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und Biker

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Im Mittelpunkt

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Interview

Herr Kerschbaumer, Sie waren in der Disziplin Cross-Country Juniorenweltmeister, U23-Weltmeister, Vize-Weltmeister, Staffelweltmeister, Europameister, Sie gewannen mehrere Weltcups, letztes Jahr wurden Sie erneut Italienmeister. Nun haben Sie das Mountainbike mit der Mistgabel eingetauscht. Warum?

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Ich habe lange mit mir gerungen, denn mit 31 Jahren wäre ich für den Radsport noch nicht zu alt – manche Athleten hören erst mit über 40 auf. Aber ich habe nun zwei kleine Söhne, ein Jahr und drei Jahre alt, ich will mehr Zeit mit ihnen verbringen. Hier an unserem Hof, dem Unterplattnerhof, den ich nun übernommen habe. Ich liebe die Arbeit als Bauer: unsere Tiere, den Kontakt zur Natur. Ich war bisher viel unterwegs, auch wochenlang. Nun pendelt sich mein Leben ohne Profisportalltag neu ein – die Umstellung ist groß. Ich muss sagen: Die Wettkämpfe fehlen mir nicht.

Was ist das eigentlich: Cross-Country?

Dabei absolviert man in knapp anderthalb Stunden technisch sehr anspruchsvolle Strecken mit rund 800 Metern Höhenunterschied. Immer Vollgas. Seit 1996 ist Cross-Country auch eine olympische Disziplin.

Wie sind Sie zum Mountainbiken gekommen?

Auf meiner absoluten Lieblingsstrecke: von daheim in Verdings bis hoch zum Latzfonser Kreuz. Meine Großeltern hatten dort oben eine Alm, wo ich als kleiner Bub viele Sommer verbracht habe. Vom Opa habe ich auch das Geld für mein erstes Mountainbike bekommen. So konnte ich nach Lust und Laune jederzeit rauf- und runterfahren.

Wann ging es mit den ersten Rennen los?

Mit elf Jahren. Ich war im Radteam des Sportvereins von St. Lorenzen. Wir reisten durch ganz Italien, durch Europa. Ab und an gewann ich, aber das war für uns junge Buben und Mädchen gar nicht das Wichtigste.

Sondern?

Die Chips und Gummibärchen, die wir immer heimlich bei den Stopps an den Raststätten von unserem Taschengeld kauften! Ich hatte einen richtig schönen Einstieg in den Radsport, das muss ich jetzt im Rückblick sagen. Niemand baute Druck auf uns auf, der Spaß stand im Vordergrund. Diese Werte möchte ich auch meinen Buben im Sport vermitteln und sie dabei zu nichts verpflichten. Denn wenn zu viel Druck von außen kommt, ist das Interesse bald weg.

Was gefällt Ihnen am Biken am besten?

Persönlich mag ich es sehr gerne, wenn ich beim Radeln allein bin – und die Freiheit genieße, meine Gedanken einfach schweifen zu lassen. Das habe ich beim Training oft so gemacht. Und klar sind Erfolge auch toll. Würden Sie jetzt mein 16-jähriges Ich fragen, würde es antworten: Die Adrenalinkicks nach einem gewonnenen Rennen waren das Größte! Heute aber sage ich: die frische Luft, im Wald oder am Berg. Irgendwo raufzufahren und dann – oitaifln, wie wir hier im Eisacktal sagen.

Hatten Sie nie Angst, sich schwer zu verletzen?

Eigentlich nicht. Radfahren ist im Grunde ein sicherer Sport. Es schont die Gelenke besser als etwa das Laufen. Die Verletzungsgefahr ist zwar bei Stürzen hoch, aber wer vorsichtig und mit richtig erlernter Technik unterwegs ist, hat kaum etwas zu befürchten. Ich selbst habe nie Verletzungen im Sport erlitten – nur eine entzündete Achillessehne, als ich in den Wintermonaten das Rad etwas vernachlässigt habe und zu schnell wieder anfing.

Oben: Am elterlichen Unterplattnerhof liegen Kerschbaumers Wurzeln, hier ist er groß geworden – hier gibt es immer etwas zu tun.

Links: Am Hof leben Ponys, Haflingerpferde, Hennen – und Hund Lusy.

Unten: Vor drei Jahren hat Bauer Kerschbaumer neben dem alten Haus ein neues gebaut, ebenso Chalets für Gäste.

Warum haben Sie sich für das Mountainbiken entschieden und nicht für den Straßenrennsport?

Weil Mountainbiken für mich Freiheit pur auf zwei Rädern ist. Straßenrennen sind im Vergleich zu Cross-Country viel strukturierter, konzentrierter, es geht um Taktik, fix vorgegebene Strecken und Gruppendynamiken. Natürlich ist es finanziell attraktiver, auf der Straße mitzufahren. Der Giro d’Italia zum Beispiel – der ist ja quasi ein italienisches Kulturgut. Die Freiheit und den Spaß, im Gelände spontan Strecken finden zu müssen, gibt es dort aber nicht.

Gibt es ein Rennen, an das Sie sich besonders gern erinnern?

Oh ja, zwei sogar. Das eine war 2009 in Canberra, Australien, da wurde ich mit 18 Jahren Juniorenweltmeister. Da gingen für mich plötzlich viele Türen auf – und ich erhielt einen Profivertrag!

Und das zweite?

Die Italienmeisterschaft letztes Jahr in Gsies, im Pustertal. Die erste Italienmeisterschaft in Südtirol. Für mich sozusagen ein Heimspiel. Die Strecken waren fantastisch, viele Freunde und Bekannte feuerten mich an. Ich gewann – und ich weiß bis heute nicht so recht, warum. Ich fuhr bei Wettkämpfen vorher und nachher nur mehr so lala. Vielleicht war dieser Sieg reine Kopfsache.

Eine Rückkehr in den Rennsport ist ausgeschlossen?

Hobbymäßig fahre ich noch viel, aber dass ich nochmal bei Rennen am Start stehe, ist unwahrscheinlich. Ich war ein glücklicher Mountainbiker, nun bin ich ein glücklicher Bauer. Im Moment sind meine Familie und der Hof mein Mittelpunkt. Hier gibt es immer was zu tun. Und es macht mir Freude. Ich habe mir die Welt angeschaut, erradelt sozusagen, nun bin ich zurückgekehrt zu meinen Wurzeln, denn hier, in diesem Bauernhaus, bin ich groß geworden.

Steckbrief

Name: Gerhard „Gerri“ Kerschbaumer

Geburtstag und -ort: 19. Juli 1991, Brixen

Wohnort: Unterplattnerhof, Verdings (Klausen)

Renngewicht: 69 kg

Größe: 183 cm

Spezialität: Mountainbiking XC (Cross-Country)

Team: Specialized Factory Racing

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