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Neuste Start-up-Stories
Digitalisierung – Der Schweizer PropTechSzene wird von Branchenexperten Innovationsgeist und hohe Qualität attestiert. An neuen Ideen und Konzepten, die geeignet sind, die Immobilienwirtschaft effizienter zu machen, mangelt es den jungen Unternehmen nicht, im Folgenden einige Beispiele.
ImmoTrack Auge und Ohr an der Immobilie
«In erster Linie ging es uns zunächst um die Digitalisierung der Pflichtenhefte im Facility-Management. So entstand die Idee, die Beweise mit Bildern zu liefern, und schon war quasi das Konzept des GPS-basierten Immobilientrackings geboren oder kurz: ImmoTrack», berichtet Gründer und CEO Ofer Becker. ImmoTrack ist eine webbasierte Software, mit der dank digitaler Tools effizientere Dienstleistungen und Services erbracht werden können. Becker blickt auf vier Jahrzehnte Berufsleben zurück. Dabei war er unter anderem für die grossen Banken UBS und ZKB tätig. Seine Erfahrungen im Facility-Management stammen aus der Zeit als Geschäftsführer bei einer Hauswartungsfirma.
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Ende 2019 kam es zur Gründung der ImmoTrack AG. Aus dieser Zeit stammt auch die Idee eines digitalen Einsatz- und Routenplaners der Mitarbeitenden, der mithilfe künstlicher Intelligenz Serviceplanungen im Gebäudebereich automatisiert und optimiert. So etwa bei Gartenarbeiten an der Immobilie oder beim Schneeräumdienst im Winter.
«Das Neue unserer Softwarelösung ist, dass Immobilieneigentümer, -bewirtschafter und FacilityManager alle Daten in Echtzeit überall verfügbar haben. Dank GPS-Tracking sind alle Arbeiten nachvollziehbar und nachweislich belegbar. Etwa, welche Arbeiten bereits erledigt sind und welche nicht», ergänzt CSO Gökhan Tüzün, Beckers rechte Hand im täglichen Geschäft. Die erfolgreich erledigten FM-Dienstleistungen werden zusätzlich mit Fotobeweis untermauert. Der FM-Mitarbeitende muss bei Abschluss seines Auftrages einfach nur noch ein Bild machen und lädt dieses in das System hoch.
In der Schweiz gibt es inzwischen mehr als 350 PropTechs. Ihr Ideenreichtum und ihr Erfindergeist haben die Digitalisierung der Immobilienwirtschaft bereits ein gutes Stück vorangebracht.
«Ein absolutes Novum ist der neu entwickelte Work-Planer. Dieses innovative Produkt ersetzt die Einsatz- und Routenplanung mit Excel, GoogleMaps und Outlook komplett», sagt Tüzün. Somit werde die bis heute mühsame und zeitintensive Planung neu mit nur noch ein paar Klicks erledigt. Gleichzeitig reagiere man auf die gestiegenen Anforderungen, die vonseiten der Eigentümer und Verwalter kämen. «FM ist sozusagen der verlängerte Arm des Besitzers und des Bewirtschafters», so Becker. So ist in erster Linie die Optimierung der Einsatzpläne von FM-Dienstleistern im Fokus. Die durch das Tool mögliche Zeitersparnis gibt Tüzün mit bis zu 55 Prozent an. Gleichzeitig ist die Arbeit von ImmoTrack aber auch in einer zweiten Richtung sehr wertvoll: Da ImmoTrack sogenannte dynamische Daten sammelt und aggregiert – und nicht die statischen Gebäudedaten –, weiss der Auftraggeber jederzeit Bescheid, wie es seinem Immobilienportfolio geht, und kann aufgrund dieser Daten die zukünftige Investitionsrechnung ergänzen. «Die gesammelten Daten wollen wir nun kundengerecht und -spezifisch in ein Data Warehouse überführen», sagt Becker.
Ziel von ImmoTrack ist es, mit seiner digitalen Idee mehr Transparenz in einen 15 Milliarden Franken schweren FM-Umsatzmarkt zu bringen. Oder wie es Tüzün formuliert: «Wir sind das A und O, das Auge und das Ohr, an der Immobilie.»
BeUnity Community-Manager per Applikation
Gabriel Riedo steckt das Unternehmertum im Blut: Bereits im Alter von 15 Jahren gründete er mit Freunden ein Partylabel, mit der Volljährigkeit folgte die erste GmbH-Gründung. Nach der Idee vom «Frässpäckli» per Onlineversand und dem Vertrieb eines österreichischen Wintersportgeräts kam im Herbst 2018 Patrik Elsa, welcher bereits langjährige Erfahrungen mit digitalen Plattformen hatte, auf Gabriel zu, um das Thema Community Building in Nachbarschaften voranzutreiben. Mit der Gründung von BeUnity Mitte 2020 flossen die Erfahrungen des vierköpfigen Gründerteams aus der Vorzeit direkt mit ein. Das erste grosse Projekt, mit dem das Start-up entscheidend lernen und wachsen konnte, war die Entwicklung der Greencity in Zürich-Manegg. Mitgründer und CEO Patrik Elsa hatte den Kontakt zu einem der Bewohner der neuen Überbauung im Sihltal und hatte so erfahren, dass diese mit ihrer aktuellen Lösung für das Community-Management nicht vollends zufrieden waren. Die Zeit war also reif für BeUnity. «Mithilfe unserer neuen und intuitiven Applikation konnten wir bereits am ersten Wochenende im Quartier 500 Bewohnerinnen und Bewohner onboarden», verrät Riedo. Heute sind in der Greencity-Nachbarschafts-App über 1.200 Menschen registriert. «Die wöchentliche Aktivitätsquote liegt bei über 50 Prozent. Das heisst, rund 600 Nutzer sind mindestens einmal pro Woche darin aktiv.» In der Zwischenzeit verwalten Elsa, Riedo und das übrige zehnköpfige beUnity-Team über 300 Communitys in der ganzen DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz).
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«Jeder Mensch sollte sich in der Nachbarschaft wie zu Hause fühlen. Schliesslich verbringen wir etwa die Hälfte unseres Lebens in diesem Umfeld», sagt Gabriel Riedo. Der grosse Anspruch seiner Applikation ist «Vernetzung statt Einsamkeit». Generell wolle man jeder Art von Gemeinschaft ein digitales Tool für den Austausch bieten. Also nicht mehr nur Wohnquartieren – mittlerweile geht BeUnity auch Vereine und Sportgemeinschaften aktiv an. Bei rund 40 Wohngenossenschaften ist die App aus Adliswil bereits im Einsatz.
Die datenschutzkonforme All-in-one-Community-Solution löse vor allem die Kommunikation via Whatsapp, Facebook oder Instagram ab, so der Serial Entrepreneur. «Unser Geschäftsmodell basiert nicht auf Datensammlung und Auswertung der Informationen», versichert Riedo. Mittlerweile umfasse die Applikation 15 verschiedene Module, wie etwa ein Raumreservationstool, eine Eventübersicht oder eine praktische Ablage von wichtigen Dokumenten und Dateien. Programmiert werde die BeUnity-App aktuell von fünf Entwicklern mit mehr als 20 Jahren Erfahrung auf diesem Gebiet.
«Ende 2022 haben wir unsere erste Bridge-Finanzierung mit Business Angels, die alle aus dem direkten Umfeld der vier Gründer kommen, abgeschlossen», erzählt Riedo. Inzwischen sei die Plattform nicht mehr nur auf Deutsch, sondern multilingual verfügbar: Neben Englisch, Französisch und Italienisch habe man mittlerweile auch schon Kroatisch als Sprache integriert. Als weitere Zukunftsmärkte benennt der 28-jährige Mitgründer Frankreich, Skandinavien, das UK und die USA.
ClimaLinks AG Wetter-Intelligenz für Bau und Betrieb
Anfang Dezember 2022 feierten Jake Casselman und Annie Chang in Zürich zusammen mit Studienkollegen und Unterstützern den offiziellen Launch ihres ersten eigenen Unternehmens: Die ClimaLinks AG war geboren. Die beiden Doktoranden der ETH Zürich wollen mit einer hoch entwickelten digitalen KI-unterstützten «Risk Engine» Wetterdaten für Unternehmen auf der ganzen Welt nützlicher und aussagekräftiger machen.
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«Einen besonderen Fokus haben wir dabei auf die Bauindustrie und das Facility-Management gelegt. Viele wettertechnische Daten können relevant für effizientes Bauen und einen smarten Gebäudebetrieb sein. Sei es im Sommer bei Hitzeperioden oder auch im Winter bei Frostnächten. Und wenn vielleicht zum Beispiel ein Gewitter im Ansturm ist und die Markisen an den Fenstern des Bürogebäudes einzuziehen sind», beschreibt Jake Casselman einige der möglichen Fälle, bei denen Wetterdaten eine Rolle spielen.
«Mit unserer ClimaLinks AG helfen wir Unternehmen, mit dem Wetter zu arbeiten, nicht dagegen», fasst es Annie Chang zusammen. Durch die Kombination wissenschaftlicher Metriken, die in jahrzehntelanger Forschung entwickelt wurden, könnten heute Wetterdaten nicht nur zur Vermeidung von Verzögerungen beim Bau oder von Schäden am Gebäude, sondern vielmehr auch als eine einzigartige Chance begriffen werden. Sie denkt dabei u.a. im Hinblick auf das künftige Klima an die effiziente Nutzung von Heizsystemen oder die richtige Wahl von Baumaterialien.
Jake Casselman promovierte die vergangenen dreieinhalb Jahre an der ETH Zürich im Bereich saisonale Wetterprognosen und erwarb an der Columbia University einen Masterabschluss in Klima und Gesellschaft. Annie Chang doktoriert im Bereich Was- serressourcenmanagement und beschäftigt sich hier beispielsweise mit Dürrevorhersagen für die Schweiz. Eine für die Zukunft relevante Thematik, wenn man etwa die stärkeren und längeren Hitzeperioden in unseren Breitengraden beobachtet. Als ausgebildete Umweltingenieurin arbeitete sie zuvor mehrere Jahre in der Beratung von Landentwicklungsthemen und spezialisierte sich hier auf das Gebiet Hochwasserschutz.
Vor einigen Wochen gewannen die beiden Junggründer mit ihrer ClimaLinks AG die «Frontrunner Competition» im Bereich Energie / Klima. Diese war vom Technopark Winterthur und vom RunwayStart-up Incubator in Winterthur ausgeschrieben worden. Casselman und Chang profitieren nun von einer Incubator-Mitgliedschaft inklusive Coworking-Arbeitsplätzen im Winterthurer Technopark sowie vom Zugang zum Start-up-Campus.
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Storabble
Lagerraum schnell und einfach digital finden
«Ein passender Lagerraum ist Gold wert», sagt Gründer und CEO Oliver Meyer von Storabble mit Sitz in St. Gallen. «Es gibt da nur ein Problem: Bislang gab es europaweit noch keine Plattform zum Suchen und Finden der geeigneten Flächen.»
Doch jetzt hat er zusammen mit Kollegen der Hochschule St. Gallen, nach gut einem Jahr Marktresearch und der Befragung von potenziellen Kunden und Partnern, im Februar 2023 sein erstes Start-up gegründet und ist mächtig stolz.
Derzeit (Stand: Mitte Mai 2023) sind 76 Standorte in 30 Städten in der Deutschschweiz mit zusammen mehr als 2.000 Quadratmetern Lagerfläche auf Meyers Plattform. Aktuell sammeln sie gerade einen ersten Batzen Eigenkapital ein und streben dabei eine Summe von 300 000 Franken an. Letzte Tickets vor der allfälligen ersten Due Dilligence sind noch verfügbar. «Mit diesem Geld können wir unseren Service in der ganzen Schweiz etablieren und erste Expansionen im DACH-Raum vornehmen. Erst die ganze Schweiz, dann die klare Vision: Europa. Der Bedarf ist da.»
Oliver Meyer und sein Team bieten eine Lösung, welche «die Suche nach Lagerraum einfacher, stressfreier und günstiger macht», so das Ziel. In einem späteren Schritt will man – analog zu Entwicklungen in den USA – eine Plattform bieten, die mit der Zeit immer mehr Services zusätzlich zu dem Angebot von Selfstorage-Boxen und Lagerräumen offeriert. Derzeit fokussieren sie noch auf einen Kundenstamm aus Privatpersonen und kleinen KMU. Vorstellbar seien später aber auch grössere Unternehmungen als Zielgruppe. Dann etwa auch für Archivlösungen oder Logistikdienstleistungen. «Wir können also in sehr viele Richtungen, aber auch geografisch gut skalieren», erklärt Meyer.
Im Fokus hat er zum Beispiel aber auch Bestandshalter von Mehrfamilienhäusern. Diese könnten problemlos freie Kellerabteile mit nur wenigen Quadratmetern Fläche über die Storabble-Plattform gewinnbringend vermieten. «Wir starten jetzt das erste Pilotprojekt mit einem sehr grossen Verwalter, der seine nicht vermieteten Lagerräume direkt auf Storabble ausschreiben wird», kündigt der Gründer an.
Momentan gebe es lediglich Lagerräume und Lagerboxen und somit eine ganze «Selfstorage Industry», die mit ihren zu mietenden Flächen über viele verschiedene Plattformen respektive Webseiten verteilt ist. Viele der bislang angebotenen Lagerboxen sind jeweils nur über die Homepages der Anbieter verfügbar. «Wenn also Lagerräume gesucht werden und eine fundierte Entscheidung getroffen werden soll, müssen allein in der Schweiz über 50 Webseiten durchsucht werden. Im übrigen Europa sieht die Situation ähnlich aus. Es ist ein bisschen wie der Hotelmarkt vor 20, 25 Jahren, also noch vor Booking.com.»
Derzeit sind bereits etwa 30 Prozent aller SelfstorageLösungen als Partner auf der StorabbleSeite im Netz zu finden. Dazu zählen etwa Lagerbox9000, PlaceB, Room4U, Storebox und Swissbox. Zu ihren Ökosystempartnern zählen die StorabbleJungs zudem das Versicherungsportal Calingo, die Umzugsplattform Movu und Leihbox, einen Anbieter von Transport und Lagerboxen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
ShareP Parkplätze und Ladestationen effizient nutzen
«Innovate parking reservation solutions» ist das Motto von Gründer Mateusz Wojdylo, CEO der ShareP AG. Das 2020 in Zürich gegründete Unternehmen ist mit seinem Tool zur Parkraumbewirtschaftung sowie zur Steuerung von ELadestationen mittlerweile in mehreren europäischen Ländern aktiv.
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«Egal ob es sich um ein Einkaufszentrum, einen Bürokomplex, ein Hotel oder eine Wohnanlage handelt, ShareP ermöglicht es den Eigentümern der Anlage, die Bewirtschaftung ihrer OffStreetParkplätze zu automatisieren. Wir haben gesehen, wie viele Parkplätze es allein in Unternehmen, privaten Tiefgaragen oder Stadtvierteln gibt, die die meiste Zeit des Tages leer und ungenutzt sind. Hier liegt ein grosses Potenzial: In der Region Zürich gibt es 430 000 OffStreetParkplätze. Das entspricht etwa einem Parkplatz pro Stadtbewohner», so Wojdylo.
Der Vermietungsprozess von Parkplätzen ist analog und bindet unnötig viel Arbeitskraft. Dank der Integration der SharePTechnologie kann der Immobilieneigentümer die Kosten für den Betrieb der Anlage optimieren und die Einnahmesituation verbessern. Erforderlich ist lediglich die Installation einer einfachen und sicheren Anwendung (über Android und iOS) und die Installation eines kleinen technischen Gerätes vor Ort (z.B. zur Fernsteue rung von Schranken oder Garagentoren). In der Zwischenzeit kann auch die Verwaltung der ver fügbaren Ladestationen für Elektrofahrzeuge hinzugefügt werden. «Für Grundstückseigentümer mit frei stehenden Parkplätzen und ELadestationen entsteht so eine gute neue Einnahmequelle. Zudem werden ganze Stadtteile entlastet, da der völlig unnötige Parksuchverkehr entfällt. Für die Autofahrer bedeutet das weniger Stress, weniger Zeitaufwand und weniger Verschwendung.»
ShareP nutzt ein innovatives digitales System, das sich nahtlos in die bestehende Infrastruktur einfügt. Die Statistiken der vergangenen zwölf Monate zeigten, so Wojdylo, dass dies zu einer Umsatzsteigerung von mindestens 40 Prozent führe, ohne zusätzliche OPEX und wiederkehrende Kosten für die Eigentümer. «Wir haben uns also der Lösung von Parkproblemen und der Förderung nachhaltiger urbaner Mobilität durch Spitzentechnologie verschrieben», so der Gründer. Im Jahr 2022 erhielt das Startup eine Finanzierung von Innosuisse, der Schweizer Agentur für Innovationsförderung, und begann eine Zusammenarbeit mit der SBB.
In der Zwischenzeit konnten Wojdylo und sein 16 köpfiges Team Kooperationsverträge mit der SBB, Google Schweiz, Sony Europe, Swisscanto und Prestige Immobilien abschliessen. Aktuell (Stand: Mai 2023) ist die SharePLösung in 92 Gebäuden in der Schweiz installiert. Darüber hinaus ist sie bereits in Deutschland, Polen und Grossbritannien zu finden. Die Kernzielgruppe sind immer Immobilienbesitzer und verwalter. Alle in der SharePApp verfügbaren Parkplätze sind auch in GoogleMaps integriert und damit für Parkplatzsuchende leicht zu finden. Die Einnahmen generiert das Zürcher Startup durch den WinwinAnsatz: die Vermietung und Abrechnung der gebuchten Parkplätze. Wojdylo zufolge fallen bei einem Parkhaus mit mehr als 60 Stellplätzen keine zusätzlichen Kosten für die Implementierung oder monatliche Gebühren an.
Yarowa
Zur grossen Auftragsmanagementplattform in sechs Jahren
«Wir optimieren das Zusammenspiel von Bewirtschaftern und Dienstleistern in allen Facetten», sagt Yarowa-Mitgründer Cyril Kägi. Handwerksaufträge können direkt oder von den bekanntesten Mieterplattformen sowie von Ticketingsystemen über die Yarowa-Plattform an die Dienstleister verteilt werden. «Jeder Status wird zurückgespielt und so wird für alle Stakeholder Transparenz geschaffen», sagt Kägi. ERP-Systeme würden automatisch nachgeführt; zu guter Letzt lande die Rechnung in strukturierter Form im Kreditoren-Flow.
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Damit erleichtert die SaaS-Lösung Yarowa einen Kernprozess der Bewirtschaftung, der bei der Digitalisierung bisher eher vernachlässigt wurde. Denn über die Unternehmensgrenzen hinweg ist Digitalisierung noch viel anspruchsvoller als nur innerbetrieblich. «Ein grosser Fokus von uns war seit Beginn, dass Dienstleister möglichst wenig in ihren eigenen Prozessen gestört sind und die Plattform ihnen alle Möglichkeiten bietet», erklärt Kägi. Dies ist sicher mit ein Grund, weshalb die Akzeptanz der Plattform bei Dienstleistern sehr hoch ist und von namhaften national tätigen Dienstleistern, aber auch von regionalen und lokalen Anbietern empfohlen wird.
Gründungsjahr der Unternehmung mit Sitz in Zug ist 2017. «Die Mitgründer, mit Ausnahme von mir, kamen aus dem Versicherungsumfeld. Sie sahen das grosse Bedürfnis nach funktionierenden Netzwerken in stark fragmentierten Märkten. Ich habe einen Bankenhintergrund und führte zu dieser Zeit ein Handwerksunternehmen mit rund 50 Mitarbeitenden in den Bereichen Malen, Bodenlegen und Gipsen.» Kägi erkannte, dass Versicherer bei Schadenfällen zu viel bezahlen und die Steuerung zu den Kunden nicht wirklich gut funktionierte. Bei den Bewirtschaftern gab es ähnliche Herausforderungen. «Vor allem aber merkten wir, dass die admi- nistrative Zusammenarbeit mit den Dienstleistern nicht ideal lief», erzählt der Mitgründer.
Die Vorteile von Yarowa zeigen sich entlang des Instandhaltungsdreiecks: Prozesseffizienz, Transparenz für den Mieter und Kosten. Mit der Marktplatzlogik von Yarowa profitieren die Bewirtschafter vom bestehenden übergreifenden Netzwerk und können von Tag eins an mit den meisten ihrer bestehenden Dienstleister voll digital zusammenarbeiten. Die Effizienzgewinne betragen laut Kägi im Netzwerk Gebäude und Handwerk rund 25 Prozent, in anderen Bereichen sogar bis zu 40 Prozent.
Für ihn spielen Partnerschaften, Kooperationen und Ökosysteme eine grosse Rolle: «Grundsätzlich kann Yarowa ohne Umsysteme sofort genutzt werden. Wir glauben stark daran, dass die Effizienzsteigerung der zentrale Treiber von Bewirtschaftungen ist, und empfehlen deshalb Yarowa immer im Zusammenspiel mit dem ERP oder mit anderen im Einsatz befindlichen PropTech-Lösungen. Unsere Plattform wurde dafür gebaut, komplett integrierbar zu sein. So ist sie zum Beispiel im Servicecenter von Wincasa oder bei den Mitarbeitenden der Allianz gar nicht zu erkennen.»
Es gibt aber auch Hindernisse, die es zu bewältigen gilt: «Die Integrationen in ERP-Systeme sind weit fortgeschritten, bereiten uns aber sicher den grössten Aufwand. Da wir nicht nur die Auftragsvergabe digitalisieren, sondern auch das Stellen von Offerten und Rechnungen, benötigt es natürlich viele Schnittstellen und Prozesse, die nahtlos aufeinanderpassen. Die Zusammenarbeit mit den führenden ERP-Anbietern läuft aber hervorragend, weshalb die Kunden heute praktisch ohne Aufwände andocken können.»
Nach einer erfolgreichen 12 Millionen Franken starken Finanzierungsrunde Mitte 2022 werden auch weitere wichtige Schritte in Sachen Internationalisierung vorgenommen. Aktuell ist Yarowa bereits in den Märkten Deutschland, Italien und UK präsent und will weiter munter wachsen. ∙