Dualität des Öffentlichen Meta Digitales Wohnen
Dualität des Öffentlichen Meta Digitales Wohnen
Steffen Dieckmann B.A.
Prof. Kazu Blumfeld Hanada AA. Dipl.
02 | 2017
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Substanz
I Phänomen Meta Digitales Wohnen analog | digital : Dualität des Öffentlichen Gemeinschaft und Abschottung Wohnen Arbeiten Öffentlich Identität des [digitalen] Raumes
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II Protagonisten Akteure Utopie | Intervention des Wohnens Metabolismus | Digitaler Raum Unbuilt | Inklusion der Gemeinschaft Allegorie des öffentlichen Zwischenraumes Autonomer Wohnraum | Kontra Heteronomie
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III Prototypen Typ 1 Agglomeration Typ 2 Scheiben Typ 3 Inversion
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IV Ort Brache Szenerie
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V Entwurf Konzept Fügung Pläne Collagen
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VI Quintessenz Fazit
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VII Anhang Literaturverzeichnis Bildverzeichnis
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„Es gibt jenseits von Fachkreisen keinen grundlegenden, systematischen Diskurs darüber, was „Wohnen“, „Arbeiten“ und „Öffentlichkeit“ angesichts veränderter kollektiver sozialer Rituale, technologischer Innovation und ökologischer Herausforderungen bedeuten könnten - wie ein „Platz“ und ein „Haus“, wie ein Rückzugsort für das Private und ein Ort des „Öffentlichseins“, angesichts veränderter Lebensentwürfe, sozialer Rituale und technischer Möglichkeiten noch aussehen könnte.“1
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Meta Digitales Wohnen
Die allgemeine Begrifflichkeit des Wohnens kollidiert zunehmend mit modernen Lebensumständen. Sie beeinflusst durch interaktive mediale Vernetzung, Schnelllebigkeit und Geschwindigkeit des Wandels kulturelle Bedingungen. Das Produkt dieser Variablen ist unklar und fordert nach dienlichen architektonischen Lösungsansätzen, die in Zukunft auf genannten Wandel reagieren können. Die Verschiebung von klaren Grenzen des Privaten und Öffentlichen durch digitale und analoge Bedingungen soll als zu erforschendes Phänomen hinsichtlich Konzepten für neue Wohnformen gelten.
Ähnlich, wie die stetig wachsende Medialisierung und Vernetzung der Welt, wird der Mensch interaktiv mit seinem Umfeld vernetzt. Sein Anspruch bezieht sich nunmehr zu gleichen Teilen auf das Wohnen, aber auch auf das Arbeiten und die räumliche und kulturelle Verknüpfung mit seiner Umgebung. Die klassische Abschottung des Wohnraumes steht dem kulturellen Wandel einer jungen und vernetzten Sharing-Gesellschaft gegenüber, deren Anforderungen nicht ausschließlich über die
grenzüberschreitende Verknüpfung im digitalen Raum kontrastiert, sodass eine dienliche Wohnform nunmehr über die Möglichkeit beschrieben werden kann, einen Ort zu schaffen, der Synergien mit dem Öffentlichen und der Gemeinschaft zulässt. Er reagiert adaptiv und reduktiv in seinen räumlichen Gegebenheiten als durchlässiger Übergangsort. Dieser Ort bietet nicht allein Schutz, sondern lässt zugleich eine Vernetzung mit der Umwelt zu. Der Wohnraum wird durch diesen Wandel beeinflusst und nimmt die Position eines Mediums ein, zur Interaktion eines Einzelnen oder einer Gemeinschaft, basierend auf der fortschreitenden digitalen Vernetzung und ihrer Einflussnahme auf zwischenmenschliche Kommunikation. Bedingt durch zukünftige kulturelle Veränderungen zu einer fortschreitend digitalisierten und interdisziplinären Gesellschaft, soll er Strömungen und den wandelnden Anspruch an Wohnformen in einer Verbindung von räumlichen als auch medialen Bedingungen transportieren.
Der bewohnbare Raum unterliegt stetiger Einflüsse durch digitale Präsenzen und interaktiver Verbindungen mit dem Außen. Wohn- und Arbeitsräume werden bei Bedarf digital verknüpft und Zonen des Privaten verändert. Das Bett im Schlafraum zum Beispiel, allgemeingültig als einer der privatesten Orte einer Wohnung, wird vermehrt zu einer Ablage- und Bedienfläche für das Notebook oder das Smartphone und somit der Vernetzung mit der Welt. Auch die Ausstattung von Wohnungen wird beeinflusst und durch elektronische Komprimierung reduziert. Es ist somit fraglich, welche Dinge die Identität eines Wohnraumes oder des Wohnenden transportieren und ob die stetige Vernetzung den Begriff des Privaten und Öffentlichseins verändert. Die Grenze des Drinnen und Draußen
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I Phänomen
Vereinnahmung eines statischen Rückzugsorts definiert werden kann. Der Wohnraum wird durch die
und wie wir Abschottung im Privaten und Öffentlichen wahrnehmen, unterliegen also einer noch weitestgehend unbekannten Bedingung. Bezogen auf den haptisch erfassbaren Raum, existieren nur wenige räumliche Lösungen in Anbetracht einer fließenden Interaktion mit dem digitalen Raum, der uns immateriell mit Anderen verbindet. Der Begriff der Abschottung könnte somit hinsichtlich der fortschreitenden Digitalisierung ad absurdum geführt werden. Der Moment, des Für-Sich-Seins in der eigenen Wohnung wird weiterhin durch räumliche Grenzen gegeben sein. Die selbstverständliche Adaption übergeordneter, digitaler Kommunikation jedoch, verändert das Gefühl des Für-Sich-Seins und löst es teilweise auf. Der Wohnraum, wie er gegenwärtig wahrgenommen wird, wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr den Anforderungen zukünftiger Generationen entsprechen.
Betrachtet man den Begriff Raum, der von dem Handeln in zwischenmenschlichen und kulturellen räumlichen Strukturen abhängig ist, wird er zu einem Medium digitaler und analoger Bedingungen hinsichtlich der fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft. Der Raum wird, soziologisch gesehen, maßgeblich durch Möglichkeiten der Interaktion und Entfaltung eigener Gestaltungsmöglichkeiten bedingt. Er wird somit nicht mehr an das objekthafte, sondern an dynamische kulturelle Einflüsse gebunden. In diesem Fall liegt der Grund in der stets digitalisierteren Gesellschaft, die übergeordnete Schnittstellen der Kommunikation nutzt. „Die Konstitution von Raum wird [...] in der Wechselwirkung von Handlung und Struktur verortet, wobei schichtspezifische, ortsbezogene, visuelle und methodologische Faktoren vermittelnd und modifizierend zugleich wirken.“2 Dem Raum wird somit eine weitere Dimension des sozialen Konstrukts zugrunde gelegt, das in Relation von objekthaftem Raum und Person, in Form einer Wechselwirkung zwischenmenschlicher Beziehungen und Interaktionen mit dem digitalen Raum besteht. Er ist ein Ausgansgpunkt für eine übergeordnete Kommunikationsform und vergleichbar als raumformendes Element mit in die Betrachtung einzubeziehen. Die Adaption des Digitalen in der Architektur setzt die Übertragung einer interaktionsfähigen Metaebene im analogen Raum voraus und bildet neben dem Innen und Außen eine dritte Konstante in der Betrachtung raumbildender Architektur und städtischer Szenarien.
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„Im Netzzeitalter haben wir über den Umgang mit den sozialen Medien das Teilen und Tauschen gelernt. Nun werden wir diese kollaborativen Kulturtechniken auch auf das Wohnen übertragen.“3
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analog | digital : Dualität des Öffentlichen
Wir wachsen im digitalen Raum zusammen und analog auseinander. Die Vernetzung als Basis für Kommunikation spiegelt sich nicht nur als Schnittstelle in diversen Arbeitsfeldern wider, sondern übernimmt oft die alltägliche Kommunikation ganzer Gruppen und Gemeinschaften von Menschen. Die mediale Vernetzung wird durch diese Entwicklung forciert und nimmt einen gleichwertigen Stellenwert wie die analoge Kommunikation im städtischen Raum oder in der eigenen Wohnung ein. Wir adaptieren somit das Digitale auf natürliche Weise und inkludieren die Geschwindigkeit des Informationsaustausches in die Arbeit oder generieren Schnittstellen sozialer Kontakte im digitalen Raum. Es stellt sich die Frage, wie der architektonische Raum diese Konstante der Digitalisierung im Öffentlichen und Privaten als Medium einnimmt und einem möglichen Auseinanderdriften im Analogen entgegenwirkt: Die Verknüpfungen medialer Verbindungen, beziehungsweise der zunehmende Wunsch nach Interaktion in der zwischenmenschlichen Gemeinschaft bezüglich Wohnen, Arbeiten und Öffentlichsein, muss in der Relation von Wohnraum einbezogen werden und somit die Vernetzung des digitalen Raumes, als feste Größe, in der Konstruktion von bewohnbaren Strukturen implementieren.
Der vernetzte Mensch ist durch Medien, die den digitalen Transport von Daten an jedem Ort ermöglichen, in einer anderen Ebene als der analogen als öffentlich zu betrachten. Er unterliegt einem konstanten Austausch von Informationen, die sich nicht durch analoge zwischenmenschliche Interaktionen oder räumliche Bedingungen definieren. Durch das stetige Öffentlichsein erfährt somit der Nutzen raumbildender Architektur und städtischen Raumes eine Veränderung. Orte der Fluktuation, Plätze und Treffpunkte im städtebaulichen Kontext, werden hinsichtlich der Geschwindigkeit des Informationsaustausches, ähnlich der Ausstattung von Wohnungen, digital verändert und mit großer Wahrscheinlichkeit zukünftig anders genutzt. Es kann als gegeben verstanden werden, dass wir uns in Zukunft durch eine konstante Vernetzung anders im öffentlichen Raum begegnen, beziehungsweise analoge Kommunikationszonen unter anderen Bedingungen nutzen. Die multiplen Schnittstellen des digitalen Raumes lehren uns das Teilen, das gemeinschaftliche Denken und lösen von Problemstellungen. Dieses Potential soll auf den bewohnbaren Raum übertragbar werden und den Ansprüchen des vernetzten Menschen folgend, das Verständnis des Öffentlichseins im Kosmos digitaler Präsenzen als abstraktes Bindeglied einer dualen Öffentlichkeit im Analogen und Digitalen vermitteln.
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„Es kommen große Herausforderungen auf uns zu. Die großen Themen für die nächsten Jahrzehnte sind Bevölkerungswachstum, fortschreitende Alterung der Gesellschaft, steigende Urbanisierung und dramatische soziokulturelle Veränderungen mit vielen neuen Lebensmodellen.”4
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Gemeinschaft und Abschottung
Die zunehmende Auflösung analoger Grenzen, durch kontinuierliche, multimediale Vernetzungen, zeigt sich im Raum der Begegnung als Ort der zwischenmenschlichen Interaktion und Mediator digitaler Relationen. Das Private und die gemeinschaftlich nutzbare Zone sind jedoch in der gängigen Architektursprache oft segregierte Kulturen. Die Wohnung, getrennt vom Gemeinschaftsraum, manifestiert die Grenze des Privaten zum Kollektiven und Öffentlichen. Die Proportion der Wohnung, zum Beispiel in einem archetypischen Mehrwohnhaus, bildet im Verhältnis zu der kollektiv nutzbaren Fläche vermehrt einen größeren Anteil. In einer gängigen Form der Abschottung aus dem Öffentlichen im privaten Raum werden somit potentielle Flächen für die Gemeinschaft als analoge Schnittstelle verwaist. Die veränderten Bedingungen und Anforderungen des digitalen Menschen zeigen, dass in Zukunft gemeinschaftlich nutzbare Flächen einen anderen Stellenwert erfahren. Zum einen durch einen Wandel des Besitzanspruches zu einer nachhaltigen Gesellschaft des Teilens und zum anderen, durch neue Definitionen von Wohnraumgrößen im Verhältnis zu kollektiv nutzbaren Flächen. Begründet auf wachsender Urbanisierung, städtebaulicher Verdichtung, Bevölkerungswachstum und kultureller Veränderung durch multlimediale Vernetzungen müssen diese Relationen in Frage gestellt, beziehungsweise als Anforderungen an zukünftige Wohnformen angesehen werden. In Anbetracht räumlich ungebundener digitaler Kommunikationsmöglichkeiten, als zukünftige Bedingung die das räumliche Verständnis von Wohnformen weiterentwickeln soll, unterliegen vor allem vorhandene analoge Kommunikationsflächen im Wohnsektor oftmals einer nachteilig standardisierten Hierarchie der Zonen. Bedingt durch die Maximierung der bewohnbaren und somit vermietbaren Flächen resultiert die Gemeinschaftsfläche oft als Zusatz und wird als solche nur sekundär wahrgenommen oder in den öffentlichen Raum ausgelagert. Einfamilienhäuser weisen durch die Abschottung des Wohnbereiches als eigenständiger Kern bereits die Trennung vom Gemeinschaftlich-Öffentlichen auf. Betrachtet man diese Abfolge unter den Bedingungen neuer Anforderungen an Wohnraum, Gemeinschaft und der Forderung nach interaktiven Verknüpfungen im Analogen und Digitalen, ist es nötig diese Hierarchie aufzubrechen und neu zu ordnen. Wohnräume sollen in einem nicht hierarchischen und symbiotischen Verhältnis zu Kommunikationsflächen stehen. Sie sollen kollektiv nutzbare Flächen, Transferzonen und Zuwegungen durch interagierende räumliche Typlogien im analogen Raum bereichern. Die private Abschottung soll den Wohnraum auf das räumlich Wesentliche reduzieren und die bewusste Adaption von gemeinschaftlichen Flächen als abstrakten Wohnraum in Aussicht stellen. Der Mehrwert multiplikativer Schnittstellen digitaler Kommunikation wird somit auf räumliche Szenarien übertragen. Der analoge Kontakt durch Begegnungen im Gemeinsamen rückt in den Vordergrund und bildet einen Ausgangspunkt für interaktive Raumbeziehungen und
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GEMEINSCHAFT
ÖFFENTLICHER RAUM
TRANSFERZONEN
WOHNEN
ÖFFENTLICHER RAUM GEMEINSCHAFT
WOHNEN
TRANSFERZONEN
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Auflösungen analoger Grenzen. Die Umstrukturierung räumlicher Hierarchien des privaten und gemeinschafltichen Raumes birgt Potentiale neuer kombinatorischer Möglichkeiten von Wohnräumen. Beispielsweise kann ein hohes Maß an Flexibilität, Modularität und Anpassung an veränderliche Wohnsituationen, durch eine proportionale Zurückstellung, zugunsten von kollektiven Flächen erzielt werden. Der Mensch wird dadurch wie im digitalen Raum auch hier in interaktiven Verknüpfungen bekräftigt. Die Schutzfunktion des privaten Rückzugsortes muss jedoch angesichts des grundlegenden Bedürfnisses privater Entfaltung erhalten bleiben, um das Potential von gemeinschaftlichen Zonen als adaptiven Wohnraum zu verstehen. Der Rückzugsort soll als Solitär definiert werden, der den kollektiven Raum einnimmt und bei Bedarf Verknüpfungen zu einer Gemeinschaft zulässt.
wohnen arbeiten öffentlich
Die Aufteilung des Wohnraumes, Arbeitsplatzes und der öffentlichen Präsenz im städtischen Raum finden allgemeingültig an verschiedenen Orten statt. Wenn der Weg zum Arbeitsplatz durch den öffentlichen Raum erfolgt, bedingt die Überbrückung der Entfernung die Verbindung beider Orte. Die Wohnung jedoch gilt als Ausgangs- und Endpunkt eines Zyklus. In vielen Fällen ist also der physische Standort des Wohnens und Arbeitens, über einen Weg durch den gemeinsamen öffentlichen Raum, getrennt. Entgegen dieser Aufteilung werden vor allem das Wohnen und Arbeiten, in Anbetracht der fortschreitenden Einbindung digitaler Möglichkeiten, verbunden. Die Arbeit mit elektronischen Medien verknüpft ehemals getrennte Standorte und stellt eine Verschmelzung beider Bereiche dar. Die Adaption der stetigen Vernetzung durch den digitalen Raum und die Veränderung räumlicher Fügungen durch eine Kombination von Standorten rückt den öffentlich und gemeinschaftlich nutzbaren Raum in ein neues Licht. Selbstständige Alleinunternehmer im kreativen Sektor finden sich beispielsweise in Coworking Spaces zusammen, um in Gesellschaft den Arbeitsalltag durch zwischenmenschliche Kontakte anzureichern oder interdisziplinär zu agieren. Viele Konzepte bieten eine informelle Wohnraumatmosphäre, in der gemeinschaftliche Flächen von den Mietern der Arbeitsplätze genutzt werden können. Die Wohnung als räumlich entfernter Rückzugsort bleibt erhalten, wird jedoch durch die Qualitäten eines informellen Umfelds im Arbeitsplatz aufgegriffen. Es beschreibt das Phänomen einer Verschiebung vom Privaten und Öffentlichen, indem die Arbeitswelt dem persönlichen Umfeld nachempfunden wird. Durch die Vermischung von Arbeitszeit und Freizeit, unter Einfluss ständiger Präsenz von digitalen Medien, verschmelzen diese Faktoren. Der Arbeitsraum wird individueller, attraktiver gestaltet und immer mehr zum Wohnzimmer. Das gewohnte System der Abgrenzung zwischen Arbeits- und Wohnraum kann dem kulturellen Wandel folgend umdefiniert, als Symbiose verstanden werden.
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WOHNEN
ÖFFENTLICHER RAUM
ARBEITEN
WOHNEN ARBEITEN
DIGITALER RAUM
WOHNEN ARBEITEN
ÖFFENTLICHER RAUM
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Identität des [digitalen] Raumes
In Anbetracht des beschriebenen Wandels, unter Einbezug digitaler Schnittstellen als räumlich bedingender Faktor, stellt sich die Frage nach der Identität der Architektur im analogen und digitalen Raum. Welche Aspekte führen zu einer Form, die eine Veränderung des öffentlichen und privaten Verständnisses durch das Digitale in der Architektur widerspiegelt? Wie reagiert sie als menschliches Habitat und städtebaulich formendes Element auf das Bedürfnis nach Rückzug bei gleichzeitiger Inklusion einer Gesellschaft? Eine Gesellschaft die zudem nach Gemeinschaft strebt und ortsgebundene Interaktionen bereits als natürliche Faktoren identifiziert. Wie wird demnach der analoge und digitale Raum zukünftig einbezogen und welchen Mehrwert für das Umdenken von Wohnformen nimmt er ein? Die Hypothese der dualen Öffentlichkeit muss als nicht materielle aber greifbare Größe im Stellenwert der Architektur betrachtet werden. Sie erschafft eine Identität, die in der zukünftigen Auffassung von Wohnformen als Kombination aus Rückzugs- und Gemeinschaftsorten und als räumliche Relation immaterieller digitaler Bedingungen manifestiert wird. Der Wandel des Privaten, Gemeinschaftlichen und Öffentlichen vermittelt hierbei das Resultat eines zukünftig veränderten Raumverständnisses. Aufgrund ihrer Prägnanz in der heutigen Gesellschaft legt sie Bedingungen fest, die eine differenzierte Betrachtung der Wahrnehmung von städtischem und bewohnbarem Raum fordert. Öffentliche Dualität gilt somit schon heute als wichtiger Faktor eines sich bereits entwickelnden neuen Bewusstseins einer vernetzten Gesellschaft. Der analoge und digitale Raum nimmt Einfluss auf das Verständnis des Wohnens, Arbeitens und öffentlichen Seins. Er schafft somit Verknüpfungen die immateriell den sinnlich erfahrbaren Raum verändern.
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„Eines der grundlegenden Probleme der aktuellen Architektur und Stadtplanung ist die Unklarheit darüber, was heute überhaupt als privat, was als öffentlich bezeichnet werden kann, welche Formen von Zusammensein und Alleinseinwollen existieren - und welche Formen Gebäude und Städte dementsprechend annehmen könnten oder müssten.“5
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Akteure
Die Akteure, einer digitalen Gesellschaft des Teilens und Zurückführens auf das Gemeinschaftliche, sollen als Protagonisten für die Anforderungen an neuen Wohnraum und Wahrnehmung des öffentlichen Raumes gelten. Sie definieren sich nicht als Zielgruppe einer bestimmten architektonischen Typologie, sondern vereinnahmen in Anbetracht des Digitalen das Private und Öffentliche nomadenhaft in räumlich ungebundenen oder temporären Übergängen. Durch das Verständnis des Seins in einer dualen, digitalen sowie analogen Öffentlichkeit bilden sie einen großen Anteil einer zukünftigen Gesellschaft, in der Privates und Öffentliches räumlich neu definiert werden muss. Ihre Adaption des fließenden digitalen Raumes als gleichwertige Betrachtungsebene ist als Bedingung zu verstehen, aus der die hypothetische Form und Struktur des bewohnbaren Raumes resultiert. Im Folgenden werden anhand Referenzprojekten mögliche Haltungen, zur Definition von Wohnraumkonzepten für das breite Spektrum neuer Akteure, die sich in der Inklusion der Gemeinschaft verstehen, einge-
Die Betrachtung bezieht sich auf relevante Forschungsaspekte, basierend auf den genannten Anforderungen der Umstrukturierung des Gemeinschaftlichen und Privaten, sowie der Wechselwirkung räumlicher Hierarchien zum öffentlich Städtebaulichen, im abstrakten Begriff des analogen und digitalen Raumes.
Utopie | Intervention des Wohnens
Die Bedeutung der Utopie als „undurchführbar erscheinender Plan”6 oder „Idee ohne reale Grundlage”7 ist in der Folge des beschriebenen Wandels für zukünftige Wohnformen als eine potentielle Annäherung zu betrachten. Was damals als utopisch galt, birgt heute womöglich durchführbare, realistische Potentiale hinsichtlich neuer Anforderungen an Wohnraum. Anhand des Beispiels der Stop City von Dogma werden ultraverdichtete Wohnstrukturen, innerhalb mehrerer bewohnbarer Scheiben, als Intervention im städtebaulichen Raum als „nicht-figurative Hypothese”8 sichtbar. Im Abstand von drei Kilometern umringen voneinander unabhängige Wohnscheiben als autarke Städte eine freie begrünte Fläche, umgeben von der städtischen Bebauung. Die hohe Verdichtung der Scheiben erfolgt über die vertikale Wiederholung von Basistypen einer jeweiligen Wohnung oder eines Zusammenschlusses aneinandergereihter Habitate und beschreibt dadurch eine offene Grenze, die endlose Erweiterbarkeit der Module einer Stadt und des bewohnbaren Raumes. Dogmas Utopie erreicht durch simple geometrische Operationen eine maximal verdichtete Struktur die als solche utopisch ist, jedoch unter heutiger Betrachtung, hinsichtlich des Zusammenschlusses unterschiedlicher
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II Protagonisten
nommen. Es wird auf potentiell wirksame Strategien der Gegenwart und Vergangenheit verwiesen.
Rythmen der Wohnräume als Basistypen, zu einem großen Ganzen, einen Mehrwert für die Nutzung der Geschosse bildet. Trotz der Wiederholung sind einzelne Wohnelemente entlang der schmalen Form der Scheibe locker angeordnet und bilden Nischen und Rücksprünge, sowie Öffnungen zum Außen. Der gemeinsame Raum der Flurzone wird durch die differenzierte Anordnung der Einheiten in schmale und breite Wege eingeteilt, sodass er organisch, der zufällig wirkenden Anordnung der Räume folgend, als gemeinsamer Raum erscheint, ähnlich wie das Abbild einer gewachsenen Struktur oder eines innerstädtischen Bereiches. Die schmale Form der überhöhten Wohnscheibe wirkt kontrastierend formlos und versinnbildlicht eine Intervention durch die Rahmung der Leere und die Grenze der Urbanisierung innerhalb des städtischen Raumes. Sie ist eine symbolische Kritik und Vision der urbanen Erweiterbarkeit und ihres Endpunktes. Durch die Abwesenheit stringenter Aufreihungen und dadurch resultierenden Platzsituationen innerhalb eines Geschosses, vermittelt die Reproduktion einzelner Einheiten in der Modularität die Diversität einer unabhängigen Stadt.
Das Potential hinsichtlich der Betrachtung einer Umstrukturierung von gängigen Wohnformen und genannten vorherrschenden räumlichen Hierarchien kann am Beispiel der Stop City, trotz ihres utopischen und gesellschaftskritischen Charakters, in Relation gesetzt werden. Die Form der schmalen überhöhten Scheibe schafft, durch differenzierte Platzierungen von Rückzugsorten anhand eines modularen Arrangements, eine multiplikative Zone, in der Wohneinheiten über die Fläche der Scheibe im Ensemble aktiviert werden. Ungeachtet des geometrischen Extrems, in Anbetracht der Verdichtung, wirkt sowohl die vertikale Akkumulation von Räumen als auch die horizontale Ebene als eigenständige Form. Das Zusammenspiel der Wohnungen in unterschiedlichen Größen und Anordnungen resultiert in einer Proportionierung der Transferzonen, die innenräumliche Plätze und halböffentliche Zonen bilden und somit mögliche Bereiche für gemeinschaftliche Nutzungen zulassen. Bereits die Intention der Scheibe als eigenständige Stadt beschreibt die Qualitäten des innerstädtischen Raumes, übertragen auf jedes Geschoss und das System der Raumordnung. Das Wandeln im städtischen Raum wird im Innenraum manifestiert und schafft fließende Übergänge in ausgewogener Verhältnismäßigkeit von privaten Bereichen zu kollektiven Flächen. Es ist vorstellbar, dass trotz der Utopie der maximalen vertikalen Duplizierung, die Komposition von Rückzugsorten auf einer oder mehreren Ebenen, nach Vorbild städtischem Raumes, für die weitere Analyse betrachtet, neue Verknüpfungen von Privatem, Gemeinschaftlichem und Öffentlichem aktivieren kann. Durch ein symbolhaftes Äußeres vermittelt sie die sinnbildliche Forderung nach neuen Wohnstrukturen und einem Umdenken von städtebaulichen Strukturen.
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Metabolismus | Digitaler Raum
Der Metabolismus, der einen Lebenszyklus im Austausch von Material und Energie zwischen Organismus und Außenwelt, ähnlich eines lebenden Wesens auf die Stadt und die Bildung von Räumen überträgt, schafft eine Relation zu der These des analogen und digitalen Raumes. Der Metabolismus sieht vor Strukturen durch Flexibilität und Erweiterbarkeit, wie etwa Module, die ausgetauscht werden können, metaphorisch wie die Blätter eines Baumes als Prinzip für die Konstruktion von Gebäuden und ganzen Städten anzuwenden. Laut der Vorstellung der Metabolisten reichten damalige architektonische Funktion in der Stadt nicht aus, um zukünftigen Gesellschaften und Anforderungen eines kulturellen Wandels gerecht zu werden. Der Mensch soll in einem urbanen Organismus leben, der im konstanten Austausch mit dem städtebaulichen Raum steht und zeitlich bedingte Funktionswandelungen bereits durch Prinzipien der Konstruktion einbezieht. Im Nagakin Capsule Building von Kisho Kurokawa aus dem Jahr 1972 werden die zentralen Prinzipien des Metabolismus versinnbildlicht. Standardisierte vorgefertigte Wohneinheiten in Form von Kapseln werden über den Arbeitsbereich im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss an die beiden Kerne des Gebäudes angehängt, sodass eine flexible Verbindung und Adaption der Raummodule entsteht. Es „[...] ist hier anzumerken, dass das Nagakin Capsule Building nicht als Hauptwohnsitz geplant war, sondern eher als Zweitwohnung in der Stadt.”9 Bis heute wurde davon abgesehen einzelne Kapseln neu anzuordnen, zu erweitern oder auszutauschen, jedoch vermittelt die Möglichkeit der Flexibilität den Kern der architektonischen Haltung: Die Möglichkeit modularer Systeme zu neuen Arrangements und Verknüpfungen von interagierenden Überlagerungen und Anbindungen von Rückzugsorten, sowie die Hypothese dieses Konstruktionsprinzip auf ganze Städte übertragen zu können. Auf minimalem Raum werden somit eine Vielzahl von Wohnräumen geschaffen, die in der Vertikalen verdichtet werden. Die Rückzugsorte sind anhand der metaphorischen Annäherung der Blätter eines Baumes in ihrer Vielzahl als Teil eines gesamten Organismus zu sehen.10
Das Nagakin Capsule Building soll als Referenz einer Architektur dienen, die sich in der Mitte des 20. Jahrhunderts bereits mit ähnlichen Fragen der zukünftig benötigten Wandelbarkeit, Flexibilität und nachhaltiger städtebaulicher Inklusion des gemeinsamen Raumes befasste. Unter Aspekten damaliger Strategien der Erweiterbarkeit von Städten und möglichen Wohnraumlösungen versinnbildlicht Kurokawas Entwurf ein inspirierendes Symbol, das unter heutigen Anforderungen an Wohnraum jedoch zunächst kritisch zu betrachten ist. Die Einschränkung der Wohnraumqualitäten wird durch eine übergeordnete Metapher bedingt. Aufgrund der maximalen Verdichtung wird die Vielzahl der Kapseln zu einem äußeren Ornament, das im Innenraum nur wenige Schnittstellen im Gemeinschaft-
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lichen bildet und die Rückzugsorte auf minimalen Raum reduziert. Trotz der geplanten Möglichkeit von Adaption und Zusammenschlüssen zusammenhängender Module entsteht kaum räumlicher Ausgleich im Inneren, der die Bewohner im gemeinschaftlichen Raum, außerhalb ihrer Kapseln, verbindet. Sie dienen jedoch, im Sinne der architektonischen Haltung, einer möglichen Erweiterbarkeit und Skalierung für die Entwicklung des Organismus. Sie schaffen eine potentiell wirksame Analogie für die Bildung zukünftiger Wohnformen durch die Auffassung eines wechselseitigen Organismus, der wandelbar und im Wachstum erweiterbar auf zukünftige kulturelle Einflüsse reagieren kann. Die abstrakte Hypothese des analogen und digitalen Raumes soll auf einer vergleichbaren Haltung wie der, der Kernaspekte des Metabolismus basieren, in der die Architektur als lebendiger Organismus durch den beidseitigen Einfluss bedingt wird: Der stetige Austausch, die allgegenwärtige Vernetzung und die ortsungebundene Übertragung von Informationen gleicht der Analogie von Energie, die auf die Materie einwirkt und wachsen lässt. Das Digitale, beziehungsweise das durch den digitalen Raum Erlernte des Gemeinschaftlichen und die Orientierung zu einer Gesellschaft des Teilens, kann als vergleichbar formende Energie von architektonischem Raum angenommen werden. Hierdurch ist der Mensch im digitalen und analogen Raum gleichsam mit der Gemeinschaft verbunden. Sie ist als Einflussnahme für die greifbare Dimension der haptischen Materie als Wechselwirkung und Wachstumsförderung zu verstehen, sodass die Form, Struktur und Organisation des Raumes vergleichbar mit der metabolistischen Haltung, anhand des Einflusses analoger und digitaler Gemeinschaft, veranschaulicht wird.
Unbuilt | Inklusion einer Gemeinschaft
Nach Riken Yamamotos theoretischem Projekt der Local Community Area werden die Relationen von Wohnungen und Gemeinschaftsflächen umstrukturiert und in ihrem räumlichen Stellenwert verändert. Die Theorie basiert auf der Annahme, dass das Erwerben von Wohnraum für viele Individuen zu beschwerlich sei und eine solche Form des Wohnens nicht fähig sei, sich an den kulturellen Wandel anpassen zu können. Dementsprechend wird im Konzept ausschließlich zu vermietender Wohnraum vorgesehen, der zugunsten gemeinschaftlicher Flächen in seiner Größe reduziert wird. Anhand des japanischen Systems des traditionellen privaten Hauses ie, dass aus einem mise und nema, des halböffentlichen Bereichs vergleichbar mit einem Laden und dem privaten Raum, ähnlich eines Schlafzimmers besteht, wird die Aufteilung der Wohnungen strukturiert. Es ist es dem Mieter frei gestellt anhand dieser Aufteilung räumliche Reduktionen oder Adaptionen zu tätigen wie zum Beispiel die Möglichkeit ein kleines nema für den Einzelnen oder ein großes für die Unterkunft einer ganzen Familie zu mieten, sowie ein mise für Nutzungen als Laden, Büro oder Atelier
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„Housing for sale is too burdensome for individuals. Such a form of housing is unable to adapt to major social changes. Housing will therefore be for rental. As much space as possible will be given over to common areas, and areas over which individuals have exclusive rights will be made small.�11
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innerhalb der Gemeinschaft zu etablieren. Die Reduktion auf zwei skalierbare Hauptbestandteile des privaten und öffentlichen Moduls, die ein Haus oder eine Verbindung von Wohnungen ausmachen können, schafft eine flexible Organisation von Räumen, die frei auf der gesamten Fläche der Gemeinschaft platzierbar sind. Durch das strukturelle Prinzip skalierbarer räumlicher Typologien, die trotz Reduktionen zugunsten gemeinschaftlichen Raumes zusammengeschaltet werden, entstehen Möglichkeiten von Clustern und inklusiver Interaktion von differenzierten räumlichen Typologien, die dem Einzelnen oder einer Gemeinschaft in unterschiedlichen Lebensphasen entsprechen können. So zum Beispiel eine Familie, die sich räumlich reduzieren muss und somit einen Teil des Privaten zugunsten eines öffentlichen Raumes für den nächsten Mieter abgeben kann, oder sich über weitere zusätzliche nema vergrößert, ermöglicht das System ebenso Verknüpfungen von Wohnungen zu Wohngemeinschaften. Ausgehend von der gemeinschaftlichen Fläche, auf der die Module zu Clustern zusammengefügt werden, ist es denkbar dass Agglomerationen der raumgebenden Strukturen auf mehreren Ebenen platziert werden können. Die Multiplikation der Module ist im theoretischen Konzept nicht an eine einzelne horizontale Erschließung gebunden, sodass Verknüpfungen in der vertikalen Erschließung innerhalb mehrerer Hauptebenen, die wiederum Cluster beinhalten, vorstellbar werden. Die kommunale Ebene wird somit zu einem formgebenden Element in ungebundenen Schnittstellen räumlicher Fügungen.
Das System der Local Community Area bietet Rückzugsorte, die durch Reduktion Raum für das Private bilden und über kommunale Flächen eine Basis frei arrangierbarer Wohn-Agglomerationen ermöglichen. Die Veränderung hinsichtlich der Proportionierung von tatsächlichem Wohnraum, anhand anpassungsfähiger Raumangebote und der Fokussierung gemeinschaftlich nutzbarer Fläche, überträgt die Intention einer zukünftigen interaktiven Architektur der Gemeinschaft. Es ist vorstellbar, dass ein solches System als nachhaltiges Konzept hinsichtlich des kulturellen Wandels einer digitalisierten Gesellschaft des Teilens angesehen werden kann. Unter Betrachtung der Hypothese dualer Öffentlichkeit im analogen und digitalen Raum als Einflussnahme einer Energie, die einen architektonischen Entwurf formt und bedingt, bildet Yamamotos Theorie eine vergleichbare Variante zur Allegorie der metabolistischen Haltung. Bereits im Konzept werden unterschiedliche menschliche Gruppierungen und ihre Anforderungen an gemeinschaftlichen Wohnraum zu einer formenden Bedingung des Raumes mit Aussicht auf Erweiterbarkeit. Die Veränderung räumlicher Stellenwerte resultiert in einem autonomen minimalen Bereich für die persönliche Entfaltung und aktiviert halböffentliche und öffentliche Flächen für die Bildung einer Gemeinschaft als Basis einer vernetzten Gesellschaft.
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Allegorie des öffentlichen Zwischenraumes
Die Hypothese der zunehmenden Vernetzung des Menschens stellt die Auffassung von privaten und öffentlichen Räumen in Frage. Das Umdenken einer architektonischen Typologie birgt, wie im Beispiel der Local Community Area, große Potentiale hinsichtlich der nötigen Umschreibung neuer Wohnräume und der Erweiterbarkeit für städtische Strukturen. Besonders, weil hierdurch der öffentliche Raum als gemeinschaftlich nutzbarer Raum zum Ausgangspunkt für punktuelle Rückzugsorte erklärt wird. Der Einfluss der dualen Öffentlichkeit, also stetiger Interaktion im Analogen und Digitalen, die als metaphorische Basis für die Manifestation neuer räumlicher Typologien gelten soll, ist jedoch eine nicht erfassbare Größe; sie ist eine kulturelle unsichtbare Bedingung, die eine zukünftige Auffassung von Wohnraum formt. Die Schwelle des Öffentlichen zum Halböffentlichen und Privaten erfährt hinsichtlich der Forschung, in dem vom Menschen inkludierten digitalen Raum, eine Veränderung traditioneller Abgrenzungen. Im House N von Sou Fujimoto aus dem Jahr 2008 wird die Auflösung solcher Grenzen als Dialog des Öffentlichen und Privaten in einem reduzierten Maßstab, ähnlich einer architecture parlante, sichtbar. Sie dient als Referenz einer versinnbildlichten Interaktion von Innen- und Außenraum. Der Entwurf zeigt eine Möglichkeit, wie Schwellen in der Struktur privaten Raumes in öffentlichen und gemeinschaftlichen Bezügen erreicht werden können. Die Abfolge von Außen nach Innen schafft eine Verdichtung durch die abnehmende Durchlässigkeit der geometrischen Körper. Es steht „[...] in einer Tradition von Rauminversionen, in denen Räume als reine Innenräume scheitern und durch eine flexible Denkbewegung in erfolgreiche Außenräume umgewandelt wird.”12 Die ineinandergeschachtelten Gebäudehüllen schaffen schwache Grenzen, die durch ihre Öffnungen die Abfolge zunehmender Privatheit bestimmen. Die äußere Schicht, mit unverglasten Fensteröffnungen in der Horizontalen der Außenwände und in der Vertikalen des Daches, stellt den öffentlichen Raum und die erste Zone des halböffentlichen Innenraumes, der eine innenliegende Terrasse mit Baumbepflanzungen umhüllt, in einen Dialog. Sie schaffen eine latente Abtrennung zum städtischen Raum, die in traditioneller Abfolge bereits durch die Außenwand eines Gebäudes meist strikt segregiert wird und schafft Blickbezüge zu tieferen Ebenen der Verschachtelungen. Die private Zone des Schlafraumes, sowie des Wohn- und Arbeitsbereiches der nächsten beiden Schachteln, werden durch Schiebetüren vom halböffentlichen und öffentlichen Raum getrennt, lassen jedoch bei geöffneter Position den Austausch zum Außenbereich der Terrasse und somit auch zum Öffentlichen der städtischen Umgebung zu. Die privateste Zone des Badezimmers und des Kochbereiches werden hinter den inneren Schachteln an einer fensterlosen Außenwand angeordnet und somit vom Öffentlichen klar getrennt.
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Die beidseitige Resonanz der Innen- und Außenraumbezüge verdeutlicht Fujimotos Haltung zu neuen Wohnformen, in der ein städtebaulicher Raum keiner drastischen Trennung zum Innenraum bedarf, sondern eine Adaption zur Qualität öffentlicher Bezüge schafft. Der Rückzugsort wird über die schwachen Grenzen einzelner geometrischer Schwellen in einer Abfolge beschrieben, die optional vom Bewohner abgeschottet oder geöffnet werden können. Seine „[...] Häuser sind bis zur Formlosigkeit flexibel, eher Rahmen, die auf Bespielung warten, als Gemälde. Sie erinnern an die Fähigkeiten eines Schwammes, Umwelt aufzusaugen, sich zu verdichten, flexibel auf Veränderungen von Außen einzugehen, offen zu sein; ihre Stärke liegt in der schwachen Form.”13
Das House N schafft eine Allegorie zur These dualer Öffentlichkeit im öffentlichen und privaten Raum, die in Anbetracht wandelnder Anforderungen in Symbiose verstanden werden sollen. Vergleicht man die proportionale Zuweisung der Zonen mit konventionellen Einfamilienhäusern oder ähnlich traditionellen Wohnraumtypologien, wird der halböffentlichen Zone, hier als Terrasse mit Begrünung, ein großer Anteil der zu bebaubaren Fläche zugewiesen. Sie schafft gleichermaßen Synergien mit dem Bezug zum Außen- und Innenraum und vermittelt somit einen fließenden Übergang des Öffentlichen als Zwischenraum. Die sanften Schwellen der nahezu formlosen Verschachtelungen in der Tiefe des Wohnraumes versinnbildlichen die metaphorische Wandlung einer möglichen Variante, die labyrinthisch erschlossen wird; eine interagierende Zwischenzone, in der die Qualitäten des Öffentlichen in das reduzierte private Habitat übertragen werden. Der fließende Übergang in der Erschließung vermittelt eine Rastlosigkeit, die erst im Moment des Rückzugs zu einem Ort des Verweilens verdichtet wird und die halböffentliche Zone als adaptiven Wohnraum aktiviert. Es beschreibt die Möglichkeit, entgegen gängiger Wohnraumtypologien, die sich weitestgehend vom Öffentlichen abschotten, das Einfangen des städtischen Raumes für ein wandelndes Verständnis tatsächlich benötigter Größen von privaten Zonen einzubeziehen. Es ist vorstellbar, dass auf Grundlage von Fujimotos Entwurf, die schwellenartig transparente Interaktion des öffentlichen Raumes und privater Zonen, eine Aussicht auf die Möglichkeiten gemeinschaftlich nutzbarer und interaktiver Architektur in der weiteren Forschung schafft. Es ist denkbar, dass der öffentliche Zwischenraum im Bereich des Gartens, als Inversion des privaten Bereiches, Schnittstellen in Agglomerationen mehrerer Wohneinheiten nach dem Prinzip sanfter Schwellenräume schaffen kann: Die Umstrukturierung räumlicher Hierarchien, ausgehend vom privaten Schutzraum, wird verändert und neu geordnet. Die partielle Inversion fördert somit die Bildung gemeinschaftlich nutzbarer Räume und öffentlich ausgerichteter Zonen, die in der Tiefenerschließung über sanfte Schwellen und optionale Öffnungsmöglichkeiten den Erhalt des privaten Refugiums schaffen.
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Autonomer Wohnraum | Kontra Heteronomie
Es bleibt offen, welchen zukünftigen Stellenwert und welche Möglichkeiten der Einflussnahme die angestrebte Umformulierung von Wohnraum einer gemeinschaftlich ausgelegten Form der Architektur aus der Sicht der Wohnenden bereithält. Was kann gemeinschaftliche Architektur, unabhängig von strukturellen räumlichen Veränderungen, für Bewohner bieten und welchen Einfluss haben sie in der Bildung einer solchen Wohnform? Die Unabhängigkeit von heteronomen Systemen, die sich als Erzeugung von nachhaltigen und gemeinschaftlichen Wohnraum in kommunaler Verwaltung abbilden, verzeichnen einen zunehmenden Stellenwert. Entgegen einschränkender Maßnahmen, wie die räumliche Verdrängung durch jährliche Mieterhöhungen infolge von Gentrifizierungen, Verlust von öffentlich nutzbarem Raum, sowie primär auf Wertsteigerung ausgerichtete Architektur, bildet sich eine Vernetzung gemeinschaftlicher Verwaltungen und Genossenschaften. Die Inklusion der Genossenschaftsorganisation, Planer und zukünftigen Mieter interagieren als Gruppierung, in der bereits in der Planung des Gebäudes Einflussfaktoren der Mietverhältnisse, Selbstverwaltung durch die ansässige Genossenschaft und Monetarisierung des Projekts zugunsten einer autonomen und somit weitestgehend unabhängigen Verwaltungsgemeinschaft entsteht. Die gemeinsame Interaktion und Planungsfähigkeit kontrastiert die genannten negativen Faktoren der Wohnungsmarktentwicklung, ausgehend von zukünftigen Ansprüchen an nachhaltigen Wohnraum. Der Aspekt gemeinschaftlicher Zielsetzungen kann als Resultat einer soziokulturellen Entwicklung, innerhalb der zunehmend digitalisierten Gesellschaft und einer Rückbesinnung auf das Ausschöpfen interdisziplinärer Möglichkeiten, wahrgenommen werden.
In der Ausstellung Wohnungsfrage im Haus der Kulturen der Welt in Berlin standen Aspekte der Beschaffung bezahlbaren Wohnraumes bei gleichzeitiger Selbstbestimmung zur Debatte, sowie die Frage nach vergangenen Wohnformen in Verbindung mit den Ansprüchen neuer Klientelen. Dogmas und Realism Working Groups Beitrag der Communal Villa: Production and Reproduction in Artist's Housing befasste sich mit einem Konzept autonomen und gemeinschaftsinkludierenden Wohnraumes, innerhalb einer auf das Wesentliche reduzierten und kostengünstigen architektonischen Form. Anhand eines vorproduzierbaren Raummoduls der „inhabitable wall”14 dient der autarke Körper des Gebäudes lediglich als rohe Form und wird als raumgebendes Element für die bewohnbaren Wände strukturiert. Die Profession des Künstlers wird für die Herleitung und Entwicklung des Moduls als minimaler Ausgangspunkt des Einzelnen betrachtet und als Beispiel für die gängige Trennung von Wohnraum und Atelier, also Rückzugsort und Arbeitsraum, angeführt. Die Verbindung der reduzierten Wohnfläche und Zone für die künstlerischen Tätigkeiten werden in dem Modul kombiniert
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„Under this principle, syndicate groups are today formulating new construction tasks and typologies - not as a modernist project of societal reform, but within a process of collective negotiation. [...] the syndicate initiatives are not only oriented toward optimizing individual living requirements, but also toward framing a civic context.�15
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und als Raumtrennung, sowie verbindendes Element in der Platzierung innerhalb des Baukörpers eingesetzt. Ausgehend vom Individuum werden somit Möglichkeiten interaktiver Verknüpfungen der bewohnbaren Wände aufgezeigt und in diversen Varianten raumgebender Strukturen, für eine große Anzahl weiterer Akteure, zusammengefügt. Die Möglichkeit vorgefertiger bewohnbarer Elemente, denen im Einzelnen jeweils eine private Fläche im abgetrennten Bereich der Module zugeordnet wird, können durch unterschiedliche Positionierungen Freiräume im Baukörper schaffen und gleichzeitig private Abschottung gewährleisten. Sie teilen den Schutzraum von den gemeinschaftlich nutzbaren Zonen und bedingen Abgrenzungen sowie Dimensionierungen innerhalb der Struktur. Die reduzierte fast rohe Architektur des Baukörpers tritt in den Hintergrund und wird durch die bewohnbaren Wände räumlich aktiviert. Wie in der Local Community Area dienen die Geschossflächen des Baukörpers nicht als raumbedingendes Element, sondern als Bühne für modulare Verbindungen reduzierter Rückzugsorte und verdichtender Strukturen die Wohnen und Arbeiten verknüpfen. Sie weisen eine hohe Flexibilität zugunsten der erwünschten Flächen für gemeinsame Tätigkeiten, sowie Zonen der Kommunikation auf. Das Konzept der Communal Villa schafft einen zukunftsweisenden Umgang in der Verbindung reproduzierbarer Wohnräume und der Intention einer nachhaltigen Verknüpfung gemeinschaftlich aktivierter Architektur als zukunftsweisende Variante in der Wohnen, Arbeiten und zwischenmenschlicher Kontakt als Anforderungen neuer Wohnformen zusammengefasst wird.
Dogmas und Realism Working Groups Konzept veranschaulicht den Stellenwert und die Förderung gemeinschaftlichen Verständnisses: Die Bildung von Genossenschaften schafft eine Parallele zur Betrachtung des Phänomens neu angeeigneter Öffentlichkeit und Privatheit des Wohnraumes in der Auffassung des Gemeinschaftlichen als formgebendes Element der Architektur. Er wird in der Verbindung diverser Akteure als Genossenschaft autonom materialisiert und unterliegt der Selbstbestimmung durch die Bewohner. Der zunehmende Stellenwert selbstverwalteten Wohnraumes kann übergeordnet als Ergebnis einer Gesellschaft des Teilens betrachtet werden. Unter Anbetracht potentieller Entwicklungen für die Herleitung des analogen und digitalen Raumes ist diese Strömung als Produkt einer digitalisierten Gesellschaft zu verstehen, in der das interaktive Bewusstsein und die gemeinsame Bewältigung von Problemstellungen erreicht werden kann. Sie kann als nachhaltige Variante der Implementierung von zukünftigen Wohnformen verstanden werden, die unabhängig von Interessen Dritter, den Bedarf an städtebaulicher Verdichtung und steigender Urbanisierung im Verständnis einer dual-öffentlich kommunizierenden Gemeinschaft thematisiert.
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Typ 1 Agglomeration
Wir sind ungebunden, frei auf der Fläche des unendlichen digitalen Raumes. Unsere Grenze ist die manifestierte Materie, und unsere Bühne der Zwischenraum. Der Raum der digitalen Kommunikation wird als horizontale endlose Fläche, ähnlich einer nie endenden Strecke, objekthaft als Symbol, angenommen. Frei von Materie stellt sie aus der Position ortsungebundener kollaborativer Zonen im digitalen Raum Schnittstellen und die Möglichkeit grenzenloser Interaktion dar. Ausgehend vom Immateriellen, werden der Fläche Ballungen als Schnittstellen zwischenmenschlicher Interaktion zugrunde gelegt, die als Ausgangspunkt räumlicher Strukturen verstanden werden können. Sie sollen als Sinnbild für Knotenpunkte des Kollektivs in Abängigkeit des digitalen Raumes gelten. Die Fläche wird durch sie gefasst und verdichtet. Ausgehend vom Objekt des endlosen Immateriellen wird sie durch die Materie der punktuellen Ansammlung interveniert und versinnbildlicht den haptisch wahrnehmbaren Raum und seine Zwischenzonen. Er schafft metaphorisch Grenzen die im Kosmos
Raum schafft. Ausgehend von der endlosen Fläche werden die Strukturen als Agglomeration von Räumen vereint und sequentieren sie als Abfolge von privaten Orten, die in ihren Zwischenräumen Zonen der Interaktion als Rückkopplung der Fläche des digitalen Raumes generieren. Dem endlosen Raum werden somit analoge Schnittstellen zugrunde gelegt. Sie dienen als hypothetisches Konstrukt der Relation bewohnbaren Raumes in der Präsenz des Digitalen als Fassung und Intervention des unendlichen Raumes.
Die Ansammlungen bestehen aus drei Modulen die anhand ihrer Proportionen hypothetische Wohnraumgrößen als reduzierte Elemente darstellen. Sie werden in der vertikalen Entwicklung über mehrere Ebenen miteinander verknüpft und über die horizontale Sequenz der Strecke in Beziehung gesetzt. Die punktuellen Interventionen schaffen durch die Verschiebung der Module innerhalb einzelner Ballungen Zwischenzonen. Sie setzen zum einen die gemeinschaftliche Zone der Fläche zwischen den Agglomerationen als auch die Module innerhalb der Ballungen in eine Beziehung des privaten Raumes und der kollektiven Fläche. Die Fläche des digitalen Raumes als endlose Strecke wird durch die Manifestation der Materie interveniert. Sie schafft eine Zone des Dazwischens, die eine Vielfalt unterschiedlicher Wohnräume über die Beziehung des gemeinschaftlichen Raumes als Schnittstellen digitaler Kommunikation metaphorisch darstellt.
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III Prototypen
digitaler Schnittstellen eine Dimension des menschlichen Habitats als Rückzugsort aus dem digitalen
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Typ 2 Scheiben
Die Interaktion mit dem digitalen Raum verändert die Wahrnehmung des Öffentlichen und Privaten. Grenzen werden zunehmend aufgelöst und über eine interaktionsfähige Metaebene des Digitalen verändert. Die Abschottung des Privaten aus dem öffentlichen Außenraum werden anhand eines Moduls, dessen Masse eine hypothetische Anzahl von Wohneinheiten beinhalten kann, durch die Dekonstruktion der Geschossigkeit als Trennung aufgelöst und neu interpretiert. Über die Zerteilung, Umstrukturierung und differenzierte Anordnung der Horizontalen sowie über die Subtraktion aller vertikalen Begrenzungen werden Öffnungen und Sichtbezüge zum Außenraum gegeben. Das Öffentliche erhält Einzug in die Ebenen und Zwischenräume des privaten Raumes, der über die Verdichtung der Scheiben im Kern des Moduls als Rückzugsort gebildet wird. Der stetige Außenbezug wird somit über Nischen und Lufträume in der multiplikativen Zone der Ebenen erreicht. Durch höher und tiefer platzierte Scheiben wird zudem eine interaktive Zone der Räume ohne materielle Grenzen, wie etwa Wände oder Türen, ermöglicht.
Sie vermitteln eine Ausrichtung des privaten Rückzugsortes, der in stetigem Austausch mit dem öffentlichen Raum steht und somit den Kern veränderlicher Bedingungen von analogem und digitalem Raum als Potential zukünftiger Wohnformen aufzeigt: Die Reduktion des privaten Habitats durch die Auslagerung und Vervielfältigung interagierender Flächen für gemeinschaftliche Nutzungen und öffentliche Bezüge. Letztere können zur Verdichtung der Scheiben im Inneren in den äußeren Bereich angeordnet werden und erschaffen eine Zone der Kommunikation zwischen den ehemals getrennten Wohnraum Modulen und den öffentlichen Bezügen zum Außenraum. Die Umstrukturierung von räumlichen Stellenwerten und Ausrichtung privater, gemeinschaftlicher und öffentlicher Zonen, in der Vielzahl der Scheiben, schafft eine Form der Auflösung analoger Grenzen und verbindet die Menschen in einem räumlichen Kern der Wechselwirkungen. Sie vermittelt metaphorisch die fließende Interaktion mit dem digitalen Raum, der in Anbetracht der Veränderung gemeinschaftlichen Bewusstseins eine Verbindung des privaten Rückzugsortes und dem öffentlichen Raum bildet.
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Typ 3 Inversion
Die schwache Schwelle ist Grenze und Bedingung für die Reduktion des privaten Raumes als Ausgangspunkt für das Gemeinsame. Die Inversion des privaten Raumes soll als Hauptakteur gelten und auf die räumlichen Relationen von Modulen und ihren Zwischenzonen als gemeinschaftlich nutzbaren Raum verweisen. In Anbetracht der Entwicklung aus den vorhergehenden Prototypen soll die Reduktion privater Räume aus der Herleitung digitalen Zwischenraumes als Zone der Interaktion und der inneren Wechselwirkung durch Verschiebung der Geschossigkeit bedingt werden. Die angenommene Masse eines Kubus wird anhand des Prinzips der proportionalen Zurückstellung der privaten Fläche über horizontale Einschnitte in einen Riegel, über zwei Geschosse und einem zusätzlichen Geschoss über den Wohnbereichen, als nutzbare Außenzone eingeteilt. Ein weiterer Einschnitt in der Vertikalen öffnet einen zweigeteilten Bereich vor dem Riegel der durch einen Vorhang abgetrennt werden kann. Die Aufteilung ermöglicht eine Verbindung zu weiteren Modulen als gemeinschaftlich nutzbare Fläche, die wiederum eine semipermeable Schwelle durch die Flexibilität des Vorhangs bilden. Der private Bereich wird im hinteren Bereich der Masse angeordnet und im ersten Obergeschoss durch transparente Elemente in Sichtbeziehung zu weiteren Modulen auf einer höher gelegenen Ebene gesetzt. Durch die Multiplikation der Massen innerhalb der Grenzen eines Rechtecks entsteht ein verbindender offener Raum zwischen gegenüberliegenden Modulen und eine trennende Zwischenzone in der seitlichen Dopplung, die durch die punktuelle Reduktion des tatsächlich privaten Raumes entsteht. Er bietet die Möglichkeit einer Verbindung zweier Module oder einer kleinteiligen Trennung einzelner Wohnräume, die jedoch über den offenen Kern und die Position der Vorhänge in Beziehung treten. Das Ensemble der Module und der dazwischenliegenden Gemeinschaftsfläche als warmer Raum werden über einen kalten Raum als verbindenden Außenbereich zwischen Fassade und kollektiven Wohnbereich erweitert. Ausgehend vom gemeinschaftlichen Bereich befindet sich im zweiten Obergeschoss eine Arbeitszone, die den Bewohnern der Module gewidmet wird und die digitale Verknüpfung des Wohnraumes objekthaft transportiert. Auf selbiger Ebene wird der Bereich durch Dachgärten der Wohnräume gefasst und lässt Sichtbeziehungen zwischen den privaten Außenbereichen und der kollektiven Arbeitszone zu. Sie verbindet außerdem über Bodenverglasungen den darunterliegenden gemeinsamen Wohnraum. Der private Raum wird invertiert sowie innerhalb einer gemeinschaftlich nutzbaren Zone verschachtelt und über zusätzliche Ebenen in der vertikalen Erschließung gebildet. Die daraus resultierende Zone des Gemeinschaftlichen, als flexibel zuschaltbarer Wohnraum, transportiert die Veränderung räumlicher Stellenwerte in Anbetracht der Forderung nach interaktiven und inkludierenden Wohnformen und in der Beziehung privater und gemeinschaftlicher Raumwahrnehmung.
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Brache
In Anbetracht der vorangegangenen Erkenntnisse soll die hypothetische Manifestation der dualen Öffentlichkeit eine Intervention im städtischen Raum verdeutlichen. Vor allem Brachen, Restflächen und Orte, die vergessen zu sein scheinen, bieten sich für das übergeordnete Sinnbild des Metadigitalen Wohnens, als gemeinschaftlich inkludierte Architektur, an. Dies ist auch der Fall, wenn sie aufgrund ihrer starken kulturellen Verknüpfung als gemeinsamer Raum im Stadtbild wahrgenommen werden. Sie wird befähigt, ähnlich einer Intervention, das Symbol der Veränderung räumlicher Hierarchien zu transportieren. Die Leere der Brache soll als symbolische Bühne für die mögliche Veränderung bewohnbaren Raumes werden. Entgegen gängiger Planungsstrategien, die eine maximale Bebauung der Fläche vorsehen, soll lediglich minimaler Raum bei gleichzeitiger Verdichtung von Wohneinheiten unter Einbezug der Prototypen geschaffen werden. Sie symbolisiert somit die genannte Reduktion privaten Raumes und verweist auf die daraus resultierende Anpassungsfähigkeit einer wandelbaren architektonischen Form. Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg an der Grenze zu Luisenstadt, dem alten Kern des Bezirks, öffnet sich dem Betrachter eine weiträumige offene Fläche
wandten Brandwänden umfasst. Die Wände bilden eine Schneise mit Blick auf die Spree und den gegenüberliegenden Bereich der relativ neuen Bebauung des Mediaspree Vorhabens. Die Cuvry Brache, deren Name aus der seitlichen Stichstraße des Platzes folgt bildet einen Ort der Kontraste. Die mit Graffiti bemalten Wände verweisen auf die Historie des Bezirks und werden von den Anwohnern als kultureller Bezug angesehen. Der Street Art Künstler Blu verewigte sich hier im Jahr 2007 an der ersten und 2008 in Zusammenarbeit mit dem französichen Künstler JR an der zweiten Brandwand in Folge des Planet Prozess! - zwischen Raum und Kunst, einem Street Art Ausstellungsprojekts des Berliner Kunstvereins Artitude. Eines der Bilder zeigt zwei Figuren. Eine von Ihnen steht auf dem Kopf. Sie ziehen sich mit ausgestreckten Händen gegenseitig Masken von den Köpfen. Der Künstler thematisierte mit dem Gemälde die deutsche Teilung und Auflösung der Berliner Mauer, die unweit entfernt am Spreeufer verlief. Das zweite Bild zeigt einen Torso der seine Krawatte richtet. Seine Hände scheinen mit einer Kette an zwei goldenen Uhren gefesselt zu sein. Mittlerweile sind die Bilder als Symbol gegen die Berliner Stadtentwicklung und den Umgang mit der Kunst im Einverständnis des Künstlers geschwärzt worden.16 Bereits wenige Jahre zuvor geriet die freie Fläche aufgrund des Widerstands gegen das Entwicklungsprojekts Mediaspree in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Im Zeitraum von 2012 bis 2014 wurde die Brache zu Berlins erster Favela, einem Ort an dem in autonomer Eigenregie gesellschaftliche Aussteiger, Flüchtlinge und Wanderarbeiter eine Hüttenstadt errichteten. Diese wurde jedoch nach dem Brand einiger Hütten geräumt.
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IV Ort
an der Schlesischen Straße inmitten des Kulturviertels. Der Platz wird an einer Seite von drei zuge-
Die Brache bildet entlang der Spree einen zentralen Punkt an dem verschiedene städtebauliche Strukturen und bautypologische Formen aufeinander treffen. Die verdichtete Struktur der Blockrandbebauung im Bezirk Kreuzberg wird durch den leeren Raum der Brache aufgebrochen und setzt Blickbezüge zu den großteiligen Strukturen der Neubauten am Spreeufer Friedrichhains. Die Leere der Cuvry Brache zeigt durch ihre Geschichte sowie durch die rohe Anmut einen starken Kontrast zum Erscheinungsbild der gegenüberliegenden Wasserkante. Entlang der Schlesischen Straße im Übergang zur Puschkinallee wirkt die Brache wie eine punktuelle Auflösung der kleinteiligen Körnung in der Abfolge der Blockrandbebauungen. Sie vermittelt zwischen der Begrünung des Görlitzer Parks im Bezirk Alt-Treptow, der industriellen Fläche am Flutgraben, sowie des Kulturbereiches um die Arena Berlin. Im weiteren Verlauf in südöstlicher Richtung löst sich die Körnung der Wohnbebauungen in großformatige Körper und in im Grünen gelegene Ein- und Mehrfamilienhäuser auf.
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Friedrichshain
Kreuzberg
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Cuvry Brache Ein- und Mehrfamilienhäuser Grobe Körnung Arena Berlin
Friedrichshain
Industriell genutzte Flächen
Grobe Körnung
Neubauten
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Mediaspree Vorhaben Görlitzer Park Kreuzberg
Schlesischer Busch
Blockrandbebauung Kleinteilige Körnung
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Konzept
Das Konzept des Entwurfs basiert auf der Verbindung der abstrahierten Charakteristiken der aufgezeigten Prototypen. In den Fokus rückt vor allem die Annahme des Typ 1 Agglomeration. Hier wird der digitale Raum auf eine Strecke ausgeweitet. Wichtig hierbei ist es zu berücksichtigen, dass Wohneinheiten in Clustern zugeschaltet werden können. Im Umkehrschluss können auch private Räume durch Abschottungen entstehen. Diese in der Länge des Gebäudes aufeinanderfolgenden Wohneinheiten, werden durch die auskragenden gemeinschaftlichen Räume geöffnet. Es kommt zu einem Aufeinandertreffen von privatem und öffentlichem Raum. Die allgemein zugänglichen Räume können sich in ihren unterschiedlichen Arten über mehrere Geschosse erstrecken und somit Verbindungen in der äußeren Betrachtung und der inneren Ordnung des Gebäudes schaffen. Darüber hinaus wird das Raumprogramm des erläuterten Typ 3 Inversion herangezogen. Dieses zeichnet sich besonders durch seine charakteristische Verbindung von Privat- und Arbeitsräumen aus. Denn dort sind die Übergänge durch schwache Schwellen gekennzeichnet, die ein Verknüpfen von Arbeits- und
schaftlichen und öffentlichen Räumen geschaffen. Gleichzeitig werden Refugien erhalten, die dazu fähig sind optional eine Verbindung mit anderen Räumen einzugehen. Der Entwurf fügt sich als schmale Scheibe in die Fläche der Brache ein. Entlang der kulturbehafteten Brandwände der alten Eisfabrik werden Blickbeziehungen durch Aussparungen zu den bemalten Flächen in der Fuge hinter der Wohnscheibe geschaffen. Die Enden nehmen jeweils die Kante im Verlauf der Blockrandbebauung an der Schlesischen Straße und der projizierten Wasserkante an der Spree auf. Aus südöstlicher Richtung der Schlesischen Straße verschwindet der Körper somit beinahe und öffnet sich ausschließlich zum freien Raum der Brache. Die Hierarchie des Raumprogramms basiert auf der Schichtung schwacher Grenzen, die sich zum Platz hin lediglich transluzent dem Betrachter öffnet und die Struktur des Körpers freigibt. Das nahezu Unentworfene fast vorhanghafte der Scheibe tritt in den Hintergrund und widmet seine Form eigens der inneren Ordnung. Die Aussparungen des Körpers werden zudem in der Fuge zwischen den Brandwänden und dem Körper zu Auskragungen ausgebildet. Sie werden seitlich zum Platz geöffnet und berühren den Bestand der drei Brandwände in der Abfolge auf unterschiedlichen Ebenen. Der Körper legt den Bestand ähnlich eines Passepartouts in Ausschnitten frei und öffnet die Zonen der zweigeschossigen Gemeinschaftsräume innerhalb der auskragenden Elemente. Die Umfassung der kollektiven Fläche wird somit dem Platz offengelegt und schafft eine Verbindung zum kulturellen Bestand und der Intention einer der Gemeinschaft gewidmeten architektonischen Form. Die Reduktion der Form verweist zudem auf mögliche weiterführende Beplanung der übrigen Fläche der Brache anhand konservativerer Bebau-
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V Entwurf
Wohngemeinschaften ermöglichen. In der räumlichen Struktur wird die Dualität zwischen gemein-
ungsmöglichkeiten. Beispielsweise eine Fassung des Platzes mit Blockrandbebauungen für weitere Wohnräume oder kommerziell nutzbare Flächen. Die innere Struktur des Körpers vereint in der Abfolge des Hinuntergehens an der Straßenseite und der Wasserkante eine öffentliche Workshop Ebene. Diese öffnet sich auf halber Raumhöhe dem Platz, setzt den transluzenten Körper der darüberliegenden Flächen der Wohneinheiten und Aussparungen der Gemeinschaftsräume ab. Entlang des schmalen, tief gelegenen Flures entlang der transparent verglasten Workshops wird die transluzente Wohnscheibe an der hinteren Grenze durch einen opaken Körper, auf den Wohnebenen von der Scheibe durch einen Luftraum getrennt, in Richtung der Wasserkante gefasst. Er beinhaltet eine über mehrere Ebene geschichtete Ausstellungsfläche, die dem Klientel einer kreativen Gesellschaft in der Verknüpfung von Arbeits- und Wohnräumen gewidmet wird und somit eine öffentliche Attraktorfunktion schaffen kann. Über die tiefer gelegene Eingangsebene ist die Wohnscheibe über Treppen und Aufzüge innerhalb der Workshop Ebene über zwei Kerne zu erschließen, sowie über eine vorgelagerte Treppe die sich straßenseitig dem Besucher öffnet. Sie führt am hinterlüfteten transluzenten Vorhang entlang bis auf das Dachgeschoss. Der Weg über den Treppenraum wird als öffentliche Zwischenebene inszeniert, die den Platz tranzluzent im Inneren hindurchscheinen lässt. Sie schafft einen halböffentlichen Bezug zu den auskragenden Gemeinschaftsflächen mit Beziehung zu den Brandwänden, den vorgelagerten privaten Arbeitsbereichen, der Wohnräume und den gemeinschaftlich nutzbaren Ateliers. Sie mündet im Dachgeschoss auf eine offene Zone am Ende des Körpers in Richtung Spree. An diesem Punkt verbindet sie die Wegführung des Ausstellungskörpers und der Wohnräume in einer geöffneten Plattform mit Sichtbezug zu dem städtischen Raum von Berlin Mitte und Friedrichshain.
Auf der ersten Ebene über den Workshops wird die innere Struktur wiederum zunächst der Öffentlichkeit gewidmet. Über zwei Ebenen können Gastronomieflächen und Seminarräume angeboten werden, die eine Pufferzone zwischen der folgenden Wohnstruktur und dem Straßenraum schaffen. Die erste großformatige Öffnung, in Richtung der straßenseitig gelegenen Brandwand, öffnet einen kalten Raum, in dem eine grüne Urban Gardening Zone enstehen kann. Im weiteren Verlauf des Hinaufsteigens öffnen sich die nächsten Ausschnitte der Wohnscheibe zu einer weiteren Workshopfläche und einem Veranstaltungsraum. Im Gegensatz zu dem ersten Ausschnitt sind letztere als warme Räume ausgebildet und schaffen über klare Verglasungen Sichtbezüge zu den Brandwänden. Die Wohnräume werden seitlich entlang der vorgelagerten kalten Zone laubengangartig über Schiebetüren erschlossen. Sie sind in drei Typen eingeteilt, die ausgehend vom einzelnen Element für einen Bewohner eine Arbeitszone schaffen. Diese Zone ist dem Platz zugewandt, klar verglast und ansonsten opak umfasst von der reduzierten Wohnraumfläche getrennt. Der opake Wohnraum ist
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Zwischenzone mit Öffnung zu Brandwänden
Gemeinschaftsraum der Wohnelemente
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Auskragender Gemeinschaftsraum Zweigeschossig mit Bestand verbunden
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Atelierflächen Zweigeschossig
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ebenso wie die trennende Schicht der Arbeitszone über Schiebeelemente begehbar und ermöglicht somit bei offener Türposition einen fließenden Raum vom Laubengang über die Arbeitszone hin zu den privaten Bereichen. Das Element kann erweitert werden, auf eine mittlere Größe für zwei Personen bis zu einer Variante für drei Personen. Die Größe der Arbeitsflächen folgen jeweils der Ausdehnung des unterschiedlichen Elements. Die Trennung der einzelnen Wohnelemente wird durch einen versteckten Flur im hinteren Bereich der Elemente aufgelöst. Es wird ein intimer Zwischenraum geschaffen, der zur Brandwand hin klar verglast ist und einen direkten Bezug zur Fuge zwischen Objekt und Brandwand aufnimmt. Der von den Fassaden gelöste opake Wohnraum kann über diese Zone des versteckten Flures als warme Zone über Schiebeelemente in der bestandsseitigen Fassade belüftet werden. Des Weiteren ermöglicht er die Verbindung von kleineren Gemeinschaftsräumen, die als seitlicher Abschluss oder Zwischenzone in den so entstehenden Raumgemeinschaften angeordnet werden können. Sie sind lediglich über die versteckte Flurzone erreichbar und schaffen somit eine private Fläche für die Wohngruppierungen. Der versteckte Flur kann zusätzlich über die Rückseite der Kerne hinaus weitere Räume, wie etwa gemeinschaftliche Ateliers oder weitere Wohngruppierungen, zuschalten und transportiert damit die Intention einer Verbindung von reduzierten Wohnräumen, die entlang gemeinschaftlich nutzbarer Zonen verbunden werden. Die Ausschnitte der zweigeschossigen Gemeinschaftsräume jedoch bilden einen Abschluss der Zuschaltbarkeit und trennen somit die Wohn- und Arbeitsgruppierungen im seitlichen Ablauf der Scheibe. Sie bekräftigen den Nutzen des Laubengangs, der nicht nur als Transferzone, sondern als nutzbare Terrasse hinter dem transzluzenten Vorhang die Wegführung zu den Ausschnitten der Wohnscheibe bereitet.
Die Trennung der Wohn- und Arbeitszonen transportiert die Hypothese der dualen Öffentlichkeit. Über die Schwelle des Zwischenraumes der platzseitigen Fassade entsteht eine Zone des Übergangs mit Widmung zu den öffentlichen Bezügen der Brache und des Bezirks. Getrennt durch die Wohngruppierungen als opakes Element und der vorgeschalteten transparenten Arbeitsbereiche, wird ein schwellenartiger Übergang mit zunehmender Privatheit in der räumlichen Abfolge in Richtung des Zwischenraumes zum Bestand geschaffen. Die Wohnbereiche stehen somit in einer wechselseitigen Beziehung des öffentlichen Raumes, der halböffentlichen Zwischenzone und dem privaten Refugium.
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FĂźgung
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Workshops im Untergeschoss Einteilung des Kรถrpers in Ausstellung und Wohnen
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Ausschnitte werden ßber Auskragungen mit dem Bestand verbunden Verlauf des Aufstiegs entlang der Gemeinschaftsflächen Aufteilung der Atelierzonen im Wohnbereich
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Das Wohnen wird auf einer Ebene des Digitalen zu einer gemeinschaftlich adaptierten Raumaneignung und Veränderung gegebener städtebaulicher als auch Wohnraum typologischer Hierarchien.
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Fazit
Die Metaebene des digitalen Raumes, als Einfluss für zukünftige Wohnformen, spiegelt die Inversion des privaten Habitats und der Veränderung privater, gemeinschaftlicher und öffentlicher Bezüge infolge einer bereits weitreichend digital verknüpften Gesellschaft wider. Die Kernthesen der Analyse zeigen, dass Strategien der Veränderung räumlicher Stellenwerte, der Umformulierung privater und öffentlicher Einflüsse, mit Aussicht auf erweiterbare und veränderliche Systeme, einen Wandel der Wohnraumtypologie vermitteln können. Die Adaption digital bedingter Phänome zeigt sich als potentielle Annäherung an räumliche Veränderungen in Abhängigkeit einer Forderung nach kollektiv nutzbarer Architektur und der übergeordneten Hypothese einer dualen, analog und digital kommunizierenden Gesellschaft. Sie verbindet die Menschen im Wunsch nach interaktiven Schnittstellen im Wohnen, Arbeiten und Öffentlichsein und aktiviert somit bereits vorhandene ortsungebundene Verknüpfungen des digitalen Raumes im materiellen Kontext. Das Gemeinsame wird zu einer Ebe-
Veränderung privater und öffentlicher Selbstbetrachtung im Einzelnen und Kollektiv zu einer gemeinschaftlichen Zwischenzone und verweist auf eine mögliche Ausgangsposition für die Erschließung neuer Wohnformen.
Das Wohnen wird auf einer Ebene des Digitalen zu einer gemeinschaftlich adaptierten Raumaneignung und Veränderung gegebener städtebaulicher, als auch Wohnraum typologischer Hierarchien. Die Architektur wird befähigt die fortschreitende Digitalisierung des Menschen zu inkludieren und auf den Wandel zukünftiger kultureller Veränderungen reagieren zu können. Bezogen auf die vorangegangene Analyse und die Erprobung räumlicher Phänomene anhand der Prototypen, sowie der Zusammenfassung im Entwurf, wird die Möglichkeit eines symbiotischen Verhältnisses des Wohnraumes und gemeinschaftlich nutzbarer Flächen transportiert. Die Umstrukturierung räumlicher Hierarchien und die Auflösung von Grenzen zu einem Ablauf von schwachen Schwellenräumen resultieren in einer gemeinschaftsinkludierenden Wohnform. Durch die Reduktion des tatsächlich privaten Raumes gehen Potentiale einher, die nicht nur genannte Faktoren der interaktiven Verknüpfungen veranschaulichen, sondern in der Reduktion des gebauten Körpers selbst auf zukünftig benötigte städtebauliche Verdichtung und Inklusion neuer Akteure einer fortschreitend digitalisierten Gesellschaft reagieren können.
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VI Quintessenz
ne der Wechselwirkung und gleichzeitig zum Medium eines kulturellen Wandels. Es verbindet die
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Duden | Bedeutungsübersicht Utopie | http://www.duden.de/rechtschreibung/Utopie | Stand 01/12/2016
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Duden | Bedeutungsübersicht Utopie | http://www.duden.de/rechtschreibung/Utopie | Stand 01/12/2016
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Fosco Lucarelli | Stop City, by Dogma (2007-08) | 2011 | http://socks-studio.com/2011/07/10/stop-city-by-dogma-2007-08/ | Stand 01/02/17 | in deutsch übersetzt
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Niklas Maak | Wohnkomplex - Warum wir andere Häuser brauchen | München 2014 | Seite 139 | Carl Hanser Verlag München
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Robert Burghardt | Perspectives for a Realist Practice: Architecture in a Syndicate of Tenements in Dogma + Realism Working Group | Wohnungsfrage - Communal Villa: Production and Reproduction in Artist's Housing | Berlin 2015 | Seite 88 | Herausgeber: Jesko Fezer, Christian Hiller, Nikolaus Hirsch, Wilfried Kuehn, Hila Peleg | Verlag: Spector Books, zusammen mit dem Haus der Kulturen der Welt | 2015
15.
Dogma + Realism Working Group | Wohnungsfrage - Communal Villa: Production and Reproduction in Artist's Housing | Berlin 2015 | Seite 6 | Herausgeber: Jesko Fezer, Christian Hiller, Nikolaus Hirsch, Wilfried Kuehn, Hila Peleg | Verlag: Spector Books, zusammen mit dem Haus der Kulturen der Welt | 2015
16.
vgl. Blu in Berlin | http://artelocal.eu/blu/ | Stand 01/02/2017
100
VII Anhang
WOHNENS | Seite 16 | http://www.strathern.eu/Medien-Clips/Der-Standard-2015-10-03.pdf | Stand 01/02/17
Bildverzeichnis
1.
Isometrie Meta Digitales Wohnen innere Struktur | Wohnelemente | Gemeinschaftsräume | Ateliers | Zwischenzonen | eigene Zeichnung | 2017
2.
Ausschnitt Collage 3 transparente Montage Beziehung Brandwände Meta Digitales Wohnen | eigene Zeichnung 2017 | Hintergrund: Cuvry-Graffiti | Blu, JR | 2007-2008, Cuvry Brache, Berlin Friedrichshain-Kreuzberg | https://i0.wp.com/dosenkunst.de/wp-content/uploads/2014/12/2011-09-x100-berlin-109.jpg?ssl=1 | Stand 30/01/2017
3.
Unfinished House | Yamazaki Kentaro Design Workshop, Tokio/Schanghai, Foto: Naoomi Kurozumi Architectural Photographic Office | 2014 | http://www.detail.de/artikel/raeumlicher-konjunktiv-wohncontainer-von-kentaro-yamazaki-12561/ | Stand 01/12/2016 | schwarz-weiß retuschiert
4.
Stop City | Dogma | 2007 | http://socks-studio.com/img/blog/immagine6-800x781.jpg | Stand 20/11/2016
5.
Stop City | Dogma | 2007 | http://65.media.tumblr.com/49c9820b755f3a2121ef17fe6fafae5a/tumblr_nerk4zDjSi1tpg8zto1_1280.jpg | Stand 20/11/2016
6.
Nagakin Capsule Building | Kisho Kurokawa | 1972 | https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/originals/35/1f/68/351f6877d479928e304d6af2d018bb95.jpg | Stand 08/11/2016 | schwarz-weiß retuschiert
7.
Local Community Area | Riken Yamamoto & FIeld Shop | 2012 | http://blog.akoeln.de/wp-content/uploads/2014/04/03-web. jpg | Stand 08/11/2016 | schwarz-weiß retuschiert
8.
House N | Sou Fujimoto | 2008 | https://static.dezeen.com/uploads/2012/01/dezeen_House-N-by-Sou-Fujimoto-Architects-4. jpg | Stand 01/11/2016 | schwarz-weiß retuschiert
9.
House N Schnitt | Sou Fujimoto | 2008 | http://www.archdaily.com/7484/house-n-sou-fujimoto/5010074828ba0d422200056b-house-n-sou-fujimoto-image | Stand 01/11/2016
10.
Dogma + Realism Working Group | Scan aus Wohnungsfrage - Communal Villa: Production and Reproduction in Artist's Housing | Berlin 2015 | Seite 40 | Herausgeber: Jesko Fezer, Christian Hiller, Nikolaus Hirsch, Wilfried Kuehn, Hila Peleg | Verlag: Spector Books, zusammen mit dem Haus der Kulturen der Welt | 2015
11.
Dogma + Realism Working Group | Wohnungsfrage - Communal Villa: Production and Reproduction in Artist's Housing | Berlin 2015 | http://www.detail.de/fileadmin/user_upload/Wohnungsfrage-dogma-003.jpg | Stand 20/11/2016 | schwarz-weiß retuschiert
12.
Dogma + Realism Working Group | Wohnungsfrage - Communal Villa: Production and Reproduction in Artist's Housing | Berlin 2015 | http://www.detail.de/artikel/ausstellung-wohnungsfrage-vier-wohnmodelle-26412/ | Stand 20/11/2016 | schwarz-weiß retuschiert
13.
Dogma + Realism Working Group | Scan aus Wohnungsfrage - Communal Villa: Production and Reproduction in Artist's Housing | Berlin 2015 | Seite 58 | Herausgeber: Jesko Fezer, Christian Hiller, Nikolaus Hirsch, Wilfried Kuehn, Hila Peleg | Verlag: Spector Books, zusammen mit dem Haus der Kulturen der Welt | 2015 | schwarz-weiß retuschiert
14.
Strecke Typ 1 Agglomeration | eigene Zeichnung | 2017
101
15.
Cluster Typ 1 Agglomeration | eigene Zeichnung | 2017
16.
Strecke und Cluster Typ 1 Agglomeration | eigene Zeichnung | 2017
17.
Wohnscheibe Typ 1 Agglomeration | eigene Zeichnung | 2017
18.
Grundriss Wohnscheibe Typ 1 Agglomeration | eigene Zeichnung | 2017
19.
Ausgangsmodul Typ 2 Scheiben | eigene Zeichnung | 2017
20.
Dekonstruktion der Geschosse Typ 2 Scheiben | eigene Zeichnung | 2017
21.
Rekonstruktion der Geschosse Typ 2 Scheiben | eigene Zeichnung | 2017
22.
Verbindung Typ 2 Scheiben | eigene Zeichnung | 2017
23.
Multiplikation Typ 2 Scheiben | eigene Zeichnung | 2017
24.
Entwicklung der schwachen Schwelle Typ 3 Inversion | eigene Zeichnung | 2017
25.
Adaption Wohnen und Arbeiten Typ 3 Inversion | eigene Zeichnung | 2017
26.
Vertikale Typ 3 Inversion | eigene Zeichnung | 2017
27.
Poröse Hülle Typ 3 Inversion | eigene Zeichnung | 2017
28.
Ausschnitt erste Ebene Raummodul Typ 3 Inversion | eigene Zeichnung | 2017
29.
Ausschnitt zweite Ebene Raummodul Typ 3 Inversion | eigene Zeichnung | 2017
30.
Ausschnitt dritte Ebene Raummodul Typ 3 Inversion | eigene Zeichnung | 2017
31.
Grundriss Akkumulation erste Ebene Raummodule #1 Vorhänge Typ 3 Inversion | eigene Zeichnung | 2017
32.
Grundriss Akkumulation erste Ebene Raummodule #2 Vorhänge + Wände Typ 3 Inversion | eigene Zeichnung | 2017
33.
Grundriss zweite Ebene Zwischenzone Raummodule Typ 3 Inversion | eigene Zeichnung | 2017
34.
Grundriss dritte Ebene Arbeiten + Gärten Typ 3 Inversion | eigene Zeichnung | 2017
35.
Cuvrybrache in Berlin: Senat prüft Räumung, verhandelt mit Investor | http://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/friedrichshain-kreuzberg/cuvrybrache-in-berlin-kreuzberg-senat-prueft-raeumung-und-verhandelt-mit-investor/10624450. html#!kalooga-20590/~%22Michael%20M%C3%BCller%22%20~%22Michael%20M%C3%BCller%22%5E0.75%20 ~%22Michael%20M%C3%BCller%22%5E0.56%20~%22Michael%20M%C3%BCller%22%5E0.42%20~%22Michael%20M%C3%BCller%22%5E0.32 | Stand 01/02/17 | schwarz weiß retuschiert
36.
Schwarzplan Ausschnitt | Berlin Friedrichshain-Kreuzberg und Alt-Treptow | eigene Zeichnung | 2017
37.
Isometrie Ausschnitt städtebauliche Relationen der Cuvry Brache in Friedrichshain-Kreuzberg und Alt-Treptow | eigene Zeichnung | 2017
38.
Isometrie Ausschnitt Abfolge Fotoreihe Szenerie | eigene Zeichnung | 2017
39.
Gegenüberliegendes Spreeufer zur Cuvry Brache | eigenes Foto | 2017
40.
U-Bhf Schlesisches Tor | eigenes Foto | 2017
41.
U-Bhf Schlesisches Tor 2 | eigenes Foto | 2017
42.
Impressionen Straßenraum Schlesische Straße | eigenes Foto | 2017
43.
Impressionen Straßenraum Schlesische Straße 2 | eigenes Foto | 2017
102
44.
Visuelle Beziehung Brandwand Cuvry Brache und Straßenraum Schlesische Straße | eigenes Foto | 2017
45.
Lido Club Berlin Friedrichshain-Kreuzberg | eigenes Foto | 2017
46.
Brandwände Cuvrybrache und Straßenraum Schlesische Straße | eigenes Foto | 2017
47.
Collage 1 Meta Digitales Wohnen in der Beziehung zum Platz und Straßenraum | eigene Zeichnung | 2017
48.
Übersichtsplan Meta Digitales Wohnen innere Struktur | Wohnelemente | Gemeinschaftsräume | Ateliers | Zwischenzonen | eigene Zeichnung | 2017
49.
Isometrie Meta Digitales Wohnen innere Struktur | Wohnelemente | Gemeinschaftsräume | Ateliers | Zwischenzonen | eigene Zeichnung | 2017
50.
Isometrie Meta Digitales Wohnen Fügung | Grenze des Körpers | eigene Zeichnung | 2017
51.
Isometrie Meta Digitales Wohnen Fügung | Einteilung in Workshops, Ausstellung und Wohnen | eigene Zeichnung | 2017
52.
Isometrie Meta Digitales Wohnen Abwicklung Auskragungen und Bestand | Aufteilung der Atelierzonen im Wohnbereich | Wegführung Treppe in Zwischenzone | eigene Zeichnung | 2017
53.
Isometrie Meta Digitales Wohnen und Bestand | eigene Zeichnung | 2017
54.
Isometrie Meta Digitales Wohnen und Bestand | Szenario Blockrandbebauung | eigene Zeichnung | 2017
55.
Isometrie Meta Digitales Wohnen und Bestand | Szenario Büroflächen | eigene Zeichnung | 2017
56.
Lageplan Meta Digitales Wohnen | eigene Zeichnung | 2017
57.
Grundriss mit Umgebung Meta Digitales Wohnen | Workshops und Ausstellungsflächen | eigene Zeichnung | 2017
58.
Grundriss Meta Digitales Wohnen Zusammenstellung erstes Obergeschoss | eigene Zeichnung | 2017
59.
Grundriss Meta Digitales Wohnen Zusammenstellung zweites Obergeschoss | eigene Zeichnung | 2017
60.
Grundriss Meta Digitales Wohnen Zusammenstellung drittes Obergeschoss | eigene Zeichnung | 2017
61.
Grundriss Meta Digitales Wohnen Zusammenstellung viertes Obergeschoss | eigene Zeichnung | 2017
62.
Grundriss Meta Digitales Wohnen Zusammenstellung fünftes Obergeschoss | eigene Zeichnung | 2017
63.
Ansicht Meta Digitales Wohnen Südwest | eigene Zeichnung | 2017
64.
Ansicht Meta Digitales Wohnen Nordwest | eigene Zeichnung | 2017
65.
Ansicht Meta Digitales Wohnen Nordost | eigene Zeichnung | 2017
66.
Ansicht Meta Digitales Wohnen Südost | eigene Zeichnung | 2017
67.
Schnitt Meta Digitales Wohnen | eigene Zeichnung | 2017
68.
Fassadenschnitt Lüftungsprinzip Meta Digitales Wohnen | eigene Zeichnung | 2017
69.
Collage 2 Gemeinschaftsraum und Bestand Meta Digitales Wohnen | eigene Zeichnung | 2017
70.
Collage 3 transparente Montage Beziehung Brandwände Meta Digitales Wohnen | eigene Zeichnung | 2017 | Hintergrund: Cuvry-Graffiti | Blu, JR | 2007-2008, Cuvry Brache, Berlin Friedrichshain-Kreuzberg | https://i0.wp.com/dosenkunst.de/wp-content/uploads/2014/12/2011-09-x100-berlin-109.jpg?ssl=1 | Stand 30/01/2017
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