davon gehen CHF 4.–an die Verkäufer*innen
Kleine Schätze
Bitte kaufen Sie nur bei Verkäufer*innen mit offiziellem Verkaufspass
Was den Menschen bei Surprise am Herzen liegt.
UND HELFEN SIE DAMIT
Editorial
An derselben Geschichte schreiben
Die Schweiz ist voller Museen, Gedenkstätten und Denkmäler. Was dort gezeigt wird oder im öffentlichen Raum ausgestellt, entscheidet mit darüber, woran eine Gesellschaft sich erinnert. Was zum Teil des sogenannten öffentlichen Gedenkens wird, ist derzeit auch Gegenstand intensiver Debatten: Wer ist denn eigentlich dieses ominöse «Wir», dessen Geschichte erzählt wird, an welche Personen wird weshalb erinnert und welche Art der Erinnerungskultur wollen wir pflegen?
Selbst wenn wir unsere Erinnerungskultur mit einer möglichst selbstkritischen und inklusiven Haltung gestalten, bleiben viele Geschichten unerzählt – allein aufgrund der schieren Menge. Und weil es immer Leute mit Einfluss sind, die bestimmen, was und wer als wichtig gilt und damit Teil der offiziellen Geschichtsschreibung wird. Gegensteuer bieten Projekte wie das US-amerikanische Story Corps, wo jede*r (auch von hier aus) mitarbeiten kann am wohl grössten Oral-History-Archiv aller Zeiten, offen zugänglich für alle mit Internetzugang. Dahinter liegt die Grundidee, dass eigentlich alle Menschen etwas Interessantes zur offiziellen Erzählung hinzuzufügen haben. Von einem ähnlichen Gedanken getrieben, lud der Bosnier
Jasminko Halilović Geflüchtete dazu ein, ihm Gegenstände zu schicken, mit denen sie Erinnerungen an ihre Kindheit im Bosnienkrieg verbanden. Diese Einzelgeschichten bilden heute im War Childhood Museum in Sarajevo zusammen eine Art Zeitgeschichte von unten, einen Einblick in die menschliche Seite eines historischen Ereignisses. Hierzulande sammelt das Project Remember Objekte, Audio- und Videodokumente von Zeitzeug*innen, um eine lebendige und vielfältige Erinnerungskultur zu fördern.
Inspiriert von diesen Ideen und als kleiner Beitrag zu einer Schweizer Zeitgeschichte von unten haben wir in dieser Festtagsausgabe die Menschen bei Surprise gefragt, ob sie einen Gegenstand haben, mit dem sie sich verbunden fühlen, worüber sie et was erzählen mögen. Die Redaktion hat diesmal nur zugehört und aufgezeichnet. Fotografiert hat Klaus Petrus. Entstanden ist ein kleines Surprise-Museum der nur scheinbar banalen Kleinigkeiten. Dahinter stecken Einblicke in weitgehend verborgene Lebenswelten und Realitäten unserer Schweiz.
SARA WINTER SAYILIR Redaktorin
Hintergründe im Podcast: Radiojournalist Simon Berginz spricht mit Redaktorin Sara Winter Sayilir darüber, wie es ist, die Menschen bei Surprise zum Erzählen zu bewegen. surprise.ngo/talk
«Jedes Mal ganz neue Wörter»
Simon Schiegg, Surprise-Chorsänger aus Basel
«Scrabble ist mein Lieblingsspiel, mein absoluter Lieblingsgegenstand. Ich kenne es schon, seit ich 15 Jahre alt war. Wir waren damals mit der Familie im Sommerurlaub in Italien, und Gäste in dem Hotel, in dem wir waren, haben am Abend Scrabble gespielt. Ich hatte keine Ahnung, worum es da ging. Ich habe einfach gesehen, es geht um Buchstaben und um verschiedene farbige Felder, die wahrscheinlich eine Wertbedeutung haben. Das hat mich sehr fasziniert. Das war im Sommer 1977. Und ich habe im Sommer Geburtstag. Also habe ich mir von meinen Eltern dieses Spiel gewünscht. Am Anfang habe ich vor allem immer wieder entweder mit meiner Mama oder meinem Papa gespielt. Und später mit ganz unterschiedlichen, und vor allem unterschiedlich guten, Scrabble-Spieler*innen, Gegner*innen. Das war damals, als ich 15 war. Und jetzt bin ich 62. Das sind fast fünfzig Jahre, in denen mich das nicht losgelassen hat und dieses Spiel nicht aufgehört hat, mich zu faszinieren.
Das Wichtigste, um gut beim Scrabblespielen zu sein, ist ein grosser deutscher Wortschatz und Fantasie, um mit den zugeordneten Buchstaben möglichst gute Wörter und allenfalls Wortneuschöpfungen zu legen. Was mich besonders fasziniert: Es ist ja eine begrenzte Anzahl Buchstaben. So knapp über hundert vielleicht. Und obwohl es eine begrenzte Anzahl Buchstaben ist, ergeben sich jedes Mal ganz neue Wörter. Und das ist es, was mich fasziniert. Und wie gesagt, ich habe schon gegen unterschiedlich gute Gegner*innen gespielt. Und ich kann schon ohne falschen Stolz sagen, dass ich mittlerweile sehr gut bin in dem Spiel. Und dass nur wenige mich schlagen können. Aber ich spiele das auch ganz gerne am Abend in Ruhe nur für mich alleine. Weil, wie gesagt, das für mich eine Faszination hat, immer wieder aus denselben Buchstaben neue Wörter bilden zu können. Ich bin dann schön relaxed in meiner eigenen Welt der Buchstaben, begleitet von entspannender Musik – für mich der optimale Ausklang eines Tages.» WIN
«Manche
Menschen kümmern sich»
Victor Mat Uchenna Ona, Surprise-Verkäufer in Gelterkinden
«Es war einmal im Winter. Ein Ehepaar kam auf mich zu, der Mann sah, dass ich fror, fasste meine Klamotten prüfend an und sagte: Du bist nicht warm genug angezogen, deswegen hast du kalt. Er zeigte auf seine Jacke und sagte, ich bräuchte eine davon, er habe noch mehr zuhause. Dann ging er, kam kurze Zeit später wieder und brachte mir diese Jacke. Sie ist mir ein bisschen zu gross, aber ich mag sie sehr, ein Geschenk von einem Kunden. Mir ist das schon einmal passiert mit einer Frau. Sie war eine Coop-Mitarbeiterin, sie sass drinnen an der Kasse an meinem Verkaufsstandort. Sie spricht Spanisch wie ich. Eines Tages kam sie und sagte, sie könne mir vielleicht eine bessere Jacke besorgen, fuhr nach Hause und brachte mir eine Jacke. Manche Menschen kümmern sich um dich. Nicht alle. Es kommt ganz aufs Herz an.» WIN
ANZEIGE
«Sie
sind unser Schmuck»
Selamawit Daniel, Surprise-Verkäuferin in Zürich und Wallisellen
«Ich möchte von der Sonnenblume erzählen. Das ist eine Blume, die ich sehr mag. Das leuchtende Gelb, das für Freude und Licht steht. Sie ist oft auf eritreischen Weihnachtskarten abgebildet und auf Neujahrskarten. In Eritrea wird Neujahr im September gefeiert, denn wir haben nicht den gregorianischen Kalender wie in der Schweiz, sondern den Ge’ez-Kalender. (Dieser Kalender ist eine Variante des koptischen Kalenders und fungiert als staatliche Zeitrechnung in Äthiopien sowie als Kirchenkalender in verschiedenen äthiopischen und eritreischen christlichen Glaubensrichtungen sowie in der Diaspora beider Länder, Anm. d. Red.) Das christlich-orthodoxe Weihnachtsfest feiern wir am 7. Januar.
Zum Neujahr blühen in Eritrea die Sonnenblumen, und sie bringen meiner Familie Freude. Beim Neujahrsfest sind die Sonnenblumen unser Schmuck, wir schmücken damit unsere Haare, die Haare unserer Kinder.
Ich habe immer Sonnenblumen zuhause. Wenn die echten verblüht sind, stelle ich Stoffblumen auf. Die Sonnenblume ist meine Lieblingspflanze.» DIF/LEA
«Bis der Staat uns unterstützt, kann es noch lange dauern»
Fardi Constantin, Surprise-Verkäufer in Thun
«Ich kann das Foto von unserem Haus fast nicht anschauen. Es war kein perfektes Haus, alt und klein, drei Zimmer, aber es war unser Haus. Das Zuhause von mir, meiner Frau und unseren drei Kindern. Ich habe das Haus von meinem Vater geerbt, bin darin aufgewachsen und habe immer dort gewohnt, mit Ausnahme der zehn Jahre, in denen ich mit meiner Familie in Madrid gelebt und gearbeitet habe.
Diesen September passierte dann die Katastrophe: Bei uns im Westen von Rumänien fiel tagelang so starker Regen, dass es zu Überschwemmungen kam und unser Häuschen geflutet wurde. Ich war zu dieser Zeit in der Schweiz auf Arbeitssuche. Ein Freund konnte meiner Frau und den Kindern zum Glück helfen, das überschwemmte Haus mit dem Nötigsten zu verlassen. Nun leben meine Frau und die Kinder – das jüngste ist fünf Monate alt –mal hier, mal dort bei Freund*innen und Verwandten, mal kurzfristig bei mir in der Schweiz. Was aber keine Lösung ist, denn die älteren Kinder müssen in Rumänien zur Schule gehen.
Bis der rumänische Staat uns mit einer Notwohnung und bei der Renovation unterstützt, kann es noch lange dauern. Deshalb müssen wir uns vorerst selbst helfen. Nach der Zeit in Spanien wollte ich mit meiner Familie eigentlich wieder in Rumänien leben, doch dort ist es fast unmöglich, eine fünfköpfige Familie zu ernähren. Deshalb war unser Plan, dass ich in der Schweiz arbeite und meine Frau und die Kinder in Rumänien bleiben. Jetzt hoffe ich umso mehr, dass ich so schnell wie möglich Arbeit finde, damit ich zunächst ein temporäres Daheim finanzieren und danach unser altes Zuhause herrichten kann.» MOI
es heraus. Bewirb dich Finde ewirb di jetzt inen HKB-Maste für ei i er: e n HKB-Ma
«Besonders und privat»
Angel Luis Fragoso Ayuso, Surprise-Chorsänger aus Basel
«Dieser Schal ist für mich etwas ganz Besonderes. Vor einem Jahr und ein paar Monaten befand ich mich in einer sehr schwierigen Lage, wirklich, eine extrem komplizierte Situation. Es gab einen Moment, da habe ich mich vollkommen allein und verlassen gefühlt. Und dann war da diese Person, die mir diesen Schal gestrickt hat. Und das hat mir geholfen, diese schreckliche Lage zu überwinden. Natürlich ist das nicht das einzige Erinnerungsstück, das ich habe. Aber viele davon sind so besonders und privat, dass ich sie für mich behalten möchte. Die Person, die den Schal gestrickt hat, liest das Surprise regelmässig, und auch wenn ich ihren Namen aus Diskretion lieber nicht sagen möchte, so weiss sie doch, dass ich sie meine. Danke. Un beso.» WIN
«Wir legen Strecken zurück»
Tarsis Herrera Pérez, Surprise-Verkäufer in Bern
«Diese Lokomotive, eine Dampflok, habe ich in der Weihnachtszeit im Jahr 1993 in einem Spielzeuggeschäft gekauft. Ich war dreizehn Jahre alt und hatte extra dafür gespart. Sie kostete 1200 oder 1300 Pesetas, was damals die spanische Währung war. Umgerechnet etwa 7 oder 8 Euro. Später habe ich Waggons dazu gekauft.
Mein Vater kommt aus Barcelona, meine Mutter aus Sevilla. Wir sind die Strecke oft mit dem Zug gefahren. Oder wir fuhren mit dem Regionalzug in das Dorf meiner Grossmutter. Ich liebte es, Zug zu fahren, das Rattern –datam, datam – hat mich beruhigt.
Als ich später in Deutschland lebte, mit meiner damaligen Frau, stand die kleine Lokomotive in einer Vitrine in unserer Wohnung. Sie war meine einzige Dekoration und das Wichtigste, was ich aus Spanien mitgebracht hatte. Einmal ging ich in ein Geschäft für Modelleisenbahnen und fragte, ob sie meine Lokomotive auf ein Gleis setzen könnten. Sie fuhr tatsächlich noch – nach so vielen Jahren! Ich habe Sorge zu ihr getragen. Obwohl die Lokomotive von einem spanischen Modelleisenbahnhersteller – Ibertren – stammt, ist es eine deutsche Lokomotive. Auf der Seite steht ‹DB›, Deutsche Bahn. Damals hätte ich natürlich nie gedacht, dass ich eines Tages in Deutschland leben würde.
Die Lokomotive ist nicht so gross; ich habe sie immer dabei, in der Originalverpackung in meinem Rucksack. So vergesse ich nicht, wo ich herkomme. Es ist auch irgendwie symbolisch – für den Weg, den wir in unserem Leben gehen. Wir reisen, wir legen Strecken zurück. Wir können aber auch wieder dorthin zurückkehren, wo wir losgefahren sind.
Ich schlafe in der Notschlafstelle, die Betten sind wie im Zug – mehrere übereinander. Damals sind wir abends losgefahren, und am nächsten Tag waren wir in Sevilla. Ich bin das vierte von sieben Kindern, wir haben uns ein ganzes Abteil geteilt. Ich schlief meistens im mittleren Bett und konnte aus dem Fenster schauen. Wie der Zug durch die Dunkelheit fährt, manchmal ein langes Hupen in der Ferne, die dunkle Landschaft nur im Licht vom Mond – das waren Momente des Glücks. Mit dem Datam-datam, das nie aufhörte, konnte ich super schlafen. In der Notschlafstelle gibt es unten eine Diskothek, das Dead End. Mit den Bässen – bubum, bubum – kann ich sehr gut schlafen, das beruhigt mich.» LEA
«Wo ist mein Kind?»
Letu Weldu, Surprise-Verkäuferin in Zug und Cham
«Amanuel, mein älterer Sohn, ist heute 31 Jahre alt. Und Ermias, der jüngere, 17. Vor 17 Jahren war ich hochschwanger in Libyen, ich und Amanuel, damals 14, waren auf der Flucht aus Eritrea. Bei der Geburt trug ich dieses Kleid. Doch im Spital sollte ich zunächst meinen Pass oder eine Identitätskarte vorlegen, damit sie mich aufnähmen. Ich hatte weder das eine noch das andere. Da wurde es kompliziert. Schliesslich durfte ich bleiben, weil ein Bekannter meiner Verwandten quasi für mich bürgte.
Es war schwierig in Libyen, allein in dieser verletzlichen Situation. Und auch als Schwarze Frau fühlte ich mich nicht wohl, in Libyen haben die meisten Menschen eine hellere Hautfarbe als Eritreer*innen. Du erlebst Rassimus. Am Abend, als die Geburt noch immer nicht richtig losgegangen war, machte die Pflegerin einen Bluttest, untersuchte das Fruchtwasser. Dann hiess es, man müsse sofort einen Kaiserschnitt machen.
Ich musste mein Einverständnis für die OP geben. Niemand war da, ich war ganz alleine und fühlte mich überfordert. Schliesslich unterschrieb ich, und dann wurde ich in den OP gebracht. Sie gaben mir eine Narkose, ich wurde bewusstlos. Darum bemerkte ich nicht, dass sie mir einfach mit der Schere das Kleid aufschnitten, das ich trug. Als ich aus der Narkose erwachte, war ich in einem Zimmer mit vielen anderen Frauen. Alle hatten ihre neugeborenen Babys bei sich. Nur ich nicht. Wo ist mein Kind?, fragte ich. Lebt es noch? Geht es ihm gut? Endlich gaben sie mir meinen Sohn. Nach der Geburt hatten sie ihn erst medizinisch versorgen müssen.
Ich hatte solche Angst gehabt, es hatte ja vor der OP geheissen, es gäbe ein Problem. Gleichzeitig war ich in Sorge um meinen älteren Sohn. Amanuel blieb alleine bei den Leuten, bei denen wir wohnten, ich kannte sie kaum. Was, wenn ich gestorben wäre? Amanuel wäre alleine gewesen. Es war eine schwierige Zeit. Doch zum Glück kam am Ende alles gut. Ermias und ich erlebten eine schlimme Situation, aber wir erlebten sie zusammen. Heute haben wir eine besonders enge Beziehung. Das Kleid habe ich später wieder zusammengenäht.» DIF/LEA
Letu: Kleid
«Ich habe so viel mit ihr erlebt»
Jasmina
Murina, Surprise-Verkäuferin in Zürich
«Wenn die Enkelkinder bei mir sind und in der Nähe der Vase spielen, werde ich immer nervös. ‹Berührt sie nicht›, sage ich ihnen, sonst müsst ihr raus. Ich habe die Vase geschenkt bekommen. Von Alice. Sie ist gestorben, das ist jetzt zwölf Jahre her, doch wenn ich die Vase sehe, ist es, als wäre ich mit ihr zusammen.
Die Vase ist nie leer. Ich kaufe ihre Lieblingsblumen, Lilien in Weiss, und wenn sie welk sind, kaufe ich einen frischen Strauss. Jetzt habe ich sie zuhause in eine andere Vase gestellt, wenn ich wieder retour bin, werde ich sie in diese Vase stellen.
Ich verkaufe seit über 20 Jahren Surprise. Es war in der Anfangszeit, als mich Alice angesprochen hat: ‹Was verkaufen Sie denn?› So hat es angefangen. Sie lebte alleine, direkt neben dem Coop, wo ich damals Surprise verkauft habe, von ihrem Balkon aus konnte sie mir zuwinken. Alice hasste es, wenn ich rauchte. ‹Das ist ungesund›, sagte sie immer. Also rauchte ich nur, wenn sie nicht in der Nähe war. Doch manchmal bemerkte ich nicht, dass sie mich oben von ihrem Balkon aus sah. Sie passte von da oben ein bisschen auf mich auf.
Alice war Kinderpsychologin und hatte einen Hund. Sie war schon älter, vielleicht siebzig. Irgendwann erkrankte sie an Krebs. Sie konnte nicht mehr gut gehen, nicht mehr selber kochen. Als sie nicht mehr bei mir Hefte kaufen konnte, habe ich sie zuhause besucht. Die Spitex kam auch vorbei, und ihre beiden Schwestern. Irgend-
wann musste sie ins Spital. Ich besuchte sie mehrmals pro Woche, wir machten Spaziergänge, tranken Kaffee zusammen. Eines Tages sagte sie mir: ‹Jasmina, schau, diese Vase ist nicht sehr wertvoll, aber ich möchte sie dir schenken. Wenn du diese Vase siehst, dann soll dich das an mich erinnern.›
Ich konnte mir nicht vorstellen, Alice zu verlieren. Wir waren schon über zehn Jahre lang befreundet. Ihr Sterben erinnerte mich an den Tod meiner Mutter. Von deren Tod habe ich am Telefon erfahren. Ich hatte nicht bei ihr in Serbien sein können, als sie starb. Denn ich durfte die Schweiz mit meinem Ausweis F nicht verlassen. Auch als mein Vater und später mein Bruder starben, war es so.
Alice wollte nicht, dass ich es so schwernehmen würde. Für sie war es auch eine Erlösung, wegen der Schmerzen. Ich habe so viel mit ihr erlebt. Sie nahm mich mit auf Ausflüge in ihrem Auto. Manchmal gab sie mir 100 Franken und sagte: ‹Kauf was für deine Kinder›. Wir gingen zusammen essen, zusammen spazieren. Später, als sie schon krank war, schrieb sie Einkaufszettel und ich ging für sie einkaufen. Wir schauten wie eine Mutter und eine Tochter zueinander. Manchmal gehe ich zu ihrem Grab, bringe Blumen und erzähle Alice, was so läuft in meinem Leben. Ihre Schwester kommt manchmal bei mir vorbei und kauft ein Heft. Kürzlich fragte sie mich: ‹Jasmina, warst du letzte Woche bei Alices Grab?› – ‹Ja, woher weisst du das?› – ‹Ich habe die Blumen gesehen.›» LEA
ANZEIGE
«Für Hochzeiten kochten wir als Team»
Tsion
Yohans, Surprise-Verkäuferin in Zürich
«Diese Visitenkarte habe ich seit bald 37 Jahren bei mir, als Erinnerung an eine gute Zeit. Darauf steht auf Amharisch: ‹Traditionelle und internationale Gerichte für Ihre Hochzeit und Ihre Geburtstagsfeier. Melden Sie sich, Sie werden mit unserer Bedienung zufrieden sein›. Die Karte stammt von meinem Catering-Service.
Nach der Schule in Eritrea machte ich in Äthiopien eine Ausbildung zur Köchin, wir lernten auch das Handwerk der Confiserie und des Kellnerns. Die Ausbildung –sie dauerte ein Jahr und vier Monate – war anspruchsvoll, doch ich lernte viel und hatte danach viele Aufträge.
Ich baute sogar einen eigenen Catering-Service auf, ich bekam Aufträge für Hochzeiten und Geburtstagsfeiern. In Äthiopien sind Hochzeiten grosse Feiern mit gut und gerne 350 Gästen. Für so viele Menschen kann man nicht
alleine kochen. Also holte ich andere Frauen dazu, die ich von der Ausbildung kannte. Umgekehrt unterstützte ich die anderen Frauen bei ihren Aufträgen, wir kochten als Team. Sieben oder acht Jahre lang machte ich das.
Dann brach der Krieg zwischen Eritrea und Äthiopien aus, kurz nach der Geburt meiner jüngsten Tochter. Da ich Eritreerin bin, musste ich 1998 von einem Tag auf den anderen aus Äthiopien fliehen.
Zurück in Eritrea konnte ich nicht mehr im gleichen Stil weiterarbeiten wie in Äthiopien. Der Grund ist simpel: Die Feste sind kleiner als in Äthiopien, mit weniger Gästen. Bei eritreischen Hochzeiten kochen die Leute selber, sie stellen nicht extra jemanden an dafür. In Eritrea kochte ich dennoch bei kleineren Festen der Familie, von Bekannten oder in der Nachbarschaft.» DIF/LEA
«Herr Hundi ist ein Teil von mir»
Amélie Jorai, 20, Strassenfussballerin aus Basel
«Schon mein Leben lang begleitet mich Herr Hundi, ein braunes Stofftierchen. Anfänglich nannte ich ihn nur ‹Hund›, aber irgendwann dachte ich, das sei nicht nobel genug. Seither spreche ich ihn mit ‹Herr Hundi› an. Meine Oma hat ihn meiner Mutter zu meiner Geburt geschenkt. Seither ist Herr Hundi mein treuer Begleiter. Er war am ersten Schultag bei mir, ich nehme ihn in die Ferien mit und überhaupt ist er bei allen wichtigen Ereignissen meines Lebens an meiner Seite – ausser wenn ich zur Arbeit gehe, dann bleibt Herr Hundi zuhause.
Herr Hundi gibt mir Sicherheit, Halt, ein Gefühl von Daheimsein. Ist er bei mir, kann ich so sein, wie ich bin. Auch ist er ein Trostspender, denn ich hatte schwierige Phasen in meinem Leben. Als Kind redete ich lautstark mit Herrn Hundi, aber schon bald realisierte ich, dass er mir keine Antwort gibt – jedenfalls keine, die man hören kann. Und so begann ich, nur noch in Gedanken mit ihm zu reden. Herr Hundi war übrigens immer mein einziges Stofftier, es gab neben ihm kein anderes. Nach fünfzehn Jahren brachte ich ihn erstmals in ‹Reparatur› – die Füllung musste ersetzt werden –, doch davon abgesehen ist Herr Hundi immer noch der alte.
Ich habe nie ein Geheimnis um das Stofftier gemacht, viele Freunde und Bekannte wissen darum. Klar ist mir bewusst, dass es Leute gibt, die mich belächeln. Doch das macht mir nichts aus. Herr Hundi gehört zu mir, er ist ein Teil von mir. Wer findet, es sei Zeichen einer Schwäche, sich an einem Plüschtierchen festzuhalten, dem sage ich, dass es eine Stärke ist, seine Schwächen zu zeigen.
Der Gedanke, Herrn Hundi zu verlieren, macht mir Angst. Ich habe ihn schon zweimal verloren. Das erste Mal, als ich drei war, daran erinnere ich mich noch genau: Herr Hundi fiel aus dem Kinderwagen und die ganze Familie machte sich auf die Suche nach ihm. Am Ende fanden wir ihn auf dem Fundbüro. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie gross meine Freude war.
Es wird der Moment kommen, da Herr Hundi nicht mehr bei mir sein kann. Denn auch er wird alt, der Stoff ist bereits abgenutzt, und irgendwann wird auseinanderfallen. So ist es. Aber bis dahin werde ich die Zeit mit Herr Hundi noch geniessen.» KP
«In Thailand könnte ich neu anfangen»
Dally Indermühle, Strassenfussballer aus Dietikon
«Ich bin mit meiner Mutter, einer Thailänderin, in Dietikon aufgewachsen. Als ich achtzehn wurde, ist sie nach Thailand zurückgekehrt. Meine Mutter hatte nicht viele Kontakte hier, sie war oft allein. Kam hinzu, dass sie es nicht gerade leicht mit mir hatte. Ich war fast nie daheim und immer mit meinen Kumpels unterwegs, der Rest interessierte mich nicht. Mit achtzehn sagte ich zu meiner Mutter, sie solle zurück nach Thailand gehen, und dass ich hier schon zurechtkäme. Ich wusste, dass sie in der Schweiz unglücklich war.
Heute fehlt mir meine Mutter sehr – und ich setze alles daran, um ihr nach Thailand zu folgen. Dafür steht auch meine Kette mit dem Elefanten-Anhänger, mein Lieblingstier. Er ist nicht so sehr ein Glücksbringer, sondern soll mich immer daran erinnern, dieses Ziel nie aus den Augen
zu verlieren. Meine letzten Jahre waren sehr hart, mit Drogen, Gefängnis und so weiter. Da sagte meine Mutter zu mir, mach mal Ferien, Dally, und komm für ein paar Wochen nach Thailand, das tut dir gut. Als ich dann da war, war das total schön und friedlich, ich habe mich sofort wie zuhause gefühlt. Schon damals, das war vor sechs Jahren, habe ich mir gesagt: Ich will so bald wie möglich wieder zurückkehren. Hier in der Schweiz ist es mit meiner Vergangenheit sehr schwierig, man rutscht leicht wieder in etwas rein. In Thailand hatte ich das Gefühl, ich könne neu anfangen. Jetzt spare ich auf dieses Ziel hin. Wenn ich dann in der Heimat meiner Mutter ankomme, will ich als Erstes Kurse machen, um mein Thailändisch zu verbessern. Und dann möchte ich mir endlich meinen Traum verwirklichen und eine Schauspielschule besuchen.» KP
Wir engagieren uns für sichere Renten und gesellschaftlichen Mehrwert
Zaynab: Goldschmuck
«Sag mir nicht, was ich tun soll»
Zaynab Mahamad Ahmad, Surprise-Verkäuferin in Basel
«Diese Kette und die Ohrringe habe ich von meiner Schwiegermutter geschenkt bekommen. Sie hat den Schmuck für mich gekauft. Ich liebe diesen Schmuck. Meine Schwiegermutter lebt in Kenia, und ich habe sie letztes Jahr dort zum ersten Mal besucht. Wir hatten uns noch nie vorher persönlich getroffen. Wir haben lange für die Reise gespart, sodass wir alle Kinder mitnehmen konnten. Mein Bruder hat auch etwas geholfen, er verdient gut. Wir kamen abends an, und die Familie meines Mannes hatte so viel Essen gekocht für uns. Jeden Tag waren wir woanders eingeladen und haben alle kennengelernt: seine Schwestern, seine Brüder. Die Kinder waren immer mit ihren Cousins und Cousinen zusammen. Nun fragen die Kinder immer, wann wir das nächste Mal hinkönnen. Es hat ihnen sehr gefallen.
Mein Mann und ich haben uns hier in Basel kennengelernt. Er ist Somali wie ich, aber er ist in Kenia aufgewachsen. Ich habe ihn im September 2008 am Bahnhof SBB kennengelernt. Er hat mich angesprochen und nicht lockergelassen, wollte gern einen Kaffee mit mir trinken. Ich habe Nein gesagt. Ich gebe ja nicht einfach meinen Namen und meine Nummer heraus! Schliesslich hat er mir seine Nummer gegeben. In meiner Kultur dürfen unverheiratete Mädchen sich nicht einfach so mit einem Mann treffen. Wir hatten dann aber doch immer wieder Kontakt, und irgendwann hat er mich gefragt, ob ich ihn heiraten wolle. Ich war erst 19 Jahre alt. Ich gab ihm die Nummer meines Bruders. Da mein Vater gestorben ist, als ich 3 Jahre alt war, ist er das Familienoberhaupt. Also hat mein Bruder mit ihm telefoniert, sie haben sich auch kennengelernt und gegenseitig ausgefragt über die jeweiligen Familienverhältnisse – mein Bruder musste sich ja auch überzeugen, dass alles stimmt, was dieser Mann mir erzählt hatte. Er muss mich schützen, aus der Ferne. Er lebt in Südafrika. Ich liebe meinen Bruder sehr. Schliesslich war er überzeugt, dass der Mann nicht lügt. Und dass er wirklich aus Somalia kommt.
Heute haben wir fünf Kinder. Das ist sehr viel Arbeit, aber drei sind schon gross, sie helfen mit. Der Sohn ist 15, die Tochter 13, der kleinere Sohn ist 10, die kleine Tochter kommt demnächst in den Kindergarten und der Kleinste ist 2 Jahre alt. Mehr Kinder wollen wir nicht. Ich möchte gern arbeiten und Geld verdienen. Ich bin jetzt 35 Jahre alt. Ich möchte mehr Deutsch lernen und eine Ausbildung machen. Momentan geht das aber nicht, weil die Kinder mich noch brauchen. Ich arbeite derzeit nur morgens als Reinigungskraft von 6 bis 8 in der Bürgergemeinde. Lieber würde ich in der Pflege arbeiten. Mein Mann beginnt um 11 Uhr mit der Arbeit und schafft hundert Prozent bis spätabends als Koch im Bruderholzspital.
Unter meinem Hijab trage ich immer Schmuck. Manchmal, wenn ich zu einem Fest gehe oder nur unter Frauen bin, trage ich das Tuch auch lockerer oder gar nicht. Dann sieht man die schönen Ohrringe und die Kette. Zuhause natürlich auch. Es ist auch vollkommen unproblematisch, wenn mich Männer aus meiner weiteren Familie ohne Hijab sehen. Nicht alle Muslime gehen gleich mit den Regeln um.
Viele verwechseln auch Kultur mit Religion. Sie behaupten, etwas sei eine religiöse Vorschrift, dabei stammt es aus der Kultur. Wie die Mädchenbeschneidung. Ich setze mich dagegen ein, zusammen mit Monica Somacal und ihrer Anlaufstelle gegen Mädchenbeschneidung FGM/C. Wir haben Frauen zu mir nach Hause eingeladen und ein Gespräch über diese Praxis der Mädchenbeschneidung geführt. Viele sagen, dies sei ein religiöses Gebot. Ich meine aber, das steht gar nicht in den Schriften. Und viele der Menschen, die meinen, sie wüssten Bescheid, haben die Texte gar nicht gelesen. Und sie haben Angst, etwas falsch zu machen. Es fasten zum Beispiel auch viele Frauen im Ramadan, selbst wenn sie schwanger sind. Dabei ist das nicht vorgesehen. Die Leute legen die Schrift
zu streng aus. Ich glaube an meine Religion, ich habe Respekt davor, aber ich beschäftige mich nicht ständig damit. Ich habe gar keine Zeit dazu! Ich möchte mir auch nicht alles vorschreiben lassen von Menschen, die sich nicht einmal auskennen. Wenn ich mir nicht sicher bin, rufe ich meinen Bruder an, der kennt sich aus mit den heiligen Schriften. In der somalischen Community wird viel geredet, hinter dem Rücken, aber ich wehre mich dagegen. Mein Onkel, er lebt in Somalia, hat vier Töchter. Und meine Mutter, seine Schwägerin, hatte drei Mädchen. Er hat seine Töchter nicht beschneiden lassen und hat meiner Mutter gesagt, sie solle das auch nicht mit uns machen. Er wolle diese Kultur nicht fortführen, hat er gesagt, das sei nicht richtig. Das sind meine Mädchen, nicht deine, hat sie gesagt. Und er hat gekontert, das seien auch seine Mädchen, es seien die Töchter seines Bruders. Aber meine Mutter hat sich nicht umstimmen lassen. Mein Onkel hat sich nicht für die Kultur interessiert. Aber meine Mutter schon. 2019 bin ich nach Somalia gereist und habe meinen Onkel getroffen. Er hat mir erzählt, dass ich damals 5 Jahre alt war. Und wie er versucht hat, die Mutter umzustimmen. Ich habe meine Mutter gefragt, warum sie mich hat beschneiden lassen, obwohl der Onkel ihr nahegelegt hatte, es nicht zu tun. Sie hat gesagt, sie hätte ihre beiden älteren Töchter schon beschnitten, da habe
sie es auch bei mir machen lassen. Einfach so. Sie hat gefragt: Du bist ja jetzt gross, hast du Probleme? Ja, ich habe gesundheitliche Probleme. Das ist nicht gut. Verrückt ist das. Dann hat sie sich entschuldigt, aber das ändert ja nichts mehr. Das Problem ist die Gesellschaft. Die Nachbarin hatte auch drei Töchter, sie waren beschnitten worden, und dann wird gefragt, wie es denn bei deiner Familie ist. Sogar die Kinder untereinander fragen. Und wenn man Pech hat, spielt niemand mit den ‹Unbeschnittenen›. Mein Onkel hat sich bei seinen Töchtern durchsetzen können. Die Älteste ist heute mit meinem Bruder verheiratet, sie leben in Südafrika, mein Bruder arbeitet dort bei einer Bank. Und es geht ihnen gut. Mein Bruder sagt, es sei viel besser so. Leider interessieren sich immer noch viel zu viele für diese kulturelle Praxis. Als ich meine Töchter 2019 mit nach Somalia genommen habe, hat meine grosse Schwester sofort vorgeschlagen, ich könne sie dann ja dort beschneiden lassen. Warum?, hab ich gefragt. Weil es die Religion will, hat sie geantwortet. Kennst du dich aus?, hab ich gefragt. Nein, nicht so gut, hat sie zugegeben. Dann sag mir nicht, was ich tun soll – habe ich meiner grossen Schwester gesagt. Meine Tochter wird nie beschnitten. Wegen der Leute, wegen der Leute – es ist mein Kind, nicht das der Leute. Ich habe sie geboren, ich entscheide.» WIN
KI UND SOZIALE ARBEIT
Näher dran an ethischen Lösungen für morgen
KI kritisch hinterfragen –Mehr dazu im Interview
«Ich vermisse meine Kinder»
Dahabo Mahamud, Surprise-Verkäuferin in Arlesheim und Reinach
«Ich habe meine Brille mitgebracht. Ich brauche sie zum Lesen und auch zum Schauen. In die Weite kann ich nicht gut sehen. Ich habe sie seit einem Jahr. Vorher konnte ich auch schon nicht gut sehen, aber es ist noch schlechter geworden. Lesen ohne Brille geht auch nicht mehr. Und ich lese viel, vor allem im Deutschkursbuch jeden Abend. Ich komme aus Somalia und bin über Kenia, Belarus, Polen und Deutschland in die Schweiz gekommen. Seit zweieinhalb Jahren bin ich hier. Ich wohne in Pratteln und verkaufe Surprise in Arlesheim und Reinach. Ich fühle mich wohl in der Schweiz, aber ich vermisse meine Kinder. Sie sind sechzehn, vierzehn und elf Jahre alt. Sie wohnen derzeit bei einer Freundin in Nairobi, der Hauptstadt Kenias. Sie ist sehr nett, aber die Kinder wollen zu mir, zu ihrer Mutter. Und meine Freundin ist nicht verheiratet,
sie ist noch jung. Sie möchte sich nicht mehr um meine Kinder kümmern, sie sagt, sie habe keine Zeit mehr, ‹bitte komm und hol deine Kinder›. Das SEM hat mein Gesuch um Familiennachzug abgelehnt. Ich muss erst eine feste Arbeit finden. Ich arbeite schon 40 Prozent, bin aber im Stundenlohn angestellt. Das reicht nicht, um mich ganz von der Sozialhilfe zu lösen – und das braucht es für den Familiennachzug. Gleichzeitig gehe ich jeden Tag in die Schule, um Deutsch zu lernen. Gerade habe ich A2 bestanden. Nächsten Monat werde ich jeden Tag nach Arbeit suchen. Jeden Abend telefoniere ich mit meinen Kindern. Ihr Vater ist früh gestorben, 2016. Ich habe nicht wieder geheiratet. Und im Moment kann ich auch an nichts anderes denken als daran, meine Kinder wieder bei mir zu haben.» WIN
«Wir
machten Porträts und Familienfotos»
Negussie Weldai, Chancenmitarbeiter und Surprise-Verkäufer in Bern
«Als 2020 in der äthiopischen Region Tigray ein Krieg ausbrach, machte ich einen Youtube-Kanal, ‹Zara Media› heisst er. Ich bin kein Journalist, aber ich schaute viele News – BBC, Sky News, Al-Jazeera oder Medien aus Eritrea. Ich wollte den Leuten den Konflikt erklären und mit Falschinformationen aufräumen. Als es 2022 ein Friedensabkommen gab, hörte ich mit meinem Youtube-Kanal auch wieder auf.
Ich mache gerne Videos und Fotos. Zum Beispiel, wenn wir am 24. Mai den eritreischen Unabhängigkeitstag feiern. Da kommen immer viele Menschen zusammen, die Kinder tanzen, die Erwachsenen schauen zu. Ich fotografiere auch bei anderen Festen oder bei Demonstrationen. Oder wenn ich YB-Fans auf dem Weg ans Spiel sehe. Neben der Arbeit im Büro und dem Heftverkauf habe ich kaum Zeit für das Fotografieren, doch wenn ich beim Bahnhof, wo ich Surprise verkaufe, etwas sehe, das mir
gefällt oder mich interessiert, mache ich ein Foto oder ein Video. Vor kurzem malte ein Mann eine Weltkugel auf den Boden, mit den Fahnen aller Länder, auch der eritreischen. Davon machte ich ein Video. Und dann gab ich dem Mann ein wenig Münz für seine Arbeit.
Früher habe ich als Fotograf gearbeitet. In Eritrea reinigte ich zunächst in einem Fotostudio. Dann hatte ich die Chance, dort ein Praktikum als Fotograf zu machen und das Handwerk zu lernen. Damals gab es keine digitalen Kameras, wir fotografierten noch analog. Mit diesen grossen Kameras, die mit dem schwarzen Tuch.
Wir machten Porträts für den Ausweis oder den Führerschein. Oder Familienfotos. Normalerweise arbeiteten wir im Studio, bei Hochzeiten oder Taufen manchmal auch in der Kirche. Ich war oft allein unterwegs und musste Stativ, Blitz und Batterie selber tragen. Später arbeitete ich auch in Äthiopien, im Sudan und in Libyen in einem Studio als Fotograf. Im Sudan eröffnete ich ein eigenes kleines Fotostudio, wo wir auch Fotos entwickelten.
Heute hat jede*r ein Handy und macht damit Fotos –wie ich ja auch. Mit den neusten Digitalkameras habe ich wenig Erfahrung. Die eine gute, die ich hatte, benutzte ich kaum. Also habe ich sie nach Äthiopien geschickt, zu meinem Schwager. Er nutzt sie öfter als ich.» LEA
«Mit dem Kreuz bin ich in Italien angekommen»
Tsige Beyene, Surprise-Verkäuferin in Zürich
«Kreuze bedeuten Sicherheit und Glück für mich und stehen für den Glauben, dass am Ende alles gut kommt. Und das eine erinnert mich an den schlimmsten Moment unserer Flucht.
Ich flüchtete alleine mit vieren meiner sechs Kinder, sie waren damals dreizehn, zwölf, zehn und sechs Jahre alt. Erst drei Jahre später konnte mein Mann mit den beiden anderen Kindern dank Familiennachzug und mit dem Flugzeug in die Schweiz kommen.
Auf der Flucht kamen wir nach Libyen – ein muslimisches Land. Ein Schlepper hat uns im Lastwagen mitgenommen, wir waren etwa 30 Leute. Der Schlepper dachte wohl, dass meine Kinder und ich Muslim*innen seien. Wir waren schon sechs Tage unterwegs, da entdeckte er zwei Tage vor der Ankunft in Libyen plötzlich das Kreuz, das meine Tochter um den Hals trug. Er fragte mich: Seid ihr Christen? Ich sagte Ja. Da wurde er wütend, nahm ein Messer hervor und schnitt meiner Tochter Ariam das Kreuz vom Hals. Das Kreuz blieb in ihrer Kapuze hängen –schnell nahm ich es und versteckte es hinten in meiner Jacke. So, dass er es nicht sehen konnte.
Warum, wurde ich später gefragt, habt ihr überhaupt Kreuze getragen? Ich wusste nicht, dass das die Leute in Libyen wütend macht. In Eritrea kann man christliche Kreuze tragen oder muslimische Symbole, das ist kein Problem. Viele Menschen in Eritrea sind Christ*innen, viele aber auch Muslim*innen.
Vielleicht dachte der Schlepper: Eine Mutter allein mit vier Kindern, ihnen will ich helfen. Aber als er unsere Kreuze sah, kehrte sich die Stimmung. Es war schlimm auszuhalten, bis wir am Ziel ankamen. Nach insgesamt sechs Monaten in Libyen konnten wir mit einem Boot nach Italien weiterfahren. Mit diesem Kreuz bin ich in Italien angekommen, daran erinnere ich mich immer. Es gibt noch eine zweite Geschichte. Später, in der Schweiz, brannte einmal das Auto meines Sohnes aus. Alles war verkohlt. Das Einzige, was nicht verbrannte, war wieder ein Kreuz. Egal, welche Schwierigkeiten auf mich zukommen, diese beiden Kreuze beschützen mich.»
LEA/DIF
Werner: Hut
etwas teurer als das Surprise, schauen Sie doch ruhig auch mal ins Heft, es lohnt sich.›
Mit den Menschen im Laden habe ich ein gutes Verhältnis. Risa war jahrelang der Lieferant vom Hutladen Schwarz, nun haben sie ihn übernommen. Das ist schon ein paar Jahre her, aber mich haben sie quasi mit übernommen. Ich darf dort auch auf die Toilette gehen, wenn es sein muss. Wenn ich die Leute am Spalenberg so anspreche, wegen Surprise, zeige ich meistens die neueste Ausgabe und sage: ‹Surprise kaufen, später lesen, Lesen bildet.› Oder: ‹Nicht verpassen, Surprise kaufen. Sie können es auch verschenken.› Dann schauen die Menschen schon mal mehr zu mir. Und je nachdem komme ich ins Gespräch, dann kann ich auch noch einen Spruch machen, aber da muss ich aufpassen: Die einen vertragen es gar nicht, wenn du etwas sagst, und die anderen lachen und kommen dann wieder zurück und kaufen ein Heft.
In der Regel sind die Männer eher skeptisch, Frauen lachen eher. Verkaufsmässig würde ich sagen, dass Frauen eher mehr kaufen als Männer. Und seit es teurer geworden ist, sagen manche auch: ‹Ich gebe Ihnen etwas.› Wenn sie das Heft nicht wollen, dann bitte. Sie verpassen was, ich weiss es. Viele sagen auch: ‹Ich bin am Anschlag mit Lesen, ich möchte es eigentlich nicht, ich gebe ein kleines Trinkgeld.› Nehme ich natürlich auch. Ich lese Surprise natürlich, zumindest das, was mich gerade interessiert, damit ich weiss, was drinsteht jenseits der Titelgeschichte. Und Auskunft geben kann.
«Die Hüte sind etwas teurer als das Surprise»
Werner «Elvis» Hellinger, Surprise-Verkäufer in Basel
«Ohne den Hut, mein Markenzeichen, verkaufe ich eigentlich selten etwas. Ich verkaufe Surprise am Spalenberg in Basel. Und komischerweise stehe ich direkt vor einem Hutladen. Und dieser hat mir den Hut gesponsert. Im Sommer trage ich Sommerhüte aus Stroh. Die habe ich auch von dort. Dafür kann ich noch meinen Stuhl dort platzieren. Ich mache eigentlich Werbung für sie. Viele kommen vorbei und sagen: ‹Schicker Hut!› Und ich antworte: ‹Ja, da drin können Sie auch einen kaufen.› Er hat keine spezielle Form, mir hat dieser Filzhut einfach gefallen. Er hat sogar einen Schutz für die Ohren. Für den Winter, wenn es kalt ist. Zudem schaue ich, dass ich den Ausweis immer sichtbar habe und die Surprise-Jacke trage. Das sind alles Wiedererkennungszeichen. Manche Leute, die mich mit der roten Jacke kennen, sind dann erstaunt, wenn ich plötzlich mal etwas anderes anhabe. Manche schauen auf meine Empfehlung hin auch mal in den Laden. Und ich versuche natürlich immer, ihnen nachher noch ein Surprise zu verkaufen. ‹Die Hüte sind ja
Am Spalenberg kommen auch viele Tourist*innen vorbei. Die Deutschen spreche ich eher an, denn in der Regel kommen sie von Ortschaften, die selber ein Strassenmagazin haben. ‹Ich komme nicht von Basel›, sagen viele Schweizer*innen. ‹Das ist egal, Sie können Surprise trotzdem kaufen. Es ist in der ganzen Deutschschweiz erhältlich.› Es gibt schlechte und gute Tage. Schlechte Tage sind so Mitte Monat, wenn die Leute kein Geld mehr haben. Das merke ich schon. Es gab auch schon Situationen, wo ich mir sagen musste, Alter, jetzt hast du zu viel erzählt oder zu viel gesagt. Und wenn jemand drängt auf irgendetwas, mit Einladungen oder so, dann lehne ich ab. Ich habe hier aber auch Kundschaft, die mir jeden zweiten oder dritten Tag zu essen bringt. Das gibt es auch. Zwar nicht mehr so viel wie früher. Das sind in der Regel Leute, die ich kenne. Stammkund*innen sozusagen. Es gibt natürlich auch Leute, die mal kein Heftli kaufen oder einfach einen Schwatz halten. ‹Du, ich muss grad einige Zeit im Spital verbringen und gehe hier ein wenig spazieren, wie geht es dir?› Das schätze ich sehr. Eigentlich bin ich ein Teil des Spalenbergs geworden. Nur bei Regen, da ist nicht viel los. Da ist auch kein Unterstand, nichts, wo ich Schutz finden könnte. Dafür muss ich runter zum Coop City, da ist es gedeckt. Da stehe ich am Morgen oft. Oder wenn es ganz kalt ist, da kann ich mich im Zwischenraum ein wenig aufwärmen und wieder raus. Die Kundschaft beim Coop ist natürlich anders, der Konsum ist mehr im Vordergrund. Die Leute schauen mich zwar an, schnell, aber laufen durch und gehen einkaufen und haben dann keine Münzen mehr. Einen QR-Code habe ich nicht, für mich ist nur Bares Wahres.» WIN
«Ich rief jeden Tag an»
Marzeyeh Jafari, Chancenmitarbeiterin und Strassenfussballerin aus Basel
«Das Wichtigste für mich sind meine Kinder. Ich möchte sie aber schützen, weshalb ich das Foto nicht ganz zeige. Ich glaube manchmal, ich lebe nur für sie. Sie sind zehn und sieben Jahre alt. Zwei Jungs. Auf der Flucht waren wir ein Jahr getrennt. Ich war schon hier in der Schweiz und sie waren noch mit dem Vater in Griechenland. Das war schlimm. Ich rief oft an und wollte sie sehen. Jeden Tag zwei, drei Mal. Sie waren damals noch sehr klein, man konnte noch nicht richtig mit ihnen sprechen.
Heute geht es ihnen gut, sie sind gern hier. Sie gehen in die Schule, der grosse Sohn lernt schon Französisch. Er ist sehr gut im Unterricht. Der Kleine hat dieses Jahr erst angefangen, erste Klasse. Das war für ihn ein bisschen überraschend: So viel Neues lernen, das Alphabet und so. Nun kann er schon ein wenig schreiben. Der Grosse spricht zuhause Persisch, der Kleine schon mehr Deutsch. Am Vormittag sind sie in der Schule, am Nachmittag bei mir. Aber nicht jeden Tag: Montags und alle zwei Wochen dienstags und freitags sind sie in der Tagesstruktur. Vom Vater lebe ich getrennt, aber die Kinder haben Kontakt zu ihm. Alle zwei Wochen sind sie für zwei Tage bei ihm. Sie brauchen ja auch ihren Vater.» WIN
Marzeyeh: Foto
Ghebriela: Ehering
«Richtig viele Leute»
Anastasia Dübi, Surprise-Chorsängerin aus Basel
«Ich habe meine Pfadi-Krawatte vom Pfadi-Bula mitgebracht. Und ich habe das deshalb mitgenommen, weil es für mich mit tollen Erinnerungen verknüpft ist an das schöne Bundeslager. Ich bin schon seit 2012 in der Pfadi als Teilnehmende und seit zwei Jahren als Leitperson. Also, das ist eine Pfadi-Krawatte, das haben alle Teilnehmenden, Helfenden und Leitpersonen am Bula bekommen. Was die Farben bedeuten, weiss ich nicht genau. Aber drauf geschrieben steht das Thema vom Bundeslager: In Bewegung bleiben. Das war 2022 im Obergoms. Zwei Wochen ging das, und ich war eine Woche dabei. Es war ein schönes Erlebnis. Mega viele Pfadis waren da, auch aus anderen Ländern: aus Serbien, aus afrikanischen Ländern, aus Grossbritannien. Alle schliefen in Zelten, über ein ganzes Tal ausgestreckt, mit mehreren Dörfern, die einbezogen waren. Richtig viele Leute. Ich war mit unserer Pfadi-Stufe dort. Wie viele wir waren, weiss ich nicht mehr.» WIN
«Ich hatte grosses Glück»
Ghebriela Semere, Surprise-Verkäuferin in Zürich
«Ich bin seit 44 Jahren mit meinem Mann Tsegay zusammen. Und seit diesen 44 Jahren ist der Ehering bei mir. Ich trage ihn immer, egal was ich mache. Immer. Tsegay und ich haben fünf Kinder – das älteste ist bald 40, das jüngste 20. Nur die beiden jüngsten sind bei uns in der Schweiz. Zwei sind in Eritrea im Dienst, ein Sohn ist nach Äthiopien geflüchtet. Ich vermisse sie sehr, ich denke immer an sie. Mit Tsegay hatte ich grosses Glück. In Eritrea kann man sich nicht einfach scheiden lassen. Es gibt beides, die Liebesheirat wie die arrangierte Ehe. Bei mir war es eine arrangierte Heirat, meine Eltern haben sie organisiert. Kirche und Religion sind mir wichtig. Wir heirateten katholisch, wir mussten die Hände auf die Bibel legen und uns zusichern, dass wir in guten wie in schwierigen Zeiten zusammen sein würden. Das taten wir. Wir waren fünf Kinder, ich hatte eine ältere Schwester, doch ich war die Erste, die heiratete. Mit erst sechzehn Jahren. Ich wusste, ich würde meine Familie bald verlassen müssen, das war schwierig. Tsegay arbeitete damals in Äthiopien. Für die Hochzeit kam er nach Eritrea, danach gingen wir zusammen nach Äthiopien. Bald wurde ich Mutter. Tsegay arbeitete als Automechaniker, ich kümmerte mich um die Kinder und den Haushalt. Es wäre gut gewesen, wenn ich bei der Hochzeit ein bisschen älter gewesen wäre. Ich war noch nicht wirklich erwachsen, eigentlich nicht reif für eine Ehe. Doch zum Glück ist es gut gekommen. Es gab kaum je Streit, wir haben nach 44 Jahren nach wie vor eine gute Beziehung.»
DIF/LEA
Anastasia: Pfadi-Krawatte
Dieu: Kette
«Der Lebensbaum gab mir Energie»
Dieu Chitpagna, Strassenfussballer aus Luzern
«Meine Eltern kamen von Laos in die Schweiz, da war ich sechs oder sieben Jahre alt. Heute ist die Schweiz meine Heimat, ich fühle mich hier wohl. Das Einzige, was mich stört, sind die vielen mürrischen Gesichter, vor allem am Morgen. Dabei haben wir es doch so gut. Freude am Leben haben, das ist das Wichtigste. Dafür steht auch der Lebensbaum, den ich an meiner Halskette trage. Ich habe ihn von einer Kollegin geschenkt bekommen. Seither begleitet er mich. Er hat mich durch schwierige Zeiten getragen, und von denen hatte ich schon einige. Als ich fünfzehn war, gab es zuhause Probleme, ich rutschte in die Drogen und Kleinkriminalität ab, kam in eine Pflegefamilie, das ganze Programm. Der Lebensbaum war mein Glücksbringer, er gab mir Energie, erinnerte mich daran, mich selbst nicht aufzugeben und immer weiterzukämpfen.
Ich trage die Kette immer bei mir, gehe ohne sie nie aus dem Haus. Ich habe mir sogar eine mit einem beson-
ders starken Verschluss besorgt, damit ich sie nicht verliere. Irgendwann habe ich mir noch einen zweiten Anhänger gekauft, eine Rose. Sie steht für die Liebe. Auch das ist etwas sehr Wichtiges in meinem Leben. Seien wir ehrlich: In einer Welt leben zu müssen ohne Liebe – wir wären doch alle verloren! Ich weiss das aus eigener Erfahrung, ich habe zuhause nicht die Liebe bekommen, die ich gebraucht hätte. Deshalb hat mir etwas gefehlt, und ich habe Zeit gebraucht, um zu merken, was es ist. Wenn ich einmal Kinder haben werde, will ich, dass sie nicht erleben müssen, was mir passiert ist; sie sollen genügend Liebe bekommen. Natürlich dürfen wir nicht vergessen: Rosen haben auch Dornen. Das heisst, Liebe ist nicht immer einfach, sie ist eine Herausforderung, manchmal sogar ein Kampf. Man muss ständig daran arbeiten, auch an sich selber. Du kannst niemanden lieben, wenn du dich nicht selber auch liebst.» KP
«Solange sie da ist, spüre ich Verbundenheit»
Saskia Mehri, Strassenfussballerin
«Die Kappe mit dem Mercedes gehört einem Menschen, der in meinem Leben eine wichtige Rolle spielt. Er ist inzwischen verstorben und war wie ein Onkel zu mir. Ich stamme, wie man so sagt, aus schwierigen Familienverhältnissen. Mit 15 Jahren nahm mich dieser Mann in seine Familie auf, das war an einem sehr schweren Moment in meinem Leben. Ich hatte Probleme mit den Zähnen und immer grosse Schmerzen, und er hat dafür gesorgt, dass ich operiert werden konnte – und das alles, ohne dass er mich damals richtig kannte. Ich glaube, er gehörte zu jener Sorte Menschen, die anderen gerne helfen. Jedenfalls bin ich ihm bis heute dankbar dafür.
Zwei Jahre später ist er leider verstorben, was für mich schlimm war. Ich habe ihn schnell in mein Herz geschlossen, musste mich aber schnell wieder von ihm verabschie-
aus Basel
den. Er war ein durch und durch guter Mensch, ich kann es nicht anders beschreiben. Das Gegenteil von dem, was ich daheim erleben musste. Der Freund meiner Mutter hatte mich angefasst, er schlug mich und sperrte mich ins Zimmer ein – ohne Essen. Wenn ich in der Schule jemandem davon erzählte, glaubte mir niemand. Meine Mutter wusste davon, sie hat aber nichts dagegen getan. Wieso nicht? Das möchte ich, ehrlich gesagt, gar nicht wissen. Die Kappe habe ich fast immer an. Es gab eine Zeit, da hatte ich kürzere Haare und sie nicht getragen, weil es nicht so gut dazu passte – da habe ich mich irgendwie nackt gefühlt. Auch wenn ich sie irgendwann vielleicht nicht mehr regelmässig tragen werde, wegschmeissen werde die Kappe bestimmt nicht. Solange sie da ist, spüre ich die Verbundenheit mit diesem Menschen.» KP
«Ein kleines schrif tstellerisches Wunder, das Humor mit Emotionen verbindet » PARI S MAT CH
«Mit den Tüchern kündigen wir etwas an»
Lucy Oyubo, angehende Surprise-Stadtführerin in Basel
«Ich möchte etwas über die Swahilikultur in Ostafrika erzählen. In Kenia, wo ich herkomme, und auch in Tansania, vor allem an der Küste, hatten wir eine sehr spezielle Methode zu kommunizieren: Wir haben Tücher benutzt. Heute ist das nicht mehr so verbreitet wie früher, aber wir tragen diese Tücher immer noch. Allerdings nur die Frauen! Die Tücher heissen in Tansania ‹Kanga› und in Kenia sagen wir ‹Leso›. Es ist immer ein doppelt bedrucktes, grosses Tuch, man kauft es und trennt es in zwei Hälften. Dann geht man in ein Geschäft für Textildruck und lässt die nun zwei Tücher nach eigenen Wünschen beschriften. Zum Beispiel ‹Lass mich in Ruhe› oder ‹Ich liebe dich über alles›. Auf eines dieser Tüchersets, das ich besitze, hat eine Person auf Kiswahili drucken lassen: ‹Tupendane kwa hali sio kwa mali›. Das heisst: Wir sollen uns wegen unserer inneren Werte mögen, nicht wegen unseres Besitzes.
Die Frauen tragen solche Tücher beispielsweise, um etwas anzukündigen. Eine Frau hat etwa zuhause eine Tochter, die heiraten wird. So etwas konnte man bei uns nicht anderen Leuten direkt ankündigen, man schrieb auch keine Einladungskarten. Stattdessen lässt man die Neuigkeit auf ein Tuch drucken und läuft damit im Dorf herum. Man lässt die Leute rätseln. Was, wenn die Frau zehn Kinder hat? Alima, Maria, Juma ... Nun müssen die Dorfbewohner*innen selbst herausfinden, wer wen heiratet und wann. Es wird untereinander getuschelt, alle sprechen plötzlich miteinander. Die Trägerin der Tücher aber erzählt nichts. Man spricht sie auch nicht drauf an. Niemand geht hin und sagt: Ey, was bedeutet das? Irgendwie findet man es heraus.
Auf einem weiteren, das ich habe, steht ‹Meine Eltern haben mir beigebracht, andere Menschen zu respektieren›. Ein weiteres hat vielleicht eine Mutter für die Tochter oder den Sohn beschriften lassen, die oder der etwas Schönes gemacht hat. Darauf steht: ‹Eine Mutter vergisst ihr Kind nie›. Die Mutter trägt das Tuch zuhause, ihre Kinder sehen es und freuen sich. Wenn du Streit mit deinem Nachbarn hast, kannst du auch ‹Hau ab› draufschreiben lassen. Oder ‹Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten›. Dann fragen sich die Leute: Mit wem hat sie wohl Krach? Oder eine Frau ist wütend auf ihren Mann, dann lässt sie schreiben: ‹Lass mich in Ruhe›. Und läuft damit zuhause herum. Und der Mann sieht das.
Man kann die Tücher um den Kopf tragen, als Decke nutzen, als Vorhang, um den Körper schlingen oder als Schal. In Mombasa oder an der Küste benutzen manche Leute diese Art der Kommunikation immer noch. Ich trage meine Tücher oft als Schürze in der Küche, damit ich nicht dreckig werde beim Kochen, oder als Kleid im Sommer, wenn es heiss ist.
Männer haben auch spezielle Tücher, die heissen Kikoi. Sie werden nur unten herum getragen, vor allem, wenn es heiss ist. Und an der Küste ist es immer heiss. Diese Tücher werden aber nicht beschriftet. Kanga/Leso sind eine rein weibliche Art der Kommunikation.» WIN
Roger: Stofftier
«Der I-Aah ist zum Symbol des neuen Lebens geworden»
Roger Meier, Surprise-Stadtführer in Bern
«Am 13. Oktober vor sieben Jahren habe ich mich verliebt. Und am darauffolgenden 1. November bin ich, nach 22 Jahren auf der Gasse, an eine Wohnung rangekommen. Innerhalb von zwei Stunden hatte ich den Schlüssel in den Fingern und wurde ein sesshafter Obdachloser.
Da ich meiner Freundin immer ihre schweren Einkaufstaschen trug, hat sie zu mir gesagt: ‹Du bist mein Packesel›. Als Antwort habe ich ‹I-Aah› gesagt. Sie arbeitet im Brockenhaus. Und dort hat sie den I-Aah gesehen und mir mitgebracht. Heute habe ich eine grosse Eselsammlung. Meine Freundin und ich haben eine gemeinsame Tätowierung. Beide haben wir den I-Aah, ich auf dem Unterarm, tätowiert von meinem Sohn. Der Esel ist sozusagen unser Familienwappen geworden.
I-Aah steht auf dem Regal, mit Blick zur Eingangstüre. Er sieht, wer kommt und wer geht. Er sieht jeden, der in mein Schlafzimmer will. Er erinnert mich jeden Tag daran, wie gut es mir
jetzt geht. Dass ich alles habe, was ich brauche. Dass ich reicher bin als Elon Musk. Ich bin gesund, habe jeden Tag zu essen, ein Dach über dem Kopf und ich habe nicht so einen Dachschaden. Der I-Aah ist für mich zum Symbol des neuen Lebens geworden. Und der Partnerschaft mit meiner Freundin. Wir sind seit sieben Jahren zusammen und hatten noch nie Krach. Oder wenn, dann bespreche ich mich mit dem Esel, und dann ist wieder gut. Sie hat ihr Leben, ich habe mein Leben, und wir haben ein gemeinsames. Wir müssen einander keine Rechenschaft ablegen. Einmal hat mir einer einen Tausender angeboten für I-Aah. Denn man kann den Schwanz abnehmen, er ist ein Original. Aus der Zeit, als ‹Winnie the Pooh› von Walt Disney rauskam. Im Film kommt I-Aah nämlich sein Schwanz abhanden. Das war 2011. Mein I-Aah hat also schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Es wird aber gut zu ihm geschaut. Alle drei Monate entstauben. Entweder staubsaugen oder durchklopfen.» LEA
«Es war eine unschuldige Zeit»
Kathy Messerli, Surprise-Stadtführerin in Bern
«Als Kind hatte ich jede Medaille einzeln aufgehängt, ich war so stolz darauf. Inzwischen habe ich sie abgehängt, aber ein Pokal hat noch immer einen prominenten Platz. Er steht auf dem Regal im Wohnzimmer, neben einem Marmorengel, einer Djembé und dem Schrein für meine tote Katze. Und die Medaillen liegen verborgen im Pokal. Der ist vom Schiessen, Bärencup 1992, 6. Rang. Ich war Kleinkaliberschützin. Mein Vater war im Schützenverein, durch ihn bin ich zu diesem Sport gekommen. Später, als ich Volleyball gespielt habe, schätzte ich es aber auch, mit anderen zusammen Sport zu machen, in der Gruppe, nicht einfach als Einzelkämpferin.
Auch im Leichtathletikverein war ich. In Seftigen gab es jedes Jahr den Jampen-Cup – mit Sprint, Kugelstossen, Weitsprung und einem Lauf, zwei oder fünf Kilometer, irgend sowas. Meine Paradedisziplinen waren der Sprint und der Weitsprung. 1993, mit elf Jahren, holte ich die Bronzemedaille, ein Jahr später Silber. Die Turnlehrerin sagte mir: ‹Nächstes Jahr machst du Gold›. Und 1995 war
es tatsächlich Gold. Ich hatte eine kleine Sportrivalin, sozusagen, ich wollte besser sein als sie. Doch sie war immer einen Tick besser. Die Goldmedaille habe ich in dem Jahr geholt, als sie nicht dabei war.
Ich war immer in Bewegung. Es machte mir auch nichts aus, nach dem Training noch die Hausaufgaben machen zu müssen. Es ging mir darum: weg von zuhause zu sein, in eine Rolle zu schlüpfen. Ein bisschen wie im Theater, das ich heute spiele. Wo man sich Aufmerksamkeit und Wertschätzung holen kann. Ich hatte Mühe damit, wenn ich etwas brauchte, direkt darum zu bitten.
Wegen meines Rückens musste ich schliesslich aufhören. Ich glaube, gerade darum sind mir diese Gegenstände so wichtig. Früher konnte ich mir ein Leben ohne Sport nicht vorstellen. Ich habe natürlich den Hund, mit dem ich jeden Morgen spazieren gehe. Und im August habe ich mir ein Fitnessabo gelöst. Aber es ist halt nicht das Gleiche.
Ich merke relativ schnell, wenn etwas von den Schmerzen her nicht mehr geht. Im Gegensatz zu früher. Da konnte ich über meine Grenzen hinausgehen. Ich hatte recht viel kaputt – das Fussgelenk, das Knie, die Schulter, Finger. Ich warf dann die Trainingstasche von meinem Zimmer zum Fenster raus, ging zu meinen Eltern: ‹Also, ich gehe den Match schauen›. In der Turnhalle dann nahm ich den Gips und den Verband ab und tapte, was auch immer kaputt war. Damit ich trotzdem spielen konnte. Ich spürte damals keinen Schmerz, ich war so in meinem Element. Und wollte nichts verpassen. Daheim erzählte ich: Sie haben gewonnen. Es war eine coole Zeit.
Ein Highlight war auch der Abschluss beim Cup in Seftigen. Der Lauf, die letzte Disziplin, führte durch ein Wäldchen mit einem Bach. Eine schöne Strecke. Im Ziel krempelten wir die Hose hoch und wateten durch den Bach. Die Eltern waren natürlich da, vielleicht auch der Götti. Wir spielten zusammen, lachten zusammen, versteckten uns. Es war eine unschuldige Zeit. Man kann alles werden, man kann sich jeden Traum erfüllen, man hat jede Möglichkeit auf dieser Welt. Mein Gefühl war: Ich bin unzerstörbar. Verletzungen – die können mir nichts anhaben. Diese Unbeschwertheit, die ich als Kind hatte, die vermisse ich heute manchmal.» LEA
Tsehay: Gummischuh Seit
«Ich ging barfuss weiter»
Tsehay Birhane, Surprise-Verkäuferin in Pfäffikon ZH und Chancenmitarbeiterin im Surprise-Büro Zürich
«In einer Nacht im Juni 1990, Eritrea stand im Krieg und ich diente im Militär, wurde ich zu einer anderen Einheit geschickt. Unterwegs konnte ich meinen Weg nicht sehen, denn es war Nacht. Ich konnte nichts sehen, nicht einmal den Boden unter mir. Auf einmal blieb mein Fuss stecken –ich war auf eine Leiche getreten. Es fühlte sich feucht an, die Leiche lag bestimmt schon einige Tage dort. Als ich es schaffte, meinen Fuss rauszuziehen, blieb meine Sandale in der Leiche stecken. Also suchte ich mit den Händen nach der Sandale und zog sie heraus. Ich ging barfuss weiter, mit den Sandalen in den Händen, weil die Schuhe nun glitschig waren. Als ich bei meiner Einheit ankam, putzten sie meine schmutzige Sandale mit Erde und einem Lappen aus Jute. Auf dem Rückweg, die Sandalen wieder angezogen, musste ich den gleichen Weg zurückgehen, und fast wäre ich erneut auf die Leiche getreten. Noch heute erinnere ich mich an diesen Tag im Jahr 1990, wenn ich die Sandalen sehe. Es waren schwere Zeiten. Alle Soldat*innen haben diese Schuhe getragen, 30 Jahre lang bis zur Unabhängigkeit 1993. Sie gehörten zur Ausrüstung. Und auch danach trugen die Menschen in Eritrea diese Sandalen. Alle tragen sie ohne Socken.» LEA/DIF
Dank Ihrer Spende, können gewaltbetroffene Migrant*innen ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen.
Impressum
Herausgeber
Surprise, Münzgasse 16 CH-4051 Basel
Geschäftsstelle Basel
T +41 61 564 90 90 Mo–Fr 9–12 Uhr info@surprise.ngo, surprise.ngo
Regionalstelle Zürich
Kanzleistrasse 107, 8004 Zürich
T +41 44 242 72 11
M+41 79 636 46 12
Regionalstelle Bern
Beundenfeldstrasse 57, 3013 Bern
T +41 31 332 53 93
Soziale Stadtrundgänge
Basel: T +41 61 564 90 40 rundgangbs@surprise.ngo
Bern: T +41 31 558 53 91 rundgangbe@surprise.ngo
Zürich: T +41 44 242 72 14 rundgangzh@surprise.ngo
Anzeigenverkauf
Stefan Hostettler, 1to1 Media
T +41 43 321 28 78
M+41 79 797 94 10 anzeigen@surprise.ngo
Redaktion
Verantwortlich für diese Ausgabe:
Sara Winter Sayilir (win)
Diana Frei (dif), Klaus Petrus (kp), Lea Stuber (lea)
T +41 61 564 90 70 redaktion@strassenmagazin.ch leserbriefe@strassenmagazin.ch
Ständige Mitarbeit
Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Simon Berginz, Monika Bettschen, Christina Baeriswyl, Hanna Fröhlich, Carlo Knöpfel, Yvonne Kunz, Isabel Mosimann (moi), Fatima Moumouni, Stephan Pörtner, Ralf Schlatter, Priska Wenger, Christopher Zimmer
Alle Texte in dieser Ausgabe wurden von der Redaktion aufgezeichnet.
An einigen Stellen wurde mit Übersetzung gearbeitet – wir danken allen Mitwirkenden herzlich.
Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird jede Haftung abgelehnt.
Gestaltung und Bildredaktion
Bodara GmbH, Büro für Gebrauchsgrafik
Druck
AVD Goldach
Papier
Holmen TRND 2.0, 70 g/m2, FSC®, ISO 14001, PEFC, EU Ecolabel, Reach
Auflage 38 500
Abonnemente CHF 250.–, 25 Ex./Jahr
Helfen macht Freude, spenden Sie jetzt. IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3
Das SurpriseTeam wünscht frohe Festtage und alles Gute für 2025.
Das Bild hat Sergio Furrer gestaltet. Der 46-jährige Basler liebt Tiere über alles. In seiner Freizeit malt er gerne, ausserdem versucht er derzeit, mit dem Rauchen aufzuhören. Seit gut 15 Jahren verkauft Sergio Furrer mehr oder weniger regelmässig das Surprise, je nachdem, wie es ihm gerade geht.
Ich möchte Surprise abonnieren
Das Abonnement ist für jene Personen gedacht, die keinen Zugang zum Heftverkauf auf der Strasse haben. Alle Preise inklusive Versandkosten.
25 Ausgaben zum Preis von CHF 250.– (Europa: CHF 305.–) Reduziert CHF 175.– (Europa: CHF 213.50.–)
Gönner-Abo für CHF 320.–
Probe-Abo für CHF 40.– (Europa: CHF 50.–), 4 Ausgaben Reduziert CHF 28.– (Europa: CHF 35.–)
Halbjahres-Abo CHF 120.–, 12 Ausgaben Reduziert CHF 84.–
Der reduzierte Tarif gilt für Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben. Es zählt die Selbsteinschätzung.
Bestellen
Email: info@surprise.ngo Telefon: 061 564 90 90 Post: Surprise, Münzgasse 16, CH-4051 Basel
Online bestellen surprise.ngo/strassenmagazin/abo
Die 25 positiven Firmen
Unsere Vision ist eine solidarische und vielfältige Gesellschaft. Und wir suchen Mitstreiterinnen, um dies gemeinsam zu verwirklichen. Übernehmen Sie als Firma soziale Verantwortung.
Unsere positiven Firmen haben dies bereits getan, indem sie Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Mit diesem Betrag unterstützen Sie Menschen in prekären Lebenssituationen dabei auf ihrem Weg in die Eigenständigkeit.
Die Spielregeln: 25 Firmen oder Institutionen werden in jeder Ausgabe des Surprise Strassenmagazins sowie auf unserer Webseite aufgelistet. Kommt ein neuer Spender hinzu, fällt jenes Unternehmen heraus, das am längsten dabei ist.
Automation Partner AG, Rheinau
Kählin Bodenbeläge GmbH
Gemeinnützige Frauen Aarau
Sternenhof, Leben und Wohnen im Alter, Basel
InoSmart Consulting, Reinach Praxisgemeinschaft Dornacherstrasse, Basel
Schweizer Alpen-Club SAC, Basel
Hofstetter Holding AG, Bern movaplan GmbH
hypnose-punkt.ch
Arbeitssicherheit Zehnder, Zürich
Restaurant Rössli Beiz Stäfa
FairSilk Social Enterprise, www.fairsilk.ch
Madlen Blösch, Geld & so, Basel
Maya Recordings, Oberstammheim
Atem-Fachschule Lika, Stilli bei Brugg Napura GmbH, Neuheim
Scherrer + Partner GmbH
Lebensraum Interlaken, Interlaken hervorragend.ch | Grusskartenshop
Kaiser Software GmbH, Bern
Buchhaltungsbüro Balz Christen, Dübendorf Kiosk Badi Buus - Nicole Altorfer-Dehning
TopPharm Apotheke Paradeplatz Zürich
Anyweb AG, Zürich
Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden?
Mit einer Spende ab 500 Franken sind Sie dabei.
Spendenkonto:
IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3 Surprise, 4051 Basel
Zahlungszweck: Positive Firma und Ihr gewünschter Namenseintrag (max. 40 Zeichen inkl. Leerzeichen). Sie erhalten von uns eine Bestätigung.
SURPLUS – DAS
NOTWENDIGE
EXTRA
Wie wichtig ist Ihnen Ihre Unabhängigkeit?
Eine von vielen Geschichten
Ricardo Da Costa verliess 2003 GuineaBissau, wo seine Familie immer noch lebt. Der Mechaniker arbeitete zuerst als Bauarbeiter in Portugal und Italien. 2013 kam er in die Schweiz. Wenige Tage nach seiner Ankunft wurden ihm alle Wertsachen gestohlen und er stand er ohne Papiere da. Auf der Gasse lernte er einen Strassenmagazin-Verkäufer kennen und verkauft seither auch. «Ich bin froh, bei Surprise zu sein», erzählt Ricardo. «Manchmal komme ich traurig ins Büro und gehe mit einem Lächeln auf dem Gesicht wieder raus.» SurPlus ist für ihn eine grosse Unterstützung: Das ÖV-Abo ermöglicht Mobilität beim Heftverkauf und bei Schwierigkeiten stehen ihm die Mitarbeitenden mit Rat und Tat bei.
Das Programm Einige unserer Verkäufer*innen leben fast ausschliesslich vom Heftverkauf und verzichten auf Sozialhilfe. Surprise bestärkt sie in ihrer Unabhängigkeit. Mit dem Begleitprogramm SurPlus bieten wir ausgewählten Verkäufer*innen zusätzliche Unterstützung. Sie erhalten ein Abonnement für den Nahverkehr, Ferienzuschlag und eine Grundausstattung an Verkaufskleidung. Zudem können bei finanziellen Notlagen aber auch für Gesundheits- oder Weiterbildungskosten weitere Unterstützungsbeiträge ausgerichtet werden. Die Programmteilnehmer*innen werden von den Sozialarbeiter*innen bei Surprise eng begleitet.
Weitere Informationen gibt es unter: surprise.ngo/surplus
Unterstützen Sie das SurPlus-Programm mit einer nachhaltigen Spende
Derzeit unterstützt Surprise 30 Verkäufer*innen des Strassenmagazins mit dem SurPlus-Programm. Ihre Geschichten stellen wir Ihnen hier abwechselnd vor. Mit einer Spende von 6000 Franken ermöglichen Sie einer Person, ein Jahr lang am SurPlus-Programm teilzunehmen.
Spendenkonto:
Unterstützungsmöglichkeiten:
· 1 Jahr: 6000 Franken
· ½ Jahr: 3000 Franken
· ¼ Jahr: 1500 Franken
· 1 Monat: 500 Franken
· oder mit einem Beitrag Ihrer Wahl.
IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3 | Vermerk: SurPlus Oder Einzahlungsschein bestellen: T +41 61 564 90 90 info@surprise.ngo | surprise.ngo/spenden Herzlichen Dank!
Frauenhaus Bern Fachstelle Opferhilfe bei häuslicher Gewalt
Lantana Bern Fachstelle Opferhilfe bei sexualisierter Gewalt
Frauenhaus Thun – Berner Oberland Fachstelle Opferhilfe bei häuslicher Gewalt
Vista Thun Fachstelle Opferhilfe bei sexualisierter und häuslicher Gewalt
CHANGEMAKER
Jedes Produk t hat seine eigene Geschichte. Bei Changemaker hast du die Gewissheit, dass es eine gute ist.
Wir wünschen Ihnen zauberhafte Festtage mit vielen wunderbaren Momenten.
Gemeinsam bereit.