Sommer 2008 | CHF 4.90 | www.suedtirol.info
Auf ins Pustertal Immer schön der Sonne nach
Der Sellaronda-Bikeday Auf 1000 Sätteln über die Sättel
Der älteste Kriminalfall der Welt Ötzi, der Mann aus dem Eis
Türöf fner | 2
Liebe Leserinnen, liebe Leser Wenn man die Zeit vom Urknall bis heute auf einen Tag umrechnet, dann erscheint der Mensch ein paar Sekunden vor Mitternacht. Da sind 5300 Jahre kaum mehr als ein Wimpernschlag. Aber für uns ist das eine schier unvorstellbare Grösse. Vor diesen 5300 Jahren lebte der Mann aus dem Eis: Bevor es das Rad gab, die Hieroglyphen und die Keilschrift erfunden, Stonehenge und die Pyramiden gebaut wurden. Was kann uns dieser Mann heute noch erzählen? Ich meine sehr viel. Nämlich woher wir kommen. Und wie lange die Entwicklung der Menschheit bis zum heutigen «Stand of the Art» gedauert hat. Allein in den letzten hundert Jahren sind so viele Entdeckungen gemacht worden, wie in den ganzen Jahrtausenden davor zusammen nicht. Und genau einige dieser Entdeckungen machen es uns heute möglich, das Leben des Ötzis zu entschlüsseln. Wie das damals war, wollen heute immer mehr Leute erfahren. Sie stellen das Handy ab. Und schlafen in den Holzhütten im Schnalser Archeoparc. Zugegeben: Es ist eine kleine Flucht aus der Gegenwart, sein Brot über dem offenen Feuer zu backen und aus Steinen Feuer zu schlagen. Aber immerhin. Vielleicht versuchen Sie es ja einmal. Zum Beispiel mit Ihren Kindern. Oder Arbeitskollegen. Fördert den Teamgeist ganz enorm.
Thema | 2
Der 5300 Jahre alte Star
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Zwei Talschaften mit Leidenschaften
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Ötzi, der Mann aus dem Eis
Alles dreht sich ums Beerenobst
Der Sellaronda-Bikeday 10 Auf 1000 Sätteln über die Sättel
Versteckspiel 13
Eine Ferienwoche zu gewinnen
Hotel «Drei Zinnen» in Sexten 14 Für Architekten und Familien
Weingut Lentsch 18
Pinklady, Maulbeerbaum und Palästina
Im Laufschritt durch die Küche 22
7 Gründe für eine Reise ins Südtirol 25
Anna Matscher im Löwen in Tisens
Aufgezählt von Corinne Diserens
Auf ins Pustertal 27
Immer schön der Sonne nach
Südtiroler Agenda 30
Für Fragen zu Südtirol und Katalogbestellungen: Südtirol Information, Pfarrplatz 11, I-39100 Bozen, Telefon 0039 0471 999 999, info@suedtirol.info, Urlaubsangebote unter: www.suedtirol.info/urlaubspakete – Für Fragen zum Südtiroler Wein: Südtiroler Weinwerbung, Export Organisation Südtirol, Südtirolerstrasse 60, I-39100 Bozen, Telefon 0039 0471 945 618, info@suedtirolerwein.com, www.suedtirolerwein.com – Impressum: Redaktion: Erich Grasdorf (erich@grasdorf.ch) – Gestaltung/Realisation: CAT AG, Zürich (office@cat.ch) – Druck: Druckerei Zollikofer, St. Gallen – Fotografen: Südtirol Marketing Rier, Blickle, Kaiser Titelbild: Archeopark im Schnalstal
Südtiroler Einsichten | 3
Der Wörter Welten Draussen, vorm Berliner Fenster trieb ein böiger Wind Graupelgruppen quer über den anliegenden alten jüdischen Friedhof: Die Sommerzeit naht und der Winter möcht bleiben, dachte ich so im Zuseh‘n. Und dann: Sommer oder Winter, den Nachbarn am Friedhof wird es vermutlich ebenso gleichgültig sein unter ihren Steinen, wie krank und gesund oder arm und reich. Nun, sagen Sie, was ist mir ums bundeshauptstädtische Graugrieselwetter da oben, wenn ich den Sonnenschein im Süden haben kann und dazu noch nicht einmal im Gotthardstau stehn muss. Deutsch sprechen kann in Italien, statt Italienisch in der Schweiz, und das bei einem beinah schon wieder sich erholenden Franken. Wohl wahr. Also nähern wir uns im Rösselsprung dem Land. Soll ich Ihnen sagen, wann ich, seit einem Vierteljahrhundert fernab in Berlin schriftstellernd gastarbeitend und damit sozusagen ein Secondo meiner selbst, wann ich in Zürich so etwas wie Südtiroler Heimatgefühle entwickle? Wenn ich in einer der wenigen verbliebenen dunkelrauchigen Glauserbeizen, Wohn- und Lebensraum modernisierungsferner Existenzen, auf der buntgefleckten Speisekarte einen Meraner Löwentrunk Auslese oder ähnliche formulierungsstarke Weinüberbleibsel der Südtiroler Siebzigerjahre entdecke, der Zeit, als ich dort in den dreimonatigen Sommerferien kellnernd die kleinen Freuden eines Gymnasiastenlebens querfinanzierte. Es wird einem, auch wenn man ihn nicht (mehr) trinken möcht, den Löwentrunk, regelrecht warm ums Herz beim Klang des Wortes. Und das ist nun schon einer dieser durchaus auch stossenden kleinen Widersprüche, die einem Südtiroltouristen wie mir das Land immer wieder erfahrenswert machen. Ist doch ein veritabler Urlaubsspass: Widersprüchlichkeiten sammeln. Wie Wörter. Dabei fällt mir eine kleine Geschichte ein, und die geht so: In dem Weindorf meiner Kindheit gab es zwei durchaus umfangreiche Familienstämme. Die einen hiessen Weinreich. Die andern Ohnewein. Nur war es, und es ist heut noch so (ich habe nach-
gefragt, und es, unwidersprochen, schon einmal in ein Buch notiert), dass die Weinreich keinen Wein und die Ohnewein sehr wohl Wein (und wohl auch nicht wenig) hatten und haben. Seit ewigen Zeiten, sozusagen. Wenn auch wohl nicht von Anbeginn. Was lehrt uns das? Ich weiss es nicht. Ich weiss aber, was es mir beigebracht hat, an dem Tag, als der alte Ohnewein-Bauer mich von der Seite her ansah (ich war sieben und wie immer zum Milchholen abkommandiert), sich den Hut zurechtschob und sagte: Komm mit, Bub. Die Falltür hochwuchtete, das Licht andrehte und dann die steile Holztreppe in den Keller hinabstieg. An dem Tag, ihm brav hinterher, begriff ich, roch ich, schmeckte ich, dass die Ohnewein so ganz ohne Wein nicht sind. Und Wörter Welten. (Das mit dem Weinreich, übrigens, klärte sich später auch noch.) Text: Kurt Lanthaler
Kurt Lanthaler, geboren 1960 in Bozen lebt als Schriftsteller in Berlin und Zürich. Veröffentlichte mehrere Romane (als Taschenbücher bei Diogenes), Theaterstücke, Lyrik. Zuletzt erschien im Haymon Verlag der Roman «Das Delta». Aktuelle Texte und Termine unter www.lanthaler.info
Kulturbonus | 5
Der Mann, der 5300 Jahre nach seinem Tod zum Star wurde In Lebensgrösse: So sah der Mann aus dem Eis aus. So war er winterfest angezogen und höhentauglich ausgerüstet.
Die Meldung ging um die Welt: Am 19. September 1991 wurde in den Ötztaler Alpen, am Tisenjoch, die Mumie eines Mannes gefunden, der vor Jahrtausenden dort oben gestorben ist – ermordet wurde. Ötzi, der Mann aus dem Eis, wurde aus dem Nichts zum Medienstar. Über ihn ist so viel geschrieben worden, wie selten über einen archäologischen Fund. Denn – abgesehen vom hohen Alter – war und ist es absolut einmalig, dass ein Mensch, der in der Jungsteinzeit lebte, mitsamt Kleidung, Waffen und Ausrüstung erhalten geblieben ist. Erstmals liessen sich nicht nur anatomische Untersuchungen durchführen, sondern auch Erkenntnisse über das damalige Leben in Mitteleuropa gewinnen. Es ergaben sich Einblicke in das Alltagsleben unserer Ur-Vorfahren, in ihre Umwelt und ihre Fähigkeiten, sich ihr anzupassen. Wo man bisher nur spekulieren konnte, hatte man zum ersten Mal handfeste Beweise. Damit erschliesst sich uns ein ganz neuer Blick in die «graue» Vorzeit. Keinem Menschen ist wohl so viel medizinische Aufmerksamkeit gewidmet worden wie dieser Mumie. Man weiss zum Beispiel, was der Ötzi zuletzt gegessen hat, welches seine letzte Wanderung war und wo er zu Tode
Infos: Südtiroler Archäologiemuseum Museumstrasse 43 I-39100 Bozen Tel. 0039 0471 320 100 www.iceman.it Archeoparc Schnals Unser Frau 163 I-39020 Schnals Tel. 0039 0473 676 020 www.archeoparc.it Archäologische Wanderungen und Touren sowie «Essen wie zu Ötzis Zeiten»: www.oetzisworld.it
kam. Kurz: Der Mann aus dem Eis und das, was man bei ihm fand, liefern unendlich viele Informationen. So ist es kein Wunder, dass er die Wissenschaft noch heute beschäftigt. Es erscheinen immer wieder Artikel, speziell über sein gewaltsames Ende – den «ältesten Kriminalfall der Welt». Der blauäugige, braunhaarige, etwa 50 Kilo schwere und für damalige Verhältnisse mit 45 Jahren bereits alte «Bote aus unserer eigenen Vergangenheit» ist aller Wahrscheinlichkeit nach innerlich verblutet, nach einem hinterrücks abgegebenen Pfeilschuss, der eine Arterie traf. Das hat kürzlich ein Pathologenteam mit Hilfe eines hochauflösenden Computertomografen herausgefunden. Das gleiche Team um den Bozner Eduard Egarter und den Zürcher Frank Rühli hat schon die Mumie des Tutanchamun durchleuchtet. Seit zehn Jahren ist Ötzi auch Star im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen, in welchem ihm eine ganze Abteilung gewidmet wurde. Zu der gehört als Herzstück die so genannte Eismannbox, in der die Mumie zu sehen ist. Doch so sehr der Blick durch das Fenster auch zu faszinieren vermag – für den Laien mindestens ebenso interessant ist die lebensgrosse Rekonstruktion des Ötzi. Sie zeigt, wie er von der Bärenfellmütze bis zu den Schuhen gekleidet, vom Pfeilbogen bis zum Dolch bewaffnet und vom Kupferbeil bis zur Rückentrage ausgerüstet war. Und natürlich, wie er gewachsen war und ausgesehen hat. Der Mann, der am Similaungletscher starb, hat vermutlich im Schnalstal gelebt. Dass Menschen in dieser alpinen bis hochalpinen Region gesiedelt haben, hatte wohl zwei Gründe: Da gab es den Steinbock und andere Tiere, die gejagt wurden. Und da gab es Kupfer, das erste Metall, das unsere fernen Ahnen zu verarbeiten verstanden, um daraus Waffen und Geräte herzustellen. Wie der Lebensraum des Mannes aus dem Eis beschaffen war, lässt sich
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In welcher Umwelt und unter welchen Umständen der Ötzi und seine Zeitgenossen lebten, wird im Archeoparc Schnals erlebbar.
im Archeoparc im Schnalstal nacherleben. Dort kann man aktiv erfahren, wie scharf ein Feuerstein ist, wie der Ötzi und seine Zeitgenossen damit Felle und Häute bearbeiteten, auf welchen Bänken und Liegen sie schliefen, wie und woraus sie ihr Brot gebacken haben und vieles mehr. Der Archeoparc besteht aus einem eher ungewöhnlichen Hauptgebäude, das den jungsteinzeitlichen Holzbauten nachempfunden wurde. Es umhüllt fiktiv den Aufstieg durchs Tisental und gibt den Blick auf das Tisenjoch frei – wo das Eis den Ötzi freigab. Entlang des Weges werden die ältesten menschlichen Spuren im Alpenraum zurückverfolgt. Und dann das grosse Freigelände mit den Holzhütten, dem Fischteich sowie den Pflanzen, die schon die Sammler und Jäger mit Holz, Rinde, Getreide, Beeren und Kräutern versorgten. Lebendiger und anschaulicher kann das kaum noch vermittelt werden. Doch das Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen und der Archeoparc in Schnals sind nicht die einzigen Orte, an denen Besucher sich über den Mann aus dem Eis, seine Zeit und seinen Lebensraum informieren und sich davon faszinieren lassen können. So kann man archäologische Wanderungen im Schnalstal und Vinschgau zum Beispiel zu den wackelnden, weit tönenden Schalensteinen unternehmen.
Strenger wird es für jene, welche die siebenstündige Hochgebirgstour zur Fundstelle des Ötzi unternehmen. Startpunkt ist die Bergstation der Schnalstaler Gletscherbahn, wo man sich anhand von Schautafeln und Rekonstruktionen schon einmal auf die Tour einstimmen kann. Und wer dann auch noch wissen möchte, wie das schmeckte, wovon sich der Mann aus dem Eis ernährte, geht ins Goldene Kreuz oder den Schwarzen Adler in Unser Frau im Schnalstal. Dort werden auf Anfrage Menüs mit Zutaten serviert, die schon der Ötzi kannte. Allerdings nicht mehr auf offenem Lagerfeuer zubereitet. Und die Originalrezepte sind ja auch nicht überliefert. TEXT: Erich Grasdorf
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Speisekammer | 9
Im Martelltal und im Pragsertal dreht sich alles um Beerenobst Der schlanke, grosse Mann, der da locker seinen Gabelstapler durch den Hof der Marteller Erzeugergenossenschaft, kurz MEG, steuert, ist erstens Chef derselben und zweitens Gemeindepräsident der Gemeinde Martell. Pardon, das heisst hier Bürgermeister. Der Herr der Beeren im Tal der Beeren ist 37-jährig, verheiratet. Kinder? «Erst eines. Ich hoffe, es kommt noch was nach», sagt er schmunzelnd. Wachstum ist ein Stichwort, das den dynamischen Macher nicht nur privat anregt. Er hat mit seinen Beeren und seiner Gemeinde noch einiges vor. Das Martelltal liegt im Herzen des Stilfserjoch Nationalparks, des grössten Schutzgebiets Italiens. Die Landschaft am Oberlauf der Etsch ist von der Sonne verwöhnt. Das hartnäckige Schönwetter bekommt auch den Beeren ausgezeichnet, die von 800 m über Meer bis hinauf auf 1600 m gedeihen. Rund 80 Prozent des Beerenobstes der MEG, erklärt der umtriebige Geschäftsführer, sind Erdbeeren. Und zwar der Sorte Elsanta. Das sei eine holländische Züchtung, die sich durch grosse, feste Früchte mit gutem Aroma auszeichne. Holland, sagt Gamper, gebe die Marschroute vor. «Die sind gut, die Burschen. In zwanzig Jahren wollen wir besser sein», sagt der Beeren-Boss im Martelltal. Seine eigene Lieblingsbeere ist übrigens die Himbeere.
Zwei Talschaften mit Leidenschaften: Martelltal und Pragsertal bieten für Beeren paradie-
Unbedingt einen Besuch wert ist der Laden, der zur MEG gehört. Sicher gibt es dort Beeren und Gemüse zu kaufen, aber auch alles, was daraus erzeugt wird. Vom Edelbrand bis zur Konfitüre. Und darüber hinaus noch Käse und Weine aus der Region. Jetzt strebt Gamper die Zusammenarbeit mit dem, wie er sagt, «Meister der Verarbeitung von frischen Früchten» an: mit Stefan Gruber und seiner bekannten Früchtemanufaktur «Alpe Pragas». Alpe Pragas ist der lateinische Urname des Pragsertales, eines idyllischen Seitentals des Pustertals, mitten in den Dolomiten. Gleich am Taleingang biegt das Strässchen ab zu Grubers kleinem, aber feinem Reich.
sische Zustände. 300 Sonntage sorgen im Martelltal (im Bild) für prächtige Erdbeeren. Und im Pragsertal in den Dolomiten liegt eine der besten Manufakturen für die Verarbeitung der süssen Früchtchen.
Die Geschichte fängt 1995 an. Zusammen mit seinem Freund Hartwig Weidacher beginnt Gruber
auf dem väterlichen Hof – auf immerhin 1250 m über Meer – Beeren anzubauen. Das Experiment gelingt, die Qualität ist erstklassig. Die Ernte ist gross, und so kommt konsequent der nächste Schritt: Auf Mutters Herd startet das Probekochen von Konfitüren nach alten Rezepten. 1997 gelangen die Produkte erstmals in den Verkauf, und die Erfolgsgeschichte nimmt ihren Lauf. In der gehobenen Gastronomie, in Delikatessenläden, in Konditoreien, in Deutschland, Österreich, Dubai und Japan sind die Kostbarkeiten aus Grubers Töpfen mittlerweile zu finden. Apropos Töpfe: Aus dem heimischen Herd ist eine veritable Produktionsstätte geworden, die auf dem Gelände des einstigen Milchwirtschaftsbetriebes von Stefan Grubers Familie gebaut worden ist. Jährlich werden achtzig Tonnen Früchte verarbeitet, das ergibt etwa dreihunderttausend Gläser. Noch immer wird auf den naturnahen Anbau der Früchte genauso viel Wert gelegt wie in den Anfängen. Gleich neben der Produktion ist der Laden mit allem, was das Haus zu bieten hat. Dazu gehören an erster Stelle die Marmeladen, die hier jedoch Fruchtaufstrich heissen. Und zwar deshalb, weil sie zu 70 Prozent aus Früchten bestehen (bei Marmeladen reichen 35 Prozent). Kommt dazu die «Light-Variante» mit Fruktose anstatt Zucker. Und dann erst die Chutneys: Himbeer-Balsamico oder Apfel-Zwiebel? Heidelbeer-Kren oder MarillenKürbis? Da hilft nur eines: degustieren. Text: Gaby Labhart
Adressen Marteller Erzeugergenossenschaft MEG Ennewasser 249 I-39020 Martell Tel. 0039 0473 744 700 www.vip.coop/meg Alpe Pragas Ausserprags 38 I-39030 Prags Tel. 0039 0474 749 400 www.alpepragas.com
F o r m f r a g e | 10
Auf 1000 Sätteln über die Sättel Sellaronda Bikeday: Es ist ein passender Titel für den Volksradtag, der am Ferienbeginn im Juli Heerscharen von Radlern in die Dolomiten treibt, wo sie die Sellagruppe umrunden, ein Massiv im Osten des Grödnertals. Sella bedeutet auf Italienisch auch Sattel. Was bekanntlich ebenso einen Fahrradsitz bezeichnet wie einen Bergpass, ein Joch. Vier davon überquert man auf der Sellaronda auf dem Velosattel sitzend: Der Name ist Programm. Für mich ist es ein Selbstversuch. Vier Pässe auf einen Streich: das war mir in meinem bisherigen Velofahrerleben noch nicht beschieden. Rund 2000 Meter Steigung, Dutzende von Haarnadelkurven. Schafft man das als Amateur? Einige Zweifel begleiten mich durch die ersten Biegungen, die von Wolkenstein im Grödnertal Richtung Grödner Joch hinaufführen. Man keucht, man kommt ins Schwitzen, man wird überholt, überholt (seltener) auch seinerseits, aber ans Aufgeben denkt man keinen Augenblick lang. Nicht am Anfang der fidelen Sellarunde und erst recht nicht am Schluss. Man ist einer unter Hunderten, wird getragen von der erwartungsfrohen Stimmung, vom
Infos Der Sellaronda-Bikeday findet 2008 am 6. Juli statt. Die Strecke führt über die vier Dolomitenpässe Sella, Campolongo, Pordoi- und Grödnerjoch, die für einige Stunden für jeglichen motorisierten Verkehr gesperrt werden (2007 war es von 10 bis 15 Uhr der Fall, weil das zu knapp war, soll die Dauer 2008 wieder verlängert werden). Es ist ein Volksradtag für fitte Amateurradler. www.sellarondabikeday.com Die Maratona dles Dolomites ist ein Radrennen mit Volksfestcharakter in der gleichen Gegend, das in drei Streckenlängen angeboten wird. Es wird 2008 zum 22. Mal durchgeführt. www.maratona.it
gemeinsamen Erlebnis, das 2007, bei der zweiten Austragung, rund 11 000 Radler zusammenbrachte. Für einige Stunden sind die vier Pässe und die Zufahrtsstrecken, insgesamt gut 70 Kilometer Strassen, für den Motorfahrzeugverkehr geschlossen. In dieser Zeit gibt es keine Abgase, keine dröhnenden Töffmotoren, keine gefährlichen Überholmanöver. Man hört nur die Ketten sirren, die Wechsel knacken, das Zischen der Räder auf dem Asphalt. Und man vernimmt die aufmunternden Zurufe der anderen Teilnehmer. Das Wetter meint es gut. Zwar ziehen einige Wolken über Wolkenstein dahin, doch sie sind ebenso weiss wie unter ihnen die turmartigen Dolomitengipfel. Sie leuchten in der Sonne. Bei aller beinharten Pedalerei sollte man sie ab und zu eines Blickes würdigen. Es lohnt sich auch die Ausschau auf die Passkurven, durch die sich das farbenfrohe Heer der Radler bewegt wie ein endloser Tatzelwurm. Der Bikeday ist kein Rennen, es gibt keine offizielle Zeitmessung und man kann die Strecke von verschiedenen Zufahrten aus in Angriff nehmen. Man überwindet höchstens sich selbst und die Steigungen, aber keine Gegner. Genau nach einer Stunde stehe ich auf dem Grödnerjoch, 2137 m.ü.M. ist auf dem Gasthaus angeschrieben. Der erste Sattel ist geschafft. Ich balle kurz die Faust zum Triumph. Verschnaufpause, Aussicht geniessen. Im Norden thronen die Türme der Puez-, im Süden jene der Sellagruppe mit dem 3153 Meter hohen Piz Boé als höchstem Punkt. Zu meinen Füssen windet sich die Strasse hinunter nach Corvara. Ich stürze mich ins Abenteuer. Der Tachometer klettert hoch und immer höher, 60, 70 km/h schaffe ich mit links. Der Wind pfeift mir um die Ohren. So eine Abfahrt ist ein erhebendes Gefühl, wenn man zuvor den Aufstieg erstrampelt hat. Aber sie ist kurz. Nach ein paar berauschenden Minuten steht man in Corvara, in Alta Badia und damit vor dem nächsten Berg. Er ist geradezu harmlos, steigt nur um gut 300 Meter auf den Passo Campolongo, auf 1875 m.ü.M.
Fast alle Radler umrunden das Sellamassiv – wie von den Organisatoren
empfohlen
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Haarnadelkurven wie hier im Grödnertal sind auf jeden Fall zu überwinden.
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Le Corbusier bezeichnete die Dolomiten als die schönsten Bauwerke der Natur. Durchquert von Teilnehmern aus der näheren und ferneren Umgebung. Aus Verona, Trient, Innsbruck, München, Bozen, Kastelruth –
Es ist ein gemischtes Volk auf Rennrädern und Mountainbikes. Amateurrennclubs, die man am einheitlichen Dress erkennt, schlagen ein hohes Tempo an, etwas gemütlicher nehmen es meist die mehr oder weniger gut trainierten Gruppen, Ehepaare und Einzelfahrer, darunter auffallend viele Frauen.
und Bern.
Ich habe die Teilnahme am Bikeday mit einer Velotour verbunden, bin mit dem Fahrrad über den Ofenpass und durch den Vinschgau via Bozen in zwei Tagen aus der Schweiz angereist. Mit meinem Tourenrad samt beladenem Gepäckträger und Sacochen bin ich an der Sellaronda ein Exot, werde auch darauf angesprochen. Einer fragt mich beim Überholen leicht besorgt: è duro? Der Aufstieg sei immer etwas härter als die Abfahrt, gebe ich zurück. Er lacht, mir ist in diesem Moment aber nicht mehr so recht nach Lachen zumute. Ich bin inzwischen unterwegs zum Pordoijoch, dem dritten Pass. Auf die Zähne beissen, regelmässig Wasser trinken, dem Drang, abzusteigen die Stirne bieten. Schon sieht man die Passhöhe, aber es dauert noch. 2000 m.ü.M. steht auf einem Randstein. Eine Viertelstunde, fünf Minuten. Jetzt bin ich oben, auf 2239 m.ü.M. diesmal. Wieder balle ich die Faust, das geht nun fast automatisch. Auf dem Pordoijoch herrscht ein Rummel wie an einem Markttag in Bozen. Es hat hier Skilifte, Sesselbahnen, Hotels, Souvenirläden. Und es hat Hunderte von Radlern, von Rädern. Es ist
Mittag. Ich setze mich an einen Gartentisch des Hotels Savoia, unterhalte mich mit einem Amateurrennfahrer aus Piacenza, der schon alle Pässe des Südtirols, und das sind viele, bezwungen zu haben scheint. Er weiss, wie steil sie sind, wo es die engsten Kurven und die rasantesten Abfahrten gibt. Das Pordoijoch sei einer der angenehmsten, sagt er, es sei «molto pedabile», sehr radelbar. Das finde ich auch, jetzt wo ich oben bin. Dann wird mir noch das bedruckte T-Shirt überreicht, das alle Teilnehmer der Sellaronda erhalten, wenn sie in einem der Restaurants am Weg einkehren. Ich entscheide mich für die Grösse L. Es ist bestimmt kein teures, aber irgendwie nehme ich es gerne entgegen, als Erinnerung, und stelle fest, dass es allen anderen genauso geht. Vor mir liegt jetzt nur noch das Sellajoch. Es sei der härteste Aufstieg, meint der Mann aus Piacenza. Er hat ihn heute früh schon erklommen und kann jetzt nur noch abwärts fahren nach Canazei, wo er um halb zehn gestartet ist. Aber ich bin sicher, dass ich auch den vierten Pass der Sellaronda noch schaffe. Und vielleicht werde ich mir nächstes Jahr die «Maratona dles Dolomites» vornehmen: die rennmässige Pässefahrt, die in drei Streckenvarianten jeweils am Wochenende vor der Sellaronda organisiert wird. Die Sacochen deponiere ich dann vielleicht besser im Hotel. Text: Peter Krebs
Ve r s t e c k s p i e l | 13
Ein Franzose, der seinen Namen in Stein verewigte Mit vollem Namen hiess der französische Mineraloge Déodat Guy Sylvain Tancrède Gratet. Doch weil das etwas gar umständlich ist, nennt man ihn heute zumeist nur nach seinem Geburtsort. Zu wissenschaftlichen Studien bereiste er von 1777 bis 1783 fast das ganze südliche Europa. Der Ätna und die Liparischen Inseln waren für ihn besonders interessant. Nachdem er 1789 und 1790 auch die Tiroler und Bündner Berge durchforscht hatte, zog er sich mit seinen Funden auf sein Landgut in Roche-Guyon zurück. Er wurde Professor an einer neu gegründeten Bergwerkschule und begleitete Napoleons ägyptische Expedition. Kurz nachdem er 1801 den Lehrstuhl der Mineralogie am Museum der Naturgeschichte erhalten hatte, starb er erst 51-jährig in Châteauneuf.
Über seine Reisen und wissenschaftlichen Erkenntnisse hat er mehrere Bücher geschrieben. Darunter das Tagebuch seiner letzten Schweizer Reise. Und eine Abhandlung über den Ursprung des Basalts und des nach ihm benannten Gesteins Dolomit. Vom Dolomit wiederum leitet sich der Name der bis zu 3342 Meter hohen «schönsten Berge der Welt» mit ihren bizarren Türmen und steilen Zinnen her, die man bei einer Fahrt von Bozen über den Karerpass und das Pordoijoch nach Cortina d’Ampezzo durchquert: die Dolomiten.
Unsere Gewinnspiel-Frage: Unter welchem Namen ist der Mann bekannt, nach dem die Dolomiten benannt wurden? Geben Sie Ihre Lösung ein auf: www.suedtirol.info/versteckspiel Der Gewinner vom Frühling 2008 Die richtige Lösung lautete: «Kloster Neustift». Der Gewinner: • Mathias Cavelti aus Malans
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B e t t g e s c h i c h t e n | 15
Hotel «Drei Zinnen» in Sexten: Wo Architekten wallfahren und Familien Ferien machen Alles an diesem Hotel ist echt und ehrlich. Nur sein Name ist ein wenig geschummelt: Die Drei Zinnen, nach denen es benannt ist, kann man von hier aus nicht sehen. Von keinem der Zimmer, auch nicht von den südseitigen mit der prachtvollsten Aussicht (unbedingt vorreservieren). Diese «tre cime», um die es hier geht, liegen ein paar Wander- und Kletterstunden vom gleichnamigen Hotel entfernt: Sie bilden das berühmteste Dreigestirn der Alpen und gelten als Inbegriff der Dolomiten.
Etikette. Wenig ist in diesem Haus wie in andern Hotels. Waltraut Watschinger wird später sagen: «Entweder man mag es oder nicht.» Wie eine Trutzburg steht es am Hang, und man kann sich gut vorstellen, was für ein gewagtes Unterfangen es damals gewesen sein muss, dieses Haus mit 35 Zimmern, Swimmingpool (!), Tennisplatz, Spielzimmer, Tanzboden (wo heute der neue Fitnessbereich mit Sauna und Whirlpool liegt) in ein Bergdorf in einer wenig erschlossenen Gegend zu stellen.
Das Hotel ist seinerseits fast so berühmt wie die legendären Dreitausender und gilt als architektonische Sehenswürdigkeit. Man darf sich deshalb auch nicht wundern, wenn es hier eine überdurchschnittliche Dichte an meist schwarz gekleideten Herren mit Corbusier-Brillen hat, die sich in Möbel, Mauern, Geländer oder Gemälde vertiefen und vom Hauptwerk der Tiroler Moderne schwärmen. Keine Sorge: Das Hotel «Drei Zinnen» ist trotzdem ein gemütliches Familienhotel, besucht von vielen Stammgästen, die «seit Generationen zu uns kommen», wie Hoteldirektorin Waltraut Watschinger mit sichtlicher Freude sagt. Auch ihre Familie ist seit Generationen mit diesem Haus verbunden: als Eigentümer.
Ganz ohne Zweifel eine Pioniertat in den Anfängen des Tourismus im Süditrol. Zu verdanken ist dies Waltrauts Grossvater Hans Watschinger, der hier ein kleines Wirtshaus führte. Er war zudem Bürgermeister von Sexten und erwarb sich grosse Verdienste beim Wiederaufbau des Orts, der im Ersten Weltkrieg arg gelitten hatte. Und er erkannte früh die grosse Bedeutung des Fremdenverkehrs im Hochgebirgstal.
Von 1929 bis 1931 erbaute Clemens Holzmeister das Hotel am Rande von Sexten im Hochpustertal. Der Tiroler Architekt mit brasilianischer Staatsbürgerschaft und einer ungewöhnlichen Biografie lebte von 1885 bis 1983, wurde in Wien berühmt, erbaute das Kriegsministerium in Ankara und gilt als ein bedeutender Schöpfer von Monumentalund Sakralbauwerken.
Obwohl die «Drei Zinnen» als ein Hauptwerk der modernen Südtiroler
Architektur
gelten,
ist das Hotel doch – oder gerade deshalb? – ein gemütliches Familienhotel.
Dieses Haus ist weder monumental noch sakral, aber mächtig beeindruckend. Das merkt im ersten Moment noch nicht, wer am Dorfrand von Sexten sein Auto auf dem Parkplatz vor dem eher unscheinbaren Hoteleingang abstellt. An der Rezeption steht, eigentlich immer, Waltraut Watschinger und begrüsst die Gäste persönlich. Das Gepäck trägt man unkompliziert selber ins Zimmer, wenn man will und mag. Es geht hier ums Wohlsein, nicht um
Seit den 1930er-Jahren pflegt nun die Hotelierfamilie Watschinger das historische Gebäude von Clemens Holzmeister und Rudolf Stolz, dem Südtiroler Maler, mit dem der Architekt oft zusammengearbeitet hat. Es ist ein Gesamtkunstwerk, das die beiden bis ins letzte Detail geprägt haben: Möbel, Lampen, Teppiche, Fresken, Farben für die Wohn- und Gesellschaftshalle (von Lobby spricht hier logischerweise niemand), für Frühstücks- und Speisesaal, für Lesezimmer, Weinstube und Gästezimmer sind eigens für dieses Haus kreiert worden. Ein ganz besonderer Anziehungspunkt ist die «American Bar», für damalige Zeiten fast skandalös modern: in Taubenblau und Kanariengelb und stattlichen Holzmeister-Fauteuils ein Ort, an dem man unbedingt einen Campari Orange trinken muss (wegen der Farbe).
Adresse Hotel «Drei Zinnen» St. Josef Strasse 28 I-39030 Sexten Tel. 0039 0474 710 321 Fax 0039 0474 710 092 www.hotel-drei-zinnen.com
B e t t g e s c h i c h t e n | 16
7 W Er Fa
Dabei trifft man ziemlich sicher einen Stammgast oder Architekturexperten, der es geniesst, sein Wissen an die Unwissenden zu bringen. Das ist so spannend, dass man gleich einen zweiten Campari bestellen muss. Und dabei erfährt, dass der Swimmingpool damals so raffiniert gebaut wurde, dass das kalte Gebirgswasser über das heisse Blechdach der Umkleidekabine in eine Dachrinne geleitet wird und damit etwas wärmer in den Pool kommt. Dasselbe Blechdach diente den Waghalsigen auch als Sprungbrett.
Mit Vergnügen stellt man fest, dass «Holzmeisters Kunst, lokale Bautraditionen zwischen Einfachheit und Expressivität neu zu interpretieren» auch auf das Kulinarikkonzept des Hotels zutrifft.
Oder dass das Hotel zwischen 1937 und 1939, als langsam auch der Wintertourismus in Schwung kam, eine eigene Skischule führte. Ihr Leiter hiess Heinrich Harrer, der später als Forscher und Schriftsteller berühmt wurde. Genau! Das ist der, dessen Leben mit Brad Pitt verfilmt wurde. Ab 1943 bis 1946 wird das Hotel «Drei Zinnen» von italienischen, deutschen, amerikanischen und englischen Militärs besetzt. 1946 zerstört ein Brand die oberen beiden Geschosse, dann erfolgt der Wiederaufbau nach Originalplänen.
Mit viel Aufwand, Geschmackssicherheit und Respekt vor der historischen Substanz renovieren die Watschingers ihr ganz besonderes Hotel immer wieder behutsam, um den Ansprüchen an ein Viersternehotel zu genügen. Es ist keine einfache Gratwanderung zwischen heute üblichem Komfort und Treue zum Original. Ja, die Neuzeit hat Einzug gehalten, Radio und kleine Farbfernseher stehen zwar in den Zimmern, aber von riesigem Flachbildschirm oder Minibar keine Spur. Dafür sind die Zimmer gross, die meisten Badezimmer auf dem neusten Stand, die Gänge weitläufig, das Personal liebenswürdig. Was aus Küche und Keller kommt, ist höchstklassig, dennoch gradlinig und ohne Chichi zubereitet. Am Frühstücksbuffet verlocken ausserordentlich viele lokale Produkte, selbst gemachte Brote, Käse, Würste, Konfitüren. Und so kommen hier nicht nur Architekturfans auf ihre Kosten.
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Text: Gaby Labhart
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Pink Lady, Maulbeerbaum und Palästina «Meine Philosophie ist, begnügsam zu sein und nur ein kleines Sortiment an hochqualitativen Weinen zu produzieren.» So lässt sich Klaus Lentsch im Prospekt des Familienweinguts, das er zusammen mit seinem Onkel Hartmann Lentsch führt, verlauten. Und darüber posiert er in bacchantischer Pose mit einer Riesenflasche zwischen den gespreizten Beinen auf einer Barrique sitzend. Das ist Klaus, wie er leibt und lebt. Zugleich bescheiden und anspruchsvoll geniesst der 33-Jährige Weinbauer das Leben in vollen Zügen, auch wenn es dieses nicht nur gut mit ihm meint. Unser Besuch bei Klaus liegt schon länger zurück. Voriges Jahr, am Samstag nach Allerheiligen und Allerseelen muss das gewesen sein. Ich erinnere mich noch daran, weil er als einer von wenigen Südtiroler Weinproduzenten nicht die Brücke machte zwischen den Festtagen und dem Wochenende. Schliesslich lebt er nicht nur vom, sondern auch für den Wein, und da zählt er seine Arbeitsstunden nicht so genau. Ausserdem ist Degustieren nicht die unangenehmste Arbeit. Es war ein wunderschöner Martinisommertag, als wir durch den Torbogen neben dem einstigen Stadl am Dorfeingang von Branzoll in das Weingut H. Lentsch fuhren. Die Apfellese neigte sich dem Ende zu. Überall standen Kisten mit leuchtend roten Pink-Lady-Äpfeln herum. Auf rund zwei Dritteln der Gesamtfläche des Betriebs wird Obstbau betrieben. Biologisch natürlich, und zwar nicht nur aus ideellen Gründen. «Wir sind bei keiner Genossenschaft dabei, die früheren Obsthändler sterben aus, und es gibt inzwischen fast nur noch grosse Handelsketten», meint Klaus. «Da ist der Biobau die einzige Schiene, um zu überleben». Klaus‘ Onkel mütterlicherseits, Südtirols grosser Biodynamiker Alois Lageder, würde wohl die Stirne runzeln über so viel Pragmatismus.
den ganzen Winter durch im kalten Estrich oben stand. Die Haut des Apfels ist zwar etwas schrumpelig geworden, so wie das auch der schönsten Lady passiert. Aber das Fleisch schmeckt immer noch knackig frisch und wunderbar süss-säuerlich. Tatsächlich ein sündhaft guter Apfel, diese Neuzüchtung des Australiers John Cripps aus Lady William’s und Golden Delicious. Eigentlich will ich hier aber über Wein und nicht über Äpfel schreiben. Denn schon seit 120 Jahren betreibt die Familie Lentsch Weinbau in Branzoll südlich von Bozen. Zuvor beschäftigte sie sich vor allem mit dem Abbau und Vertrieb des hier reichlich vorhandenen roten Porphyrgesteins, das schon Goethe in der «Italienischen Reise» und später Zuckmayer in der «Magdalena von Bozen» zu dichterischer Verdichtung verleitete. Die Lentschs sahen das weniger poetisch: «Über Branzoller Porphyrsteine fuhren Pferdegespanne in Sarajevo, Fiaker in Wien und Kosaken auf dem Roten Platz in Moskau», hält die Website der Familie nicht ohne Stolz fest. Man könnte hinzufügen: Auf Branzoller Porphyrgestein wächst hervorragender Wein. 1882 kauften die Gebrüder Lentsch den Gutsbetrieb Adlerhof zusammen mit dem Gasthof Zum Schwarzen Adler, und schon wenig später begannen sie, eigenen Wein für den Ausschank im Gastbetrieb zu keltern. Heute wird in der dritten Generation auf 14,5 Hektaren Weinbau betrieben. Der poröse, dreischichtige Boden aus Lehm, Sand und Porphyrsteinen, der von unterirdischen artesischen Luftströmen durchlüftet wird, eignet sich perfekt dazu. Die Rebsorten sind ganz auf das Terroir abgestimmt. Die kraftvoll-warmen, sandig-steinigen Böden bieten beste Voraussetzungen für den
Adresse Ich beisse in einen Pink-Lady-Apfel aus der Kiste, die uns Klaus zum Abschied gab, und die Der Cabernet Merlot Palestina reift während zwei Jahren zum einen Teil in Barriques, zum anderen Teil im grossen Holzfass.
Weingut H. Lentsch Reichstraße 71 I-39051 Branzoll Tel. 0039 0471 596 017 www.lentsch.it
und strengem, feinem Tannin wie Seide über die Zunge und klingt noch sehr lange nach im Gaumen. Kein Zweifel, das muss ein Lagrein sein, und zwar ein grosser. Tatsächlich bestätigt mir Klaus am Telefon, dass er uns seinerzeit einen eben erst abgefüllten, noch unetikettierten Lagrein Morus 2004 mitgab.
Klaus Lentsch erzeugt ein nur kleines, aber exquisites Sortiment von Qualitätsweinen.
Anbau von Cabernet (Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Carmenère), Merlot und Lagrein. Hinzu kommen etwas Vernatsch und Goldmuskateller. Vor mir steht eine Flasche ohne Etikette und Kapsel. Klaus gab sie uns mit, weil sie mir damals besonders gut schmeckte. Doch zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mich heute weder an den Wein noch an den Jahrgang erinnere. Ich nehme aber an, dass es sich um eines der beiden Paradepferde des Hauses, den Lagrein Morus oder die Cabernet-Merlot-Cuvée Palestina, handelt. Die Flaschenform hilft mir auch nicht weiter. Denn die Lentschs füllen alle ihre Weine in Bordeaux-Flaschen ab. Also greife ich zum Korkenzieher und öffne die Flasche. Auch der Korken liefert keine Hinweise. Da steht nur Weingut H. Lentsch drauf. Selbst das Sonnenrad fehlt, das geheimnisvolle, an keltische Runen erinnernde Familienzeichen der Lentschs, das Prospekte, Etiketten und die meisten Korken ziert. Vielleicht gelingt es mir, den Inhalt der Flasche anhand meiner Degustationsnotizen zu identifizieren. Der Wein leuchtet in dunklem, jugendlichem Rot, duftet intensiv nach Waldbeeren, wilden Steinfrüchten, dezenten Würznoten, gleitet dank seiner perfekten Harmonie von stoffiger Fülle, saftiger Säure
Der lateinische Name «Morus» ist eine Hommage an den Maulbeerbaum, von dem ein letztes Exemplar am Fuss einer alten Lagreinlage steht, und an die Bedeutung der für die Seidenraupenzucht einst wichtigen Nutzpflanze erinnert. Und wenn wir schon bei Weinnamen sind: Auch um die Prachtslage Palestina, die am Rande eines Kastanienhains liegt und immer mehr von Wohnhäusern bedrängt wird, rankt sich eine Legende. Sie hängt mit dem früheren Besitzer, Thomas von Ferrari, zusammen, der Ende des 19. Jahrhunderts k.u.k. Corvettenkapitän war und oft nach Palästina fuhr. Die Canalini aus dem friulischen Kanaltal, die in seinem Auftrag die Lage in Branzoll rodeten und mit Reben bepflanzten, sollen neugierigen Dorfbewohnern auf die Frage, wo denn der Gutsherr sei, stets geantwortet haben: «In Palästina.»
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Das sass. Und darum gibt es jetzt mitten in Branzoll ein Stück gelobtes Land. Text: Andreas Keller
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Entdecken Sie die Spitzenweine des Weinguts H. Lentsch Als «Südtirol Magazin»-Leser profitieren Sie von der Möglichkeit, drei Weine des Weinguts H. Lentsch zu Spezialpreisen beim Importeur zu bestellen. Muskatell 2006 Südtiroler Goldmuskateller DOC
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Im Laufschritt durch die Küche «Alles nur nicht Köchin» wollte die junge Anna Matscher werden. Schliesslich hatte sie, die Wirte-Enkelin, eine Kindheit lang Zeit gehabt, die Tücken eines solchen Lebens zu beobachten. Nein, Anna Matscher hatte andere Pläne für ihr Leben. Sie lernte Masseurin und walkte Kurtouristen durch. Erst nach dem Tod der Grossmutter und nachdem verschiedene Köche hinter den Löwen-Töpfen gestanden hatten, entschloss sie sich, doch noch in die Fussstapfen ihrer Vorfahrinnen zu treten. Nicht zuletzt, weil die angeheuerten Köche nie so kochten, wie sie sich das vorstellte. «Ich schickte alle weg, band mir die Schürze um und fing nochmals von vorne an». Heute ist das Restaurant zum Löwen in Tisens ein bekannte Adresse, darf sich mit einem der begehrten Michelin-Sterne schmücken und der Name Anna Matscher steht für eine kreative, junge und trotzdem im Boden Südtirols verwurzelte Küche. Dahin wollen wir! Kurve um Kurve nähern wir uns dem kleinen Dorf Tisens, dessen Häuser sich am rechten Hang oberhalb Merans in den Berg krallen. Oben angekommen, bewundern wir die Hauptstrasse. Die sorgfältig renovierten Häuser, die kleinen fein sortierten Geschäfte und die Gaststuben legen die Vermutung nahe, dass hier Gäste oft und gerne gesehen sind. Und jetzt also der Löwen. Das alte Haus mit den dicken Mauern und dem soliden Dach steht an der Hauptstrasse. Drinnen sind die Wände weiss gestrichen, von der Decke baumelt filigranes Lampenwerk und auf den Böden liegen edle Teppiche. Auf den Tischen flackern Kerzen und auf den Fensterbänken blühen weisse Orchideen. Eine durch und durch feminine Stimmung, die einen spannenden Kontrast zum mächtigen Bau bildet. Bevor man sich auf das Essen konzentriert, sollte man sich unbedingt noch ein paar Minuten der Kunst im Löwen widmen. Vor allem das grosse, blaue Ölbild im ersten Raum ist einen zweiten Blick wert: Was sich vordergründig als brave Farbfläche präsentiert, entpuppt sich auf
den zweiten Blick als pikante Erotika mit unzähligen versteckten Details. Das Bild passt gut zu Anna Matschers Küche. Auch sie ist eine wunderbare Überraschung – frisch und mutig und so gut, dass man sie eigentlich unter Heimatschutz stellen müsste. Diesen Satz werden wir in den nächsten Stunden, während derer wir Teller um Teller probieren dürfen, was sich die Köchin «wider Willen» beim täglichen Joggen ausdenkt, ein paar Mal wiederholen. Als erstes bekommen wir ein Pusterl Törtl. Der Krapfen ist mit Mangold und Kartoffeln gefüllt und ist – wie Matscher uns später erzählen wird – der Stolz jeder Haufrau in ihrer Heimat, dem Pustertal. Diesem eher bodenständigen Gericht folgt ein federleichter Gang mit Rotbarschfilet aus der Basilikummarinade und Jakobsmuscheln auf Sauerkraut mit Balsamico. «Man muss», sagt Matscher «manchmal den Mut haben, Unerwartetes zusammenfügen, um die Gäste zu überraschen.» Das ist das eine Geheimnis ihrer Küche, ein anderes ist ihre sehr gute Beziehung zu den Erzeugern. «Wir werden vom Metzger gut ver-
Modernes Ambiente unter genuiner Holzdecke – und viele Grundprodukte aus dem eigenen Garten.
Anna Matscher, die Küchenchefin des Restaurants Löwen in Tisens, ist in manchen Hinsichten eine ungewöhnliche Frau. Und in jeder Hinsicht eine grossartige Köchin.
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sorgt», rühmt sie etwa den Nachbarn. Zu ihm hat sie, wie zu allen ihren Lieferanten im Laufe der Jahre ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Die Qualität des Grundproduktes sei das A und O einer guten Küche, ist die Autodidaktin überzeugt. Aus diesem Grund hat sie sich auch einen eigenen Gemüse- und Obstgarten zugelegt. Dort pflanzt sie Karotten, Salate, Beeren, Kräuter und vor allem Kartoffeln an, denn «gute Kartoffeln sind heute eine Rarität.» Diese liegen nun vor uns, nicht einfach so, sondern als Kartoffelpüree mit einem Schuss Kürbisöl, diese dunkle, sämige Spezialität aus dem benachbarten Österreich. Und beim ersten Mundvoll können wir plötzlich Matschers Kartoffelphilosophie eins zu eins nachvollziehen. Himmlisch! Und sehr passend zur äusserst zarten Lammnuss, die auf einem pikanten Wirsingbett liegt. Inzwischen haben die meisten Gäste den Hauptgang hinter sich. Über allen Bäuchen herrscht Zufriedenheit, im Raum macht sich eine wohlige Gemütlichkeit breit. Anna Matscher begrüsst ihre Gäste, schüttelt Hände und freut sich offensichtlich immer über die Komplimente der Gäste. Die Begeisterung der Gäste bestätigt sie auf ihrem experimentellen Weg. «Mittlerweile kann ich mir einiges leisten – die Leute vertrauen mir», sagt sie und betont, dass ihr dieses Vertrauen genauso wichtig sei, wie die Auszeichnungen der verschiedenen Gastroführer. Und doch haben sich Anna Matscher und ihr Mann Luis, der im Löwen zuständig für die Betreuung der Gäste und des Weinkellers ist, sehr gefreut, als sie letztes Jahr «ihren Michelin-Stern» wieder zurückbekamen. Denn die
Adresse Restaurant zum Löwen Anna und Luis Matscher Hauptstrasse 72 I-39010 Tisens Tel. 0039 0473 920 927 www.zumloewen.it
Matschers und ihre Sterne, das ist eine lange Geschichte, die im Jahre 2007 ein Happy-End gefunden hat, und die sie immer noch gerne erzählen: Als sie das erste Mal vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet wurden, fielen sie aus allen Wolken, so unerwartet kam die Anerkennung. «Wir hatten gerade angefangen, waren noch nicht bereit für den Rummel, der zum Stern gehört». Trotzdem freute man sich, arbeitete und wuchs mit der Zeit in die grossen Schuhe hinein. Aber just in dem Moment, als das Ehepaar und das ganze Löwen-Team das Gefühl hatte «jetzt passt es», wurde er ihnen wieder weggenommen. Das hat nicht nur intern Anlass zu Diskussionen gegeben, sondern wurde in ganz Südtirol zum Gesprächsthema. «Plötzlich haben wir Dinge in Frage gestellt, die zuvor selbstverständlich waren». Die einzige, die im ganzen Rummel gelassen blieb, war Anna Matscher. Sie konnten endlich wieder ohne Druck kochen, leistete sich ein paar Wochen Ferien mit dem Ehemann, besuchte Kollegen, erweiterte ihren Horizont und kehrte zurück an den heimischen Herd, wo sie ihre Arbeit fortführte. Der Stern kam schnell zurück und jetzt «passt er wirklich, er fordert heraus, ohne zu drücken», sind Anna und Luis Matscher überzeugt. Bevor wir in die dunkle Tisenser Nacht entschwinden, geniessen wir einen letzten LöwenTeller: Eine Kombination aus Kastanieneis und karamellisiertem Apfel. Der perfekte Abschluss eines einzigartigen Essens in einer ebensolchen Umgebung. Text: Monique Rijks
Ent scheidungshilfe | 25
7 Gründe für eine Reise ins Südtirol 1) Natürlich ist das Museion der Hauptgrund! Am 24. Mai 2008 eröffnet das Museum für moderne und zeitgenössische Kunst am neuen Sitz, entworfen von den Berliner Architekten KSV Krüger Schuberth Vandreike, der mit einer Neudefinition des Projektes Museion einhergeht. Der Titel der Eröffnungsausstellung ist «Peripherer Blick und kollektiver Körper». 2) Weil Südtirol ein europäisches Territorium ist, in dem es möglich ist zu experimentieren. Der kulturelle Höhepunkt wird im Sommer 2008 mit der Eröffnung des neuen Museion und dann der Manifesta 7 erreicht, zwei Ereignisse, die vielseitige Impulse hervorbringen werden. 3) Wegen der Vielseitigkeit der Region, der vielen verschiedenen Landschaften und Architekturen. Weil die Luft eine ganz eigene Farbe hat und wegen der Transparenz und Reinheit der Landschaft. Eindrücke, die man bei Wanderungen in den Bergen entdecken kann. 4) Wegen der feinsinnigen Eindrücke: Die Frische und der Geschmack der einheimischen Produkte, das hohe Niveau der Südtiroler Küche, die Qualität der Weine, die ich entdeckt habe und … wegen der Vögel, die jeden Morgen auf meinem Fensterbrett singen. 5) Wegen der großen Leichtigkeit, mit der von einer Sprache zur anderen gewechselt wird. Ich schätze es sehr, dass auch im Alltag des Museion vom Deutschen zum Italienischen und zum Englischen gewechselt wird. Seitdem ich hier bin, musste mein Spanisch dem Italienischen Platz machen; mit dem Deutschen habe ich die Freude am Erlernen einer Sprache wiederentdeckt, auch wenn ich als Südländerin leichter Ladinisch lernen würde!
7) Wegen der «Patschn», der typischen Filzhausschuhe, die ich liebe und die auch grosse Bewunderung bei meinen ausländischen Gästen finden. Sie stehen sinnbildlich für die Aufmerksamkeit, die man in Südtirol der Schönheit der Materialien schenkt – wie zum Beispiel dem Holz.
Corinne
Diserens
leitet
das
Museion in Bozen seit März 2007. Geboren in Genf, hat sie ihre Studien an der Sorbonne sowie am «Whitney Museum of American Art» in New York mit dem «Independent Study Programm» absol-
Text: Corinne Diserens
viert und später mit zahlreichen
Foto: Oliver Oppitz
amerikanischen
und
ischen
zusammenge-
Museen
europä-
arbeitet. In den 80er Jahren war sie Kuratorin am Institut Valencia d’Art Modern, bevor sie Direktorin des «Musee des beaux-arts»
6) Wegen des zwiespältigen Eindrucks, alles in greifbarer Nähe zu haben; ein sehr angenehmes und positives Gefühl, jedoch mit der Beschränkung, die alles Einfache mit sich bringt.
in Nantes und der 13 Museen der Stadt Marseille wurde.
Fahr tenschreiber | 27
Ins Pustertal: Immer schön der Sonne nach Das Restaurant Schöneck auf halben Weg zwischen Pfalzen und Kiens – ideal, um eine Pause einzulegen.
Wer über die Pustertaler Sonnenstrasse fährt, nimmt sich keine Weltreise vor. Die Strecke ist nur 24 Kilometer lang. Sie fängt kurz vor Niedervintl an und führt entlang den Dörfern Terenten und Pfalzen ins alpine Städtchen Bruneck. Der Reiseführer empfiehlt uns, dafür 40 Minuten einzusetzen. Das genügt sicher, wenn man im Auto sitzen bleibt und die Landschaft als laufenden Film am Horizont wahrnehmen will. Diese zeigt sich hier nämlich tatsächlich von einer dramatischen Seite: Enge Schluchten reihen sich an weite Ebenen, felsige Anstiege wechseln sich ab mit flachen Weiden. Langweilig wird es einem beim Schauen auf keinen Fall. Bis nach Niedervintl fahren wir entlang der Rienz. Der Fluss teilt sich den Talboden mit der rege befahrenen Strasse. Vom Auto aus blickt man auf die Felder, die einen letzten grünen Streifen zeichnen, bevor die grauen Felsen der Dolomiten wie Orgelpfeifen in den Himmel stechen. Hier weiden Kühe und grasen Schafe, führen putzige Holzbrücken übers Wasser und liefern sich schwitzende Velofahrer ein Wettren-
nen mit dem stockenden Verkehr. Die Strecke ist beliebt, früher vor allem bei Auto- und Motorradfahrern, in den letzten Jahren hat sie sich auch als attraktiver Radweg einen Namen gemacht. Trotzdem: Kurz vor Niedervintl verlassen wir die Hauptstrasse und steigen auf der Sonnenseite des Tales steil hinauf bis zum Dorf Terenten. In dessen fast durchwegs renovierten Häusern leben ganzjährig 1650 Einwohner, im Winter und im Sommer reisen jeweils fast nochmals so viel Touristen hierher, um sich im umliegenden Gelände sportlich auszutoben. Auch wenn die Berge locken, wir bleiben auf dem Boden und schnappen frische Luft im gepflegten Biotop «Pichner Moos». Wir fahren weiter und stechen in die plötzlich liebliche Landschaft, die sich hier auf dem Plateau immer mehr öffnet, bis sie weitläufig wirkt, auch wenn sie links und rechts von Bergen eingerahmt wird. Bis zum Dorf Pfalzen mäandert die Sonnenstrasse durch diese Topografie, bevor sie sich nach dem Dorfausgang wieder der Talsohle entgegen neigt. Ehe wir den Sonnenhügel wieder verlassen, legen wir eine längere Pause ein: Beim Restaurant Schöneck, das sich hinter einer zackigen Kurve versteckt – genau auf halbem Weg zwischen Pfalzen und Kiens. Das Restaurant der Brüder Baumgartner ist in einem stattlichen Haus untergebracht, dessen Fassade bereits signalisiert: «Wir pflegen die Tradition, aber verstauben lassen wir sie nicht.» Jetzt zur Mittagszeit in der Zwischensaison sind nur ein paar Tische besetzt. Wir nehmen an der Bar Platz, wo Chesterfieldsofas und das lodernde Feuer im Kamin solide, englische Landgemütlichkeit ausstrahlen. Nur für kurze Dauer. Bis Karl auftritt. Karl ist Koch und Barde. Und für beides in ganz Südtirol bekannt. Als Koch hat er sich mit seiner frechen Mischung aus hiesigen Spezialitäten und mediterranen Einschüben einen Michelin-Stern verdient. Als Barde erobert er regelmässig die Herzen seiner weiblichen Gäste – leider ist er heute erkältet. Wir kommen deshalb
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nur in den Genuss des halben Schöneck-Vergnügens: Einem Teller Fischspezialitäten und einem originellen Schokoladen-Törtchen mit Tabak-Eis. Serviert wird uns das Essen von Bruder Siegfried. Dieser singt zwar nicht, aber ist deswegen nicht minder bekannt, allerdings eher dank seiner eindrücklichen Sammlung von Weinen und Schnäpsen. Bevor wir wieder ins Auto steigen, gehen wir die paar Schritte bis zum Issinger Weiher hinunter. Der kleine See, der sich trotz seiner Höhenlage von fast 1000 Meter schnell aufwärmt, wird von den Südtirolern besonders gut gepflegt, schliesslich dient er zur warmen Zeit als Meeresersatz. An seinen Gestaden findet an lauen Sommerabenden das «Dolce far niente» à la Alto Adige statt. Mit einem Unterschied: Hier weht einem keine leichte Meeresbrise um die Nase, son-
Infos Restaurant Schöneck Schloss-Schöneck-Strasse 11 I-39030 Kiens Tel. 0039 0474 565 550 www.schoeneck.it Latschenölbrennerei Bergila I-39030 Pfalzen Tel. 0039 0474 565 373 www.bergila.com Restaurant Tilia Weisskircherstrasse 33 I-39030 Vintl www.bergila.com Für Unterkünfte im Pustertal: www.kronplatz.com
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dern der unverkennbare Duft von frischen Bergkräutern. Gleich neben dem Weiher steht die Latschenölbrennerei Bergila. Im kleinen Familienbetrieb werden ätherische Öle, Tees und Kosmetika erzeugt. Die Zutaten für fast alle diese Produkte werden im grossen Kräutergarten vor dem Hause kultiviert. Nachdem die Pause an der Schöneck-Kurve Auge, Bauch und Nase froh gemacht haben, nehmen wir das letzte Stück der Sonnenstrasse unter die Räder. Es geht bergab, direkt ins Herz des Städtchens Bruneck, das auch als «Perle des Pustertals» bekannt ist, und über dem das mächtige Schloss Bruneck thront. Leider ist das Gebäude noch bis zum Sommer 2009 fürs Publikum geschlossen. Zurzeit richtet dort der wohl umtriebigste Südtiroler, Reinhold Messner, ein weiteres «Berg-und-Mensch-Museum» ein. Wir trösten uns mit einem Spaziergang durch die Stadtgasse und nähern uns dem Phänomen «Gelato».
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Die gehobene Gastronomie im Pustertal: das Restaurant Tilia in
Text: Monique Rijks
Vintl.
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- Spaziergang zur Hausquelle „Aqua Bad Cortina“ mit Nicol - Ausflug zum Sonnenaufgang am „Kronplatz“ (2.275 m) und zum Sonnenuntergang am Würzjoch (2.006m) - Wanderung zu unserem Naturpark - Grillfest/Barbecue mit Live Musik - Sporttag mit Marco - Nordic Walking Schnupperkurs - Mountainbike Tour - Kletterkurs - Weilerrundgang zu den Enneberger Höfen mit Verkosten einheimischer Schnäpse
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Schweiz – Südtirol retour Südtirol ist bequem und rasch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Mit Schweizer ÖV und Vinschgerbahn gelangen Sie im Stundentakt von Zürich nach Bozen. Die Rhätische Bahn bietet zwischen Landquart und Zernez eine tägliche Schnellverbindung in beiden Richtungen. Dazu gibt es täglich mehrere Postautokurse von Zernez über den Ofenpass nach Mals im oberen Vinschgau. Dort bietet die Vinschgerbahn nahtlose Anschlüsse nach Meran und seit dem 10. Dezember 2006 auch direkt nach Bozen. Wer nur einmal umsteigen will, steigt in Zürich in den Schnellzug nach Wien und wechselt in Innsbruck in den Anschlusszug nach Bozen und Verona. Rückfahrt ab Bozen. Wieder mit direktem Anschluss in Innsbruck. www.sbb.ch und www.vinschgerbahn.it Jeden Samstag, von März bis November, startet in St. Gallen (via Zürich) der Car des SüdtirolExpress nach Meran. www.suedtirolexpress.ch
Die Ferienregion Kronplatz liegt im Pustertal, mit seinen weiten grünen Wiesen, Wäldern und Aussichtsbalkonen. Wunderbare Seitentäler, kristallklare Bergseen, schmucke Orte wollen mit dem Auto oder dem Velo entdeckt werden. Ideal für alle, die sich bewegen, die Südtiroler Kultur und Gastronomie entdecken und sich in einem der zahlreichen Wellnesshotels von Kopf bis Fuß verwöhnen lassen möchten.
Tourismusverband Ferienregion Kronplatz I-39031 Bruneck/Südtirol Tel. +39 0474 555 447 Fax +39 0474 530 018 www.kronplatz.com info@kronplatz.com
Wer per Auto anreist, kann das quasi parallel zu den ÖV-Routen tun: entweder über den Ofen- oder Reschenpass in den Vinschgau oder auf der Autobahn via Innsbruck über den Brenner. Den besten Weg nach Südtirol finden Sie unter www.suedtirol.info/anreise
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Südtiroler Agenda Manifesta 2008 kommt die Manifesta 7 nach Südtirol und ins Trentino 19. Juli bis 2. November 2008 Mehr Informationen erfahren Sie unter www.manifesta7.it Die Manifesta ist neben der Biennale von Venedig und der alle fünf Jahre stattfindenden Documenta in Kassel, eine der wichtigsten europäischen Grossausstellungen zeitgenössischer Kunst. Die Manifesta – die europäische Biennale für zeitgenössische Kunst – wurde von der International Foundation Manifesta (IFM) ins Leben gerufen.
Gartennächte 2008 – World Music vom Feinsten 19.06. | 03.07. | 17.07. | 31.07. | 14.08. 21.00 Uhr (donnerstags) Mehr Informationen erfahren Sie unter www.trauttmansdorff.it
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Klänge aus der ganzen Welt verzaubern das Publikum an lauen Sommernächten in den Gärten von Schloss Trauttmansdorff bei Meran. Von Juni bis August erklingt an fünf Abenden im 2-Wochen-Rhythmus Musik aus aller Welt, dargeboten von hochkarätigen Musikgruppen in der stimmungsvollen Atmosphäre des Seerosenteichs.
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