Stimmung! Dichtung und Wahrheit zum Jahreswechsel Interview: Maya Graf über ihr Jahr als Nationalratspräsidentin
Die Sterne vom Himmel geholt: Surprise-Verkaufende stellen ihr eigenes Horoskop auf
Nr. 315 | 13. Dezember 2013 bis 2. Januar 2014 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.
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Titelbild: Priska Wenger
Editorial Erfolgskategorien BILD: ZVG
In den Zeitschriften ist jetzt die Zeit der Jahresprognosen. Es wird ins neue Jahr vorausgeschaut, ob es jetzt endlich komme, das Glück, das Geld, und ob man sie endlich kriege, die Liebe und die Garantie auf Gesundheit. Oft schwingt bei diesen Prognosen der Anspruch mit, dass einem das alles selbstverständlich zustehe. Auch wir blicken in die Zukunft: Unsere Surprise-Verkäuferinnen und -Verkäufer haben die Sterne für uns vom Himmel geholt, auf dem Boden der Realität ausgebreitet und für sich persönlich gedeutet. Sie haben uns von ihren Wünschen, Ängsten und Hoffnungen erzählt. Ihre Einschätzungen sind nachdenklich, manchmal traurig, aber oft auch erfrischend. So sagt Surprise-Verkäufer Alok Fechner aus Bern, verträumt zu sein (wie die Fische, sein Sternzeichen) sei nur deshalb negativ besetzt, DIANA FREI weil es in unserer Gesellschaft scheinbar zu nichts nütze sei. Für ihn steckt dahin- REDAKTORIN ter ein Denkfehler: «Die ganze Philosophie ist nur entstanden, weil ein paar alte Griechen nichts anderes getan haben, als nachzudenken.» Daniel Stutz aus Zürich wiederum findet, man könne nicht warten, bis das Glück von oben geflogen komme – dieses Eingeständnis hat ihn, den ehemals Spielsüchtigen, wohl einiges gekostet. Dass er sich zu dieser Einsicht durchgerungen hat, ist ein Schritt vorwärts, in eine neue Zukunft. Die Statements der Surprisler bieten eine eigene Sicht auf die gewohnten Erfolgskategorien der Horoskope: Gesundheit, Geld, Liebe, Glück. Doch unser Jahreshoroskop ist natürlich keine Prognose. Sondern das wahre Leben. «Im Prinzip messen wir den ganzen Erfolg an der Verschwendung», sagt Maya Graf, Nationalratspräsidentin 2013, im Interview ab Seite 18. Angesichts der Materialschlacht an Weihnachten gibt einem dieser Satz doppelt zu denken. Umso mehr, wenn Graf weiter findet: «Die zutiefst menschlichen Fragen gehen in unserer Gesellschaft, die von Gier und Hast geprägt ist, leicht unter.» Dass die Gesellschaft an der Gewinnmaximierung kranke, ist keine neue Diagnose. Die gute Nachricht ist: Die Surprise-Verkaufenden kranken nicht daran. «Für mich gibt es keinen Zusammenhang zwischen Geld und Glück», sagt Tatjana Georgievska aus Basel voller Überzeugung, und sie ist nicht die einzige. Beglückend finden wir bei Surprise immer wieder Christopher Zimmers Buchtipps, und wir haben ein Jubiläum zu vermelden: Der Fantasy- und Kinderbuchautor ist uns seit zehn Jahren als Literaturtipp-Schreiber treu. Aus diesem Anlass hat er uns – und Ihnen – eine Kurzgeschichte geschenkt. Wir bedanken uns ganz herzlich und freuen uns auf möglichst viele weitere Jahre mit Empfehlungen des passionierten Bücherschmökerers. Herzlich Diana Frei
Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Wir sind gespannt auf Ihre Kritik, Ihr Lob oder Ihre Anmerkungen. Schreiben Sie uns! Auf leserbriefe@vereinsurprise.ch oder an Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion trifft eine Auswahl und behält sich vor, Briefe zu kürzen. Oder diskutieren Sie mit uns auf www.facebook.com/vereinsurprise SURPRISE 315/13
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Inhalt Editorial Das wahre Leben Projekt SurPlus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP
6 Horoskop Blick in die Zukunft ILLUSTRATION: PRISKA WENGER
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Zum Jahreswechsel werden traditionellerweise Sterne gedeutet und Prognosen fürs nächste Jahr aufgestellt. Das tun auch unsere Surprise-Verkaufenden. Ihre Gedanken zu Gesundheit, Geld, Liebe und Glück im Jahreshoroskop der etwas anderen Art.
10 Strassen-Samichlaus Einsatz in letzter Minute BILD: ANNETTE BOUTELLIER
Als Ernst «Aschi» Aebersold eines Dezembertags am Bahnhof Burgdorf Surprise verkaufte, konnte er nicht ahnen, dass er seiner Stammkundin Monika Rutschmann bald einen grossen Gefallen erweisen sollte. Doch wenige Tage später spielte er im Blinden- und Behindertenzentrum Bern den Samichlaus – eine Adventsgeschichte mit speziellem Charme.
Die Illustrationen dieser Ausgabe stammen von Priska Wenger; der künstlerische rote Faden durch das Heft trägt ihre Handschrift. Die freischaffende Illustratorin gestaltet seit vielen Jahren die Bilder zu unserer Gerichtskolumne «Zugerichtet». Sie studierte Visuelle Kommunikation und Illustration an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Luzern. Seit 2007 lebt und arbeitet Priska Wenger in New York, wo sie 2009 den Master in Fine Arts ablegte.
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Rindsfilet, Lammfilet, Morchelsauce – keine Begriffe, die man mit dem Leben auf der Gasse verbindet. Doch an Weihnachten ist alles anders: Spenden fürs Weihnachtsessen ermöglichen auch Menschen, die vom Leben nicht verwöhnt werden, für einmal ein Schlemmermenü. Drei Gassenköche haben uns ihre Lieblingsrezepte verraten und von ihren Weihnachtsfeiern erzählt.
BILD: ZVG
BILD: LUCIAN HUNZIKER
14 Rezepte Festtage in der Gassenküche
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BILD: ANNETTE BOUTELLIER
18 Maya Graf Dompteurin im Nationalrat
Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben.
Mit ihrer unverkrampften Art und ihrer Hartnäckigkeit hat Maya Graf, Bio-Bäuerin und gelernte Sozialarbeiterin aus Sissach BL, eine steile Politkarriere hingelegt. Die vorläufige Krönung war das vergangene Jahr als erste grüne Nationalratspräsidentin. Wir haben sie im Präsidentinnenzimmer im Bundeshaus getroffen – fünf Tage, bevor sie es räumen musste.
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fast4meter Bern, Storytelling & Moderation
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Fischer & Partner Immobilien AG, Otelfingen
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Oechslin Architektur GmbH, Zollikerberg
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Kaiser Software GmbH, Bern
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Thommen ASIC-Design, Zürich
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mcschindler.com, PR-Beratung, Redaktion, Corporate Publishing, Zürich Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich
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VXL Gestaltung und Werbung AG, Binningen
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Proitera GmbH, Basel
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advocacy ag, communication and consulting, Basel
ILLUSTRATION: PRISKA WENGER
22 Kurzgeschichte Letztes Tram abgefahren Ein Reisender kommt vom letzten Zug, verliert in seiner eigenen Heimatstadt die Orientierung und gerät an einen Nicht-Ort etwas abseits der Realität. Bisher hatte er sein Leben dank Disziplin, Genauigkeit und Effizienz im Griff, plötzlich fällt die Planung in sich zusammen. Christopher Zimmers Kurzgeschichte «Reisen» für die Nicht-Zeit zwischen Jahresende und Jahresanfang.
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BEVBE Ingenieurbüro, Bonstetten
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Margareta Peters Gastronomie, Zürich
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Gemeinnütziger Frauenverein, Nidau
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Schweizer Tropeninstitut, Basel
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VeloNummern.ch
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Scherrer & Partner GmbH, Basel
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Applied Acoustics GmbH, Gelterkinden
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Buchhandlung zum Zytglogge, Bern
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hervorragend.ch, Kaufdorf
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Velo-Oase, Erwin Bestgen, Baar
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Coop Genossenschaft, Basel
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Cilag AG, Schaffhausen
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Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Ottenbach
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Novartis International AG, Basel
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Solvias AG, Basel
Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet
25 Silvester Fackelwanderung mit den Kleinen
werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter
ILLUSTRATION: PRISKA WENGER
Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.
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Silvester ist grosse Party. Und grosser Stress, findet unsere Autorin Birgit Ludwig. Sie erzählt, wie sie sich als alleinerziehende Mutter jahrelang um den familiären Zusammenhalt bemühte, während ihre Töchter nach Freiraum suchten. Jahr für Jahr ein bisschen mehr. Und bald ist auch die Mutter am Punkt, an dem sie wieder Spass statt Stress haben darf. Wie früher, als sie so alt war wie ihre ältere Tochter jetzt.
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Horoskop Das bringt das Jahr 2014 Unsere Verkaufenden und eine Surprise-Chorsängerin stellen für ihr Sternzeichen eine Jahresprognose auf. Statt auf die Sterne verlassen sie sich allerdings auf ihr eigenes Gefühl und sprechen über ihre Ängste und Hoffnungen. Suchen Sie sich also Ihr Sternzeichen heraus: Sie wissen jetzt, mit wem Sie gemeinsam hoffen dürfen, dass es so kommt, wie gewünscht. Oder doch nicht so, wie befürchtet. AUFGEZEICHNET VON DIANA FREI
Der Wassermann gilt als unabhängig, gutmütig, rebellisch. «Ich habe ein Herz für weniger Bemittelte, mit mir reden alle über ihre Probleme. Ich bin fast eine Strassen-Psychotherapeutin. Eigentlich wäre ich geeignet als Gassenarbeiterin. Ja, und rebellisch? Ein bisschen ist gut. Rebellieren muss man.» Lisbeth Schranz verkauft Surprise in Bern. Gesundheit «Ich wünsche mir einen Platz an der Sonne. Statt im Durchzug. Ich muss mich warm anziehen beim Verkaufen, meistens zwei Jacken, damit ich nie zum Arzt muss, ich kann mir den Selbstbehalt nicht leisten. Aber sonst darf es so bleiben, wie es ist.» Geld «Eine AHV-Rente reicht nicht zum Leben. Das Grundeinkommen wäre mein Wunsch für 2014. Dann hätten wir nicht mehr diese Gleichgültigkeit. Heute rennen die Leute nach halb vier nur noch dem Gratis-Blick nach. Es gäbe mehr Zeit für anderes, und wir würden nicht mehr für 20 Heftli den ganzen Tag herumstehen.» Liebe und Glück «Als Optimistin hoffe ich, dass es grundsätzlich gleich bleibt. Nur mehr Zeit für die Familie hätte ich gerne. Für den Mann, den Sohn, die Tochter, das Grosskind.» ■
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Die Fische gelten als mitfühlend, idealistisch, kreativ, überempfindlich, verträumt.
Der Widder gilt als zielstrebig, diszipliniert, selbstbewusst, egoistisch.
«Ob ich mitfühlend, idealistisch, kreativ bin? Ja, natürlich. Verträumt zu sein ist nur negativ besetzt, weil man es scheinbar nicht brauchen kann in unserer Gesellschaft. Aber die ganze Philosophie ist nur entstanden, weil ein paar alte Griechen nichts anderes getan haben, als nachzudenken.» Peter «Alok» Fechner verkauft Surprise in Bern.
«Diszipliniert bin ich sicher. Egoistisch bin ich überhaupt nicht, ich achte eher auf andere als auf mich selbst. Egoistischer zu werden, lerne ich auf Anraten meiner Psychotherapeutin.» Dilek Kara verkauft Surprise in Zürich.
Gesundheit «Das Leben ist verkehrt, man müsste weise geboren werden. Wenn man jung ist, hat man alle Kräfte, aber ist zu dumm, um das Leben zu verstehen. Später ist man alt und weise. Aber dann ist es auch schon fast vorbei.» Geld «Die AHV-Rente von 1500 Franken ist lächerlich, Zynismus pur. Man kommt damit nicht durch, und vor allem: Man ist nichts.» Liebe «Man hat das Gefühl, man habe ein Recht auf die Liebe. Aber man schaut sie falsch an. Sie ist etwas Zentrales, ich vergleiche sie mit Spiritualität, sie ist etwas Grenzenloses. Freund, Freundin, Ehe: Das sind lachhafte Kategorien, sie bedeuten Begrenzung.» Glück «Ich sage ganz bescheiden: Glück ist, dass man überhaupt lebt. Je bescheidener man lebt, desto besser geht’s.» ■
Gesundheit «Ich hatte sehr schlimme Zeiten, aber auch das Lachen gehört zur Gesundheit. Und das habe ich nie ganz weggegeben.» Geld «Mein Ziel ist finanzielle Unabhängigkeit: Ich bin sozialhilfeabhängig und steuere mit meiner Arbeit in einem Gemeinschaftszentrum einen eigenen Teil bei. Nun will ich meine Arbeit ausbauen und nochmals eine Ausbildung machen.» Liebe «Die Liebe ist etwas Schönes, aber ich kann nicht sagen, dass ich sie so toll erlebt habe. Die Liebe ist sicher etwas für die Zukunft, aber zuerst kommen meine anderen Ziele. Liebe ist Vertrauen, und das braucht seine Zeit.» Glück «Ich glaube daran, dass Glück von innen kommt. Bis jetzt ist mein grösstes Glück mein Sohn. Ich hatte immer Zickzack-Phasen, aber am Ende war ich stets zwei Schritte voraus, auch wenn ich einen zurück gemacht hatte.» ■ SURPRISE 315/13
Die Zwillinge gelten als neugierig, kommunikativ, erfinderisch, ruhelos.
Der Krebs gilt als fürsorglich, sparsam, besitzergreifend.
«Ich bin sicher etwas labil in Zusammenhang mit der Spielsucht, die ich früher hatte. Ich bin aber neugierig, das sieht man an meinem Hobby, der Paläontologie. Erfinderisch? Ich mache selber Schmuck, und das ist ebenfalls eher ausgefallen.» Daniel Stutz verkauft Surprise in Zürich.
«Ich glaube eh nicht an Sternzeichen. Besitzergreifend bin ich sicher nicht, und passiv auch nicht. Sparsam schon, und fürsorglich auch. Aber ich will auch nicht alles über mich öffentlich preisgeben wie gewisse Freunde von mir auf Facebook.» Michael Hofer verkauft Surprise in Zürich.
Gesundheit «Im Grossen und Ganzen bin ich zufrieden, aber ich habe Neurodermitis, die juckt wie verrückt. Die dürfte mal verschwinden, das wäre mein Wunsch für die Zukunft.» Der Stier gilt als zuverlässig, sicherheitsorientiert, stur, faul. «Zuverlässig und sicherheitsorientiert stimmt schon. Stur? Weniger. Faul?! Ich arbeite die ganze Woche als Putzfrau und verkaufe am Samstag Surprise.» Aster Teclai verkauft Surprise in Zürich. Gesundheit «Meine Gesundheit ist gut. Ich mache keinen Sport, das ist nicht nötig. Ich bin oft draussen, aber gerade beim Surprise-Verkaufen im Winter muss man aufpassen, dass man sich nicht erkältet. Ich wünsche mir, dass es nächstes Jahr gesundheitlich gleich bleibt für mich. Und ich glaube es auch, ich habe keinen Grund zur Sorge.»
Geld «Ich lebe von Surprise und von einer IVTeilrente, die knapp ist. Von der Spielsucht her sind noch Schulden da, die ich abarbeiten muss. Ich kann keine grossen Sprünge machen, aber einfach auf Glück zu hoffen, wäre der falsche Weg. Schulden abzubauen heisst für mich Vergangenheitsbewältigung. Aber gleichzeitig habe ich das Gefühl, ich baue damit auch ein Stück Zukunft auf.» Liebe «Ich bin in einer Beziehung und sehr zufrieden. Das Finanzielle erschwert die Zukunftspläne, aber die Chemie zwischen uns stimmt trotzdem. Zusammenziehen ist ein Thema. Aber das passiert wohl nächstes Jahr noch nicht wegen der Betreibungen, die ich habe.»
Geld «Ich habe genug Geld, ich putze im Kaufleuten-Restaurant in Zürich, und wenn ich frei habe, verkaufe ich Surprise. Es reicht für die Wohnung, das Essen, die Kleider, also für das Wichtigste. Ich würde gerne einmal Ferien machen, zum Beispiel in Italien, da war ich noch nie. Aber es ist kein Problem, ich kann alles machen und bin nicht unglücklich. Und ich spiele Lotto. Es wird sich nächstes Jahr jobmässig für mich nicht viel ändern. Ich bin seit acht Jahren im Kaufleuten, das ist eine sichere Stelle, da habe ich keine Angst.» Liebe «Liebe ist wichtig für mich. Ich würde nächstes Jahr gerne jemanden finden. Ich bin nicht oft im Ausgang, aber ich bin oft mit Menschen in Kontakt. Ich kenne viele Leute aus Eritrea, wo ich herkomme. Aber es spielt für mich keine Rolle, ob es ein Schweizer oder ein Eritreer sein soll.» Glück «Ich bin ein glücklicher Mensch. Wenn ich viel Geld und einen neuen Freund habe, ist mein Glück komplett (lacht). Im Ernst: Wenn alles gleich bleibt, bin ich glücklich. Ich habe viele Freunde und bin zufrieden.» ■
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Gesundheit «Man dürfte ein Heilmittel gegen Geldsucht erfinden – das kommt mir jetzt wegen der 1:12-Initiative in den Sinn. Bei mir selber geht es einigermassen. Wenn es nächstes Jahr gleich bleibt in Sachen Gesundheit, ist es okay. Aber ich merke, dass ich älter werde, schon jetzt, mit 33 Jahren. Ich sehe, dass sich die Jungen bereits nicht mehr an gewisse politische Ereignisse erinnern.» Geld «Von Surprise allein kann ich nicht leben. Und es wäre gut, wenn ich nicht mehr auf das Staatseinkommen angewiesen wäre. Gleich nachher gebe ich noch ein Euromillion-Los ab. Aber ich habe es ausgerechnet, die Chance auf einen grossen Gewinn steht 1:2,6 Millionen. Ein neuer Job, ein besserer Job nächstes Jahr wäre schön, aber schwierig zu bekommen. Ich habe Gärtner gelernt, aber auch Verkauf würde mich interessieren.»
Glück «Mein Glück ist, dass ich am Aufarbeiten bin, statt dass es weiter abwärts geht. Und dass ich viele Stammkunden habe. Dass es so viele Kunden gibt, die sich dafür entschieden haben, ihr Heft bei mir zu kaufen. Ich bin nicht der Typ, der wartet, bis das Glück von oben geflogen kommt. Das musste ich auch zuerst lernen, gerade in Zusammenhang mit der Spielsucht. Man ist schon glücklicher, wenn man das Gefühl hat, man habe sein Schicksal selber in der Hand.» ■
Liebe «Hat Vor- und Nachteile. Aber unglücklich verliebt zu sein ist am schlimmsten. Oder mit einer Hexe zusammen zu sein. Lieber allein als unglücklich in einer Beziehung.» Glück «Dass ich im nächsten Jahr glücklich werde, halte ich für realistisch. Es findet die Fussball-WM statt, und ich glaube, dass die Schweiz ein gutes Resultat erzielt. Das würde mich glücklich machen wie die meisten im Land. Ich selber spiele Strassen-Fussball, und da hoffe ich, dass wir nächstes Jahr besser spielen als 2013 an unserer WM in Polen.» ■
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Der Löwe gilt als loyal, optimistisch, gesellig, eitel, egozentrisch.
Die Jungfrau gilt als ehrlich, ordentlich, diszipliniert, streitlustig, mürrisch.
«Ich bin stark, aber wenn grosse Probleme auf mich zukommen, breche ich zusammen. Ob ich gerne im Mittelpunkt stehe? Ich mag es, Leute um mich herum zu haben. Ich mag es, wenn man zusammen redet und lacht. Und wenn ich auf der Bühne stehe, will ich, dass das Publikum zufrieden ist.» Emsuda Cular Loffredo singt im Surprise-Chor.
«Ich bin tatsächlich ehrlich, ordentlich und diszipliniert. Wenn mir jemand eine Aufgabe gibt, erledige ich sie immer zuverlässig. Mürrisch? Streiten? Ich habe zwei Kinder im Alter von 19 und 22, da gibt’s schon manchmal Diskussionen.» Zaklina Busa verkauft Surprise in Bern. Gesundheit «Es geht mir gut. Ich habe zwar chronische Schmerzen in den Gelenken und Diabetes. Mit den Nerven geht es auch nicht so gut, ich bin verkrampft. Es ist lange her, da habe ich etwas Schlimmes erlebt, ich leide heute noch unter Zähneknirschen. Ich weiss nicht, was kommt, aber ich habe Hoffnung.» Geld «Ich bin arbeitslos und lebe vom Sozialamt. Ich kann nicht sagen, ich habe genug Geld, aber es ist besser als gar nichts. Ohne Geld kannst du zwar nicht leben, aber die Gesundheit ist viel wesentlicher.»
Gesundheit «Ich denke positiv. Es kommt alles gut. Ich habe Angst, aber ich denke positiv, das hilft, psychisch gesund zu bleiben. Ich liebe das Singen, den Strassenchor. Sport? Ich liebe ausschliesslich das Singen. Ein anderer Sport interessiert mich nicht. Auch Singen tut der Gesundheit gut.» Geld «Ich kann knapp von meinem Geld leben, ohne Sozialhilfe zu beziehen. Meine jetzige Arbeit in einer Cafeteria läuft aber dieses Jahr aus. Ich suche etwas Neues und hoffe – und glaube –, dass ich einen neuen Job finde.»
Glück «Ich wünsche mir Glück, und auch den Kindern und meiner guten Familie und den guten Kundinnen und meiner besten Freundin. Glück ist, wenn es mir gut geht, wenn ich keine Schmerzen habe. Wenn ich höre, dass es meiner Freundin – sie ist auch meine Stammkundin – gut geht. Ich denke nicht nur für mich, sondern auch für die anderen. Meine Kinder suchen beide eine Stelle, Sohn und Tochter. Ich hoffe, sie finden etwas. Ich hoffe immer. Vielleicht finde ich selber doch noch eine Stelle – warum nicht? Es spielt keine Rolle was, etwas in der Hauswirtschaft wäre schön. Auch eine neue Wohnung suche ich, das klappt nicht, ich bekomme jede Woche Absagen. Aber auch wenn alles gleich bleibt, wird 2014 ein gutes Jahr.»
Liebe «Ich liebe die Menschen, das Zusammensein, die Alten, die Jungen. Mein Mann ist jetzt gestorben, aber ich war schon vorher von ihm getrennt. Einen Partner suche ich nicht, dazu bin ich zu stark mit meinen eigenen Problemen beschäftigt, vor allem wegen des Jobs.» Glück «Alle Leute sollen gesund sein, alle sollen genug Geld haben, zusammen lachen und tanzen. Niemand soll traurig sein müssen. Ich bin Optimistin und glaube an das Glück. Zurzeit stehen Glück und Trauer allerdings 50/50. Ich soll nach Kroatien ausgewiesen werden, aber ich habe Angst. Ich habe dort keine Arbeit, keine Zukunft. Ich bin unsicher, was mir das nächste Jahr bringt. Ich gehe kaputt, wenn ich ausreisen muss.» ■
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Die Waage gilt als respektvoll, aufmerksam, gerecht, beeinflussbar, zerbrechlich, eitel. «Ich bin respektvoll, aufmerksam und gerecht. Beeinflussbar stimmt gar nicht. Zerbrechlich? Als ich meinen Sechzigsten allein feiern musste, habe ich schon gemerkt, dass es mir an die Substanz geht. Eitel – ja, das bin ich. Das Aussehen ist mir wichtig. Mich kann man in einen Sack stecken und ich sehe noch gut aus.» Bruno Bölsterli verkauft Surprise in Basel. Gesundheit «Ich bin 60, keine 20 mehr. Manchmal kann ich drei, vier Tage nichts essen, ich habe einfach keine Lust. Die Ärzte wissen nicht warum, aber normal finde ich das nicht. Einmal im Monat habe ich ein Arztgespräch, da kriege ich Depressionstabletten, und wenn sie nicht wirken, setzt man sie wieder ab. Ich komme mir manchmal vor wie ein Objekt, ein Versuchskaninchen. Ich bin auch im Methadonprogramm und muss die ganze Zeit zu Arztterminen, das kostet die Versicherung ein Riesengeld. Ich habe manchmal das Gefühl, das ist nur Geldmacherei.» Geld «Ich habe die IV und dazu Surprise, aber wenn’s nicht läuft, habe ich nichts davon. Die IV ist knapp, 1800 Franken müssen für Miete, Krankenkasse und so weiter reichen. Ich muss mit Öl heizen und selber nachfüllen. Eine Zehn-Liter-Kanne kostet 20 Franken, und ich kann zuschauen, wie der Tank leer wird.» Liebe «Ich hätte sehr gerne eine Partnerin, aber wo findet man sie? Es liegt vielleicht daran, dass ich mich zurückgezogen habe. Ich habe keine Gelegenheit, jemanden kennenzulernen, weil ich nicht in den Ausgang gehe. Im Drogenzentrum willst du keine Partnerin finden.»
Liebe «Ich bin seit 25 Jahren mit meinem Mann zusammen. Uns geht es gut, es darf so bleiben. Wenn es nächstes Jahr so ist wie jetzt, bin ich glücklich.» ■
Glück «Das wünsche ich mir. Was mich traurig gemacht hat an meinem 60. Geburtstag: Niemand von der Verwandtschaft hat sich gemeldet. Das hat mir gerade den Mut genommen, wieder mehr ins Leben einzusteigen. Glück wäre für mich Geld, besser leben und eine Freundin.» ■ SURPRISE 315/13
Der Skorpion gilt als entschlossen, ehrgeizig, willensstark, rachsüchtig; man sagt, Skorpione beissen schnell zu. «Skorpione beissen nur zur Selbstverteidigung, wenn man sie angreift. Nur wenn du ihnen etwas ganz Schlimmes antust. Wenn zum Beispiel jemand meine Kinder in Gefahr bringen würde.» Tatjana Georgievska verkauft Surprise in Basel.
Der Schütze steht offenbar auf der Sonnenseite des Lebens: Wir haben unter den Heftverkaufenden keinen gefunden, auch nicht im Surprise-Chor oder beim Strassensport. Stattdessen gibt unsere Personaladministratorin Einblick ins Leben einer Schütze-Geborenen. Sie gelten als optimistisch, weltoffen, fröhlich, direkt, chaotisch.
Gesundheit «Ich habe ein Problem mit dem Blutdruck und hoffe, es wird besser. Das weiss nur Gott. Das nächste Jahr beginnt ja bereits in ein paar Wochen, bis dahin wird mich keine grosse Krankheit treffen. Ich wünsche mir mehr Zeit zum Ausruhen. Ich bin müde von der Arbeit.» Geld «Geld hat man nie genug. Ich wünsche mir zwar gar nicht allzu viel. Geld bedeutet nicht unbedingt Glück. Es ist sicher nicht das Wichtigste. Für mich gibt es keinen Zusammenhang zwischen Geld und Glück. Es gibt Leute mit viel Geld, die nicht glücklich sind. Das Geld kommt und geht.» Liebe «Ich hoffe, es kommt die richtige Liebe. Aber ich meine: Richtige Liebe! Jemand, der zu dir hält, auch wenn du krank bist oder wenn es dir schlecht geht. In guten wie in schlechten Zeiten. Wenn das nicht stimmt, nützt sie gar nichts, die Liebe.» Glück «Es kommt gut. Ich will, dass ich glücklich bin und ich hoffe, dass ich es nächstes Jahr bin. Normalerweise habe ich Hoffnung, egal bei was. Es gibt zwar Dinge, die ich ändern will. Aber ich muss das Leben nehmen, wie es ist. Ich wünschte, meine Kinder wären in Basel, auch wenn sie schon erwachsen sind. Sohn und Tochter wohnen in Zürich, und ich habe ein fünfjähriges Enkelkind. Sie haben Asylbewilligung F und können daher den Kanton nicht wechseln.» ■
Der Steinbock gilt als verantwortungsbewusst, geduldig, fleissig, pessimistisch. «Fleissig und geduldig stimmt. Ich bin auch verantwortungsbewusst. Pessimistisch? Das vergangene Jahr war ganz schlimm. Ich war krank, im Spital, ich hatte kein Geld, kein Glück. Vielleicht sieht es nächstes Jahr besser aus.» Rada Holenweger verkauft Surprise in Basel. Gesundheit «Die Gesundheit ist nicht so gut. Aber ich glaube – ich wünsche mir –, dass es besser wird. Ich habe Diabetes, einen hohen Cholesterinwert und Schmerzen im Knie. Ich bin müde. Ich werde mir den Knöchel und das Knie operieren lassen müssen. Vor ein paar Monaten habe ich die Augen operieren lassen wegen dem grauen Star. Es darf besser werden nächstes Jahr. Gott hilft uns.»
«Der Schütze lässt die Pfeile zu schnell schmettern. Man sagt, er habe einen starken Gerechtigkeitssinn und sei ungeduldig. Das trifft alles auf mich zu. Ungeduldig bin ich mit mir wie mit anderen. Ausser mit Kindern, alten Leuten und Tieren, da habe ich viel Geduld.» Clea Kühni ist für die Personaladministration der Verkaufenden zuständig.
Geld «Jeder will Geld. Ich habe nicht zu wenig. Es reicht fürs Essen, fürs Leben. Geld gehört zum Leben, aber zu viel braucht es nicht. Ich war seit drei Jahren nicht mehr in den Ferien, das wäre wieder mal schön. Nach Kroatien, ans Meer, mit Freunden. Das wäre auch gut für die Knochen, die Gelenke. Vielleicht nächstes Jahr. Obwohl, ich habe nicht viel AHV und dazu Surprise, das ist zu knapp. Ich spiele Lotto, vielleicht habe ich ja einmal Glück, und dann verkaufe ich nicht mehr Surprise. Aber die Gesundheit ist sowieso wichtiger als Geld.»
Gesundheit «Die können wir nächstes Jahr gut brauchen. Mein Mann hatte dieses Jahr Nierensteine, dann brach er sich eine Rippe und später noch die Hüftpfanne. Wir haben drei Mädchen, teilen uns die Kinderbetreuung, und er war lange in der Reha. Aber jetzt darf das Leben wieder ruhiger fliessen. Es war eine schwierige Zeit, aber es handelte sich nicht um eine schlimme Krankheit, sondern um einzelne Ereignisse, von denen man sich wieder erholt.» Geld «Mein Mann arbeitet 50 Prozent und ich 30, und das Geld ist schon sehr knapp. Aber wir haben es uns selber so ausgesucht, und ich gehe gerne ins Brocki und auf den Flohmarkt einkaufen.» Liebe «Habe ich ganz viel, bekomme ich ganz viel. Ist super, soll so bleiben. Es ist das Schönste, was es gibt.» Glück «Ich wünsche mir für nächstes Jahr ein bisschen mehr Bewusstsein dafür, was man hat, und dankbar dafür zu sein. Es war ein stressiges Jahr, und ich habe mich dementsprechend gestresst gefühlt. Es wäre besser, kurz innezuhalten und zu merken, dass es gut ist, so wie es ist.» ■
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Liebe «Einen Partner brauche ich nicht. Mein Mann ist gestorben und ich wohne allein, aber ich habe Freundinnen. Wir besuchen uns gegenseitig, gehen spazieren, trinken Kaffee, sitzen zusammen und reden.» Glück «Viel Glück ist gut. Glück bedeutet für mich, dass in der Familie alle gesund sind, dass es allen gut geht. Und eben, das Meer. Das wäre auch Glück.» ■
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Monika Rutschmann braucht dringend einen Samichlaus, aber woher bekommt sie den kurzfristig?
Ein Abend im Dezember. Ernst Aebersold verkauft wie so oft Surprise am Bahnhof Burgdorf.
Strassen-Samichlaus Apfel, Nuss und Birne statt Surprise In den Gassen von Burgdorf ergab sich einst eine wahre Weihnachtsgeschichte. Surprise-Leserin Monika Rutschmann hat sie für uns aufgeschrieben: BILDER VON ANNETTE BOUTELLIER
«Vor einigen Jahren bekam ich Anfang Dezember kurzfristig den Auftrag, einen Samichlaus zu suchen. Er sollte die Leute in den verschiedenen Wohngruppen des Blinden- und Behindertenzentrums Bern besuchen, wo ich arbeitete. Das Zentrum betrieb seinerzeit wegen des Umbaus der Gebäude in der Länggasse ein Provisorium in Burgdorf. Im Wissen, dass die meisten Samichläuse zu dieser Zeit bereits ausgebucht und mit ihren letzten Vorbereitungen beschäftigt waren, ging ich ratlos zum Bahnhof. Wie immer um diese Zeit traf ich vor dem Bahnhof in Burgdorf unseren stadtbekannten Surprise-Verkäufer Ernst «Aschi» Aebersold, der mit seiner fröhlichen Art die Passanten aufheiterte. Wie immer wechselten wir ein paar Worte. Wir hatten uns bereits verabschiedet, als ich auf die Idee kam, ihn zu fragen, ob er den Samichlaus für unsere Institution spielen möchte. Er war mit dem Auftrag und dem Honorar sofort einverstanden. Wir vereinbarten, dass ich die Kleider organisieren würde, besprachen den ungefähren Ablauf des SURPRISE 315/13
Abends und verabredeten uns für den 6. Dezember. Ich staunte nicht schlecht, als wir uns am 6. Dezember trafen: Aschi hatte für Begleitung gesorgt und einen Schmutzli mitgebracht. Im richtigen Leben war der Schmutzli seine Frau. Ich erkannte sie wegen ihrer Verkleidung nicht sofort, freute mich aber über ihre Unterstützung. Als sich dann auch Aschi in einen Samichlaus verwandelt hatte, machten wir uns auf den Weg. Die Bewohnerinnen und Bewohner freuten sich sehr über diesen Besuch. Obschon Aschi und seine Frau aufgeregt waren, spielten sie das bezauberndste Samichlaus-Team, das ich je gesehen hatte. Die beiden fühlten sich wohl in ihrer Rolle und fragten mich, ob sie die Verkleidung noch einen Tag ausleihen dürften. Sie hatten die Idee, verkleidet den Freunden in ihrer Stammkneipe einen Besuch abzustatten. Als sie mir die Kleider zurückbrachten, erzählten sie mir strahlend, sie hätten einen weiteren Erfolg als Samichlaus-Team gefeiert. Die Gäste hatten Freude, und der Wirt offerierte Aschi und seiner Frau das Nachtessen. Noch heute, wenn ich Aschi treffe, sprechen wir über diesen 6. Dezember und freuen uns gemeinsam über die Geschichte.»
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Als Monika Rutschmann Surprise kauft, hat sie plötzlich eine Idee: Ernst Aebersold könnte doch den Samichlaus spielen!
«Die Versli fand ich rührend.» Wie Ernst Aebersold seinen Auftritt erlebte: «Ich als Samichlaus – das war eine glatte Sache. Ich war am Verkaufen, als mich Monika fragte, ob ich das machen würde. Sie ist eine Stammkundin, und weil mir die Idee gefiel, habe ich spontan zugesagt. Dann habe ich gleich noch mein Fraueli als Schmutzli engagiert. Zum Foto-Shooting für Surprise konnte ich sie leider nicht mitbringen, weil sie zum Zahnarzt musste. So Sachen gibt’s halt manchmal. Ich hatte schon früher den Samichlaus gespielt, aber das war im familiären Rahmen, für meine Brüder. Ich bin der Älteste bei uns, und darum hab ich das ein paar Mal gemacht. Ich bin ja auch gläubig. Jedenfalls gingen wir dann in Burgdorf in dieses Wohnheim, wo körperlich und geistig behinderte Menschen leben. Die Betreuer gaben mir Notizen zu jedem Heimbewohner, wo draufstand, was gut war und was nicht. Man muss ja als Samichlaus zuerst das Gute aufzählen, dann kannst du das Schlechte bringen, aber nicht zu streng. Das waren schon etwa 20 Leute. Ich benutzte die Informationen aus den Notizen, und den Rest konnte ich mir selber zusammenreimen. So spontan ein paar Sprüche bringen, das mache ich gern. Zudem sagte fast jede und jeder ein Versli auf, das fand ich rührend. Die hatten eine Riesenfreude. Wie die gestrahlt haben. Aber den grössten Plausch hatten bei der ganzen Sache fast mein Fraueli und ich. Nach dem Besuch im Heim sind wir spontan weiter ins Bube, so nennen wir das Bus-Beizli in Burgdorf, unser Stammlokal. Dort haben wir noch mal den Samichlaus gespielt. Im Gegensatz zu den Leuten im Heim wussten die meisten in der Beiz kein Versli, aber die hatten ja auch nicht geübt.» ■
Noch heute freuen sich Monika Rutschmann und Ernst Aebersold über ihre Samichlaus-Aktion.
Aufgezeichnet von Reto Aschwanden.
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Rezepte Gassenmen端 zu Weihnachten
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Das Leben auf der Gasse ist kein Zuckerschlecken. Doch einmal im Jahr wird auch in den Gassenküchen und anderen sozialen Institutionen mit der grossen Kelle angerührt – oft ermöglicht durch besondere Spenden. Drei Gassenköche erzählen von ihrer Weihnachtsfeier. Und sie haben ein grosses Weihnachts-Festmahl zusammengestellt – für Sie zum Nachkochen. VON FLORIAN BLUMER UND THOMAS EBINGER (AUFGEZEICHNET UND NACHGEKOCHT) UND LUCIAN HUNZIKER (BILDER)
Vorspeise Wintersalat spezial mit Pastetli Von Niggi Schwald, Vorstand im Theaterverein «Schrägi Vögel», Zürich Weihnachtsbaum aus dem Dekofundus «Unser Theaterverein Schräge Vögel ist ein Angebot für sozial schwache Leute. Wir organisieren jedes Jahr eine Weihnachtsfeier in einer leerstehenden Wohnung, die wir vorübergehend als Probelokal nutzen dürfen. Dort treffen wir uns am 24. irgendwann im Verlauf des Nachmittags. Ein paar, die etwas früher kommen, dekorieren und kochen zusammen. Am Abend feiern wir ein kleines Weihnachtsfest in bescheidenem Rahmen. Es kommen jeweils etwa 20 Leute. In unserem Verein haben wir Leute von der Gasse und auch solche, die eine Wohnung haben, aber psychische Probleme, Alkohol- oder sonst Drogenprobleme und Leute, die von der Sozialhilfe leben. Ich selbst bin via Pfuusbus, einer Notschlafstelle in Zürich, dazugestossen. In relativ kurzer Zeit fand ich in ein ‹normales Leben› mit Wohnung zurück. Dieses Jahr haben wir unser Weihnachtsessen erstmals auf den 24. gelegt, für die Leute, die keine Familie haben – wir sagen immer, wir sind wie eine Art Familie, wo einer zum anderen schaut, darum passt das gut. An der Feier haben wir auch einen Weihnachtsbaum, aber das ist einer aus unserem Deko-
Zutaten Für 4 Personen 4 Portionen Nüsslisalat (je eine Handvoll) 1 mittelgrosse Zwiebel 2 Knoblauchzehen 4 Vol-au-Vents (Pastetli) 100 g Eierschwämme (evtl. aus der Dose) 200 g Lammfilet je 1 Bund Petersilie und Schnittlauch, fein gehackt je 1 dl Rahm und Weisswein Pfeffer, Salz, Paprika Bratbutter oder Bratfett 5 EL Olivenöl 3 EL Kräuteressig wenig Senf 1 Prise Zucker SURPRISE 315/13
fundus. Geschenke machen wir keine, singen tun wir aber schon. Den Wintersalat spezial habe ich auch schon im privaten Umfeld gekocht oder an einem Anlass für unsere Gönner – er wird die Vorspeise des diesjährigen Weihnachtsfests sein.» ■
Zubereitung Olivenöl, Kräuteressig, Senf und Zucker mit Schwingbesen oder Gabel gut verrühren, eine halbe Zwiebel fein hacken und dazugeben, das Ganze mit Pfeffer und Paprika abschmecken. Die Sauce erst kurz vor dem Servieren auf den Salat geben, mischen und auf dem Teller anrichten. Eierschwämme reinigen und halbieren. Lammfilet in Würfel schneiden, eine halbe Zwiebel, Knoblauch, Petersilie und Schnittlauch fein hacken. Bratfett oder -butter in kleiner Bratpfanne erhitzen. Zwiebeln, Knoblauch und Kräuter kurz andünsten. Lammfilet-Würfel und Eierschwämme beigeben, unter häufigem Wenden anbraten. Mit Weisswein ablöschen, umrühren und auf kleiner Flamme einkochen. Allenfalls eine Prise Mehl beifügen. Die Vol-au-Vents im vorgeheizten Backofen bei 80 Grad ca. 5 Minuten wärmen, dann die Füllung reingeben. Die «Schrägen Vögel» wünschen frohe Weihnachten und en Guete.
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Hauptgang Rindsfilet mit Kartoffelstock und Morchelsauce Von Moor Stegmann, Betriebsleiter Gassenküche und Notschlafstelle Sleeper in Bern Stacheldraht statt Lametta «Ich komme am 24. jeweils früh am Morgen in die Küche, so kann ich es dann relativ gemütlich nehmen. Wenn jemand dabei ist, der hilft, dann trinken wir vielleicht einen Kaffee, ein Gläschen Wein, reden ein bisschen. Ich lege Nüsschen und Mandarinen hin, stelle ein paar Kerzen auf – das ist es dann auch schon mit Deko bei mir. Wenn ich Lust habe, mache ich einen etwas speziellen Weihnachtsbaum. Ich habe zum Beispiel schon mal einen umgekehrt an die Decke genagelt, ihn schwarzblau angesprayt und mit Stacheldraht, Totenschädeln und Knöchelchen dekoriert. Bei uns darf es ein bisschen anders sein. Es kommen Leute, die bekommen schnell mal den Morelli, weil sie vielleicht keine Familie mehr haben. Wie viele kommen, ist unterschiedlich: Manchmal sind es zwölf, einmal waren es auch nur fünf. So wie mir die Leute jetzt schon in den Ohren liegen, könnten es dieses Jahr etwa 20 werden. Vielleicht ein Drittel sind Leute von der Gasse, dann kommen Leute, die im Sleeper arbeiten oder solche, die man sonst einfach so kennt. Mir ist aber egal, wer kommt: Wenn jemand vor der Tür steht, den ich nicht kenne, ist er willkommen wie jeder andere auch. Beim Essen herrscht eine familiäre Atmosphäre. Man sitzt gemütlich zusammen, lafert ein biss-
Zutaten Für 4 Personen Für den Kartoffelstock 1–1,2 kg Kartoffeln (mehlig kochend) etwas Salz 2–3 dl Milch 1 dl Vollrahm 100 g Butter kein Muskat! Für die Morchelsauce 1–2 Säckchen getrocknete Morcheln 1 Zwiebel 1 dl Vollrahm etwas Salz und Pfeffer zum Abschmecken! 1 EL Butter 4 EL Demiglace (oder 2 Würfel) 1–2 dl Weisswein etwas Petersilie (nach Gusto) Fleisch 4
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Rindsfiletplätzchen (oder Rindshuftfilets oder Kalbsfilets, je nach Geschmack und Budget)
chen, dann schiebe ich vielleicht noch einen Film rein. Ich mache das Weihnachtsessen jetzt doch schon 25 Jahre, und bis jetzt waren immer alle begeistert. Der Kartoffelstock mit Morchelsauce ist eines der Lieblingsrezepte meiner Gäste. Den Stock mache ich übrigens immer ohne Muskat – seit Jahrzehnten rühmen Besucher der Gassenküche meinen Kartoffelstock, Muskat hat noch nie jemand vermisst.» ■
Zubereitung Die Kartoffeln schälen, klein schneiden und in gesalzenem Wasser kochen, bis sie weich sind. Kartoffeln im Löchersieb abgiessen. Rahm, Butter und Milch in den gebrauchten Kochtopf geben und die Kartoffeln durch das Passe-Vite drehen und dazugeben. Das Ganze mit der Holzkelle verrühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Morcheln am Vorabend in einem Milchwassergemisch (etwa 1:1) einweichen und in den Kühlschrank stellen (Tipp: Teller drauf, damit die Morcheln in die Flüssigkeit gedrückt werden). Morcheln gut waschen und der Länge nach schneiden. Die Zwiebel fein hacken und in Butter glasig dünsten, dann mit etwas Mehl einstäuben. Demiglace dazugeben und mit Weisswein ablöschen. Die Morcheln, Salz und Pfeffer dazugeben (lieber zu wenig als zu viel!), umrühren und warten, bis es nicht mehr nach Wein riecht. Etwas Wasser dazugeben und köcheln lassen, bis die Sauce dickflüssig ist. Zum Schluss Rahm dazugeben und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Rindsfilets auf beiden Seiten kurz in einem Bratbutter-Rapsölgemisch anbraten, je nach Gusto saignant oder à point, mit Salz und Pfeffer würzen. Guten Appetit! Moor Stegmann und die Gassenküche Bern SURPRISE 315/13
Dessert Zwetschgen-Tiramisu Von Hajo Deiss, Koch in der Gassenküche Basel Rock’n’Roll und Weihnachtslieder «Ich bin seit zwei Jahren in der Gassenküche, an der Weihnachtsfeier bin ich nun zum dritten Mal dabei. Am 24. stehen wir den ganzen Tag in der Küche, drei bis vier vom Team, dazu ein paar Gäste, die auch mithelfen. Der Rest macht in dieser Zeit die technischen Arbeiten im Festsaal vom Restaurant Union: Weihnachtsbaum aufstellen, Tische richten und so. Um sechs ist Türöffnung, da stehen wir dann Spalier und begrüssen unsere Gäste per Handschlag, das sind jeweils so zwischen 200 und 250. Es sind eigentlich die gleichen Gäste, die wir auch in der Gassenküche haben: Menschen mit Drogenproblemen, mit psychischen Problemen, teilweise Asylsuchende, die noch in ihren Verfahren festhängen oder abgelehnt sind – das gesamte Strassenpublikum. Es sind auch Leute darunter, die früher mal in Notsituationen waren und sich gerne an die Hilfe erinnern, die sie hier bekommen haben. Sie kommen quasi aus Tradition zum Weihnachtsfest, gewisse sind schon seit zehn Jahren dabei. Nach der Begrüssung gibt’s einen kleinen Apéro, dann eine Ansprache. Ab sieben, halb acht Uhr startet das Menü. Erst gibt’s einen schönen Salat und eine Suppe, dann den Hauptgang, etwas Festliches – das Menü von diesem Jahr verrate ich noch nicht, es soll ja eine Überraschung sein. Es gibt immer auch ein vegetarisches Gericht als Alternative. Die Tische sind festlich gedeckt, auf der Bühne im Saal haben wir immer auch einen grossen Weihnachtsbaum. Um halb neun, neun Uhr gibt’s dann immer eine Form von Showact. Letztes Jahr hat die Basler Singer-Songwriterin Nadia Leonti gespielt, die bei uns im Team ar-
Zutaten Für 4 Personen 100 g 2 1,5 dl 1 EL 2 EL 300 g 200 g
Löffelbiscuits oder Tortenböden mit 24 cm Durchmesser Espresso oder starker Kaffee Zwetschgenschnaps (nach Belieben) Zucker eingemachte Zwetschgenhälften oder Dörrpflaumen, über Nacht in Rotwein oder Wasser eingeweicht
Für die Crème 4 Eier 100 g Zucker 300 g Mascarpone 1 EL Schokoladenpulver
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beitet. Sie hat mit den Gästen zusammen auch ein Weihnachtslied gesungen, das kam sehr gut an. Ab zehn ist dann so langsam Aufräumen angesagt. Am Eingang steht jeweils ein grosser Topf für Spenden zuhanden der Gassenküche. Für das Weihnachtsessen bekommen wir jeweils besondere Spenden von Lebensmittellieferanten oder Prozente beim Fleisch, einer der Lieferanten spendiert uns immer den Apéro, zumindest teilweise, von den Grosshändlern bekommen wir Einkaufsgutscheine. Den Rest legen wir vom normalen Budget drauf. An meinem Tiramisu-Rezept mag ich, dass man es stark variieren kann. Ob mit frischen Früchten im Sommer oder eingelegten im Winter: Ein Tiramisu ist immer ein festliches Dessert.» ■
Zubereitung Zucker im Kaffee auflösen und das Ganze erkalten lassen. Eigelb und Zucker zu einer dicken, hellen Crème aufschlagen, dann Mascarpone einrühren. Die Zwetschgenhälften oder die halbierten Dörrpflaumen mit Zwetschgenschnaps marinieren (nach Belieben). Die Löffelbiscuits oder Tortenböden mit dem Kaffee tränken und mit den Zwetschgenhälften oder Dörrpflaumen und der Crème Lage für Lage in eine passende Schale füllen (mit einer Lage Crème abschliessen). Vor dem Servieren mehrere Stunden kaltstellen, dann mit Schokopulver bestreuen. Tipp: Geht mit allen Arten von Kompottfrüchten, besonders lecker auch mit Quitten oder Rumtopffrüchten. Wohl bekomm’s! Hajo Deiss und die Gassenküche Basel
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Maya Graf «In meinem Team spielen alle gegen alle» Ein Jahr lang war die gelernte Sozialarbeiterin und Bio-Bäuerin Maya Graf Nationalratspräsidentin und damit «höchste Schweizerin» – als erste Grüne, als erste Baselbieterin. Im Interview blickt sie auf diesen Höhepunkt in ihrer Polit-Karriere zurück, sagt, wie im Nationalrat der respektvolle Umgang miteinander funktioniert – und wie die Welt zu retten wäre.
VON MENA KOST UND FLORIAN BLUMER (INTERVIEW) UND ANNETTE BOUTELLIER (BILDER)
Frau Graf, Ihr Jahr als Nationalratspräsidentin ist soeben zu Ende gegangen – wären Sie gerne noch länger im Amt geblieben? Maya Graf: Nein, man stellt sich ja auf ein Jahr ein, und das ist gut so. Es war ein sehr intensives, zwar wunderschönes, aber auch sehr anstrengendes Jahr. Ich habe die Sessionen geleitet, Delegationen empfangen, Botschafterinnen und Botschafter aus vier Kontinenten getroffen. Ausserdem habe ich zwischen 120 und 150 Anlässe besucht, ich habe noch nicht genau durchgezählt. 100 Jahre Viehzuchtgenossenschaft Adelboden, 500 Jahre Appenzell bei der Schweiz, Olma-Eröffnung, WEF und so weiter. Welches war für Sie der wichtigste Moment in diesem Jahr? Der offizielle Besuch des Dalai Lama im Bundeshaus. Das war ein wichtiges Zeichen für die tibetische Gesellschaft in der Schweiz und für die Bevölkerung allgemein. Aber auch für mich persönlich war es eine eindrückliche Begegnung. Ich durfte den Dalai Lama am Eingang zum Bundeshaus auf dem roten Teppich empfangen. Auf dem Bundesplatz hatten sich viele Tibeter versammelt, von draussen drang Jubel herein. Es lief mir kalt den Rücken runter. Nach dem Besuch des Dalai Lama schrieben Sie in einem Artikel für die TagesWoche: «Die Sehnsucht nach einem besseren Leben macht unsere Menschlichkeit aus.» Wie meinen Sie das? In der heutigen Zeit, in der die meisten von uns viel mehr haben als genug zu essen, sauberes Trinkwasser, einen Ort zum Schlafen, fragen sich viele nach dem Sinn des Lebens. Was bedeutet es, bewusst zu leben? Was ist Glück? Wie redet man nicht nur miteinander, sondern versteht und liebt sich? Diese zutiefst menschlichen Fragen gehen in unserer Gesellschaft, die von Gier und Hast geprägt ist, leicht unter. Unsere Kinder wachsen grösstenteils ohne Religion und Kirche auf. Wo werden sie den Sinn des Lebens suchen? Vordergründig ist der Konsum die neue Religion. Aber wir wissen ja, Konsum macht nicht glücklich. Vor allem gibt er keinen Halt, wenn einmal etwas schiefgeht. Auch in einem Parlament wäre die Idee, dass nicht nur geredet wird, sondern man sich auch versteht. Wie steht es um die Diskussionskultur im Nationalrat? Die Situation hat sich seit 2011 sehr entspannt. Man geht wieder respektvoll miteinander um. Von 2003 bis 2007, als mit Christoph Blocher der Führer der SVP in der Regierung war, hat die Zusammenarbeit im
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Bundesrat nicht funktioniert. Auch die Zusammenarbeit im Parlament war schwierig, es gab viele Spannungen. Die Abwahl von Blocher markierte den Wendepunkt hin zu einem positiveren Klima. Die Wahlen 2011 haben gezeigt, dass auch Mitte-Parteien die Diffamierung politischer Gegner nicht goutieren. Welches war der schwierigste Moment in diesem Jahr? Von aussen gesehen war es sicher der Stichentscheid zur sogenannten Pädophilen-Initiative, den ich fällen musste. Das war aber in erster Linie ein Problem unserer Medien. Es wurde schlicht falsch kommuniziert. Wenn wenige Sekunden später auf einem Internetportal steht ‹Präsidentin bodigt Initiative gegen Pädophile›, dann verstehe ich, wenn mir die Leute schreiben: Frau Graf, geht’s noch? Wie kam es denn zu Ihrem Nein-Entscheid? Es ging nur um eine Empfehlung für die Volksinitiative, um keinen Entscheid, da ja das Stimmvolk das letzte Wort an der Urne hat. Ich habe wie der Bundesrat, der Ständerat und die Mehrheit der vorberatenden Kommission ein Nein empfohlen, weil wir der Meinung sind, dass mit gesetzlichen Anpassungen schneller, besser und differenzierter ein Berufsverbot für Pädokriminelle eingeführt werden kann. Damals bekamen Sie den Volkszorn zu spüren: Sie erhielten böse Emails, Anrufe, SMS. Jene Angriffe, die nicht anonym waren, gingen ja noch. Ich konnte antworten und den Sachverhalt darstellen. Viele haben daraufhin wieder zurückgeschrieben, sich entschuldigt und sich für die Antwort bedankt. Aber ich bin besorgt, wie falsch manche Medien informiert haben. Sie haben versagt. Das darf nicht sein. Wie haben Sie das verdaut? Für mich war es nicht schlimm, ich konnte mich ja wehren. Für meine Familie war es schwieriger, besonders für meine beiden jugendlichen Kinder. Sie wurden von ihren Kollegen gefragt, was denn mit ihrer Mutter los sei. Mein Mann bekam anonyme Anrufe und Drohungen. Dieser Stichentscheid war aber eine Ausnahme, ansonsten konnten Sie als Präsidentin nicht in die Debatten eingreifen. Sind Sie sich manchmal wie die Trainerin bei einem Fussballspiel vorgekommen, die am Rande steht und nicht eingreifen kann, während das Spiel in die falsche Richtung läuft? Das Bild der Trainerin stimmt nicht ganz. In meinem Team spielen ja alle gegen alle (lacht). Und ich als Nationalratspräsidentin muss den SURPRISE 315/13
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Tansania waren mit etwa zehn Mitarbeitern angereist, inklusive Bodyguards. Es ist sehr unterschiedlich, wie solche Ämter ausgestaltet sind, auch was das Prestige betrifft. Meine Kolleginnen waren entsetzt, als ich gesagt habe, dass ich nur einmal dabei sein werde. Und die Präsidentin aus Uganda hat mich gefragt, ob ich denn keine Parlamentarier rauswerfen könne, wenn sie Probleme machen (lacht herzhaft). Viele sehen aber auch den Schweizer Parlamentsbetrieb vor allem als Geschacher unter Interessensvertretern, die unter dem Einfluss von Lobbyisten stehen. Wenn man ein Milizparlament will, dann gibt es auch Lobbys. Wir sind alle Teilzeitparlamentarier und arbeiten daneben – oder haben in Verwaltungsräten oder NGOs ein Mandat. Allerdings sollte dringend offengelegt werden, wie viel Geld jemand für solche Mandate erhält. Ein anderes Problem sehe ich bei den vielen Krankenkassenvertretern im Ständerat: Im Gesundheitswesen ist deshalb vieles blockiert. Sie selber bezeichnen sich als Idealistin, der es auch nach vielen Jahren in der Politik noch darum geht, die Welt zu retten. Wie viele Idealisten gibt es noch im Parlament? Hier im Parlament haben viele Ideale – nur eben verschiedene. Wenn man Politik macht, muss man auch eine Idee davon haben, wie eine ideale Schweiz aussehen würde. Man kann nicht einfach den Ist-Zustand verteidigen. Wir sind gewählt, um die Schweiz auch für unsere Kinder zu gestalten. Ein zentrales Thema am Treffen in New York war die Gleichstellung: Wie wichtig ist der Austausch und die Vernetzung mit anderen Frauen in der Politik? Vernetzung ist zentral, nicht nur in der Politik, auch in der Wirtschaft. Wir Frauen sind leider noch nicht sehr weit. Von 170 Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten weltweit sind nur 38 Frauen. In der Wirtschaft sieht es in Chefpositionen noch viel schlechter aus. Da rüber muss gesprochen werden. Liegt es am System? Was sind länderspezifische Probleme? Eine Parlamentspräsidentin aus einem afrikani-
Überblick behalten, dass es zumindest fair abläuft, wenn schon alle gegen alle spielen. Aber nein, das ist mir nicht schwergefallen. Wem das schwerfällt, sollte nicht präsidieren. Meine Rolle ermöglichte mir einen neuen Blick aufs «Was das Frauenbild betrifft, erleben wir derzeit einen Backlash. Geschehen. Ich habe zum Beispiel begriffen, Zum Beispiel die TV-Sendung ‹Bachelor›: Ein junger, reicher Typ, wie wichtig strikte Abläufe und Reglementieder sich jeden Abend eine neue Frau aussuchen kann.» rungen sind. Sie sind das A und O einer Demokratie. Gerade in jungen Demokratien schen Land hat mir erzählt, dass ihre Mutter bei ihrem Eintritt in die kommt es deshalb zu Problemen. Werden Abläufe nicht eingehalten Politik gesagt hat: Ok, dann geh und zerstöre dein Leben. Dazu muss und Macht und Einfluss ausgeübt, gibt es auch keine faire Entscheiman allerdings wissen, dass es in vielen Ländern tatsächlich lebensgedungsfindung mehr. fährlich ist, Mitglied eines Parlaments zu sein. Wir leben in einem privilegierten Land. Wie sehen Sie unser System im Vergleich zu anderen Demokratien? In vielen anderen Demokratien wählt man einmal in vier, fünf JahFür viele jüngere Frauen und Männer sind die Bezeichnungen ren Parlament und Präsidentin und lehnt sich dann zurück. Die OppoEmanzipation oder Feminismus Unworte – Feministin ist für sie sition macht Opposition und die anderen werkeln irgendetwas, das sie fast ein Schimpfwort. Was denken Sie dazu? mit niemandem absprechen müssen. Keiner fühlt sich für irgendetwas Junge Frauen fühlen sich heute zum Glück völlig gleichberechtigt, verantwortlich, und nach der Hälfte der Legislatur sagen alle, dass jetzt was Ausbildung und Berufswahl betrifft. Das böse Erwachen kommt sowieso schon bald wieder Wahlen seien. Während der Amtszeit wird erst, wenn sie eine Familie gründen wollen. Dann kommt die Gretchenversucht, möglichst viel anzuhäufen, auch Privilegien. Und wenn dann frage: Wer betreut unsere Kinder? Und da ziehen die Frauen noch imwieder Wahlen anstehen, geht es vor allem darum, diese Privilegien zu mer den Kürzeren, aber auch junge Männer, die gerne eine Teilzeitverteidigen. Das ist natürlich überzeichnet. Aber die Schweiz tut sehr stelle hätten. Was das Frauenbild betrifft, erleben wir derzeit einen gut daran, dass sie Parlamentarier und Regierung nicht mit Privilegien Backlash. Man muss nur in die Zeitschriften schauen … Oder die TVausstattet und die Macht immer teilt. Wir sind im Vergleich ja sehr beSendung ‹Bachelor›: Ein junger, reicher Typ, der sich jeden Abend eine scheiden. neue Frau aussuchen kann. X junge Leute schauen sich das an. Das prägt. Ich rede oft mit meiner Tochter und meinem Sohn darüber. JunKönnen Sie ein Beispiel nennen? ge Frauen und Männer brauchen andere Vorbilder: starke WirtschaftsIm November war ich am Treffen der Parlamentspräsidentinnen in frauen, Mütter und Väter, Geschäftspartnerinnen und so weiter. Daran New York. Ich kam als höchste Schweizerin mit einem Sekretär angemüssen auch die Frauen arbeiten. reist. Die Parlamentspräsidentinnen von Bangladesh, Venezuela oder
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Im vergangenen Jahr haben Sie als Präsidentin den Nationalrat als Ganzes repräsentiert, jetzt haben Sie wieder Zeit für Parteipolitik. Welche Themen brennen Ihnen unter den Nägeln? Ich werde sicher wieder zurück in die Landwirtschaftsdossiers gehen, die Arbeit liegt schon bereit: die drei angekündigten Initiativen über Landwirtschaft und Lebensmittel. Ausserdem werde ich mich als Präsidentin der schweizerischen Arbeitsgruppe Gentechnologie für eine gentechfreie, ökologische Landwirtschaft weltweit einsetzen. Die Frage ist: Welche Landwirtschaft wollen wir in Zukunft? Wir von den Grünen wollen eine bäuerliche, nachhaltige Landwirtschaft, die auch die Konsumentinnen und Konsumenten stärker einbezieht. Eine, die fairen Handel betreibt, und zwar verbunden mit ressourcenschonender Produktion. Dies, die Green Economy und die Energiefrage, werden drei der zentralen Themen in den nächsten Jahren sein, nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit. Eine wichtige Frage ist diejenige nach dem Wachstum. Von links bis rechts wird bis heute nicht ernsthaft infrage gestellt, dass die Wirtschaft wachsen muss. Kann die Wirtschaft tatsächlich weiter wachsen, wenn wir den Ressourcenverbrauch reduzieren? Mit unserer grünen Wirtschaftsinitiative wollen wir genau diese Diskussion führen. Die Green Economy baut auf qualitatives statt quantitatives Wachstum. Unser grösstes Problem in dieser Frage ist, dass die Ökonominnen und Ökonomen fehlen, die darlegen, wie wir mit den Ressourcen nur eines Planeten, nämlich unserer Erde, auskommen. Und zwar alle! Konkret: Was können wir tun? Die Frage ist, was wir belohnen wollen. Die Unternehmen haben bis jetzt nach dem Prinzip funktioniert: Je mehr Geld, desto besser für unser Unternehmen. Es muss in Zukunft andere Geschäftsmodelle geben. Wieso misst man eigentlich alles am Gewinn? Das fängt bei der Buchhaltung an und endet an der Börse. Im Prinzip messen wir den ganzen Erfolg an der Verschwendung. Und nicht an einem sorgfältigen Umgang, an einem nachhaltigen Haushalten. Da kommen wir wieder auf die Frauenfrage zurück: Es ist extrem wichtig, dass weibliches Denken reinkommt. Die Hälfte der Gesellschaft hat sich an den Wachstumsstrategien der letzten 200 Jahre gar nicht beteiligt, weil der haushälterische Umgang nie belohnt wurde, nie! Obwohl in jedem Haushalt – und für den waren lange Zeit die Frauen verantwortlich – eigentlich das Umgekehrte gilt.
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Zum Schluss: Sie haben schon mehrere Höhepunkte in Ihrer politischen Karriere erlebt, waren Fraktionspräsidentin der Grünen und nun Nationalratspräsidentin. Welche Ziele haben Sie persönlich noch? Das kann ich Ihnen momentan nicht sagen. Ich freue mich jetzt wieder auf die konkrete politische Arbeit – und vielleicht klappt es ja sogar einmal mit ein bisschen Ferien. ■
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VON CHRISTOPHER ZIMMER
«Reisen? Existieren ist reisen genug.» (Fernando Pessoa, Das Buch der Unruhe)
hen hatte, die diesen hier überlagerten, mit diesem zum Prototyp eines Platzes verschmolzen, der überall zu finden sein konnte und deshalb unkenntlich geworden war. Er versuchte, diesen Gedanken abzuschütteln, beiseite zu schieben. Er weigerte sich, das Gedachte anzuerkennen. So etwas hatte in seinem Denken keinen Platz, so wenig, wie es in den Büchern Platz gehabt hätte, die seinen Ruf begründet hatten. Es galt, diesen Ruf zu wahren, das Gesicht zu wahren, die Ruhe zu bewahren, den nächsten Schritt zu tun. Den er nun auch tat. Auf den Platz hinaus, darüber hinweg, den robusten und doch superleichten Rollkoffer hinter sich her ziehend, dessen Hartgummiräder die Stille des Platzes wohltuend zerrissen, das Schweigen, das gegen den Ankommenden brandete, übertönten. Das war vertraut. Das Ankommen, die Geräusche, das Voranschreiten. Vertraut durch viele Wiederholungen, hier und weltweit. Und doch zugleich wieder von wilder Fremdheit, die beklommen machte, weil die nicht mehr zählbaren Ankünfte sich überlagerten, zu ein und derselben Ankunft wurden, zur Metapher und damit seltsam unwirklich, flüchtig, so dass er fürchtete, dass ein Windhauch aufkam, der alles als Trugbild entlarvte, weil nichts Bestand hatte, ein Schemen nur, das nebelgleich verwehte. Doch er blieb nicht stehen. Ging unbeirrt weiter, auch wenn ihm momentan ein Ziel fehlte. Diese Anwandlung würde vorübergehen. Er schrieb sie der Übermüdung zu. Vielleicht war es auch ein Anflug von Erschöpfung. Er gestand sich ein, dass er nicht mehr der Jüngste war, dass all die Jahre, die vielen Reisen auch von ihm ihren Tribut gefordert, ihre Spuren an ihm gezeichnet hatten. Dieses Eingeständnis beruhigte ihn. Es erklärte, war vernünftig und dazu geeignet, in seinem nächsten Buch als eigenständiges Kapitel eingearbeitet zu werden. Es würde be-
Als der Reisende aus dem Bahnhof trat, liess ihn die Dunkelheit zurückschrecken. Nie zuvor war ihm der Platz, auf dem die Gleise der Trams ihr verwirrendes Netz woben, so öd erschienen. Ein paar letzte Spätankömmlinge, die eben noch sein Los geteilt hatten, hasteten über diese Leere, als würde Stehenbleiben Versinken bedeuten, und retteten sich an die Ufer der neonlichternden Häuserzeilen. Dann schlüpften sie in die Gassen, Autotüren klappten zu, und das Geräusch der Motoren verklang in der Ferne wie das unwirsche Knurren vertriebener Tiere. Er wusste, dass er nicht mehr mit einem öffentlichen Verkehrsmittel rechnen konnte. Jede Anschlussmöglichkeit hatte sich längst erledigt. Seine Reiseplanung war schon weit vor dem Zielort Makulatur geworden. Noch jetzt spürte er den Krampf in sich, der sich jedes Mal meldete, wenn Unwägbarkeiten sein Timing zunichtemachten. Alles Unvorhersehbare war ihm zuwider. Das, was nicht vorausbedacht werden konnte, nicht mit Zeitpuffern aufzufangen und schon gar nicht abzuwenden war. Zwar konnte er sich gegen alle denkbaren und undenkbaren Widrigkeiten wappnen, innerlich und mit dem entsprechenden Equipment, aber das war nur billiges Make-up, mit dem er die Zufälligkeiten beschönigte. Vor sich selber konnte er das nicht leugnen, was immer er auch zu diesem Thema geschrieben und öffentlich verlautbart hatte. Dass nicht einmal Taxis zu sehen waren, konnte er sich zwar nicht erklären, nahm es aber als weitere Unabänderlichkeit hin. Unentschlossen blickte er sich um. Doch das irritierte ihn. Er war nie unentschlossen. Es gab VorkehrunDie Dinge, die ihn umgaben, waren von steinerner Gleichgültigkeit. gen dagegen. Gründliche Recherche, sein vorDie Lächerlichkeit begann und endete allein in ihm. bildliches Archiv, Basis seines Erfahrungsschatzes, minutiöse Planung. Das Danach war reichernd sein, eine neue Facette einbringen, durch Zugeständnisse nur eine Frage von Disziplin, Genauigkeit und Effizienz. Jeder Schritt neue Sicherheiten eröffnen. konnte abgehakt werden, baute auf dem erledigten vor und dem nächsNur jetzt half es ihm nicht weiter. Er fand sich nicht zurecht. Dabei ten nach diesem auf einer eindeutigen Timeline auf. Ein festgefügtes Gehätten doch gerade hier die Automatismen spielen müssen. In dieser seibäude mustergültiger Vorausplanung. ner Heimatstadt, in der seine Füsse den Weg doch immer ohne sein ZuEr verzog das Gesicht. Was er eben noch in druckreifen Sätzen getun gefunden hatten. Aber die Automatismen versagten. Nichts fügte dacht hatte, wurde von der aktuellen Situation ins Lächerliche gewensich zusammen. Nichts wurde kenntlich. Und obwohl es ihm vollends det. Und es war wie ein schmerzhafter Stich, als er sich bewusst wurde, absurd erschien, zog er sein Smartphone hervor, um per GPS seine Podass er selbst es war, der seine Gedanken zu dieser Situation in einen sition zu bestimmen, inmitten der Stadt, in der er geboren und aufgeGegensatz setzte. Die Dinge, die ihn umgaben, waren von steinerner wachsen war und von der aus er seinen erfolgreichen Weg angetreten Gleichgültigkeit. Die Lächerlichkeit begann und endete allein in ihm. hatte, der erst ein blindwütiger Ausbruch aus der Enge des ProvinzielEs war auch keine Erleichterung, als er den Grund für seine Unentlen gewesen war, sich dann aber zu einem zielführenden Aufbruch entschlossenheit erkannte. Das war nur eine weitere Erschütterung. Dass er wickelt hatte, der ihn zum gefragten Experten, zum Bestsellerautor von nicht wusste, wohin er sich wenden sollte. Dass ihm die Stadt, die doch Standardwerken der Reiseliteratur und weltweit gern gesehenen Gast seine Heimatstadt war, von der er immer wieder aufgebrochen und in führender Talkshows gemacht hatte. die er immer wieder zurückgekehrt war, fremd war, wie eine Terra inJetzt aber starrte er erst fassungslos, schliesslich kopfschüttelnd auf cognita, die er zum ersten Mal betrat. Aber nicht etwa, weil der Platz, die Anzeige des Akkus, der leer war, natürlich, es hätte ja nichts anders an dessen Rand er stand, etwas noch nie Gesehenes gewesen wäre. Im sein können, musste ja so kommen, was sonst hätte der unsäglichen SiGegenteil. Die Fremdheit entstand, weil er so viele andere Plätze geseSURPRISE 315/13
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Weihnachtsfeier für Alle mit Pfr. Viktor Berger
24. Dezember 2013, 17.30 Uhr Leonhardskirche Basel Eine Christnachtsfeier in klassischer Tradition mit den alten Weihnachtsliedern, dem Bericht des Evangelisten Lukas über Christi Geburt und einer Festtagspredigt – im Kerzenlicht, umrahmt von schöner Musik und zauberhaften Stimmen.
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BILD: MARILEN DÜRR
unterbrochen werden durfte, um keinen Preis, als würde sein Leben datuation die krönende Spitze aufsetzen können. Damit hatte er nicht gevon abhängen. rechnet, das hatte er nicht vorausbedacht, weil es keine Notwendigkeit Das war erschreckend, beängstigend, und trieb den Reisenden dadafür gegeben hatte. Er schaltete das nutzlose Teil ab, steckte es weg, von, zurück in die Strassen. Aber das Bild des alten Mannes nahm er versuchte sich zu orientieren, blickte mit einem Anflug von Galgenhuunauslöschlich mit sich. Und jede Strasse, durch die er ging, erschien mor zu den Sternen hinauf, von denen nur wenige zwischen den Häuihm wie ein unnütz aufgeschichteter Kieshaufen, und seine Gedanken serfirsten zu sehen waren, weitaus zu wenige, um nach ihnen seinen wie sinnloses Gebrabbel. schwankenden Nachen ausrichten zu können. Als neben ihm eine Bretterwand auftauchte, in der sich eine breite Zu seiner Linken stieg eine Gasse an, etwas wie eine vage Erinnerung Lücke auftat, schlüpfte er durch diese, ohne sich weiter zu besinnen, in ihm auslösend. Es hatte in seiner Stadt einen Hausberg gegeben. Unund fand sich zwischen Schutt, Gestrüpp und hohen Gräsern wieder. sinn! Es gab in seiner Stadt einen Hausberg. Dort lässt sich Übersicht geVielleicht ein Stück Bauland, auf den Baubeginn wartend oder durch eiwinnen, dachte er, als er schon die Gasse hinaufschritt, immerhin einem nen finanziellen Engpass zur Brache geworden, das tat nichts zur Sache. Ziel entgegen, das er nicht verfehlen konnte, wenn er der Steigung folgte. Gassen, schmale Stiegen, Hohlwege, breitere Strassen, Treppenaufgänge. Und dann ragte Das Gewirr der Strassenzüge blieb ein Gewirr, machte ihn aus dem Dunkeln ein Turm auf, ein Wasserschwindlig, die Leere unter ihm zerrte an ihm. turm, das wusste er, nicht weil er den Turm erkannte, sondern weil es offensichtlich war. Ein Was zählte, war allein, dass der Reisende sich hier zurechtfand. Für dieTurm, der gegen Entgelt bestiegen werden konnte, was der Reisende se Art von Wildnis war er gewappnet. Dafür fand sich in seinem Rollauch tat, das passende Münz fand sich, er tastete sich die finstere Wenkoffer die geeignete Ausrüstung von erstaunlicher Leichtigkeit und deltreppe hinauf und stand endlich oben, weit über der Stadt, die sich Kompaktheit. Zelt, Schlafsack, Kochgeschirr und anderes mehr, ohne unter der Dunkelheit duckte. die er niemals eine Reise antrat, die er mit einer Selbstverständlichkeit Aber dann tat sich auch hier kein Plan für ihn auf. Das Gewirr der mit sich führte wie andere ihre Zahnbürste. Eine schützende Hülle, in Strassenzüge blieb ein Gewirr, machte ihn schwindlig, die Leere unter der er leicht in den Schlaf fand, der ihn befreite. ihm zerrte an ihm. Dabei hatte er noch nie an Höhenangst gelitten, weAls der Morgen dämmerte, setzte er sich vor sein Zelt, ohne das erder an den Steilhängen des Himalaya, noch über dem tosenden Schäuwachende Brausen der Stadt und die Stimmen der Passanten vor dem men des Niagara oder der saugenden Tiefe des Grand Canyon. Aber die Bretterzaun zu beachten, blickte still über die Gräser und das Gestrüpp waren erkennbar gewesen, benennbar, kartografierbar. Hier aber gelang und folgte dem Lauf der Sonne, die ihre Bahn gelassen über diesen Fleihm nichts davon. Und keine Tiefe hätte es mit dieser Leere aufnehmen cken Erde legte, in dem das Rinnsal ein Rinnsal und die Ranke eine Rankönnen. ke war und der Schutthügel ein Gipfel, den zu besteigen es keine NotEr floh die Aussicht, die blind machte, die Höhe, die sinnlos, den wendigkeit gab. Turm, der zwecklos war. Unten in der Stadt hielt er nach Strassennamen ■ Ausschau, die er wiedererkennen musste. Doch die, die ihm bekannt erschienen, taten es nur, weil auch andere Strassen in anderen Städten so hätten heissen können, und weil nicht wenige davon sich in seinen BüChristopher Zimmer lebt in Basel und chern fanden, dort geschrieben standen in nun ebenso sinnlos geworschreibt in verschiedenen Genres: Fantasyrodenen Sätzen, Beschreibungen, Anleitungen. mane, Kinderbücher (zuletzt «Hase und Bär Eine der Strassen brach ab, öffnete sich zu einem kleinen Park. Daim Kinderspital», Illustrationen Petra Raprin, auf der einzigen Bank, ein alter Mann, der mit der Spitze seines po), als Autor und Sprecher für Konzerte (zuGehstocks den Kies vor sich zu immer neuen kleinen Haufen schichteletzt «Mär & Nightmare» mit der Basel Sinfote. Der Reisende suchte nicht nach Erklärungen dafür, was diesen Alten nietta sowie Schuberts «Die Zauberharfe» zu dieser Stunde ins Freie getrieben haben mochte oder welchen Sinn mit den Kammer-Solisten Zug) oder szenioder auch Irrsinn dieses Scharren im Kies hatte, das dieser mit leisem sche Produktionen (zuletzt «Der MeereGebrabbel grundierte. Jeder wäre ihm jetzt recht gewesen. Er trat neben strompettist» mit dem Teatro Arcimboldo Basel, «Herz aus Licht» zu 50 den alten Mann und fragte nach dem Weg. Der Alte sah verstört auf, ohJahre Kunstverein Binningen sowie ein Live-Hörspiel über Händel). Er ne sein Gebrabbel zu unterbrechen. Dabei lag auf seinen Gesichtszügen ist fester Mitarbeiter der ProgrammZeitung Basel und seit zehn Jahren eine Dringlichkeit, als wäre das, was er tat, eine Aufgabe, die nicht freier Mitarbeiter bei Surprise.
Silvester Viel Spass im Wohnmobil An Silvester steigt die Party des Jahres – möchte man meinen. Silvester ist aber auch ein alljährlicher Prüfstein im Leben. Eine alleinerziehende Mutter wagt den persönlichen Rückblick und sieht dabei, wie sich die Kinder mit den Jahren ins eigene Leben freigeschwommen haben. Und sie sich selber vielleicht auch.
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VON BIRGIT LUDWIG
das wir daheim mit allen Ritualen durchgestanden hatten, zu unseren Freunden, wo wir uns voller Freude in die Silvesterfeierlichkeiten stürzten. So hätte es weitergehen können. Man war jung, man brauchte wenig Geld, aber dafür den Spass, und es machte einem nichts aus, am nächsten Tag die Salzstangen aus dem Teppich zu kratzen, bevor die Eltern wieder auftauchten. Aber dann kam alles anders. Ich fand mich wieder als alleinerziehende Mutter mit einer Tochter. Am Silvester ging es nun nicht mehr nur um mein Ego und meinen Spass, das Fest musste vielmehr familientauglich gestaltet werden. So mieteten wir regelmässig ein Ferienhäuschen in Dänemark, Freunde mit Kindern kamen dazu. Es wurde beschaulicher. Irgendwie erwartete man als Erwachsener schon nicht mehr so viel Bahnbrechendes von dieser einen Nacht – als Jugendliche war das anders gewesen. Wir brachten es einfach hinter uns – vielleicht auch, weil Silvester ja jedes Jahr wieder heranrollte und man sich zunehmend fragte, was aus all den guten Vorsätzen geworden war vom letzten Silvesterfest – nämlich nichts. Man wurde regelmässig daran erinnert, was alles nicht geklappt hatte. Das nahm dem ganzen Rummel ein wenig den Glanz. Die Jahre der grossen Vorsätze und Wünsche wa-
«Was macht ihr eigentlich an Silvester dieses Jahr?», fragte meine Freundin neulich ganz unverfänglich. Sofort rutschte meine Laune in den Keller. Denn die Silvesterplanung als Alleinerziehende mit halbwüchsigen Kindern ist keine reine Spassangelegenheit, sondern bedarf hartnäckiger Verhandlungen mit allen Altersklassen, damit ein halbwegs vernünftiger Kompromiss für alle Beteiligten dabei herauskommt. So wie im letzten Jahr. Da hatte meine ältere Tochter, mittlerweile 16, kurzfristig erklärt, dass sie keine Lust hätte, mit mir und ihrer kleineren Schwester Silvester zu feiern. Weihnachten ok, aber Silvester? «Auf keinen Fall! Simone macht eine Silvesterparty, die Eltern sind nicht da, ich schlafe dort.» Es war eigentlich nur noch meine Zustimmung und keine Diskussion gefragt. Aber was sollte ich machen? An ihre Familiensolidarität appellieren? Daran, dass ich jahrelang wegen ihr auf Silvesterpartys und Ausgang verzichtet hatte und sie deshalb ihre Schwester Fabi und mich nicht hängen lassen sollte? So blieb die Planung für die Restfamilie an mir hängen. Mein Freund kam am Silvesternachmittag aus dem Ausland zurück und legte sich sofort ins Bett. Da er ohnehin nicht für verordnete Feierlichkeiten zu haben ist, nahm ich dankMan war jung, man brauchte wenig Geld, und es machte einem bar die Einladung von einem befreundeten Vanichts aus, am nächsten Tag die Salzstangen aus dem Teppich ter an, der nächtliches Glühweintrinken und zu kratzen. Feuerwerk im Garten, mit seinem Sohn und anderen Kids, organisiert hatte. «Wieso zu ren vorbei. Aber es waren schöne Tage an der dänischen Küste im WinNoel? Der ist blöd», maulte Fabi, 10, herum. 14-jährige Jungs sind tatter – romantisch, lustig, die Kinder waren noch klein, und dem passte sächlich blöd, dachte ich. Stattdessen sagte ich: «Wieso, ihr könnt doch man sich an. Trampolin springen! Ein Silvesterfeuerwerk gibt es auch! Und du kannst deine Freundinnen mitnehmen!» Am liebsten hätte ich mich ebenfalls Neujahr in der Notaufnahme einfach ins Bett gelegt. Aber von mir als Mutter wurde an Silvester OrSpäter, mit zwei Töchtern von zwei verschiedenen Vätern, die Kinder ganisation und Einsatz verlangt. hatten einen Altersabstand von fünfeinhalb Jahren, war ich nur noch jeWir fuhren also hin. Es gab zu essen, die Kinder verdrückten sich des zweite Jahr mit dem Familiensilvester konfrontiert oder eben mit dem und spielten mit ihren Handys, wir Erwachsenen entzündeten das FeuJahreswechsel als «Alleinstehende». Das hiess: Entweder ich liess es auf er und froren uns die Ohren um den Glühweintopf ab. Um halb zwei mich zukommen, was an Silvester passiert und ob ich eingeladen wurde. fuhren wir heim, ich kroch ins Bett zu meinem Freund und war froh, Oder ich nahm die Planung selber in die Hand. Denn mit den Jahren wurdass es mal wieder geschafft war. So weit ist es also schon! Diese ständen auch die Einladungen spärlicher, die Erwachsenen waren müder vom dige Erwartung, noch etwas zu bieten, was Tolles, Aufregendes, mit KinAlltag, man war nicht mehr ganz so wild auf rauschende Feste und freudern, die nicht mehr ganz Kind, aber dennoch noch nicht selbständig te sich auf ein paar ruhige Tage zwischen den Jahren. Alleinerziehende genug sind, um alleine etwas zu unternehmen. passen ohnehin nicht auf jede Fete: Von Pärchenevents sollte man sich vor allem an Feiertagen besser fernhalten. Denn bei diesen beäugen die Ferienhäuschen statt Partykeller Paarfrauen zumeist misstrauisch, wer sich angeregt und wie lange mit ihEs gab Zeiten, da war alles ganz einfach. Man war Teenager, hatte rem Mann unterhält. Solche Abende machen selten Spass. Schulfreunde, und jedes Jahr wurde schon im Vorfeld ausgiebig darüber Spass machte auch das erste Silvesterfest nach der Trennung nicht. diskutiert, wie wir den Abend aller Abende verbringen wollten. Es wäAm Anfang waren die Kinder noch klein, zwei und sieben Jahre alt. Ich re uns nie in den Sinn gekommen, diesen Termin einfach dem Zufall zu hatte eine uralte Freundin eingeladen, die ich schon Jahre nicht gesehen überlassen. Schliesslich war das nicht irgendeine Fete, sondern es hatte hatte. Sie selber hatte keine Kinder und war mir immer gut in Erinneso etwas wie der Höhepunkt der jährlichen Festivitäten zu werden. Desrung geblieben, weil sie so lustig war. Am Nachmittag des 31. Dezemhalb wurde reihum der elterliche Partykeller aufgemöbelt, und dann bers, als sie anreiste, wurde ich prompt krank. Der ganze Stress und ging die Post ab. Spätestens ab 16 Jahren war klar, dass man keine Lust Druck, die Erwartungshaltung der Kinder und meine eigene waren zu mehr hatte, an Silvester mit den eigenen Eltern daheim zu hocken. Meiviel. Dagmar war mit der plötzlichen Verantwortung für die Deko, die ne Schwester und ich fuhren denn auch regelmässig nach Weihnachten,
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geballte Feststimmung, die Pizza und mit meiner depressiven Verstimmung völlig überfordert. Am Neujahrsmorgen reiste sie überstürzt ab. Dann bekam Fabi hohes Fieber und Husten. So fand ich mich Neujahr ab zwölf Uhr mittags mit beiden Kindern auf der Notaufnahme des Kinderspitals wieder, wo ich bis zum Abend auf die Diagnose wartete. Lungenentzündung. Der erste Jahreswechsel war somit ein glatter Reinfall. Den zweiten Silvester als alleinerziehende Mutter verbrachte ich ohne Kinder, dafür mit meinem neuen Freund in einem Familienhotel in Adelboden. Gutes Essen, gediegene Stimmung, von den Familienaktivitäten hielten wir uns fern, dafür nahmen wir den Schlitten und fuhren ins Dorf in eine Diskothek. Ich war kurzfristig meiner Sorgen enthoben. Blind Date im Familienhotel Das nächste Jahr hatte ich wieder die Kinder an Silvester. Und da mir nicht wirklich etwas Besseres einfiel, es im Hotel das Jahr davor schön gewesen war und ich nicht abwarten wollte, dass ich eine Einladung für uns drei erhielt – fuhren wir wieder dorthin. Da ich immer bis zur letzten Minute wartete, ob etwas frei wäre, und auch an Silvester die normalen Familienpreise galten, hatten wir Glück. Der Schwerpunkt lag nicht auf Pärchenspass, sondern auf Action im Schnee, mit den Kindern spielen abends, Zeit haben. Kurz zuvor hatte ich Ralf in einem Internet-Portal kennengelernt. Wir verabredeten uns spontan für ein Blind Date an Silvester im Hotel – mit Kindern. Meine ältere Tochter, damals 10, beäugte ihn schon etwas misstrauisch: «Mama, muss das sein?» Ja, es musste. Aber noch waren die Kinder und der Widerstand klein. Er besorgte sich ein Zimmer, nachmittags ging er mit meiner älteren Tochter Ski laufen, und das Silvestermenu lief problemlos bis auf die Tatsache, dass meine kleinere Tochter mir auf den Schoss kotzte. Ralf nahm es locker. Er war sympathisch und ein Glücksfall. Es wurde zwar nichts mit uns, aber wir hatten einen lustigen Silvester. Im Jahr darauf, wieder allein, ereilte mich wieder der Silvesterblues. Jedesmal, wenn sich die Kinder endlich in die Weihnachtsferien mit Papi verabschiedeten, war ich von der Arbeit und vor lauter Weihnachtsanstrengung so schlapp, dass ich kurz vor einer Depression stand. Und ich liess es tatsächlich einmal auf mich zukommen. Dann meldete sich Bernhard. Er wollte mit mir auf den Münsterplatz um zwölf, Silvester feiern. Voreilig bot ich an, vorher Käsefondue zu servieren, und er könne auch auf dem Sofa übernachten. Bernhard stotterte leicht und war sympathisch, aber ein Stimmungskracher war er leider nicht. Die Unter-
haltung hing an mir, und ich war in dem Jahr eindeutig damit überfordert. Am Neujahrsmorgen verabschiedeten wir uns erleichtert. So vergingen die Silvester in einem Jahr mit Kindern, in einem ohne. Wir nahmen die Nachbarin mit ins Hotel, mit ihren Kindern. Das war lustig, weil alle unsere Töchter ohnehin dauernd zusammenhingen. Wir Mütter konnten auch mal ausgehen für ein oder zwei Stunden oder in die Sauna kriechen, die Kinder fühlten sich wohl zusammen. Allerdings war das auch keine ganz billige Lösung, jedesmal ein Hotelzimmer oder eine Wohnung zu mieten. Auch wenn es uns schon ans Herz gewachsen war – es wurde fast zu einem Silvester-Ritual für uns alle, die Anreise, das Essen, die Fackelwanderung. An die Not mit der Organisation erinnert man sich später kaum. Gut ist, wenn man als Alleinerziehende Menschen in ebensolcher Situation um sich hat. Sonst fehlt einem zumeist die Kraft, an Silvester Energie und gute Laune zu versprühen und noch allein für den ganzen Service zu sorgen. Tischtennis in der Jugi Den Service erledigte im vorletzten Jahr Thomas. Ebenfalls Gelegenheitsvater, bot er an, in Grindelwald eine Runde Käsefondue in seinem Wohnmobil zu schmeissen, wo er mit seinen Teenie-Töchtern die Silvestertage verbrachte. Am Ende fanden wir uns bei Eiseskälte mit neun mehr oder minder jungen Frauen und einem Mann in einem käsemiefigen Wohnmobil wieder. Er hatte alle Getränke eingekauft, wir steuerten Fondue, Brot und Dessert bei. Schon um halb neun, nach Fondue und Wein eingekeilt im Wohnmobil, die Jugend war mit dem Smartphone beschäftigt, ging uns die Luft aus – wir standen dann wegen der Kinder noch die Stunden bis zum Jahreswechsel in der Jugi mit Tischtennis und Spieleabend durch. Sogar bis halb vier Uhr morgens. Das ist fast schon ein Rekord für die letzten Jahre. Spass muss eben sein. Jetzt droht also der nächste Jahreswechsel. Gespräch heute am Zvieritisch. Ich: «Was machen wir eigentlich dieses Jahr an Silvester?» Fabi, 10: «Bin ich bei Papi?» Ich: «Ja.» Schweigen. Sie denkt nach. Papi wird sicher für Action sorgen. Stella: «Wie, was machen WIR? Meinst du etwa, du und ich?! Also, ICH mach sicher was mit Eric.» Dieses Jahr hab ich den Silvester also mehr oder weniger alleine vor mir. Ich habe noch nichts vor. Vielleicht schaffe ich es tatsächlich ein einziges Mal, bis zum Schluss auszuhalten, nichts zu organisieren und notfalls einfach ins Bett zu gehen. Mein guter Vorsatz: Es muss keinen Spass machen. ■
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Herausgeber Verein Surprise, Postfach, 4003 Basel www.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@vereinsurprise.ch Geschäftsführung Paola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@vereinsurprise.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Reto Aschwanden, Florian Blumer, Diana Frei (Nummernverantwortliche), Mena Kost redaktion@vereinsurprise.ch, leserbriefe@vereinsurprise.ch Ständige Mitarbeit Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Rahel Nicole Eisenring, Shpresa Jashari, Carlo Knöpfel, Yvonne Kunz, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Tom Wiederkehr, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Annette Boutellier, Thomas Ebinger, Lucian Hunziker, Birgit Ludwig Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 35 300, Abonnemente CHF 189, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 50 Christian von Allmen
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