Innen im Eck ein alter Holztisch, an dem geschlachtetes Geflügel gerupft und ausgenommen wurde. Nur zum Nikolaustag stand dort eine Backschüssel mit Köstlichkeiten vom Feinkostgeschäft Peter Karl aus der Schönberger Gasse. Dazu noch eine Begebenheit, über die alle lange gelacht haben. Ich hatte irgendwann einmal in einer fensterlosen und ziemlich dunklen Abstellkammer gestickselt und unter anderem die große Tasche von der Nikkel-Mutter erspäht. Voll Schrekken habe ich diesen Raum nie mehr betreten. So kam der Niko-
lausabend. Wir Freundinnen waren wie immer gegen Abend mit Schulkameraden und Freunden vom Gymnasium am Stadtplatz promenieren gewesen. Ich kam arglos nach Hause, plötzlich im dunklen Gang neben dem Backofen Kettengerassel und Rutenschwingen. Ich schrie wie am Spieß. Vergeblich rief Tante Elsa: „Aber Grete, es ist doch die Ludl Trude!“ Es dauerte eine Weile, bis ich mich von dem Schrecken erholte und wieder gefangen hatte. Noch einmal zurück zum Vorhaus. Gegenüber dem Eßtisch war noch eine weitere große Nische mit Getreidesäcken, auf denen wir zu gerne herum geklet-
tert wären. Aber es war wegen der Rutschgefahr streng verboten. Eine gewaltige, schwere Wäschemenge hatte auch dort einen entsprechenden Platz. Mir machte eigentlich das Haus zeitlebens irgendwie Angst, besonders die niedrigen, dunklen Kellergewölbe, von denen aus angeblich noch ein Fluchtgang bis zur nahen Pfarrkirche führte. Wenn ich jetzt öfter lese oder auch hören muß, was die Kinder von heute so haben müssen, fällt mir nur der Freitag ein, der uns immer wieder so beglückte und erfreute! Doch vorher kurz zum Abend in der Backstube. Kein Radio war vorhanden. Vater las aus der Zeitung vor. Mut-
STERNBERGER HEIMAT-POST
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Letzter demokratisch gewählter Bürgermeister
Der Alte aus dem Böhmerwald Am 17. September 1963, also vor 61 Jahren, verstarb in Bleidenstadt der letzte demokratisch gewählte Bürgermeister von Mährisch Neustadt, Adolf Petsch. In der Zeitung war damals unter der Überschrift „Trauer um einen charaktervollen Mann“ unter anderem zu lesen:
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dolf Petsch war ein angesehener Bürger, ein charaktervoller Mensch mit ungeheurem Willen, aber großer Gutmütigkeit. Mit diesem Mann verliert die Gemeinde, verlieren vor allem die Heimatvertriebenen, einen wertvollen Mitmenschen, der überall, wo er war und wirkte, Motor war, aber immer für die Allgemeinheit, nie für sich selbst. Am 12. Dezember 1890 in Kornitz bei Mährisch Trübau geboren, wurde Adolf Petsch Kaufmann und besaß später einen Großhandel in Mährisch Neustadt. Hier wurde er bald zu einem angesehenen Bürger, was ihm auch den Posten des Bürgermeisters einbrachte. Im alten tschechischen Reichstag war er lange Zeit Abgeordneter und erwarb sich hier ein großes Wissen und viel Erfahrung in der Politik. Diese Laufbahn des leidenschaftlichen Politikers wurde 1945 durch das Kriegsende jäh unterbrochen. Er flüchtete mit seiner Familie und kam 1946 zunächst nach Orlen im Taunus. Von hier aus begann er, sich in eine neue Aufgabe hineinzuleben. Es galt, die Heimatvertriebenen zu sammeln und zu betreuen. Weil er einer von ihnen war, gelang es Petsch schnell, den Bund der Vertriebenen (BdV) aufzubauen. Mit dem
Fahrrad fuhr Adolf Petsch damals unermüdlich von Ort zu Ort. Man erkannte seine Fähigkeiten und holte ihn in die KReispolitik. Seit 1952 gehörte er der Gemeindevertretung an, deren Vorsitz er 1956 übernahm. Auch hier ging seine enge Verbindung zu den Heimatvertriebenen nicht verloren. Ihm war es zu danken, daß seine Landsleute schnell in ihrer neuen Heimat im Taunus Kontakt finden konnten, weil durch seine Initiative in Bleidenstadt auf dem Roßberg eine Siedlung für Flüchtlinge entstand. 1960 wurde ihm für seine großen Verdienste die Freiherr-vomStein-Plakette verliehen. Bald darauf aber ließen ihn zwei Schlaganfälle spüren, daß er mit seinen Kräften nicht hausgehalten hatte. Der „Alte aus dem Böhmerwald“, wie viele ihn hochachtungsvoll nannten, trat von der politischen Bühne und dem Leben ab.
Hochwasser in Tschechien
Krisentelefon und Sandsäcke Auf der Facebook-Seite von Mährisch Neustadt/Unicov kann man die Hochwasserlage in und um Mährisch Neustadt verfolgen. Während am Freitagabend noch ein Hochwasserkrisentelefon geschaltet wurde, hatte sich die Lage bis zum Redaktionsschluß wieder entspannt, und die Hotline wurde stillgelegt. Eine Chronologie.
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Adolf Petsch erhielt 1960 die Freiherr-vom Stein-Plakette.
Die Heimatvertriebenen-Siedlung in Bleidenstadt (hier auf einem Bild von 1952) geht auf die Initiative von Adolf Petsch zurück. Bild: Bundesarchiv B 145 Bild-F000102-0008/wikipedia.de
m Freitag veröffentlichte die Stadt, daß „präventive Vorbereitungen für die mögliche Ankunft einer Flut“ in vollem Gange seien. Alle relevanten Einheiten seien daran beteiligt, die Koordination liege in den Händen der städtischen Hochwasserkommission. Gemeinsam mit der Freiwilligen Feuerwehr bereiteten die Mitarbeiter der technischen Dienste Sandsäcke vor. Auch wurde am Freitag ab 15 Uhr eine Hochwasser-Hotline geschaltet, an die sich die Bürger wenden konnten, um technische Hilfe – Aufbau einer Sandsackflutbarriere, Wasser abpumpen, Beseitigung umgestürzter Bäume – anzufordern, wenn ihr Eigentum gefährdet sei. Als „unverzichtbaren Bestandteil bei der Bewältigung von Notfällen“ nennt die Stadt die freiwilligen Feuerwehrleute. Sie seien immer an vorderster Front dabei und leisteten den größten Teil der Arbeit. So hätten sie bereits am Donnerstag, 12. September, eine präventive Kontrolle des Flusses Oskawa durchgeführt und mehrere Hindernisse beseitigt. Außerdem sperrten sie
vorübergehend den Durchlaß unter der Bahnlinie. Sie sind auch dabei, die Schleusentore des Wehrs im Park gezielt zu öffnen oder zu schließen. Da zu dem anhaltenden Regen auch starke Winde vorhergesagt wurden, riet die Zentrale Hochwasserkommission den Bürgern wegen der Gefahr des Umstürzens von Bäumen, Wälder und Parks bis auf Weiteres nicht mehr zu betreten. Am Samstag, 14. September verhängte dann der Gouverneur der Region Olmütz den Ausnahmezustand über die Region. Der Gefahrenzustand kann als Dringlichkeitsmaßnahme ausgerufen werden, wenn im Falle einer Naturkatastrophe, eines Umwelt- oder Industrieunfalls, eines Unfalls oder einer anderen Gefahr das Leben, die Gesundheit, das Eigentum oder die Umwelt bedroht sind, es sei denn, die Intensität der Bedrohung erreicht ein erhebliches Ausmaß und es ist unmöglich, die Bedrohung durch die normale Tätigkeit der Verwaltungsbehörden und der Bestandteile des integrierten Rettungssystems abzuwenden. Der Ausnahmezustand kann vom Gouverneur einer Region ausgerufen werden. Obwohl sich die meteorologische Situation in der Region Mährisch Neustadt am Sonntag leicht verbessert hatte, blieben al-
le ausgegebenen Warnungen zunächst in Kraft. Erst am Montag teilte die Stadt auf ihrer Internetseite mit, daß Mährisch Neustadt weitgehend verschont geblieben und nicht mit einer Verschlech-
terung der Situation zu rechnen sei. Deshalb werde die Hotline geschlossen. Die Empfehlung, auf Besuche von Parks und Wäldern zu verzichten. blieb jedoch bestehen. KH
Littau/Litovel war am Montag, 16. September wegen des Hochwassers für den Verkehr gesperrt. Eine Zufahrt aus Mährisch Neustadt, Olmütz oder Sternberg war nicht möglich.
Fußgrube waren die Ofenbretter, auf denen früh die Backschüsseln zum Einschieben der Brotlaibe bereit standen. Jetzt wurde das schöne warme Holz herausgeholt und unter die Bretter geschoben – und da saßen erwarmen meiner Tante eröffnete mein kruste recht schön knusprig war. immer zum Vortrocknen im auf- tungsvoll wir drei Freundinnen. Vater einen Getreide- und Futter- Das Scheitholz befand sich wie geheizten Backofen. Neben der Es knackte, roch nach Harz und mittel-Großhandel, ein Magawar recht gemütlich. zin in der Salzgasse und eines Ein längliches Fenster gab gegenüber der Mädchenschuden Blick auf den Hühnerhof le. Verwaltet wurde das Ganund die alte Stadtmauer frei. ze von Herrn Larisch. Aber wie Wir aber warteten auf etwas gesagt, wir Kinder lebten fröhanderes und waren dabei vollich in den Tag hinein. Waren ler Übermut wie des Öfteren. wir ab und zu in der Salzgasse, Endlich kam er. Der Wagnersprangen wir in dem Magazin Fleischer von nebenan hatte richtig übermütig in das aufeine große Pfanne mit Eisengeschüttete Getreide. bahnern (hierzulande LeberDoch jetzt komme ich noch käs genannt) im Ofen. Meizum Freitag. Bei uns wurde ne Tante holte sie jetzt herder Backofen noch mit Holz aus. Wie verführerisch es roch geheizt, was damals Beamund an der Oberfläche noch te der Zuckerfabrik und auch bruzzelte. Er sagte nur zu Tanmanche andere Neustädter Brotbacken im Holzbackofen ist auch heute noch ein besonderes Erlebnis und te Elsa: „Drei Teller, ein MesBild: Kathrin Hoffmann ser und drei Butterkipfeln vom sehr schätzten, weil die Brot- füht zu unvergleichlichem Geschmack.
mit jeder Menge Übermut ter schälte Obst, und über die damalige politische Lage waren alle außer uns Kindern sehr bedrückt. Wenn es Zeit zum Schlafengehen war, führte uns die Elsa Tant‘ mit einer Petroleumlampe „a hinda“, wie sie immer sagte, wartete, bis wir im Bett waren, und entschwand dann mit dem Licht. Als ich noch klein war, trug sie mich auf ihrem Rücken zum Bett. In jedem Jahr war es eine ernste Zeit geworden. Selbst wir Kinder bekamen es mit, daß viele arbeitslos geworden sind und auch die Studierten keine Stelle bekamen. Die Freunde meines Vaters, Ludl und Strobl, waren bei der Gendarmerie und mußten in Frühpension gehen. Auf den Na-
Die Stadt hielt einen großen Vorrat an Sandsäcken für die Errichtung von Hochwasserschutzwänden bereit. Vorrangig wurden Grundstücke gesichert, die sich an Orten befinden, an denen in der Vergangenheit bereits mehrfach Hochwasser aufgetreten war. Auch hier wurde eine Hotline eingerichtet, die Anfragen für die Lieferung von Sandsäcken entgegennahm.
Laden!“ Dann aßen wir drei mit Genuß. Das war aber eines Tages zu Ende. Herr Wagner hatte ja nur die Fleischerei neben uns. Als er mit den Tageseinnahmen abends über den Stadtplatz nach Hause ging, wurde er mitgenommen, verschleppt und nie mehr wiedergesehen. So waren die Zeiten damals. Ich war für politische Ereignisse noch zu jung, um zu verstehen, was sich damals begab. Doch sehe ich heute noch alles vor mir, als ob es gestern gewesen wäre. Mit meiner Freundin Ilse tausche ich gerne Erinnerungen an damals aus. Manchmal denke ich daran, wie es den Kindern und unseren Nachkommen wohl ergehen wird. Aber was wir alles erleben mußten, behält man einfach im Gedächtnis. Und irgendwie geht es wohl immer weiter. Damit grüßt Euch alle, die ihr mich noch kennt, Eure Grete Brosig
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Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail zuckmantel@sudeten.de
Bauernschicksal Auf unsern Äckern steht ein Pflug, Seit uns das harte Schicksal schlug; Steht einsam dort seit Tag und Jahr, Verrostet ist des Pfluges Schar.
Katzenschwanz bzw. Ackerschachtelhalm
Die nachstehenden Aufzeichnungen von Alois Klee sandte Rudolf Heider ein. Sie beziehen sich in erster Linie auf durchwegs hohe Anbaulagen. Es mögen daher einzelne Angaben fehlen, sofern in gewissen Gebieten des Altvaterlandes noch andere Volksnamen für dieses oder jenes Unkraut entstanden waren oder Unkräuter vorkamen, die man in den hohen Lagen nicht kannte.
Ochsenzunge bzw. Ampfer
Apothekergras bzw. Spitzwegerich
Lattich bzw. Pestwurz
Klaber bzw. Klettenlabkraut
Meier bzw. Vogelmiere
Maipumpe bzw. Löwenzahn
Hundsblume bzw. Hundskamille
Die Unkräuter des Altvatergebirges
Un- oder Heilkraut? D
aß gerade das Altvatergebiet mehr als manches andere volkstümliche Unkrautnamen entwickelt hatte, ist in erster Linie dem dort heimischen Leinbau zu danken. Während der Bauer dieser Landschaft in Getreide und Hackfrucht einiges Unkraut in Kauf nahm, war er beim Lein auf tunlichste Sauberkeit des Bestandes erpicht. Das hatte seine triftigen Gründe. Denn beim Lein schmälerte ein starker Unkrautbesatz nicht nur wie bei anderen Pflanzen den Ertrag, sondern verschlechterte auch im hohen Maße die Güte und Veredlungsfähigkeit des Emtegutes. Verunkrauteter Flachs gab weniger Ausbeute und daher weniger Geld. Der Kampf gegen die Unkräuter im Lein mußte mangels brauchbarer mechanischer und chemischer Hilfsmittel fast ausschließlich mit Handarbeit geführt werden. So stellte denn auch das Flachsjäten eine erhebliche Arbeitslast dar. Dabei mußte manche Unkrautart tausendmal in die Hand genommen werden, und das hat wohl dazu geführt, daß sich feste Bezeichnungen für die leicht erkennbaren und häufigsten Unkräuter einbürgerten. Da das Jäten des Flachses bei der Männerwelt höchst unbeliebt war, fiel diese Arbeit in der Regel den Frauen und der Jugend zu, und manche in Ehren und Arbeit grau gewordene Flachsjäterin war in der Kenntnis der üblichen Unkrautnamen erstaunlich bewandert. Der Bauer selbst pflegte sich am Kampf gegen das Unkraut hauptsächlich bei der Reinigung des Saatgutes zu beteiligen. Da es in früherer Zeit noch an leistungsfähigen und gut arbeitende Reinigungsmaschinen fehlte, war man auf handbetriebene Geräte wie endloses Tuch, Leinklapper und verschiedene Handsiebe angewiesen. Diese Hilfsmittel konnten, kombiniert angewandt, ein sauberes Saatgut ergeben, stellten aber an die Geduld des Bauern beachtliche Anforderungen. Dabei hatte der Bauer Gelegenheit, die Unkrautsamen gründlich kennenzulernen, und man übertreibt nicht mit der Behauptung, daß in Kenntnis der Unkrautsamen die alten Flachsbauern ihren Berufsgenossen aus anderen Gebieten weit überlegen waren. Auf botanische Genauigkeiten ließ sich der Volksmund begreiflicherweise nicht ein. So wurden die im Lein ebenso unbeliebten wie häufigen Knötericharten (Polygonum persicaria und lapathifolium) gemeinsam als Rotich bezeichnet. Auch die vorkommenden dreierlei Arten der Gattung Gänsedistel (Sonchus) wurden allesamt als Milch- oder Saudistel benannt. Die Unkrautwicken (Vicia hirsuta, tetra-sperma und angustifolia) führten alle die Bezeichnung Vogelwicke, obwohl die richtige Vogelwicke (Vicia cracca) gar kein Unkraut, sondern eine wertvolle Wiesenpflanze ist. Ähnliches geschah mit dem weißen Gänsefuß (Chenopodium album) und der Melde (Attriplex patula), die kurzerhand beide als Melde angesprochen wurden. Die auf dem Akker verhaßten Ampferarten — „das sind Möad meine größten Feinde“, sagte einmal ein Herzogsdorfer Bauer — der krause und der Grindampfer (Rumex crispus und obtusifolius), die allerdings nur ein Kenner unterscheiden kann, führten beide den Namen Ochsenzunge. Sie störten nicht nur auf dem Akker, sondern waren vielfach auch eine zweifelhafte Verzierung auf Hauswiesen, wenn sich auf diese die überlaufende Jauche ergoß. Die Flachsjäter hatten vielfach Ursache, sich über einzelne typische Leinunkräuter besonders zu ärgern. Dahin gehörten der Leinlolch (Lolium remotum), genannt Leitgras, der Erdrauch (Fumaria officinalis), den man Altbraut nannte, der windende Knöterich (Polygonum convolvulus), einfach als Wind bezeichnet, schließlich die Hanfnessel oder der Hohlzahn (Galeopsis ladanum), der den Namen Lugn trug. Dazu kamen vielfach andere, keineswegs auf den Leinacker beschränkte Unkräuter, wie der Hederich (Raphanus raphanistrum), dessen Namen der Volksmund auf Hatscherich umformte, oder der Ackerschachtelhalm (Equisetum arvense), allgemein
als Katzenschwanz bezeichnet, vielfach auch das Feldtäschel- oder Hellerkraut (Thlaspi arvense), das man mundartgerecht Taschlekraut nannte. In mißratenen Kleefeldern tobten sich die Hundskamille (Anthemis arvensis), als Hundsblume jedem Bauernkind bekannt, und der kleine Sauerampfer (Rumex acetosella), den der Volksmund als Sauerump benannte, zum Ärger des betroffenen Bauern aus. Noch ärgerlicher war das gelegentliche Auftreten von Kleeseide (Cuscuta trifolii), die man als Nesselseide bezeichnete, wahrscheinlich aus der Beobachtung her, daß eine Abart dieser Schmarotzerpflanze auf Brennnesseln wucherte. Wenig geratene Kleefelder zeigten oft genug noch einen weiteren, in Massen auftretenden Gast, den Spitzwegerich (Plantago lanceolata), dem die Bauern den etwas spöttisch gemeinten Namen Apothekergras beilegten. Von anderen Unkräutern wären noch einige Volksbezeichnungen zu verzeichnen. So wurden die früher recht häufige, im Zeitalter der besseren Saatgutreinigung aber selten gewordene Roggentrespe (Bromus secalinus) als Trasp, der auf den Getreidewurzeln schmarotzende Klappertopf beider Formen (Alectorolophus major und hirsutus) als Klaffer, die Kornrade (Agrostemna githago) als Rad — meist als Rat gesprochen —, die im Hausgarten und auf Rübenäckern häufige Vogelmiere (Stellaria media) als Meier und die verhaßte Quecke (Agropyron repens) in der Regel mit dem Mehrzahlwort die Quacken benannt Auch hier nahm man es nicht so genau und bezog den Ausdruck Quacken auch auf andere unteroder oberirdische Grastriebe. Ungebetene Gäste im Getreide waren auch das Klettenlabkraut (Galium aparine), Klaber genannt, und der zwar wenig schädliche, aber einen unvorteilhaften Ackerzustand anzeigende Ackerknaul (Sclerantus annuus), den die Mundart als Knöj bezeichnete. Einige Unkräuter entbehrten einer Volksbezeichnung und trugen auch im bäuerlichen Alltag die richtigen botanischen Namen. Dazu gehörten die Ackerdistel (Cirsium arvense), das Ackerstiefmütterchen (Viola tricolor), die Kornblume (Centaurea cyanus) und der Huflattich (Tussilago farfara). Für manche belanglosere Unkrautarten wie Ackerspörgel (Spergula arvensis), purpurrote Taubnessel (Lamium purpureum), Ackervergißmeinnicht (Myosotis arvensis), weiches Honiggras (Holcus mtellis), Hirtentäschel (Capsella bursa pastoris) und andere benutzte man man vielfach gar keinen Namen. Was man nicht kannte, galt einfach als „Gras“, obwohl es sich dabei fast niemals um wirkliches Gras handelte. Auf Grasflächen erfreute sich dagegen der Löwenzahn (Taraxacum officinale) der Sonderbezeichnung Maipumpe, während an den Wasserläufen die dort wirklich zur Pest ausgeartete Pestwurz (Petasites) den Namen Lattich trug. An den Grenzen von Grasund Ackerland waren auch der Geisfuß (Aegopodium podagraris) unter dem Namen Giersch und der Rainfarn (Tanacetum vulgare) heimisch, dessen Name auf Kämpfer vereinfacht wurde. Seine drahtigen Stängel ragten selbst aus hoher Schneedecke noch hervor, und seine Fruchtstände wurden in solcher Zeit von Distelfinken und Goldammern nach noch vorhandenen Samen durchsucht. Es war ein Segen für unsere von der Natur nicht verwöhnten Gebirgsbauern, daß Boden und Klima das Vorhandensein einiger anderwärts viel Sorge verursachender Unkräuter verhinderten. Das gilt vor allem vom Ackersenf (Synapis arvensis), vom Flughafer (Avena fatua), vom Windhalm (Agrostis spica venti), von der Ackerwinde (Convovulus arvensis) und vom Franzosenkraut (Galinsoga parviflora). Es ist anzunehmen, daß sich unter den neuen Herren des Landes und ihrer neuen Art der Bodenbewirtschaftung auch die Unkrautflora gewandelt haben wird. Ärmlicher wird sie nicht geworden sein, denn die ackerbauliche Sorgfalt unserer Gebirgsbauerndürfte mit diesen zugleich das Land verlassen haben.
Die Distel rankt um Sterz und Rad, Die Erde lechzt nach neuer Saat, Nach Saat, die nicht der Wind verweht, Die wieder fromm der Bauer sät. Wie er es immer schon getan, Und vor ihm Ahn und wieder Ahn Auf eignem Grund, mit eigner Hand, Zu Nutz und Preis dem Heimatland. Er schnitt das Korn, da floh die Not, Es roch die Welt nach Bauernbrot, Er flocht im Herbsttags-Sonnenglanz Den ährengoldnen Erntekranz. So war es einst, wie ist es jetzt, Seit man ihn aus dem Land gehetzt? O fragt nicht erst! Das Land ist wund, Verkrautet wirr der Vätergrund. Der Fremde hat das Land nicht lieb, Aus dem uns Neid und Haß vertrieb. Stumpf ist die Schar an seinem Pflug, Auf seinen Händen lastet Fluch! Der Acker will den Fremden nicht. Wo Gott nicht seinen Segen spricht, Dort ist die Erde nicht bereit, Daß gute Frucht auf ihr gedeiht. Wie Dir, nach dem sie sehnend schreit? Verzagst Du noch? Es kommt die Zeit, Wo Du im Heimatsonnenglanz Ihr windest Deinen Erntekranz! R. Hauptmann
WIR GRATULIEREN Zuckmantel. Wir gratulieren herzlich allen Landsleuten, die im Oktober Geburtstag feiern, und wünschen alles Gute. Zum 99. Alfred Eggensperger (Gatte von Helga Eggensperger/Mattem, Klostergasse 11) am 15. 98. Karl Polke (Hintergasse 339) am 18. 96. Erika Widder/Dittrich (Hauptstraße 175) am 5. 92. Anna Eliasova/Werner (Miserich 552) am 17. 90. Herbert Weiß (Lerchenfeld 13), Südstraße 33, 86609 Donauwörth, am 27. 89. Hildegard Ender/Patzelt (Rochusberg 149) am 15. 88. Johanna Ott/Lankisch (Viktor-HeegerStraße 655) am 29. 88. Hubert Horny (Badestraße 234) am 10. und Paul Bartelt (Lerchenfeld 12) am 23. 86. Elfriede Kunze/Lotz am 31. 84. Helga Bornemann/Weiß (Lerchenfeld 18) am 15. und Herta Glock/Weiß (Lerchenfeld 13) am 24. 82. Erich Kolomaznik (Ferdinand-SeidelStraße 495) am 1. 81. Edeltraud Ludorf/Weiser (Hauptstraße 391) am 24. 90. Ingo Neugebauer (Graben 272), Schußhütte 22, 93086 Wörth/Donau, am 24. Rudolf Heider
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