Frühling 2010 | CHF 4.90 | www.meranerland.com
MERAN SPEZIAL
Bergbauernhöfe in stillen Seitentälern Das Vergnügen der Mutprobe Im Zeichen von Grandezza und Genussfreude
Tü rö f f n e r | 2
Liebe Leserinnen, liebe Leser Ich werde oft um Geheimtipps gebeten. Hier ist einer. Doch zuerst die Vorrede: Jedes Jahr findet Ende September der «Grosse Preis von Meran» statt. Ein hochdotiertes Hindernisrennen über 5000 Meter auf einer der anspruchsvollsten Pferde-Rennstrecken Europas, in Meran-Untermais. Ein sportlicher und gesellschaftlicher Grossanlass. Mein Tipp heisst Dante. Das ist kein Ross, auch kein Jockey. Sondern ein Ex-AmateurReiter, der sich auf der Meraner Rennbahn versucht hat: «Damals, als ich noch 60 Kilo jünger war.» Heute ist er Chef des «Ristorante al Concorso Ippico». Das befindet sich auf der Rückseite unterhalb der Haupttribüne. Ortsfremde verirren sich dahin ausserhalb der Turfsaison kaum bis nie. Die Meraner sind unter sich. Die Küche ist herzhaft, der Service herzlich. Beides mit sehr viel Italianità. Um den Weg zu Dante zu finden, rate ich zum Navi. Schliesslich ist dies ein Geheimtipp.
Kulturbonus
4
Bergbauernhöfe in stillen Seitentälern
Formfrage
8
Das Vergnügen der Mutprobe
Speisekammer
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Der Sozialarbeiter, der das Meraner Weinfestival erfand
Bettgeschichten
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Im Zeichen von Grandezza und Genussfreude
Entscheidungshilfe
14
5 Gründe für eine Reise nach Meran
Gewinnspiel
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Was sieht der Wanderer?
Flaschenpost
16
Das Bierschloss im tiefen Forst
Topfgucker
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Ein Restaurant, das Südtirol, Japan und Neapel in einen Topf bringt
Fahrtenschreiber
20
Seilbahnen im Meranerland: Wie auf Wolken schweben
Treffpunkt
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Agenda
Für Fragen zu Südtirol und Katalogbestellungen: Marketinggesellschaft Meran, Gampenstr. 95, I-39012 Meran, Telefon 0039 0473 200 443, info@meranerland.com, Urlaubsangebote unter: www.meranerland.com – Impressum: Redaktion: Erich Grasdorf (erich@grasdorf.ch) – Gestaltung: Sulzer, Sutter AG, Zürich – Realisation: CAT AG, Zürich (office@cat.ch) – Druck: Druckerei Zollikofer, St. Gallen – Fotografen: Marketinggesellschaft Meran, Helmuth Rier, Claudio Ziller – Titelbild: Besteckset/Finailhöfe
Sü d t iro l e r Einsi c h t e n | 3
Tanz im Himmel über Meran Text: Josef Rohrer
Wenn Sie in Meran fotografieren, kommen Sie an fünf weissen Frauen kaum vorbei. Sie stehen auf dem Dach des Kurhauses und tanzen zu einer imaginären Musik im Kreis. Ihre Körper aus hellem Kunststein heben sich scharf vom Himmel ab, der hier selbstverständlich fast immer blau ist. In punkto Fotogenität nehmen es die fünf Tänzerinnen fast mit Sissi auf, der Kaiserin, die marmorweiss im nahen Park thront. Das elegante Kurhaus in Meran gilt als der grösste Jugendstilbau an der Südseite der Alpen. Vor genau 100 Jahren wurde es bei einem Meister der Wiener Hofarchitektur in Auftrag gegeben. Seitdem haben die fünf Grazien zu ihren Füssen vieles kommen und gehen sehen. Zum Beispiel die schrägen Aufmärsche in der Faschistenzeit, MissItalia-Wahlen in den ersten Jahren nach dem Krieg oder die Traubenfeste mit ihrem folkloristischen Tschingbum, die später den touristischen Aufschwung begleiteten. 1969 sahen sie den legendären Kongress, auf dem die Südtiroler Volkspartei mit knapper Mehrheit die von Rom offerierte Autonomie annahm – die Basis des heutigen Südtirol. 1981 fochten auf der anderen Seite der Passer Anatoli Karpov und Viktor Kortschnoj das spektakuläre Finale der Schach-Weltmeisterschaft aus. Inzwischen steht dort eine der modernsten Thermen Mitteleuropas. Im kommenden Hochsommer werden die Tänzerinnen zu ihren Füssen ein Jubiläum erleben. 2010 gehen im Kurhaus zum 25. Mal die Meraner Musikwochen über die Bühne. Dieses Klassik-Festival hat sich über die Jahre für Solisten und grosse Orchester zu einer
der besten Adressen in Europa entwickelt. Fast alle berühmten Konzertmeister haben hier schon gastiert.
Josef Rohrer ist Journalist und Museumsgestalter. Er lebt in Meran. 2009 wurde
Das Festival ist der gelungene Versuch, die natürlichen Zutaten von Meran – sein Klima, seine Landschaft, die Promenaden und Wanderwege – mit einer kulturellen Note zu bereichern. Für dieses besondere Flair von Meran sind die fünf Tänzerinnen auf dem Kurhaus ein Symbol. Als man sie vor 100 Jahren aufs Dach setzte, gab es übrigens wütende Proteste wegen der «anatomischen Unmöglichkeiten» ihrer angeblich plump verdrehten Körper. Damals war es undenkbar, dass Hunderttausende sie einmal als Souvenir an schöne Tage ablichten würden.
das von ihm konzipierte Museum, in Passeier bei Meran, über Andreas Hofer eröffnet.
Ku l t u r b o n us | 4
Bergbauernhöfe in stillen Seitentälern: Spitzenküche unter Bergspitzen Text: Martin Hauzenberger
die nahe Siedlung, und gleich um die nächste Ecke wartet der Finailhof auf die hungrigen und durstigen Gäste.
Von der Sonne gegerbt und von der Sonne verwöhnt: Die Finailhöfe auf hohem Niveau.
Ein wirklich idyllisches Tal dieses Schnalstal. Die Wiesen und Wälder an den Hängen zu beiden Seiten liefern Kompositionen in Grün – und plötzlich wirkt einer dieser hellgrünen Hänge besonders regelmässig und tut so, als wolle er das Tal beenden. Wir haben die Staumauer von Vernagt oder Vernago erreicht. Noch ein paar Kehren hinauf zur Ortschaft Vernagt – oder das, was nach der Aufstauung des Schnalsbaches davon geblieben ist. Ein Teil des Dorfes verschwand nämlich beim Staudammbau in den Fluten. Bis hierher ist man im eigenen Auto oder mit dem Autobus vom Bahnhof Naturns aus gefahren. Jetzt heisst es, aus eigener Kraft nach oben zu kommen. Das beginnt mit einem rund zwanzigminütigen Aufstieg durch die Wiesen hinauf zum Tisenhof, einer ersten von mehreren Jausenstationen. Gegen die Berge hinauf geht der Blick ins Tisental, wo vor einigen Jahren der mittlerweile berühmt gewordene Mann aus dem Eis gefunden wurde, der seither ein regelrechtes Archäologiefieber in der Gegend ausgelöst hat. Die graue Vorzeit bekommt plötzlich neue Farben. Wir bleiben weiter unten im Tal auf gemütlicheren Pfaden, als der Ötzi sie hoch oben zu meistern hatte. Durch satte grüne Wiesen und lockere Wälder, in denen man auch mal berggängigem Grauvieh begegnen kann, führt der etwas unebene Weg, der traditionellen Wandersleuten besseres Terrain bietet als sportlichen Nordic Walkern. Links unten in der Tiefe begleitet uns der Stausee mit seinem prächtigen Blau, Grün und Türkis in allen Schattierungen. Nach weiteren rund vierzig Minuten, rund eine Stunde also nach dem Start in Vernagt, verkündet eine grosse Parabolantenne im Gras
Da lockt eine kleine Terrasse mit wunderbarster Aussicht auf den Stausee, die Berge ringsum und den liebevoll gepflegten Gemüse- und Kräutergarten. Wer keinen Platz auf der Terrasse findet, freut sich darüber, dass jede auch noch so kleine flache Stelle rund um die Wohn- und Wirtschaftsgebäude am steilen Hang mit Tisch und Stühlen ausgerüstet ist: ein Gastbetrieb mit vielen verschiedenen «Stuben» im Freien. Man labt sich am lokalen Apfel- und Birnensaft und geniesst einheimische Spezialitäten wie Knödelsuppe, Speck, Käse, Wurst und Brot. Hinter der «Bäuerinnen-Garten-Suppe» verbirgt sich eine exzellente Gemüsesuppe, und damit auch das männliche Handwerk nicht zu kurz kommt, gibt’s eine «Holzhacker-Suppe», «weil niemand eine gewöhnliche Gerstensuppe bestellen würde», wie die freundliche Bedienung schmunzelnd erklärt. Wohl gestärkt gehts weiter, entweder auf direktem Weg hinunter zum See oder mit einem mehr oder weniger langen Umweg durchs Tal. Die Auswahl ist gross, und die Wanderwege sind, wie überall im Südtirol, ausgezeichnet markiert. In jedem Fall führt das letzte Wegstück zurück zum Staudamm den See entlang – je nach Wunsch auf der schattigen Süd- oder der sonnigen Nordseite. Ein reiner Spaziergang sind die Wege allerdings nicht. Bei einigen Unebenheiten ist Vorsicht gefragt. Und ein Nebenbach wird auf einer Hängebrücke überquert, auf der man trotz der soliden Bauweise zwischen den Holzplanken hinunter ins rauschende Wasser sieht. Dann gehts per Auto oder öffentlichem Bus wieder talauswärts. Weiter unten im Etschtal lohnt sich bei Meran ein zweiter Abstecher in ein linkes
Adressen Finailhof I-39020 Vernagt am See 9 Tel 0039 0473 669 644 Ganzjährig geöffnet, kein Ruhetag.
Gompm Alm Obertall 19 I-39017 Schenna Tel 0039 0473 949 544 www.gompmalm.it Geöffnet von Ende Mai bis Anfang November, Fr geschlossen, Mo bis Do bis 18 Uhr, Sa, So bis 19 Uhr.
Thema | 5
Ku l t u r b o n us | 6
Seitental. Denn hoch über dem Passeiertal findet sich ein zweiter Bergbauernhof, der den Besuch lohnt. Im weiten, vielfältigen Wandergebiet des Hirzers lädt die Gompm Alm Wandernde zur Rast. Zwar sind wir auf 1800 Metern etwas weniger nahe am Himmel als auf dem Finailhof im Schnalstal. Doch die Gerichte sind kulinarisch auf noch höherem Niveau. Zwar findet sich auch hier gut Südtirolerisches wie Knödelsuppe oder Kräuterknödel, doch die Zubereitung erinnert so gar nicht an eine Alphütte. Aus der Küche kommen moderne Interpretationen traditioneller Köstlichkeiten wie
etwa Schüttelbrotbandnudeln mit frischem Schnittlauch. Dazu wird eigenes Brot gebacken und Alkoholfreies und -haltiges aus eigener Produktion ausgeschenkt. Und auf der Gompm Alm wird nicht nur gastronomisch das Südtirol mit der weiten Welt verbunden. Das Gleiche gelingt auch musikalisch. Während der Saison von Frühling bis Herbst sind immer wieder Formationen mit neu interpretierter Volksmusik oder bluesigen Sounds zu hören, und im Sommer steigt auf der Wiese neben dem Restaurant gar ein zweitägiges Festival mit einem reichhaltigen
Programm. Ein Alpen-Mini-Woodstock mit weit besserer Verpflegung als das Original. Die Gompm Alm ist mit den Luftseilbahnen von Saltaus auf den Hirzer oder von Verdins nach Tall zu erreichen. Ein Fussweg von mindestens einer halben Stunde – je nach gewählter Bergstation – ist allerdings auch noch gefordert. Auf den vielen Wegen des Hirzergebiets kann man sich seinen Anmarsch ganz nach persönlicher Lust und Laune programmieren. Er lohnt sich in jedem Fall.
Inmitten eines abwechslungsreichen Wandergebietes gelegen: Die Gompm Alm.
Eine Spezialität des Finailhofs: «Schöpsernes» – ein Hammelragout mit ausgeprägtem Goût.
Fo r m f r a g e | 8
Das Vergnügen der Mutprobe Text: Peter Krebs
«95 Prozent kommen durch» macht der diplomierte Bergführer Kuno Kaserer der Mutter aus Winterthur Mut, die an diesem Nachmittag mit ihren zwei Töchtern und deren Freundin seinen Hochseilgarten «Wasserfall» begehen will. Wobei begehen nicht ganz der richtige Ausdruck ist, für das Abenteuer von rund anderthalb Stunden, das die Wagemutigen erwartet. Am Anfang braucht es etwas Mut sowie Vertrauen in die Ausrüstung und die eigene Geschicklichkeit. Die Exkursion durch den Hochseilgarten beginnt mit dem Aufstieg über eine Leiter auf eine erste Plattform aus Holzbrettern, die in luftiger Höhe rund um einen kahlen Baumstamm festgeschraubt ist. Es ist ein Minibalkon ohne Geländer. Ein solches würde auch nur stören. Die Hobbyklettererinnen wollen vorwärts kommen. Sie tragen gemietete Helme und einen Sitzgurt, an dem zwei Stricke mit Karabinerhaken befestigt sind. Die hängen sie an Sicherungsseilen ein, welche die Anlage auf der ganzen Länge begleiten. Das erste Hindernis trägt den Namen «Orgel». Die Mutter geht voran. Rund zwanzig Rundhölzer, deren Oberfläche als Tritte dienen, baumeln senkrecht zwischen einer Serie von Schiffstauen. Über diese wacklige Brücke muss man sich bis zur nächsten Plattform vorantasten. Mit den Händen hält man sich an den Seilen fest. Wer sich zu schnell bewegt, hat verloren, denn dann beginnen die Orgelpfeifen zu schwanken wie die Klöppel einer Glocke. Nach den ersten Schwierigkeiten finden die Teilnehmerinnen rasch heraus, dass sie sanft und möglichst senkrecht auf die eigenwillige Unterlage treten müssen. Es
ist eine Mischung aus Geschicklichkeitsspiel, Geduld und Mutprobe. Nach ein paar bangen Momenten, die den Töchtern Schreie entlocken, versammelt sich die Gruppe auf dem nächsten Balkon. Die Frauen halten sich am kräftigen Baumstamm fest, wie am Mast eines Segelschiffs auf hoher See. Die Haken werden umgehängt. Es war bloss der erste Streich. Bald wird es rasanter. Nachdem alle erfolgreich eine schmale Brücke überquert haben, wartet die erste Schussfahrt. Man hängt sich dazu mit den Händen an eine Eisenstange, die wie der Guidon eines Fahrrads aussieht und auf Rollen über ein Drahtseil gleitet. Mit diesem einfachen Gerät saust man immer schneller hinunter zum rettenden Podest. Ein Gegengewicht zieht die Lenkstange zurück, wo schon die nächste Teilnehmerin mit einem Gemisch aus Vorfreude und Nervenkitzel wartet. So hangelt, klettert, schwankt und balanciert die Gruppe durch die rund zwanzig Hindernisse des Parcours. Kuno Kaserer hat ihn zusammen mit seinem Cousin vor zwei Jahren in einem steilen Waldstück oberhalb von Partschins bei Meran angelegt. Das Gelände liegt neben dem Zielbach unweit des bekannten, fast 100 Meter hohen Wasserfalls. Es ist eine solide und abwechslungsreiche Anlage. Bei ihrem Bau wurden viel Schweiss und auch Tüftelei investiert, das sieht man ihr an. Ein ganzes Jahr hätten sie daran gearbeitet, bestätigt Kuno Kaserer, ein ruhiger Mensch, wie es viele Bergsteiger sind. Man spürt, dass den Hochseilgärtner so leicht nichts zu erschüttern vermag. Er sei froh, wenn sein Garten zehn Jahre halte, der Zielbach könne ungemütlich werden, vor einigen Jahren habe er die Brücken mitgerissen, sagt er. Heute allerdings strahlt die Sonne, das schäumende Wasser bleibt in seinem Bett, während sich die Teilnehmerinnen mit einem
prickelnden Gefühl in der Magengegend von Aufgabe zu Aufgabe vorarbeiten. Es hat auch etwas von einem Computerspiel. Wenn eine Ebene erreicht ist, wartet schon die nächste, schwierigere in der Form eines schwingenden Baumstamms, zum Beispiel, oder eines Kletternetzes. Ganz am Schluss überquert man auf einer höchst wackligen Hängebrücke mit der Hilfe eines beweglichen Griffs den Zielbach. Dann sind alle froh, wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Aber sie freuen sich auch, weil sie das Vergnügen der Mutprobe angenommen und bestanden haben.
Info Der Hochseilgarten «Wasserfall» befindet sich oberhalb von Partschins, auf der Strasse Richtung Wasserfall. Er ist von Meran aus per Bus erreichbar (Umsteigen in Partschins).
Informationen und Anmeldung: Kuno Kaserer Tel. 0039 335 523 90 23 www.partschins.com
Der Hochseilgarten ÂŤWasserfallÂť oberhalb von Partschins fordert Kinder und Erwachsene zur Mutprobe heraus. Die rund zwanzig Hindernisse werden zu einem sehr abwechslungsreichen Erlebnis.
Sp e is e k am m e r | 10
Der Sozialarbeiter, der das Meraner Weinfestival erfand Text: Erich Grasdorf
Alles begann 1987 mit einer Reise ins Bordelais. Helmuth Köcher, damals Amtsstellenleiter im Amt für Sozialwesen der Stadt Meran, entdeckte seine Liebe zum Wein. Daraus entwickelte sich mit den Jahren Kennerschaft. Im Kreis weinbegeisterter Freunde wurden regelmässig die grossen und nicht ganz so grossen Weine dieser Welt verkostet. Absoluter Höhepunkt war eine Vertikal-Degustation im Meraner Ein-Sterne-Restaurant Flora unter den Lauben. Zu der hatte man Mouton Rothschild, Lafite Rothschild, Sassicaia und Ornellaia aufgeboten. Und die folgten der Einladung tatsächlich – wozu die Überzeugungskraft des Machers Helmuth Köcher sicher einiges beigetragen hat. Die Idee, in Meran ein Weinfestival zu etablieren, an dem Erzeuger ihre Weine selbst vorstellen sollten, kam den Freunden 1992. Die
erste Veranstaltung fand im Palace Hotel statt. Mit 40 Weingütern aus aller Welt. Es kamen auf Anhieb 1000 Besucher, von denen sich 200 als Mitglieder in den Gourmetclub Südtirol einschrieben. Und das, obwohl man keine Mittel für Werbung hatte. Denn die Freunde um Helmuth Köcher finanzierten alles selbst und arbeiteten ehrenamtlich. Das war der Grund, warum die Gruppe nach drei Jahren auseinanderfiel. Übrig blieb Helmuth Köcher, der wie nebenbei auch noch in Politikwissenschaften an der Uni Innsbruck ausgezeichnet abgeschlossen hatte. Zudem war er zum Direktor für Personal und Organisation aufgestiegen. Diesen gut dotierten Posten bei der Gemeinde Meran gab er auf, um ganz für das sich prächtig entwickelnde Weinfestival da zu sein. 1996 konnten zum ersten Mal Olivenöle verkostet werden. Ein Jahr später weitere gastronomische Delikatessen. Das Ganze läuft heute unter dem Namen «Meran(o) WineFestival & Gourmet». Dazu gehört eine ganze Reihe von Rahmen-
Veranstaltungen. Die Hauptveranstaltung findet immer Anfang November statt. Im vergangenen Jahr vom 7. bis 9. November. Vertreten waren im Meraner Kurhaus unter anderem die Union des Grands Crus de Bordeaux und die Deutschen Prädikats- und Qualitätsweingüter. Ausserdem trafen sich am 24. November alle besternten Südtiroler Spitzenköche in der Landesfürstlichen Burg in Meran: Nach dem zusammen mit dem Guide Michelin veranstalteten Event hatte Südtirol ein paar Sterne mehr. Neu sind es 16. So viele hat keine andere Region Italiens. Helmuth Köcher hat bereits wieder neue Ideen für den kommenden Herbst, für die 19. Ausgabe des Events, der Meran jedes Jahr für ein paar Tage zur Wein- und Kulinarik-Hauptstadt der Welt macht. Damit ihm die Arbeit auch wirklich nicht ausgeht, hat Helmuth Köcher im vergangenen Jahr auch noch ein eigenes Restaurant in Meran eröffnet. Es heisst – natürlich – «Festival». Und das sollte man sich bei einem Meran-Besuch nicht entgehen lassen.
Helmuth Köcher vor dem Meraner Kurhaus.
Info Das diesjährige Programm nächstens unter www.meranowinefestival.com
Festival Bistrot, Winebar & More Pfarrgasse 2/A I-39012 Meran Tel. 0039 0473 210 011
B e t t g e s c hi c h te n | 12
Im Zeichen von Grandezza und Genussfreude Text: Gaby Labhart
Umgeben von Apfelplantagen und Reben, fällt am Rand des hübschen Dörfchens Gargazon ein gradliniger, moderner Holzbau ins Auge. Es ist, ein knappes Dutzend Kilometer von Meran entfernt, eines der speziellsten Hotels des Burggrafenamtes, wie die Gegend hier heisst: das Bio-Vitalhotel Theiner’s Garten, gerade mal ein Jahr jung. Ein Hotel, das voll und ganz auf Bio setzt, ist mittlerweile nicht mehr so ungewöhnlich. Eines indes, das dies mit der Eleganz und Weltläufigkeit eines Vier-SterneSuperior-Hotels tut, ist aussergewöhnlich. Als Walter und Myriam Theiner, Pioniere in der biologischen Landwirtschaft des Südtirols, vor einigen Jahren beschlossen, ihren Hof und den dazu gehörenden Biofachhandel ihren drei Kindern zu übergeben, hätten sie eine ruhige Kugel schieben können. Nach kurzer Zeit schon überraschten sie ihre Kinder mit der Ankündigung, auf einem Stück Familienland ein Hotel bauen zu wollen, streng nach biologischen Grundsätzen, vom ersten Grundstein bis zum letzten Frühstücksbrötchen, vom Weinkeller bis zum Duschgel. Zur Verblüffung der Eltern waren die Kinder nicht nur einverstanden, sondern erklärten begeistert ihre Mitarbeit. Ein ungewöhnliches Projekt dieser Art braucht seine Zeit. Walter Theiner, mittlerweile 63, der einst Jus studiert hatte, bevor er den elterlichen Hof übernahm, erzählt in seiner besonnenen Art von den vielen Hindernissen, die es zu überwinden gab, bis alles so war, wie es heute ist. Nach vier Jahren Vorarbeit, einem Jahr Bauzeit und Investitionen von neun Millionen Euro war im März 2009 Eröffnung. Die 57 grosszügigen Zimmer sind ebenso wie Speiseräume, Bar und
Spa auf den Garten ausgerichtet. Die Sicht ist unverbaut, man lässt den Blick schweifen über den Biohof in der weiten Ebene, der nun von Sohn Ingo Theiner bewirtschaftet wird. Er wirkt im Hotel als Sommelier – und man sollte ihn unbedingt konsultieren, seine Tipps sind Gold wert. Kein Nagel, kein Leim stören die Harmonie des einheimischen Holzes, das bei abnehmendem Mond geschlagen wurde, versteht sich. Jedes Zimmer hat eine Wand aus Zirbenholz, hierzulande Arvenholz genannt. Zirbenholz garantiert einen erholsamen Schlaf und wirkt beruhigend auf das Herz. Dazu: metallfreie Betten, Naturmatratzen, Bettwäsche aus Biobaumwolle, keine Minibar, keinen Fernseher – damit die Zimmer frei von Elektrosmog sind. (Den Flachbildschirm kann ins Zimmer ordern, wer es nicht ohne aushält.)
In ein paar Jahren wird hier alles überwachsen sein und das Hotel seinem Namen alle Ehre machen: Theiner`s Garten.
Natürlich hat ein Hotel, das den Garten im Namen führt, auch seine Gärten zu bieten: Kräutergarten, mediterraner Garten und Dachgarten. Dort, auf dem Flachdach mit der prächtigsten Aussicht, ist auch der Fitnessraum mit Terrasse angelegt. Endlich einmal nicht im dunklen Keller wie sonst überall. Alleine dafür möchte man die Theiners ans Herz drücken. Hinreissend auch der Spa-Berich auf 1000 Quadratmetern (!) mit Innen- und Aussenpool, Kneippbecken, Schwebeliegen, Dampfbad, Biokräutersauna, finnischer Sauna – und alles in dieser eleganten Grosszügigkeit konzipiert, die das ganze Haus auszeichnet. Gemäss dem Motto der Besitzer, dass ein Biokonzept nicht Verzicht, «sondern vielmehr gesteigerten Genuss bedeutet», ist auch die Küche in «Theiner’s Garten» taufrische Spitzenklasse. Küchenchef André Kassin aus der Steiermark lässt die ganze Begeisterung, die er für saisonale, biologische Produkte hat, in seine Kochkünste einfliessen. Sehr zur Begeisterung seiner Gäste.
Adresse Theiner’s Garten BIO-Vitalhotel Andreas-Hofer-Strasse 1 I-39010 Gargazon Tel. 0039 0473 490 880 Fax 0039 0473 291 519 www.theinersgarten.it
En t s c h e i d un g shil f e | 14
5 Gründe für eine Reise nach Meran Herta Wolf Torggler
1. Meran ist ein Schmelztiegel aus Vergangenheit und Gegenwart. Bereits die Anfahrt stimmt auf die reiche Vegetation, bäuerliche Ensembles, Schlösser, fruchtbare Talsohlen, beschneite Bergspitzen und die mediterrane Vielfalt ein. Es ist das milde Klima, das die Stadt bekannt gemacht hat. Überall laden Schänken und Gasthäuser ein. Von den historischen Lauben gelangt man zu alten Ansitzen, Villen und Stadthotels der vorletzten Jahrhundertwende.
Herta Wolf Torggler, 1955 geboren, verheiratet, zwei erwachsene Kinder. Seit 1992 Galerietätigkeit in leitender Funktion. Seit 2001 Direktorin von kunst Meran.
2. Die Neue Architektur ist seit der grossen Ausstellung bei kunst Meran 2006 eine lebendige zeitgemässe Antwort auf die Historie. Meran ist reich an Kulturangeboten: Internationale Tennisturniere, Pferderennen in einem der schönsten Hippodrome der Welt, Südtiroler Classic Festival, International WineFestival & Culinaria und Trachtenumzüge im Herbst. An lauen Sommerabenden: Tango Argentino auf der Promenade. Theaterbesuch oder Jazzfestival im Stadttheater.
3. Hinter einer typischen Laubenfassade versteckt sich das Kunsthaus Meran. Es bietet internationale Kunst und Architektur. Einzelpräsentationen von Künstlern der (klassischen) Moderne wechseln mit Architekturangeboten, die vor allem das Thema Alpenraum und Landschaft vertiefen. Vielversprechende lokale Künstler werden mit im Ausland lebenden Künstlerpersönlichkeiten zu Projekten eingeladen. kunst Meran ist eine Schnittstelle deutscher und italienischer Kultur. 4. Meran ist mit seinen Thermalquellen Mitte des 19. Jahrhunderts in Mode gekommen. Eine internationale Klientel hat dem Bauernstädtchen den Tourismus gebracht. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden unter dem Kulturverständnis der Italiener Gebäude im Stil der neuen Herrscher errichtet. Heute finden wir neben bekannten Architekten von früher eine ansehnliche Bausubstanz neuer Architektur. So ist das Areal der Thermen eine Augenweide für Liebhaber der neuen Stilrichtung. Der Sandplatz und die Passage in der Freiheitsstrasse fügen sich harmonisch ins Stadtbild. 5. Der Weg zum Botanischen Garten Trauttmansdorff führt über die Sommerpromenade an Villen, Ansitzen und Herrenhäusern vorbei nach Obermais, hin zum Osthang der Stadt wo sich über 120 000 m2 eine wunderbare Gartenanlage ausbreitet – ein riesiger Blumengarten aus einheimischen und mediterranen Pflanzen.
Info kunst Meran Laubengasse 53 Tel. 0039 0473 212 643 www.kunstmeranoarte.org
G e w in nsp i e l | 15
Das Südtiroler Preisrätsel Was sieht der Wanderer durch den Feldstecher? Der gesuchte Bildausschnitt ist in diesem Magazin zu finden. Auf welcher Seite haben Sie ihn entdeckt? Geben Sie Ihre Lösung ein auf: www.suedtirol.info/suchspiel.
1. Preis
2. – 10. Preis
Zwei Übernachtungen für zwei Personen im neuen
Eintritt in die Gärten von Schloss Trauttmansdorff in Meran.
Theiner’s Garten Bio Vitalhotel mit Halbpension in
Rund ums Schloss befinden sich die beeindruckenden
Gargazon bei Meran. Weitere Infos zum Hotel lesen Sie
Gärten, im Schloss selbst befindet sich das Touriseum.
auf Seite 12 oder unter www.theinersgarten.it.
Infos unter www.trauttmansdorff.it und www.touriseum.it.
Wenn Sie in der Schweiz wohnen und volljährig sind, geben Sie einfach bis zum 27.5.2010 Ihre Lösung ein. Die Preise werden unter den richtigen Einsendungen ausgelost. Wie üblich ist der Rechtsweg ausgeschlossen und es findet keine Korrespondenz über das Gewinnspiel statt. Die Gewinner werden direkt benachrichtigt.
F l a s c h e np os t | 16
Das Bierschloss im tiefen Forst Text: Andreas Keller
Am Ausgang des Vinschgaus, dort wo die Strasse aus den Bergen in den Talkessel von Meran mündet, steht wie ein Tor zum Unterland die Bierbrauerei Forst. Ein Märchenschloss am Rande der Waldeseinsamkeit, halb Kloster, halb Festung, durch das man mit seiner Kutsche hindurchfährt. Abbremsen muss man hier nicht nur wegen der gut getarnten Radarfalle, sondern vor allem wegen der Fussgänger, die zwischen Bräustüberl und Braugarten links und rechts der Strasse herumirren und in entrückter Bierseligkeit den Verkehr nicht mehr recht wahrnehmen. Schon immer wollte ich hier einmal anhalten, um die pittoreske, im Tiroler Stil erbaute Gebäudeansammlung zu besichtigen. Da gibt es riesige eckquaderverstärkte Bauten mit leeren Fenstern, einsamen Balkonen, verlassenen Erkern und einem verlorenen Kirchturm mit Turmuhr und zwiebelartigem Kuppeldach. Teilweise sind die Gebäude bunt bemalt oder tragen Inschriften mit erbaulichem Inhalt. Und den Abschluss des Ganzen bildet eine veritable Burg aus dem Mittelalter. Immer wieder fragte ich mich, was sich hinter diesen Fassaden wohl alles verbergen würde. Das Rätsel löste sich, als wir einen Blick hinter die Kulissen der Brauerei Forst werfen konnten. Um Kulissen handelt es sich im wahrsten Sinn, wie uns Braumeister Antonio Cesaro anlässlich einer Betriebsbesichtigung zeigte. Hinter den hohen Gebäudemauern verstecken sich gigantische Gär- und Lagertanks, und der Kirchturm dient als Getreidesilo. Niemand schaut durch die blinden Fenster oder tritt gar auf die schmalen Balkone hinaus. Und in dem hoch oben angeklebten Erker träumt keine Prinzessin von ihrem Prinzen.
Adelige Damen gibt es hier allerdings schon. Margherita Fuchs von Mannstein heisst die gegenwärtige Chefin von Südtirols grösster Bierbrauerei mit Ableger in Palermo, die rund 450 Angestellte beschäftigt, gut 700 000 Hektoliter Bier pro Jahr absetzt, daneben auch noch Meraner Mineralwasser und Kaiserwasser vertreibt, mehrere Gastronomiebetriebe in ganz Südtirol besitzt und einen Gesamtumsatz von knapp 120 Millionen Euro erwirtschaftet. Sie verkörpert bereits die vierte Generation der Familie Fuchs, welche die 1857 gegründete Brauerei 1863 übernahm.
Dieses Fresko am Sudhaus zeigt nicht nur die Brauerei-Anlage, sondern auch die Generationen der Familie Fuchs von 1579 bis 1959.
Leider hatte ich nicht das Vergnügen, Margherita Fuchs persönlich kennen zu lernen. Aber ich hörte nur Gutes über sie und ihre Mutter Margarethe, die sich erst vor fünf Jahren aus dem Geschäft zurückzog. Im Südtiroler Wochenmagazin ff las ich zudem ein Interview mit der taffen Firmenchefin, die mit dem Bau einer Forst-Erlebniswelt grosse Pläne schmiedet. «Es wird mehrdimensional, man geht spazieren, man kann die alte Mühle anschauen, die Besucher nehmen Gerüche wahr, Hopfen und Malz, man kann das Brauen erlernen, die Kinder können Brot backen.» Als ob es eine solche Erlebniswelt noch bräuchte! Der Besuch der Brauerei ist eh schon ein Erlebnis. Unvergesslich bleibt uns jedenfalls der Besuch im Bräustüberl, wo uns Gastgeber Christian Hofer verwöhnte. Allein schon der Anblick des nach allen Regeln der Kunst frisch gezapften Hausbiers im ausgewählten Glas macht Freude. Und natürlich auch Appetit auf eine ofenwarme RiesenBierbrez'n oder gar einen Braumeisterteller mit Schweinshax'n, Speckknödel, Sauerkraut und vielem mehr. Was gibt es da Besseres als ein Forst? «Vivat, crescat, floreat!»1 «Es lebe, es wachse, es blühe!» (Wahlspruch von Forst)
1
Adresse Brauerei Forst AG Meran Vinschgauerstrasse 8 I-39022 Forst/Algund Tel. 0039 0473 260 111 Fax 0039 0471 448 365 info@forst.it www.forst.it
F l a s c h e n p o s t | 17
Was wie ein Kirchenturm aussieht, ist tatsächlich der Silo für das Getreide.
Entdecken Sie die Spitzenbiere der Brauerei Forst Forst-Bier findet man hierzulande so gut wie nicht. Doch wenn man unterwegs im Südtirol ist, lohnt es sich, bei der Brauerei Halt zu machen, um im Bräustüberl oder Braugarten ein frisch gezapftes Bier zu geniessen oder im Shop einige Flaschen zu kaufen. Neben den hier abgebildeten Flaschen gibt es das Leichtbier Forst Luxus Light, das nur offen ausgeschenkte Starkbier Forst Heller Bock und saisonale Spezialitäten.
Forst VIP Pils
Forst Sixtus
Forst 1857
5,0 % Vol.
Forst Kronen
6,5 % Vol.
Forst Premium
4,8 % Vol.
Sattes Hellgelb, kon-
5,2 % Vol.
Dunkelbraun bis
4,8 % Vol.
Frisches Goldgelb,
sistenter Schaum,
Sattes Goldgelb,
bernsteinfarben,
Frisches Goldgelb,
lang anhaltender
mit leichter Getreide-
lang anhaltender
konsistenter Schaum,
kompakter Schaum,
Schaum; sehr rei-
und Hopfennote,
Schaum, angenehm,
samtig mit Malz-
angenehmes
nes Hopfenaroma;
trocken und frisch.
von eleganter Inten-
aroma und angeneh-
Gleichgewicht
leicht herbe Noten.
Passt zu raffinierten
sität; voll, weich,
mer Karamellnote.
zwischen Hopfen
Passt zu hellen
Vorspeisen, Fisch,
rezent, angenehm
Passt zu Mehlspeisen
und Malz. Passt zu
Suppen, Fisch und
hellen Fleisch-
bitter. Passt zur
mit Äpfeln, Desserts
jeder Gelegenheit.
Weichkäse.
gerichten.
gehobenen Küche.
und Käse.
To p f g u c ke r | 18
Ein Restaurant, das Südtirol, Japan und Neapel in einen Topf bringt Text: Gaby Labhart
in Meran, wo im Sommer selbstverständlich aufgedeckt wird.
Basmatireis mit Sesam und auf Kirschholz geräucherter Entenbrust.
Hier ist alles etwas anders: Der Chef ist Quereinsteiger, sein Restaurant – im April 2003 eröffnet – ist die ehemalige Remise des Schlosses Kallmünz aus dem 16. Jahrhundert. Dort, wo einst die Kutschen standen, sitzen heute die Feinschmecker, vierzig, vielleicht fünfzig an der Zahl. Der hohe Raum mit den alten Balken ist schlicht, modern und hinreissend ausgeleuchtet. Die grossen Fenster führen auf einen Innenhof, eine Oase mitten
Luigi Ottaiano heisst der Herr des Restaurants Kallmünz. Der gebürtige Neapolitaner ist dank der Liebe vom Süden Italiens in den Norden gezogen. Und mit den Rezepten seiner Nonna im Gepäck. Wie er die Cucina seiner Vorfahren mit japanischen Inspirationen und lokalen Produkten vermählt, ist derart einfach und zugleich gewagt, dass man fast behaupten möchte, Ottaiano habe die Fusionsküche neu erfunden. Beispiele? Lauwarmer Gerstensalat mit raffiniert gewürztem Gemüse, Tintenfisch und Jakobsmuscheln.
Aber weil der Chef die Karte alle zwei Monate komplett umkrempelt, brechen wir hier ab. Es sei, sagt Ottaiano, langweilig, ständig das Gleiche zu kochen. Einen kleinen Kulinarikskandal löste der schöne, grossgewachsene Mann mit Jahrgang 1965 aus, als er ein Tartar aus Rindfleisch und Jakobsmuscheln auftragen liess. Rohes Fleisch und rohe Muscheln? Mittlerweile ist es ein Klassiker seiner Küche.
Liebevoll gestaltet bis in die Details – das Kallmünz.
Adresse Kallmünz Sandplatz 12 I-39012 Meran Tel. 0039 0473 212 917 www.kallmuenz.it Montags geschlossen
«Der Motor ist die Neugier. Man probiert, man experimentiert, manchmal funktioniert’s,
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manchmal nicht», sagt der Chef. Und vergleicht den Teller mit einem Akkord. Der könne harmonisch klingen und manchmal – ganz bewusst – auch disharmonisch. «Aber immer muss das Essen Wohlbefinden auslösen.» Akkorde und Harmonien, Klänge und Töne – Ottaiano holt die Vergleiche aus der Musikwelt, und das ist kein Zufall. Er war in Rom auf dem Konservatorium und lernte dort die Sangeskunst. Singen tut er nicht mehr. Nicht einmal in der Badewanne «und schon gar nicht in der Küche». Dafür lässt er seine ganze Kreativität in neue Gerichte einfliessen. Momentan beschäftigt ihn die Cucina povera, die Arme-Leute-Küche Italiens, dazu gehören
Eintöpfe wie Pasta mit Bohnen, die berühmte «pasta e fagioli». Was er zusammen mit seinen japanischen Köchen daraus machen wird, verrät er noch nicht. Was, möchte man eigentlich schon lange fragen und die neapolitanische Eloquenz des Chefs unterbrechen, was verbindet ihn eigentlich mit Japan? «0081», sagt er lachend. Die Vorwahl von Japan? «Ja, und von Neapel», lacht er. Und ergänzt: «Aber vor allem die Freundschaft.»
mindestens so viel von Wein wie der Chef vom Kochen. Die Weinkarte im Kallmünz mit über 350 Provenienzen ist atemberaubend. Und kann ganz schön erdrückend wirken. Nur keine Angst! Denn das Beste daran ist, dass es eine riesengrosse Auswahl an offenen Weinen gibt. Und dass der Sommelier seinem Namen wirklich alle Ehre macht: Er ist ein liebenswürdiger, kompetenter Berater. Hier ist, wie gesagt, alles etwas anders.
Masashi Yamashita leitet als Sommelier den Service im Restaurant. Mit ihm arbeitet Ottaiano schon eine halbe Ewigkeit zusammen. Der Japaner ist ein Genie, er versteht
Luigi Ottaiano, Chef im Restaurant Kallmünz. Ausnahmsweise mit Glas statt Kochlöffel.
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Seilbahnen im Meranerland: Wie auf Wolken schweben Text: Erich Grasdorf
Der Atzwanger Josef Staffler betrieb vor rund hundert Jahren einen Gasthof auf dem Kohlerer Berg ob Bozen. Um mehr Gäste in die Höhe zu locken, wollte er eine Standseilbahn bauen. Das wurde ihm – weil zu steil – amtlich verweigert. So erfand Staffler die schwebende Luftseilbahn. 1906 wurde sie ihm für Materialtransporte bewilligt. 1908 auch, um Personen zu befördern. Die erste, bereits ab Projekt ministeriell abgesegnete, damals so genannte Personenschwebebahn Südtirols folgte 1912. Sie führte von Lana auf das Vigiljoch. Und dahin führt sie noch heute – inzwischen mehrfach auf den jeweils aktuellen Stand der Technik gebracht. Die Vigiljochbahn braucht 10 Minuten für die Schwebefahrt zur Bergstation auf 1486 Metern. Oben angekommen befindet man sich 1158 Meter höher als beim Start in Lana. Und in einer autofreien Umgebung. Wer gleich einmal einkehren und die Aussicht geniessen will, kann das auf der Terrasse des Vigilius Mountain Resort. Das von Matteo Thun entworfene 5-Sterne-Hotel liegt ein paar Schritte neben der Bergstation. Wem der Sinn nach einer geruhsamen Wanderung steht, wählt den Weg zum Kirchlein St. Vigil aus dem 13. Jahrhundert – oder einen der anderen markierten Wanderwege. Das Vigiljoch ist bekannt für sein heilsames Wasser. Es sprudelt aus 14 Quellen, wird als Meraner Mineralwasser abgefüllt, zu Forst Bier veredelt – und speist die Therme Meran. Die Vigiljochbahn ist nur eine – aber eben eine ganz spezielle – von 375 Seilbahnen in Südtirol. Davon 23 allein im Meranerland. Die neueste ist die 2008 eingeweihte Texelbahn. Sie schwebt von Partschins in 4 Minuten und
30 Sekunden auf den Giggelberg (1544 Meter) und führt damit direkt zum Meraner Höhenweg mitten im Naturpark Texelgruppe. Sie ersetzt eine in die Jahre gekommene Seilbahn, die zwar immer noch funktioniert, aber nur noch für Warentransporte benutzt wird. Wer den Fortschritt im Seilbahnbau begutachten will, hat hier das beste Anschauungsmaterial. Über die neue Texelbahn freut sich die Familie Pichler ganz besonders. Sie betreibt das Berggasthaus Giggelberg, nur ein paar Höhenmeter oberhalb der Bergstation. Während bisher nur 5 oder 6 Personen in der Seilbahn-Kabine Platz fanden, sind es jetzt 25. Die Zahl der Gäste hat sich entsprechend erhöht. Ein Erweiterungsbau mit Gästezimmern ist bereits in Arbeit.
entern und einen Spaziergang durch den Ort machen. Und noch ein Tipp: Den Meraner Höhenweg kann man in Etappen erwandern. Zum Beispiel indem man mit der Hochmuthbahn nach oben und mit der Texelbahn wieder nach unten schwebt. Oder umgekehrt. Vigiljoch, Texel, Hochmuth und wie die vielen anderen Südtiroler Seilbahnen alle heissen: Wenn der Josef Staffler seinen Kopf nicht durchgesetzt hätte, wäre vielleicht alles anders gekommen und wir könnten heute nicht so schön schweben.
Ebenfalls am Meraner Höhenweg liegt die Bergstation der Seilbahn Hochmuth. Sie startet in Dorf Tirol und schafft in 5 Minuten 800 Höhenmeter. Die Fahrt ist sicher eine der schönsten in Südtirol. Sie führt über schroffe Schluchten und sanfte Matten. Man schwebt vorbei an Schloss Tirol und blickt auf das riesige Johanniter Seminar in Dorf Tirol. Der Panoramablick auf den Meraner Talkessel ist inbegriffen. Im Restaurant mit dem grossen Biergarten bei der Bergstation wird von der Familie Pircher Käse und Speck aus eigener Produktion serviert. Und die Radlermass ist auf Wanderer zugeschnitten, die einen Liter Flüssigkeitsverlust zu kompensieren haben. Denn mitten in einem Wanderparadies ist man hier tatsächlich gelandet. Zu einem der nahegelegensten Ziele gehören die spektakulären Muthöfe in extrem steiler Lage. Das gesamte Wegenetz eröffnet höchst gegensätzliche, eindrucksvolle und idyllische Welten – abseits von Lärm und Stress. Übrigens: Zur Talstation kann man motorisiert anreisen – muss es aber nicht. Man kann in Meran auch den Sessellift nach Dorf Tirol
Infos www.texelbahn.it
www.vigilio.com
Alle Seilbahnen und Infos zum Meraner Höhenweg unter: www.meranerland.com/wandern
Bergstation der Texelbahn: die neueste und modernste aller Südtiroler Seilbahnen.
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Südtiroler Agenda
Tiroler Kulturfrühling – Dorf Tirol Echte «alte» und moderne «schräge» Volksmusik
Gartennächte 2010 in den Gärten von Schloss Trauttmansdorff
01. April bis 07. Mai 2010
Juni / August 2010
Der Kulturfrühling – ein willkommener Anlass, Elemente der guten alten Volksmusik in neue Kontexte zu setzen und mit modernen Stilrichtungen zu verbinden. Ein «musik-kurioses» Crossover talentierter, experimentierfreudiger Bands und echter Tiroler Volksmusik, eine Rückbesinnung auf Heimat und alte Werte in gut verträglicher Verschmelzung zeitgenössischer Weltmusik. www.meranerland.com
Die Open-Air-Konzertreihe von Juni bis August, die mittlerweile zu den wichtigsten World-Music-Festivals in Norditalien zählt, findet auf der Seebühne im natürlichen Amphitheater der Gärten einen beeindruckenden akustischen Raum für Weltmusik vom Feinsten. Analog zum Motto der Gärten «Pflanzen aus aller Welt» weisen auch heuer wieder fünf Gruppen dem Publikum neue musikalische Horizonte. www.meranerland.com
25 Jahre Meraner Musikwochen
Veranstaltungsreihe Meraner Genussherbst
August / September 2010
Oktober / November 2010
Klassik vom Feinsten. In diesem Jahr feiert das Internationale Südtirol Classic Festival sein 25-Jahr-Jubiläum. Hochkarätige Orchester und namhafte Solisten bürgen im Jubiläumsjahr der Meraner Musikwochen für erstklassige Darbietungen und nachhaltige Hörerlebnisse aus der Welt der klassischen Musik. Das Meraner Kurhaus bietet, wie gewohnt, den passenden Rahmen für die Darbietungen der renommierten Orchester. www.meranerland.com
Eine erfolgreiche Obsternte und Weinlese wird in Meran und Umgebung mit zahlreichen Events gebührend gefeiert. Im Zentrum der meisten Veranstaltungen steht natürlich der Genuss der saisonalen Spezialitäten. Zur Veranstaltungsreihe gehört unter anderen das traditionelle Traubenfest, das renommierte Merano International WineFestival & Culinaria, der «Kestenriggl» in Tisens, Prissian und Völlan, die erlesenen Veranstaltungen von Vinoculti in Dorf Tirol sowie die Rieslingtage in Naturns. www.meranerland.com
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Schweiz – Südtirol retour Südtirol ist bequem und rasch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Mit Schweizer ÖV und Vinschgerbahn gelangen Sie im Stundentakt von Zürich nach Bozen. Die Rhätische Bahn bietet zwischen Landquart und Zernez eine tägliche Schnellverbindung in beiden Richtungen. Dazu gibt es täglich mehrere Postautokurse von Zernez über den Ofenpass nach Mals im oberen Vinschgau. Dort bietet die Vinschgerbahn nahtlose Anschlüsse nach Meran und direkt nach Bozen. Wer nur einmal umsteigen will, steigt in Zürich in den Schnellzug Richtung Wien und wechselt in Innsbruck in den Anschlusszug nach Bozen und Verona. Rückfahrt ab
Bozen. Wieder mit direktem Anschluss in Innsbruck. www.sbb.ch und www.vinschgerbahn.it Jeden Samstag, von März bis November, startet in St. Gallen (via Zürich) der Car des Südtirol-Express nach Meran. www.suedtirolexpress.ch Wer per Auto anreist, kann das quasi parallel zu den ÖV-Routen tun: entweder über den Ofen- oder Reschenpass in den Vinschgau oder auf der Autobahn via Innsbruck über den Brenner. Den besten Weg nach Süd-tirol finden Sie unter: www.suedtirol.info/anreise
Nicht immer spielt sich grosses italienisches Kino im Filmsaal ab.
Im Knottnkino* hoch über dem Meraner Talkessel können Sie sich ohne Unterbrechung von der Ruhe und Schönheit der nördlichsten Provinz Italiens die Sprache verschlagen lassen. Das Zusammenspiel von alpinen und mediterranen Einflüssen, das die Südtiroler Landschaft, Kultur Südtirol ist die nördlichste Provinz Italiens. und Menschen so typisch macht, lädt Sie zur nächsten Vorstellung ein. Das Zusammenspiel aus alpinen und mediterranen * Knottn ist Südtirolerisch für Felsen. Einflüssen kennzeichnet Landschaft, Kultur und Menschen. www.suedtirol.info www.suedtirol.info