Sudetendeutsche Zeitung 1. November 2024 Ausgabe 44 Pay

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Sudetendeutsches Gespräch mit MdEP Michael Gahler (Seite 3)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

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Jahrgang 76 | Folge 44 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 1. November 2024

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VOLKSBOTE Franz Maget, langjähriger Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, hielt im Maximilianeum eine tiefgründige Laudatio auf den ehemaligen Premierminister Dr. Vladimír Špidla. In der ersten Reihe von links: Brückenbauer-Preisträgerin Dr. Eva Habel, MdL Volkmar Halbleib, vertriebenenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Christa Naaß, Ko-Bundesvorsitzender der SeligerGemeinde (SG), Dr. Vladimír Špidla, Helena Päßler, Ko-Bundesvorsitzende der SG, Dr. Helmut Eikam, ehemaliger SG-Bundesvorsitzender, und Olga Sippl, Ehrenvorsitzende der SG.

Liste der Brückenbauer

WenzelJakschPreisträger Die Seliger-Gemeinde hat den Wenzel-Jaksch-Gedächtnispreis erstmals 1968 verliehen: 1968: Georg Hans Trapp; 1969: Marie Günzl und Roman Wirkner; 1970: Doreen Warriner; 1971: Adolf Hasenöhrl; 1972: Karl Gerberich; 1973: Albert Exler und Artur Schober; 1974: Axel Granath; 1974: Henry Weisbach; 1976: Dr. Josef Mühlberg; 1977: Volkmar Gabert; 1978: Dr. Bruno Kreisky; 1979: Herbert Wehner; 1980: Alfred Hauptmann; 1981: Willy Brandt; 1982: Dr. Fred Sinowatz; 1983: Prof. Dr. Friedrich Prinz; 1984: Willi Jäger; 1985: Olga Sippl; 1986: Holger Börner; 1987: Fritz Heine; 1988: Torsten Nilsson; 1989: Josef Köcher; 1990: Dr. Heinz Kreutzmann; 1991: Emil Werner; 1992: Hubert Pfoch; 1993: Otto Seidl; 1994: Dr. Martin Bachstein; 1995: Rudi Walther; 1996: Dr. Hans-Jochen Vogel; 1997: Erich Sandner; 1998: Annemarie Renger; 1999: Dr. Karel Hrubý und Jirí Loewy; 2000: Dr. Klaus Hänsch; 2001: Heinrich Giegold; 2002: Dr. Peter Becher; 2003: Prof. Dr. Peter Glotz; 2004: Petr Príhoda; 2005: Dr. Klaus Zeßner; 2006: Renate Schmidt; 2007: Jirí Paroubek; 2008: Max Mannheimer; 2009: Prof. Dr. Otto Pick; 2010: Franz Maget; 2011: Jan Hon; 2012: Martin Schulz; 2013: Prof. Dr. Detlef Brandes; 2014: Prof. Dr. Jan Kren; 2015: Hana Zakhari; 2016: Petr Vokrál; 2017: Dr. Wolfgang Thierse; 2018: Michaela Marksová; 2019: Reinhold Gall; 2020: Libor Rouček; 2021: Albrecht Schläger; 2022: Dr. František Černý; 2023: Freie Ukrainische Universität.

Verleihung des Wenzel-Jaksch-Gedächtnispreises der Seliger-Gemeinde und des Brückenbauer-Preises der SPD-Landtagsfraktion am Samstag in München

Doppel-Ehrung für Vladimír Špidla, der Tschechien in die EU geführt hat Mit dem Wenzel-Jaksch-Gedächtnispreis der Seliger-Gemeinde und dem BrückenbauerPreis der SPD-Landtagsfraktion ist am Samstag der ehemalige tschechische Premierminister Dr. Vladimír Špidla im Maximilianeum in München geehrt worden. Gastgeber des mittlerweile 16. Vertriebenenempfangs war MdL Volkmar Halbleib, vertriebenenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Den Wenzel-Jaksch-Preis überreichten die Ko-Bundesvorsitzenden der Seliger-Gemeinde, Helena Päßler und Christa Naaß.

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iel des Vertriebenenempfangs sei es, die Erinnerung an Vergangenes wachzuhalten und gleichzeitig besonderes Engagement für ein friedliches Europa zu würdigen, erklärte Gastgeber Halbleib in seiner Begrüßung und verwies auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der täglich neue Opfer fordere: „Das führt uns einmal mehr vor Augen: Wir brauchen ein starkes Europa, das unsere gemeinsamen Werte Frieden, Freiheit und Demokratie verteidigt und sich als Friedensmacht in der Welt engagiert. Ein Europa, das auch international gegen Armut und Ausgrenzung und für Frieden, Entwicklung und Menschenrechte eintritt.“ In seiner bewegenden und tiefgründigen Laudatio würdigte der langjährige SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Maget den Preisträger Špidla als die entscheidende Persönlichkeit, die Dr. Eva Habel wurde für ihr Engagement als Direktorin der Regionalcaritas Šluknov mit dem Brückenbauer-Preis ausgezeichnet. Die ehemalige Heimatpflegerin der Sudetendeutschen setzt sich für die Integration der Roma-Minderheit in Nordböhmen ein. Die Laudatio hielt Volkmar Halbleib.

Doppel-Ehrung für Dr. Vladimír Špidla mit dem Wenzel-Jaksch-Gedächtnispreis und dem Brükkenbauer-Preis der SPD-Landtagsfraktion durch Helena Päßler und Christa Naaß, Ko-Bundesvorsitzende der Seliger-Gemeinde, und MdL Volkmar Halbleib. Die Laudatio hielt der langjährige SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Maget (rechts). Tschechien über eine von ihm initiierte Volksabstimmung in die Europäische Union geführt hat. „Der Abend des 14. Juni 2003 war das schönste Erlebnis im politischen Leben von Vladimír Špidla. Mit 77 Prozent der abgegebenen Stimmen stimmten die Tschechen dem EU-Beitritt ihres Landes zu“, erinnerte Maget. Doch auch damals, über fünf Jahre nach dem Abschluß der Deutsch-Tschechischen Erklärung, sei ein Besuch eines tschechischen Ministerpräsidenten im Bayerischen Landtag für beide Seiten „nicht denkbar“ gewesen. „Zu viel Trennendes lag auf dem Weg, zu viele Wunden und zu geringe Bereitschaft zur Versöhnung“, sagte Maget und ver-

riet, wie er 2008 endlich ein Treffen des bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein mit dem sozialdemokratischen Premierminister Jiří Paroubek einfädeln konnte, das jedoch an einem konspirativen Ort stattfinden mußte und von dem niemand etwas wissen durfe. Maget, der 2010 den WenzelJaksch-Gedächtnispreis erhielt: „Nach jahrzehntelanger peinlicher Funkstille, ja sogar Feindseligkeit zwischen unseren Ländern, haben wir in den letzten 10 bis 15 Jahren endlich doch zu seiner besseren, einer guten und einer fruchtbaren Zusammenarbeit im Herzen Europas gefunden.“ „Der Preis ist ein Symbol, ein Symbol des Zusammenlebens Claudia Kucharski vom Theater Kopfüber in Ansbach für die Produktion „Nachbarn“ in Zusammenarbeit mit dem Theater im polnischen Slupsk mit dem Brückenbauer-Preis ausgezeichnet. In dem Stück wird das Zusammenleben über Grenzen hinweg thematisiert. Die Laudatio hielt Christa Naaß.

„Ich bin wegen Vladimír gekommen.“ Olga Sippl, Ehrenvorsitzende der Seliger-Gemeinde und Wenzel-JakschGedächtnispreisträgerin 1985, freut sich über das Wiedersehen mit Dr. Vladimír Špidla. Fotos: Torsten Fricke

zwischen Deutschen und Tschechen in Europa“, bedankte sich Špidla und sagte mit Verweis auf eines seiner früheren Zitate, wonach der Nationalismus eine tödliche Krankheit sei, die nach dem Zweiten Weltkrieg Europa mehr tot als lebendig zurückgelassen habe: „Den Nationalismus zu überwinden braucht es Mut, Anstrengung und auch Liebe für die Menschen auf der anderen Seite der Grenze.“ In seinem traditionellen Schlußwort verwies Christian Knauer, Landesvorsitzender des BdV Bayern, darauf, daß es ein besonderes Zeichen der Versöhnung sei, wenn eine sudetendeutsche Vereinigung, wie die Seliger-Gemeinde, einen ehe-

maligen tschechischen Premierminister würdige. Zum Schluß meldete sich Olga Sippl, die Ehrenvorsitzende der Seliger-Gemeinde, zu Wort, einmal um Danke zu sagen, zum anderen um einen Appell an die Gäste zu richten: „Vergeßt mir Wenzel Jaksch nicht, der für euch durch dick und dünn gegangen ist.“ Unter den Gästen: SL-Landesobmann Steffen Hörtler, Hans Knapek (Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk), Heimatpflegerin Christina Meinusch, Jury-Mitglied Hildegard Kronawitter, JakschPreisträger Dr. Peter Becher, Bezirkstagspräsident Peter Daniel Forster und viele andere. Torsten Fricke Katrin Weber von der Trachtenforschungsstelle des Bezirks Mittelfranken wurde mit dem BrückenbauerPreis für das Buchprojekt „Heimat im Gepäck: Vertriebene und ihre Trachten“ ausgezeichnet, in dem auch sudetendeutsche Trachten gezeigt werden. Die Laudatio hielt MdL Ruth Müller.


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 44 | 1.11.2024

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

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er Leiter des Prager Sudetendeutschen Büros, Peter Barton, führt unsere Leser heute zu einem geschichtlich interessanten Ort in der Nähe seiner Arbeitsstelle. Gleich zwei historische Erinnerungen befinden sich am Gebäude des früheren Jesuitenkollegs am Prager Kleinseitner Ring: Eine Gedenktafel, die an den ungarisch-siebenbürgischen Fürsten Ferenc II. Rákóczi (1676– 1735) erinnert, der in den Jahren 1691–92 in diesem Haus bei den Prager Jesuiten studiert hatte. Man kann in diesem Zusammenhang unseren Lesern verraten,

PRAGER SPITZEN tschechisch-ungarischen Tafel erinnert die Ungarische Botschaft Prag jedes Jahr mit einem kleinen Gedenkakt an Rákóczi. Nur etwa zwanzig Meter weiter befindet sich der Haupteingang des Kollegs der heutigen Mathematisch-Physikalischen Fakultät der Karls-Universität. Das große Wappen der Habsburger wird links vom böhmischen Löwen und rechts vom Habsburgischen Doppeladler verteidigt. Somit befindet sich an dieser Hauswand eine echte Kuriosität: Links wird die österreichische Monarchie gefeiert, rechts ein Mann, der sie bekämpfte.

daß er sich 1688–90 in Neuhaus, im Süden des Landes aufgehalten hatte. Bei dieser doppelsprachigen

Premierminister Petr Fiala und Außenminister Jan Lipavský werfen dem Ano-Chef einen Kuhhandel mit der Slowakei vor

Spitzel-Vorwürfe gegen Andrej Babiš reißen nicht ab Per gerichtlichem Vergleich mit dem slowakischen Innenministerium hatte Andrej Babiš versucht, einen Schlußstrich unter seine Vergangenheit zu ziehen (Sudetendeutsche Zeitung berichtete). Doch dieser Schuß ging nach hinten los. In Tschechien wird heftiger denn seit langem darüber gesprochen, daß der Ano-Chef einst als Spitzel für die tschechoslowakischen Staatssicherheit (StB) gearbeitet haben soll. Selbst Premierminister Petr Fiala und Außenminister Jan Lipavský meldeten sich zu Wort.

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as Timing schien perfekt. Im April leistete der in Preßburg geborene Babiš Wahlkampfhilfe für Peter Pellegrini, der dann auch zum slowakischen Präsidenten gewählt wurde. Pellegrini, der bis dahin noch Parteichef der Hlas war, gab dieses Amt an Innenminister Matúš Šutaj Eštok weiter. Mitte Oktober verblüffte dann Eštoks Ministerium mit der Erklärung, es habe einen Vergleich geschlossen, in dem festgestellt wird, daß Babiš „ohne eigenes Wissen“ zwischen 1982 und 1988 von der damaligen

Im slowakischen Präsidentschaftswahlkampf unterstützte Andrej Babiš den Kandidaten Peter Pellegrini. Foto: Facebook/Peter Pellegrini tschechoslowakischen Staatssicherheit (StB) als Agent Bureš geführt worden sei. Das Institut Gedächtnis der Nation (ÚPN) in Preßburg widersprach postwendend. „Nach Ansicht unseres Instituts ist die Rechtmäßigkeit, mit der Andrej Babiš als geheimer Mitarbeiter des StB geführt wird, in mehreren Akten belegt. Sie knüpfen inhaltlich und chronologisch aneinander an“, erklärte InstitutsSprecher Michal Miklovič.

Selbst Premierminister Petr Fiala meldete sich zu Wort und warf seinem Kontrahenten vor, die Vereinbarung, die dieser mit befreundeten Politikern in der Slowakei geschlossen habe, sei absolut unglaubwürdig. In einer TV-Debatte legte Außenminister Jan Lipavský nach und erklärte, er habe die Akten selbst studiert. Demnach gäbe es keinen Zweifel, daß Babiš für die Staatssicherheit im Einsatz war. „Er hatte einen Diplomatenpaß,

obwohl er offiziell nur ein Angestellter des Außenhandelsunternehmens war. Unter dem kommunistischen Regime bereiste er die Welt, während der Rest der Nation hinter einem Eisenzaun eingesperrt war. Auch das zeigt, daß er eine privilegierte Stellung hatte“, so der Minister. Auch Ondrej Krajňák, der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Slowakischen Instituts Gedächtnis der Nation (ÚPN), stellte klar: „Tatsache ist, daß es in den Archiven der ÚPN, aber auch in den Archiven in Prag, faktische Beweise gibt, wonach Babiš als Agent Bureš ein aktiver Mitarbeiter der Staatssicherheit war. Und das ist unbestreitbar.“ Unbestreitbar ist aber auch, daß Babiš weder die Spitzelvorwürfe noch seine StorchennestAffäre oder die Entführungsvorwürfe seines Sohns geschadet haben. Der ehemalige Premierminister und Vorsitzender der Oppositionspartei Ano liegt seit Monaten in allen Umfragen vorne und hat beste Chancen, im nächsten Jahr die Parlamentswahl zu gewinnen und erneut als Premierminister vereidigt zu werden. Torsten Fricke

Würdigung für das langjährige Engagement im Sudetendeutschen Rat

Ehrenbrief für Albrecht Schläger Es ist die höchste Auszeichnung der Sudetendeutschen Landsmannschaft nach dem Europäischen Karls-Preis: Für sein jahrzehntelanges Engagement als Brückenbauer ist der frühere SPD-Landtagsabgeordnete Albrecht Schläger mit dem Ehrenbrief gewürdigt worden.

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ktueller Anlaß für die Ehrung war der Rückzug Schlägers aus gesundheitlichen Gründen aus dem Präsidium des Sudetendeutschen Rates. Christa Naaß, Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates, und Steffen Hörtler, stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft, erinnerten in ihren Laudationes an die vielen Jahrzehnte, in denen sich Schläger, obwohl selbst kein Vertriebener, für die Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen engagiert hat. So war der heute 82jährige von 2006 bis 2014 Generalsekretär des Sudetendeutschen Rates und anschließend bis 2024 Präsidiumsmitglied und Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen. „Von 2005 bis 2019 fungierte Albrecht Schläger erfolgreich ehrenamtlich als Ko-Bundesvorsitzender der Seliger-Gemeinde“, erklärte Christa Naaß, die aktuelle Ko-Bundesvorsitzende dieser sozialdemokratischen Gesin-

Christa Naaß, Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates, und Steffen Hörtler, stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft und Landesobmann Bayern, überreichen im Maximilianeum in München den Ehrenbrief an den ehemaligen SPD-Landtagsabgeordneten Albrecht Schläger. Foto: Torsten Fricke nungsgemeinschaft. Als bayerischer Landtagsabgeordneter war Schläger außerdem vertriebenenpolitischer Sprecher der SPDFraktion. Weitere Schwerpunkte seiner Arbeit waren der Hauptausschuß für Flüchtlinge und Vertriebene beim Bayerischen Sozialministe-

rium, das Kuratorium des Hauses des Deutschen Ostens, der Stiftungsrat der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung und der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds. Die Verleihung des Ehrenbriefs fand am Samstag am Rande des 16. Vertriebenenempfangs

der SPD-Landtagsfraktion und der Wenzel-Jaksch-GedächtnisPreisverleihung der Seliger-Gemeinde im Maximilianeum in München statt. Ein würdiger und passender Rahmen, denn diese höchste Auszeichnung der Seliger-Gemeinde hatte Schläger bereits 2021 erhalten. TF

Präsident Pavel ehrt 56 Persönlichkeiten

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raditionell zeichnet das Staatsoberhaupt am 28. Oktober, dem tschechischen Staatsfeiertag, verdiente Persönlichkeiten auf der Prager Burg aus. In diesem Jahr verlieh Präsident Petr Pavel am Montagabend 56 Staatsauszeichnungen – so viele wie seit Jahren nicht. Die höchste Auszeichnung des tschechischen Staates – der Orden des Weißen Löwen – wurde den Generälen Sergej Jan Ingr und František Moravec sowie der Architektin Eva Jiřičná und dem Choreographen Jiří Kylián in memoriam verliehen. Sechsmal überreichte er die zweithöchste Würdigung, den Tomáš-Garrigue-MasarykOrden, unter anderem an Papst Johannes Paul II. in memoriam sowie an den Diplomaten Karel Kovanda, die Bürgerrechtlerin Anna Šabatová und den Philosophen Daniel Kroupa. Sieben Persönlichkeiten erhielten die Medaille für Heldentum, darunter der Kriegsveteran Lukáš Hirka und der Soldat Karel Kučera, der bei der Verteidigung der ukrainischen Stadt Bakhmut gegen die russischen Aggressoren fiel.

Ex-Nato-Botschafter verläßt Socdem

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as Statement war kurz und knapp: „Es reicht“, hat im tschechischen Fernsehen der frühere Nato-Botschafter Jakub Landovský gesagt und damit seinen Austritt aus der sozialdemokratischen Partei Socdem erklärt. Der Anlaß ist die Richtungsentscheidung der neuen Parteivorsitzenden Jana Maláčová, auch mit den Kommunisten zusammenzuarbeiten. So sagte Maláčová, für sie wäre im Wahljahr 2025 auch ein Bündnis mit der kommunistischen Partei KSČM denkbar.

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Bündnis Spolu bestätigt

ie Vorsitzenden der ODS, Petr Fiala, der Partei Top 09, Markéta Pekarová Adamová, und der KDU-ČSL, Marek Výborný, haben am Montag ein Memorandum unterzeichnet, in dem die drei Regierungsparteien erklärten, auch bei der kommenden Abgeordnetenhauswahl

im nächsten Jahr gemeinsam als Bündnis Spolu anzutreten. Gemeinsames Ziel sei der Wahlsieg, um als Regierung die eingeleiteten Reformen zu Ende zu führen, erklärte Premierminister Petr Fiala. Der tschechische Regierungschef: „Wir stehen Gegnern gegenüber, die bereit sind zu lügen, Unsinn zu erzählen und an die niedrigsten menschlichen Instinkte zu appellieren.“

Funkstille zwischen Prag und Preßburg

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ie Zeit sei noch nicht reif, um die Regierungskonsultationen mit der Slowakei wiederaufzunehmen, hat Tschechiens Außenminister Jan Lipavský am Sonntag in einer TV-Talkshow erklärt. Grundvoraussetzung, so Lipavský, sei eine Übereinkunft der Premierminister beider Länder. Tschechiens Regierungschef Petr Fiala hatte im März die gemeinsamen Beratungen mit der slowakischen Regierung ausgesetzt. Als Grund wurden unterschiedliche Ansichten zu Schlüsselthemen in der Außenpolitik genannt.

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Jagd auf Wölfe im Böhmerwald

er Nationalpark Böhmerwald (Šumavský národní park) erlaubt ab sofort den Abschuß von Wölfen – unter gewissen Bedingungen. Nur problematische Tiere, die ihre Scheu verloren hätten oder eine Gefahr für Menschen darstellten, dürften von geprüften Jägern erlegt werden, sagte ein Sprecher des Nationalparks. Im Nationalpark befinden sich derzeit mindestens acht Rudel mit insgesamt 30 Wölfen.

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Ende einer Luftfahrt-Ära

m Samstagabend ist zum letzten Mal ein Flugzeug der České aerolinie (ČSA) in Prag gelandet. Zahlreiche Schaulustige und ehemalige Angestellte erwarteten den Flieger, der kurz vor 23 Uhr und mit einer Stunde Verspätung aus Paris ankam. Die ČSA wurden 1923 als tschechoslowakisches Staatsunternehmen gegründet. Sie war eine der ältesten Fluggesellschaften der Welt.

Sudetendeutsche Zeitung ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in Teplitz-Schönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2023 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief oder einer der Regionalblöcke (Block 1 – Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote; Block 2 – Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung/Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung; Block 3 – Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimat, Zuckmantler Heimatbrief; Block 4 – Riesengebirgsheimat) (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2023 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 44 | 1.11.2024

Die Krisenherde werden nicht weniger. Seit Februar 2022 überzieht Putins Rußland die Ukraine mit einem vollumfänglichen Angriffskrieg. Zudem versucht Moskau verstärkt, mit hybrider Kriegsführung Demokratien in Ost- und Südosteuropa zu destabilisieren. Aktuelles Beispiel ist der Versuch, die Wahlen in der Republik Moldau zu beeinflussen, wo am Sonntag, 3. November, die europafreundliche Präsidentin Maia Sandu in der Stichwahl gegen den prorussischen Sozialisten Alexandr Stoianoglo antreten muß. Und in den USA hat Donald Trump Chancen, am Dienstag, 5. November, erneut zum Präsidenten gewählt zu werden – mit ungewissem Ausgang für Europa. Im Sudetendeutschen Gespräch erklärt der Europaabgeordnete Michael Gahler die Lage. Gahler ist außenpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion, Ukraine-Berichterstatter des Europaparlaments und hat Reichenberger Wurzeln.

SUDETENDEUTSCHE GESPRÄCHE � Interview mit MdEP Michael Gahler, außenpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion mit sudetendeutschen Wurzeln

„Es geht um die Wurst“

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err Gahler, Sie sind gerade aus der Republik Moldau zurückgekehrt, wo Sie die Wahlbeobachter-Delegation des Europäischen Parlaments geleitet haben. Wie schätzen Sie die Chancen ein, daß die Republik Moldau ihren Kurs pro Europa fortsetzt? Michael Gahler: Die amtierende Präsidentin Maia Sandu hat zwar den ersten Wahlgang mit 42,5 Prozent gewonnen, aber es wird für die Pro-Europäerin dennoch sehr schwer, am 3. November im zweiten Wahlgang gegen den Sozialisten Alexandr Stoianoglo zu gewinnen. Der ehemalige Generalstaatsanwalt hatte im ersten Durchgang zwar nur 26,0 Prozent geholt, dürfte aber von den Unterstützern der meisten anderen neun Kandidaten profitieren, bei denen es sich wohl zum Teil um Fake-Bewerber gehandelt hat, um eine Entscheidung bereits im ersten Wahlgang zu verhindern. Man kann davon ausgehen, daß diese Fake-Kandidaten meist von dem Oligarchen Ilan Șor finanziert wurden. Șor war wegen der Unterschlagung von 700 Millionen US-Dollar aus Moldaus Bankensystem zu 15 Jahren Haft verurteilt worden und lebt jetzt im russischen Exil. Durchaus im Interesse des Kremls agiert Șor von dort aus gegen Sandu. Wie läuft eine Wahlbeobachtung ab? Gahler: Diese im OSZE-Raum stattfindenden Wahlbeobachtungen werden von ODIHR, dem Office for Democratic Institutions and Human Rights in Warschau, als Langzeitmission durchgeführt. Leiterin für die Republik Moldau war die frühere Europaabgeordnete Urszula Gacek aus Polen, die 26 Wahlbeobachter in Zweier-Teams im gesamten Land koordiniert hat. Hinzu kamen dann als Kurzzeitbeobachter die parlamentarischen Delegationen vom Europäischen Parlament, deren Delegationsleiter ich war, von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und von der Parlamentarischen Versammlung der OSZE sowie Wahlbeobachter anderer Organisationen. Insgesamt waren am Wahltag im OSZE-Rahmen 323 Beobachter aus 39 Ländern unterwegs. Wir, sieben Abgeordnete des Europaparlaments, sind am Freitag und Samstag intensiv zur Lage gebrieft worden und haben mit vielen Beteiligten gesprochen. Am Wahltag selbst haben wir drei Teams gebildet. Ein Team fuhr in den Norden nach Bălți, das zweite nach Orhei, wo der Oligarch Șor von 2015 bis 2019 Bürgermeister war, und das dritte blieb in der Hauptstadt Chișinău. Was haben Sie am Wahltag erlebt? Gahler: Was wir gesehen haben, war ein disziplinierter und geordneter Ablauf der Wahl. Nur vereinzelt kam es zu Unstimmig-

� Zur Person: Michael Gahler

� Geboren am 22. April 1960 in Frankfurt am Main � 1981 bis 1987 Studium der Rechtswissenschaften in Mainz

und Dijon � 1990 Zweites juristische Staatsexamen � 1990 bis 1991 Diplomatenschule des Auswärtigen Amts � 1991 bis 1993 Referent für Internationale Umweltpolitik im Auswärtigen Amt � 1993 bis 1995 Referent im internationalen Büro der CDU � 1995 bis 1999 Länderreferent für die baltischen und nordischen Staaten und den Ostseerat im Auswärtigen Amt � Seit 1999 Mitglied des Europäischen Parlaments und dort unter anderem Vorstandsmitglied der EVP-Fraktion und außenpolitischer Sprecher � Vize-Präsident der Paneuropa-Union Deutschland keiten. In einem Wahllokal habe ich die Wahlleiterin auf einen Mann aufmerksam gemacht, der sehr dominant gegenüber den Wahlhelfern auftrat, und erklärte, er sei ein ehemaliger Polizist und Wahlbeobachter für den Kandidaten Ion Chicu. Angeblich wollte er anderen Bürgern nur „helfen“, den Stimmzettel richtig auszufüllen... In den Wochen vor der Wahl sind am Flughafen Chișinău zahlreiche Fluggäste aus Rußland ins Netz gegangen, die größere Bargeldsummen bei sich hatten. Was zwar nicht illegal ist, aber es wurden insgesamt 1,2 Millionen Euro beschlagnahmt und kein einziger Euro von den Betroffenen zurückgefordert. Sehen Sie dies als einen Beleg, daß Rußland versucht

wurden. Wir müssen damit rechnen, daß die Russen zur Stichwahl noch mehr Druck machen und versuchen, Einfluß zu nehmen. Auch im Ausland konnten Moldauer wählen. Wie sicher war dieses System vor Manipulationen? Gahler: Das war sauber. Allein in Deutschland gab es 26 Wahllokale, in Rußland dagegen nur zwei. Um Wahlbetrug auszuschließen, konnte man nur in der Botschaft in Moskau oder im Generalkonsulat in St. Petersburg seine Stimme abgeben. Mit dem ersten Wahlgang haben die Moldauer auch darüber abgestimmt, ob das Ziel, der EU beizutreten, in die Verfassung aufgenommen wird. Gahler: Die Entscheidung für

MdEP Michael Gahler als Leiter der Wahlbeobachtungs-Delegation der Europäischen Union am vergangenen Sonntag in einem Wahllokal in der Hauptstadt der Republik Moldau, Chișinău. Foto: privat Kampagnen gegeben, die die Angst der Bürger mißbrauchten. Das Narrativ war: Wenn ihr wie die Ukraine in die EU wollt, ergeht es euch wie den Ukrainern. Sprich: Wer Europa wählt, wählt den Krieg. Natürlich macht so ein Szenario Angst. Und vielleicht ist diese Kampagne auch der Grund, warum die Wahlbeteiligung bei dieser für das Land so wichtigen und langfristigen Entscheidung nur bei 51 Prozent lag. Das Ziel EU-Beitritt steht jetzt in der Verfassung, aber der Ausgang der Präsidentenwahl ist offen. Und im nächsten Sommer stehen außerdem die Parlamentswahlen an. Welche Folgen hat es, wenn Präsidentin Sandu verliert? Gahler: Das derzeitige Parlament und die jetzige Regierung sind pro-europäisch eingestellt, aber ein neuer Präsident könnte sicher Mittel und Wege finden, um einen EU-Beitrittsprozeß zu torpedieren. Sollte Präsidentin Sandu scheitern, wäre es für ihre Partei PAS auch äußerst schwierig, nur ein paar Monate später einen erfolgreichen Wahlkampf zu führen. Für Präsidentin Sandu wird es jetzt entscheidend

Putin-freundlicher Gegenkandidat: Alexandr Stoianoglo. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am 10. Oktober Staatspräsidentin Maia Sandu in Chișinău getroffen und der Republik Moldau weitere Unterstützung auf dem Weg in die Europäische Union zugesagt. Fotos: Președinția Republicii Moldova, Wikipedia CC BY 4.0 hat, Stimmen zu kaufen? Gahler: Man muß davon ausgehen, daß weitaus mehr Geld ins Land geschmuggelt worden ist. Hinzu kommt, daß Oligarch Șor offen dazu aufgerufen hatte, „jemanden zu wählen, mit dem er zusammenarbeiten könne“. Inzwischen konnte nachgewiesen werden, daß per SMS etwa 138 000 Überweisungen zwischen 50 und 100 Dollar getätigt

einen Beitritt in die Europäische Union ist mit 50,39 Prozent äußerst knapp ausgegangen, und dies, obwohl das Land beste Zukunftsperspektiven mit einem EU-Beitritt hat. Den positiven Ausschlag hatten am Ende die Wähler in der Hauptstadt und im Ausland gegeben. Gab es auch hier Zeichen von Wahlbeeinflussung? Gahler: Ja, es hat im Vorfeld

Verurteilter Oligarch im russischen Exil: Ilan Șor.

sein, vor allem in der Hauptstadt Chișinău sowie im Ausland die Wähler für die Stichwahl zu mobilisieren. Es geht um die Wurst. Welche Rolle spielt dabei Transnistrien, das sich von der Republik Moldau abgespalten hat und über russische Soldaten als vermeintliche Schutzmacht verfügt? Gahler: Die Sheriff-Holding, die von den beiden ehemaligen KGB-Offizieren Victor Gușan und Ilja Kasmaly aufgebaut wurde, beherrscht diese Region Transnistrien, die selbst von Rußland nicht als souveräner Staat anerkannt wird. Wie stark der

Einfluß der beiden Oligarchen ist, wird allein an der Personalie deutlich, daß Wadim Krasnoselski, bis 2012 Chef des Sicherheitsdienstes von Sheriff, zum vermeintlichen Staatspräsidenten gekürt wurde. Fakt ist aber auch, daß die Sheriff-Oligarchen mit Moldaus Präsidentin Sandu leben können. Es gibt inoffizielle Gesprächskanäle. Und von den Bürgern aus der Region Transnistrien, die zum Wählen über die Grenze gegangen sind, haben 25 Prozent Sandu gewählt. Dagegen hat die Präsidentin in der putinfreundlichen autonomen Region Gagausien nur zwei Prozent bekommen. Ihr Engagement für Mittel- und Osteuropa erklärt vielleicht auch Ihre Familiengeschichte. Sie haben sudetendeutsche Wurzeln. Gahler: Mein Vater ist in Ruppersdorf, einem Stadtteil von Reichenberg, aufgewachsen. Meine Großeltern stammten aus dem kleinen Dorf Voigtsbach (Fojktka) nördlich von Reichenberg. Mit Hilfe entfernter Verwandte bin ich als 22jähriger erstmals 1982 dorthin gefahren. Ich habe meinen Großeltern die Fotos gezeigt. Und alles war noch so, wie sie es verlassen mußten. Selbst sind sie nie wieder in ihre Heimat gefahren. War die Vertreibung ein wichtiges Thema in Ihrer Familie? Gahler: Zwar hatten meine Großeltern etwas erzählt, aber als Kind habe ich nie richtig nachgefragt, was ich heute bedaure. Meine Großeltern sind beide 1909, als noch in der K&K-Zeit, geboren worden. Mein Opa war später bei der tschechischen Post angestellt, aber ich weiß nicht, ob meine Großeltern auch Tschechisch konnten. Wie wurde Ihre Familie vertrieben Gahler: Am 8. Mai 1945 war Kriegsende. Die ersten Russen trafen in Reichenberg erst zwei Tage später ein. Es kam dort also nie zu Kampfhandlungen. Gleichzeitig begann die Willkür der tschechischen Behörden. Während mein Opa noch in Frankreich in Kriegsgefangenschaft war, mußte meine Oma sich allein um meinen Vater und dessen jüngeren Bruder kümmern. Am 10. Mai 1946, dem elften Geburtstag meines Vaters, wurden meine Oma, mein Vater

3 und mein Onkel in einen Zug gesetzt und nach Furth im Wald gebracht. Von dort sollte es weiter nach Herrsching an den Ammersee gehen, aber da eine Brücke eingestürzt war, haben die Amerikaner den Zug nach Schwarzenborn in Hessen umgeleitet. Später hat mein Vater dort meine Mutter kennengelernt. Im Europaparlament sind Sie der Ukraine-Berichterstatter. Wann wird dieser Krieg enden? Gahler: Dieser fürchterliche Angriffskrieg endet an dem Tag, an dem Putin erkennt, daß er diesen Krieg nicht gewinnen kann – oder er nicht mehr an der Macht ist. Wenn wir das Sterben möglichst schnell beenden wollen, müssen wir also die Ukraine anständig ausrüsten. Wir müssen der Ukraine alles liefern, was wir können, und die Reichweitenbegrenzung für Raketen aufheben. Friedrich Merz hat das unlängst im Bundestag klar formuliert: Die Russen beschießen täglich zivile Ziele in der Ukraine. Als Gegenreaktion muß der Bundeskanzler jetzt Putin klar machen, daß man – wenn er das fortsetzt – die Reichweitenbeschränkung aufheben und der Ukraine Taurus liefern werde. Dann hat es Putin selbst in der Hand, ob er diesen Krieg weiter eskalieren will oder nicht. Wie ist die Moral in der Ukraine nach über zwei Jahren Krieg? Gahler: Die Ukrainer werden solange kämpfen, wie es geht. Und wenn es nicht mehr geht, kommen sie alle zu uns. Die Ukrainer wissen, welche fürchterlichen und menschenverachtenden Kriegsverbrechen die Russen in Butscha, in Irkin und anderswo an der Zivilbevölkerung verübt haben, inklusive der Massenvergewaltigungen von Frauen und Mädchen in den noch besetzten Gebieten. Was bedeutet dieses Szenario für die Europäische Union? Gahler: Wir reden von bis 38 Millionen Menschen, die derzeit in der Ukraine leben. Ein Massenexodus würde die EU überfordern. Es ist also auch in unserem eigenen Interesse, daß wir die Ukraine unterstützen – und zwar mit allem was geht. Der andere Punkt ist: Der Rest der Welt beobachtet, wie der Westen diesen Konflikt löst – oder eben nicht. Wir sind aus Afghanistan rausgeflogen, ebenso aus der Sahelzone, wo sich die WagnerGruppe in Mali und Niger breitmacht. Viele Staaten in Südamerika, Afrika und Asien, die Angst vor den Chinesen haben, würden gerne mit uns enger zusammenarbeiten, aber wenn diese Regierungen sehen, daß wir selbst auf unserem eigenen Kontinent von einem brutalen Diktator zurückgedrängt werden, werden diese Länder den Schluß ziehen, daß der Westen auf einem absteigenden Ast ist und man sich besser mit den Chinesen und Russen arrangiert. Als außenpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion verfolgen Sie intensiv auch den Wahlkampf in den USA. Wie ist die Lage? Gahler: Kamala Harris wird mehr Stimmen bekommen als Donald Trump, aber am Ende – mit dem amerikanischen Wahlsystem des Prinzips „The winner takes it all“ – sind die sieben sogenannten Swing States entscheidend. Früher haben zum Beispiel die meisten Latinos und Schwarzen die Demokraten gewählt. Dies ist mittlerweile nicht mehr so, weil sie Angst haben, daß sie bei einer fortgesetzten Migration zu den Verlierern gehören werden. Deshalb hoffen viele unter ihnen auf Trump. Was mir dagegen Mut macht, ist die Initiative „Republicans against Trump“. In jedem Fall wird es eine enge Entscheidung. Für Europa wäre ein Trump-Sieg schon deshalb gefährlich, weil weder Freunde noch Gegner wissen, welche Haltung er bei wichtigen außenpolitischen Fragen einnehmen wird. Torsten Fricke


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TERMINE

Der Sozialdemokrat Victor Adler initiierte einen Plan für das friedliche Zusammenleben verschiedener Volksgruppen

Festakt zu 125 Jahre Brünner Nationalitätenprogramm Mit einem Festakt wird am Samstag, 2. November, im Mährischen Landesmuseum in Brünn an „125 Jahre Brünner Nationalitätenprogramm“ erinnert. Veranstalter sind die Seliger-Gemeinde, der Deutsche Kulturverein Region Brünn, die Stadt Brünn und das Mährische Landesmuseum Brünn.

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as am 29. September 1899 von der Österreichischen Sozialdemokratie auf ihrem Brünner Parteitag verabschiedete Brünner Nationalitätenprogramm habe „einen Meilenstein in der Entwicklung der Ideen zu einem friedlichen Zusammenleben verschiedener Volksgruppen und ethnischer Gruppen dargestellt“, sagt Christa Naaß, KoBundesvorsitzende der SeligerGemeinde, und erklärt, daß dieser Fahrplan für ein friedliches Miteinander auch heute noch eine hohe Relevanz habe: „Vor dem Hintergrund all der Schrecken, die das 20. Jahrhundert bringen sollte, ist es wichtig, auch im 21. Jahrhundert auf diese demokratische Alternative zu all den Minderheitenkonflikten aufmerksam zu machen. Gerade in einer Zeit, in der Minderheiten in Europa und in der Welt als Vorwand für eine Politik der Aggression dienen.“ Einer der wesentlichen Initiatoren des Brünner Nationalitätenprogramms war Victor Adler, der 1852 als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie in Prag geboren wurde und später in Wien aufwuchs. Adler studierte zunächst Medizin und Samstag,

2. November, 11.30 Uhr: Monatstreffen der Graslitzer. Pizzeria Rosa Mystica, Erlanger Straße 13, Fürth. Samstag, 2. November, 15.00 Uhr: Graslitzer Stammtisch Geretsried. Gasthof Geiger, Tattenkofener Straße 1, Geretsried. Montag, 4. November, 19.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: „Prager Kaffeehäuser“. Teil 4 der Vortragsreihe mit Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Adalbert-Stifter-Saal, Hochstraße 10, München. Montag, 4. November, 19.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „Lenin – Nur noch Erinnerung?“ Vortrag von Prof. Dr. Jörg Baberowski zum 100. Todestag des kommunistischen Revolutionärs und marxistischen Theoretikers. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Dienstag, 5. November, 16.00 bis 18.30 Uhr, Sudetendeutsches Museum: Schreibcafé „Lebendige Erinnerung“. Referentin ist Journalistin und Autorin Gunda Achterhold. Teilnahme: 15 Euro, Anmeldung per eMail an anmeldung@ sudetendeutsches-museum.de oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 37, Sudetendeutsches Museum, Treffpunkt Museumskasse Hochstraße 10, München. Dienstag, 5. November, 18.30 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „Unter Verschluß – die dritte Literatur des Ostens“. Moderierte Lesung mit Ines Geipel und Franziska Groszer. KAP1, Zentralbibliothek im KAP 1, Konrad-Adenauer-Platz 1, Düsseldorf. Donnerstag, 7. November, 17.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Internationales Erzählcafé Coffee & Cookies. Geschichten von Flucht und Ankommen. KAP1, Zentralbibliothek im KAP 1, KonradAdenauer-Platz 1, Düsseldorf.

Im Mährischen Landesmuseum in Brünn findet am Samstag, 2. November, ab 14.00 Uhr der Festakt statt. Rechts: Der Initiator des Nationalitätenprogramms, Victor Adler. Fotos: Torsten Fricke, Wikipedia CC BY 4.0 widmete sich dann der Politik, zunächst im Lager der Deutschnationalen, dann in der Arbeiterbewegung. Dank seines Charismas gelang es ihm, die tief zerstrittene Arbeiterbewegung zu einen und damit zu einer mehrheitsfähigen Partei weiterzuentwickeln. Er gilt damit als Gründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, deren erster Vorsitzender er wurde, und aus der die heutige Sozialdemokratische Partei Österreichs, SPÖ, hervorging. 1899 war Adler auch maßgeblich an der Erstellung des Brünner Programms beteiligt, in dem zur Lösung des Nationalitä-

ten- und Sprachproblems die Bildung eines demokratischen Nationalitätenbundesstaates gefordert wurde. Schwer krank starb Adler am 11. November 1918 in Wien. Am selben Tag erklärte Karl I. als letzter Habsburger Kaiser „auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften“ zu verzichten“. Ei-

VERANSTALTUNGSKALENDER Samstag, 9. November, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Krefeld: Monatstreffen. Niederrheinischer Hof, Hülser Straße 398, Krefeld. Sonntag, 10. November, 19.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz): Duo-Rezital Roland Glassl (Viola) und Georg Michael Grau (Klavier). Auf dem Programm stehen Werke von Ludwig van Beethoven, Robert Fuchs und Egon Kornauth. Eintritt 20 Euro. Bezirk Oberbayern, Festsaal, Ludwig-Thoma-Straße 14, Regensburg. Dienstag, 12. bis Freitag, 15. November, Sudetendeutsche Landsmannschaft – Bundesverband: Multiplikatorenseminar. Bildungsstätte Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen. Donnerstag, 14. November bis Freitag, 28. Februar 2025: Stiftung Gerhart-HauptmannHaus: Ausstellung „Flüchtiges Glück – Befreiung aus Theresienstadt“. Gerhart-HauptmannHaus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Freitag, 15. bis Samstag, 16. November, Sudetendeutscher Heimatrat: Jahrestagung. Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen. Freitag, 15. bis Sonntag, 17. November, SL-Bundesfrauenarbeitskreis: Jahrestagung unter dem Motto Frauenpower. Rückfragen an Gerda Ott unter Telefon (07 11) 59 22 85 oder per eMail an wugott@ t-online.de Anmeldung direkt beim Heiligenhof unter eMail info@heiligenhof.de Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen. Samstag, 16. November, 8.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: Ganztagesfahrt nach Asch und zur Ascher Heimatstube in Rehau mit Heimatkreisbetreu-

er Horst Adler. Anmeldung bei Christoph Lippert unter Telefon (0 91 32) 97 00 oder per eMail an info@lti-training.de Abfahrt am Busbahnhof Erlangen. Samstag, 16. bis Sonntag, 17. November, Ackermann-Gemeinde Nordwest: Jahrestagung unter dem Motto „20 Jahre Mitgliedschaft Tschechiens in der EU“. Referenten: Kristina Larischová, Generalkonsulin der Tschechischen Republik, Düsseldorf, und PhDr. Miroslav Kunštát, Karlsuniversität, Prag. Akademie Franz-Hitze-Haus, Kardinal-vonGalen-Ring 50, Münster. Sonntag, 17. November, 8.00 Uhr, Hausner Stiftung: Festveranstaltung. Verleihung der Karl-Hausner-Medaille an die Egerland-Jugend und das Ehepaar Monika und Franz Hanika. Sudetendeutsches Haus, Adalbert-Stifter-Saal, Hochstraße 8, München. Montag, 18. November, 18.00 Uhr, Sudetendeutsche Heimatpflege: „Kindleinbier und Kindleinbussen. Erfreuliches zum Kindersegen in den Mundarten Böhmens und Mähren-Schlesiens“. Vortrag von Bettina Hofmann-Kaes und Isabelle Hardt vom „Sudetendeutschen Wörterbuch“ an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Montag, 18. November bis Freitag, 28. Februar 2025: Stiftung Gerhart-HauptmannHaus: Ausstellung „HerStories – Auf den Spuren jüdischer Frauen in Europa“. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Mittwoch, 20. November, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Krefeld: Monatstreffen der Frauengruppe. Pfarrheim der katholischen Kirche Hl. Schutzengel, Hauptstraße 18, Krefeld-Oppum. Samstag, 23. November, 16.00 bis 22.00 Uhr, Böhmer-

nen Tag später wurde in Österreich die Republik ausgerufen. Otto Bauer, 1918 bis 1934 stellvertretender Parteivorsitzender der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) und führender Theoretiker der österreichischen Sozialdemokratie, schrieb später: „Adler hat den Kampf um die Demokratie in dem Glauben geführt, die Demokratie könne das alte Österreich umgestalten, modernisieren; in Wirklichkeit mußte sie es sprengen.“ Neben Christa Naaß werden Dr. Eleonora Jeřábková, Vorsitzende des Deutschen Kulturvereins Region Brünn, der Brünner Stadtrat Dr. Jiří Oliva (Socdem) sowie der Generaldirektor des Mährischen Landesmuseums, Dr. Jiří Mitáček, die Gäste begrüßen. Anschließend folgt ein „Kleiner Rückblick auf das Brünner Nationalitätenprogramm von 1899 und die Gedenkveranstaltung vor 25 Jahren“ von Dr. Peter Becher, dem ehemaligen Vorsitzender der Seliger-Gemeinde. Für die österreichische Politik spricht SPÖ-Bundesrat Stefan Schennach. Den anschließenden Vortrag hält Prof. Dr. Vít Hloušek, Politologe an der Masaryk-Universität in Brünn. Unter dem Titel „Das Brünner Nationalitätenprogramm und die Europäische Einigung“ wird dann Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, in seiner Rede die Thematik europaweit einordnen. Das Schlußwort hat Volkmar Harwanegg, seit 2020 Vorsitzender der Seliger-Gemeinde Österreich. Torsten Fricke wald Sing- und Volkstanzgruppe München: Tanzfest. Eintritt frei. Anmeldung per eMail an renate.ruchty@bwj-muenchen.de Sudetendeutsches Haus, Adalbert-Stifter-Saal, Hochstraße 8, München. Dienstag, 26. November, 19.00 Uhr, Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste: Ringveranstaltung. Vortrag von Prof. Eduard Fiedler Olmütz über „Die Bedeutung von Trennung und Differenz Ferdinand Ulrichs trinitarischer Metaphysik der Kindheit“. Freier Eintritt mit anschließendem Empfang. Anmeldung per eMail an sudak@mailbox.org oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 48. Sudetendeutsches Haus, AdalbertStifter-Saal, Hochstraße 8, München. Dienstag, 26. November, 19.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „In dieser grossen Zeit […] in dieser Zeit, in der eben das geschieht, was man sich nicht vorstellen konnte“.Veranstaltung zum 150. Geburtstag von Karl Kraus (1874– 1936) mit Dr. Katja Schlenker und Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Donnerstag, 28. bis Freitag, 29. November, Sudetendeutsches Museum und GoetheInstitut München: Sudetendeutsche Dialoge. Hochstraße 10 und Oskar-von-Miller-Ring 18, München. Samstag, 30. November, 14.00 Uhr: Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: BöhmischMährisch-Schlesischer Adventsmarkt. Sudetendeutsches Haus, Adalbert-Stifter-Saal, Hochstraße 8, München. Samstag, 30. November, 14.30 Uhr: SL-Kreisgruppe Stuttgart und Böhmerwald Heimatgruppe Stuttgart: Jahresabschluß- und Weihnachtsfeier mit Ehrungen verdienter Mitglieder. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart.

Sudetendeutsche Zeitung Folge 44 | 1.11.2024

Sudetendeutsche Hochwasserhilfe

Spendenkonto Sudetendeutsche Landsmannschaft Bundesverband e.V. LIGA-Bank München IBAN: DE64 7509 0300 0202 1114 70 BIC: GENODEF1M05 Stichwort: Sudetendeutsche Hochwasserhilfe

Workshop zum Aktionstag für kulturelle Bildung

Bling! Bling! im Museum Sonntag, 10. November, 10.00 bis 12.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Bling! Bling!“ Schmuckworkshop für Familien. Treffpunkt: Foyer des Sudetendeutschen Museums, Hochstraße 10, München. Zum Aktionstag für kulturelle Bildung am 10. November lädt die Museumsvermittlung in die Schmuckwerkstatt ein. Im Sudetendeutschen Museum glitzert, glänzt und

funkelt es, denn die Schmuckindustrie zählte zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen Böhmens. Die Teilnehmer erkunden die ausgestellten Objekte und holen sich Inspiration für eigene Kreationen. Professionelle Unterstützung gibt Schmuckkünstlerin Nelly Stein. Anmeldung bis 5. November per eMail an anmeldung@sudetendeutschesmuseum.de oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 37.

61. Heiligenhofer Adventssingen Donnerstag, 28. November bis Sonntag, 1. Dezember: „61. Heiligenhofer Adventssingen“ des Sudetendeutschen Sozial- und Bildungswerks. 1958 hatte der Komponist und Chorleiter Fritz Jeßler (29.9.1924–5.6.2015) zum ersten Mal zur Ostersingwoche auf den Heiligenhof eingeladen und damit eine Tradition begründet. 1963 folgte das erste Adventssingen in der sudetendeutschen Bildungs- und Begegnungsstätte bei Bad Kissingen. Bis zur 51. Ostersingwoche im Jahr 2008 übte er mit Vertriebenen Liedgut aus der alten Heimat ein. Anschließend führt seine Tochter Astrid Jeßler-Wernz diese Tradition fort, die jetzt ebenfalls den Taktstock weitergeben und zum letzten Mal das Adventssingen leiten wird. Schwerpunkt sind in diesem Jahr alte und neue Meister sowie Lieder zur Weihnachtszeit aus den ostdeutschen Siedlungsgebieten. Auch englische Christmas Carols werden zur Aufführung kommen. Der Volkstanz wird unter der Leitung von Martina Blankenstein ebenfalls nicht zu kurz kommen. Am Samstagabend wird das Erlernte öffentlich aufgeführt und am Sonntagmorgen zur Dokumentation aufgenommen. Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung über die Webseite des Heiligenhofs unter https://heiligenhof.de/unsere-seminare/ seminarprogramm/61-heiligenhofer-adventssingen Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

„Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben...“

Konzert und Kabarett

Dienstag, 5. November, 19.00 Uhr: Konzert und Kabarett im Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Unter dem Titel „Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben“, einem Schiller-Zitat, haben die Kabarettisten Helmut Qualtinger (1928–1986) und Carl Merz (1906–1979) eine humorvoll-hintersinnige Charakterstudie abgeliefert, die Schauspieler von ihrer eher unbe-

kannten Seite zeigen. Passend dazu bettet Andreas Bittl diesen Text in wienerische Musik ein. Neben kleinen Operettenschmankerln – von „Weißes Rössl“ bis Jacques Offenbach – wird auch viel aus dem Oeuvre des bedeutenden Wiener-Lieder-Komponisten Hermann Leopoldi zu hören sein, zum Beispiel „Die Novaks aus Prag“. Für die geschmackliche Abrundung gibt schlußendlich Georg Kreisler seinen beißenden Senf dazu.


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AKTUELL · KOLUMNE

5 Mut tut gut

Ein Fest des Lebens D

Jens Stoltenberg und Ministerpräsident Markus Söder bei der gemeinsamen Pressekonferenz (links). Mitte: Beim Gespräch im Prinz-Carl-Palais wurde der Ministerpräsident von Staatskanzleiminister Florian Herrmann (dritter von links) und Europaminister Eric Beißwenger begleitet. Rechts: Eintragung ins Goldene Buch der Bayerischen Staatsregierung.

Der langjährige Generalsekretär der Nato und Ministerpräsident von Norwegen wird Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz

Söder freut sich auf Stoltenberg: „Ein Königstransfer – ein echter Coup“ „Ich fühle mich ein bißchen wie ein Fußballpräsident, der einen neuen Star-Stürmer verpflichtet hat“, hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gleich zu Beginn seiner Pressekonferenz mit dem langjährigen Nato-Generalsekretär und ehemaligen norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg verkündet. Der Anlaß ist in der Tat eine hochkarätige Personalie: Stoltenberg wird Chef der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) und damit Gastgeber einer der wichtigsten außenpolitschen Konferenzen der Welt.

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ie herausragend dieser Wechsel von Brüssel nach München ist, machte Bayerns Regierungschef in deutlichen Worten klar: „Das ist ein Königstransfer, den wir gemacht haben – ein echter Coup. Wir freuen uns sehr.“ Nach der nächsten Münchner Sicherheitskonferenz, die vom 14. bis 16. Februar 2025 traditionell Botschafter in Münchens erChristoph Heusgen ster Adresse, dem Hotel Bayerischer Hof, stattfindet, wird Stoltenberg das Kommando von Botschafter Christoph Heusgen übernehmen, der erst seit 2022 dieses weltweit beachtete Treffen leitet. Söder und Stoltenberg unterstrichen bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt, daß die Münchner Sicherheitskonferenz auch künftig in der bayerischen Landeshauptstadt stattfinden werde. Die Top-Personalie eingefädelt hatte der ehemalige Staatssekretär und Botschafter Wolfgang Ischinger, der die Münchner Sicherheitskonferenz von 2008 bis 2022 leitete und als „Stiftung Münchner Sicherheitskonferenz gemeinnützige GmbH“ komplett neu aufstellte und mit zahlreichen weiteren Konferenzen erweiterte. Als Präsident des Stiftungsrats der Stiftung Münchner Sicherheitskonferenz ist Ischinger nach

Wolfgang Ischinger, Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Münchner Sicherheitskonferenz (links), und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (rechts) begrüßen Jens Stoltenberg als künftigen Vorsitzenden der Sicherheitskonferenz in München. Fotos: Torsten Fricke wie vor der mächtige Mann im Hintergrund. Warum Heusgen nach nur drei Jahren gehen muß, dazu gibt es offiziell keine Erklärung. Der Stiftungsrat sei aber „sehr dankbar für den großen Beitrag, den Botschafter Christoph Heusgen in seiner dreijährigen Amtszeit geleistet hat”, wird Ischinger in der Presseerklärung der Münchner Sicherheitskonferenz zitiert. Fakt ist, daß sich Heusgen in Berlin mit seiner zunehmenden Kritik an der Ukraine-Politik der Bundesregierung nicht nur Freunde gemacht hat. Und schwer ins Fettnäpfchen trat Heusgen dann im Oktober 2023 in einem ZDF-Interview zum Nahost-Konflikt, in dem der Diplomat den Anti-Israel-Kurs von UNGeneralsekretär António Guterres be-

fürwortete und den Massenmord der palästinensischen Hamas an israelischen Zivilisten als „Hamas-Aktion“ verharmloste, wofür Heusgen später öffentlich um Entschuldigung gebeten hat. Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hatte Heusgens Äußerungen als „ungeheuerlich“ bezeichnet und darin eine „toxisch-naive Sicherheitsexpertise“ gesehen. Und Ex-CDU-Chef Armin Laschet, sonst eher nicht für harte Aussagen bekannt, sagte: „Das bestialische Abschlachten und Schänden von 1400 unschuldigen Zivilisten mit dem Gerede von politischen Umständen zu relativieren, ist ein Tabubruch und inakzeptabel, sowohl für einen UNO-Generalsekretär als auch für Herrn Heusgen.“ Fakt ist aber auch, daß Stoltenberg über beste Kontakte zu den Staats- und

Regierungschefs insbesondere der Nato-Länder verfügt. „Es gibt niemanden, der besser qualifiziert ist“, erklärte deshalb Ischinger in seinem Statement und kündigte an: „Mit seinem weltweiten Ruf und seiner enormen Erfahrung wird Jens Stoltenberg die Konferenz in eine noch wichtigere und globalere Rolle führen.“ Jens Stoltenberg: „Ich habe mein ganzes politisches Leben dem Erhalt des Friedens gewidmet. Es ist mir eine große Ehre, den Vorsitz der Münchner Sicherheitskonferenz zu übernehmen und einen Beitrag zu ihrer Mission ‚Frieden durch Dialog‘ zu leisten. Wenige internationale Plattformen sind so wichtig wie die MSC, um Konfliktprävention, Dialog und internationale Zusammenarbeit zu fördern.” Torsten Fricke

Bernd Posselt und Harald Stauder, Fraktionsvorsitzender der Südtiroler Volkspartei, fordern eine europarechtliche Lösung

Für ein Minderheiten- und Volksgruppenrecht

Schon in den 1980er und 1990er Jahren hat die Paneuropa-Union auf Initiative von Karl von Habsburg, Isabel von Kuehnelt-Leddihn und Rosemary Gräfin Huyn den Paneuropa-Kreis Alpen-Adria aufgeboten, der nicht nur die Paneuropa-Aktivitäten in Bayern, Österreich und Italien miteinander verband, sondern auch bereits vor dem Fall des Kommunismus Brücken zu den demokratisch-paneuropäischen Kräften in Slowenien und Kroatien schlug.

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ine Paneuropa-Delegation, bestehend aus dem Präsidenten der Paneuropa-Union Deutschland und Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, Bundesgeschäftsführer Johannes Kijas und Pressereferentin Stephanie Waldburg, nahm den 70. Todestag von Alcide de Gasperi, einem der drei großen Gründerväter der heutigen Europäischen Union, zum Anlaß, um die Kontakte in die Autonomen Provinzen Trient und Südtirol zu erneuern. Führende Paneuropäer in Südtirol sind seit Jahrzehnten der ehemalige Europaabgeordnete und jetzige Präsident

In der De-Gasperi-Ausstellung (von links): Stephanie Waldburg, Prof. Maurizio Cau, Bernd Posselt, Carlo Zavarise und Anna Fichera. der Handelskammer Bozen, Michel Ebner, und sein Bruder Toni, der Chefredakteur der Tageszeitung Dolomiten, in der Bernd Posselt einmal wöchentlich eine Kolumne schreibt. Nach einem ausführlichen Gedankenaustausch mit Toni Ebner kam die Delegation im Südtiroler Landtag mit dem neuen Fraktionsvorsitzenden der Südtiroler Volkspartei, Harald Stauder, zusammen, der an einer Wiederbelebung der grenzüberschreitenden Paneuropa-Arbeit in der Alpen-Adria-Regi-

Harald Stauder (Mitte) im Südtiroler Landtag mit Bernd Posselt und Stephanie Waldburg. Fotos: Johannes Kijas

on sehr interessiert ist und außerdem intensiv als Vertreter seines Landes in der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (Fuen) mitwirkt. Beide Seiten vereinbarten, in der neuen Legislaturperiode von Europaparlament und EU-Kommission massiv auf ein Europäisches Volksgruppen- und Minderheitenrecht, das seit jeher zu den zentralen Anliegen der Paneuropa-Bewegung gehört, hinzuwirken. Im Landtag von Trient besuchten die Paneuropäer aus München auf Einla-

dung von dessen Präsidenten Claudio Soini eine Ausstellung über De Gasperi, die ein Trientiner Paneuropäer der ersten Stunde, Paolo Magagnotti, gestaltet hat. Durch die Präsentation von beeindruckenden Texten und Fotos aus dem Privatbesitz der Familie De Gasperi führten der Chefberater von Präsident Soini, Carlo Zavarise, seine Kollegin Anna Fichera und Prof. Maurizio Cau vom Deutsch-Italienischen Institut an der Universität Trient.

er erste Tag im November hat im Jahreskreis der katholischen Kirche eine ganz besondere Bedeutung. Er trägt den Namen Allerheiligen und ist dem Rang nach ein Hochfest. Damit steht er auf derselben Stufe wie Weihnachten, Ostern oder Pfingsten. Die liturgische Farbe an diesem Tag ist weiß. Vielerorts werden zu Allerheiligen festliche Hochämter mit Weihrauch und prachtvoller Kirchenmusik gefeiert. Was ist eigentlich der Inhalt dieses Festes? Diese Frage ist um so bedeutsamer, als der Allerheiligentag landläufig mit Friedhofsbesuchen verbunden ist. Oft sind am 1. November nachmittags Totengedenkfeiern. Stimmungsmäßig herrscht eher Traurigkeit als Festfreude. Doch an Allerheiligen geht es um mehr als um die Erinnerung an die lieben Verstorbenen, so wichtig es selbstverständlich ist, sich der Toten zu erinnern. Eigentlich nehmen die Gedenkfeiern zu Allerheiligen den Allerseelentag am 2. November vorweg. Allerheiligen ist ein Fest des Lebens, ein österliches Fest. Es will uns sagen: Der Tod hat nicht das letzte Wort über unser Sein. Wir sind berufen, an der Ewigkeit Gottes teilzunehmen. In der Bibel finden sich für diese Teilnahme viele Bilder. Sie spricht vom himmlischen Fest- oder Hochzeitsmahl, vom himmlischen Jerusalem, von der himmlischen Heimat und den himmlischen Wohnungen. Ebenso wird das Leben nach dem Tod mit einem friedvollen Weideplatz und mit dem Schöpfen von frischem Wasser aus einem Brunnen oder einer Quelle verglichen. Das letztgenannte Bild erschließt eine weitere Dimension des Allerheiligentages. Es erinnert an das Wasser der Taufe. Nach christlichem Verständnis beginnt das ewige Leben nicht erst nach dem Tod. Wir haben nicht erst dann Anteil an Gottes Ewigkeit. Gott hat immer schon Beziehung zum Menschen, vom ersten Moment seines Daseins an. In besonderer Weise wird diese Beziehung durch das Sakrament der Taufe besiegelt. In diesem Sakrament wird der Mensch zum neuen und ewigen Leben wiedergeboren. Mit anderen Worten: Der Mensch darf sinnenhaft erfahren, daß er ein geliebtes Kind Gottes ist. Allerheiligen will uns sagen: Wir gehören kraft der Taufe zu den Heiligen, denn Heiligkeit bedeutet nicht in erster Linie eine vollendete Frömmigkeit, auch nicht moralische Makellosigkeit. Heiligkeit bedeutet, daß wir mit dem Leben und der Liebe Gottes gesegnet sind. Deswegen wird auch die Kirche seit den Tagen des Apostels Paulus als eine Gemeinschaft von Heiligen beschrieben. Dies bedeutet nicht, daß sie eine völlig fehlerfreie Institution wäre. Natürlich hat die Kirche im Laufe der Geschichte Schuld auf sich geladen und tut es weiterhin. Heilig ist sie nicht von sich her, sondern von Gott her. Wenn am Allerheiligentag festliche Hochämter gefeiert werden, dann soll im Glanz der Liturgie etwas von diesem besonderen Geschenk deutlich werden. Es soll deutlich werden, daß sich Gott des Menschen erbarmt und ihn an der Fülle und an der Gemeinschaft des himmlischen Lebens teilnehmen läßt – schon jetzt. Und nach dem Tod, wie wir hoffen, erst recht! Dr. Martin Leitgöb CSsR Provinzial der Redemptoristen Wien-München


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 44 | 1. 11. 2024

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schen Sudetendeutschen und weiter, so Loibl. „Menschen und Bayern auf der einen und der ihr kulturelles Erbe leben in IhTschechischen Republik auf der ren Enkeln und Urenkeln fort.“ anderen Seite habe sich in den Zur SL-Landesversammlung vergangenen Jahren enorm ver- waren zahlreiche Regionalpolibessert. „Die Beziehungen sind tiker gekommen. Kammersteins enger, die Treffen zahlreicher ge- Erster Bürgermeister Wolfram worden, und der Dialog mit der Göll betonte, seine Gemeinde sei ein Zufall war, daß diese Lan- tschechischen Staatsspitze hat auch von Krieg und Vertreibung desversammlung im Kam- eine bisher nie dagewesene Di- geprägt worden. Nach dem Dreimersteiner Gemeindezentrum mension erreicht. „Deshalb blic- ßigjährigen Krieg hätten österstattfand. Volker Bauer, direkt ken wir zuversichtlich in die Zu- reichische Exulanten die entvölgewählter Landkunft.“ kerten Gegenden in MittelfrantagsabgeordneZugleich üb- ken wieder aufgebaut. Ebenso ter vom Stimmte Steffen Hört- hätten sich im Ortsteil Haag nach kreis Roth, zu ler heftige Kri- dem Zweiten Weltkrieg zahlreidem Kammertik an der grünen che Sudetendeutsche angesiestein gehört, Kulturstaatsmidelt. Volker Bauer dankte der SL ist der SL benisterin Claudia für ihren Einsatz bei der Versöhreits lange verRoth. Ihr neues nung in Europa. „Ihr helft, Friebunden. Mit der Gedenkstättenden, Freiheit und Demokratie als SL-Kreisgruppe konzept berück- unsere wichtigsten Werte zu erManfred Baumgartl und Hel- sichtige die Erin- halten.“ Roth-Schwabach unternahm er mut Reich. nerung an Flucht Der Schwabacher Landtagsbereits zwei Heiund Vertreibung abgeordnete Karl Freller, 2018 matreisen in die Tschechische nach dem Zweiten Weltkrieg zu bis 2023 Erster LandtagsvizeRepublik. Auf Bauers Einladung wenig. Roth wolle diesen Teil der präsident, hielt Erinnerung für wählte die SL-Landesgruppe den deutschen Geschichte einer von wichtig, weil sie den Antrieb für Heimatort des CSU-Politikers als Migration und Mobilität gepräg- die Gestaltung der Zukunft bilSchauplatz für ihre Tagung. ten Gesellschaft zuordnen. Das de. „Ihr habt Bayern als Heimat Landesobmann Steffen Hört- verwische jedoch die Unterschie- angenommen und mit groß geler eröffnete die Versammlung. de der Vertreibung zur EinFür den verhinderten Bezirks­ wanderung und zu Fluchtobmann Eberhard Heiser be- bewegungen außerhalb grüßten seine Stellvertreter Hel- Deutschlands, schloß Hörtmut Reich und Manfred Baum- ler. gartl die Landsleute und Gäste. Pfarrerin Daniela Merz Unter ihnen war auch Mittelfran- von der Evangelischen Kirkens Bezirkstagspräsident Peter chengemeinde KammerDaniel Forster, der die Landsleu- stein entbot ein geistliches te immer unterstützt. Dann er- Grußwort. Petra Loibl MdL, statteten Hörtler, Landesschatz- Landesbeauftragte für Ausmeisterin Hannelore Heller, siedler und Vertriebene, Ernst Würl und Robert Wild. Landesfrauenreferentin Sigrid sagte in ihrer VideobotUllwer-Paul, und Landeskultur- schaft, daß sie sich bei der SL von macht“, bescheinigte er den Verreferentin Margaretha Michel Anfang an gut aufgenommen ge- triebenen einen großen Anteil an Bericht. fühlt habe. Besonders lobte sie der Entwicklung des Freistaats. Hörtler betonte in seinem Hei- das Projekt „Katalogisierung der „Deshalb stehen wir an Euerer matpolitischen Bericht, vor allem Vertriebenen-Denkmale in Bay- Seite und werden es auch bleidie völlig neue Situation nach ern“, das Dieter Heller, Obmann ben“, versicherte er. der Wahl Petr Pavels zum Tsche- der SL-Kreisgruppe Roth-SchwaFelix Locke, Abgeordneter der chischen Staatspräsidenten. Im bach, mit seiner Frau Hannelore Freien Wähler im Bayerischen Gegensatz zu seinem Vorgänger erfolgreich vorangetrieben habe. Landtag aus Lauf, sah in der Kulsei er sehr zum Dialog mit den Dieses Projekt geht übrigens auf tur der Sudetendeutschen eiSudentendeutschen bereit und eine Idee der ehemaligen Lan- nen festen Bestandteil der baysehe die Funktion der Lands- deskulturreferentin Sigrid Len- rischen Tradition. Seine Schwamannschaft als die einer Brüc- eis zurück (Ý SdZ 43/2024). Die bacher grüne Landtagskollegin kenbauerin. Das Verhältnis zwi- Heimat lebe in den Denkmalen Sabine Weigand erinnerte daran,

Mitte Oktober traf sich die SLLandesgruppe Bayern im mittelfränkischen Kammerstein zur diesjährigen Landesversammlung, heuer mit einem zusätzlichen Kulturteil, der besonders viele Landsleute anlockte.

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31+32/2024 44/2024

Brauchtumspfleger mit Steffen Hörtler, Margaretha Michel sowie Iris und Robert Wild.

daß die Integration Sudetendeutscher in Schwabach eine Bereicherung gewesen sei. Zugleich sei sie überzeugt, daß sich die Liebe zur eigenen Heimat nicht aus der Herabwürdigung des Fremden speisen dürfe. Vizelandrat Walter Schnell war 1996 bis 2020 Bürgermeister von Kammerstein. Ihm verdanken die Kammersteiner den Bürgersaal, in dem die Landesversammlung tagte. Er dankte den Sudetendeutschen für ihre Arbeit bei der Völkerverständigung und der Integration. „Machen Sie weiter so lange sie können“, bat er. Der Schwabacher Oberbürgermeister Peter Reiß erinnerte die Delegierten und Gäste an das Übergangslager für Flüchtlinge im Schwabacher Stadtteil Vogelherd. Dort seien 1946 mehr als 50 000 Vertriebene angekommen und in Mittelfranken verteilt worden. „Jeder sechste Schwabacher Bürger war danach Vertriebener“, rechnete Reiß vor. „Ohne sie hätte Schwabach keinen so guten Weg genommen“, war der SPD-Politiker überzeugt. Ebenso dankte er den CSUAbgeordneten Freller und Bauer für den von ihnen im Vogelherd angelegten Gedenkstein, der dort an das Schicksal der Menschen im Durchgangslager erinnere. Unter dem Motto „Brauchtum verbindet“ führte Landeskulturreferentin Margarethe Michel mit Iris und Robert Wild durch einen breitgefächerten Kulturnachmittag. Sie boten Musik und Gesang sowie den Sudetendeutsche Volkstanzkreis Lauf-Eckental. Ernst Würl von der Jungen Generation der Sudetendeutschen in Schwabach begleitete den Nachmittag mit seinem Akkordeon. Darüber hinaus trug Gert Piwernetz ein Gedicht in paurischer Mundart vor. Robert Schmitt Nadira Hurnaus


Die Ackermann-Gemeinde in der Erzdiözese München und Freising veranstaltete ein neues Literarisches Café. Im Sudetendeutschen Haus in München las die Autorin Sabine Dittrich aus ihrer Erzählung „Goldbachtal“. Darin behandelt sie das Zusammenleben zwischen Böhmen und Bayern über Jahrhunderte hinweg. Bei Kaffee und Kuchen beschrieb die Autorin Entstehung und Inhalt des Büchleins.

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KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 44 | 1. 11. 2024

� Literarisches Café im Sudetendeutschen Haus

Jahrhunderte im Goldbachtal

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eine Erzählung ist eine er­ dachte Geschichte, die auf historischen Fakten beruht“, er­ klärt Sabine Dittrich in der Mu­ seumspädagogik-Werkstatt des Sudetendeutschen Museums fast direkt unter dem AdalbertStifter-Saal. „Den Schauplatz, ein Dorf an einem Dorf beider­ seits der deutsch-tschechischen Grenze gebe es in der Nähe von Hof an der Saale wirklich. Als im Schwarzwald geborenes Kind habe sie dort oft ihre Großel­ tern besucht, auch wenn sie nur auf der bayerischen Seite habe spielen dürfen. Heute könne sie von ihrem Wohnort Gattendorf im Kreis Hof zum titelgebenden Goldbach radeln und dort pro­ blemlos die Grenze überqueren, auch wenn die steinerne Brücke über den Bach nach dem Zwei­ ten Weltkrieg von den Tsche­ chen ebenso zerstört worden sei wie die Siedlungen im damaligen Sperrgebiet. „Das Buch ist ein Kind der Co­ rona-Zeit“, erklärt die Autorin. Sie habe schon zuvor 13 Bücher verfaßt, zunächst nur Steuerfach­

Sabine Dittrich und Kamila Novotná von der Ackermann-Gemeinde (AG) München und Freising. Zuhörer wie AG-Mitglied Werner Honal (Mitte) machen bei Kaffee und Kuchen Notizen über die Lesung von Sabine Dittrich. Bilder: Susanne Habel literatur, dann auch Erzählun­ gen, Geschichten und biogra­ phische Romane. Ihre Neube­ arbeitung der Autobiographie „Unter dem Rad der Geschich­ te“ des europäischen Humani­ sten Přemysl Pitter habe ihr eine Mitgliedschaft im tschechischen České Centrum Mezinárodního PEN Clubu/PEN-Club gebracht. Auch habe sie ein grenzüber­ schreitendes Literaturfestival in Franzensbad mitorganisiert. In der Corona-Zeit habe sie unter Schwierigkeiten und einer

Schreibhemmung gelitten, er­ zählt sie. Ihr Ehemann habe ihr damals einen Schreibkurs bei der Textmanufaktur geschenkt, er­ innert sie sich. „Bei dem 15mo­ natigen Kurs haben die Teilneh­ mer auch Texte als Hausaufga­ ben verfassen müssen“, erläutert Dittrich. „Ich habe Kurzgeschich­ ten geschrieben und bei Wettbe­ werben mitgemacht.“ Ihre histo­ rische Erzählung „Goldbachtal“ sei die Abschlußarbeit gewesen. Sie habe darin Dinge, die wirk­ lich passiert seien, mit Erfunde­

Das Egon-Schiele-Museum in Tulln liegt an der Donau. Das Egon-Schiele-Museum in Tulln erhält gemeinsam mit zehn weiteren Museen in Österreich und als einziges Museum in Niederösterreich heuer erstmals das Österreichische Museumsgütesiegel. Das Österreichische Museumsgütesiegel für das Museum Niederösterreich wurde verlängert. Das gaben das International Council of Museums (ICOM) Österreich und der Museumsbund Österreich im WienMuseum bekannt. Aktuell sind damit 299 von insgesamt knapp 800 beim Museumsbund Österreich registrierten Museen zertifiziert.

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iel des Österreichischen Mu­ seumsgütesiegels ist, Museen an internationale Standards her­

nem vermischt. „Zuerst ließ ich mich vom Ort inspirieren.“ Sie liest eine poetische Landschafts­ beschreibung vor. Der Goldbach liege im Dreiländereck von Bay­ ern, Böhmen und Sachsen und heiße in Wirklichkeit anders. „Ich wollte dem Tal eine Stim­ me geben.“ Im Bach habe frü­ her auch ein Grenzstein gelegen. Das Tal mit einer Linde am Bach sei heute menschenleer. Die Autorin liest eine Szene, die Ende April 1813 spielt. Am Goldbach ackert der Zechbauer

Sabine Dittrich: „Goldbachtal. Erzählung“. Kirchmann-Medien, Hof 2023; 88 Seiten, 15,90 Euro. (ISBN 978-3-9825353-0-2)

Die Außenansicht des Museums Niederösterreich in Sankt Pölten.

anzuführen und eine lau­ � Auszeichnung für Museum in Österreich fende Qualitätskontrol­ le und Qualitätsverbesse­ rung sicherzustellen. Die Träger dieser Auszeich­ nung verpflichten sich zur Einhaltung eines 86seiti­ gen Kriterienkatalogs so­ wie der Ethischen Richtlinien für betrieb auf internationalem Ni­ ria Schiele (1862–1935), eine Museen von ICOM, die die Be­ veau einen Namen zu geben“, geborene Soukup, war im süd­ wahrung des kulturellen Erbes, freut sich Geschäftsführer Mat­ böhmischen Krummau zur Welt eine qualitätsvolle Präsentation thias Pacher. „Mein Dank gilt gekomen. In Krummau entstan­ sowie einen Mindeststandard an nicht nur der ICOM und dem den später auch die „skanda­ Serviceleistungen für die Besu­ Museumsbund Österreich für lösen“ Bilder des jungen Egon cher garantieren. das Vertrauen, sondern vor allem Schiele, auf denen er leichtbe­ „Nach der Verleihung des unseren Mitarbeitern, die diese kleidete junge Mädchen abbilde­ Österreichischen Umweltzei­ Mission täglich leben.“ te, was zu seiner späteren Verhaf­ chens ist die Auszeichnung mit Egon Leo Adolf Ludwig Schie­ tung in Neulengbach im Bezirk dem Österreichischen Museums­ le kam 1890 in Tulln als Kind des Sankt Pölten-Land in Niederö­ gütesiegel ein weiterer Schritt, Bahnhofsvorstandes Adolf Eu­ sterreich führte (Ý SdZ 28/2020). unserem stetigen Arbeiten an ei­ gen Schiele (1850–1904) und Heute sind die Bilder des Malers nem qualitätsvollen Museums­ dessen Frau Maria zur Welt. Ma­ weltberühmt, der 1918 an einer

Kurator Christian Bauer in der Schatzkammer des Egon-Schiele-Museums.

mit seinem Ochsen, um Kartof­ feln zu legen. Seine Tochter Bär­ bel begleitet ihn. Von zwei De­ serteuren der Napoleonischen Armee ist einer der begabte Zim­ mermann Traugott Kepler aus dem Schwarzwald. Der wird spä­ ter Bärbel heiraten und sich im Waldbauernhof auf der bayeri­ schen Seite am Goldbach nieder­ lassen. Wegen seiner Holzkennt­ nisse stellt der örtliche Baron den „Holzwurm“ als Förster ein. Dit­ trich schildert in einem Exkurs ihre Gestaltung der Personen­

namen. „Namen sind wichtig. Sie müssen in die Zeit und Kul­ tur passen.“ „Traugott“ habe sie in ihrer Kindheit im Schwarzwald oft gehört. Bei richtiger Namens­ wahl würden die Figuren manch­ mal zu ihr sprechen. In einem Zeitsprung geht es zur nächsten Szene. Traugotts Urenkel Franz taucht im Jahr 1885 auf. Der Junge soll ins „Zög­ lingshaus“, da sein Vater mit ihm nicht klarkommt. Der örtliche Schulmeister als Leiter des städ­ tischen Zöglingshauses erkennt, daß Franz tatsächlich Fichten­ bäume „singen“ hören kann. Dies bestätigt auch der Geigen­ bauer Jakob Werner, der Franz als Lehrbub nimmt. Die Tochter von Franz, die Holzbildhauerin Tonja, versucht nach der Samte­ nen Revolution, den Tschechen Jan Novotný wiederzufinden, mit dem sie in ihrer Jugend li­ iert war. Ein Treffen am 25. März 1990 scheitert, da in Deutschland gerade die Sommerzeit beginnt, und die beiden sich um diese ei­ ne Stunde verfehlen. Schlußsze­ ne ist Ditt­richs authentisches Er­ lebnis, bei dem am 30. April 2004 eine deutsche Schülergruppe ge­ meinsam mit – aus Asch gekom­ menen – Tschechen am Gold­ bach das Vaterunser betet. Dies ist der Tag vor der Aufnahme der Tschechischen Republik in die Europäische Union. Susanne Habel

Museumsgütesiegel

Das Haus der Geschichte …

damaligen Pandemie, der Spanischen Grippe, ver­ starb. Das Egon-Schiele-Mu­ seum widmet sich seit 1990 der Biografie und dem Frühwerk des Aus­ nahmekünstlers. Seit ei­ ner Neuaufstellung im Jahr 2018 sind weltweit einzigartig die Ori­ ginalstimmen seiner Schwestern Melanie und Gerti Schiele und seiner Schwägerin Adele Harms in audiovisuellen Lebensstatio­ nen zu hören. Die Schatzkammer präsentiert jährlich wechselnd rund ein Dut­ zend hochkarätiger Originalwer­ ke. Ein Sonderausstellungsbe­ reich behandelt wichtige Themen des Künstlers. Eine Forscherstra­ ße läßt bedeutende Schiele-Ex­

perten zu Wort kommen. Mit dem Egon-Schiele-Geburtshaus und dem Egon-Schiele-Weg bie­ tet Tulln ein Gesamterlebnis zum berühmtesten Sohn der Stadt. Das Museum Niederösterreich vereint mit dem Haus der Ge­ schichte und dem Haus für Natur auf 6000 Quadratmetern Ausstel­ lungsfläche zwei Welten unter ei­ nem Dach. Weitere Informationen über das Museum, dessen Saison 2025 am 29. März beginnt, derzeit ist Winterpause: Egon-Schiele-Museum in Tulln (Niederösterreich), Donaulände 28. Dienstag bis Sonntag 10.00–17.00 Uhr. Eintritt 6 Euro, ermäßigt 5 Euro, Kinder (7–18 Jahre) 3,50 Euro. Internet www.schielemuseum.at

… und das Haus für Natur im Museum Niederösterreich.


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KULTUR

Eine von Erwin Gemmel gebaute und limitierte Hoyer Bianka aus dem Jahr 1960 kostete damals 1200 Mark. In Bubenreuth, wo sich nach dem Zweiten Weltkrieg und der Vertreibung viele Instrumentenbauer aus Schönbach im Egerland angesiedelt hatten, fand Ende Oktober ein Tag der offenen Tür statt. Die Gemeinde im mittelfränkischen Landkreis Erlangen-Höchstadt gilt als Zentrum des Streich- und Zupfinstrumentenbaus. Seltene Elektrogitarren standen im Vordergrund.

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ürzlich trafen sich Musikinstrumentenliebhaber in Bubenreuth, zu einer Veranstaltung der besoderen Art. Die Türen zu sieben Werkstätten öffneten sich, um Einblicke in das traditionelle Kunsthandwerk des Saiteninstrumentenbaues lebendig zu präsentieren. Die teilnehmenden Instrumentenbauer sind mit ihrem Kunsthandwerk tief in der Region und seiner jahrhundertelangen Tradition des böhmischen Streichinstrumenten-, Bogenund Zubehörbaues verwurzelt. Aus diesem Erfahrungsschatz haben sich die Arbeitsweisen weiterentwickelt. Das Ergebnis sind spannende und wunderschöne Schmuckstücke, die nicht nur

Angela Kreuz las beim Literarischen Café der Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg aus ihrem Werk „Picknick an der Grenze“.

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ie Ereignisse im Sommer und Herbst 1989, also vor 35 Jahren, standen im Fokus des jüngsten Literarischen Cafés der ­Regensburger Ackermann-Gemeinde. Die Schriftstellerin Angela Kreuz stellte im Café Pernsteiner by ­Sipl ihren bereits 2019 veröffentlichten Roman „Picknick an der Grenze“ vor und las einige Passagen daraus. Außerdem blickte sie auf ihren nächsten, bereits fertigen Roman, der in Böhmen angesiedelt ist. Der Buchtitel weise bereits auf eines der einschneidenden Ereignisse im Jahr 1989 hin, das Paneuropäische Picknick am 19. August 1989 an der ungarisch-österreichischen Grenze zwischen Ödenburg/Sopor und Sankt Margarethen im Burgenland, erläuterte Bernhard Dick in seiner Einführung.

Professor Dr. Bernhard Dick, der Vorsitzende der Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg, .

Sudetendeutsche Zeitung Folge 44 | 1. 11. 2024

„Wie werden die Roßhaare am Bogen befestigt“, fragt der siebenjährige Benedig in der Bogenbauwerkstatt Dörfler.

die Persönlichkeit ih- � Tag der offenen Tür in dem Instrumentenbauerzentrum Bubenreuth älter als die amerikarer Gestalter, sondern nische.“ auch die AuseinanIn der Ausstellung dersetzung mit dem selbst stellten zahlreiKunsthandwerk und che Streich-, Zupfinseinen besonderen strumenten- und BoTechniken widerspiegenbauer aus. Für geln. manchen Musiker Eine besondere Art war diese Ausstelvon Schmuckstücken lung ein Eldorado, stand im Vordergrund. konnte man sich doch Im großen Sitzungsdurch eine ganze Reisaal des Rathauses he von Saiteninstrukonnte man die Sonmenten durchspielen. derausstellung „SelFür die Eltern und ihtene Elektrogitarren“ re zukünftigen „Somit all seinen wunderlistenkinder“ bot die baren Facetten bewunAusstellung die Mögdern. lichkeit, sich über Art, Das Sammeln von Größe und Preise von Musikinstrumenten ist Saiteninstrumenten zu zwar nicht neu, aber Einformieren. Gitarren zu sammeln Im Rathaus erhielt ist noch nicht sehr lanman auch den Lagege populär, es kam erst plan der sieben teilrichtig auf mit der Ent- Die Gitarrenliebhaberin Josefine ist mit der Mama und der kleinen Schwester in der Sonderausstel- nehmenden WerkstätBilder: Heinz Reiß ten. Vor dem Werkstehung der Rock- und lung und sucht sich eine elektrische Schneckengitarre aus. Popmusik. Wir haben stattrundgang konnte uns in der Ausstellung mit dem stehen, oder auch, weil es hier ei- Fender-Modelle. Wer sich aber man noch im Foyer des RathauE-Gitarrensammler Fritz Gemba- ne weitaus größere Vielfalt an umsieht, stellt schnell fest, daß ses den Diplom-Musikinstrula unterhalten. Er meinte: „Viele Formen und Konstruktionen gibt es auch unter deutschen Elektro- mentenbauer und GitarrenSammler haben sich auf Elektro- als bei den akustischen Gitarren. Gitarren hervorragende Instru- baumeister Jens Schönitz an gitarren konzentriert. Vielleicht Die Spitzensammelobjekte auf mente gibt. Man muß eines be- seinem eingerichteten Arbeitsdeshalb, weil diese in der Rock- diesem Gebiet sind sehr teure achten: Die europäische Instru- platz zum Werdegang einer Gimusik sehr stark im Vordergrund alte amerikanische Gibson- und mentenbautradition ist weitaus tarre befragen. Bei den Werk-

stätten vertraten den Geigenbau der Innungsobermeister der Streich- und Zupfinstrumentenmacherinnung, Günter Lobe, mit seiner Tochter Hannah und der Geigenbaumeister Laszlo Oh. Für den Zupfinstrumentenbau öffnete Alexander Herb seine geräumige Werkstatt, und das Kunsthandwerk des Bogenbaues konnte man in der Weltfirma Andreas Dörfler besichtigen. Alles was mit Musikinstrumenten zu tun hat, vom Kinn- bis zum Saitenhalter, stellte die Firma Alois Sandner aus. Zum Abschluß konnte man die vom Museumsverein Bubenreutheum unterhaltene Ausstellung „Musik und Integration“ im Tiefgeschoß des Rathauses besuchen. Sie enthält einen wichtigen Teil der Egerländer Geschichte und dokumentiert die erfolgreiche Integration in Bubenreuth. Auch der Gemeinderat des Ortes Sachsen bei Ansbach besuchte mit ihrem Bürgermeister Bernd Meyer die Werkstätten und das Museum. Sie schrieben ins Gästebuch: „Eine sehr interessante, informative und anschauliche Ausstellung, wir werden sie gerne weiterempfehlen“. Heinz Reiß

Der Diözesanvorsitzen- � Autorenlesung in Regensburg dalitäten wie Visum oder de konnte rund 20 LiteraGeldumtausch beschrieben turfreunde begrüßen und werden. erinnerte an weitere EreigIn der dritten vorgetranisse jenes Jahres wie die genen Passage trifft Kitty Ausreisezusage des damaihre Tante Agnes, von der ligen Bundesaußenministers sie nicht nur vom niederHans-Dietrich Genscher für geschlagenen Ungarn-Aufdie „DDR“-Flüchtlinge in stand im Jahr 1956 erfährt, der Deutschen Botschaft in sondern auch von den eiPrag. Er selbst, so Dick, habe gentlichen Gründen für die danach den Mauerfall sehr Vielzahl an „DDR“-Büremotional erlebt, unter angern mit ihren Trabbis – derem anhand von vollständer Versuch oder die Chandig leeren Regalen in Superce zur Flucht in den Wemärkten. sten. „Die wollen alle weg Eine Geschichte aus dieoder wollen es wenigstens ser Zeit erzähle Angela versuchen“, erklärt Agnes. Kreuz in ihrem Roman, leiDie Ungarn hatten übrigens tete er zum Vortrag der Auschon am 1. Januar 1988 einen „Weltpaß“ erhalten, der torin über. Ihr Roman spieihnen Reisen auch in nichtle auf zwei Zeitebenen: zum sozialistische Länder erlaubeinen Ende der 2010er Jahte. Nach den drei gelesere, als Erinnerungen an das nen Abschnitten berichtete Jahr 1989 ausgetauscht würAngela Kreuz über ihre Reden. Im Mittelpunkt stehe cherchen für diesen Roman, Kitty, die als Sängerin einer die weiteren Entwicklungen Band für einen Musikauftritt und Schicksale einiger der im August 1989 – die zweirealen Personen und zeigte Zeitebene – eben an die te Fotos, auf denen diese abungarisch-österreichische gebildet sind. Besonders beGrenze gereist sei und dietonte sie die „halbe Minute ses in die Geschichte eingeZeit für die Entscheidung“ gangene Picknick mit allen der damaligen dazugehörenden Aspekten Aus verschiedenen Büchern zeigte Angela Kreuz die damals handelnden Personen, seitens die in ihrem Roman auch zu wichtigen Figuren wurden. Grenzbeamten, die schließmitbekomme. lich in die Weltgeschichte Zur Recherche habe Kreuz zwischen 2016 und 2019 züge wie Mälze oder Zuckerfa- versehen mit Kommentaren der eingegangen seien. Zum Abschluß informierte die viele Zeitzeugen getroffen und brik und regionale Bezüge wie Roman-Protagonisten aus verAutorin kurz über ihren nächinterviewt, einige davon seien Anti-WAAhnsinns-Festival im schiedenen Perspektiven. dann zu Romanfiguren gewor- Jahr 1986 deutlich. In der zweiten von Angela sten, bereits fertigen Roman, der den – wie zum Beispiel der unAber auch manche politischen, Kreuz vorgelesenen Szene macht ebenfalls auf zwei Zeitebenen – garische Grenzbeamte, der sich gesellschaftlichen oder kultu- sich Kitty mit ihrem Zündapp- 1945/46 mit Flucht und Vertreidem Schießbefehl widersetzt ha- rellen Aspekte wie Pershing, die Moped auf nach Ungarn. Nach bung sowie in der Gegenwart – be, oder die Fluchthelferin. Musikzeitschrift „Spex“, Kasset- einigen Pannen und Hindernis- spielt und im böhmischen oder Die Roman-Hauptperson Kit- tenrekorderoder die Band „Bar- sen, verbunden auch mit dem deutsch-tschechischen Bereich ty ist in Regensburg angesiedelt. clay James Harvest“ spiegeln je- Kennenlernen mehrerer für die angesiedelt ist. Auch einige auDeshalb werden immer wieder ne Zeit wider. TV-Nachrichten weitere Handlung wichtiger Per- tobiografische Aspekte finden auch – wie im vorgetragenen er- und -Berichte deuten die Vor- sonen, kommt sie in Ödenburg sich darin. Angela Kreuz hat västen Textabschnitt – lokale Be- kommnisse im August 1989 an, an, wo die damaligen Grenzmo- terlicherseits Wurzeln in Böh-

men, und die Protagonistin des Romans spielt – wie auch sie – Cello. „Mein Vater wurde mit vier Jahren vertrieben, die Großeltern haben nie darüber gesprochen“, erklärte sie. In mühevoller Kleinarbeit habe sie die Hintergründe im Nachbarland recherchiert, so daß ein „Versöhnungsroman“ mit einer Liebesgeschichte entstanden sei. Dabei müßten sich die Hauptfiguren mit vielen Altlasten auseinandersetzen. Auch sie selbst, so Kreuz, fühle sich dank ihre Recherchen heute viel freier. Aktuell ist sie noch auf der Suche nach einem Verlag für den neuen Roman. Über zwei neue Mitglieder der Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg konnte sich am Ende der Veranstaltung Jean Ritzke Rutherford vom Vorstand freuen. Markus Bauer

Sammelstücke

Paneuropa-Picknick

Angela Kreuz: „Picknick an der Grenze“. Spielberg Verlag, Regensburg 2019; 182 Seiten, 10,90 Euro. Internet spielberg-verlag.de (ISBN 978-3-95452-736-6)


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VERBANDSNACHRICHTEN

Sudetendeutsche Zeitung Folge 44 | 1. 11. 2024

� SL-Landesgruppe Hessen

Friedrich drei mal geehrt In Hessen wurde das 25 JahreLandesbeauftragter für Heimatvertriebene und Spätaussiedler mehrfach gefeiert.

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Der Mährische Singkreis in der Brünner Sankt-Thomas-Kirche, im Hintergrund die Grablege des Markgrafen Jobst von Luxemburg.

Bild: František Vřeska

� Mährischer Singkreis Brünn

Ein leises Bergmannslied Anfang Oktober präsentierte der Mährische Singkreis Brünn beim jährlichen Den za Moravu, beim Mährischen Tag in Brünn, deutsche Volkslieder aus Mähren.

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anchmal kommt man vom Regen in die Traufe. Bei die-

ser alljährlichen tschechischen Veranstaltung allerdings kamen wir vom Regen ins Trockene, und zwar zum Grab des mährischen Markgrafen Jobst (1354–1411), eines Neffen von Karl IV., in der Brünner Sankt-Thomas-Kirche. Die Überreste des Markgrafen Jobst von Luxemburg sind in

dem Grabmal vor dem Hauptaltar beigesetzt, der das Werk des österreichischen Malers Franz Anton Maulbertsch ist. Diesmal haben wir wieder sieben deutsch-mährische Lieder zu Gehör gebracht, darunter zwei neue: „Wohlauf, ihr Wandersleut“ und das Wiegenlied

„Kindlein mein“. Weil aber zwei tragende Männerstimmen ausgefallen waren, klang das Bergmannslied „Kohle, schwarze Kohle“ relativ leise und erschöpft von der schweren Arbeit unter Tage. Wir senden herzliche Grüße aus Brünn! Barbara Edith Breindl

essen war mit Ministerpräsident Roland Koch das erste Land, daß diese Institution einführte. Mehrere Landesregierungen sind dem hessischen Beispiel gefolgt, zuletzt Berlin. Der sudetendeutsche Rudolf Friedrich, 30 Jahre Mitglied des Hessischen Landtags, dort lange Vorsitzender des Unterausschusses für Heimatvertriebene und Wiedergutmachung, Stellvertretender Obmann der SL-Landesgruppe und Ehrenvorsitzender derAckermann-Gemeinde, wurde 1999 zum ersten Landesbeauftragten berufen. Jetzt fand er mehrfache Anerkennung.

Im Landtag wurde er in Anwesenheit der Landtagspräsidentin Astrid Wallmann und des Innenministers Roland Poseck von der CDU-Fraktionsvorsitzenden Ines Claus für seine Pionierarbeit geehrt. Unter ihm habe die Kulturarbeit der Vertriebenen einen neuen Stellenwert bekommen. er habe Zeichen gesetzt. Beim Tag der Heimat im Biebricher Schloß würdigte ihn Ministerpräsident Boris Rhein: „Rudi Friedrich hat als erster Landesbeauftragter den Heimatvertriebenen und Spätaussiedlern eine neue Stimme gegeben.“ Im Innenministeriums sagte Staatssekretär Martin Rößler in einer Feierstunde: „Mit dem ersten Landesbeauftragten Rudolf Friedrich erhielten Vertriebene wieder öffentliche Anerkennung.“

� Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg

Mufflons und blaue Pfaue Mitte Oktober bot die Ackermann-Gemeinde (AG) im Bistum Regensburg ein intergeneratives Treffen im Wild- und Freizeitpark Höllohe bei Teublitz.

Sebastian Panten und Luise Olbert, Hauptorganisatoren und Stellvertretende Bundessprecher der Jungen Aktion der AG, freuten sich über das gute Feedback ebenso wie Karl-Ludwig Ritzke,

Altvorsitzender der AG im Bistum Regensburg. Panten und Olbert studieren derzeit in Regensburg, so daß die Idee entstand, hier generationsübergreifende Angebote zu machen. Bereits im

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om Säugling bis zum Rentner waren weit mehr als 20 Leute gekommen. Individuell oder in Kleingruppen konnten bei angenehmem Wetter zwei Stunden lang vor allem die dort lebenden teilweise exotischen Tiere besichtigt werden. Und natürlich war auch ausreichend Zeit für Gespräche und zum Kennenlernen. Sogar aus München und Landshut sowie aus nahen und weiter entfernten Orten und Städten kamen die Einzelpersonen, Paare, Familien und ein Hund, darunter war mancher zum ersten Mal bei einer AG-Veranstaltung.

Luise Olbert und Sebastian Panten mit einigen Kindern. Bild: Markus Bauer

Februar hatte eine Stadt-Rallye und Ende Juni eine Tour mit der Römer-Galeere stattgefunden – beide Veranstaltungen waren ebenfalls gut besucht. Und diesmal standen nicht alltäglich zu sehende Tiere im Mittelpunkt. Wann sieht man schon mal Mufflons (Wildschafe), eine afrikanische Zwergziege, einen Blauen Pfau oder einen Goldfasan oder Wildschweine im Schlamm wühlend. Aber auch die Unterwasserwelt konnte in Augenschein genommen werden – darunter Fische, die in unseren heimischen Gewässern nicht vorkommen. Die Eindrücke und viele weitere Themen wurden in einer Pizzeria in Burglengenfeld anschließend erörtert. Und sicher werden die intergenerativen Treffen auch 2025 fortgesetzt. Markus Bauer

Landesbeauftragter Andreas Hofmeister, seine Vorgängerin Margarete Ziegler-Raschdorf, Josef Friedrich und Martin Rößler.

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itte Oktober fand die Jahreshauptversammlung der oberfränkischen SL-Ortsgruppe Bayreuth statt mit Totengedenken, Berichten des Vorstandes, Abnahme der Jahresrechnung und Aufstellung des Haushaltsplans für 2025. Auf dem Bild Obmann Manfred Kees mit den Geehrten Rita Tischler für 40, Gerda Mühlbacher für 30 und Babette Kornus für zehn Jahre Treue. Außerdem geehrt wurden Yvonne Popp und Edda Weidl für zehn, Sabine Habla und Christa Mürling für 15 sowie Helmut Mürling für 20 Jahre Treue.

� SL-Ortsgruppe Schwabach/Mittelfranken

Ausflug zu den Römern Mitte September besuchte die Junge Generation der mittelfränkischen SL-Ortsgruppe Schwabach die Hinterlassenschaften der antiken Römer in Theilen­ hofen bei Gunzenhausen.

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m Limes-Infopunkt in Theilenhofen empfing uns unser Mitglied Roland Starigk mit seiner Frau Susanne. Als Limes-Cicerone informierte er uns über das Leben der römischen Truppen und der Zivilbevölkerung am Limes. Das Römerkastell Theilen­hofen war die Heimat einer ursprünglich aus Portugal stammenden Truppe, der dritten teilberittenen Kohorte aus Braga. Sie schützte das Kastell, das Umland und die Wachtürme

des zwei Kilometer entfernten Limes. Nach diesem kurzen Überblick fuhren wir zum nahen Römerbad. 1968 wurde es freigelegt, die Grundmauern restauriert und konserviert. In einem Raum wurde ein der Fortuna geweihter Altarstein gefunden. Es gab einen Umkleideraum, Kaltund Laubad sowie ein Warmbad und ein Sudatorium, ein Schwitzbad. Die meisten Räume besaßen eine Fußbodenheizung. 200 Meter weiter stand das Steinkastell. Es ist oberflächlich nicht mehr sichtbar. Die Ausmaße kann man aber erkennen, weil die Gemeinde in die Ecken des Kastells Bäume pflanzte. Roland zeigte uns auf Bildern einige Fundstücke, die im und au-

ßerhalb des Kastells, in der Vicus genannten Siedlung gefunden worden waren, wie ein Infanteriehelm, ein Paradehelm der Reiterei und Gemmen. Diese kleinen, fein bearbeiteten und eingefaßten Schmuckstücke aus Halbedelstein wurden als Ringe getragen. Der ausgegrabene Wachturm am zwei Kilometer entfernten Limes trägt die Nummer 14/17. Dort erläuterte Roland die Funktion des Limes und der Wachtürme sowie die Wichtigkeit der Signalübertragung von Turm zu Turm sowie zum Kastell. Als Ergebnis eines von Roland und Kollegen durchgeführten akustischen Experiments im Mai hörten wir zwei akustische Signale. Eines gespielt von einem Cornu,

einem gebogenen Horn, das andere von einer römischen Tuba, vergleichbar mit einer Fanfare. Die Tuba ist sehr laut, und beim Experiment im Mai konnte man ihre Schallsignale in zwei Kilometer Entfernung hören. Zum Schluß zeigte uns Roland ein Bild eines römischen Grabsteins. Das Original in in den Vatikanischen Museen in Rom. Ein treuer Freund hatte diesen Grabstein gespendet. Auf ihm steht der Name, daß dieser Reitersoldat von der dritten Kohorte aus Theilenhofen kam, in der kaiserlichen Garde diente und 30 Jahre alt wurde. Zur Abrundung des Vormittags zeigte uns Ernst Würl den Film „Schmidt Max auf den Spuren des Limes“.

Von links Johann Neudert, Peter Krebs, Bezirksobmann Edmund Schiefer, Kreisobmann Kurt Aue, Franz Schön und Petra Neudert sowie zweite von rechts Henriette Jüttner.

� SL-Ortsgruppe Donauwörth/Bayerisch-Schwaben

Zusammenschluß Ende Oktober traf sich die bayerisch-schwäbische SL-Ortsgruppe Donauwörth im dortigen Café Hummel.

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Die Schwabacher Junge Generation der SL auf den Spuren der alten Römer.

u Vorgesprächen über die Fortsetzung der Aktivitäten der Donauwörther SL-Ortsgruppe hatten Edmund Schiefer, der Obmann der SL-Bezirksgruppe Schwaben, und Kurt Aue, Obmann der SL-Kreisgruppe Augsburg-Land und Vorstandsmitglied der SL-Landesgruppe Bayern eingeladen. Peter Krebs, Vüarstäiha der Eghalanda Gmoi

z‘ Donauwörth, erklärte sich bereit, mit den Sudetendeutschen einen Zusammenschluß einzugehen, die sich aber nur auf den Veranstaltungssektor niederschlägt. Die SL-Ortsgruppe Donauwörth geht in die Kreisgruppe Donau-Ries über, so daß es nur noch eine Kreisgruppe gibt. Die Neuwahlen finden unter der Regie des Wahlvorstandes Edmund Schiefer am Donnerstag, 5. Dezember um 14.00 Uhr wieder im Café Hummel in Donauwörth statt. te


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Dux

Ladowitz

Klostergrab

Ossegg

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Bilin

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolz­hofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. H ­ eimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den See­gärten 35a, 63920 Großheubach, Tele­fon (0 93 71) 9 94 01, eMail ­klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schön­au – Paten­stadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard. spacek@gmx.de Redak­tionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Teplitz-Schönau

Graupen

Niklasberg

� Gedenken im Erzgebirge – Teil I

Der Tag der verschwundenen Dörfer In Voitsdorf, einem kleinen Ort hoch im Erzgebirge und nahe der Grenze zum sächsischen Fürsten­au, fand Anfang Oktober der Tag der verschwundenen Dörfer statt. Unsere Korrespondentin Jutta Benešová war dabei.

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ach einem erfolgreichen ersten Jahrgang, der in Seifen/Ryžovná bei Gottesgab im vergangenen Jahr stattfand, begeben wir uns heuer auf die Aussiger Seite des Erzgebirges an Stellen, wo einst die Gemeinden Voitsdorf, Müglitz und Ebersdorf standen. Wir freuen uns auf die Fortsetzung dieser neu entstandenen Tradition.“ Mit diesen Worten begrüßte Michal Krajhanzl von der Agentur Kuršnohoří/ Erzgebirge die Menschen, die sich gegen Mittag in dem dazu eigens aufgestellten großen Zelt versammelt hatten. Organisiert hatte das Treffen der Verein zur Erneuerung Voitsdorfs unter Mitarbeit der Graupener Chronistin Nikola Růžičková und des Kulturwissenschaftlers und Erzgebirgsfotografen Petr Mikšíček. Eine finanzielle Unterstützung war vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds gekommen. Das Wetter war sehr herbstlich. Wolken und ein frischer Wind zogen über diese waldlose Hochebene. Dennoch waren etwa 40 Leute von beiden Seiten des Erzgebirges gekommen, um an dem geplanten Programm teilzunehmen. Vor dem Zelt waren an mehreren Strohballen historische Fotos der Gemeinden Voitsdorf, Müglitz und Ebersdorf ausge- Ortsplan von Voitsdorf mit Namen der Bewohner Teil 1 … stellt, die auf Deutsch und auf pfad mit der Beschreibung der dorf, tschechisch Fojtovice, ja Tschechisch das Schicksal dieser drei verschwundenen Orte ehemaligen Besiedlung dieses noch gebe. Aber nach der Verbeschreiben. Geplant ist, entlang Teils des Erzgebirges zu errich- treibung der deutschen Bevölkerung 1945 verschwand auch die der Straße Richtung Mücken- ten. Vielleicht wird jemand ein- Kirche im Ort, von den einst 112 türmchen, Böhmisch Zinnwald und Adolfsgrün einen Lehr- wenden, daß es den Ort Voits- Häusern waren nur wenige be-

… und Teil 2. wohnbar und von den 642 Einwohnern 1930 nur noch 44 übrig geblieben. Die beiden nahegelegenen verlassenen Dörfer Müglitz und Ebersdorf an der Grenze wurden im Rahmen der Grenz-

sicherung abgerissen. Voitsdorf war 1950 nur eine Restansiedlung, die zu Obergraupen gehörte. Seit 1961 wird der Ort von Graupen verwaltet, und heute leben dort 120 ständige Bewohner.

Ein kleiner Imbiß-Stand neben dem Zelt und an der Straße ein Ausschank der Minibrauerei Fojtovice mit einem Bratwurst-Grill versorgten die Besucher. Eine deutsche und eine tschechische Kapelle im Zelt sorgten abwechselnd für musikalische Unterhaltung, denn wie immer bei solchen nachbarlichen Treffen kam es zu einem äußerst regen Gedankenaustausch. Gegen Mittag wurde zum Treffen vor dem Zelt aufgerufen, um gemeinsam die Straße Richtung Fürstenau bis zum Denkmal zu wandern, das an den Todesmarsch politischer Häftlinge 1945 erinnert. Davor war eine neue Bank aufgestellt worden, die an die verschwundenen Dörfer und den Gedenktag 2024 erinnert. Diese Bank hatte der Holzbildhauer Antonín Dorazín geschaffen und enthüllte sie nun. Von dieser Bank aus schaut man in eine weite Ebene, auf der einst Häuser standen und Menschen lebten. Alle versammelten sich um diese Bank und erfuhren von dem Architekten und Historiker Josef Zumr die Geschichte der verschwundenen Dörfer. Sehr hilfreich war dabei wieder Petra Polesná als überaus erfahrene Dolmetscherin. Was wissen wir heute über die verschwundenen Orte? Interessant ist an der Straße eine Schautafel, auf der die Chronistin aus Graupen, Nikola Růžičková, in mühevoller Arbeit die einstige Lage der Häuser in Voitsdorf mit den Namen ihrer ehemaligen, meist deutschen Bewohner aufgezeichnet hatte. Wir finden hier die Schule, die Kirche, die Hutfabrik Rosenkranz, verschiedene Gasthäuser. Und vor allem ist zu erkennen, wie groß dieser Ort früher einmal gewesen war.

Vor dem Festzelt stehen Strohballen mit Bildern und Texten über die verschwundenen Dörfer Voitsdorf, Müglitz und Ebersdorf. Links Antonín Dorazín und Josef Zumr auf der Gedenkbank. In der Mitte das Denkmal, das an den Todesmarsch 1945 erinnert. Rechts Nikola Růžičková, Petr Mikšiček und Michal Krajhanzl.


HEIMATBOTE

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Bischofteinitz

Ronsperg

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

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Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Possigkau

350 Kicker aus 15 Schulen kämpfen um Schulpokal des Česky les/Oberpfälzer Wald Mitte Oktober herrschte Champions-League-Stimmung auf dem Sportgelände der TJ Sokol Postřekov/Possigkau, wo rund 350 Nachwuchs-Kicker aus 15 Schulen von beiden Seiten der Grenze um den „Schulpokal des Český les/Oberpfälzer Wald“ wetteiferten.

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eider verliefen die Turniere unter widrigsten Witterungsbedingen, was jedoch der guten Stimmung keinen Abbruch tat. Bei dem Turnier ging es nicht in erster Linie um sportliche Höchstleistungen, am Ende des Tages zählten nur die Freude am

Spiel sowie die Einhaltung des Fair-Play-Gedankens und natürlich die grenzüberschreitende Freundschaft. Mit der könne nach den Vorstellungen des Organisationsteams, bestehend aus der TJ Sokol Postřekov und der Montessori-Schule Schönthal in der Oberpfalz, nicht früh genug begonnen werden. Der Austausch über die Grenzen hinweg müsse schon bei den Kindern und Jugendlichen beginnen. Bei dem außergewöhnlichen tschechisch-bayerischen Fußballturnier wetteiferten 13 Teams der 1. bis 3. Klassen der Grundschulen am Donnerstag, und ei-

nen Tag später waren 16 Teams der 4. bis 5. Klassen an der Reihe. Gekommen waren sechs Schulen aus Bayern, darunter die Montessori Schule Schönthal, die Grundschulen Schönthal, Rötz und Cham sowie das RSG Cham. Gleich zwei Teams hatte die Grundschule Furth im Wald gestellt, die mit ihrem Rektor Gerald Fide angereist waren. Die neun tschechischen Schulen kamen aus Possigkau/Postřekov, Klentsch/Klenčí pod Čerchovem, Pfraumberg/ Přimda, Ronsperg/Poběžovice, Mraken/Mrákov, Neugedein/ Kdyně, Weißensulz/Bělá nad

Der Fanclub der Grundschule Furth im Wald vor der bayerischen und der Possigkauer Flagge. Ende Oktober stattete Gerhard Sabathil als neuer Ortsbetreuer von Ronsperg Ronspergs Bürgermeister Martin Kopecký im Rathaus seinen Antrittsbesuch ab. Sabathil berichtet.

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Radbuzou, Chodu/Chodov und Metzling/Meclov. Bei dem sportlichen Wettkampf gab es letztlich nur Gewinner, denn jedes Team wurde für seine Anstrengungen belohnt. Alle Spieler erhielten eine Medaille, und jedes Team durfte einen Pokal mit nach Hause nehmen. Besonders stolz waren die Veranstalter darauf, daß der sportliche Tag nicht nur für sportliche Höchstleistungen stand, sondern auch für Freude, neue Freundschaften und die gegenseitige Verständigung zwischen den tschechischen und bayerischen Kindern. Der Chodensänger Václav Buršík into- Vladimír Foist brillierte als zweispraEnthusiasmus der Kinder niert die Nationalhymnen. chiger Moderator wurde von einigen regionalen Politikern und SchulleiZum feierlichen Beginn des daß sich dann noch mehr Teams tern begleitet. Ein besonderer Turniers wurden die National- beteiligen. Dank wurde den Bürgermei- hymnen der Tschechischen ReEin besonderer Dank ging stern Petr Anderle von Possig- publik und Deutschlands von an alle Kinder, Lehrer, Traikau und Stefan Spindler von dem bekannten Choden-Sänger ner und Eltern sowie an das OrRötz für ihre Unterstützung Václav Buršík gesungen, was für ganisationsteam des TJ Sokol ausgesprochen. einen unvergeßlichen Moment Postřekov und der MontessoriTrotz des unbeständi- sorgte. Die Hauptorganisatoren Schule Schönthal. Für den TJ Sogen Wetters – am Donners- des Turniers, der Fußballverein kol Postřekov waren dies Ondřej tag machte starker Wind den TJ Sokol Postřekov und die Mon- Cibulka und Petr Lang und für Spielern zu schaffen, während tessori-Schule Schönthal, hof- die Montessori-Schule Schönam Freitag heftiger Regen das fen, daß mit diesem Turnier ei- thal Vladimír Foist, der in zwei Spielfeld fast in ein Wasser- ne neue grenzüberschreitende Sprachen als glänzender Modebecken verwandelte – zeig- Tradition ins Leben gerufen wur- rator fungierte. Bleibt noch zu erten alle Teilnehmer nicht nur de. Alle Beteiligten, nämlich Kin- wähnen, daß das glänzend orgahervorragende sportliche Lei- der, Lehrer, Trainer und Eltern, nisierte Turnier maßgeblich vom stungen, sondern auch großen waren sich einig, daß dieses Tur- Programm Interreg VI-A BayMut. Jedes Team gab sein Be- nier im nächsten Jahr eine Wie- ern-Tschechien 2021-2027-Fonds stes und trotzte den widrigen derholung finden soll. Es wur- unterstützt worden ist. Bilder: Karl Reitmeier Bedingungen. de die Hoffnung ausgesprochen, Karl Reitmeier

Ronsperg

Ortsbetreuer Sabathil besucht Bürgermeister Kopetzký

reudig begrüßte Martin Kopecký mich als alten europäischen Freund, der schon jahrDas herausragende Ereig- und die Herstellung des Baus als zehntelang tief in Westböhmen nis dieses Jahres war natürlich europapolitisches Kulturdenkverwurzelt sei und auch die Grü- die Erhebung des Paneuropa- mal ersten Ranges, ähnlich der ße der Wiener Coudenhove-Kal- Schlosses zum nationalen Denk- Gedenkorte für Konrad Adenauergi Gesellschaft überbringe. mal der Tschechischen Republik, er, Charles de Gaulle oder Robert Schnell kam unser Schuman, allerdings Gespräch auf aknur in langen Jahtuelle Entwicklunren, gelingen. gen in Ronsperg/ Wir waren uns Poběžovice und im daher einig und werGrenzland, wo ich den – auch mit der im nahen PutzePaneuropa-Union ried/Pocinovice im – daran arbeiten, Chodenland meidaß der Europäische nen tschechischen Regionalfonds den Wohnsitz habe. ZuLöwenanteil der Firecht stolz übergab nanzierung für RonKopecký mir die sosperg übernimmt, eben erschienene Dr. Gerhard Sabathil und Martin Kopetzký säumen ein Plakat, und schon sehr bald tschechische Auto- das zum Besuch Ronspergs einlädt. ein aktualisiertes biografie des PanGesamtkonzept mit europäers Richard Coudenhove- wodurch nun jährlich verläßlich Finanzplan über das Prager WirtKalergi, die, von der Stadt initi- Gelder für die Erhaltung und schaftsministerium nach Brüssel iert, erst jetzt, mehr als 50 Jahre Wiederherstellung des Schlosses schicken. Dort haben Ronsperg nach dessen Tod, erschien und in nach Ronsperg fließen. Allein mit und Paneuropa viele Freunde, der seine Jugendzeit in Ronsperg diesem Geld aus Prag können die eine Entscheidung der Komeinen breiten Raum einnimmt. die vollständige Renovierung mission für den Start großer Bau-

maßnahmen in Ronsperg befördern können. Der Bürgermeister verwies mich auch auf die eben fertiggestellte, sehr schön renovierte Stadtbibliothek am Platz unterhalb der Kirche. Weiteres Gesprächsthema war, wie der tschechische „Report für die Bürger von Ronsperg“, den das Rathaus monatlich herausgibt, auch den Alt-Ronspergern, die heute hauptsächlich noch in Baden-Württemberg und Bayern leben, zugänglich gemacht werden könne. Bürgermeister Kopecký möchte seine Paneuropastadt mit der Vision Richard Coudenhove-Kalergis auch im Ausland bekannter machen, und ich habe ihm dafür meine tatkräftige Unterstützung zugesagt. Gelingen kann dies bereits anläßlich der bayrischen Landesgartenschau 2025, die ab Mai in Furth im Wald, der Patenstadt der Vertriebenen aus Stadt und Kreis Bischofteinitz/

Horšovský Týn, stattfinden wird und eine grenzüberschreitende, böhmisch-europäische Komponente haben soll, um auch Besucher aus dem Nachbarland anzuziehen. Im dortigen Schloß schlummert seit dem Krieg auch die Hälfte der Ronsperger Ge-

mälde des langjährigen Hofmalers des Grafen Johannes Coudenhove, meines halbjüdischen Großonkels Alfred Offner, der als letzter Bewohner 1946 im Schloß starb und auch die Ronsperger Kirche ausgemalt hatte. Seit Jahren ist daran gedacht, seine Werke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mein Besuch in Ronsperg endete mit einer Einkehr in der ehemaligen Apotheke meines Großvaters, die seit zehn Jahren als Weinstube und Schnellrestaurant am Unteren Ring in neuem Glanz erstrahlt.

Die ehemalige Apotheke ist heute eine Vinotéka.


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Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Das katholische Tachau

Vertriebener Glaube au, Haindorf und Mährisch-Trübau ein sudetendeutsches Kommissariat des Ordens. Im Prager Staatlichen Zentralarchiv fand ich Dokumente, die belegen, daß die sudetendeutschen Franziskaner schon früher dieses Kommissariat angestrebt hatten, um gegenüber der Tschechischen Franziskanerprovinz Prag eine gewisse Selbständigkeit zu haben. Deshalb hatte der Ordensgeneral in Rom als Visitator den damaligen albanischen Ordensprovinzial Pater Gjergj Fishta gein Schematismus vom Jahre 1940 gibt schickt, der von März bis Mai 1937 die uns genaue Angaben über Priester, Klöster besuchte, auch Tachau. Er sprach Pfarreien, Klöster, Kirchen und andere auch mit Präsident Edvard Beneš, den religiöse Einrichtungen im damaligen er schon seit 1919 von Paris her kannTachau. Zur Pfarrei, die auch ein Kreuz- te, wo er als albanischer Delegierter an herren-Erzdekanat war und zum Vika- den Friedenskonferenzen von Versailles riat Haid gehörte, waren außer Tachau und Saint Germain teilgenommen hatte. folgende Gemeinden eingepfarrt: Al- In einer „Promemoria“ sprach sich Pabersdorf, Bernetzreith, ter Fishta für ein sudetenBühleding, Frauenreith, deutsches Kommissariat Groß Gropitzreith, Heiaus, das von Rom errichligen, Gropitzreith, Lantet wurde, aber nach dem gendörflas, Mauthdorf, Krieg ein Ende nahm. Pirkau, Schönbrunn, StieAn weiblichen Orden benreith, Ulliersreith waren im Eleonorenhaus und Wittingreith. Die ( links), einem Waisenganze Pfarrei zählte dahaus, acht Schwestern des mals 10 545 Katholiken Ordens von der Heimund 362 Nichtkatholisuchung Mariens unken. ter der Leitung der ObeAußer der Erzdekanalrin Schwester M. Theodokirche Mariä Himmelra tätig. Weitere neun fahrt gab es die FranzisSchwestern arbeiteten im kanerkirche, die der hei- Generalvikar Karl Bock Krankenhaus, deren Obeligen Margarete und der rin Schwester M. Kaniheiligen Elisabeth gesia war. Das Mutterhaus weiht war, und die Frieddieser Schwestern war in hofskirche Sankt Wenzel. Chotieschau, wo in dem Neben diesen Kirchen 1782 aufgehobenen Klogab es eine Vielzahl von ster der PrämonstratenseKapellen in Tachau und rinnen die von Otto von in den Dörfern. Im KranBismarck ausgewiesekenhaus war die Heilignen Salesianerinnen von Kreuz-Kapelle, im Waider Heimsuchung Marisenhaus eine Herz-Jeens von Fürstin Helene su-Kapelle. Die Kapelle von Thurn und Taxis eiin Albersdorf hatte Sankt ne Zuflucht bekommen Anna zur Patronin, ebenhatten. Die bereits 1945 so die Kapelle in Bernetzausgewiesenen Schwereith. Das Patrozinium Erzdechant Rudolf Kohl OCr stern führten das Kloster in Bühleding war Chriin Oberbayern in Zangsti Himmelfahrt, in Groß berg und Niederfels weiGropitzreith das Heilige ter. Herz Jesu, ebenso in StieDie Egerer Kongregabenreith. In Heiligen war tion der barmherzigen es Maria Hilfe der ChriSchwestern vom heiligen sten, in Ulliersreith JoKreuz war mit den ersten hannes und Paulus und in Schwestern 1860 aus InWittingreith die Auffingenbohl in der Schweiz dung des Kreuzes. nach Oberleutensdorf gePfarrer und Erzdechant kommen und nach schwewar Rudolf Kohl, der auch ren Anfängen zwischen den Titel eines erzbischöfbeiden Weltkriegen die lichen Vikariatssekregrößte weibliche Ordenstärs und Konsistorialragemeinschaft im Sudetentes trug und der im Orden Visitator Gjergj Fishta OFM land geworden. Sie hatte der Kreuzherren Generalaußer in Eger und Tachau konsultor war. Erster Kaplan war sein im Egerland noch Niederlassungen in Ordensmitbruder Karl Weiß, zweiter Elbogen, Falkenau, Graslitz, Karlsbad, Kaplan der Zisterzienser Othmar Kienzl Kuttenplan, Marienbad, Mies, Neuaus Hohenfurth. stadtl, Palitz, Plan, Rodisfort, Welchau Aber nicht nur von der Zahl der Kir- und Wildstein mit rund 300 Schweschen und Kapellen war Tachau katho- tern. lisch geprägt, sondern auch von seinen Vergleicht man diese Zahl der GottesKlöstern. Es war nicht nur eine Pfarrei häuser und der Priester und Schwestern der Kreuzherren mit dem Roten Stern, mit dem ersten Prager Schematismus sondern hatte auch ein Franziskanerklo- der Nachkriegszeit und sieht man, was ster, in dem 1940 Pater Valerian Koch auch ein Vierteljahrhundert nach dem Präses war. Er war 1887 im niederbay- Ende des Kommunismus von blühenden erischen Haimelkofen zur Welt gekom- katholischen Einrichtungen verschwand men, hatte 1912 die ewige Profeß abge- oder nur in Ruinen steht, so muß man legt und 1913 die Priesterweihe emp- ehrlich feststellen, daß die Vertreibung fangen. Der zweite Pater im Kloster war der Sudetendeutschen der Kirche mehr der 1912 im unterfränkischen Ober- geschadet hat als der Kommunismus schwappach geborene und 1936 zum nach 1948. Zwar hat der 1946 ernannte Priester geweihte Bonifaz Vogt. Außer- Erzbischof Josef Beran die Vertreibung dem war noch ein Laienbruder im Klos- eine „imperative Notwendigkeit“ geter. nannt; daß sie aber ein NachkriegsverTachau war eines der sechs Franzis- brechen war, wird bis heute mit der Aufkanerklöster im Sudetenland und bilde- rechterhaltung der Beneš-Dekrete gete mit den Klöstern Eger, Kaaden, Arn- leugnet. Rudolf Grulich

Als 1938 durch das Münchener Abkommen das Sudetenland an das Deutsche Reich angeschlossen wurde, war das katholische Tachau mit dem ganzen Egerland von seiner Bischofsstadt getrennt, denn Prag war nun Ausland. Daher wurde in Schlackenwerth ein deutsches Generalvikariat für den deutschen Anteil der Erzdiözese eingerichtet, das Prälat Karl Bock leitete.

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Das Eleonorenhaus feiert 1931 40jähriges Jubiläum

Tachau

Das Eleonorenhaus Das Eleonorenhaus war eine Stiftung der Prinzessin Mathilde Carl zu Windisch-Grätz zum Gedenken an ihre im kindlichen Alter verstorbene Tochter Prinzessin Eleonore zu Windisch-Grätz. Zweck dieser Stiftung war, eine Stätte der Barmherzigkeit und werktätigen Liebe für den Nächsten zu schaffen.

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ur Ausübung dieser guten Werke wurden Barmherzige Schwestern aus dem Orden des heiligen Karl Borromäus berufen. Anfänglich befand sich das Eleonorenhaus in der Korallengasse 94, dem Haus des Fotografen Ignaz Fleißner. Die Eröffnung erfolgte am 5. Oktober 1875. Die Zahl der untergebrachten und betreuten Kinder betrug bereits im ersten Jahr der Gründung mehr als 50. In der Handarbeitsschule erhielten an die 30 Mädchen fachgemäße Anleitung im Nähen, Sticken, Stricken und so weiter. Nach 16jährigem Bestehen zeigte sich, daß die Räumlichkeiten im Hause Nummer 94 in der Korallengasse für die inzwischen bedeutend angewachsene Kinderzahl nicht mehr genügten. Um diesem Übelstand abzuhelfen, ließ die Familie Windisch-Grätz im Jahre 1891 im damaligen sogenannten Herrengarten an der Mauthdorfer Straße ein eigenes Eleonorenhaus errichten. Die feierliche Einweihung erfolgte noch im Oktober des selben Jahres. Das neue Haus war ein anmutiger Bau, umgeben von Bäumen, Sträuchern und einem Gemüsegarten. Ein großer Platz vor dem Haus mit einer offenen Halle diente als Spielplatz für die Kleinen des Kindergartens. Das Haus selbst war geräumig und bot Platz für den Kindergarten, die Handarbeitsschule, Schwesternwohnungen, Wirtschaftsräume und so weiter. Im ersten Stock befand sich auch eine schöne Hauskapelle. An der Westseite des Gebäudes war die Wohnung des Hausmeisters. Um die Jahrhundertwende leitete Schwester Fabiana als Oberin das Eleonorenhaus und auch die Handarbeitsschule. Schwester Paula versah den Krankendienst, die Nachtwachen und die Pflege der Bienen. Schwester Adolfine war als Gärtnerin und Krankenschwester tätig. Im Ersten Weltkrieg pflegte sie die Verwundeten im Hilfslazarett Herrenhaus von 1915 bis zur Auflösung desselben im Dezember 1918. Schwester Vitalis betreute die im Jahre 1900 von Gabrielle zu Windisch-Grätz

als eigene Abteilung des Eleonorenhauses errichtete Vinzenz-Knaben-Patronage, benannt nach dem Prinzen zu Windisch-Grätz. Später wurde diese von Schwester Cäcilia übernommen und nach dem Ableben der Fürstin Gabrielle zu WindischGrätz am 1. Juni 1933 nach und nach aufgelöst. Schwester Ermina arbeitete im Kindergarten, und eine Schwester war in der Küche. Später kamen noch Schwester Veronika für die Kranken, Schwester Ernestine für den Kindergarten und Schwester Ubaldeska hinzu. Es wurden öfters Schwestern ausgewechselt. Die von Gabrielle zu Windisch-Grätz für die Armen- und Krankenpflege zu Anfang des Klosters berufene Schwester Josephine lebte in den zwanziger Jahren, schon hochbetagt, in Teplitz-Schönau im dortigen Kloster, wo ich sie kennenlernte. Gerne erzählte sie von der Zeit in Tachau und der Mildtätigkeit der Familie Windisch-Grätz. Nach dem Tode der Oberin Fabiana im Jahre 1933 trat Schwester Cäcilia dieses Amt an und versah es bis 1939. Wegen Erkrankung mußte sie nach Georgswalde und starb dort. Da in Haid das Frauenkloster aufgelassen wurde, kam Schwester Theodora von dort als Oberin nach Tachau. In der Zeit des Dritten Reiches wurde sie eingesperrt und starb an den Folgen einer Operation. An ihre Stelle trat Schwester Clavera Scharnagl. Sie war die letzte deutsche Oberin im Tachauer Eleonorenhaus. Es dürfte um das Jahr 1946 gewesen sein, als die Schwestern nach Österreich, meist nach Wien und Linz, gekommen sind. Einige deutsche Schwestern sollen schon früher nach Österreich ausgewiesen und durch tschechische Schwestern ersetzt worden sein. Die tschechische Oberin Pogmisia Novákova verließ als letzte Oberin mit sämtlichen Schwestern im Jahre 1950 das Eleonorenhaus. Sie wurden an die schlesische Grenze gebracht. Während des Ersten Weltkriegs wurden im Eleonorenhaus 20 Waisenkinder aufgenommen und verpflegt. Die Handarbeitsschule war immer gut besucht. Gelehrt wurden alle Zweige weiblicher Handarbeiten; auch über Haushalt, Kochen, Betragen und so weiter sprach die Frau Oberin. Des öfteren las sie auch heitere und besinnliche Geschichten vor, und während der Arbeit wurde auch ab und zu fröhlich gesungen oder gebetet. In der Fastenzeit hielt Pater Guardi-

an Norbert religiöse Vorträge als Vorbereitung auf das Osterfest. Kirchenchormeister Josef Kugler übte mit den Mädchen Marienlieder für die Mai-Andachten in der Franziskanerkirche. Sehr beliebt waren die Theateraufführungen im Eleonorenhaus. Ganz besonders herzig waren die Kleinen aus dem Kindergarten. Es gingen ernste, religiöse und auch lustige Stücke über die Bühne. Der Bühnenvorhang von Malermeister Anton Janka aus der Vorstadt zeigte das Eleonorenhaus im Hintergrund, davor die Leinwandbleiche mit den kleinen Häusern und der alten Linde. Er wurde immer sehr bewundert. In den Pausen unterhielten Kuglers Geigenschüler das Publikum mit flotten Weisen. Als die Räume des Eleonorenhauses sich für Theateraufführungen als zu klein erwiesen, stellte der Deutsche Turnverein freundlicherweise die Turnhalle mit Saal und Bühne zur Verfügung. Sehr bemerkenswert waren auch die Weihnachtsbescherungen für die Kleinen, die Vinzenz-Knaben-Patronage und die Stadtarmen. Jede Gruppe hatte ihre separate Feier; immer mit Christbaum und reichlichen Geschenken. Die Kleinen durften den Baum plündern und erhielten Naschwerk, Spielsachen und Bekleidung; desgleichen auch die Buben aus der Patronage. Die Bescherung der Stadtarmen dauerte meist den ganzen Tag. Ihre Geschenke bestanden aus Lebensmitteln und Bekleidung. An diesen Feiern nahmen auch die Fürstin Gabrielle zu Windisch-Grätz und die Prinzessinnen teil. Selbstverständlich kam zu den Kleinen auch der von Engeln begleitete Sankt Nikolaus mit einem Sack voller guter Gaben. Wenn vom Eleonorenhaus die Rede ist, darf auch Kathi Schwantner, als Klosterkatherl in der Stadt und darüber hinaus bekannt, nicht vergessen werden. Als Fünfzehnjährige kam sie in die Handarbeitsschule, um im Nähen und den übrigen Handarbeiten ausgebildet zu werden. 47 Jahre lebte, wohnte und arbeitete sie im Kloster. Als Oberin Fabiana starb, leitete sie einige Jahre die Handarbeitsschule allein. Gedacht sei auch der Frauen Gretl Wirl/Zeidler und Resi Wohlrab/Dollhopf, welche auch in der Handarbeitsschule viel tätig waren. Zu nennen wären auch noch die Hausmeisterfamilien Säckl, Sandner, Irer und die letzte Wirtschafterin Anna Routschka. Marie Richter/Dvořák


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Betreuerin Heimatkreis Leitmeritz: Yvi Burian, Eugen-Kaiser-Str. 21, 63526 Erlensee, Tel. 06183 8995283, eMail: sudetenburi@gmail.com. Betreuer Wedlitz, Drahobus, Straschnitz, Laden, Julienau, Brzehor: Sven Pillat, OT Chursdorf 44, 07580 Seelingstädt, eMail: svenpillat@gmx.de. Redaktion: Heike Thiele, Eulengasse 16, 50189 Elsdorf, Tel. 02271 805630, eMail: thiele.heike@gmx.de. Redaktionsschluß: 15. Vormonat.

 Geschichte

Etwas Vor- und Frühgeschichte

Leitmeritz um 19 Uhr abends, Sicht auf den Stephansdom zu Leitmeritz, Stimmungslicht im Mittelgebirge, Ringstraße in Leitmeritz.

Fotos: Rainer Bach

 Wie es früher war

„Aus Böhmen kommt die Musik...“ Margarete Ulber berichtet von den musikalischen Wurzeln ihrer Famillie aus Zierde.

A

m Fuße des Geltschberges liegt im Kreis Leitmeritz in östlicher Richtung das Dorf Zierde. Dorthin hatte 1915 meine bildhübsche Großtante Franziska, geb. Storm aus Simmer Nr. 2, geheiratet. Das Eheglück von Franz und Franziska Brünnich mit den bemerkenswerten, wortverwandten Vornamen war jedoch von kurzer Dauer, denn die Großtante verlor bereits in jungen Jahren ihren Mann. Geblieben war ihr das einzige Kind Emil.

zu Kirch- und Dorffesten. Selbst an Bitt-Tagen, wenn der Pfarrer mit den Dorfbewohnern auf den Feldfluren für einen reichen Erntesegen betete, war eine kleine Blaskapelle dabei. Meine Mutter, seine Cousine Julie, erzählte noch im hohen Alter von Emils Begeisterung fürs Musizieren und zitierte oftmals seine Aussage: „Am liebsten würde ich jeden Tag meine Trompete nehmen und spielen“. Sich diesen Wunsch zu erfüllen, war ihm nicht vergönnt, denn Emils tagtägliche Arbeit mußte der Existenzsicherung des elterlichen landwirtschaftlichen

acht Kilometer entfernten Bauernhof in Laden zurück, auch war

Richter, der mit dem Geigenspiel begeistern konnte. Während die

schließlich das Vieh zu versorgen. Alle anderen Familienangehörigen gingen zur Beerdigung. Einem nahen Verwandten die letzte Ehre zu erweisen, war in meiner alten Heimat eine eherne Tradition. Mich nahm Großtante Marie erst in späteren Jahren mit auf den Auschaer Friedhof, wenn sie zu Allerheiligen in ihrem Buckelkorb die einzigartigen, selbstgebundenen Kränze trug, um damit Urgroßmutters Grab und das von Muhm Nanne Fürtig zu schmükken.

Litzschnitzer Franz und Rudolf aus dem zweiten Weltkrieg nicht zurückkamen, hatte Franz, der Hobbygeiger, die russische Gefangenschaft überstanden. Seine gesundheitliche Verfassung war jedoch so, daß sich zunächst niemand vorstellen konnte, daß er jemals wieder Geige spielen könnte.

Links: Franziska Brünnich geb. Storm, rechts mit Sohn Emil und Johanna Storm. Das zweite erhalten gebliebene Foto zeigt sie als Witwe mit Emil und ihrer jüngsten Schwester Johanna Storm, die von uns Kindern „Tante Hanni“ genannt wurde. Sie war unverheiratet und verdiente ihr Geld als Hausschneiderin. Zusätzlich half sie im Verwandtenkreis immer dort, wo dringend Hilfe gebraucht wurde. Für Großtante Franziska soll zeitweilig die Hilfe und Unterstützung von Tante Hanni ein rechter Segen gewesen sein, denn die viele Arbeit in Haus, Hof und auf den Feldern, die nach dem Tod ihres Mannes auf ihren Schultern lastete, wog schwer. Hinzu kam die Fürsorge für ihren Sohn Emil. Er mußte ohne Vater erwachsen werden, erwarb aber all die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die notwendig waren, um den bäuerlichen Besitz in Zierde zu bewirtschaften.Sein Feierabendhobby war die Musik und seine Leidenschaft gehörte seiner Trompete. Mit anderen Hobbymusikanten spielte er in der Region rund um den Geltsch

Anwesens gelten. Er war jedoch nicht der einzige Nachfahre der Storms aus Simmer Nr. 2, der neben seinen beruflichen Aufgaben hobbymäßig ein Instrument spielte. Im Haus Simmer Nr. 2 liegen die Wurzeln aller meiner musikbegabten Verwandten und natürlich auch die meinen, die von diesem Erbe leider nicht profitieren konnte. Von unserer gemeinsamen Urgroßmutter Theresia Storm, geb. Fürtig, geboren am 07.04.1852, verstorben am 28.09.1938, existiert noch die Danksagung, die ihr Sohn, mein Großonkel Josef Storm, nach ihrer Beerdigung in Auftrag gab. Sie ist für mich ein erinnerungswürdiges Zeitdokument (s. oben). Als Urgroßmutter auf dem Friedhof in Auscha beerdigt wurde, war ich vier Jahre alt und meine Füße hätten den weiten Weg hin und zurück nicht bewältigt. Sie waren in meiner Kindheit jedoch das einzige Mittel der Fortbewegung, um nach Auscha, heute Úštěk, zu kommen. So blieb Vater mit mir auf dem

Die ersten Siedler der alten Heimat haben eine Landschaft vorgefunden, die in den Tallagen mit Laubwald bewachsen gewesen ist. Nur auf dem Sandboden um Dauba hat es Nadelwälder gegeben.

J

ene Siedler bauten vermutlich südlich von Lobositz und nördlich von Leitmeritz auf den Lehmlößflächen ihre Behausungen. Bei Libochowan, Auscha, Groß-Tschernosek und beim Horschigel schienen auch bevorzugte Stellen gewesen zu sein. Nach den Funden waren dort Band-, Schnurkeramiker und Glockenbecherleute ansässig.

beantworten. Wir wissen aber, daß bereits Höhenburgen errichtet wurden. „Rath“ heißen in keltischer Sprache die Steinmauern, welche in Böhmen dann mit Hasel- oder anderen Sträuchern bewachsen waren und die man „Raasen“ nannte. So ist das tschechische Wort „Hrad“ davon abgeleitet, wie auch viele andere Worte aus dem Germanischen stammen: Elbe kommt so von Labe, Reif von Rip, Moldau von Moldava, von Karl kommt Kral. Es ist bewiesen, daß sich Ringwälle am Radelstein, am Hradek nordwestlich von Groß Tschernosek, befanden. Auf dem

Rekonstruktion einer jungsteinzeitlichen Sichel aus Holz mit eingeklebten Feuersteinklingen. Foto: Ökologix, Wikimedia Commons Längs der Wege über das Gebirge wurden ebenfalls Funde gemacht, und zwar die der Knowitzer und Lausitzer Kultur, die der Hallsatattzeit zuzuordnen sind. Steinzeitfunde auf dem Donnersberg beweisen, daß auch die Berge schon als für die Sicherheit wichtige Wachtposten erachtet wurden. Erst zur Hügelgräberzeit wurde der gesamte böhmische Raum außer den Elbe-, Eger- und Bielabecken und den Tälern langsam besiedelt. In der Latenezeit entwickelten sich an wichtigen Orten Zentren, die auf Verteidigung hindeuten. Ob die zur Zeit im Lande siedelnden Menschen den Illyrern oder keltischen Bojern zuzuordnen waren, können auch Fachleute nicht genau

Radischken ist ein Abschnittswall erkennbar. Der Leitmeritzer Domhügel war zur Keltenzeit der Burghügel, denn man fand dort Sicheln, Dolche und andere Gegenstände aus der Latenezeit. Speziell über germanische und ältere Funde berichtete Emanuel Gattermann aus Schüttenitz in seiner „Dorfchronik“, die allerdings anno 1935 endet. Die von Natur aus günstige Lage am Südhang des Langen Berges lud schon sehr früh Menschen ein, sich dort niederzulassen und Schüttenitz zu gründen. Sie hinterließen genügend Spuren in Form von Gerätschaften, Töpfereierzeugnissen und vor allem die Gräber ihrer Verstorbenen. Fortsetzung folgt. Georg Pohlai

 Aus der alten Heimat Engel auf dem Auschauer Friedhof.

Emil, der Trompeter.

Erwachsen geworden, staunte ich bei einem Besuch in der alten Heimat über den monumentalen Engel auf der Friedhofsmauer und fotografierte ihn. Er ist ein Andenken an all die Storms und Fürtigs aus Simmer, die auf dem Auschaer Friedhof Ihre letzte Ruhe fanden. Sie sind nicht nur meine, sondern auch die Vorfahren meiner musikbegabten Verwandten. Meine Erinnerung sagt mir, daß zu meinen liebenswerten Verwandten, die ein Instrument spielten, neben Emil auch seine Cousins Franz und Rudolf Rößler aus Litzschnitz gehörten. Beide spielten Horn. In Krzeschitz war es sein Cousin Franz

Umso erstaunlicher war es, daß er erneut eine Geige zum Klingen brachte und Zuhörer begeistern konnte. War es die Magie der Musik, die dabei ihre Hand im Spiel hatte? Warum gibt das Erbgut dem einen und dem anderen nicht? Fragen über Fragen, aber halten wir uns an das, was uns bekannt ist. Dazu gehört, daß Emil alle physiologischen Voraussetzungen mit auf die Welt brachte, die ihn zu einem begnadeten Trompeter werden ließen. Er war auch ansonsten nicht zu übersehen und fand schließlich im nahegelegenen Dorf Eicht „die Frau fürs Leben“. Fortsetzung folgt. Margarete Ulber

Impression von Trebnitz

Fotos: privat

Trebnitz von Nordosten aus, links: Kirche der Jungfrau Maria Geburt, rechts die ehemalige Lutheranische Kirche, nun Böhmisches Granatmuseum. Foto: Miloš Hlávka, Wikimedia Commons

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as „Museum der böhmischen Granate“ in der Loucká-Straße (Muzeum Českého Granátu) enthält u. a. den Granatschmuck

von Ulrike von Levetzow, der letzten Geliebten Goethes, und eine Ausstellung über die Burgen im Böhmischen Mittelgebirge. HT


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 44 | 1.11. 2024

� Wie es früher war

� Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag

Einige Erinnerungen Alle, die in den Dreißigern geboren sind und früher, werden sich noch gut erinnern können.

selbst Wein anbaute und herstellte, spendierte den Erwachsenen ein Gläschen.

langen Unterhosen ertragen. Zur Winterszeit trugen wir lange Hosen, die unten mit einem

Frontalunterricht. Zum Melden durfte nur die rechte Hand gehoben werden. Beim kleinsten

W

enn man in die Stadt wollte oder in ein Nachbardorf, ging man zu Fuß. Autos gab es kaum, der Autobus fuhr von Triebsch über Schüttenitz nach Leitmeritz, und das nicht sehr oft. Für uns Kinder hieß das zu Fuß, im Sommer barfuß, oder mit Holzsandalen, mit fester Sohle, oder aber mit einer solchen, wo der Zehenteil beweglich war – man sich aber oftmals die Füße einklemmen konnte. Die Jungen hatten meist Gloothosen und ein kurzärmliges Hemd an. Für die Schule und sonntags hatte man kurze Hosen, die Älteren die schwarzen Cordhosen. Wir spielten Räuber und Gendarm, Verstecken oder Haschen, im Turnunterricht Völkerball. Unsere Spielsachen bekamen wir meist zu Weihnachten, aber auch Kleidung und Süßigkeiten waren gefragt. Wir mußten uns mit wenig Spielsachen begnügen, oft waren sie selbst gefertigt. So weiß ich, daß unser Schmied Dreiräder und auch Schlitten gebaut hat. Sonntags im Sommer stand manchmal ein Gang in die Stadt auf dem Programm. Wir Kinder freuten uns auf rote oder grüne Limonade. Besuchte man Verwandte im Nachbarort, wurde dort meist Kaffee und Kuchen aufgetischt, oder der Onkel, der

Die erste heilige Kommunion in Konoged, 1937.

Foto: Archiv HKVL

Foto links: Kinder vor der Haustür der Familie Trupp in Kalwitz, 1942/43. V. l. n. r.: Josef Jebautzke, Otto Schlussny, Franz Linke, Herta Trupp, Maria Lauterbach, Elli Linke, Ilse Klimt, Franz Lauterbach, Maria Bonert, Kurt Bonert und Lydia Werner. Foto: Archiv HKVL Es gab auch Orangen, Bananen, Datteln und Feigen, ich kann mich jedenfalls daran erinnern. Samstags wurde gebadet. Im großen Kessel in der Waschküche wurde Wasser heiß gemacht und die ganze Familie nahm ein Vollbad. Im Sommer wurde der Kessel öfter angeheizt. In der kälteren Jahreszeit hatten die Kinder lange Strümpfe aus Wolle an. Ich kann mich erinnern, daß diese furchtbar kratzten – Mutter sagte, in der Wolle wären Brennnesseln. Ich konnte die Strümpfe nur mit

� Mundart

Gummizug waren, warme Jacken, Wollmützen und Handschuhe. Unter den Handschuhen hatten wir Stuzeln (Pulswärmer) an. Frauen gingen sonntags mit Pelzmänteln und einem Fuchskragen, Männer trugen meist halblange Mäntel und Lederstiefel. Meine Einschulung war 1942, es gab eine große Zuckertüte, aber Dreiviertel davon war mit Papier ausgestopft. Im Unterricht herrschte absolute Stille, die Hände mußten hinter dem Rücken bleiben. Es gab auch nur

Vergehen, bei Fehlern im Diktat oder unerlaubtem Reden mit dem Nachbarn, gab es verschiedene Strafen: Kopfnüsse, Ziehen am Ohr oder den Haaren, Schläge mit dem Stock in die Handfläche oder auf die Finger. Man mußte auch in der Ecke stehen, auf der Stufe vor der Tafel knien, vor der Tür stehen und Nachsitzen. Meine Erinnerungen sind wahllos aufgeführt. Falls es gewünscht ist, können Fortsetzungen folgen – bis hin zu unserer Vertreibung. Georg Pohlai

� Mundart

Es efft Enne wohre Geschichte.

W

enns ain Hause mou geroschlt hout, oda ma heerte enn Rumms, oda s hout ewoos gesummt, und ma wusste nie woss doss woor, dann hout die Mamme gesoht: „Es efft.“ Und suu woos hobb iech aa dalabt. Mier sain olle Johre mit unsan Autokollegn vunn Vaain imma poor Tooge doumols ai die naien „Bundeslenda“ gefohrn. Maistns woor ma ai Thieringn. Nu jo, m ier woorn bai unsan Hotel ookumm und sain ai unse Schloufzimma gangn. Iech hobb man Kuffa ai die Ecke geschtallt und wullde wieda zu daan andan giehn. Obba uff ejmou heert iech woss brumm. Zu dar Zait hottma naie Barne fa die Lompn, die mejchmou gebrummt hottn. Iech glai zu daan Hotelier und hobbsn gesooht. Zuerscht houta

mier dann hullt Zimar

nie gleebn wulln, obba hout ar enne Letta geund iss mit mier ais ma gangn. Jetz hout aa doss Brumm geheert und iss glai zu dar Decknlompe naufgemocht, hout datte obba nischt gesahn und geheert, aa nie wie ar die Barne rausgeschraubt hout. Unds hout waita gebrummt. Jetz issa ain Zimma rimgangn und hout gelauat. Uff ejmou blaibt ar schtiehn und soot: „Das Brummen kommt aus dem Koffer!“ Iech hobb miech geschaamt, dar Rasiera hout siech salba bain Kuffa Hieschtelln aigeschalt. Die Kollegn honn miech schpejta ausgelocht. (Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.) Georg Pohlai, Foto: Roman Eisele, Wikimedia Commons

Ock Kolk Auf Hochdeutsch: Nur Kalk.

W

ie se die Festung ai Theresienschtodt fattich hottn, dou iss da Kaisa Josef, dar woss se houts baun lussn, a harkumm und hout sich olls ogesahn, ebbs grode suu iss, wie ar siech doss vurgeschtellt hout. Nu jo: Faialich Emfang und su, n Haufn Generele drimm rimm, und dann honnsn halt rimgefiert durch die ganze Festung, kraiz und quer, und rimm und nimm. Daan Kaisa woor ju olls su racht, obba wie ar dann gefroht hout, woss die Geschichte gekust hout, dou hodda enn „Fiff“ gemocht. Die Generele honn sich ogeguckt, obba dar Kaisa hout nischt gesoht und hout siech wetta olls arkleern lussn. Wiese dann ai die klenne Festung niebamochn, und s watt halut su hie und hageredt,

blaibt da Kaisa uff ejmou auf dar Egabricke schtiehn, zigt daan Sabel und schlejt sich vu dar Maua ee Schtickl Kolk luus. Har guckt siech dann Kolk vu olln Saitn oo, bricht n durch, guckt wieda und schittlt midn Kuppe und probiat nouchemou. Endlich hotte ee Inscheneer (Ingenieur) dar die Festung mitte gebaut hotte, n Kaisa gefroht, warum har ieba doss klenne Schtickl gewehnlichn Kolk suu lange schpekuliert. Dou hoddan halt gesoht: „Maina Seele, doss iss ju warklich ee ganz gewehnlicha Kolk, wie bai andan Mauan aa. Ich hobb halt feste geducht, ia hott die Festung aus Gulde gebaut, wail suu vill Geld draufgangn iss.“ Josef Kern, aus „Laibmaritza Laggaz“, von Georg Pohlai nach Dorfmundart aus den 1940ern mit kleinen Änderungen.

100 Jahre 07.11.1924, Felizitas Greupner, früher Lobositz 95 Jahre 24.11.1929, Emma Fink, geb. Vatter, früher Krscheschow 90 Jahre 29.11.1934, Marianne Suhrbier, geb. Wogurka, fr. Libochowan 23.11.1934, Edith Kessler, geborene Profeld, früher Aujezd 16.11.1934, Christa Rupp, geb. Krebs, früher Reichenberg 85 Jahre 26.11.1939, Wolfgang Tischer, früher Leitmeritz 07.11.1939, Karl Brünnich, früher Zierde 80 Jahre 26.11.1944, Christine Weber, geb. Fucke, früher Tschersing 24.11.1944, Astrid Schneider, früher Bleiswedel 15.11.1944, Waltraud Jirschik, geborene Langer, früher Brotzen 70 Jahre 13.11.1954, Franz Stolz, früher Kuttendorf 65 Jahre 13.11.1959, Dirk Rittiger, früher Woborschitz Alt-Thein 28.11.1940, Dr. Volker Grassert Auscha 30.11.1936, Hans Stelzig Bleiswedel 14.11.1925, Edeltrud Rossner, geborene Pablich Drahobus 23.11.1940, Ursula Peschel, geborene Eisert Dubkowitz 08.11.1928, Prof. Dr. Eduard Hlawitschka Düsseldorf 28.11.1957, Jörg Neumann Graber 08.11.1932, Ernst Werner Jentschitz 25.11.1932, Linda Schardt, geborene Huja Kninitz 06.11.1931, Gertrud Schultheis, geborene Tröster Kottomirsch 10.11.1937, Walter Grimmer Leitmeritz 08.11.1925, Walburga Weigandt, geborene Andreska

01.11.1926, Eleonora Glück, geborene Zappe 08.11.1927, Norbert Prokop 26.11.1927, Ingeborg Poehlmann, geborene Dominka 11.11.1935, Ingrid Akman, geborene Loh 25.11.1936, Annelies Richter, geborene Kögler 27.11.1942, Elvira Zepuntke, geborene Skebra 09.11.1941, Hans-Günter Kastner 10.11.1941, Sieglinde Schmauß, geborene Schicktanz 26.11.1940, Werner Ulbrich 18.11.1941, Fritz Schreiber 13.11.1948, Wilfried Nitsch Liebeschitz 27.11.1931, Helmut Maßel Lippai 27.11.1928, Franz Hunka Littnitz 12.11.1928, Herbert Ressel 03.11.1942, Irene Lempa, geborene Fritsch Naschowitz 25.11.1931, Henriette Krüger, geborene Philipp Neuland 11.11.1938, Gertraud Puls, geborene Nohl Ober-Rzepsch 30.11.1937, Gerlinde Sick, geborene Behr Pistian 30.11.1933, Lydia Feick, geborene Minks Podiwin 07.11.1932, Walter Eibich 10.11.1935, Erich Nowak Praskowitz 07.11.1938, Harald-Franz Prokesch 20.11.1936, Isolde Gechert, geborene Hille 11.11.1933, Elisabeth Knoop, geborene Bittner 18.11.1927, Emil Petters 28.11.1936, Helene Effenberger, geborene Brünnich 23.11.1936, Anneliese Lehrieder, geborene Müller 17.11.1968, Ralph Kühnel Weißkirchen 19.11.1928, Adele Symanek Wocken 24.11.1938, Valerie Koch, geborene Munzig Zössnitz 10.11.1937, Josef Wenzel

� Poesie

Kind der Elbe

� Leserbriefe

Das Elbtal nahe Tetschen.

Fundstücke zu Rothopfen und zu Ruschowan

Zeig’ mir die Quelle der Elbe dort im Gebirge der Riesen und führe mich an die Stellen, wo sie durchfließt die Wiesen.

Verweile mit mir und genieße die Schönheit des Landes allhier und geht das Herze dir über, ich weiß, du kannst nichts dafür.

Freu’ dich mit mir an dem Rauschen und sieh dich mit mir an ihr satt, der Elbe, dem Quellfluß der Sehnsucht, die immer verbunden uns hat.

Du hängst mit der ganzen Seele an deinem Heimatland und kommen dir darob die Tränen, so ist es noch lang’ keine Schand’.

Sven Pillat hat interessante Zeitzeugnisse eingesandt.

Z

wei Fotos (unten) zeigen eine Beglaubigungsurkunde für Auschaer Rothopfen aus der Zeit

des Anschlußes an das Deutsche Reich anno 1938 („Tschechoslowakische Republik“ ist bereits durchgestrichen), die alte Postkarte (rechts) zeigt Ruschowan. Sven Pillat

Geh’ mit mir dann hinunter ins waldige, blühende Tal, wo uns’re Väter schufen der Siedlungen ohne Zahl.

� Unseren Toten

zum ehrenden Gedenken 15.08.2024 Anna Kretschmer geb. Porsch, Oberasbach-Altenberg, im Alter von 96 Jahren, früher Molschen

Foto: Che, Wikimedia Commons

Du bleibst ein Kind der Elbe, wo immer du auch bist. Dort nährte dich die Mutter, was nimmer du vergißt. Alfred Krüger, früher Naschowitz

� In eigener Sache Bitte melden Sie unbedingt Verstorbene an mich, die Redaktion, unter der eMail: thiele.heike@ gmx.de oder unter Tel: 02271 805630. Nur so kann ich die Geburtstagsliste aktualisieren. HT


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 44 | 1.11.2024

Foto: Dipl. Ing. V. Horak

Heimatblatt der Vertriebenen aus dem Stadt- und Landkreis Aussig an der Elbe

Betreuer der Heimatkreise – Aussig: Brigitta Gottmann, Hebbelweg 8, 58513 Lüdenscheid, Tel. 02351 51153, eMail: brigitta.gottmann@t-online.de – Kulm: Rosemarie Kraus, Alte Schulstr. 14, 96272 Hochstadt, Tel. 09574 2929805, eMail: krausrosemarie65@gmail.com – Peterswald, Königswald: Renate von Babka, 71522 Backnang, Hessigheimerstr. 15, Tel. 0171 1418060, eMail: renatevonbabka@web.de – Heimatgruppe Graupen, Mariaschein, Rosenthal und Umgebung: Sibylle Schulze, Müggelschlößchenweg 36, 12559 Berlin, Tel. 030 64326636, eMail: sibyllemc@web.de – Redaktion: Karin Wende-Fuchs, Agg 3, 83246 Unterwössen, Tel. 08641 6999521, Mobil 0157 32215766, eMail: aussiger-bote@t-online.de – Redaktionsschluß: jeweils der 15. des Vormonats.

� Ein ernstes Thema

� Meldungen

Gräber in der Heimat

Der Friedhof Peterswald 2008 wurde das Barockkreuz auf dem Friedhof erneuert. Durch eine Spende konnte 2009 die Gruft des Fabrikanten C. Kühnel saniert werden und im Jahre 2010 der Grabstein des früheren Arztes Dr. Latzina. Als persönlichen Höhepunkt bezeichnet Renate von Babka, geb. Beil, ihre gelungene Aktion, im Dezember 2023 den Grabstein ihrer Eltern und Großeltern, verstorben in Back-

Der November erinnert uns an ein wichtiges Thema: die Denkmäler und Friedhöfe der vertriebenen deutschen Familien in der Heimat. Nachkommende Generationen sind häufig an der Geschichte ihrer Vorfahren interessiert und begeben sich auf Spurensuche, auch auf den Friedhöfen der alten Heimatorte.

V

orbildlich ist das Engagement der jungen Generation um Jakob Ded, dem Leiter des tschechischen Denkmalpflegevereins Omnium. Mit Unterstützung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds werden von Omnium deutsche Friedhöfe in böhmischen Ländern dokumentiert. Das Grundschema enthält GPS-Koordinaten des Friedhofs, Kontaktangaben zum Friedhofseigentümer und zur Gemeinde, in der sich der Friedhof befindet. Begleitet wird das Projekt von der Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch. Mehr dazu unter http://cimiterium.cz/hrbitovy. Karl Prošek, der einer deutschtschechischen Familie in Karbitz entstammt, setzt sich seit Jahren auf dem Karbitzer Friedhof für den Erhalt und die Restaurierung der Grabstätten im Bezirk Aussig ein.Unterstützung erfährt er dabei von der Gemeinde Karbitz und auch von Renate von Babka, der Heimatbetreuerin von Peterswald und Königswald.

Der Friedhof in Königswald Als Beispiel für ein vorbildlich gepflegtes Grab schickte uns Renate von Babka das Foto der Grabstätte von Familie Beil auf dem Friedhof in Königswald, um

Am 2. November ist Allerseelen. Interessant, wie sich im 19. Jahrhundert das Fest Allerseelen als eine Mischung aus Tradition, Gläubigkeit und Aberglaube erhalten hat. „Das Fest Allerseelen (am 2. November) wurde 998 vom heiligen Odilo, Abt von Cluny, in den Klöstern seines Ordens eingeführt und verbreitete sich allmählich über die ganze Kirche. In Deutschböhmen, besonders auf dem Land, wird Allerseelen mit großer Pietät begangen. Jede Familie feiert das Angedenken ihrer Toten. Schon am Vorabend versammelt sich die ganze Familie, um aus dem Leben ihrer Verstorbenen zu erzählen und gemeinsam zu beten. Kinder zünden kleine Wachslichter an. Nach dem Gebet wird still an diesem Abend ein eigentümliches Nachtmahl, bestehend aus Semmelmilch und gekochtem Backobst, verzehrt. Am eigentlichen Allerseelentag geht man zuerst in die Kirche, wo Messen für die Verstorbenen gelesen werden, anschließend auf den Kirchhof, wo man die

Der 2023 versetzte Familien-Grabstein.

Saniertes Grab in Karbitz. dessen Sanierung sich eine Familienangehörige in Eigeninitiative kümmert. 2019 reiste von Babka in Sachen Friedhof Königswald extra nach Prag. In vielen Gesprächen mit Verantwortlichen sowie mit der Unterstützung des Gemeinderats Jiří Daňhel konnte sie Gelder für die Sanierung generieren. Im

Foto: Karl Prosek Herbst 2023 wurde damit begonnen, den alten Teil des Friedhofs mit den Grabstätten der Deutschen wiederherzustellen. Als Erstes wurde die Friedhofsmauer erneuert. Leider sind wegen fehlender finanzieller Mittel trotz aller Bemühungen viele monumentale Grabstätten dem Verfall preisgegeben.

� Aus dem „Fest-Kalender aus Böhmen von 1861“

Allerseelen

Der Fest-Kalender aus Böhmen von 1861.

Verfallene Grabstelle in Königswald. Foto: Renate von Babka

Gräber seiner Angehörigen besucht, sie mit Blumen und Kränzen schmückt und kleine Lichter anzündet. Auch werden an diesem Tag allen Armen reichlich Almosen gespendet. Fromme Seelen glauben, daß

in dieser Nacht um die zwölfte Stunde diejenigen armen Seelen, welche ihre Strafe im Fegefeuer abgebüßt haben, in den Himmel aufgenommen werden. Geht man des Nachts um zwölf Uhr in die Kirche, so sieht man

Königswald, saniertes Beil-Grab. nang, auf dem Friedhof in Peterswald in die Heimaterde zu setzen. Leider finden auch immer wieder Grabräuber den Weg auf die Friedhöfe, wo sie des Nachts die Kupferteile absägen und in bare Münze verwandeln. kw Quellen und Fotos: Renate von Babka, Sudetendeutsche Zeitung 18/2020.

den Altar erleuchtet, den Priester im heiligen Meßornat davor und in den Kirchenstühlen Leute jeden Alters und Geschlechts, die längst verstorben sind, knieend, sitzend und betend, aber alles ist still wie im Grabe, und wer durch Zufall die Messe mit angehört, muß, so wie der Segen erteilt wurde, so rasch als möglich davonlaufen und sein Körbchen dalassen, sonst ist er verloren. Ein anderer Glaube ist, daß, wenn an Allerheiligen zum Abendgebet geläutet wird, die armen Seelen aus dem Fegefeuer kommen, um eine Nacht von ihren Qualen auszuruhen. An manchen Orten wird eine mit Butter gefüllte Lampe angezündet und auf den Herd gestellt, damit die armen Seelen ihre Brandmale mit dieser Butter einsalben können. Auch die kalte Milch mit Semmel (wie eingangs erwähnt) soll Kühlung der armen Seelen zum Zweck haben. Beim Morgenläuten an Allerseelen müssen die armen Seelen wieder zurück.“ Quelle: „Unser Niederland“ 11/2021 „O. Frh. von ReinsbergDüringsfeld, Fest-Kalender aus Böhmen. Prag 1861“.

Die Edmundsklamm kommt nicht zur Ruhe

Edmundsklamm.

Foto: kw

Im Nationalpark Böhmische Schweiz sollen im Herbst mindestens 70 Bäume gefällt werden. Es handelt sich dabei um eine Hochwasserschutzmaßnahme, denn die Bäume sind durch die Trockenheit, den Borkenkäfer und Umwelteinflüsse so weit geschädigt, daß sie den Fußweg in die Edmundsklamm und den Fluß Kamnitz gefährden. Bei Starkregen und lang anhaltenden Niederschlägen könnten sie unter Umständen auf den Weg oder in die Kamnitz stürzen und damit zur Bedrohung der Gemeinde Herrnskretschen werden. kw Quelle: Sächsische Zeitung 7.9.2024 Grenzüberschreitende Projekte Das Interreg-Programm Sachsen-Tschechien 2021-2027 wurde 2024 mit weiteren 17,7 Millionen Euro für 15 grenzüberschreitende Projekte ausgestattet. Fast 2 Millionen gingen an das Projekt „Nachbarsprache von Anfang an“ unter Federführung der Euregio Egrensis für eine verbesserte frühkindliche Bildung in der Sprache des Nachbarn. Mit etwas über 2 Millionen wurde das Projekt „Mit dem Fahrrad zum Nachbarn“, unter Führung der Gemeinde Niedereinsiedel (Dolní Poustevna) auf tschechischer und Beteiligung von Sebnitz und Hohnstein auf sächsischer Seite unterstützt, sowie mehrere Naturschutzprojekte. Insgesamt wurden in der lau-

fenden Förderperiode bereits 28 sächsisch-tschechische Projekte mitfinanziert. kw Quelle: Sächsische Zeitung 1.12.2023 Die Lithium-Gewinnung in Böhmisch Zinnwald verzögert sich um Jahre Eine Sensation war die Entdeckung der Lithiumvorkommen in Böhmisch-Zinnwald (Cínovec). Das Projekt scheitert bisher am Anwohnerprotest, das geplante Lithiumverarbeitungswerk in Klein Augezd (Újezdeček) südlich von Eichwald (Dubí) zu errichten. Nach jahrelangem Widerstand soll es nun in Brunnersdorf (Prunéřov), westlich von Komotau (Chomutov) gebaut werden. Hier gibt es bereits ein Kohlekraftwerk, so daß man sowohl die mechanische als auch chemische Bearbeitung von Lithium hier vornehmen könnte. Klein Augezd wird nur noch zum Umschlagplatz. Es könnte noch Jahre dauern, bis mit dem Lithiumabbau begonnen werden kann. Eine Machbarkeitsstudie, die Ende 2023 vorgelegt werden sollte,

Alte Postkarte Zinnwald. Foto: Archiv ist bis heute nicht abgeschlossen. Auch der Transport des Erzes vom Schacht zum Umschlagplatz ist noch ungelöst. Wenn es einmal soweit ist, plant der Betreiber „Geomet“ in Böhmisch-Zinnwald die Förderung von über 2 Millionen Tonnen Erz pro Jahr, das zu etwa 25.000 Tonnen Lithium verarbeitet werden soll. kw Quelle: Sächsische Zeitung 26.4.2024

� Wichtige Mitteilung

Aussiger Boten wieder im Internet!

Alle Aussiger Boten von 1948 bis 2022 können Sie wieder im Internet ansehen! Internetseite aufrufen: https://archiv.usti.cz/ In der obersten dunkelblauen Leiste ganz rechts außen auf „DIGITÁLNÍ ARCHIV“ klicken. Neue Seite geht auf. Das zweite Kästchen von links Aussiger Bote anklicken. Alle Jahrgänge von 1948 bis 2022 stehen untereinander. Wir bedanken uns sehr herzlich bei Petr Karlíček, dem Leiter des Archivs in Aussig, der uns die Möglichkeit geschaffen hat, wieder in alten Aussiger Boten zu schmökern! Die Redaktion


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AUSSIGER BOTE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 44 | 1.11.2024

� Geschichte und Geschichten

Die verschwundene Brauerei in Tyssa Der Ursprung des Ortes Tyssa geht zurück auf die von den Wartenbergern errichtete Burg Schenau, die später von den Hussiten verwüstet wurde. Mitte des 16. Jahrhunderts gründeten die Bünauer auf den Fluren des früheren Schenau den Ort Schönstein. In der Zeit von 1554 bis 1557 ließ Günther von Bünau in Schönstein ein Schloß errichten, dazu eine evangelische Kirche, eine Schule und eine Brauerei.

D

er Standort war ideal für eine Bierbrauerei, zumal es hier sehr gutes, reines Quellwasser aus den Tiefen des Erzgebirges gab. Man spricht von “lebendigem Wasser“ im Gegensatz zu „totem Wasser“, das aus Brunnen gepumpt werden muß. Die Brauerei wird nahe des Hoferberges (Berg Hajek) am Fuße des Erzgebirges verortet, weil hier das Wasser direkt aus der Quelle des Baches am Nordhang entnommen werden konnte. Einen weiteren Vorteil bot der nahe Ziegelteich, denn das Bier hatte damals eine sehr geringe Haltbarkeit. Zur Kühlung des Bieres nahm man das Eis in großen Mengen aus dem im Winter zugefrorenen Teich.

Ziegelteich in Tyssa um 1920. Die Badeanstalt wurde 1945 niedergebrannt.

Burgruine Schönstein.

Nach einem kaiserlichen Erlaß aus dem Jahr 1526 hatten nur der Adel, die Städte und der Klerus das Recht, Bier zu brauen. Der jeweils herrschende Besitzer verfügte mit der Brauerei über ein profitables Unternehmen. Nach zeitgenössischen Aufzeichnungen erbrachte es fast 48 Prozent aller Gewinne aus dem Anwesen Schönsteins. Aber auch die Bevölkerung profitierte, denn die Brauerei bot viele Arbeitsplätze. Das “Meilenrecht“ aus dem Jahr 1260, das bis 1788 galt, verhalf der Brauerei zu großer Bedeutung in der Region. Das Gesetz besagte, daß im Umkreis von einer Meile (7.526,76 Meter) niemand ein anderes Bier brauen durfte als die hier ansäs-

bald nannte man die Strecke von Schönstein durch Königswald, Leukersdorf, München und Spansdorf bis zur Burg Blankenstein den „Bierweg“. Nach der „Schlacht am Weißen Berge“ 1620 mußten die Herren von Bünau nach Sachsen fliehen. Den gesamten Besitz verkauften sie an den ehemaligen Oberst des kaiserlichen Heeres, Herrn von Thun. Die Niederlage der böhmischen Protestanten bedeutete für Böhmen einen entscheidenden Wendepunkt. Im Jahr 1631 plünderten und verbrannten die kroatischen Soldaten des kaiserlichen Heeres das Dorf. Das Anwesen samt der Brauerei brannte bis auf die Grundmauern

sige Brauerei. Die Herrschaft von Bünau nutzte dies voll aus. Das Bier wurde im gesamten Anwesen verteilt, nach Königswald, Eulau, Tetschen, sogar bis Sachsen zogen die Rösser die schweren Bierwagen. Hier war die relativ hohe Lage des Ortes Schönstein von Vorteil, denn so fuhren sie in jede Richtung bergab. Auf der alten Route, der „Salzstraße“ nach Königswald, mußten die Wagen sogar zusätzlich gebremst werden, denn die Wagenbremsen reichten nicht aus. Dazu wurden starke Hanfseile über im Boden verankerte Rundsteine geführt. Zusätzlich benutzte man Holzkeile, sogenannte Hemmschuhe, die unter die Räder geklemmt wurden. Schon

nieder. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 wurde die Ortschaft Schönstein bis auf das Gut nicht mehr neu aufgebaut. Die Bewohner zogen nach Tyssa auf die andere Seite des Baches, in den Schutz der Felsen. Die in 19 Häusern verbliebenen etwa 70 Einwohner waren nicht in der Lage, die Felder zu bestellen, so daß das Gut schon im Jahr 1561 als „wüstes Anwesen“ bezeichnet werden konnte. Noch in den 1960er Jahren waren Teile der Umfassungsmauer und ein Türbogen erkennbar, der vermutlich in einen der geräumigen Bierkeller führte. Die Bautätigkeiten der letzten 50 Jahre verwischten auch diese Spuren. kw

Wußten Sie… Bier wurde bereits im Altertum gebraut. Aus ägyptischen Aufzeichnungen und Papyrusstreifen erfahren wir, daß die Arbeiter beim Bau der Pyramiden einen Teil ihres Lohnes in Bier ausbezahlt bekamen. Bis ins späte Mittelalter brauten die Frauen das Bier auf dem eigenen Herd. Zum Verbessern des Geschmacks wurden dem „Bier“ etliche, manchmal sehr ungewöhnliche Zutaten beigemischt, wie Kot von Fledermäusen, Kräuter oder Stierblut. Vielleicht wurden einige dieser „Brauerinnen“ deshalb der Hexerei bezichtigt. Bis ins 16. Jahrhundert wurde Weißbier aus Weizen und „rotes Bier“ aus Gerste gebraut. Dazu kam noch ein „schwarzes Bier“, genannt „das Alte“. Quelle: „Erzgebirgs-Zeitung Jg. 2023, Gerhard Tschunko Foto Schönstein: Nationalbibliothek Prag, Böhmens Burgen, Vesten und Bergschlösser, Band 5 (1847). Foto Ziegelteich: turistikatisa.cz

� Böhmen, Großmacht der Glasmacherei im 19. Jahrhundert

Die Glashütte in Aussig Im 1. Teil erzählte uns der 101-jährige Zeitzeuge Herbert Lorenz von seiner Zeit in der Glashütte. Der 2. Teil befaßt sich mit der technischen Entwicklung und den extrem harten Arbeitsbedingungen besonders in der Anfangszeit der Glashütte.

2. Teil

E

rst zu Beginn der 1870er Jahre wurde Glas zur vorherrschenden Verpackung von Mineralwasser, Bier und Spirituosen und löste endgültig die Keramikflaschen und -krüge ab. Revolutionär war 1905 die Erfindung der Owens-Maschinen, mit der die Massenproduktion von Flaschen begann. 1913

Blick in die Ausstellung „flaška“, 2022-2023: Im Hintergrund ein Bild, wie Schürer den schweren Kohlewagen von Hand schieben.

wurde in der Glashütte die erste Owens-Maschine in Betrieb genommen. Trotz dieser Errungenschaft lief noch lange Zeit das Produktionsverfahren mit mundgeblasenen Flaschen parallel dazu weiter. 100 Jahre Schwerstarbeit bei der manuellen Glasherstellung Zur Herstellung einer Flasche nahm der Schmelzmeister zuerst mit einer Glasmacherpfeife, die er im Mund führte, eine zwischen 6 und 9 Kilogramm schwere Glasmenge bei einer Temperatur von 1400°C aus dem Schmelzofen auf. Der Kolbenmacher übernahm die Glasmacherpfeife und stellte durch Drehen und Blasen in einfachen hölzernen Vorformen ein Kölbel her. Diesen legte er in eine zweiteilige Form und gab der Flasche durch Blasen ihre endgültige Gestalt. Mithilfe eines in Wasser gekühlten Eisenstabs wurde die Flasche von der Pfeife getrennt. Abschließend wurde sie in einen Verschmelzkorb befördert und in den 600 bis 700 Grad heißen „Kühlofen“ eingeschoben. Die Ausformung der Flaschenmündung übernahm meist ein Gehilfe, der eine kleine Menge Glasmasse aufnahm und

Beladen eines Waggons und Sichern der Flaschen. sie um die Mündung der Flasche drehte. Für die Bereitstellung des Heizmaterials und zur Instandhaltung der Öfen waren Schmelzarbeiter zuständig. Wegen der großen Hitze waren sie äußerst harten Bedingungen ausgesetzt. Die Schürer hatten die schwerste Arbeit. Sie mußten die schweren Kohlewagen über die unterirdischen Gänge zu den Öfen schieben und auf dem Rückweg die Schlacke mitnehmen. Das Atmen war bei den extremen Temperaturen überhaupt nur mit einem feuchten Tuch vor dem Gesicht möglich. Die Lebenserwartung von Arbeitern in der Glashütte betrug damals nur 35,5 Jahre. Verpacken und Versenden In der Packerei und Expedition arbeiteten meist Frauen und Töchter der Glasmacher, soge-

nannte Einbinderinnen. Sie erhielten den geringsten Lohn. Im Jahr 1922 bekam eine Einbinderin nur 140 Tschechenkronen pro Woche, ein Schmelzmeister dagegen 400, ein Glasmachergehilfe 300 und ein Kolbenmacher 180 Kronen. Die Glasfabrik besaß einen eigenen Gleisanschluß und lieferte die Flaschen mit dem Zug an ihre Großkunden. Die Lieferung nahm oft einen ganzen Waggon ein. Die Flaschen wurden darin lagenweise zwischen Brettern gestapelt. Kleinere Sendungen wurden in Stroh gepackt und in Fässern verschickt. Für Sendungen nach Übersee wurden die in eine dicke Schicht Stroh gewickelten und in Seesäcken eingenähten Flaschen mittels einer Rutsche in Elbkähne befördert. Von Aussig aus gingen sie über Hamburg nach Übersee.

Aus Aussig in die Welt Das europäische Kartell und hohe Importzölle erschwerten den Absatz nach Westeuropa, so verblieb ein Großteil der Produktion vor dem Ersten Weltkrieg auf dem österreichisch-ungarischen Binnenmarkt. Es ist jedoch belegt, daß sich die Aussiger Glashütte mit ihren Bierflaschen sogar auf dem englischen Markt durchsetzte. Auch Lieferungen nach Belgien, Dänemark, Norwegen und weiteren skandinavischen Ländern sind nachgewiesen. In den krisenreichen 1920er und 1930er Jahren waren böhmische Glasproduzenten gezwungen, sich neue internationale Märkte zu erschließen. Man war auf den Export angewiesen. So hatte die Aussiger Glasfabrik Abnehmer in Ägypten, China, Hongkong, Kuba und Venezuela. Auch im damals britischen Palästina und auf einigen indonesischen Inseln konnte man Flaschen, Fläschchen und Flakons aus der Aussiger Glashütte finden. Von der Musterstube ins Museum Die Aussiger Glashütte hatte eine eigene Musterstube. Ältere Muster wurden immer wieder aussortiert, so daß die Musterstube zur Zeit der Verstaatlichung größtenteils Flaschen vom Beginn des 20. Jahrhunderts, vor allem aber aus den 1930er und 1940er Jahren enthielt. Nach 1946 wurde die Musterstube ihrem Schicksal überlassen. Erst 1968 vereinbarte ein Mitarbeiter des damaligen Museums in Aussig, PhDr. Miroslav Grisa, die Übernahme eines wesentlichen Teils der Musterstube in die Museumssammlung. Bevor es aber dazu kam, wurde der größte Teil der Musterstube durch Vandalismus zerstört und die technische Dokumentation wahrscheinlich dem Altpapier übergeben. PhDr. Grisa konnte nur einen kleinen Teil der Musterstube für das Museum retten. Dieser bildet heute den Kern der musealen Flaschensammlung. kw Quelle und Fotos: „flaška“, Museum Aussig

WIR GRATULIEREN n 99. Geburtstag: Am 28.11. Franz BAUME aus Gartitz, Schänzenstraße in 63741 Aschaffenburg, Kinzigstr. 17. n 98. Geburtstag: Am 15. 11. Melanie GARLT geb. Borde aus Kleinpriesen Nr. 122. n 96. Geburtstag: Am 9. 11. Hans ZIMMERMANN aus Aussig, Kleischer Straße 8. n 95. Geburtstag: Am 16. 11. Ilse NEUGEBAUER geb. Mann aus Schreckenstein. – Am 1. 12. Marianne APPELT geb. Neis aus Aussig, Fabrikstr. 38. – Am 6. 12. Waltraud BRÜMMER geb. Schöffelt aus Schönpriesen in 27318 Hoyerhagen, Am Moorgraben 6. n 94. Geburtstag: Am 23. 11. Ursula PASCHANT geb. Vogel aus Habrowan in 04347 Leipzig, Grunickestr. 23. – Am 28. 11. Helmut FRIESE aus Aussig, Helmholtzstr. 3. n 93. Geburtstag: Am12.11. Herbert BURIANEK aus Auschine in A-2560 Hernstein, Steinkogelstr. 4. – Am 14. 11. Heinrich LUDWIG aus AussigKleische in 84066 Mallersdorf, Pfaffenberg, Erlenweg 5. – Am 22.11. Martina SCHIER geb. Stohr aus Schöbritz. – Am 28. 11. Erich VOITL aus Stöben Nr. 20 in 63667 Nidda, Helgenstockstr. 20 a. n 92. Geburtstag: Am 29.11. Inge SCHÖNFELD geb. Schubert aus Tittelsbach in 09241 Mühlau bei Chemnitz, Untere Hauptstr. 24. – Am 30.11. Edith KUHNHART geb. Fischer aus Aussig-Kleische, Tittelbachstr. 12 in 08058 Zwickau, Horst-Hoffmann-Str. 6. n 88. Geburtstag: Am 12. 11. Eleonore BAHR geb. Baumann aus Tellnitz / Arbesau. – Am 25. 11. Horst HEGENBART aus Schreckenstein, Haydnstraße in 34576 Homberg-Hülsa, Haardtweg 6.

n 87. Geburtstag: Am 6.11. Wilhelm GOTTMANN (Ehemann von Brigitta Gottmann aus Lüdenscheid). – Am 6. 11. Helmut RITSCHEL aus Prödlitz / Hottowies. – Am 8. 11. Edeltraud BRANER geb. Zappe aus Jungferndorf. n 85. Geburtstag: Am 4. 11. Willi WOLF aus Peterswald Nr. 257 (Zöllnerbauer), Tel. 07146 93 96 766. – Am 24. 11. Horst HAMPRECHT aus Biela in 96149 Breitengüßbach, Rattelsdorfer Str. 28. – Am 27. 11. Christine SCHÜLEIN geb. Pöpperl aus Aussig, Adolf-Hitler-Straße in 91325 Adelsdorf, Heppsstädt 31. – Am 29. 11. Heinz GIERSCHIK aus Prödlitz in 01445 Radebeul, Gutenbergstr. 12 a. – Am 30.11. Sigrid MOEDE geb. Gerlich aus Aussig, Kippeltstraße in 24539 Neumünster, Julius-BrechtStr. 54. – Am 2. 12. Rudolf SEIDEL aus Kleinpriesen in 82343 Pöcking, Ulrichstr. 20. – Am 5. 12. Ernst ORTNER aus Schreckenstein in 39576 Stendal, Dr.-Gustav-Nachtigall-Str. 20. n 84. Geburtstag: Am 21.11.

Maria URBAN geb. Rehn aus Karbitz Nr. 165 in 99631 Günstedt, Neue Siedlung 288.

n 83. Geburtstag: Am 6. 11. Brunhilde LIPPMANN geb. Gaube aus Reindlitz. – Am 12. 11. Rosemarie KRAUS geb. Dworschak aus Kulm Nr. 32 in 96272 Hochstadt, OT-Wolfsloch, Alte Schulstr. 14. – Am 18. 11. Christel GAUL (Enkelin des Oberlehrers Geyer) aus Voitsdorf. n 81. Geburtstag: Am 3. 12. Hans Jürgen HUDETZKA (Sohn des Ernst Hudetzka und Bertl geb. Rotsch) aus Aussig in 71229 Leonberg, Heilbronner Str. 11. Tel. 07152 45426. n 79. Geburtstag: Am 4. 11. Peter HICKISCH aus Karbitz. n 60. Geburtstag: Am 19.11. Zdenka KOVAROVÀ aus Hottowies in 40002 Usti nad Labem, Ke Kovarovi 24.

WIR BETRAUERN n Helga Wollmann, geb. 29. 9. 1924, verst. 23. 4. 2024 in Salzkotten, 99 Jahre.


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