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Mehr Wert Warum wir trotz Grundeinkommen arbeiten würden Fair oder nur smart? Warum es ein ethisch sauberes Handy nicht gibt

«Mama, du rockst das!» Sagt’s, und dann zieht sie aus, die Tochter

Nr. 374 | 6. bis 19. Mai 2016 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


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Titelbild: Lucian Hunziker

Am 5. Juni stimmen wir über das Grundeinkommen ab, doch wir wollen Ihr Ja oder Nein gar nicht beeinflussen, weil wir das Abstimmungsresultat eigentlich schon kennen. Dafür wollen wir uns in diesem Heft auf ein paar hypothetische Fragen einlassen. Zum Beispiel: Was würde mit einem Projekt wie Surprise passieren? Würde man sich denken: Spendengelder kann man sich sparen, jetzt haben ja alle genug zum Leben? Oder würde man sich denken: Surprise ist eine Heimat für all jene, die sich auch ohne existenzielle Geldsorgen in der Gesellschaft nicht akzeptiert fühlen? Die vielen Fragen, die sich aus der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens ergeben, laufen letzten Endes auf eine einzige hinaus: Was macht den Menschen aus? Es war 2008, als ich zum ersten Mal von der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens hörte. Ich war arbeitslos und musste einen Berufswiedereingliederungs- DIANA FREI kurs für sogenannte Fachkräfte besuchen. Hier sammelte sich alles, vom Kultur - REDAKTORIN veranstalter bis zur Gastrofachfrau. Es war eine Zusammenkunft von Menschen, die einen komplett unterschiedlichen Hintergrund, aber ein sehr verbindendes Problem hatten: keinen Job. In einem solchen Moment, in dem alle die Masken ihres Berufslebens eine Zeit lang ablegen, kommt eines darunter hervor: der Mensch. Mit seinen Vorstellungen, Wünschen, Plänen, Bedürfnissen und seinem Idealismus. Da sassen wir also jeden Mittag im Manor-Restaurant und diskutierten, was wir tun würden, wenn es ein bedingungsloses Grundeinkommen gäbe. – Und ach, was hätten wir die Wälder geputzt, gratis Yoga-Stunden für ausgegrenzte Jugendliche organisiert, der Philosophie und der Spiritualität im Alltag mehr Raum gegeben. Wir hätten uns für andere Kulturen interessiert, Alte gepflegt und einander wieder mehr zugehört. Vielleicht hätten wir aber auch nur Ferien gemacht. Wobei ich, ehrlich gesagt, in den Ferien auch immer die guten Ideen habe, um die ich im Büro jeweils verzweifelt ringe. Mein Kollege Beat Camenzind ist der Frage nach dem Was-wäre-wenn beim Verein Surprise seriös nachgegangen. Lesen Sie die Antworten ab Seite 10. Falls Sie dann noch nicht gleich arbeiten gehen müssen, lesen Sie weiter: von der Zwiespältigkeit, mit dem Fairphone ein Smartphone zu verkaufen, das gar nicht fair ist. Ab Seite 18. Oder setzen Sie sich in den inneren Film, den Ihnen unsere Autorin Birgit Ludwig auf Seite 15 bietet. Es sind Bilder der Vergangenheit, die vorbeiziehen, wenn es so weit ist: Die Tochter zieht aus, und mit ihr gehen Momente des gemeinsamen Erlebens. Herzlich Diana Frei

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 oder vereinsurprise.ch/spenden-surprise Ihre Meinung! Wir sind gespannt auf Ihre Kritik, Ihr Lob oder Ihre Anmerkungen. Schreiben Sie uns! Auf leserbriefe@strassenmagazin.ch oder an Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, 4051 Basel. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion trifft eine Auswahl und behält sich vor, Briefe zu kürzen. Oder diskutieren Sie mit uns auf www.facebook.com/ vereinsurprise SURPRISE 374/ 16

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BILD: ZVG

Editorial Im Manor-Restaurant


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10 Grundeinkommen Das Wesen der Arbeit Was passiert mit sozialen Unternehmen wie dem Verein Surprise, wenn die Schweiz Ja zum bedingungslosen Grundeinkommen sagt? Und was tun dann die Surprise-Verkäufer und -Stadtführer? Ein Soziologe, drei Vertreter von sozialen Unternehmen und vier Strassenmagazin-Verkäufer beantworten die Fragen.

BILD: LUCIAN HUNZIKER

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Inhalt Editorial Was hätten wir Wälder geputzt Die Sozialzahl Die Einzahlenden Randnotiz Leben mit Motorschaden Vor Gericht Rauschtäter Leserbriefe Der Sozialhilfe Geld gespart Starverkäufer Alois Kappeler Porträt Persien statt Iran Fremd für Deutschsprachige In der Konsumblase Fuckup Night Mit Scheitern zum Erfolg Kultur Pfirsiche und Erdbeeren Ausgehtipps Rot-grün Verkäuferporträt «Schritt für Schritt Vertrauen fassen» Projekt SurPlus Eine Chance für alle In eigener Sache Impressum INSP

15 Familie Und weg ist sie Ja, es hatte sich angekündigt. Und trotzdem ist es für die Mutter ein Moment, in dem das ganze bisherige gemeinsame Leben vor ihrem inneren Auge vorüberzieht, wenn es dann wirklich so weit ist: Die erwachsene Tochter packt die Umzugskisten.

BILD: ZVG

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BILD: FAIRPHONE

18 Fairphone Bewusst unfair

4

In Smartphones steckt recht kompakt das ganze Elend der Welt, denn ohne Missachtung von Menschenrechten und Umweltschutz lässt sich kaum ein Mobiltelefon herstellen. Die niederländische Firma Fairphone versuchte es trotzdem und brachte 2013 ihr erstes sogenanntes ethisches Handy auf den Markt. Bittere Einsicht der Firma: Sie konnte ihre eigenen Auflagen nicht erfüllen. Doch gerade deshalb verfolgt sie ihn weiter, den Traum vom sauberen Smartphone.

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BILD: WOMM

Ständige Wohnbevölkerung nac

h Altersgruppen (in Prozent)

SchweizerInnen:

AusländerInnen:

6,1

6,4

20,1

14,9

1,5 20,4

34,8

23,4 35,5 36,9 0–19 -Jährige

20–39-Jährige

Quelle: Bundesamt für Statistik,

Die Bevölkerung der Schweiz 2014,

Die Sozialzahl Die AHV und die Ausländer Die Auslä nderinnen und Auslä nder in der Schw eiz tragen in hohem Masse zur Sicherung der hiesigen Rente n bei. Mehr als acht Millionen Menschen leben in der Schw eiz, rund ein Viertel sind Auslä nder. Im Altersaufba u unterscheid et sich die schw eizerische Wohn bevölkerun g deutlich von der auslä ndischen: Knap p 45 Prozent der Schw eizeri nnen und Schw eizer sind jünger als 40 Jahre, aber über 20 Prozent sind schon pensioniert. Bei der auslä ndischen Wohn bevölkerun g haben hingegen fast 60 Prozent noch nicht das Alter von 40 erreicht, und nur acht Prozent von ihnen stehen im Rentenalter. Die Alters vorso rge beruh t in der Schw eiz auf einem Gene ration enver trag. Für die AHV als erste Säule der Alters vorso rge ist dies unmittelba r einsichtig. Was die Erwa chsen en heute in die AHV einza hlen, wird umge hend als Rente n an die Pensionier ten wiede r ausge zahlt. Der Bund beteil igt sich mit Gelde rn aus verschiede nen Konsu msteu ern an diese m Umla gever fahre n. So sind die Tabak - und Alkoh olsteu er, aber auch Abga ben der Spielb anken und ein Mehr werts teuer proze nt zweckgebu nden der Mitfin anzie rung der AHV vorbe halten . Auch die zweit e Säule der beruflichen Vorso rge beruh t im Kern auf einem Umla gever fahre n. Wir spare n zwar auf individue llen Konte n bei den Pensionska ssen bis zum Erreichen des Rente nalters einen Kapit alstock an. Doch dann muss die folgen de Gene ration bereit sein, das Erspa rte der ins Rente nalter gekom mene n Gene ration , angelegt in Form von Aktie n, Obligatione n oder Immo bilien , zu übern ehme n. Faktis ch läuft das darau f hinau s, dass ein gross er Teil der Einza hlungen der Erwer bstätigen in die Pensionska ssen direkt wiede r als Rente n ausge zahlt werde n.

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40– 64-Jährige

65–79-Jährige

80–99-Jährige

Neuchâtel, 2015, S. 23.

Der Generationen vertrag funktioniert nur, wenn die Balance zwischen den Altersgruppe n gehalten werden kann. Dabei kommt es nicht nur auf die Relation zwischen den verschiedenen Altersgruppe n an. Entscheidend ist, wie hoch die Renten und wie hoch das Einkommen der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter sind. Vergleicht man die Bevölkerungs struktur der Ausländerinnen und Ausländer mit jener der Schweizerinn en und Schweizer, so fällt auf, dass sich die Alterspyramide in ihrer Form erkennbar unterscheide t. Die ausländische Wohnbevölkerung ist wesentlich jünger als die schweizerische. Erinnert man sich weiter daran, dass sich in den letzten Jahren auch die berufliche Qualifikation der ausländische n Wohnbevölke rung deutlich verbessert hat, so wird klar, dass die Renten der Alten wesentlich über die Lohnbeiträge und die Kon sumausgaben der ausländische n Erwerbstätigen mitfinanziert werden. Selbst wenn man die Rentenbezieh enden ausserhalb der Schweiz mitberücksichtigt, zahlt die ausländische Wohnbevölke rung sehr viel mehr in das Rentensystem ein, als sie an Beiträgen bezieht. Ohne die ausländische Wohnbevölkerung wären die Säulen der Altersvorsorge längst in eine schiefe Lage geraten.

Prof. Dr. Carlo Knöpfel ist Dozent am Institut Sozialplanung, Organisationaler Wandel und Stadtentwicklung der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz.

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Randnotiz Menschliche Rädchen Unsere Gesellschaftsform funktioniert, weil wir in dieses Leistungssystem hineingeboren werden und in ihm aufwachsen. Es scheint uns natürlich und plausibel, dass das Ganze nur möglich ist, wenn wir selbst Leistung erbringen. Wir glauben, dass es Kraftstoff für den kollektiven Motor ist, aktiv und erfolgreich zu sein. Und dass wir uns als Individuen dadurch sinn- und zweckvoll fühlen. Leistung will zudem erbracht werden, weil sie vom Umfeld mit Akzeptanz und Bestätigung belohnt wird. Und je grösser die Leistung, desto besser – das haben wir spätestens in der Schule gelernt. Aber eines wurde mir nie beigebracht: wie ich reagieren soll, wenn ich weniger oder gar keine Leistung mehr erbringen kann. Nie hat mir jemand gesagt, dass Probleme auftreten könnten. Und dass ich in einem solchen Fall ohne schlechtes Gewissen Hilfe in Anspruch nehmen kann. Kein Lehrer hat mir je aufgezeigt, wo man Hilfe findet, sollte man nicht mehr optimal funktionieren. Denn in unserer Gesellschaft ist die Beanspruchung von Hilfe nur im Notfall und am liebsten auch nur theoretisch vorgesehen. Und kommt einem Eingeständnis des eigenen Versagens gleich. Jeder habe einen Rucksack zu tragen, heisst es. Auch das sieht man als Leistung: die eigenen Probleme unter Kontrolle zu halten und zu verbergen. Als mich psychische Probleme lahmlegten und ich, der Leistungsmensch, als Systembestandteil mit Motorschaden Konkurs anmelden musste, kam mir das als Totalversagen meiner Person vor. Im Nachhinein betrachtet kann ich die Ansprüche der Gesellschaft nicht einmal aus betriebswirtschaftlichen Gründen verstehen. Sie verlangt, dass wir das Gaspedal durchtreten, bis der Motor in Flammen aufgeht und die ungünstige Wirkung grösstmöglich ist. Sie sagt dann vielleicht noch, man habe ja die Möglichkeit gehabt, rechtzeitig Hilfe zu suchen. Und bestätigt damit noch einmal, dass alles mein eigenes Versagen ist. Sie macht es sich einfach und ignoriert die Schwachstellen im System, die gefährlich sind für mich als Person, aber auch für den Gesamtkörper. Denn man kann nicht erfolgreich missachten, dass die Rädchen dieser Maschinerie menschlich und damit anfällig sind.

Florian Burkhardt alias Electroboy war erfolgreicher Sportler, Werber und Partyveranstalter, bis ihn eine Angststörung arbeitsunfähig machte.

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Vor Gericht Schnaps und Wut Eigentlich, denkt man, gehört der schlaksige Bursche mit Trainerhose und Hoodie doch vors Jugendgericht, ein bleiches Pickelgesicht, höchstens neuntes Schuljahr. Das Geburtsdatum auf der Anklageschrift spricht dagegen, Mirko K.* ist 23. Er wohnt bei Mama, zur Schule geht er längst nicht mehr, er jobbt als Chauffeur für einen Lebensmittelhändler. 500 Franken gibt Mirko als Kostgeld bei Mama ab. «Und was machen Sie mit dem Rest?» – «Ich hab ja noch ein Kind.» Der Richter staunt, ebenso die Schüler der Berufsschulklasse, die in den Publikumsrängen sitzen und nicht viel jünger wirken als der Angeklagte. «Wie denn das?», fragt der Richter. «Wie man das so macht», sagt Mirko. Die Schüler kichern. Das Kind ist drei. Das Mädchen heisst wie die Figur aus einem Computergame. «Und die Mutter? Seid ihr zusammen?» – «Es ist kompliziert.» Zweimal ist Mirko ausgerastet. Im März letzten Jahres zerstach er die Pneus des Autos von Frau Akgün und schlug gegen die Karosserie, sodass drei tiefe Dellen entstanden. Im Oktober davor randalierte er vor einer Bar, zertrümmerte eine Glastüre, schlug einem Gast ein Auge blau und renkte ihm den Kiefer aus. Mirko stand unter Alkohol. Zuerst zur Bar-Sache. «Ich wollte die Bar nicht auseinandernehmen», sagt Mirko. «Ich hab mich auch kooperativ gezeigt gegenüber der Security.» – «Wo lag der Grund für die Wut?», fragt der Richter. Es gab Streit in der Bar. Mirko wurde reingezogen, sagt er. «Aber», klagt er, «ich wurde als Einziger rausgeschmissen! Die gehen immer auf die Schwächsten!» Wie schwach ist einer, der mit drei Fausthieben

Löcher ins Auto von Frau Akgün haut? Wahrscheinlich war der Wagen aus Karton. Frau Akgün ist die Nachbarin. Mirko trank mit ihrem Sohn, als er sturmfrei hatte, einen Abend lang Wodka-Cola. Und erfuhr so, dass Frau Akgün überall in der Siedlung rumerzählt hatte, Mirko würde sich nicht um sein Kind kümmern. Da war er wütend. Schnaps und Wut, das kommt nicht gut. Der Angeklagte könnte eigentlich ein ganz netter Bursche sein, tränke er nicht, sagt der Richter. Dann hätte er auch weniger Probleme, führt er die Kausalkette fort. «Was war dran an dem Vorwurf der Mutter des Freundes?» – «Ich sehe mein Kind fast wöchentlich», sagt Mirko. «Ich zahle Unterhalt. Ich will nicht sein wie mein Vater. Der hat nie gezahlt. Ich kannte den gar nicht.» Der Richter ist betroffen. «Ich hoffe, dass Sie was gelernt haben.» Nochmals benennt der Richter die Wurzel allen Übels und den Weg aus dem Dilemma. Söffen die Leute nicht, stünden sie nicht hier, sondern genössen ihre Freiheit. Der Richter bestraft den Angeklagten wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung mit 16 Monaten Gefängnis auf Bewährung und einer Probezeit von drei Jahren und hält ihm eine Standpauke, in der Wörter wie Verantwortung, Zukunft und allerletzte Chance vorkommen. «Wenn Sie sich nochmals etwas zuschulden kommen lassen, landen Sie im Gefängnis, dann sehen Sie Ihre Tochter eine Weile nicht mehr. Trinken Sie weniger, Ihrer Tochter zuliebe.» * alle Namen geändert Isabella Seemann ist freie Journalistin in Zürich und porträtiert als akkreditierte Gerichtsreporterin monatlich die kleinen und grossen Fische, die es in die Gerichtssäle geschwemmt hat. Priska Wenger ist freie Illustratorin in Biel und New York. SURPRISE 374/ 16


Leserbriefe «Stolz, dass ich Sozialgelder eingespart habe» Ausgabe Nr. 371, Osterheft «Sagt Dada!» «Schokolade von gestern» Weil ich weiss, welche mir wichtigen Texte und Bilder ich mit dem Strassenmagazin bekomme, kaufe ich das Magazin regelmässig in Rapperswil. Auch dann, wenn beispielsweise der Osterhase auf der Titelseite am 7. April nur noch Schokolade von gestern ist. Für Unentschlossene und für diejenigen, welche mehrmals an einem Verkaufenden vorbeilaufen, bevor sie das Magazin kaufen, ist der erste Eindruck entscheidend. Deshalb wünsche ich mir eine noch sensiblere Gestaltung der Titelseite. Katharina Ziegler, Bäretswil

Ich würde es begrüssen, wenn einmal genau untersucht würde, wie viele Sozialhilfeempfangende einen geringen, wie viele einen mittleren und wie viele einen hohen Betrag von der Sozialhilfe empfangen. Womöglich wäre hier zu beobachten, dass Sozialhilfeempfangende, die arbeiten und zu den sogenannten Erwerbsarmen, also Working Poor, gehören, relativ wenig Sozialhilfe beziehen. Dabei sollte natürlich auch angeschaut werden, welches die Ursachen für den Sozialhilfebezug waren. Ich selber bin nun am Ende meiner fünfjährigen Sozialhilfebezügerzeit angekommen: Im August werde ich AHV-Rentner. Und ich bin doch auch stolz, dass ich noch jeden Monat rund 700 Franken Lohn erarbeitet und der Stadt damit 28 000 Franken an Sozialgeldern eingespart habe. Somit gelte ich sicher auch teilweise als Working Poor. Martin A. Steiner, Surprise-Stadtführer und -Verkäufer aus Basel

Ausgabe Nr. 372, Die Sozialzahl: «Die neue Rolle der Sozialhilfe»

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Sie an dieser Stelle sehen möchten: Verein Surprise, Redaktion Spalentorweg 20, 4051 Basel F +41 (0)61 564 90 99 redaktion@vereinsurprise.ch

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Ausgabe Nr. 372, Hausmitteilung «Wechsel an der Spitze» «Nicht so schnell aufgeben» Ich schätze immer die interessanten Berichte in Ihrer Zeitung. Ich wuss te gar nicht, dass Sie im 2006 fast aufgeben mussten. Toll, dass es immer wieder Menschen gibt, die nicht so schnell aufgeben, sich Unterstützung holen und sich für die Schwachen einsetzen. Mathilde Tobler, Feusisberg

Ausgabe Nr. 372, «Die vergessenen Griechen» «Zwingen zum Nachdenken» Die Beiträge im Surprise sind spannend und gut geschrieben. Sie zwingen uns zum Nachdenken über unseren eigenen Lebensstil in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern. Wie viel Mut und Eigeninitiative beweisen doch die vorgestellten Griechen in der Nummer 372. Sylvia Nyffeler, Dietlikon

BILD: ZVG

«Ich verstehe unter Rentner etwas anderes» In seiner sehr guten Kolumne «Die neue Rolle der Sozialhilfe» in Surprise 372 verwendet Carlo Knöpfel die Begriffe Sozialhilferentnerinnen und Sozialhilferentner. Ich verstehe unter RentnerInnen etwas anderes und finde es besser, wenn man und frau Begriffe wie «langandauernder Sozialhilfebezug» verwendet. Dabei muss auch gesehen werden, dass beim sozialhilfeabhängigen Working Poor die Sozialhilfe ja eine Ergänzungsleistung zum Lohn ist. Ähnlich kann bei Alleinerziehenden die Sozialhilfe ein Lohnersatz sein, wenn sich zum Beispiel der Mann verflüchtigt hat. Die Sozialhilfe kann auch ein absurder Ersatz sein. Beispiel: Die Schweizerische Post hat in den letzten sieben Jahren die Löhne in der Zeitungsgrundversorgung um rund 25 Prozent gekürzt. Da viele Zeitungsaustragende in der Schweiz in prekären Verhältnissen leben, ersetzt hier die Sozialhilfe teilweise Lohnkosten, welche von der Schweizerischen Post eingespart wurden und werden. Absurd ist auch, dass die Schweizerische Post mehrere Millionen ihres Gewinns an den Bund überweist. Und eine Frechheit ist es, wenn dann die Postchefin behauptet, dass die Kosten der Grundversorgung nicht auf die Steuerzahlerin und den Steuerzahler abgewälzt würden.

Starverkäufer Alois Kappeler Angela Rüegg aus Chur nominiert Alois Kappeler als ihren Starverkäufer, «weil es viel schöner ist, im Quader Coop einzukaufen, wenn er am Eingang steht, alle Leute freundlich begrüsst und mit einem sympathischen ‹schöns Tägli› verabschiedet. Er ist ein sonniger, aufgestellter Mensch, der sogar auf Hunde aufpasst, während Frauchen oder Herrchen einkauft. Schön, dass du da bist, Alois.»

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Porträt Zwischen Religionen zuhause Shabnam Edith Barth ist eine Kämpfernatur. Früh verheiratet und wieder getrennt, hat sie zwei Söhne im Alleingang grossgezogen. Nun schliesst sie gerade ein spätes Theologiestudium ab. VON MARA W IRTHLIN ( TEXT) UND ROLAND SCHMID ( BILD)

meinsame Basler Haushalt war durch interreligiöse Toleranz geprägt. Zeitlebens behielt Barths Vater seinen muslimischen Glauben bei und unterstützte gleichzeitig, dass die Kinder christlich aufwuchsen. Was viele erstaunen mag, ist für Shabnam Edith Barth völlig selbstverständlich: «Ich glaube noch an das konstruktive Potenzial der Religionen.» Ihr Vater sei ein grosser Philosoph gewesen, der in seiner Denkweise immer einen Schritt über die Grenzen hinaus machte: «Er nahm die Religionen als unterschiedliche Manifestationen einer allgegenwärtigen Verbindung von Menschen und Gott wahr, die sich in ihrem Kern ähneln.» In ihrer Jugend lernte Barth auch das andere Extrem kennen. «Damals traf ich mich mit einer christlichen Jugendgruppe, die jedoch zunehmend fanatisch wurde, was mir ein ungutes Gefühl vermittelte.» Die Distanzierung von ihren damaligen Kameraden war eine einschneidende, schmerzhafte Erfahrung. Als Barth die evangelikale Gruppe schliesslich verliess, fühlte sie sich kurze Zeit wie eine Verräterin, danach aber «unendlich befreit». Rückblickend bezeichnet sie ihr weltoffenes, liebevolles Elternhaus als «wunderschönes Geschenk». Dennoch ist das Verhältnis zu ihrer iranischen Seite ambivalent. «Ich sehe das positive, konstruktive Potenzial des Islams», sagt sie. Trotzdem erwische sie sich selbst immer wieder dabei, wie sie die Religionszugehörigkeit ihres Vaters verheimliche und ihre Herkunft verschleiere: «Ich spreche meist von persischen Wurzeln, denn das finden immer alle sehr interessant. Wenn man aber von iranischen Wurzeln spricht, haben die Leute Vorurteile.» Schade, dass das negative Bild des Islams so weit verbreitet ist, findet sie, zumal die Fundamentalisten nur eine kleine Minderheit unter den Muslimen ausmachen. «Wir nehmen oft nur diejenigen wahr, die im Namen des Islams

«Innerhalb von kurzer Zeit verlor ich meinen Vater, dann meinen Bruder und schliesslich meine Mutter», sagt Shabnam Edith Barth. Die Todesfälle waren ein tiefer Einschnitt für sie. Ansehen kann man ihr die Belastung allerdings nicht, ebenso wenig wie ihr Alter. Barth wirkt wie der Zeit entrückt, als entspringe sie einer anderen Epoche oder einem Märchen. Vielleicht liegt es an der prinzessinnenhaften Erscheinung der Endfünfzigerin: weite Röcke und spitzenbesetzte Blusen zu locker zusammengeraffter Rosa-Luxemburg-Frisur. Tatsächlich ist Kleidung für Barth mehr als nur Körperbedeckung. «Nachdem ich zuletzt meine Mutter verlor, kleidete ich mich nur noch schwarz. Ich bin dafür extra einkaufen gegangen, denn zuvor trug ich immer helle Crèmetöne. Doch nach den extremen Verlusterfahrungen hat sich das einfach nicht mehr richtig angefühlt.» Ein wenig Abstand hat sie jedoch schon gewonnen. Jetzt im Frühling mischt sie langsam wieder hellere Farbtöne ins Schwarz. Und auch sonst merkt man ihr eine gewisse Aufbruchstimmung an, passend zur Jahreszeit. Dass sie sich gerade eine Auszeit von der Arbeit gönnt, scheint ihr gut zu bekommen. Seit über 30 Jahren arbeitet Barth bei Mission 21, damals hiess die Organisation noch KEM, Kooperation evangelischer Missionen und Kirchen. Dieses Jahr entschloss sie sich für eine halbjährige unbezahlte Pause, unter anderem um sich besser auf die Universität konzentrieren zu können. Seit über acht Jahren studiert Barth evangelisch-reformierte Theologie. «Das Fach hat mich schon immer fasziniert», sagt sie. Wer in Basel ihren Nachnamen hört, wundert sich darüber nicht. Tatsächlich gehört Shabnam Edith Barth zum Kreis der Nachlassverwaltenden von Karl Barth. Ihre Verbindung «Als Barth die evangelikale Gruppe schliesslich verliess, fühlte sie sich mit der renommierten Familie, zu welcher nekurze Zeit wie eine Verräterin, danach aber «unendlich befreit». ben dem berühmten Basler Theologen auch die bekannte Missionarin Marie-Claire Barth gehört, ist schnell erzählt: Bereits als Schülerin verliebte sie sich in eimorden und unterdrücken.» Wie viele ihr Leben friedlich verbringen nen Enkel Karl Barths. «Ich wollte eigentlich nie heiraten», erinnert sie «und oft gar nicht als Vertreter ihrer Religion wahrgenommen werden», sich, «aber der künstlerisch und intellektuell hochbegabte junge Mann darüber nachzudenken tut ihr weh. Dass sie nicht immer die Kraft hat, hatte mir völlig den Kopf verdreht!» Kurz nach der Hochzeit mit 20 Jahden Vorurteilen entgegenzutreten und zu ihrer Herkunft zu stehen, ärren bekam sie den ersten Sohn, wenig später den zweiten. Grossgezogert sie. «Eigentlich sollte es mir egal sein, was die Leute denken.» gen hat sie die beiden allerdings alleine, denn die Ehe scheiterte, als der Es ist die Spiritualität, aus der sie in solchen Momenten wieder LeKleine etwa ein halbes Jahr alt war. Ein Gefühl der Verbundenheit mit benskraft und Zuversicht gewinnt. «Die Verbindung mit einer göttlichen ihrem ehemaligen Ehemann ist trotz der Trennung geblieben, Barth trifft Schöpferkraft hilft mir, meine Mitmenschen und die Welt mit dem Herihn regelmässig. zen zu betrachten.» Dabei zieht die angehende Theologin ihre InspiraSobald ihr Studium abgeschlossen ist, will Barth in den Iran reisen. tion aus ganz unterschiedlichen Quellen. Besonders berührt sei sie von «Ich möchte unbedingt etwas von der alten persischen Hochkultur seder Mystik, in der sich Christentum, Judentum und Islam sehr nahe hen», sagt sie, «die Spuren davon sind ja direkt in der Bibel zu finden.» kommen: «Von den Zeilen des persischen Dichters Rumi über die GeIn den Iran reisen heisst für Barth aber auch, ihre Wurzeln zu erfordichte des deutschen Lyrikers Angelus Silesius bis zu den mündlichen schen. Ihr Vater stammte von dort, aus einer bekannten Familie schiitiÜberlieferungen der Kabbalah: Die tiefe Wahrheit in der Mystik schenkt scher Rechtsgelehrter, ihre Mutter war eine Schweizer Christin. Der gemir Frieden.» ■

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Grundeinkommen Viel mehr als nur Geld 2500 Franken für jeden sieht das bedingungslose Grundeinkommen vor. Braucht es dann soziale Unternehmen wie den Verein Surprise noch, wenn die Initiative angenommen wird?

VON BEAT CAMENZIND ( TEXT) UND LUCIAN HUNZIKER ( BILDER)

Viele Menschen sind mit der Leistungsgesellschaft überfordert. Und Gallo ist sich sicher: «Das wird sich mit der Einführung des Grundeinkommens nicht ändern.» Die Schweizer werden sich weiterhin über die Arbeit definieren. «Du bist, was du arbeitest», sagt sie. «Gerade in einem so kapitalistischen Land wie der Schweiz gilt das auch mit einem Grundeinkommen. Die Ausgrenzung aufgrund von fehlender oder mangelnder Leistung löst sich nicht in Luft auf.» Die Profitgier werde nicht verschwinden. Für ein Umdenken brauche es mehr als die finanzielle Absicherung. Sie kommt auf bezahlte Elternzeit und soziale Einsätze zu sprechen. Trotzdem kann sie der Initiative auch eine gute Absicht abgewinnen. Es wäre ein Wechsel weg von der Wirtschaft hin zum Mensch. Die Abhängigkeit vom Arbeitgeber falle zum Teil weg. Und man wäre nicht

Bruno sitzt am Küchentisch seiner WG. Es ist zehn Uhr m orgens, der Kaffee dam pft in seiner Tasse. Er nippt daran und nim m t die Zeitung zur Hand. Nach intensiver Lektüre von Artikeln m it Titeln wie «Endlich: Müllabfuhr erhält saubere Roboter» oder «St. Galler Polizei findet kein Personal» wendet er sich dem Stellenanzeiger zu. Er blättert zu den Lehrerstellen auf Seite 43 durch. Doch da ist nichts, das ihm passen würde. Entweder ist das Schulhaus zu weit ausserhalb oder der Lohn zu tief. Wenn er schon wieder in seinem angestam m ten Beruf Vollzeit arbeiten soll, m öchte er m ehr als die gebotenen 7000 Franken pro Monat verdienen. «Das sind ja Löhne wie vor zehn Jahren», denkt er. Seine Freunde verdienen einiges m ehr. Manchm al belächeln sie ihn, dass er auf so vieles verzichtet und von 2500 Franken lebt. Manchm al staunen sie, wie er das fertigbringt. Wenn «Gerade in der Schweiz wird sich Ausgrenzung aufgrund von fehlender Bruno an seinem Lebensstil zweifelt, fällt ihm oder mangelnder Leistung nicht in Luft auflösen.» der Satz seines Arbeitsverm ittlers wieder ein. Paola Gallo, Geschäftsführerin Verein Surprise Der hatte ihm nach seiner Kündigung vor neun Jahren gedroht: «Wenn Sie nächsten Monat mehr als Bittsteller beim Sozialamt oder der Arbeitslosenkasse abgenicht fünfzehn Bewerbungen schreiben, m üssen Sie einen Job im Callstempelt. Aber: «Das Grundeinkommen ist nur ein erster Schritt eines center annehm en.» Kurz darauf wurden die Regionalen Arbeitsverm ittumfassenderen gesellschaftlichen Wandels, der geschehen muss.» lungszentren abgeschafft und Callcenter gibt es auch nicht m ehr. Seit der Einführung des bedingungslosen Grundeinkom m ens sind die Anbieter Sinnvolle Arbeit gibt Selbstvertrauen von m ässig beliebten Stellen um jeden Mitarbeiter froh. Und Callcenter Wer sich bei den Surprise-Verkäufern umhört, bekommt Gallos Ausbestehen aus Rechnern, die wahllos Leute anrufen und sie m it m echanisagen grösstenteils bestätigt. Etwa Eva Herr: Sie steht mit ihrem Einscher Stim m e und üblen Tricks dazu überreden wollen, ihre 2500 Frankaufswägeli fast jeden Tag beim Basler Bankverein. «Auch wenn es das ken Grundeinkom m en zu verjubeln. Grundeinkommen von 2500 Franken gibt, würde ich Surprise verkauJetzt m uss Bruno los: Seit zwei Jahren betreut er wenn im m er er kann fen», sagt sie bestimmt. Oder Stadtführer und Verkäufer Markus Chris seine Eltern. Die beiden sind über 80 Jahre alt und freuen sich über jede ten: «Diese Arbeit gibt mir Selbstvertrauen.» Inwischen ist er in Basel bekleine Hilfe von ihrem Sohn. Für Bruno m acht das m ehr Sinn, als sich in kannt, hält politische Reden und kandidiert für den Grossen Rat. Vor einem Schulhaus m it den drei bis vier Kindern in der Klasse rum zuärvier Jahren wäre das für ihn nicht vorstellbar gewesen. gern, die partout nichts lernen wollen und sagen: «Es gibt doch das Martin Steiner ist skeptischer. Der Stadtführer und Verkäufer kann Grundeinkom m en.» sich nicht für die Initiative erwärmen, im Gespräch fallen Wörter wie «Gratisferien» und «fehlender Arbeitsanreiz». Andererseits: Sollte er der«Du bist, was du arbeitest» einst 2500 Franken Grundeinkommen erhalten, würde er «je nachdem» «Es wird sich nicht viel ändern für uns. Wir beschäftigen jetzt schon weiter Surprise-Hefte verkaufen. Der Heftverkauf hat ihm schon das Menschen, die von den Sozialversicherungen Geld erhalten.» Das sagt Überleben gesichert und er ist froh um die Arbeit. Stadtführungen würPaola Gallo, Geschäftsführerin beim Verein Surprise in Basel. Mit dem de er auch ehrenamtlich machen. Grundeinkommen sei das Finanzielle ein Stück weit geregelt. Beim VerWen immer man fragt, die Verkaufenden erarbeiten sich nicht nur ein kauf von Strassenmagazinen oder – ganz allgemein – bei einer ArbeitsEinkommen mit dem Heft, sie fühlen sich «gebraucht», erfahren Wertstelle geht es aber längst nicht nur um Geld. Es geht auch um einen Platz schätzung, haben eine «Ersatzfamilie», die ein wenig Ordnung in ihr Lein der Gesellschaft. «Die Verkäufer und Stadtführer erhalten einen Sinn ben bringt. Oder wie Verkäuferin Tatjana Georgievska das sagt: «Surpriim Leben, eine Tagesstruktur, neue soziale Kontakte.» Das bestätige die se brachte die Hoffnung in mein Leben zurück. Ich tu das auch wegen Menschen und stärke ihren Selbstwert.

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Surprise-Verk채ufer Markus Christen h채lt inzwischen politische Reden. SURPRISE 374/ 16

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Martin Steiner ist gegen «Gratisferien» für alle.

Würde auch mit Grundeinkommen beim Bankverein stehen: Eva Herr.

den sozialen Kontakten.» Deshalb verkauft sie immer noch, obwohl sie eine Stelle in der Reinigungsbranche gefunden hat.

Tatyana Georgievska arbeitet als Putzfrau und verkauft Surprise.

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Leistungsdruck nähme ab Und was sagen andere soziale Organisation zum Grundeinkommen? Braucht es die noch, wenn jeder Schweizer 2500 Franken erhält? Urs Dettling ist Mitglied der Geschäftsleitung von Pro Infirmis und leitet dort die Sozialpolitik. Laut Webseite ist Pro Infirmis die «grösste Schweizer Fach organisation für Menschen mit einer Behinderung». Dettling hat eine klare Haltung: «2500 Franken sind zu wenig. Die Menschen, die wir unterstützen, haben aufgrund ihrer Behinderung oft ein weit höheres Einkommen nötig. Die Initianten zeigen kein konkretes Modell, wie das künftig finanziert werden soll.» Weitere Fragen beantwortet er nicht, sie sind ihm zu «hypothetisch». Er ist sich sicher: «Die Initiative wird nicht angenommen.» Michel Steiner hat sich intensiver mit dem Grundeinkommen auseinandergesetzt. Er arbeitet in der Geschäftsleitung des Vereins für Gassenarbeit Schwarzer Peter in Basel und ist selbst Gassenarbeiter. Der Verein berät und begleitet unter anderem Wohnungslose. Die Entkoppelung von Arbeit und Geld findet Steiner interessant. Denn schon jetzt fragt er sich, warum man für manche Arbeiten Geld erhält und für andere nicht oder nur wenig. Steiner forderte kürzlich in den Medien ein Recht auf Wohnen. In den letzten sieben Jahren habe sich die Zahl der Menschen ohne Wohnung in der Schweiz vervielfacht. Die Armut nehme zu, gleichzeitig herrsche vielerorts Wohnungsnot. Dass sich daran mit einem Grundeinkommen von 2500 Franken rasch etwas ändert, glaubt Steiner nicht. «Nicht zuletzt wird es weiterhin Menschen mit Suchtproblemen geben.» Aber: Scheidung oder Jobverlust wären nicht mehr in jedem Fall ein Armutsrisiko. «Die Leute wären nicht mehr so stark vom Arbeitgeber SURPRISE 374/ 16


Gemeinsames Zmorge im Vertriebsbüro: Surprise ist für viele auch Ersatzfamilie.

abhängig. Der Leistungsdruck nähme ab.» In«2500 Franken sind zu wenig. Die Menschen, die wir unterstützen, hasofern könnte er sich vorstellen, dass sein Verben aufgrund ihrer Behinderung oft ein weit höheres Einkommen nötig.» ein mit der Annahme des Grundeinkommens Urs Dettling, Leiter Sozialpolitik Pro Infirmis weniger Wohnungslose betreuen müsste und auch weniger auf Spenden angewiesen wäre. ler Welt m it hohen Löhnen ködern. Die Kosten für Wohnen, Essen, fürs Derzeit finanziert sich der Schwarze Peter zur Hälfte durch ZuwenLeben stiegen ins Unerm essliche. Unterschicht und Mittelstand zogen es dungen. vor, das Land zu verlassen. Hätten soziale Unternehmen nicht ein Problem, Spender zu überPeter weicht sein Brot am Brunnen auf, trotz des Schildes: «Privatzeugen? Wozu soll man noch spenden, wenn jeder monatlich 2500 Franwasser». Ein Polizeiroboter registriert ihn und schlägt Alarm . Von der ken bekommt? Michel Steiner ist überzeugt: «Sollte es den Schwarzen Decke eines Gebäudes richtet sich eine Strahlenkanone auf ihn. Peter Peter noch brauchen, kann man den Leuten auch dann noch gut erklärennt den langen Weg zur Novartis-Brücke, unter der er die Nacht verren, warum sie spenden sollen.» Paola Gallo vom Verein Surprise ist der bringt. gleichen Meinung: «Ich bin überzeugt, dass die Menschen weiterhin Gu■ tes tun wollen, solidarisch sind und spenden wollen.» Bei Pro Infirmis heisst es auch dazu: «Hypothetisch.» Peter sitzt auf der Parkbank und kaut an einem harten Stück Brot. Das hat er nach Ladenschluss vom Superm arkt erhalten. Mit fünfzig anderen Obdachlosen stand er beim Hintereingang des Superm arkts und wartete, bis das com putergesteuerte Förderband die abgelaufenen Esswaren hergibt. Peter denkt oft ans Auswandern, wie das viele Schweizer vor ihm schon getan haben. Denn 1000 Franken reichen einfach nirgends hin. Mit der Einführung des Grundeinkom m ens hatte die Politik die Sozialwerke abgeschafft. Und der ursprüngliche Vorschlag von 2500 Franken kam nicht durchs Parlam ent. Einige Jahre später verkündete der Finanzm inister strahlend: «Das Unternehm en Schweiz hat keine Schulden m ehr.» Die Politik beschloss, Firm en Geld zu bezahlen, wenn sie in die Schweiz ziehen. Das Land wurde zum Mekka für Weltkonzerne, die fast ausschliesslich hochspezialisierte Fachkräfte einstellen und diese aus alSURPRISE 374/ 16

Der Initiativtext 1. Der Bund sorgt für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. 2. Das Grundeinkommen soll der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen. 3. Das Gesetz regelt insbesondere die Finanzierung und die Höhe des Grundeinkommens.

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Soziologe Ueli Tecklenburg glaubt nicht, dass die Schweiz bereit ist für das bedingungslose Grundeinkommen. Trotzdem ist er für die Vorlage – die Diskussion über das Sozialwesen sei wichtig.

INTERVIEW: BEAT CAMENZIND

Herr Tecklenburg, was geschieht mit sozialen Unternehmen w ie dem Verein Surprise, wenn die Initiative zum bedingungslosen Grundeinkommen angenommen w ird? Die Initianten haben vorgeschlagen, dass jeder 2500 Franken erhält. Man könnte also davon ausgehen, dass der Anreiz zum Verkauf von Surprise abnimmt. Andererseits sind die 2500 Franken bedingungslos. Das heisst, was die Verkäufer darüberhinaus verdienen, könnten sie behalten. In der Sozialhilfe ist das nicht immer der Fall. Je nach kantonalen Bestimmungen müssen Surprise-Verkäufer, die Sozialhilfe beziehen, ab einer bestimmten Anzahl verkaufter Hefte einen Teil des Verdienstes abgeben. Die Leute könnten ihren Verdienst behalten und hätten mehr Anreiz zu arbeiten. Allerdings ist der Initiativtext sehr vage, weder Höhe noch Finanzierung des Grundeinkommens sind darin vorgegeben. Bei den heutigen politischen Verhältnissen besteht die Gefahr, dass nach einer Annahme der Initiative das finnische Modell zum Zug käme. Dort ist geplant, rund 800 Euro Grundeinkommen einzuführen. Die Finnen sind also zur Arbeit gezwungen. Von 800 Euro kann niemand leben in Finnland. Wenn die Politik hier ein solches Modell beschliesst, könnte das einen Ansturm auf den Verein Surprise auslösen. Bleiben w ir beim Vorschlag der Initianten. Der Verein Surprise finanziert sich zur Hälfte durch Spenden. Wie überzeugt man die Menschen zum Spenden, wenn alle die 2500 Franken erhalten? Ich kann mir vorstellen, dass die Leute dann weniger spenden würden. Die 2500 Franken sind das Existenzminimum nach den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe. Es wird sicher Menschen geben, die denken, damit ist für alle gesorgt. Damit wäre aber die Dis kussion über den Grundbedarf lanciert: Sind 2500 Franken in der Schweiz genug für ein menschenwürdiges Überleben? Rentner, die heute Ergänzungsleistungen beantragen, können alles in allem mit rund 3000 Franken rechnen. Das betreibungsrechtliche Minimum liegt dazwischen. Das ist der Betrag, den das Betreibungsamt nicht pfänden darf. Mit dem Grundeinkommen kämen die Arbeitgeber unter Druck? Das stimmt, es könnte einen Druck auf Tiefstlöhne ausüben. Die Leute würden sich dann zweimal fragen, ob sie etwa einen Job in der Reinigungsbranche annehmen sollen. Oder sonst eine schlecht bezahlte Arbeit. Einerseits werden viele einfache Arbeiten automatisiert und fallen weg. Und die restlichen Jobs würde kaum mehr jemand ausführen wollen. Es würde sich wohl kaum noch jemand um einen Job beim Abfuhrwesen reissen, es sei denn, die Löhne würden angehoben. Will das die Wirtschaft? Die Wirtschaft bekämpft die Vorlage. Es gibt wenige Firmenbosse, die sich für das Grundeinkommen starkmachen. In Deutschland etwa der Drogeriemarkt-Gründer Götz Werner und der Telekom-Chef Timotheus Höttges. Das sind aber Einzelpersonen.

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Viele Menschen definieren sich über die Arbeit. Würde das Grundeinkommen das ändern? Das ist so. Mit dem Grundeinkommen entstünde ein Bruch des heute sehr engen Zusammenhangs zwischen Arbeit und Einkommen. Das ist ein Paradigmenwechsel. Dass man ohne Leistung Geld erhält. Das Grundeinkommen geht vom Gedanken aus: Du hast Anrecht auf das Geld, weil du bist. Es geht nicht mehr darum, was du machst. Das ist ein vollständiges Umdenken. Sind die Schweizer bereit dazu? Nein. Ich bin überzeugt, dass die Abstimmung hoch verworfen wird. Mit dem Argument, dass die Leute dann nicht mehr zur Arbeit gehen und die Vorlage nicht bezahlbar ist. Ich persönlich bin für die Initiative. Trotz der vielen kritischen Punkte. Weil die Diskussion darüber sehr interessant ist, und um ein Zeichen für eine notwendige Reform unseres sozialen Sicherungssystems zu setzen. Die Gegner gehen also davon aus, dass w ir alle faul sind? Möglich, doch ich glaube nicht, dass die Menschen nur wegen des Geldes zur Arbeit gehen. In einer Umfrage in Deutschland sagten 80 Prozent der Teilnehmer, sie würden trotz Grundeinkommen weiterarbeiten. Zehn Prozent wollten ihr Pensum reduzieren und nur zehn Prozent die Arbeit aufgeben. Und was geschieht mit den Sozialversicherungen? Das Grundeinkommen birgt auch die Gefahr, dass die Politik bei der Umsetzung die Sozialversicherungen in der heutigen Form abschafft. Das würde mit sich bringen, dass die Sozialarbeit, welche die Versicherungen auch leisten – etwa Integration in den Arbeitsmarkt – wegfällt. Und es kursiert die Idee, die Menschen sollten sich dann privat versichern. Das wäre aber ein Bruch mit dem Solidaritätsgedanken, dass die Jungen die Alten und die Gesunden die Kranken unterstützen. Können Menschen mit einer Behinderung von 2500 Franken leben? Je nach Art der Behinderungskosten reichen da 2500 Franken auf keinen Fall aus. Auch von der Arbeitslosenversicherung erhalten die Menschen mehr als das. Schon jetzt ist die Rede von «Schmarotzern» aus dem Ausland, die es auf unsere Sozialleistungen abgesehen hätten. Die Diskussion, ob Zuwanderer auch vom Grundeinkommen profitieren, müsste dementsprechend auch noch geführt werden? Es gibt Ideen von einer Wartezeit. Die Rede ist von bis zu fünf Jahren. Da spielt die Angst vor Sozialtourismus mit. Man fürchtet sich davor, dass ganz Europa in die Schweiz drängt, um die 2500 Franken zu kassieren. Für EU-Bürger wäre eine Wartefrist aber nicht zulässig. Ausser man kündigt die Bilateralen Verträge mit der EU. ■

BILD: ZVG

Grundeinkommen «Die Menschen gehen nicht nur wegen des Geldes arbeiten»

Ueli Tecklenburg ist Soziologe und Historiker. Er arbeitete unter anderem als Geschäftsführer der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe und sitzt im Vorstand des Vereins Surprise.

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Familie Von einer, die auszog Man hat es ja vorher gewusst, dass das Zusammenleben endlich ist. Wenn dann aber die Tochter mit 18 das Haus verlässt, weiss man als Mutter nicht, ob man traurig sein oder sich freuen soll. VON BIRGIT LUDW IG ( TEXT, BILDER AUS DEM FAMILIENALBUM)

Ja, es hatte sich angekündigt. Dabei waren die subtilen Zeichen mal wieder deutlicher als die ausgesprochenen Worte. Ich wollte es wohl nicht wirklich wahrhaben. Wir waren ein gutes Dreier-Team. Seit der Trennung vom Vater meiner jüngeren Tochter lebten meine Ältere, 19, die Jüngere, 13, und ich in einer Konstellation, die sich über die Jahre zurechtgeschaukelt hatte – mit allen Höhen und Tiefen. Die Ältere hatte ich aus Deutschland mitgebracht in eine neue Beziehung, die dann trotz zweitem Kind doch nicht funktionierte und mit grossem Trara zu Ende ging. Seitdem lebten wir zu dritt. SURPRISE 374/ 16

Es sei denn, unsere jeweiligen Partner waren zugegen. Nichts bringt eine Familie so durcheinander wie ein oder mehrere Dauergäste, die eigentlich aushäusig wohnen, keine Pflichten teilen und sich bedienen lassen. Das war sowohl bei ihrem als auch bei meinem Freund der Fall. Was wiederum zu hitzigen Diskussionen zwischen uns Frauen führte. Das mit der Aufteilung der häuslichen Pflichten wurde im Laufe der letzten Monate vor ihrem Auszug immer schwieriger. Sie, die eher zu den pragmatischen Naturen gehört, hatte sich neben der Schule einen kleinen Job in der Stadt gesucht. Ausserdem hatte sie mit meiner Unterstützung Verhandlungen mit ihrem Papi aufgenommen und den Unterhalt neu ausgehandelt. Als sie dann als Ordentlichste in

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Eben noch die kleine Zauberfee, …

der Familie nur noch über alles auf dem Boden Liegende hinwegstieg – trotz meinem Gekeife –, ahnte ich bereits, dass ihr nachlassendes Engagement einen bestimmten Grund hatte. Diskussionen über eine Wohnungsrenovierung nahm sie zwar zur Kenntnis und unterstützte mich sogar, als der Maler anrückte und sich zweieinhalb Wochen bei uns aufhielt. Doch kaum war er draussen, ging auch meine Tochter: «Der Eric hat jetzt eine Dreizimmerwohnung gefunden», und zack, schon war sie zum Freund gezogen. Ich durfte nur noch eine gemeinsame Reise nach Deutschland zu Ikea und einen Teil der neuen Möbel bezahlen. Unterwegs sassen wir in einem Café und genossen einen der wenigen Momente, wo wir nochmals zu zweit unterwegs waren und uns wie Freundinnen unterhielten. All die gemeinsamen Jahre und Unternehmungen zu zweit zogen an mir vorbei – Kindergeburtstage, Schulgespräche und Arztbesuche, panische Reitprüfungen, Jugendherbergsreisen und ihr erstes Skilager, gemeinsame Reportagen, Trennungs- und auch Zahnschmerz, Auseinandersetzungen, Gartenpartys, Prüfungsvorbereitungen und die Zulassung zum Gymnasium. Der Moment, wo ihr Vater sie im Zuge unserer Auseinandersetzungen mehrere Jahre fallenliess. Der Moment, wo sie den Kontakt zu ihrem Vater eigenständig wieder aufnahm und ihm genauso herrisch begegnete, wie er immer war. Der Moment, wo wir unser letztes Meersäuli Willy gemeinsam zu einer Nagerfarm fuhren, damit er ein neues Leben als kastrierter Haremswächter beginnen konnte. Oder als ich einen neuen Job antrat und sie mit mir neue Kleidung kaufen ging. Und mir vor dem Start einen ganz süssen Zettel schrieb: «Mama, du rockst das!» Sie war es, die einen Ämtliplan für ihre kleinere Schwester an die Haustür hängte: mittags nach der Schule Frühstück abräumen, Spülmaschine aus- und einräumen, zweimal die Woche staubsaugen. Und im Gegensatz zu mir hatte sie den konsequenten

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Atem, diese Forderungen bei der Kleinen, die sich so gerne mit Charme aus Verpflichtungen herauswindet, auch pickelhart durchzusetzen. Wo ist der Inhalator? Wenn man alleinerziehend ist, dann übernehmen Kinder manchmal zwangsläufig Aufgaben, die eigentlich in den Händen von Erwachsenen liegen sollten. Erst recht, wenn man im Ausland lebt, fernab vom Rest der Familie. Das hat meine ältere Tochter geprägt, und ihr gut organisiertes Naturell – welches sie, Gott sei Dank, von ihrem Vater geerbt hat – hat ihr und mir dabei geholfen. Sonst wäre oft «Holland in Not» gewesen. Aber das hatte auch Grenzen. Als ich mal mit einer ernsteren Krankheit ins Spital eingeliefert wurde, musste sie, gemeinsam mit dem Freund, die Oma vom Flughafen abholen und abends noch Adapter für deren Inhalator in der Wohnung suchen – da holte sie den Nachbarn zur Hilfe. Sie weiss sich eben zu helfen. Schon mit 12 wollte sie allein zum Patenonkel nach Hamburg fliegen. Als 13-Jährige kam sie immer dann mit irgendwelchen Anfragen wie «Kann ich morgen bei Pascale übernachten?», wenn ich am Schreibtisch sass, möglichst noch am Telefon, und zu abgelenkt war, um wirklich zu verhandeln, sodass ich sie einfach durchwinkte. Bis mir auffiel, dass sich diese Art Situationen häuften und es kein Zufall mehr sein konnte. Mit 14 wollte sie ein Piercing, wozu ich mich nicht bereit erklärte. Am Ende ging mein Freund mit ihr ins Piercing-Studio. Mit 17 reiste sie mit der Freundin allein nach London. Ging man mit ihr einkaufen, entschied sie immer schnell – im Gegensatz zu mir. Sie wusste, was sie wollte, und griff zu. Sie forderte auch: neues Fahrrad, neue Schuhe, neue Möbel, neues Snowboard, mehr Freiheiten. Aber man konnte sich auch auf sie verlassen. Als sie 18 wurde und von ihrer Tante das Geld für den Führerschein bekam, ging es soSURPRISE 374/ 16


… dann plötzlich ausgeflogen.

fort los. Sie suchte sich eine Fahrschule und spannte mich und meinen Freund für Fahrstunden ein. Als sie ein Mal durchfiel, war ich die Erste, die sie anrief. Bei der zweiten Prüfung fuhr mein Freund dann hinter dem Prüfungswagen her. Das Auto sauber zu halten war hingegen – trotz meiner lahmen Proteste – weiterhin allein mein Job. Ich musste jedes Mal all meine Energie und Konzentration aufbringen, um sie zu entsprechenden Aktionen zu zwingen. Bis heute hat sie es nicht einmal gestaubsaugt. Mutti macht das schon. So, wie ich auch einsprang, als meine Tochter an einem Mittwoch plötzlich ihre Möbel in die neue Wohnung fahren wollte, mit dem alten Auto meines Freundes. Und feststellen musste, dass er kurz zuvor das Armaturenbrett ausgebaut hatte. «Du musst fahren», wurde ich von ihr abkommandiert. Also fuhr ich die alte Kiste durchs Schneetreiben, ohne Armaturenbrett und Tankanzeige, und ohne Vignette, zu ihrer neuen Wohnung. Oder als ihre Freunde ihre ganzen Möbel abholten und sie selbst gar nicht zuhause war, sodass wir den ganzen Kram allein schleppten. Vielleicht wollte sie auch der emotionalen Situation und dem Abschied und meinen Tränen aus dem Wege gehen. Für alle ein Neuanfang Seit sie gegangen ist, sehe ich sie ungefähr einmal die Woche. «Nicht, dass du dauernd bei uns vorbeikommst», war ich noch ermahnt worden. Als ich sie einmal kurz bei der Arbeit besuchte, wurde sie ungeduldig. Und ich wütend. Sie fehlt mir. Beide Töchter, von verschiedenen Vätern, haben sehr unterschiedliche Naturelle. Zu dritt waren wir ein tolles Team: Ich als Kopf, die Ältere als Organisatorin, die Jüngere als ausgleichende Frohnatur. Wenn die Grosse und ich uns anschrien und sie mich aus ihrem SURPRISE 374/ 16

Zimmer warf, dann behielt die Kleine stets die Ruhe und hielt sich raus – sehr clever im Kampf der Titanen. Nun bereite ich mit der Jüngeren den Umzug in eine neue Wohnung vor – zu zweit. Es tut gut, selber einen Neuanfang zu machen. Einen Schlusspunkt unter diese 19 gemeinsamen Jahre setzen, elf davon in derselben Wohnung. Heute Abend kommt die Grosse zu Besuch und bleibt über Nacht. Weil sie morgen hier was erledigen muss. Es ist das Privileg der Jugend und der eigenen Kinder, immer etwas zu wollen. Ich erinnere mich an meine eigenen Eltern, die sicher auch oft das Gefühl hatten, ich käme nur vorbei, wenn ich etwas brauchte. Im Gegensatz zu meiner Beziehung zu den Eltern habe ich aber den Eindruck, meine grosse Tochter und ich führen eine gleichberechtigte Beziehung. Für manche Geschmäcker vielleicht zu gleichberechtigt. Deshalb soll sie auch nicht nur dann vorbeikommen, wenn einer vom anderen etwas braucht – zum Beispiel Katzensitten –, sondern auch einfach so: weil ich sie liebe, so wie sie ist. Nun haben ihre Schwester und ich ein neues Gleichgewicht ausbalanciert, mit mehr Verantwortung für die Kleine, die nun langsam auch in eine andere Rolle hineinwächst, dafür aber auch meine ungeteilte Aufmerksamkeit bekommt. Manchmal kann ich nicht glauben, dass ich das bald 19 Jahre fast allein gestemmt habe. Und das stimmt so auch nicht. Viele haben geholfen, und sie selber hat wesentlich dazu beigetragen. Auch zu meiner Erziehung. «Lass sie ausziehen», war der Rat der meisten Freunde, vor allem der männlichen. «So hast du mehr Ruhe, und sie wird dann auch gerne wiederkommen.» Das hoffe ich natürlich. Aber das befreit mich nicht davon, nun ein neues eigenes Leben führen zu müssen, nur noch mit einer Tochter. Das Erwachsenwerden ist nicht nur für die Kinder schwierig. Aber Mutti richtet das schon. ■

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BILD: FAIRPHONE

Fair geht gar nicht. In einem Smartphone stecken zwangsläufig die Krisen der Welt.

Fairphone Smart und schmutzig Handys sind keine saubere Sache: Die benötigten Rohstoffe stammen aus Konfliktgebieten, die Arbeitsbedingungen in den Fabriken sind menschenfeindlich. Das niederländische Start-up Fairphone will es besser machen – und ist damit erfolgreich. Fair ist es deshalb noch lange nicht.

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BILD: FAIRPHONE

Die Kamera muss mit: Die Leute von Fairphone in der Doppelrolle als Produktvermarkter und Weltverbesserer.

VON EMMANUEL RAOUL

In der dritten Etage einer ehemaligen Lagerhalle des Amsterdamer Hafens sitzt ein Unternehmen, das sich genau dieser Herausforderung stellen will: Fairphone, wie sein sprechender Name lautet, brachte im Januar 2013 sein erstes sogenanntes ethisches Smartphone auf den Markt, von dem bislang 60 000 Exemplare verkauft wurden. Zwei Jahre später folgte schon das nächste Modell, Fairphone 2. Die Firma rechnet 2016 mit 150 000 verkauften Fairphones 2. Laut Produktbeschreibung tragen die verwendeten Rohstoffe nicht zur Finanzierung von Milizen in der DRK bei; die Montage erfolgt in chinesischen Betrieben, in denen die Arbeitsbedingungen regelmässigen Kontrollen unterliegen und die Beschäftigten sozial abgesichert sind.

Als die Computerfirma Apple 2007 ihr erstes Smartphone auf den Markt brachte, war der Telekommunikationskonzern Nokia noch die Nummer eins in der Handybranche. Heute sind Apple und dessen südkoreanischer Konkurrent, der Mischkonzern Samsung, die Branchenführer in dem Boomgeschäft: Allein im vergangenen Jahr wurden 1,4 Milliarden Smartphones hergestellt. Bekanntlich herrschen in den vorwiegend asiatischen Montagefabriken unzumutbare Arbeitsbedingungen, was nicht zuletzt die Selbstmordwelle von jungen Foxconn-Arbeitern in Shenzhen vor sechs Jahren ans Licht gebracht hat. Der weltweit grösste Hersteller von Elektronik- und Computerbauteilen produziert in China unter ande«Wir wollten die Leute anders mobilisieren. Ich bin Designer, deshalb rem im Auftrag von Apple. Im August 2015 dachte ich, man müsste selbst ein Telefon herstellen, um die Hinterwurde Samsung dazu verpflichtet, einen Entgründe der Lieferkette zu enthüllen.» schädigungsfonds in Höhe von umgerechnet Bas van Abel, Fairphone-Gründer 78 Millionen Euro einzurichten, nachdem mehr als 200 Arbeiter in Samsung-Fabriken an Weitere Kriterien sind Langlebigkeit (es gibt Ersatzteile, wie austauschLeukämie erkrankt waren. Und Huawei, der drittgrösste Hersteller, musbare Akkus, die Kunden können ihre Telefone selbst reparieren) und ste 2014 wegen des Vorwurfs von Kinderarbeit eine Fabrik schliessen. Nachhaltigkeit (die verwendeten Kunststoffe und Kupfer werden recyIn einem einzigen Smartphone stecken über dreissig Metalle, die celt). In Europa hat Fairphone ein Sammelsystem für ausrangierte Geräin verschiedenen Gegenden dieser Welt abgebaut werden – zum Teil te eingerichtet, die in Ghana recycelt werden. Das Unternehmen wirbt in einem Umfeld, wo bewaffnete Konflikte herrschen, wie in der mit hundertprozentiger Unabhängigkeit («kein Risikokapital»); die FiDemokra tischen Republik Kongo (DRK), und oft unter Missachtung nanzierung soll inzwischen weitgehend über die Verkäufe laufen. Bevor sämtlicher Sozial- und Umweltstandards. Angesichts all dieser mehr das erste Handy in die Produktion ging, startete Fairphone im Internet oder weniger bekannten Fakten fragt es sich, ob man überhaupt Moeine Crowdfunding-Kampagne. In wenigen Wochen kamen knapp siebiltelefone herstellen kann, ohne gegen Menschenrechte und Umweltben Millionen Euro zusammen. schutz zu verstossen. SURPRISE 374/ 16

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Auch das Folgemodell Fairphone 2 konnte dank eines Vorbestellsystems realisiert werden. Die Käufer waren bereit, vorab 525 Euro für ein Gerät zu überweisen, das noch gar nicht hergestellt worden war und erst in mehreren Monaten lieferbar sein würde.

tern, Politikern und Journalisten mit einem offenen Brief an «Regierungen, Unternehmen, nichtstaatliche Organisationen und andere Akteure, die verschiedenartige Bemühungen zum Thema ‹Konfliktrohstoffe› anstrengen» gewandt: «Trotz der aktuellen Erfolge von Aktivisten in Politik und Gesetzgebung unterliegt die Kampagne zu Konfliktrohstoffen einem grundlegenden Missverständnis […]: Zunächst einmal sind Rohstoffe nicht Ursache der Konflikte – auch wenn sie zu deren Aufrechterhaltung beitragen. […] Interne Untersuchungen der Vereinten Nationen zeigen beispielsweise, dass nur 8 Prozent der Konflikte in der DR Kongo in direkter Verbindung zu Rohstoffen stehen.» Zu den Unterzeichnern gehören auch die Doktoranden Vogel und Radley, die befürchten, dass der «gerechte Handel» den Neokolonialisten im Ostkongo nur als Feigenblatt dient. «Da ist etwas Wahres dran», sagt Fairphone-Chef Bas van Abel: «Die Zertifizierungsinitiativen haben nicht zu einer Entwicklung der Gemeinden geführt, wie wir uns das gewünscht hätten. Aber sie haben den Handel wiederbelebt, und sie sind wichtig, um das Vertrauen der Kunden in die DR Kongo zurückzugewinnen.» Das Unternehmen berichtet auf seiner Webseite von den Schwierigkeiten und bittet Kritiker um Geduld. «Als Nächstes gilt es, die Kinderarbeit zu bekämpfen. Unser Ehrgeiz ist

Zum Umdenken anregen Die Markteinführung des Fairphones, dessen Mehrwert nicht nur technischer Art ist, fand ein ausserordentlich positives Echo in den Medien, die «ethische» und «gerechte» Initiativen stets begeistert aufgreifen. Vielleicht konnte das Unternehmen auch damit Sympathiepunkte sammeln, dass es die problematischen Seiten des Produktionsprozesses nicht unter den Teppich kehrt, sondern, und das kann man schon als eine Art Programm bezeichnen, selbst thematisiert: «Das Fairphone ist immer noch weit davon entfernt, ‹fair› zu sein», schreibt der Hersteller in seinem «fact sheet», das auf Englisch, Holländisch und Deutsch abrufbar ist. Man wolle «mit kommerziellen Strategien soziale Verbesserungen anstossen», heisst es zum Unternehmensziel. Das klingt absichtlich bescheiden. Von Anfang an hat Fairphone kein Hehl daraus gemacht, dass es Kompromisse machen muss. Mit ihrem ersten Geld, erzählt Bas van Abel, Chef der Firma und gelernter Industriedesigner, hätten sie 2011 Angestellte in der DR Kongo bestochen. Sie brauchten eine Dreh «Das Fairphone ist immer noch weit davon entfernt, ‹fair› zu sein», erlaubnis für Recherchen im Bergbaugebiet. schreibt der Hersteller in seinem «fact sheet». Das Video dokumentiert, wie Kinder von klein auf zusammen mit ihren Eltern in den Kobaltes, immer besser zu werden.» Nach der Zertifizierung von Zinn- und minen von Katanga als Handarbeiter schuften. Für die Verwendung von Tantalminen begab sich die Firma in Ruanda auf die Suche nach Wol«konfliktfreiem» Zinn trat Fairphone einem Konsortium aus Unternehframbergwerken. Aus Peru und Kolumbien will sie fair gehandeltes Gold mern, NGOs und lokalen sowie internationalen Akteuren bei, die Rohbeziehen. Besonders sperrig sei der chinesische Goldmarkt, erklärt van stoffe zertifizieren, an denen keine Warlords verdienen. Das auf EmpAbel, der seinem neuen Zulieferer Hi-P International aus Singapur gerafehlung einer UN-Expertengruppe eingerichtete Zertifizierungssystem de einen Besuch in dessen chinesischem Werk in Suzhou abgestattet hat. wurde unerlässlich, nachdem die USA im Juli 2010 den Dodd-Frank-Act (benannt nach den beiden demokratischen Abgeordneten Christopher Falsche Versprechungen beim Fairphone? Dodd und Barney Frank) verabschiedet hatten, laut US-Präsident BaFairphone schickt seine Leute regelmässig in die Montagefabriken, rack Obama die «ehrgeizigste Finanzreform seit der Weltwirtschaftskrium die Arbeitsbedingungen zu überprüfen. Darüber hinaus hat die se». Dieses Bankengesetz, das von Hypotheken bis zum VerbraucherAmsterdamer Firma ein chinesisches Beratungsunternehmen damit beschutz alles zu regeln scheint, beinhaltet auch eine Verordnung zum auftragt, eine Sozialbilanz über Hi-P International zu erstellen, die im Umgang mit Konfliktrohstoffen, den Paragrafen 1502: Demnach sind an Internet veröffentlicht wird. Im Zuge dieser Überprüfung wurden am den US-Börsen notierte Unternehmen dazu verpflichtet, keine RohstofSuzhouer Hi-P-Werk einige Sicherheitsmängel, ein zu hoher Anteil an fe zu verarbeiten, die nachweislich bewaffnete Gruppen in der DR Konbefristet Beschäftigten (61 Prozent) und zu lange Arbeitszeiten festgego finanzieren. stellt (vier Wochen hintereinander bis zu 77 Stunden pro Woche). Laut Fairphone hat sich Hi-P verpflichtet, weniger Zeitarbeiter zu beschäftiGerechter Handel als Feigenblatt gen und ein Maximum von 60 Wochenarbeitsstunden nicht zu überTatsächlich ging der Zertifizierungsprozess für die Bergwerke nur schreiten. Bas van Abel will aber keine Arbeitszeitverkürzung auf sehr stockend voran. Fünf Jahre nach Verabschiedung des Dodd-FrankKosten der Beschäftigten: «Auf irgendeine Weise muss ein finanzieller Act-Paragrafen 1502 konnten erst einige Dutzend Betriebe in der DR Ausgleich geschaffen werden.» Kongo offiziell «konfliktfreies» Zinn liefern. Doch da hatten zahlreiche Auf Anregung der deutschen Gewerkschaft IG Metall und des niederElektronikkonzerne bereits aufgehört, Rohstoffe wie Zinn, Tantal und ländischen Centre for Research on Multinational Corporations (Somo), Wolfram aus dem Ostkongo zu beziehen. In der Folge kam es zu massivon denen sich Fairphone beraten liess, hatte die Firma bereits bei ihven Verwerfungen im kongolesischen Bergbausektor, von dem acht bis rem ersten Zulieferbetrieb Guohong einen Arbeitnehmerfonds eingezehn Millionen Menschen abhängig sind. richtet. Vom ersten Fairphone-Modell flossen pro verkauftem Gerät 5 In den Jahren 2013 und 2014 reisten die beiden Doktoranden ChriDollar in den Fonds ein; auf diese Weise kamen umgerechnet 272 000 stoph Vogel (Universität Zürich) und Ben Radley (International InstituEuro zusammen, die den Guohong-Arbeitern, je nach Auftragslage bete of Social Studies, Den Haag) in den Ostkongo und sahen sich in den traf das 500 bis 900 Leute, zugutekamen (in Form einer monatlich ausvier am intensivsten bewirtschafteten Bergbaugebieten um. Sie fanden gezahlten Prämie von durchschnittlich 90 Euro). Frisches Obst für die eine «katastrophale Wirtschaftslage» vor: stagnierende oder sinkende Kantine, Ausflüge und Abendveranstaltungen wurden ebenfalls aus Preise bei gleichzeitig steigenden Produktionskosten und zunehmendem Fonds finanziert. Da Fairphone für das neue Modell den Hersteller dem Schwarzhandel. Schlimmer noch: Bereits zertifizierte Minen drohgewechselt hat, gibt es bei Guohong künftig nur noch Fondsgelder für ten unter die Kontrolle von bewaffneten Gruppen zu geraten. Zahlreiche die Organisation der Kommunikation zwischen Belegschaft und GeArbeiter hatten ihren Job verloren und waren in die Landwirtschaft zuschäftsführung. Gegenwärtig richtet Fairphone einen Fonds für die 3000 rückgekehrt, in der sie etwa sechsmal weniger verdienen als im BergBeschäftigten in der Montagefabrik Hi-P in Suzhou ein. bau. Andere hatten sich den Milizen angeschlossen. Warum nennt das Unternehmen sein Telefon «Fairphone», wenn es Angesichts dieser unhaltbaren Zustände hat sich im September 2014 nach den Kriterien des gerechten Handels (fair trade) gar nicht fair ist? eine Gruppe von insgesamt 70 internationalen Forschern, NGO-Vertre-

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Ist das nicht Etikettenschwindel? «Dieser Name bezeichnet nicht, was wir sind, sondern was wir werden möchten», entgegnet Bas van Abel und erzählt dann, wie er und seine Mitstreiter auf die Idee kamen. Vor sechs Jahren, er war damals Manager bei der Waag Society, einer niederländischen Stiftung für Künste, Wissenschaft und Technik, arbeiteten sie gemeinsam mit der NGO Action Aid an einer Kampagne zu Konfliktrohstoffen. «Wir wollten eine andere Art von Mobilisierung anstossen, nicht das Übliche machen. Ich bin Designer, deshalb dachte ich, man müsste selbst ein Telefon herstellen, um die problematischen Hintergründe der Lieferkette zu enthüllen.» Nachdem sie zwei Jahre lang im Kongo eine «konfliktfreie» Zinnmine und in China eine Fabrik gesucht hatten, die bereit war, ihre Sozialstandards (ein wenig) anzuheben, gründeten sie 2013 ein richtiges Unternehmen. Über den Namen haben sie lange diskutiert: «Wir wollten das Wort ‹fair› verwenden, damit sich die Leute fragen, was der Begriff eigentlich bedeutet. Wer ein iPhone oder Samsung-Smartphone besitzt, macht sich dann vielleicht Gedanken über seine soziale und ökologische Verantwortung.» Für Fairphone ist Transparenz das A und O. Auf der Webseite stehen die Zulieferer, die Produktionskosten, aufgefächert nach einzelnen Posten, und die Sozialbilanzen der Dienstleister – ohne dass versucht wird, negative Aspekte zu vertuschen. Als Fairphone seine Crowdfunding-Kampagne startete, zielte die Kommunikationsstrategie bewusst darauf ab, sich angreifbar zu machen. «Jede Kritik, und die gab es nicht

zu knapp, war uns willkommen», erzählt der geschäftsführende Direktor, der sogar bei deutschen und niederländischen Zeitungen anrief, um über die Bestechungsgelder zu berichten, die sie für den Dreh in der DR Kongo zahlen mussten. Wenn selbst dieses Gerät noch weit davon entfernt ist, «fair» zu sein, wie steht es dann erst um die anderen? Im Vergleichstest mit dem Galaxy S4 von Samsung, übrigens das erste Smartphone, das eine schwedische Organisation für nachhaltige IT-Entwicklung (TCO Development) als «ökologisch und sozial verantwortlich» auszeichnete, ist das Fairphone klar überlegen – das Galaxy S4 schneidet kaum besser ab als ein nicht-zertifiziertes Telefon. Trotz allem begrüsst die Fairtrade-Szene das neue Produkt: Innerhalb von anderthalb Jahren schnellte der Umsatz von Fairphone von null auf 16 Millionen Euro, die komplett reinvestiert wurden. Die Online-Fachzeitschrift The Next Web verlieh dem Unternehmen den Titel «Fastest Growing Tech Start-up». Damit sendet Fairphone eine klare Botschaft an die Branche: Die Verbraucher möchten ethische Produkte kaufen. ■

Aus dem Französischen von Birgit Bayerlein. Emmanuel Raoul ist Journalist. Der Text stammt aus Le Monde diplomatique und erscheint mit freundlicher Genehmigung.

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BILD: ZVG

Fremd für Deutschsprachige Ent-sorgt Die Nachbarin meiner Schwester hat einen Flüchtling bei sich zu Hause aufgenommen. Was sind das für Anwandlungen? Dafür haben wir in der Schweiz doch Einrichtungen, wie für alles Übrige auch. Denn unser Land versorgt die eigene Bevölkerung so gut wie kein zweites. Umfassend und gründlich kümmert es sich um mich, seine Bewohnerin. Alle Bereiche meines Lebens sind bemessen und geregelt: Die Zeiten des Lärms und der Stille, der Arbeit und Erholung, die Öffnungszeiten in Ämtern und Läden, die Preise der Produkte darin und die Entsorgung meines Abfalls. Meinen Füssen und Reifen sind Schlaglöcher fremd, und nur aus den Erzählungen älterer Menschen habe ich von der «StromausfallSchublade» gehört, in der einst Kerzen griffbe-

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reit lagen. Und wenn einer dieser älteren Menschen mir davon erzählt, so tut er das vermutlich an der Haltestelle beim Altersheim um die Ecke, wo wir gemeinsam warten, bis der Bus pünktlich um 8.07 Uhr heranrollt. Denn der Staat ver- und entsorgt mich; er nimmt mir die Sorge um die Alten, die Arbeits- und Obdachlosen und die ausländischen Schutzsuchenden ab, um mir so eines der grössten Geschenke der Konsumgesellschaft zu machen: die Freiheit, mich voll und ganz auf die Verwirklichung meiner selbst zu kümmern. Dank dieser Ordnung, mit der mein Land mir den Rücken frei hält, kann ich das Beste aus mir rausholen und mich um das Wesentliche kümmern – mich selbst und meine wirtschaftliche Produktivität. Diese beiden Dinge sind bei uns so prima miteinander verknüpft, dass der Knoten kaum mehr zu lösen ist: Die Batzen in der Hand, die ich mir im Laufe der stressigen Arbeitswoche redlich verdient habe, betrete ich am Samstag zum Beispiel freudig das schwedische Puppenhaus für Erwachsene, wo ich mir meinen ganz eigenen Lifestyle für die Wohnung zusammenkaufe. Dasselbe gibt’s für die Sparten Kleidung, Nahrung, Musik, Spiritualität und Entspannung, Reisen und vieles weiteres mehr. Kurz, es besteht keine Gefahr, dass die Ausstattung des Individuums je zum Abschluss kommt. Immer gibt es ein neues Lady-GagaAlbum und eine nächste Zara-Sommerkollek-

tion, die bald rauskommt. Das Beste dran: Dieses Ich-Projekt kann ich mit gutem Gefühl begehen, sind doch alle um mich herum ebenso durch den Staat versorgt. Der alte Mensch bekommt im Altersheim die Pflege, Aufmerksamkeit und Diät, die er benötigt. Und wenn ich ihn dort besuche, begegnen wir uns wirklich auf rein menschlicher Ebene, also etwa als Vater und Tochter, als zwei freie Individuen. Und nicht in der Abhängigkeit von Pflegendem und Gepflegtem, wie das zum Beispiel bei meinen Verwandten in Mazedonien noch der Fall ist. Und der arbeitslose Mensch – was könnte ich schon für ihn tun? Mir hilft ja auch keiner, meinen Job zu halten. Oder der obdachlose Mensch – warum bettelt er, wo er es gar nicht nötig hätte? Wir wissen doch alle, dass der Sozialstaat diese Fälle hinreichend abdeckt. Und seinen Drogenkonsum werde ich sicherlich nicht finanzieren … Und dann eben der asylsuchende Mensch – da haben wir dieses nahtlos funktionierende staatliche Fürsorgesystem, und nun kommen die Leute auf die Idee, so jemanden privat aufzunehmen. Wie soll das denn bitte gehen? Ein potenziell gewalttätiger, mindestens aber traumatisierter Mensch bei mir zuhause auf meinem neuen Söderhamn. SHPRESA JASHARI ( SHPRESAJASHARI@ HOTMAIL. COM) ILLUSTRATION: RAHEL NICOLE EISENRING ( RAHELEISENRING. CH) SURPRISE 374/ 16


Fuckup Night Misserfolgsstorys BILD: FUCKUPNIGHTS. COM

Die Redner an der Fuckup Night sind alle gescheitert. Und sie sprechen darüber – offen und unterhaltsam. VON EVA HEDIGER

Stranden, fehlschlagen, zerbrechen, auffliegen, vermasseln – wir kennen viele Wörter fürs Scheitern. Doch darüber reden? Lieber nicht! Ein Fehler, finden die Veranstalter der Fuckup Nights. Sie sind der Überzeugung: Von gefloppten Projekten kann jeder lernen. Und: Viele heute strahlende Unternehmen mussten auch schon Projekte begraben. Mittlerweile gibt es die erfolgreichen «Nächte des Scheiterns» weltweit in fast 150 Städten, seit Februar auch in Freiburg im Breisgau. Lanciert werden die dortigen Anlässe von Martina Knittel und Jonathan Niessen. Die beiden arbeiten im Freiburger Grünhof, einem lokalen Zentrum für Start-ups. «Wir sehen viele Projekte, die gar nicht realisiert werden, weil die Menschen viel zu grosse Angst vor einem Misserfolg haben», erzählt Knittel. «Diese Angst wollen wir nehmen, indem wir zeigen, dass Scheitern ein normaler Bestandteil des Lebens ist.» Knittel und Niessen kennen berufsbedingt viele Start-ups, Jungunternehmer und Kreative in der Gegend um Freiburg. Auch die Redner der ersten Fuckup Night haben die beiden Veranstalter über persönliche Kontakte gefunden. «Sie wissen, dass sie uns vertrauen können. Das ist bei diesem Format besonders wichtig», erklärt Knittel. Trotzdem musste jeder vom Auftritt überzeugt werden. «Sie sorgten sich natürlich, dass sie ausgelacht werden oder an Ansehen verlieren.» Doch das Publikum zweifelte nie daran, dass es sich bei den Rednern um fähige Unternehmer handelte. «Sie gewannen durch ihre Ehrlichkeit an Sympathie und Menschlichkeit.» Trotz des gesellschaftlichen Tabu-Themas herrschte an der rasch ausverkauften Premiere ausgelassene Stimmung. «Die Vorträge waren witzig. Das Publikum fieberte richtig mit», so Knittel. Deshalb war bald klar: Die Reihe geht weiter. Für den Abend im Mai haben die beiden Veranstalter bis anhin zwei Zusagen. Von einem Unternehmer, der vor fünf Jahren eine Shoppingplattform gegründet hat, sowie von SURPRISE 374/ 16

Auch wenn’s nicht gut aussieht: Jedes Spiel lässt sich doch noch gewinnen.

einer Gastronomin. Deren innovatives Restaurant-Konzept stiess erst auf grossen Anklang. Nach einigen Jahren musste sie das Lokal aber schliessen. «Wir freuen uns sehr, dass wir auch eine Frau gefunden haben, die über ihre unternehmerischen Erfolge und Misserfolge berichtet. Frauen sind in der Start-up-Szene leider noch immer äusserst selten», so Knittel. Auch die weiteren Gäste werden voraussichtlich aus dieser Szene kommen. «Ich glaube, dass das Scheitern von kleineren Firmen persönlicher und deshalb interessanter ist», erklärt die Verantwortliche. Manager von etablierten Firmen, die ehrlich über ihr Versagen sprechen möchten, seien aber jederzeit willkommen. «Doch bei grossen Konzernen fühlt sich auch oft niemand für das Scheitern verantwortlich. Fehler zu gestehen ist bei solchen Managern nicht in Mode.» Ob in der vergangenen oder in der kommenden Runde der Fuckup Night: Die Redner sind zwar mit einer bestimmten Idee gescheitert und teilweise gar in finanzielle Nöte geraten. Heute sind jedoch fast alle sehr erfolgreich. «So können wir zeigen, dass es auch nach einem Absturz weitergehen kann», erzählt Knittel. «Ein weiterer Grund ist: Die Leute erzählen lieber von ihrem Scheitern, wenn sie die Krise bereits überwunden haben.» Im Mai wird jedoch eine Person auftreten, die erst

kürzlich ihr Projekt aufgeben musste. Sie weiss noch nicht, wie es weitergehen wird. Knittel: «Das finden wir natürlich besonders mutig. Schliesslich kennen wir alle Momente, in denen wir entkräftet und unsicher sind.» Hätten auch die Veranstalter den Mut, selbst öffentlich über das Scheitern zu reden? «Ganz klar! Auch wir scheitern dauernd – privat und beruflich», erklärt Knittel. Das Team redet offen über die Fehler, Unsicherheiten und Ängste. «Schliesslich ist Scheitern nicht nur negativ, sondern bringt Erfahrung und Wissen.» Dieses unterhaltsam zu teilen und dem Versagen den Schrecken zu nehmen, sind die Ziele der Fuckup Nights. Die Präsentationen kommen als «Pecha Kucha»-Veranstaltung daher: Das ist die hippe Vortragsform der Nullerjahre, entstanden in der Designerszene, unterhaltsam, schnell und prägnant. Jeder Redner hat insgesamt sechs Minuten und 40 Sekunden Zeit und darf 20 Bilder zu Hilfe nehmen. Und danach geht’s mit einer Fragerunde weiter. Oder an der Bar. Ganz entspannt. Und ehrlich. ■

«Fuckup Night», Do, 19. Mai, 20 Uhr, Grünhof, Belfortstr. 52, 79098 Freiburg, Deutschland www.gruenhof.org. Das detaillierte Programm ist ab Anfang Mai online.

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Kultur

Mit diesen Sachen kann man Dinge tun. Nur: Was für welche?

Black Paeches: Nicht im Gewächshaus gereift, sondern in der weiten Welt.

Buch Wenn Dinge auswandern

Musik Alles für den Groove

«Dinge-Geschichten» von Yimeng Wu lädt zu einem fantasievollen Experiment und Kulturaustausch ein.

Die Black Peaches stammen aus London, aber in ihrem Sound bereisen sie die ganze weite Welt – von Nigeria bis nach Brasilien.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

VON HANSPETER KÜNZLER

Die Autorin und Illustratorin Yimeng Wu hat ein geistreich-witziges Experiment ausgetüftelt, mit zahlreichen Helfern durchgeführt und in einem grafisch wunderschön und lebendig gestalteten Buch eingefangen, das Lust darauf macht, sich auf dasselbe Spiel einzulassen. Das ist auch keine grosse Sache, da es sich bei den Zutaten zu diesem Experiment um Alltagsgegenstände handelt, die man schlicht als Dinge bezeichnet und die es in Hülle und Fülle zu finden gibt. Dinge, die herumliegen, veralten, verloren gehen, wiedergefunden und auch neu belebt werden können. Wobei die Angelegenheit in diesem Buch noch eine ganz besondere Note hat: Es handelt sich nämlich um eine aussergewöhnliche Form des Kulturaustauschs. Neun Dinge aus China wurden Deutschen vorgelegt, und vice versa wanderten neun deutsche Dinge nach China aus. (Kleine Zwischennotiz: Yimeng Wu stammt aus Shanghai und kam mit neun Jahren nach Deutschland.) Womit dann das grosse Rätselraten begann. Denn was für eine Funktion mochten diese Dinge haben, die in der Fremde alles andere als alltäglich waren? Und aus dem Rätseln und Bestaunen entstanden Geschichten: 18 Geschichten von 18 Dingen – lauter kleine fantasievolle und verschiedenartige Abenteuer der kulturellen Aneignung. Weil aber zum Rätselraten tunlichst auch die Auflösung gehört – auch das Staunen sehnt sich nach einem Happyend –, ergab sich eine natürliche Aufteilung des Buches. Im ersten Teil finden sich Ausschnitte aus den Dinge-Tagebüchern der Teilnehmenden, im zweiten Teil dann wird die wahre Funktion der Dinge verraten – alles auf Deutsch und Chinesisch. Da gibt es mehr als einmal Anlass genug zum Schmunzeln über die Diskrepanz zwischen dem vermuteten und dem tatsächlichen Sinn. Wobei der Gewinn um so grösser ist, wenn man sich am Rätseln beteiligt und mit Sicherheit ein ums andere Mal erheiternd danebentippt. Und das garantiert nicht nur bei den chinesischen Wunderlichkeiten.

Rob Smoughton gehört im Alltag den Bands Hot Chip und Scritti Politti an. Er spielt viele Instrumente und er sammelt viele Platten. Letztes Jahr, so erzählt er, sei man auf Südamerika-Tournee gegangen, da habe er extra einen zusätzlichen Koffer mitnehmen müssen, nur damit er sichergehen konnte, Platz zu haben für all die Tonträger, die er unterwegs zu erjagen gedachte. Wie es sich für einen rechten Musikfan gehört, kennt seine Sammlung keine Grenzen. Fast ebenso selbstverständlich ist es, dass ihm weder Hot Chip noch Scritti Politti oder sein eigenes Alter Ego als halbironischer, softrockender Barpianist Grosvenor den Raum gaben, seine ganze Palette von Einflüssen richtig auszuspielen. «Die Idee, eine Band wie Black Peaches zu formieren, gärte lang in meinem Kopf», erzählt er. «Als ich den Zeitpunkt für gekommen hielt, sie in die Praxis umzusetzen, stellte ich eine lange Playlist von Stücken zusammen, die für mich als Einfluss wichtig waren, und verschickte sie an Musiker, bei denen ich eine gewisse Geistesverwandtschaft sah.» Die Liste kümmerte sich in keiner Weise um Moden und Trends. So tauchten darauf Namen auf wie Manassas und Barefoot Jerry – Bands, die sich in den Siebzigerjahren dem souligen, entspannten Southern Rock verschrieben hatten. Oder Little Feat, deren so vertrackter wie süffiger Funk-Rock in unseren Breitengraden sträflicherweise fast vergessen ist. Am anderen Ende des Spektrums kredenzte Smoughton den ghanesischen Sänger K. Frimpong, die Karneval-Rhythm&Blues-Truppe Wild Tchoupitoulas aus New Orleans und den Samba des brasilianischen Altmeisters Baden Powell. Tatsächlich gelang es Smoughton, fünf Musiker zu finden, die seine Vision teilten. Zum Sextett gehören auch zwei Perkussionisten und eine Pedal-Steel-Gitarre. Und auf ihrem sonnigen Debut-Album fügen sich all diese unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Einflüsse zu einem organischen Ganzen zusammen, wo man nie recht weiss, was als Nächstes geschehen wird. So beginnt «Double Top» als gradliniges Southern-Rock-Stück mit quecksilberhaften Gitarrenriffs, um dann plötzlich in einen hypnotischen Groove aus Perkussion und Pedal Steel umzuschlagen, den auch der Nigerianer Sunny Ade komponiert haben könnte. Aber so ist das eben mit organisch verdauten Einflüssen: Zuletzt weiss niemand mehr recht, woher sie eigentlich gekommen sind.

Yimeng Wu: Dinge-Geschichten. Drachenhaus Verlag 2013. 28.90 CHF

Black Peaches, «Get Down You Dirty Rascals» (1965/MV)

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, in dem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in pre kären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu be gleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Ich bin so wild nach einem Erdbeermund, denkt man sich.

Piatto forte Balsam für die Sinne Kaum eine Frucht betört wie die Erdbeere. Allerdings ist auch kaum ein Aroma so flüchtig wie das der frivolen Gartenfrucht. VON TOM W IEDERKEHR

Die Erdbeere fristete lange ein Schattendasein. Als wilde Walderdbeere wächst sie an dunklen Waldrändern. Und ganz offensichtlich war es allen antiken Kulturen zu mühsam, diese Beere zu essen: zu klein und zu wenig ergiebig war die Ernte. Erste, rein zufällige Zuchterfolge in den Gärten von Ludwig XV. brachten der Frucht den Durchbruch. Die gezüchtete Gartenerdbeere ist der wilden Walderdbeere in Aroma und Intensität allerdings unterlegen. Kommerzielle Überlegungen wie Haltbarkeit und Optik führten dazu, dass wir heute fast ausschliesslich die Fragaria ananassa essen, wobei nur noch der Name daran erinnert, dass die Erdbeere im Geschmack der Ananas nahesteht. Trotzdem geniesst man dieses sinnlich-fruchtige Erlebnis am besten pur und unverfälscht. Eine gute Variante allerdings, der chemischen Flüchtigkeit dieser Beere ein Schnippchen zu schlagen, ist, sie in Essig zu konservieren und so einen Erdbeeressig herzustellen, welcher uns im Herbst eine kleine Erinnerung an den Frühling beschert. Für einen Liter Essig 300 g Erdbeeren rüsten, vierteln und in ein gut verschliessbares Einmachglas geben. Einen milden Essig – zum Beispiel aus Äpfeln von schönen Hochstamm-Bäumen – darübergiessen und alles luftdicht verschliessen. Jetzt kommt das Glas an einen warmen Ort – die Fensterbank bietet sich hier an –, wo es ab und zu geschüttelt wird. Wenn sich nach sechs Wochen die Aromen mit dem Essig verbunden haben, die Erdbeeren abseihen und den Essig durch ein sauberes Küchentuch filtern. In sterilen Flaschen und gut verschlossen hält der Essig bis in den nächsten Frühling und gibt jeder Vinaigrette eine schon fast obszön-fruchtige Note. Wer es noch ein bisschen mehr auf die Spitze treiben will, der macht aus dem Erdbeeressig einen Erdbeer-Balsam. Dazu am besten zeitgleich mit den Erdbeeren für den Essig weitere 250 g Erdbeeren rüsten und mit dem Stabmixer pürieren. Das Fruchtmus durch ein Sieb streichen und einfrieren, bis der Essig gereift ist. Dann 200 g dieses Pürees mit 80 g Rohrzucker aufkochen, mit 150 ml des selbstgemachten Erdbeeressigs verrühren und heiss in kleine Konservengläser einfüllen. Diese süsssaure Versuchung macht aus jeder Kugel profaner Vanille-Glace oder aus einer tristen Panna cotta ein überraschendes Dessert.

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Frank Türen AG, Buchs

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R. Geigt-Stiftung, Basel

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Familie Iten-Carr Holding AG, Zug

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Brother (Schweiz) AG, Dättwil

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Maya-Recordings, Oberstammheim

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Velo-Oase, Erwin Bestgen, Baar

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Imbach Reisen AG, Wanderreisen, Luzern

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Institut und Praxis Colibri, Murten

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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Fischer + Partner Immobilien AG, Otelfingen

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Petra Wälti Coaching, Zürich

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Bachema AG, Schlieren

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Pro Lucce, Eschenbach SG

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Mcschindler.com GmbH, Zürich

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Burckhardt & Partner AG, Basel

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Schluep & Degen Rechtsanwälte, Bern

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AnyWeb AG, Zürich

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TYDAC AG, Bern

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InhouseControl AG, Ettingen

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Hauswirth Privat-Pflege, Oetwil am See

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Supercomputing Systems AG, Zürich

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Frank Blaser Fotograf, Zürich

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Balcart AG, Therwil

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Oechslin Architektur GmbH, Zollikerberg

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Kaiser Software GmbH, Bern

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

Bezugsquellen und Rezepte: www.piattoforte.ch/surprise

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Auch Krishna hatte seine orale Phase.

Zürich Beredte Stoffe Nicht erst seit der Kopftuchdebatte werden Stoffstücke mit Bedeutung aufgeladen. In Südindien werden ganze Dramen auf Tuch gebannt und zur religiösen Erbauung genutzt, wie eine Ausstellung im Völkerkundemuseum der Uni Zürich zeigt. Kalamkari heisst diese Form der religiösen Malerei, übersetzt bedeutet das so viel wie «Schreibrohr-Arbeit». Die kunstvoll bemalten, grossformatigen Gewebe aus den Provinzen Tamil Nadu und Andhra Pradesh erzählen mit reichen Farben HinduDramen aus Epen wie dem «Ramayana». Oder bilden Gottheiten zur Verehrung ab: Hier schwimmt zum Beispiel Krishna als Kleinkind auf dem Ur-Ozean und nuckelt unschuldig an seinem grossen Zeh. Die Sammlung wurde in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts angelegt und ist erstmals in diesem Umfang der Öffentlichkeit zugänglich. (win)

BILD: ZVG

BILD: AUS DEM STÜCK «ZW ING URI – TELL MY ASS»

BILD: ETERNIT ( SCHW EIZ) AG

Ausgehtipps

Abflug in ein schöneres Leben?

Alex Hanimann weiss, was Ordnung ist.

Innerschweiz Ach …!

Kriens Schubladendenken

Die Sehnsucht ist ein etwas aus der Mode gekommener Zustand in einer Welt, in der auf Internetplattformen sogar die Liebe herangeklickt werden kann. Trotzdem ist natürlich auch dem Besitzer der dicksten Kreditkarte klar: Man kann nicht alles haben im Leben, und da bleibt dann das Sehnen, das Wollen von etwas, das wahrscheinlich gar nicht greifbar ist. Dem sind Innerschweizer Künstler nun nachgegangen: Das sorgfältig erarbeitete Programm ist noch bis Ende Mai zu sehen. (dif) Gesamte Innerschweiz, bis 29. Mai, Programm online.

Alex Hanimann ist ein Meister der Kategorien. Er schafft eigene Ordnungen, subjektive Modelle, und er schreitet der Bilder- und Textflut mit Begrifflichkeiten entgegen, die einer Art Grammatik der Welt gleichen. Er zeichnet ab, was er in Broschüren und Zeitschriften findet, er paust durch und kopiert. Dann vereinfacht er, sieht Struktur, ordnet ein. Und arbeitet mit diesem Material danach in neuer Form weiter. In Kriens bekommen wir mit dem Blick in sein Archiv nun auch ein bisschen Einblick in die Schubladenschränke in seinem Kopf. (dif)

www.sehnsucht16.ch

«Alex Hanimann – As close as possible», Museum am Bellpark, Kriens, bis 10. Juli

Anzeigen:

«Kalamkari – Erzählstoff aus Indien», Völkerkundemuseum der Universität Zürich, Pelikanstrasse 40, bis 5. Februar 2017. www.musethno.uzh.ch

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BILD: ETERNIT ( SCHW EIZ) AG

BILD: CARLIER | GEBAUER, BERLIN UND AERNOUT MIK

Manchmal fällt die Zivilisation in sich zusammen wie ein Kartenhaus.

Biel Fukushima begehen Fünf Jahre ist die Nuklearkatastrophe in Fukushima nun her. Jetzt kann man sich durch Kartonkojen gehend mit folgenden Fragen beschäftigen: Wie weit sind menschliche Errungenschaften ein Fortschritt? Und ab welchem Punkt kracht dann doch alles wieder in sich zusammen? Der 56-jährige Niederländer Aernout Mik hat eine begehbare Videoinstallation geschaffen, die den ökologischen und wirtschaftlichen Kontrollverlust verhandelt. (dif) «Aernout Mik», Mi 12 bis 18 Uhr, Do 12 bis 20 Uhr, Fr 12 bis 18 Uhr, Sa/So 11 bis 18 Uhr, CentrePasquArt im Kunsthaus, Seevorstadt 71–73, Biel, bis 12. Juni. www.pasquart.ch Noch eine schöne Frau hinters Eternitkistli geklebt, und fertig ist die Idylle.

Bern Im Bluemetröögli Kein anderes Gewächs steht so sehr für die traditionsverhaftete Idylle der Schweiz wie das Geranium. Ins Eternitkistchen eingetopft, wirft uns sein blosser Anblick zurück in die heile Welt unserer Eltern und Grosseltern, als die Schweiz noch Schweiz war und die Unterhemden von Hanro hergestellt wurden und die Dreiräder von Wisa Gloria. Doch die Wahrheit ist: Das Geranium der Gartenzwergschweiz ist nichts anderes als ein eingeschlepptes migrantisches Gewächs aus Südafrika. Heute wird es längst schon industriell angebaut und global produziert. Wie das? Die aktuelle Ausstellung im Alpinen Museum der Schweiz erzählt uns die ganze Geschichte: Von geranienbegeisterten Gelehrten wurde die Pflanze schon im 17. Jahrhundert herumgereicht, und die seit damals hippe Blume mit ihren reizvollen Komplementärfarben spielte in der Bundesstadt in den Krisenjahren vor dem Zweiten Weltkrieg denn auch eine zentrale Rolle: Sie wurde zum gefeierten Hauptakteur in einer Aktion namens «Bern in Blumen». Die Firma Eternit trug mit ihrem schicken Balkonkistli den Rest bei, und schon kam es auf den Fenstersimsen zum wahrhaftigen Geranienboom. In vielen Texten, Fotos, Filmen und Plakaten wurde jahrzehntelang dem Geranium gehuldigt: Genügend fruchtbarer Humus für eine blühende Ausstellung an diversen Berner Schauplätzen, die die Stadt zu Geranium City macht. (dif) «Geranium City», diverse Ausstellungs- und Veranstaltungsorte, u. a. Botanischer Garten der Universität Bern, Kornhausbibliothek Bern, Hof, Elfenau (alle bis 30. Sept.); «Out of Africa. Wie das Geranium in die Schweiz kam», Alpines Museum der Schweiz (bis 14. August). www.geraniumcity.ch

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Verkäuferporträt «Wir leben hier und jetzt» Isayas Habte (35) aus Eritrea hat in der Schweiz eine Familie gegründet und hier sein neues Zuhause gefunden. Dank dem Integrationsangebot, das er fleissig nutzte, hat er eine Festanstellung bekommen. Surprise verkauft er nach wie vor, weil ihm der Kontakt zu seinen Kunden wichtig ist.

«Vor neun Jahren bin ich als Flüchtling in die Schweiz gekommen, und fast schon so lange verkaufe ich Surprise. Neben allen Kursen und Praktika, heute neben meiner 80-Prozent-Stelle, habe ich immer Hefte verkauft. Natürlich kann ich dabei etwas verdienen, aber ich gehe in erster Linie wegen des Kontakts zu meinen Kunden an meinen Standort vor der Coop-Filiale in Köniz. Die kurzen, manchmal längeren Gespräche bei einem Kaffee machen mich glücklich. Zudem helfen sie mir immer wieder, mein Deutsch zu verbessern. Leute, die ich vor dem Coop noch nie gesehen habe, grüsse ich das erste Mal freundlich. Ich sehe dann, dass sie mich verwundert anschauen und sich wahrscheinlich überlegen, was ich für einer sein könnte. Nach ein paar Mal grüssen sie zurück. Später kaufen sie vielleicht ein Heft, und wir kommen ins Gespräch. Die einen fragen, woher ich komme, die andern reden einfach über das Wetter. So war es mit vielen Kunden. Sich Schritt für Schritt näherkommen und langsam Vertrauen fassen, das mag ich und das entspricht mir sehr. So ähnlich lief das auch bei meiner Arbeitsstelle bei Siloah, einem Spital mit Alters- und Pflegeheim in Gümligen. Dort habe ich zuerst ein Praktikum als Küchenhilfe, dann als Reinigungsmitarbeiter absolviert und erhielt schliesslich eine 40-Prozent-Anstellung in der Reinigung. Vor ein paar Monaten kamen noch einmal 40 Prozent dazu. Zu meinen Aufgaben gehören unter anderem das Kontrollieren und Putzen der Räume in der benachbarten Heilpädagogischen Schule der Nathalie-Stiftung. Viel Kontakt zu den Leuten habe ich dort nicht, aber ich winke oder lächle ihnen jeweils zu, wenn wir uns begegnen. Manche können eben gar nicht sprechen. Mehr Kontakt und ein sehr gutes Verhältnis habe ich zu meinen Vorgesetzten und meinen Arbeitskolleginnen und -kollegen. Zu ihnen gehört auch meine Frau Tibe, die ich übrigens hier in der Schweiz im Asylzentrum kennengelernt habe. Sie arbeitet schon länger dort und hat bereits eine volle Stelle. Weil wir drei Kinder haben, schauen sie im Büro immer, dass unsere Arbeitspläne zusammenpassen. Auch sonst helfen sie uns. Wenn ich zum Beispiel irgendetwas nicht verstehe, kann ich immer hingehen und fragen. Für mich ist das Team im Siloah fast wie eine Familie. Ich bin so dankbar, dass ich dort arbeiten kann. Dankbar bin ich auch, dass meine Frau und ich mehrere Sprach- und Integrationskurse besuchen durften. Ich weiss nicht, ob wir ohne diese heute beide eine Stelle hätten und unseren Lebensunterhalt aus eigener Kraft verdienen könnten. Mit unseren Deutschkenntnissen können wir, zumindest jetzt noch, auch unsere Kinder unterstützen. Die 7-jährige Tochter geht jetzt in die erste Klasse, die bald 6-jährige Tochter ist im Kindergarten und der 4-jährige Sohn kann es kaum erwarten, dass er im Sommer endlich in den Kindergarten gehen darf, weil er sich immer so langweilt, wenn die Schwestern nicht da sind. Ich freue mich übrigens

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AUFGEZEICHNET VON ISABEL MOSIMANN

auch, wenn er im August im Kindergarten ist, denn dann habe ich wieder mehr Zeit, Surprise zu verkaufen! An unsere schwierige Vergangenheit in Eritrea mögen meine Frau und ich nicht zurückdenken. Wir leben hier und jetzt. Die Schweiz ist jetzt unser Zuhause, und das der Kinder sowieso. Die ältere Tochter war letzten Februar in einem Ferienlager und hat Skifahren gelernt. In unserem Wohnblock kennen wir fast alle Nachbarn. Wenn wir uns per Zufall sehen, sprechen wir kurz miteinander, und im Sommer bei schönem Wetter treffen wir uns ab und zu auf der Dachterrasse zu kleinen Festen. Hier und jetzt ist unser Leben tiptop! Ich denke nicht gross über die Zukunft nach – und wenn, dann hoffe ich einfach das Beste. Positiv denken, das ist meine Einstellung.» ■ SURPRISE 374/ 16


SurPlus – eine Chance für alle! Werden Sie Gotte oder Götti bei SurPlus Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten. Menschen, die kaum Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt wieder Struktur und mehr Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Das verdient Respekt und Unterstützung. Das Spezialprogramm SurPlus ist ein niederschwelliges Begleitprogramm für ausgewählte Surprise-Verkaufende, die regelmässig das Strassenmagazin

verkaufen und hauptsächlich vom Heftverkauf leben. Diese Verkaufenden erhalten nur geringe soziale Ergänzungsleistungen und werden im Programm SurPlus gezielt vom Verein Surprise unterstützt: Sie sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit, Nahverkehrsabonnement) und werden bei Problemen im oft schwierigen Alltag begleitet. Mit einer Patenschaft leisten Sie einen wesentlichen Beitrag für die soziale Absicherung der Verkaufenden und ermöglichen ihnen, sich aus eigener Kraft einen Verdienst zu erarbeiten. Vielen Dank für Ihr Engagement!

Elsa Fasil Bern

Kostana Barbul St. Gallen

Ralf Rohr Zürich

Marlis Dietiker Olten

Negasi Garahassie Winterthur

Josiane Graner Basel

Tatjana Georgievska Basel

Emsuda Loffredo-Cular Basel

Anja Uehlinger Baden

Fatma Meier Basel

Haimanot Ghebremichael Bern

Oliver Guntli Bern

Roland Weidl Basel

Daniel Stutz Zürich

Ja, ich werde Gotte/Götti und unterstütze das SurPlus-Programm von Surprise! 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

1/4 Jahr: 1500 Franken

Vorname, Name

Telefon

Strasse

E-Mail

PLZ, Ort

Datum, Unterschrift

1 Monat: 500 Franken

374/ 16 Talon bitte senden oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, 4051 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 374/ 16

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Surprise – mehr als ein Magazin

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.)

Hilfe zur Selbsthilfe Surprise unterstützt armutsbetroffene Menschen – beim Strassenverkauf, Strassenchor oder Strassensport, dem Sozialen Stadtrundgang oder Café Surprise: Der Verein fördert die soziale Integration der Betroffenen. Surprise gibt das vierzehntägig erscheinende Strassenmagazin heraus. Eine professionelle Redaktion produziert das Heft zusammen mit einem Netzwerk aus freien Journalisten, Fotografen und Illustratoren. Das Magazin wird auf der Strasse verkauft. Über 350 armutsbetroffene Menschen, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten über den Strassenverkauf eine Erwerbsmöglichkeit und eine Tagesstruktur. Die Hälfte des Magazinerlöses behalten die Verkaufenden. Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht sozial ausgegrenzten Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit z.B. mit dem Sozialen Stadtrundgang in Basel und Zürich. Die Surprise-Stadtführer sind Armutsbetroffene, Ausgesteuerte und Obdachlose. Sie erzählen aus ihrem Alltag in ihrer Stadt und zeigen Orte, an denen man sonst vorübergeht. Gemeinsam wollen sie Vorurteile abbauen.

Stärken. Bewegen. Integrieren. Surprise fördert die Integration mit Sport. In der Surprise-Strassenfussball-Liga spielen Teams aus der ganzen Deutschschweiz. Sie kämpfen um den Titel des Schweizermeisters und des Weltmeisters beim Homeless World Cup. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Strassenchor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Glücksmomente für Menschen, für die der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Café Surprise schenkt Menschen mit wenig Geld einen kostenlosen Kaffee in einer Bar oder einem Café. So können sie am sozialen Leben teilnehmen. Für Gäste ist es eine einfache und charmante Gelegenheit, sich sozial zu engagieren: Sie bezahlen ihren Kaffee und spendieren einen weiteren. Über Surprise Der Verein Surprise unterstützt Armutsbetroffene ohne staatliche Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle Angebote ist Surprise auf Spenden, Sponsoren und Stiftungen angewiesen. Surprise ist Mitglied des internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP), dem über 120 Magazine in über 40 Ländern angehören.

Gönner-Abo für CHF 260.–

Geschenkabonnement für: Vorname, Name

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Rechnungsadresse: Vorname, Name

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Datum, Unterschrift 374/ 16

Bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Verein Surprise, Administration Spalentorweg 20, 4051 Basel F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch

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Impressum Herausgeber Verein Surprise, Spalentorweg 20, 4051 Basel www.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Fr T + 41 61 564 90 90, F + 41 61 564 90 99 Nicole Mathys, Thomas Oehler, info@vereinsurprise.ch Geschäftsführung Paola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) Anzeigenverkauf T + 41 61 564 90 90, M + 41 76 325 10 60 anzeigen@vereinsurprise.ch Redaktion T + 41 61 564 90 70, F + 41 61 564 90 99 Amir Ali (ami), Beat Camenzind (bc), Diana Frei und Sara Winter Sayilir (dif, win, Co-Heftverantwortliche), Thomas Oehler (tom) redaktion@vereinsurprise.ch, leserbriefe@vereinsurprise.ch Ständige Mitarbeit Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Florian Burkhardt, Rahel Nicole Eisenring, Shpresa Jashari, Carlo Knöpfel, Melanie Kobler (Grafik), Yvonne Kunz, Stephan Pörtner, Isabella Seemann, Sarah Weishaupt, Priska Wenger, Tom Wiederkehr, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Birgit Bayerlein, Eva Hediger, Lucian Hunziker, Hanspeter Künzler, Birgit Ludwig, Isabel Mosimann, Roland Schmid, Mara Wirthlin, Emmanouel Raoul Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 21 900, Abonnemente CHF 189, 25 Ex./ Jahr Marketing, Fundraising T + 41 61 564 90 50 Svenja von Gierke (Leitung), Zaira Esposito Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugs weise nur mit Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird jede Haftung abgelehnt.

Vertriebsbüro Basel T + 41 61 564 90 83/ 85 Thomas Ebinger, Anette Metzner, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Zürich T + 41 44 242 72 11, M + 41 79 636 46 12 Reto Bommer, Sara Huber, Kanzleistrasse 107, 8004 Zürich, zuerich@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Bern T + 41 31 332 53 93, M + 41 79 389 78 02 Barbara Kläsi, Alfred Maurer, Fabian Steinbrink Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@vereinsurprise.ch Strassenchor T + 41 61 564 90 40 Paloma Selma (Leitung), p.selma@vereinsurprise.ch Strassenfussball T + 41 61 564 90 10 Lavinia Besuchet (Leitung), l.besuchet@vereinsurprise.ch, David Möller (Sportcoach) Sozialer Stadtrundgang Basel T + 41 61 564 90 40 Sybille Roter (Leitung), s.roter@vereinsurprise.ch, Paloma Selma (Koordination), rundgang@vereinsurprise.ch Sozialer Stadtrundgang Zürich T + 41 44 242 72 14 Sybille Roter (Leitung), s.roter@vereinsurprise.ch, Carmen Berchtold (Koordination), rundgangzh@vereinsurprise.ch Vereinspräsident Beat Jans Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen. Helfen macht Freude, spenden Sie jetzt: Spendenkonto PC 12-551455-3 SURPRISE 374/ 16


surprise@manifesta: Ein Projekt von J端rgen Krusche (ZHdK), Surprise Strassenmagazin und Surprise-Verkaufenden.



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