Habitat Stadt Wohnen in einer vielfältigen, urbanen Stadt
Habitat Stadt – Wohnen in einer vielfältigen, urbanen Stadt Bachelorarbeit von Frederik Stockhausen Betreut von Prof. Kazu Blumfeld Hanada msa – Münster School of Architecture FH Münster 08/2015
Inhalt
1. Einleitung
4
VERTIEFUNG 2. Veränderungsdruck
11
2.1. Bevölkerungsverteilung
12
2.2. Altersstruktur
14
2.3.
Private Haushaltsgrößen
15
2.4.
Ökologische und ökonomische Zielsetzungen
16
2.5.
Fazit Veränderungsdruck
20
3.
Historische Wohnformen
23
3.1.
Das Traditionelle Japanische Wohnhaus
24
3.2.
Der Umbau von Paris
28
3.3.
Die Berliner Mietskaserne
32
3.4.
Fazit Historische Wohnformen
34
4.
Strategien der Stadtverdichtung
32
4.1. Umnutzung
39
4.1.1. Bunker Sammlung Boros, Berlin
40
4.1.2.
Parkhaus Stubengasse, Münster
42
4.1.3.
Stoschek Collection, Düsseldorf
44
4.2. Revitalisierung
47
4.2.1. Tour Bois le Prêtre, Paris
48
4.3. Brachflächenentwicklung
53
4.3.1. Brick House, London
54
4.3.2.
56
Studentenwohnheim, Genf
4.4. Aufstockung
59
4.4.1. Baugruppe Radetzkystraße, Wien
60
5.
Gemeinschaftliche Wohnformen
63
5.1.
Sargfabrik, Wien
64
5.2.
Moriyama House, Tokyo
68
6. Bewegen und Verweilen in der Stadt
73
6.1.
Urbane Mobilität
74
6.2.
Nahmobilität in NRW
76
6.3. Transformation Broadway, New York
80
6.4.
Nordbahntrasse, Wuppertal
82
6.5.
High Line, New York
86
7. Fazit
91
ENTWURF 8. Transformation eines Industrieareals an der Wupper
97
8.1.
Wuppertal – Der Fluss und die Fabriken
98
8.2.
Das Elba-Areal
102
8.3. Nutzungskonzept
106
8.4. Planset
109
8.5. Entwurfskonzept
138
Die Menschen zieht es wieder in die Stadt. Seit Jahren gibt es in Deutschland und anderen europäischen Ländern die Tendenz, dass viele Menschen nicht mehr in den Speckgürteln, sondern in der Stadt selber leben wollen. Dafür gibt es viele und gute Gründe: die schnelle Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes, die Verfügbarkeit von Infrastruktur und Kultur, öffentliche Verkehrsmittel, Kitas, Schulen, Universitäten... Das Einfamilienhaus im Grünen ist zwar immer noch ein beliebtes Idealbild wenn man danach fragt „wie möchtest du einmal wohnen?“ Aber wer kann sich das noch leisten, wenn die Grundstücke in den zersiedelten Vororten rund um die Großstädte immer teurer werden? Und was bleibt übrig vom Haus im Grünen, auf einem kleinen Grundstück, dicht an dicht mit den Nachbarn? Weitere Faktoren bringen zusätzliche Dynamik in die Thematik: eine alternde Gesellschaft, kleiner werdende Haushalte (die Kleinfamilie mit Vater, Mutter und Kind ist längst nicht mehr das Normalbild), und wachsende ökologische Anforderungen verlangen nach neuen Ideen für das Wohnen und das Bauen generell. Dabei haben wir eine lange Geschichte des städtischen Wohnens, von der wir lernen können. So mussten die Japaner allein wegen der Geografie des Inselstaates schon immer mit wenig Platz auskommen. Das Berlin des späten 19. Jahrhunderts etablierte die Mietskaserne als Wohnform für die arbeitende Bevölkerung. Diese wurde von den Modernisten als unmenschlich beengt gescholten und abgelöst durch eine nach Funktionen gegliederte Stadt mit dem Ruf nach Licht, Luft und Sonne. Die Frage, in welchen Formen wir wohnen wollen, bezieht sich nicht auf die Architektur der Wohnung allein, sondern immer auch auf das, was zwischen den Häusern passiert. Es ist wesentlich an dem Gelingen oder Scheitern von Wohnmodellen beteiligt. Wie kann eine hochverdichtete Stadt funktionieren, was ist verträglich, was schädlich? Die Vertiefung beschäftigt sich zunächst mit der Frage, warum das Thema der städtischen Verdichtung in 4
1. Einleitung
Deutschland heute so wichtig ist. Nach einem Blick auf historische urbane Wohnformen wendet sie sich dann aktuellen Projekten zu den Themen Wohnen, Mobilität und Verweilen im Stadtraum zu. Schließlich wird mit dem Entwurf für die Umnutzung eines brach liegenden Industrieareals in Wuppertal ein eigener Vorschlag für die nachhaltige Entwicklung und Potentialsteigerung von Stadträumen gemacht.
5
VERTIEFUNG
10
2. Ver채nderungsdruck
11
Europäische Metropolen wie London, Paris, München, Hamburg oder Berlin haben es seit Jahren mit horrende steigenden Einwohnerzahlen – und Mieten – zu tun. Ein Blick auf die prognostizierte Bevölkerungsentwick-
2.1. Bevölkerungsverteilung
lung in Deutschland zeigt, dass diese Tendenz auch in Zukunft eine Rolle spielen wird: Trotz eines Rückgangs der Gesamtbevölkerung um fast 5 Millionen bis 2030, wird ein Anstieg der Einwohnerzahlen in nahezu allen deutschen Metropolregionen erwartet. Dabei spielen sowohl wirtschaftsbedingte Zuzüge aus dem Ausland als auch innerdeutsche Umzüge eine Rolle. Den wichtigsten Faktor spielt dabei das bessere Arbeitsplatzangebot der Städte im Vergleich zu ländlichen Gegenden. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln rechnet für die Metropolregion München mit einem Anstieg von 2,62 Millionen Einwohnern im Jahr 2012 auf 3,25 Millionen im Jahr 2030. Dies entspricht einem Wachstum von 24 %. Es folgen Berlin / Potsdam mit 14,6 %, Frankfurt mit 10,7 % und Hamburg mit 9,8 % Wachstum. Einzig das vom Strukturwandel betroffene Ruhrgebiet bildet mit einem Einwohnersaldo von -6,7 % einen Negativ-Ausreißer unter den Metropolregionen.1 1
Zurück in die Stadt, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2014, http://www.iwkoeln.de/infodienste/iwd/archiv/beitrag /bevoelkerungsentwicklung-zurueck-in-die-stadt-139538, 26.04.15, 20:00 Bremen 0,65 0,65
2,77
SchleswigHolstein 2,81 2,84
3,04
+ 1,0 %
0,0 % 3,04
Niedersachsen 7,78 7,60
4,65
2,77 4,34 Hamburg + 9,8 %
- 2,3 % NordrheinWestfalen 17,55 17,09
- 11,3 % 4,32
4,57
Berlin/Potsdam + 14,6 %
- 2,6 % Ruhrgebiet - 6,7 %
Hessen 6,02 6,16 + 2,3 %
Saarland 0,99 0,90
3,04 2,77 Rheinschiene + 5,8 %
+ 2,7 %
12
GSEducationalVersion
- 6,6 %
- 18,0 % Sachsen 4,05 3,72
Frankfurt + 10,7 % 2,40
2,55
3,25
- 8,2 %
2,62 Thüringen 2,17 1,88
- 9,7 % BadenWürttemberg 10,57 10,86
Brandenburg 2,45 2,29
SachsenAnhalt 2,26 1,85
Rheinland-Pfalz 3,99 3,84 - 3,7 %
MecklenburgVorpommern 1,60 1,42
- 13,3 % Stuttgart + 6,3 %
München + 24,0 %
Bayern 12,52 13,11 + 4,7 %
Abb. 1 Einwohner der Metropolregionen und Bundesländer 2012 und Prognose für 2030 in Millionen
Abb. 2 Berlin könnte nach Berechnungen des IW Köln im Jahr 2030 rund 3,84 Mio Einwohner haben, 465.000 mehr als 2012, darunter Ausländer aus 190 Staaten
Aber auch kleinere Großstädte wie Münster, Darmstadt oder Bonn, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Kraft, guter Arbeitsplatzlage, Universitäten und Fachhochschulen oder kulturellen und gesellschaftlichen Attraktivität beliebte Wohnorte sind, sehen sich einem Ansturm auf den Wohnungsmarkt ausgesetzt. Die Anzahl der Studienanfänger in Deutschland stieg von 315.000 im Jahr 2000 auf eine halbe Million im Jahr 2012. Es wird vermutet, dass viele von ihnen auch nach Abschluss des Studiums in den Universitätsstädten bleiben oder in andere Großstädte ziehen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass für Münster (Westf.) mit einem Plus von 42,3 % bis 2030 der größte relative Einwohneranstieg aller deutschen Städte erwartet wird. Demnach wächst die westfälische Universitätsstadt, die außerdem Standort vieler großer Arbeitgeber wie Versicherungen oder Regierungseinrichtungen ist, von 300.000 Einwohnern im Jahr 2014 auf 422.100 im Jahr 2030. Auch für die ostdeutschen Großstädte Dresden, Leipzig und Potsdam werden Wachstumsraten von über 20 % erwartet, während die meisten ostdeutschen Landkreise von starker Abwanderung betroffen sind.2 2 Wo Deutschland wächst, wo es schrumpft, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2014. http://www.iwkoeln.de/ infodienste/iw-nachrichten/beitrag/bevoelkerungsent wicklung-wo-deutschland-waechst-wo-es-schrumpft 150732, 24.04.15, 20:55
13
Einen wesentlichen Veränderungsdruck auf den Wohnungsbau übt auch die Alterung der Gesellschaft aus. Während man um 1910 noch von einer wirklichen „Be-
2.2. Altersstruktur
völkerungspyramide“ sprechen konnte (viele junge,
100
Männer
wenige ältere Menschen), lag das Durchschnittsalter
Frauen
Männe
90
2013 bereits bei 44,2 Jahren.1 Die Prognose des Sta-
80
70
tistischen Bundesamtes zeigt, dass sich die Verteilung
60
weiterhin stark zugunsten der Älteren verschieben
50
wird. 2008 waren 20 % der Deutschen 65 Jahre oder
40
älter. 2060 wird es jeder Dritte sein.2
30
20
Diese Entwicklung der Altersstruktur bringt nicht nur
10
gesellschaftliche Herausforderungen mit sich, sondern wirkt sich auch auf den Bau neuer Wohnungen aus.
0 1 000
750
500
25 0
Tausend Personen
0
0
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Alter in Jahren 1910
500
750 1 000
Tausend Personen
1 000 7 50
500
2
Tausend Personen
Themen wie Barrierefreiheit spielen hier ebenso eine Rolle wie die Erreichbarkeit von Infrastrukturen. EingeGSEducationalVersion
schränkte Mobilität veranlasst viele ältere Menschen,
100
Männer
Frauen
Männer
90
sich eher in der Nähe von Alltagsinfrastrukturen wie
80
Geschäften oder Ärzten niederzulassen. Dies macht
70
die zentraleren Stadtteile für diese Bevölkerungsgrup-
60
pe attraktiv. Auch wollen sich viele Ältere nicht ab-
50 2008 40
drängen lassen, sondern weiterhin ein aktives Leben
30
innerhalb der Gesellschaft führen. Hier entsteht ein
20
Potenzial an neuen Formen des Zusammenlebens von pflegebedürftigen und körperlich noch vitalen älteren oder jungen Menschen. Solche Lebensformen können
10 0 1 000 750
5 00
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Tausend Personen
0
0
250
Alter in Jahren 2008
500
750 1 000
Tausend Personen
die Gesellschaft unabhängiger von Betreuungs- und Heimplätzen machen, wenn sich die Belange solcher GSEducationalVersion
100
Männer
100
Frauen
Männer
Wohngruppen auch in der Entwicklung neuer Wohnungstypologien abbilden.
Frauen
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90
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80
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2008
2008 40
40
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0 1 0 00 750
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Tausend Personen
250
0
0
Alter in Jahren 2008
250
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750 1 000
Tausend Personen
1 Statistisches Bundesamt, https://www.destatis.de/DE/ ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Bevoelke rungsstand/Bevoelkerungsstand.html,24.04.15, 22:30 2 Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, 2009
1 000 750
500
250
0
0
250
500
750 1 000
Tausend Personen Alter in Jahren Tausend Personen 2060 (Prognose Obergrenze)
GSEducationalVersion
14
Abb. 1-3 Bevölkerung in Deutschland nach Alter 1910, 2008, Prognose 2060
1 0 00 750
5 00
250
Tausend Personen 2060 (P
2.3. Private HaushaltsgröSSen
Die Anzahl und die Größen der privaten Haushalte in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Während die Bevölkerung von 1962 bis heute um etwa 10 % zunahm, hat sich die Anzahl der Haushalte in diesem Zeitraum fast verdoppelt. Dieser Anstieg ist vor allem der Entwicklung hin zu kleineren Haushaltsgrößen geschuldet. Der Anteil der Single-Haushalte stieg von 22,3 % im Jahr 1962 auf 40,5 % im Jahr 2013, während die Anzahl der Haushalte mit 5 oder mehr Personen von 11,8 auf 3,3 % sank. Auch der Anteil der 3- und 4-Personenhaushalte verringerte sich erheblich, während die 2-Personenhaushalte von 28,7 auf 34,4 % zulegten.1 Wenn man diese Zahlen mit den Baujahren der Wohnungen vergleicht, wird klar, dass der größte Teil des Wohnungsbestandes für andere Verhältnisse geplant wurde, als heute herrschen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2011 stammen gut 43 % aller Wohnungen aus der Zeit zwischen 1949 und 1978 und sind entsprechend der damaligen Bedürfnisse zugeschnitten. Etwa 24 % der Wohnungen entstanden vor 1949 und 32 % nach 1978. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum gerade in stark wachsenden Universitätsstädten eine Knappheit an Wohnungen für kleine Studentenhaushalte besteht und sich Modelle wie die Wohngemeinschaft entwickelt haben. Neben dem Wunsch nach gemeinschaftlichem Wohnen fehlt oft eine bezahlbare Alternative. Einen Run auf die kleineren Wohnungen übt außerdem die wachsende Zahl von Menschen aus, die eine Arbeit außerhalb des eigentlichen Wohnortes gefunden hat. Durch die wachsende Mobilität ist es nichts besonderes, zum Beispiel eine gemeinsame Familienwohnung in Köln zu haben und über die Woche in einer Zweitwohnung in München oder Berlin zu wohnen.
1 Statistisches Bundesamt, https://www.destatis.de/DE/ ZahlenFakten/Indikatoren/LangeReihen/Bevoelkerung/ lrbev05.html?cmsgtp=151958_list%253D1&https=1, 01.05.15, 14:45
15
Der Blick von Iwan Baan auf Los Angeles zeigt ein Versprechen und eine Bedrohung zugleich. Auf der einen Seite verspricht es die Erfüllung des Traums vom eigenen Haus für jeden, egal ob arm oder reich. Auf der anderen Seite zeigt schon das Bild, welchen Preis die Natur und der Mensch für diesen Traum zahlen müssen: Endlose zersiedelte Vororte, Versiegelung der Böden, Verdrängung von Naturräumen. Der Verkehr als alles bestimmende Dominante, kilometerlange Staus, weite Wege zum Arbeitsplatz und die damit einhergehende Luftverschmutzung werfen einen Schatten auf dieses Modell der flach ausgedehnten Stadt. Zwar sind die Dimensionen in Europa andere als in der kalifornischen Millionenmetropole, die Probleme mit der Zersiedelung der Landschaften aber sind ähnlich. Trotz insgesamt rückläufiger Einwohnerzahlen wurden deutschlandweit im Zeitraum von 2010 bis 2013 jeden Tag durchschnittlich 73 ha Land in Siedlungsund Verkehrsflächen umgewandelt.1 Langfristig kann diese Entwicklung weder ökologisch, noch ökonomisch 1 Statistisches Bundesamt, https://www.destatis.de/DE/ ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/LandForstwirtschaft Fischerei/Flaechennutzung/FlaechennutzungAktuell.html, 03.05.15, 19:25
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2.4. Ökologische und ökonomische Zielsetzungen
! Abb. 1 Luftbild von Los Angeles, Iwan Baan
nachhaltig sein, wenn immer weniger Menschen für den Erhalt und die Bewirtschaftung der breit angelegten Infrastruktur aufkommen müssen. Die Versorgung mit Wasser, Strom, Telekommunikation, Mobilität, aber auch die Erreichbarkeit von Bildung, Kultur und dem Arbeitsplatz sind in dünn und lückenhaft besiedelten Gegenden und Vororten deutlich schwieriger zu organisieren als in höher verdichteten Städten. Für relativ wenige Menschen müssen Straßen, Schulen, Krankenhäuser etc. mit großem finanziellem und Ressourcen verbrauchendem Aufwand errichtet und betrieben werden. Die Versiegelung der Böden und Zersiedelung ganzer Landschaftsräume stellen dabei einen dramatischen Eingriff in die Natur dar. Die Bundesregierung hat daher einen Rückgang des Flächenverbrauchs von 73 auf 30 ha pro Tag bis 2020 als Ziel ausgegeben. Die Kommission Bodenschutz beim Bundesumweltamt (KBU) dringt in einem Papier von Dezember 2009 auf noch drastischeres Flächensparen: „Jede Zahl über 0 Hektar ist langfristig bei rückläufigen Bevölkerungszahlen zu viel.“2 Als Strategie gegen den Flächenverbrauch auf der grünen Wiese sieht die KBU im „Flächenrecycling“ eine nachhaltige Alternative. Bei aufgelassenen Industrie-, Verkehrs- und anderen Siedlungsbrachen wird deutschlandweit ein Potential von etwa 176.000 ha gesehen. Besonders städtische und stadtnahe Brachflächen bieten eine wertvolle Ressource für neue Wohn- und Gewerbenutzungen.
2
Flächenverbrauch einschränken – jetzt handeln – Empfeh- lungen der Kommision Bodenschutz beim Umweltbundes- amt, 2009
17
Millionen Pendler legen ihren Weg zur Arbeit im eigenen Auto zurück, meistens alleine. Was auf der einen Seite als Ausdruck individueller Freiheit verstanden wird, ist auf der anderen Seite ein ökologisches und ökonomisches Problem. Mit großem Flächen- und Investitionsaufwand wurden und werden Autobahnen, Schnellstraßen und Parkhäuser gebaut, um dem Verkehrschaos Herr zu werden. Dabei hat sich gezeigt, dass mehr Straßen nicht eine Entspannung, sondern – im Gegenteil – noch mehr Verkehr verursachten, weil noch mehr Autos gebaut und verkauft wurden. Die drei 1991 auf dem Prinzipalmarkt in Münster arrangierten Aufnahmen veranschaulichen eingängig den Flächenverbrauch der drei Transportmittel Auto, Fahrrad und Bus. Zur Beförderung von 72 Personen werden im Auto gut 1000 m2 Fläche benötigt, während die Fahrräder 90 m2 und der Bus nur 30 m2 brauchen.1 Die Ausrichtung der Verkehrsinfrastruktur auf den motorisierten Individualverkehr, wie sie viele Jahrzehnte betrieben wurde, bekommt durch eine stärkere Fokussierung auf den ÖPNV und Fahrradverkehr eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Konkurrenz. Laut Umweltbundesamt ist der Verkehr für einen Anteil von 18 % (2014)2 am Treibhausgasausstoß in Deutschland verantwortlich. Dabei sind verschiedene Verkehrsträger sehr unterschiedlich daran beteiligt. So wird für die gleiche Strecke in der U-Bahn durchschnittlich nur die Hälfte der CO2-Emissionen erzeugt wie im Auto. Um die Emissionen dauerhaft zu senken, setzt das Umweltbundesamt auf verschiedene Strategien, die nicht nur zu einer erhöhten Fahrzeugeffizienz, sondern gar zur Vermeidung von Verkehrsaufkommen beitragen sollen. Wichtiger Ansatzpunkt ist hierbei die 1 Dieses Bild wird Ihre Einstellung zum Auto verändern, Focus online, 2015, http://www.focus.de/auto/ratgeber/ unterwegs/auto-fahrrad-bus-dieses-bild-wird-ihre einstellung-zum-auto-veraendern_id_3844157.html, 21.05.15, 12:40 2 Umweltbundesamt, http://www.umweltbundesamt.de/ themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in- deutschland/treibhausgas-emissionen/emissionsquellen, 06.05.15, 15:12
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Lenkung der Siedlungsentwicklung: „Ein wesentlicher Beitrag zur Verkehrsvermeidung ist die Schaffung einer verkehrsarmen Siedlungsstruktur, der so genannten „Stadt der kurzen Wege“. Kompakte Gebäudestrukturen, eine wohnungsnahe Ausstattung mit Versorgungs-, Dienstleistungs- und Erholungsangeboten und die Nähe von Wohnen und Arbeiten ermöglichen kurze tägliche Wege. Diese lassen sich zudem oftmals am besten zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewältigen, während weitläufige, monofunktionale Siedlungsstrukturen das Autofahren fördern.“ 3
Abb. 2-4 Verkehrsflächenverbrauch zur Beförderung von 72 Personen per Auto, Fahrrad und Bus
3
CO2-Emissionsminderung im Verkehr in Deutschland – Mögliche Maßnahmen und ihre Minderungspotenziale – Ein Sachstandsbericht des Umweltbundesamtes, 2010
19
Die Beliebtheit der Stadt als Wohn- und Lebensraum ist kein bald vorübergehender Trend, sondern von anhaltenden gesallschaftlichen Gegebenheiten bedingt und ökologisch wie ökonomisch sinnvoll. Die Entwicklungen sprechen dafür, dass der Anstieg der Stadtbevölkerung und eine weitere Ausdünnung der ländlichen Gebiete auf lange Zeit die Lebensverhältnisse in Deutschland, aber auch weltweit, prägen werden. Eine Verdichtung der städtischen Strukturen ist unweigerliches Ergebnis dieser Entwicklung. In den vorangehenden Kapiteln wurden die harten Faktoren beschrieben, die den Run auf die Städte wesentlich verantworten: Arbeitsplätze, Infrastruktur, Bildung. Darüber hinaus gibt es weiche Faktoren, die zur Anziehungskraft der Metropolen beitragen. Dazu gehört das individuelle Lebensgefühl, das wir mit den einzelnen Städten verbinden. So gilt Berlin als deutsches Mekka für junge Kreative und Designer vielen Menschen als die coolste Metropole Europas. München wird für seine gemütliche Herzlichkeit geschätzt und Hamburg als die kühle Schönheit bewundert. Städte, die sich ein solches Image zulegen konnten, üben eine Anziehungskraft aus, die über die rein ökonomischen Belange bei der Wahl des Wohnortes hinausgehen. Verdichtete und vielfältige Städte bringen Menschen mit verschiedensten Vorstellungen und Bedürfnissen zusammen. Daraus entstehende Chancen und Probleme sind oft der Katalysator für gesellschaftliche Entwicklungen. Besonders die großen Metropolen der Welt sind Vorreiter in Feldern wie Kreativwirtschaft, Forschung, Bildung, Kunst, Mode, und Lifestyle. Das Phänomen der Verdichtung von Innenstadtbereichen beschränkt sich aber nicht nur auf die rasch wachsenden und beliebten Großstädte wie München oder Berlin. Auch Städte mit rückgängiger Bevölkerung können durch gezielte Programme und architektonische sowie gesellschaftliche Projekte, die auf eine Belebung der Innenstädte abzielen, für vitalere, attraktivere Wohnumfelder sorgen und somit die eigene 20
2.5. Fazit Veränderungsdruck
Strahlkraft im Wettbewerb der Städte als Lebens- und Wirtschaftsstandort erhöhen. So gibt es in wirtschaftlich und gesellschaftlich abgehängten Kleinstädten in Ostdeutschland Bemühungen, die Besiedlungsstruktur von außen nach innen zu verkleinern. Plattenhaussiedlungen werden abgebrochen, um dem Leerstand und der Tristesse entgegenzuwirken und einer auf den Kern verdichteten Stadt mit effizienter und hochwertiger Infrastruktur wieder eine Zukunftsperspektive zu bieten. Egal aus welchen Gründen der Einzelne in eine Stadt zieht, es ist auch die Aufgabe von Architekten, diesen Lebensraum für die Anforderungen der Menschen zu gestalten. Im besten Fall fördert die Stadtarchitektur ein positives gesellschaftliches Klima. Abb. 1 Bal du moulin de la Galette, Pierre-August Renoir, 1876 das Gemälde des französischen Impressionisten zeigt eine ausgelassene Festgesellschaft im Pariser Montmartre
Die folgenden Kapitel stellen Projekte vor, die zeigen, wie die Architektur auf die Veränderungen der Bedürfnisse ans Wohnen eingeht und wie sie trotz – oder wegen – der Verdichtung der Städte für qualitativ hochwertige Lebensräume sorgen kann.
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22
3. Historische Wohnformen
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Das traditionelle japanische Stadthaus Machiya wurde im frühen 17. Jahrhundert in Kyoto, dem damaligen kulturellen Zentrum Japans, entwickelt und beeinflusste in der Folgezeit bis ins 19. Jahrhundert ähnliche Bauten im ganzen Land. In Kyoto war der Bau von Häusern nicht in dem Maß durch Beschränkungen geregelt wie
3.1. Das Traditionelle Japanische Stadthaus
in anderen Regionen, weshalb hier mit einer großen schöpferischen Freiheit gebaut werden konnte.1 Als Wohn- und Geschäftshaus von städtischen Händlern und Handwerkern folgt das Machiya in seiner Anlage einer Ästhetik von Einfachheit, Subtilität und Bescheidenheit. Der kleine eingefriedete Garten mit Lagerhaus und das eigentliche aufgeständerte Holzfachwerk-Wohnhaus mit vorgelagertem Geschäftsbereich bilden eine Einheit. Aufgrund der dichten Bebauung der japanischen Städte und der Steuern, die sich an der Breite der Straßenfront orientierten, sind die Machiya sehr schmal und tief angelegt. Auf der einen Seite des Gebäudes befindet sich ein über die gesamte Tiefe erstreckender Korridor auf Straßenniveau mit einem Boden aus gestampftem Lehm. Hier befindet sich der Eingang, sowie die Küche und die Toilette am Ende des Hauses. Dieser Korridor verbindet den zur Straße hin orientierten Geschäfts1 Teiji Itoh, Alte Häuser in Japan, Hrsg. u. fotogr. von Yukio Futagawa, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, 1984, S. 186
24
Abb. 1 Außenansicht eines Machiya
Abb. 2 Tokonoma, die dekorative Bildnische, Shoji und Tatami sind wesentliche Bestandteile der traditionellen japanischen Wohnarchitektur
bereich mit den Wohnräumen in der Mitte und dem Lagerhaus und Garten im hinteren Teil des Gebäudes. Die Wohn- und Geschäftsräume sind um ca. 50 cm über Straßenniveau aufgeständert. Die meisten Machiya haben die Traufseite der flach geneigten mit Tonziegeln gedeckten Dächer zur Straßenfront orientiert. Diese, mit einem flachen Dachüberstand darunter und den hölzernen KōshiGitterelementen, hinter denen sich das Geschäft befindet, prägen das Erscheinungsbild ganzer Straßenzüge. Auf der strengen Regelmäßigkeit des Tatami, einer weichen Bodenmatte aus Reisstroh und Binsen, die in ihrer Proportion der Fläche entspricht, die ein Mensch zum Liegen benötigt (je nach Region ca. 0,90 mal 1,80 m), bauen die Dimensionen aller Räume des Hauses auf. So hat ein Standardzimmer die Größe von 6 Tatami (ca. 10 m2) und ein Teezimmer die Größe von 4,5 Tatami (ca. 7,3 m2). Neben den Tatami sind die Shoji- und die FusumaSchiebeelemente
wichtige
Gestaltungsmerkmale.
Während die Fusuma-Elemente opake bemalte Schiebetüren aus Holz, Pappe und Papier sind und den Innenraum des Gebäudes beliebig in größere und kleinere Zimmer aufteilen, sind die Shoji filigrane mit transparentem Reispapier bespannte Holzrahmen, die den Innenraum nach außen hin abschließen. Auch die25
se lassen sich flexibel verschieben und ermöglichen so eine komplette Öffnung des Hauses über die Veranda in den Garten. Eine Eigenheit der japanischen Wohnhäuser ist die
" Abb. 3 Tatami, Shoji und Fusuma im Katsura-Palast in Kyoto ( Abb. 4 Axonometrische Darstellung eines Machiya
Zweckunbestimmtheit der Wohnräume. Diese sind fast völlig frei von Möbeln, es gibt lediglich Stauraum in Form von Wandschränken. Für das Essen wird ein flacher Holztisch hineingetragen, gegessen wird auf dem Boden sitzend. Zum Schlafen werden Futons auf dem Boden ausgerollt. So kann jeder Wohnraum verschiedenste Aufgaben erfüllen. Eine als Engawa bezeichnete hölzerne Veranda bildet den Übergang von Innenraum und Garten, den man über eine Steinstufe erreicht. Dem 0,80 m bis 1,90 m breiten Engawa kommt nicht nur die Funktion eines halboffenen Außenkorridors zu, er bietet im Sommer als lichtgedämpfter Vorraum Schatten und im Winter die Möglichkeit, die Sonnenwärme zu genießen. Außerdem dient er den empfindlichen Shoji als Witterungsschutz. Die kleinen Gärten auf der Rückseite der Machiya sind von Mauern umgeben und bieten keinerlei Blicke nach außen. Hier herrscht eine introvertierte bis meditative Atmosphäre. Sie reichen in ihrer Gestaltung von sehr puristischen Anlagen mit wenigen Pflanzen oder einem Steinbassin hin zu komplexen Kompositionen aus Pflanzen, Steinen, Brücken, Laternen und anderen Gestaltungselementen der japanischen Gartenkunst und sollen das Leben im Haus gestalterisch ergänzen.
Abb. 2 Meditativer Garten als Erweiterung der Wohnung
26
1 Haupteingang 2 Eingangshalle 3 Gesch채ft 4 Formeller Privateingang 5 Formeller Eingangsraum 6 Garten 7 Privateingang 8 Wohnzimmer 9 Korridor und K체che 10 Dienstk체che
11 Toiletten 12 Bad 13 Lagerhaus 14 Garten 15 Empfangszimmer
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Der im Jahr 1853 vom französischen Kaiser Napoleon III. zum Präfekten des Départements Seine ernannte Georges-Eugène Haussmann wurde mit einer umfangreichen Umgestaltung von Paris beauftragt. Die beispiellosen Planungen Haussmanns bestimmen bis
3.2. Der Umbau von Paris im 19. Jahrhundert
heute das Stadtbild und dienten Städtebauern weltweit als Vorbild. Beeindruckt von Metropolen wie London oder St. Petersburg wollte der Kaiser auch für Frankreich eine prachtvolle und den Anforderungen einer modernen Industrienation gerechte Hauptstadt. Ziel der Umgestaltung war die Verbesserung der Lebensverhältnisse der arbeitenden Bevölkerung, die in den engen und dunklen mittelalterlichen Stadtquartieren unter Übervölkerung, Armut, Krankheit und einer schlechten Wasserver- und entsorgung litt. Nach zahlreichen bewaffneten Aufständen in den Armenvierteln wollte man die Stadt befrieden. Haussmann durchzog die ganze Stadt mit neuen, breiten Boulevards und Avenues und ließ dafür ganze Stadtteile dem Erdboden gleichmachen. In seiner Amtszeit bis 1870 wurden insgesamt 19.730 alte Ge28
Abb. 2 Haussmanns Strategie in einer zeitgenössischen Karikatur: Abriss und Neubau
! Abb. 1 Avenue de l‘Opéra: hier verschwand ein ganzes mittelalterliches Stadtviertel " Abb. 3 Eingriffe Haussmanns: schwarz: neue Straßen kariert: neue Stadtviertel liniert: Parkanlagen
bäude abgerissen und 34.000 neu gebaut.1 Eine leistungsstarke Kanalisation verbesserte die hygienischen Bedingungen, Bahnhöfe, Brücken, Theater und Schulen wurden gebaut und öffentliche Parks in der ganzen Stadt angelegt. Haussmann folgte in der Anlage der Straßen barocken Vorbildern wie der bereits seit dem 17. jahrhundert angelegten Avenue des Champs-Élysées und verband mit den Straßen als Sichtachsen bestehende und neue Monumentalbauten wie Theater und Kirchen als Blickpunkte. Besonders markante Beispiele sind die sternförmig auf den Triumphbogen zulaufenden Avenues oder die Avenue de l‘Opéra mit der Opéra Garnier als Abb. 4 Luftbildausschnitt von Paris 2014
städtebauliche Dominante (s. Abb. 1). 1
de Moncan, Le Paris d‘Haussmann, S. 172
29
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! Abb. 5 Lebensverhältnisse in den verschiedenen Etagen (Schnittzeichnung von 1953)
Im Bestreben nach Regelmäßigkeit und Einheitlichkeit wurde auch die Ausgestaltung der neuen Hausfassaden streng geregelt. Quartierseinheitliche Höhen, Materialität und Farbe und sogar die Verpflichtung, die Fassaden regelmäßig sauber zu halten wurden festgelegt. So entstand das für Paris heute noch so typische Wohnhaus der Haussmann-Ära. Dieses ordnet sich optisch dem städtischen Gesamtbild unter. Weniger ging es um architektonische Individualität als um die Harmonisierung der Straßenzüge. Die fünf- bis siebengeschossigen Gebäude sind als Wohnhäuser für Familien verschiedener gesellschaftlicher Schichten ein Spiegelbild der aufkommenden bürgerlichen Gesellschaft, die sich auch in der Fassadengestaltung abbildet. Das Erdgeschoss dient zumeist als Ladenlokal. Große z.T. mit Markisen beschattete Schaufenster öffnen die Geschäfte zum Straßenraum. Das darüber liegende Mezzaningeschoss mit relativ geringen Raumhöhen und kleineren Fenstern beherbergt weitere Geschäftsflächen, Bürooder Werkstatträume und die Wohnungen der Ladenbesitzer. In der horizontal gegliederten Fassade dient dieses Geschoss auch der optischen Überhöhung der darüber liegenden Étage noble, in der sich die prächtigen und großen Wohnungen des reichen Bürgertums befinden. Diese sind, auch ohne Aufzug noch gut zu erreichen und trotzdem weit genug entfernt vom Straßenlärm, besonders begehrt. Die großen Raumhöhen, reich verzierte Fenster und ein umlaufender Balkon tragen die besondere Exklusivität dieser Etage nach außen. Nach oben hin nehmen die Wohnungsgrößen ab, die Zahl der Mieter zu.1 Im Dachgeschoss wohnen die Armen und die Künstler.
1
Werner Müller, Gunther Vogel, dtv-Atlas Baukunst, Band 2, Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 1981, S. 539
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3.3. Die Berliner Mietskaserne
Die Typologie der Mietskaserne entstand in Berlin ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die Stadt während der Industrialisierung einen beispiellosen Zuzug von Arbeitern und damit eine große Wohnungsnot erlebte. Grundlage der Stadtentwicklung war zu dieser Zeit der 1862 in Kraft getretene Bebauungsplan von James Hobrecht, der die Besiedlung der Gebiete rund um das Berliner Zentrum steuerte. Der Hobrecht-Plan regelte den Verlauf der Straßen und formte so die Außenkanten der Wohnblocks, innerhalb derer die privaten Bauherren, meist wohlhabende Großgrundbesitzer, relativ frei gestalten konnten. Da sie den einfachen Fabrikarbeiten keine zu hohen Mieten abverlangen konnten, wurden die Innenflächen der Blocks zur Renditesteigerung bis in den letzten Winkel mit Seitenflügeln und Quergebäuden bebaut. Eine der wenigen Einschränkungen war die Vorgabe eines Minimalmaßes der Hinterhöfe von 5,34 x 5,34 Metern, um den pferdegezogenen Spritzenwagen der Feuerwehr Platz zum Wenden zu geben. Die in der Regel fünfgeschossigen straßenseitigen Vorderhäuser orientierten sich noch an der Gestaltung der städtischen Bürgerhäuser mit Stuck und hohen Raumhöhen und beherbergten wohlhabendere Angestellte in Wohnungen mit 3 bis 5 Zimmern. Die Qualität der Ausstattung zur Mitte des Baublocks
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% Abb. 1 Aufgrund der rasant wachsenden Bevölkerung konnten sogar über Hochbahnen gebaute Wohnungen gewinnbringend vermietet werden & Abb. 2 Durchfahrt von Meyers Hof & Abb. 3 Berliner Hinterhof 1952 " Abb. 4 Erdgeschossgrundriss von Meyers Hof
nahm hingegen immer weiter ab. Hier lebten die ärmsten Bevölkerungsschichten unter katastrophalen Bedingungen. Die Hinterhauswohnungen bestanden oft aus nicht mehr als einer beheizbaren Wohnküche und einem Schlafzimmer. Um sich die Miete leisten zu können, wurden die Betten an sogenannte Schlafgänger untervermietet. Sanitäre Anlagen gab es oft nur in Form von WC-Hütten in den Höfen. Erst in den 1920er Jahren wurden die einfachen Wohnungen mit geteilten Toiletten in den Treppenhäusern nachgerüstet. Mangelnde hygienische Bedingungen, Kälte und Feuchtigkeit und dazu die harte Arbeit in den Fabriken bescherten den Arbeiten Lebenserwartungen von nicht viel mehr als 50 Jahren. Eines der Extrembeispiele war die Wohnanlage Meyers Hof in der Ackerstraße. Hinter das Vorderhaus reihten sich 5 Quergebäude. Die Höfe waren mit Durchfahrten verbunden. Zu seinen Höchstzeiten beherbergte die Anlage in ca. 260 Kleinwohnungen über 2 000 Personen. Dazu kamen Werkstätten, Läden und Produktionsstätten z.B. für Knöpfe, Kämme oder Ladenkassen.1
1
Meyers Hof, Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/ Meyers_Hof, 17.07.2015, 13:15
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Die gezeigten historischen Wohnformen zeigen verschiedenartigen Umgang mit Dichte im urbanen Raum. Bei der Berliner Mietskaserne wird die extreme Enge zu einem humanitären Problem. Dagegen bieten die gleichen Gebäude nach haustechnischer Aufwertung und bei deutlich geringerer Belegung heute überaus beliebten Wohnraum. Die Kleinräumlichkeit des japanischen Gartens schafft es, im Gegensatz zum Hinterhof des historischen Berliner Mietshauses, gar eine meditative Kraft zu entfalten. Entwicklungen wie das Shoji und die Fusuma ermöglichen vielfältige Nutzungen auf kleinem Raum. Der Umbau von Paris machte aus dem dichten Gewirr der Altstadtgassen eine ebenso dichte, aber wesentlich großzügigere Stadtstruktur, die die Lebensbedingungen Tausender verbesserten, gleichzeitig aber einzigartige gewachsene Strukturen und Lebensweisen zerstörte. Generell waren die Städte fast aller vergangenen Epochen der Siedlungsgeschichte dicht bebaut und kompakt. Erst die Entwicklung von Massentransportmitteln und schließlich des Autos ermöglichten die immense flache Ausdehnungen unserer heutigen Metropolen. Das Auto prägte die städtische Entwicklung der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts mehr als jede andere Erfindung. Trabantenstädte und endlose Wohnsiedlungen wuchsen in die Landschaft. Heute wissen wir um die Probleme einer solchen Entwicklung und wenden uns wieder einer kompakteren Stadtstruktur zu. Die Vielfalt der historischen Stadtstrukturen bietet einen großen Schatz an Erfahrungen, die uns bei der Bewältigung der heutigen Probleme helfen können.
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3.4. Fazit Historische Wohnformen
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4. Strategien der Stadtverdichtung
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4.1. Umnutzung
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4.1.1. Bunker Sammlung Boros, Berlin Umbau Architekten: REALARCHITEKTUR Bauherr: Christian Boros Fertigstellung: 2007
Der 1942 errichtete Luftschutzbunker der Reichseisenbahn an der Ecke Reinhardtstraße / Albrechtstraße in Berlin Mitte diente im Zweiten Weltkrieg den Fahrgästen aus dem benachbarten Bahnhof Friedrichstraße als Schutz vor Luftangriffen. Auf fünf Geschossen, ummantelt von 1,80 m dicken Wänden und einer 3 m dicken Decke, bot der Bunker 3000 Menschen einen sicheren Sitzplatz.1 Die massive Stahlbetonkonstruktion ist streng achsensymmetrisch aufgebaut. Auf allen vier Seiten ermöglichten je zwei Zugänge mit vier Treppenanlagen einen schnellen Zugang zum Gebäude für viele Menschen gleichzeitig. Die klassizistisch inspirierten Fassaden des heute unter Denkmalschutz stehenden Bauwerks zeigen erstaunlich feine Details für ein solches Kriegsbollwerk. 1 Hochbunker in Berlin, Wohnen und Kunst in blauem Beton, Baunetz Wissen Beton, http://www.baunetzwissen.de/ objektartikel/Beton_Hochbunker-in-Berlin_614328.html, 30.06.15, 17:45
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% Abb. 1 Bunker von der Reinhardtstraße aus gesehen # Abb. 2 Die Sammlung wird im Zusammenspiel mit den ursprünglich belassenen Betonwänden präsentiert & Abb. 3 Eines der Schlafzimmer an den Gebäudeecken & Abb. 4 Blick vom Essbereich in das galerieähnliche Zentrum des Wohngeschosses & Abb. 5 Konzeptskizzen Sammlung und Wohnung " Abb. 6 Grundriss Wohngeschoss, 1:1000
Nach dem Krieg diente der Bunker als Militärgefängnis, Obst- und Gemüselager und als Location für Techno- und Fetischparties in den wilden Jahren des Berlins der 90er. Im Jahr 2003 kaufte schließlich der Verleger und Agenturchef Christian Boros den Bunker, um mit seiner Familie an einem Ort mit seiner umfangreichen Sammlung moderner Kunst leben zu können. Die rauen Betonwände und die Orientierungslosigkeit hervorrufende Gleichartigkeit der Architektur schienen perfekt zu der Sammlung zu passen. Mit dem Berliner Büro Realarchitektur plante Boros aber auch einige Änderungen des Bestands. Gezielt wurden Decken und Wände aus dem Innenleben des Bunkers herausgeschnitten, um aus den nur 2 bis 2,30 m hohen Räumen differenzierte Raumkonstelletionen für die Kunst zu machen. Die Nutzungsgeschichte, Schalungen und Stemmarbeiten bleiben am Beton sichtbar. Für den Sammler und seine Familie setzten die Architekten dem Bunker eine großzügige Wohnung auf. Auch hier ist rau geschalter Beton das dominierende Element. Eine quadratische Betondecke von 26x26 m wird fast stützenfrei von den innenliegenden Wänden getragen. Die Außenfassade als Stahl-Glassystem gibt jedoch den Blick frei auf eine umlaufende Dachterrasse und die umliegende Berliner Dachlandschaft. Für die Erschließung der Wohnung und einen Pool sowie die Wurzelgefäße der zahlreichen Bepflanzungen auf der Dachterrasse mussten 150 m3 Beton aus der Bunkerdecke gestemmt werden. Im Zentrum der offenen Wohnlandschaft befindet sich eine Galerie, die die Sammlung in die Wohnung hinein fortführt. 41
4.1.2. Parkhaus Stubengasse, Münster Umbau Architekten: Fritzen + Müller-Giebeler Bauherr: WBI – Westfälische Bauindustrie GmbH Fertigstellung: 2010
Die Umnutzung von leerstehenden Parkhäusern der 60er und 70er Jahre ist eine relativ neue Form der städtischen Verdichtung. Während Parkhäuser der 50er noch mit Geschäften, Restaurants und Tankstellen in den Erdgeschossen bespielt wurden, wurden spätere Gebäude seltener mit anderen Funktionen bestückt, weshalb sie oft wie Fremdkörper im Stadtgefüge wahrgenommen werden.1 Vorrangig liegt der Leerstand der alten Parkhäuser an den modernen Autos, die zu groß für die engen Parkbuchten und Rampen sind, weshalb man auf großzügiger dimensionierte moderne Tiefgaragen ausweicht.
% Abb. 1 Das Parkhaus an der Stubengasse wurde im Rahmen eines neuteten Kaufhof-Parkhauses in zentraler Lage erkannt en Stadtplatzes entwickelt und sich für einen Umbau entschieden. Die Architek" Abb. 2 Auf dem Dach entstand ein geten Fritzen + Müller-Giebeler bekamen den Auftrag, meinsamer Garten Räume für Handel, Büros, Wohnungen und ein Fahrrad" Abb. 3 Ausblick einer Privatwohnung 1 Florian Leclerc, Wohnen im Parkhaus, Frankfurter Rund- " Abb. 4 schau, 29.10.14, http://www.fr-online.de/stadtentwicklung/ Im EG macht das Stahlbeton parkhaeuser-wohnen-im-parkhaus,26042926,28890936. tragwerks die Vornutzung des html, 01.06.15, 15:00 Gebäudes besonders deutlich
In Münster hat man das Potenzial eines 1964 errich-
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depot in dem Gebäude zu vereinen. Besonders in dem zweigeschossigen Möbelgeschäft in den unteren Etagen lässt sich die Historie des Gebäudes noch erleben. Die versetzten Parkebenen wurden zum Teil entfernt, während das auskragende Stahlbetontragwerk erhalten blieb und den neu entstandenen Raum durchdringt. Eine große Glasfassade transportiert diesen Eindruck auch in den Außenraum. Auf den Bestand wurden zwei C-förmige Anordnungen von zweigeschossigen Wohnungen aufgesetzt, welche einen Innenhof auf der Höhe einer ehemaligen Parkebene umklammern. Die doppelgeschossigen Loggien in Richtung des belebten Stadtraums sind mit markanten Stahlgewebe-Vorhängen versehen, die eine Verschattung der Glasfassaden und die Wahrung der Privatsphäre der Bewohner ermöglichen. Die neue Klinker-Fassade orientiert sich am Bestand, Sichtbetonstreifen zeichnen die Höhen der ehemaligen Parkgeschosse nach.2 Deutschlandweit ist dieses Beispiel die erste Umnutzung seiner Art, verdeutlicht aber das enorme Potenzial der ungeliebten Gebäude. Die Präsidentin der AK Hessen zählt allein in Frankfurt a.M. einen Bestand von 20-25 potentiellen Umbaukandidaten. 2 Umbau ALTES PARKHAUS Stubengasse, Fritzen + Müller- Giebeler, http://www.fritzen-muellergiebeler.de/verwal tung-dienstleistung-handel/umbau-altes-parkhaus-stu bengasse-muenster, 01.06.15, 15:50
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4.1.3. Stoschek Collection, Düsseldorf Umbau Architekten: Kuehn Malvezzi Bauherr: Julia Stoschek Foundation Fertigstellung: 2007
Das imposante viergeschossige Fabrikgebäude, das heute die wechselnden Ausstellungen der Kunstsammlerin Julia Stoschek und ihre Privatwohnung beherbergt, wurde 1907 von einer Firma für Bühnenausstattung erbaut. Im Laufe des folgenden Jahrhunderts bewies das Gebäude seine vielfältige Nutzbarkeit. So wurden hier unter anderem Motoren für Luftschiffe getestet, Damenkorsette, Leuchtmittel, Matratzen und Rahmen und Leisten produziert, bis das Gebäude 20051 von der wohlhabenden Industriellenenkelin gekauft wurde. Nach einem eingeladenen Wettbewerb wurden die Berliner Architekten Kuehn Malvezzi mit dem Umbau des Gebäudes beauftragt. 1
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Historie, Julia Stoschek Collection, http://www.julia- stoschek-collection.net/sammlung/architektur/historie.html 02.07.15, 14:15
% Abb. 1-2 Das Dach und der herausgefaltete Glasquader von außen und innen & Abb. 3-6 Schnitt, 3., 2., 1. OG, 1:2000 " Abb. 7 Dachterrasse auf dem Glasquader " Abb. 8 Außenansicht " Abb. 9-10 Innenansichten der Ausstellung
Aufgrund von Denkmalauflagen konnten die Fenster nicht wesentlich verändert, nur erneuert werden. Um die Interaktion mit dem Außenraum auf einige wenige wohlgesetzte Situationen zu fokussieren, wurden geschlossene weiße Boxen in die unteren Geschosse der Sammlung gestellt, in denen Videoarbeiten präsentiert werden. Die umgebenen Hüllen bieten Platz für Fotokunst. Ein Deckeneinschnitt direkt über dem Eingang im EG lässt Blickverbindungen in das zweite Ausstellungsgeschoss zu. Im 12 m hohen 3. OG erstreckt sich die großzügige Privatwohnung der Sammlerin über den gesamten Dachraum, den sie auch für besondere Events ihren Gästen öffnet. Ein in den Raum eingestellter Block bildet ein viertes Geschoss, einen Raum im Raum, in dem sich die privaten Schlafzimmer befinden. Über diesen Block erhebt sich eie Treppe, die zu der Dachterrasse führt, die sich auf einem aus dem Dach gefalteten Glasquader befindet. Dieser ist die einzige größere Veränderung der äußeren Erscheinung, die der Denkmalschutz den Architekten gestattete. Er nimmt die exakte Position des ehemaligen Firmenschriftzugs ein und ist auch heute als ein Markenzeichen der Sammlung zu sehen. Die Böden wurden dunkelgrau, die gesamten Decken und Wände weiß gestrichen. Die Farbe Weiß neutralisiert die Nostalgik des Ortes und verbindet Sammlung und Wohnung zu einer Einheit.2 2
Simona Malvezzi, Julia Stoschek Collection, Domus 913, 04.2008, S. 109
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4.2. Revitalisierung
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Der 1958-61 von Raymond Lopez und Eugéne Beaudouin erbaute Tour Bois Le Prêtre als größerer Bruder eines zuvor im Berliner Hansaviertel errichteten Wohnhochhauses galt bei seiner Einweihung als Vorzeige-
4.2.1. Tour Bois le Prêtre, Paris
projekt der Nachkriegsmoderne. Als Teil der Grands
Umbau
Ensembles, einer Reihe großer Wohnanlagen entlang
Architekten: Druot, Laca-
der Pariser Ringautobahn Boulevard Périphérique, we-
ton & Vassal
niger wertgeschätzt als sein Berliner Bruder, gehörte
Bauherr: Paris Habitat
er Mitte der 1990er Jahre eigentlich zu den Abrisskan-
Fertigstellung: 2011
didaten der Agence National pour la Rénovation Urbain, die innerhalb von zehn Jahren 25 Mrd Euro in die Aufwertung der Großwohnanlagen investiert. Die ursprünglich filigranen industriell gefertigten Stahlfenster waren bei einer haustechnischen Sanierung in den 1980er Jahren durch dicke PVC-Rahmen ersetzt und das Gebäude in ein 16-cm-Dämmsystem unter rosaroten Fassadenplatten gepresst worden. So wurde aus dem einstigen Prestigebau eines jener gesichtslosen und verwahrlosten Wohnbauten der Pariser Peripherie, das viele im Rahmen einer „Stadtkosmetik“ gerne abgerissen hätten. Beim Tour Bois Le Prêtre entschied man sich jedoch für eine andere Strategie. Nachdem die Architekten Anne Lacaton, Jean-Philippe Vassal und Frédéric Druot be48
# Abb. 1 Turm nach Umbau & Abb. 2 Neuer Wintergarten " Abb. 3; 4 Originalzustand 1961; Nach haustechnischer rung 1990
Sanie-
reits 2004 eine Studie für das französische Kulturministerium über die Grands Ensembles angefertigt hatten, konnten sie Ende 2005 auch einen eingeladenen Wettbewerb zum Umbau des Wohnhauses für sich entscheiden. In der Studie „PLUS - Les grands ensembles de logements - Territoires d‘exception“ wenden sich die Architekten vehement gegen die Abrissvorhaben, schließlich brächten die Großwohnanlagen die Potenziale ihrer Aufwertung bereits mit: freier Blick (sogar bis zum Eiffelturm), umgebenes Grün, Offenheit und Höhe, in Paris fast unbezahlbare Qualitäten. Die städtebaulichen Fehler der Nachkriegsmoderne sollten nicht durch Kahlschlag, sondern mit der Verbesserung der einzelnen Wohnungen angegangen werden. Die drei Architekten fordern außerdem eine ökologische Verwendung von Ressourcen wie Baumaterial und, in Paris besonders wertvoll, Baugrund. Der ökonomische Faktor spricht für die Strategie: Für Abriss und Neubau einer Wohnung der Grands Ensembles werden im Schnitt 167.000 Euro veranschlagt, eine Summe, für die man mindestens zwei Wohnungen aufwerten kann.1 1
Doris Kleilein, Der Tour Bois-le-Prêtre in Paris – Sanierung durch Weiterbauen, Arch+ 203, 2011, S. 111
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alte Fassade
neue Schiebefenster
vorgesetzte Wintergärten, Balkone
Die Ergebnisse ihrer Studie konnten die drei Architekten beim Tour Bois Le Prêtre erstmals praktisch umsetzen. Sie verfolgten dabei nicht die Rückbesinnung auf die Ursprungsarchitektur, um einen möglichst originalgetreuen Zustand wieder herzustellen, sondern ein Konzept des „Weiterbauens“, das dem Gebäude von innen nach außen neues Leben einhauchen sollte. Wohnen solle Vergnügen bereiten, individuelle Lebensentwürfe ermöglichen und den entsprechend benötigten Platz zur Verfügung stellen. Mit minimalen Eingriffen wurden maximale Verbesserungen der Wohnsituation erzielt. Mit einer Anti-Prestige-Haltung verbinden die Architekten Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit mit dem Verlangen nach mehr Platz. So wurden besonders kostengünstige Materialien und Massenware verbaut. Zu den Eingriffen gehörten bescheidene Änderungen der Grundrisse, der Einbau von zwei neuen Fahrstühlen, die den barrierefreien Zugang zu allen Wohnungen ermöglichen und die Entwicklung einer neuen Gebäudehülle, die zudem zusätzlichen Raum enthält: Die alte Fassade wurde mitsamt der Fenster Stück für Stück demontiert, an ihre Stelle kamen bodentiefe, großzügige Glasschiebefenster. Der eigentliche Clou aber sind die dem Gebäude wie ein Regal vorgestellten Wintergärten mit Polycarbonat-Schiebeelementen und Balkonen, die die kleinen Wohnungen auf ihrer 50
Abb. 5 Aufbau der neuen Hülle: Dämmvorhänge, bodentiefe Fenster, Wintergarten, PolycarbonatSchiebeelemente, Balkon
gesamten Breite um drei Meter erweitern. So bekam beispielsweise eine 44 m2 große Wohnung 26 m2 Außenwohnraum hinzu.1 Dieser gibt den Bewohnern nicht nur Platz zum Sonnen oder Kartenspielen, er dient auch als sommerlicher Wärmeschutz und als klimatische Pufferzone im Winter, wodurch der Energieverbrauch um 60 % reduziert werden konnte. So tritt der Turm auch einer Dämm-Manie entgegen, die nur das verputzte Wärmedämmverbundsystem als ökonomisches Mittel der Wahl kennt, indem es zeigt, dass ein günstiges und kreatives Dämmsystem auch leicht, ästhetisch und funktional sein kann. Von zentraler Bedeutung für das Funktionieren des neuen Konzepts ist die Umgestaltung der überdimensionierten und abweisenden Eingangszone im Erdgeschoss. Diese ist nun ebenerdig, statt wie vorher über eine vergitterte Treppe, zu erreichen und enthält gemeinschaftlich nutzbare Räume für Sprachschulen, Nachhilfe oder Aktionen der Mietergemeinschaft. Hier ist ein Ort der gemeinsamen Identität und Kommunikation entstanden, den es vorher im Haus nicht gab. Während der gesamten Bauarbeiten blieb das Haus bewohnt, Umzüge im Gebäude wurden mit den Bewohnern gemeinsam geplant, damit durch die Steigerung der Attraktivität die Mieter nicht von zahlungskräftigeren aus dem Haus verdrängt werden. Abb. 6-8 Transformation hülle
der
Gebäude-
1
Doris Kleilein, Der Tour Bois-le-Prêtre in Paris – Sanierung durch Weiterbauen, Arch+ 203, 2011, S. 113
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4.3. Rest- und Brachfl채chenentwicklung
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4.3.1. Brick House, London Neubau Architekten: Caruso St John Architects Bauherr: Privat Fertigstellung: 2005
Das Brick House der Architekten Adam Caruso und
GSEducationalVersion
Peter St John ist von der dicht mit viktorianischen Reihenhäusern bebauten Straße in Notting Hill kaum zu erahnen. Es schmiegt sich auf einem kleinen Restgrundstück dicht an die höheren umgebenen Wohnbauten. In einer anderen Stadt wäre eine solch schwierige „pferdekopfförmige“ Parzelle wohl nie bebaut worden, aber der Run auf Londoner Immobilien lässt nicht viele Grundstücke übrig. Die Architekten wollten nach einjähriger Suche nach einem geeigneten Grundstück schon fast aufgeben, als sie die kleine Parzelle als wohl letzte Möglichkeit in der ganzen Gegend fanden. Die Bauherren wünschten sich ein hohes Maß an Intimität, ohne auf die städtischen Qualitäten zu verzichten. Diese widersprüchlichen Anforderungen konnten gerade auf diesem Grundstück umgesetzt werden. 54
% Abb. 1 Wohn- und Kochbereich im OG # Abb. 2 Grundriss EG, 1:1000
Der Eingang ist nur durch die Durchfahrt eines benachbarten Gebäudes zu erreichen. Eine Rampe führt etwa einen Meter hinauf in das Wohngeschoss, wo der große Wohnbereich fast die gesamte Fläche einnimmt. Eine Betondecke faltet sich zeltartig über den Raum und gliedert ihn in verschiedene Bereiche. Über dem Esstisch ist sie am niedrigsten, während sie sich über dem Hauptwohnbereich fast kuppelartig erhebt. Unregelmäßige Einschnitte lassen Licht hineinfallen, das die gelblichen Backsteine, die im gesamten Inneren verbaut wurden, leuchten lässt. Im unteren Geschoss, halb unter Straßenniveau, befinden sich die privaten Schlafzimmer. Belichtet werden sie durch kleine eingefriedete Höfe, die die Intimität gegenüber der Nachbarn wahren und dennoch ein gewisses Gefühl von Platz vermitteln. Das Haus nutzt das kleine Grundstück voll aus, jedoch ohne den Nachbarn Blicke oder Licht zu nehmen. Es wird damit zu einem Vorbild für die Ausnutzung städtischer Restflächen, das mit Subtilität und Bescheidenheit auch die Belange der Nachbarn respektiert. Der Observer urteilt: „Good architecture was once descri# Abb. 3 Unregelmäßig eingeschnittene Tageslichtöffnungen in der gefalteten Decke des OG lassen zusätzliches Licht in den Raum # Abb. 4 unterer Treppenabsatz & Abb. 5 Schlafzimmer mit Blick in einen der privaten Höfe
bed as ,ordinariness and light‘. The Brick House is extraordinariness and light, so it is very good architecture indeed. Let‘s hope its example becomes less extraordinary in future.“1 1 Stephen Bayley, Clever brick! If only your average Berkeley Home could manage it, The Observer, 03.09.2006, http:// www.theguardian.com/artanddesign/2006/sep/03/ architecture.stirlingprize, 21.06.15, 15:50
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4.3.2. Studentenwohnheim, Genf Neubau Architekten: Lacroix Chessex Bauherr: Institut de Hautes Études Internationales du Développement Fertigstellung: 2012
Der Entwurf der Genfer Architekten Lacroix Chessex zeigt, wie auch unattraktiv erscheinende Brachflächen an urbanen Verkehrsachsen mit hochwertigeren Nutzungen als, wie bisher üblich, Lagern und Gewerbebetrieben bespielt werden können. Das Gebäude erschließt, in strategisch bester Lage zwischen dem Palais der Vereinten Nationen und dem Genfer See, eine bisherige Tabuzone für Wohnungsneubauten und beweist die Entwicklungstauglichkeit solcher, in nahezu allen westlichen Städten vorhandenen, Brachflächen. Der markante scharfkantig geschnittene Wohnhausriegel des Studentenwohnheims der Genfer Universität IHEID liegt direkt an dem breiten Gleisbett im Vorbereich eines Rangierbahnhofs. Das Gebäude folgt in leichtem Schwung den Gleisen und bedient sich eines 5-geschossigen Parkhauses als Sockel, wodurch das unterste Geschoss des Wohnriegels auf die Höhe einer benachbarten Brücke, welche direkt zum neu56
% Abb. 1 Die massiven Betonbrüstungen werden gemäß der Lärmeinwirkung nach oben hin niedriger " Abb. 2 Schnitt, das Wohnhaus baut auf einem 5-geschossigen Parkhaus auf " Abb. 3 Grundriss 2. OG
en Campus der Universität auf der anderen Seite der Gleise führt, gehoben wird. Hier befinden sich neben Fahrrad- und Versorgungsräumen auch ein großzügiger Eingangsbereich, eine Lounge, ein Fitnessstudio, ein Waschsalon und ein Café. Die dadurch entstehende gefühlte Großzügigkeit verbindet sich mit strenger Rationalität, so benötigt das langgestreckte Gebäude nur zwei Treppenhäuser und Lifte. Mit seinen durchgesteckten Wohnungen von 25 m2 für # Abb. 2 Laubengang und Begegnungszone # Abb. 3 Schlafzimmer nach Westen orientiert & Abb. 4 Der langgestreckte Riegel biegt sich entlang der Gleise
Einzelpersonen bis 115 m2 für WGs bietet das Haus 243 Studenten, Gastprofessoren und auch Familien vielfältige Wohnmöglichkeiten auf Grundlage eines einzigen Basisgrundrisses.1 Die Schlafzimmer und privaten Balkone liegen auf der ruhigeren Westseite Richtung Genfer See. Eingänge, Wohn- und Küchenräume orientieren sich zum großzügigen Laubengang auf der Ostseite, der zusätzlich als kommunikativer gemeinschaftlicher Außenbereich dient. Die Wohnungen, dominiert von Sichtbeton, weißem Putz und hellem Parkett, wirken kühl und schlicht, jedoch auch zeitgemäß und hochwertig. Äußerlich nimmt das Gebäude mit seinen der Lärmeinwirkung entsprechend nach oben hin niedriger werdenden Betonbrüstungen eindrücklich die Dynamik der Umgebung auf. 1
Peter Popp, Dynamischer Riegel: Studentenwohnheim in Genf, Detail 3/14, 2014, S. 165
57
58
4.4. Aufstockung
59
Das Wiener Architekturbüro PPAG architects entwarf für die Dachbodenbaugruppe Radetzkystraße nicht die übliche volumen- und profitmaximierte Lösung, sondern entwickelte die Dachaufstockung zugunsten maximaler Raumqualität. So wurden nur 60 % des
4.4.1. RadetzkystraSSe, Wien
maximal zulässigen Volumens tatsächlich bebaut, den
Umbau
Rest nehmen große Dachterrassen ein. Dahingehend
Architekten:
stellt das Projekt eine Besonderheit unter den vielen in
PPAG architects
den letzten Jahren vorgenommenen Dachausbauten
Bauherr:
in den zentralen Wiener Lagen dar.
Dachbodenbaugruppe
Man erreicht die neuen Wohnungen über einen Lift,
Radetzkystraße GesbR
der die Besucher mitten auf einen kleinen „Dorfplatz“
Fertigstellung: 2012
1
oben in der Dachlandschaft Wiens ausspuckt. Um diesen halböffentlichen Platz scharen sich die doppelstöckigen Apartments wie einzelne Häuser. Nach den Wünschen der einzelnen Bewohnergruppen in individuellen Workshops erarbeitet, bestehen sie aus unterschiedlich proportionierten Raumkuben. „All diese Wohnvorstellungen in eine konventionelle Dachhülle zu pressen schien uns erstens unmöglich und zweitens der Bauaufgabe nicht angemessen. Also haben wir uns entschieden, der Individualität freien Lauf zu lassen und ein Amalgam von Einfamilienhäusern zu entwer1
60
Martina Frühwirth, Dachausbau Radetzkystraße, 06.02.14, nextroom.at, http://www.nextroom.at/building.php?id= 36101, 21.06.15, 18:40
! Abb. 1 Außenansicht Straßenseite $ Abb. 2 Private Dachterrassen $ Abb. 3 Grundriss DG 1, 1:500 ( Abb. 4 Ansicht vom Innenhof ( Abb. 5 Wohnküche einer Privatwohnung
fen“, so Anna Pabelka von PPAG.2 In seiner Kubatur erscheint der Dachausbau kaum als eine Einheit, haben die Bewohnerwünsche doch zu sehr unterschiedlichen Konfigurationen geführt. Die Architekten vergleichen die Dachlandschaft mit einem tunesischen Dorf. Optisch zusammengebunden wird das Ensemble nur durch die homogenisiernde weiße Putzoberfläche und die von den Behörden geforderte Neigung der straßenseitigen Fassaden. Zu dem Trend der Dachaufstockungen in Wien sagt Pabelka: “Das Meiste erfolgt durch Anpassung, ganz unter dem Motto: ja nicht auffallen! Für uns jedoch beginnt über dem Gesims eine neue Null-Ebene über der Stadt, die es verdient, eigenständig behandelt zu werden.“3 2 Wojciech Cza ja, Über dem Gesims ein Amalgam von Einfa milienhäusern, derStandard.at, 14.03.14, http://derstandard. at/1392688300600/Ueber-dem-Gesims-ein-Amalgam- von-Einfamilienhaeusern, 21.06.15, 19:00 3 ebenda
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62
5. Gemeinschaftliche Wohnformen
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Die Sargfabrik und die Miss Sargfabrik in Wien bezeichnen sich selbst als größtes selbstverwaltetes Wohn- und Kulturprojekt in Österreich. Darin liegt auch die Besonderheit dieser zwei in unmittelbarer
5.1. Sargfabrik, Wien
Nachbarschaft liegender Wohnanlagen. Kein Inves-
Neubau
tor oder städtisches Wohnungsbauunternehmen hat
Architekten: BKK-3
dieses Projekt entwickelt, sondern ein bereits in den
Bauherr: Verein für Integ-
1980er Jahren gegründeter Verein von Bürgern, die
rative Lebensgestaltung
mit den hohen Mieten und der traditionellen kleinfami-
Fertigstellung:
liären Wohnsituation unzufrieden waren.
1996 (Sargfabrik)
1989 kaufte der Verein das Gebäude der ehemals
2000 (Miss Sargfabrik)
größten Sargfabrik der Donaumonarchie im Wiener Stadtteil Penzing. Nachdem erste Umbaupläne, die den Erhalt der alten Backsteingebäude vorsahen, an den Einsprüchen der Anwohner scheiterten, konnte erst 1994 mit dem zweijährigen Bau der neuen Sargfabrik nach Plänen des Büros BKK-2 (heute BKK-3) begonnen werden.1 Der stark verfallene Bestand wurde abgebrochen. Nur noch der Schornstein und der Name erinnern heute an die ursprüngliche Bestimmung des Ortes. 1
64
Sargfabrik, Architektur, http://sargfabrik.at/Home/Die- Sargfabrik/Architektur, 02.07.15, 12:40
# Abb. 1 Blick in den Garten der „alten“ Sargfabrik & Abb. 2, " 3 Die höhengestaffelten Wohnungen der Miss Sargfabrik bieten intime Schlafzimmer und großzügig hohe Wohnbereiche
Die Sargfabrik befindet sich im Inneren einer geschlossenen Blockstruktur, zwei Bestandsgebäude am Blockrand wurden in das Ensemble eingebunden. 2002 wurde ein Neubau in einer benachbarten Straße als Erweiterung des Wohnangebots eröffnet, die sogenannte Miss Sargfabrik, ebenfalls von den Architekten BKK-3. Schon die Farbe, ein kräftiges Orange, signalisiert, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Wohnungsbau handelt. Man will einen Gegenentwurf zum traditionellen Wohnen in der Enge der eigenen vier Wände praktizieren. Das Projekt soll Begegnungen zwischen Menschen verschiedenen Alters und unterschiedlicher Herkunft fördern. Mittlerweile werden einige Wohnungen von afrikanischen Flüchtlingen und einer integrativen Wohngruppe behinderter Menschen bewohnt. Ziel des Vereins ist das gemeinsame Leben ohne Gruppenzwang, jeder kann sich an den gemeinschaftlichen Tätigkeiten beteiligen, muss dies aber nicht. Offiziell wird das Projekt als Wohnheim betrieben. Durch diese Form konnten Förderungen für die vielfältigen Gemeinschaftseinrichtungen in Anspruch genommen werden. Zu diesen gahören ein kultureller 65
Veranstaltungssaal, Schwimmbad mit Sauna, Café, Seminarräume, Clubraum, Bibliothek, Waschsalon und Kita, Einrichtungen, die selbst in den meisten Luxuswohnanlagen nicht zu finden sind. Betrieben werden die Angebote durch ehrenamtliche Mitarbeit der Bewohner, aber auch Externe können zum Beispiel das Schwimmbad oder die Veranstaltungsräume nutzen. Regelmäßige Veranstaltungen wie Auftritte von Künstlern oder Kabarettisten sind eine Bereicherung für die kulturelle Vielfalt des gesamten Viertels. So profitieren auch andere Bewohner, die mit der gemeinschaftlichen Lebensform sonst nichts anfangen können. Nebenbei werden zusätzliche Einnahmen für den Unterhalt des Gebäudes generiert. So können die Unterhaltsbeiträge der Bewohner auf einem relativ niedrigen Niveau gehalten werden. Laubengänge oder der begrünte Dachgarten der Sargfabrik werden für gemeinsame Aktivitäten der Bewohner genutzt. Die Sargfabrik ist längst zu einem prägenden Vorbild für das selbstorganisierte Wohnen in der Gemeinschaft geworden. Sie zeigt eine Alternative zu den konventionellen investorenfinanzierten, oft auf reine Wirtschaftlichkeit angelegten, Wohnanlagen auf.
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Abb. 4 Regelmäßige Kulturveranstaltungen locken die Nachbarschaft
Abb. 5-6 Waschsalon und Clubraum in der Miss Sargfabrik Abb. 7-8 Badehaus und Veranstaltungsfoyer in der Sargfabrik
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5.2. Moriyama House, Tokio Neubau Architekt: Ryue Nishizawa Bauherr: Privat Fertigstellung: 2005
Abb. 1 Zwischen den Wohnboxen entsteht eine vielfältige Begegnungslandschaft
Das Moriyama House, in einem dichten Vorort im Süden Tokios gelegen, ist eigentlich kein Haus, sondern ein „dekonstruiertes Dorf.“1 Eigentlich wollte Herr Moriyama auf dem Grundstück, wo vorher sein Geburtshaus und der Sake-Laden seiner Eltern standen, nur ein Haus für sich und eines zum vermieten. Aber der Architekt Ryue Nishizawa überzeugte ihn davon, etwas anderes zu machen. Verteilt auf dem rechteckigen Grundstück stehen zehn ein- bis dreigeschossige strahlendweiße Wohnkuben, die eher wie freistehende Zimmer wirken. Dazwischen eine Landschaft aus Bäumen und Büschen, Wegen und Nischen, die in die öffentlichen Gassen des Viertels fließt. In den Kuben finden insgesamt 6 Wohnungen 1
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Niklas Maak, Wohnkomplex – Warum wir andere Häuser brauchen, Carl Hanser Verlag, München, 2014, S. 191
von 15 bis 30 m2 Größe Platz. Fünf davon vermietet er, die größte bewohnt der Hausherr selbst. Verschiedene Funktionen seiner Wohnung verteilen sich auf mehrere Boxen, weshalb er zum Beispiel das Badezimmer nur durch den Garten erreichen kann. Dieser wird zu einem offenen Korridor und nimmt damit die Rolle des traditionellen, aber in der modernen japanischen Architektur vergessenen, Engawa ein. Die tragenden Wände der Wohnkuben sind, auch für ein Land mit günstigen klimatischen Verhältnissen, mit nur 6 cm Dicke extrem dünn. Mit Stahlplatten verstärkt können sie riesige, fast überdimensioniert wirkende, Fenster aufnehmen. Bei so viel Transparenz könnte man schwere Vorhänge vermuten, aber die gibt es nicht. Die Wohnquader sind so positioniert und die Öffnungen so geschickt gegeneinander versetzt platziert, dass sich auch bei geöffneten Fenstern die Blicke der Mieter nicht kreuzen. Das „Haus“ bietet einen Platz für jede Gemütslage und jedes Wetter. Wenn es im Teeraum im 2. OG für Herrn Moriyama zu stickig und heiß wird, bietet das UntergeAbb. 2 Innenansicht des Teeraums im 2. OG
schoss Ruhe und Kühle, ohne eine Klimaanlage zu benötigen. Braucht einer der Bewohner seine Ruhe, ver-
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lässt er das Ensemble, ohne durch den Garten gehen zu müssen oder zieht sich in seinem eigenen Wohnkubus zurück. Wenn man aber will, setzt man sich mit den anderen Bewohnern zusammen auf die Dachterrasse und kommt ins diskutieren oder frühstückt im gemeinsamen Garten. „Man sitzt, zum ersten Mal, in einer Wohngemeinschaft, einer Kommune, die funktioniert – weil sie nicht in die falsche architektonische Form gezwungen wurde“1 schreibt der Architekturkritiker Niklas Maak. Jeder hat sein eigenes Bad, seine eigene Küche, so werden WG-übliche Streitpunkte von vornherein ausgeschlossen. Jeder kann sein eigener Herr im Haus sein, aber wenn gewünscht, ist Gesellschaft nicht weit. Es gibt weder Hecken noch Mauern, die die Privatsphäre der Bewohner verteidigen, keine physische Grenze hält einen Fremden vom Eintreten in die Gartenlandschaft ab. Die Übergänge zwischen Öffentlichem und Privatem sind fließend, die Zwischenzone in diesem Spannungsfeld bildet der Garten. Gerade deshalb scheint das dichte Zusammenleben mit Fremden hier so entspannt zu funktionieren. Die für Nishizawa typische pure Leichtigkeit der Architektur, die Präsenz der Natur und die Gesellschaft der Mitbewohner bereichern das Leben der Mieter über die bloßen Grundbedürfnisse des Wohnens hinaus.
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Niklas Maak, Wohnkomplex – Warum wir andere Häuser brauchen, Carl Hanser Verlag, München, 2014, S. 189
! Abb. 3 Grundriss EG, 1:400 " Abb. 4, 5 Straßenansicht
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6. Bewegen und Verweilen in der Stadt
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Die Nutzbarmachung des öffentlichen Straßenraums für Fußgänger und Fahrradfahrer ist in Städten wie Kopenhagen, Amsterdam oder Münster bereits stark ausgeprägt. Besonders die dänische Hauptstadt gilt
6.1. urbane Mobilität
als Musterbeispiel und Pionierstadt, was die Förderung einer neuen Fahrradkultur angeht. 55 % der Kopenhagener fahren mit dem Rad zur Schule oder zur Arbeit. Dies ist der Erfolg einer umfassenden Strategie, die das Fahrradfahren vor allem sicher und attraktiv machen soll. Besonders der Ausbau einer klar vom PKW-Verkehr getrennten Infrastruktur sorgt dafür, dass Radfahrer sich sicherer fühlen. Dies kostet Geld, ist aber weit günstiger als der Bau von U-Bahnen oder Stadtautobahnen und Parkhäusern. Die Ersparnisse durch eine verbesserte Gesundheit der Menschen sind kaum bezifferbar. Als ausschlaggebenden Faktor für den Umstieg aufs Rad nennen die meisten den Fahrtzeitvorteil, den das Fahrrad gegenüber anderen Verkehrsmitteln hat.1 Seit einigen Jahren wird dieser Gedanke in immer mehr Städten weltweit vorangetrieben. In Deutschland besonders in mittelgroßen Städten wie Münster oder Oldenburg, aber auch Berlin mit seinen vielen kleine1
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Matthias Breitinger, Mach‘s wie Kopenhagen, ZEIT ONLINE, 16.02.12, http://www.zeit.de/auto/2012-02/kopenhagen- fahrrad, 28.06.15, 14:30
Abb. 1-6 Der Blog Copenhagen Cycle Chic verbindet Mode mit einer um das Rad entstandenen Popkultur und zeigt die Alltäglichkeit als urbanes Verkehrsmittel
Abb. 7 Die Überfahrt über die Brooklyn Bridge mit dem Fahrrad war vor wenigen Jahren noch undenkbar
ren Zentren und breiten Straßen bietet gute Chancen, mehr Menschen aufs Rad zu bewegen. In den USA, die mit ihrer automobilen Verschwendungskultur für einen großen Teil des weltweiten Treibhausgasausstoßes verantwortlich sind, unternimmt vor allem New York City große Anstrengungen, eine grünere und lebenswertere Stadt zu werden. Hier hat man sich im Aktionsplan #OneNYC unter anderem das Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoß von 2005 bis 2050
Abb. 8 Mit den summer streets wird den Menschen die Möglichkeit gegeben, auf den Straßen ungestört zu flanieren oder Rad zu fahren, Park Avenue 2009
um 80 % zu verringern.2 Ein Baustein auf dem Weg zu diesem Ziel ist die Fokussierung auf effizientere Transportmittel. Um Fahrradfahren attraktiver zu machen, soll in New York nach Kopenhagener Modell ein Radwegenetz von 3000 km Länge entstehen.3 Um die Menschen zum generellen Umstieg auf das Fahrrad zu motivieren, werden in vielen Städten an bestimmten Wochentagen, meistens sonntags, wichtige Verkehrsstraßen für Autos gesperrt und komplett dem Fahrrad-, Skating-, und Fußgänger-Verkehr überlassen. „Die Leute nehmen Straßen und Plätze nicht mehr nur als einen Verkehrskorridor wahr, um von A nach B zu kommen, sondern als Orte, an denen man sich aufhält und andere Menschen trifft,“4 sagt die dänische Stadtplanerin Tina Saaby.
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#OneNYC, Vision 3: Sustainability, Goal 1, http://www1. nyc.gov/html/onenyc/visions/sustainability/goal-1.html, 26.06.15, 14:20 Jan Gehl, Städte für Menschen, jovis Verlag GmbH, Berlin, 2015, S. 222 Matthias Breitinger, Mach‘s wie Kopenhagen
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Die AGFS - Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW verfolgt das Ziel, die Städte durch verbesserte Bedingungen für Nahmobilität, Nahversorgung und
6.2. Nahmobilität in NRW
Naherholung attraktiver zu machen. 1993 als Zusammenschluss von 13 Städten, Kreisen und Gemeinden für die Förderung des Fahrradverkehrs gegründet, umfasst die Arbeit der AGFS heute mit mittlerweile 71 Mitgliedsgemeinden die Förderung des gesamten Spektrums nichtmotorisierter Mobilität und definiert die Stadt als Lebens- und Bewegungsraum. Die AGFS bringt Entscheidungsträger verschiedener Disziplinen in Kontakt und gibt ihnen konkrete Planungsansätze an die Hand. Weltweit gibt es in Städten ein Umdenken in Sachen alltäglicher Mobilität. Nachdem jahrzehntelang die
Interview
Stadt aus der Sicht des Autofahrers geplant wurde,
Dipl.-Ing. Christine Fuchs
treten heute aus vielfältigen Gründen das Fahrradfah-
Vorstand der AGFS –
ren und Zufußgehen in den Fokus. Sie haben sich in
Arbeitsgemeinschaft
NRW als zentraler Vermittler für diesen Umstieg po-
fußgänger- und fahr-
sitioniert. Warum eigentlich ist dieser Umstieg nötig?
radfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in
Die Hauptfrage, die wir uns heute stellen müssen, ist: Wie wollen wir in Zukunft leben, wohnen und mobil sein? Eine Frage, die immer drängender wird: Einerseits brauchen wir eine leistungsfähige Infrastruktur als Rückgrat unserer Wirtschaft, andererseits sind die Kapazitäten vielfach erschöpft. Wenn wir Zukunftsfähigkeit sichern wollen, müssen wir umdenken. Wie schaffen wir die Grundbedingungen für eine in Zukunft bezahlbare private und gesellschaftliche Mobilität, die auch Kindern und Senioren als rapide wachsende Bevölkerungsgruppen eine autonome Teilhabe gewährleisten? Wir brauchen nicht mehr die bestehende klassische auf das Kfz ausgerichtete Verkehrsinfrastruktur, sondern eine auf den Maßstab Mensch ausgerichtete Gestaltung. (...) Mehr Fuß- und Radverkehr entlasten Städte und Ge76
Nordrhein-Westfalen
meinden vom übermäßigen Kfz-Verkehr und schaffen damit wieder Freiräume. Die Nahmobilität ist der Grundbaustein für eine effiziente, gesunde, klima- und ressourcenschonende und nicht zuletzt bezahlbare Mobilität. (...) Eine Stadt als Lebens- und Bewegungsraum zeichnet sich aus durch optimale Bedingungen für die Nahmobilität, Naherholung und Nahversorgung. Sie definieren die „Stadt als Lebens- und Bewegungsraum.“ Da klingt mit, dass es nicht nur um effiziente Mobilität, sondern um eine attraktivere Stadt geht, die zu einem positiven Miteinander der Menschen anregt. Wie stellen Sie sich die Stadt und die Straßen der Zukunft vor? Unser Anspruch an die Stadt: urban, grün, nahmobil, kompakt. Städte haben erhebliche Platzprobleme, der Kfz-Verkehr lässt sich nicht mehr abwickeln. Die Ansätze für Nahmobilität müssen umfassend und konsequenter gedacht werden: - Wohnungsnahe Bewegungsräume beleben das Stadtquartier und die soziale Interaktion. - Eine Senkung der Verkehrsbelastung mindert Parkplatzprobleme und Emissionen. - Ein attraktives Umfeld ist ein Standortfaktor. - Kinder können selbstständig mobil sein. - Sichere barrierefreie Infrastruktur bietet selbstbestimmte Mobilität und Teilhabe von Senioren und Menschen mit Behinderung. Wir brauchen attraktive Bewegungs- und Aufenthaltsflächen, die geradezu zur eigenen Bewegung einladen und in der eigene Bewegung Spaß macht, sicher und schnell ist. Zufußgehen wird zur selbstverständlichen Verkehrsart, die einen eigenständigen Verkehrsraum braucht, der barrierefrei, adäquat dimensioniert und attraktiv gestaltet ist. Fußgänger und Fahrradfahrer sind von hoher sozialer, ökologischer und gesundheitlicher Bedeutung, sie ver77
netzen und beleben die Stadt und sind unzweifelhaft die effizienteste und umweltschonendste Verkehrsart. Wir sprechen hier nicht von Luxus, sondern von einer elementaren Grundlage für eine gesunde Gesellschaft, Menschen, Umwelt und für ein bezahlbares Gemeinwesen. (...) Die normalen Alltagsbewegungen Zufußgehen und Radfahren haben außerdem bereits enorme positive Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit. Wenn Bewegung zentraler Parameter für Gesundheit ist, dann muss regelmäßige körperliche Aktivität im Alltag die Basis gesundheitsfördernder Mobilität bilden. Ein Anteil von 60% nichtmotorisiertem Verkehr am Gesamtaufkommen ist Ihr erklärtes Ziel. Dies ist eine Größenordnung, die mit ca. 50 % heute nicht einmal in der Fahrradstadt Münster erreicht wird. Wie motiviert man so viele Menschen, das Auto stehen zu lassen? Ja, 60 % Nahmobilität im Modal Split ist unser Ziel. Die Nahmobilität wird hier zur Basis jeglicher Mobilität und zum heimlichen Massenverkehr. Diesen wird man schwerlich mit der heutigen Infrastruktur erreichen und aufnehmen können. Die Zeit der Radwegelchen ist vorbei. Wir brauchen für diesen Massenverkehr eine gute, sichere, komfortable Infrastruktur (...). Schauen wir auf den Fußgänger! Macht es in unseren Städten Spaß zu gehen? Unsere Gehwege sind voll mit Gerümpel, Pollern, Parkuhren, Schildermasten, Mülleimern, Werbeschildern und dazu versperrt der ruhende Autoverkehr oftmals die Wege. Mangelnde Querungsstellen, dazu lieblos gestaltet, zu schmale, schlecht unterhaltene Gehwege prägen vielerorts das Bild. Kurz gesagt: nur Restflächen werden den Fußgängern zugeteilt. Ein historischer Rückblick zeigt: Die Stadt ist seit der Antike eine Fußgängerstadt, am Maßstab Mensch orientiert. Die historischen Grundrisse und Strukturen sind vielfach noch erhalten. Bürgersteige, Plätze 78
Brachflächen, Promenaden, Quartiere und Parks können reaktiviert werden. Die neuen E-Bikes ermöglichen schnelle Fortbewegung und eine Ausweitung des Aktionsradius. Dort besteht doch ein Potential, auch diejenigen Pendler für das Fahrrad zu begeistern, denen es bisher zu anstrengend oder zu weit war? Ja, Pedelecs und E-Bikes erweitern das Spektrum. Die Kombination von Radschnellwegen und e-mobilen Rädern ist nicht nur eine attraktive Alternative für Berufspendler, sondern auch im Hinblick auf Lastentransporte, Tourismus, Freizeit, Sport und Gesundheit entstehen neue Chancen und Optionen für die gesamte Mobilität. Radschnellwege bieten die Chance, neue Reichweiten, neue Räume und neue – auch autoaffine – Zielgruppen zu erschließen. Wie sehen diese Radschnellwege aus? Radschnellwege sind qualitativ hochwertige, direkt geführte und leistungsstarke Verbindungen. Sie sind ein Premiumprodukt. Radschnellwege werden in der zukünftigen Mobilität als hochwertiges Netz- und Infrastrukturelement eine strategisch wichtige Funktion sowohl in der Attraktivierung und Potentialsteigerung des Radverkehrs als auch hinsichtlich der Reduktion des motorisierten Individualverkehrs erfüllen. „Fahrradfreundliche Stadt = umweltfreundliche Stadt = menschenfreundliche Stadt.“ Stimmen Sie zu? Ja genau, und dazu der Begriff fußgängerfreundliche Stadt. Wichtigste Vorgabe für die Planung von Stadträumen muss wieder die Orientierung am Maßstab Mensch sein. Vielen Dank! 79
6.3. Transformation Broadway, New York City Umbau Analyse und Pilotprojekt: Gehl Architects Dauerhafte Umsetzung: Snøhetta Bauherr: NYC Dept of Transportation, NYC Dept of Design and Construction Fertigstellung: 2009 (Pilotprojekt) 2015 (dauerhaft)
In den Jahren 2007 bis 2009 wurde das Büro des Kopenhagener Städteplaners Jan Gehl, der sich seit langem für einen Städtebau nach „menschlichem Maß“ einsetzt, von der New Yorker Stadtverwaltung beauftragt, das Verhalten der Einwohner im öffentlichen Straßenraum zu analysieren und Vorschläge für eine lebenswertere Stadtgestaltung zu machen. Nachdem jahrzehntelang die quantitative Ermittlung von Autoströmen die Stadtplaner zum Bau immer mehr und größerer Straßen veranlasst hatte, wurden erstmals die Fußgängerströme gemessen. Die Ergebnisse dienten als Grundlage für umfangreiche Umbauten im gesamten Stadtgebiet. Besonders in der öffentlichen Wahrnehmung aufgenommen werden die Transformation ikonischer Teile des Broadway, inklusive Times Square, Harold Square und Union Square. Gehls Messungen haben ergeben, dass auf dem Times Square 89 % der Fläche dem Autoverkehr überlassen wurden und nur 11 % den Fußgängern zur Verfügung standenn. Dabei sind etwa 90 % der Passanten Fußgänger und nur 10 % bewegen sich 80
% Abb. 1 Projektierte Neugestaltung des Times Square, Snøhetta " Abb. 2 Für Fußgänger und Flanierer zugänglich gemachter Platz an der Kreuzung Broadway / 5th Avenue " Abb. 3-4 Blick auf den Times Square vor und nach der Sperrung für den Autoverkehr
in einem Fahrzeug.1 Dieses Ungleichgewicht sollte durch eine Umverteilung der öffentlichen Fläche aufgelöst werden. Entlang des Broadway wurden an den Kreuzungspunkten mit den Avenues in einem Pilotprojekt „über Nacht“ große Flächen dem Straßenverkehr entzogen und den Fußgängern zugänglich gemacht. Der Times Square, dessen Bild früher von rasenden Taxis und übervollen Gehwegen dominiert wurde, kann endlich als wirklicher Platz wahrgenommen werden. Tische, Stühle und Sonnenschirme wurden aufgestellt und erzeugen eine Atmosphäre, die menschliche Begegnungen fördert. Bis Ende 2015 wird die Transformation des Times Square nach einem Entwurf von Snøhetta dauerhaft implementiert. Eine Fußgängerzone mit Sitzmöglichkeiten gibt den Besuchern endlich Raum, den imposanten Platz voll auf sich wirken zu lassen.
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World Class Streets – Remaking New York City‘s Public Realm, 2008, S. 33, http://issuu.com/gehlarchitects/docs/ issuu_561_new_york_world_class_stre, 01.06.15, 18:20
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Die Nordbahntrasse ist ein zu einem Fahrrad-, Gehund Skating-Weg umgebautes 23 km langes Teilstück der stillgelegten Eisenbahnstrecke Düsseldorf Derendorf – Dortmund Süd auf den Nordhöhen der Stadt Wuppertal. Die in Deutschland häufiger zu findende Umnutzung hat in Wuppertal ihre Besonderheit in der absolut urbanen Lage. Im direkten Einzugsgebiet von einem Kilometer entlang der Trasse leben ca. 100 000 Einwohner. Für das bergige Wuppertal ist dieser durch sechs Tunnel und über vier steinerne Viadukte in Ost-WestRichtung entlang der Hauptausdehnung der Stadt verlaufende Weg ein Quantensprung. Erstmals lassen sich weitere Entfernungen innerhalb der Stadt nahezu kreuzungsfrei und eben mit dem Fahrrad bewältigen. So ist sie nicht nur für Freizeitler, sondern auch für Pendler, Schüler oder Studenten attraktiv. Darüber hinaus ist die Nordbahntrasse ein vielbeachtetes und mehrfach ausgezeichnetes Beispiel von bürgerschaftlichem Engagement in einer finanziell klammen Stadt. Der 2006 gegründete gemeinnützige Verein Wuppertalbewegung, dessen Vereinszweck die Förderung von privatem Engagement in der Stadtent82
6.4. Nordbahntrasse, Wuppertal
! Abb. 1 Die ehemaligen Bahngebäude wie der Mirker Bahnhof mit seinem Café wurden zu beliebten Anziehungspunkten der Trassenbesucher und beleben auch die umliegenden Stadtquartiere $ Abb. 2 Wo die Trasse über Viadukte verläuft, ergeben sich neue Ausblicke auf die Stadt
wicklung ist, konnte durch eine Machbarkeitsstudie und Werben in der Politik und der Öffentlichkeit Spenden und öffentliche Gelder für den Umbau der Strecke akquirieren. Die Transformation der 1999 entgültig stillgelegte Linie wurde von 2006 an mit freiwilligen Mitmachaktionen begonnen. Der Umbau und Unterhalt werden durch Arbeitskräfte des zweiten Arbeitsmarktes und freiwillige Streckenpaten gestützt. Dies senkt die Kosten und bindet zugleich die Wuppertaler aktiv in das Projekt mit ein. So konnte jeder beim sogenannten Bürgerpflastern seinen Beitrag zum Projekt leisten. 2014 wurde die Strecke in voller Länge eröffnet. Von den Viadukten und Bahndämmen bieten sich den Besuchern völlig neue Ausblicke auf die Stadt. Die Wuppertaler entwickeln so eine neue positive Identifikation mit ihrer Heimat. Durch den Impuls, den die vielen Besucher der Trasse auch auf ihre direkte Umgebung ausüben, konnten sich etliche weitere Projekte entlang der Strecke etablieren. So gründeten private Akteure, unter anderem aus Kultur, Wissenschaft, Gastronomie und Wirtschaft für den Erhalt des denkmalgeschützten Bahnhofsge-
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bäudes Mirke den Verein Utopiastadt. Sichtbarste Projekte sind die Einrichtung einer Gastronomie, eines Co-Working Space, eines sogenannten Reperatur-Cafés und eines Stadtgartens. Gegärtnert werden kann hier von jedem nach den Prinzipien des biologischen Gartenbaus. Was der Wuppertaler sonst in seinem privaten Schrebergarten tut, kann er hier mit anderen teilen. Über die gemeinsame Arbeit an einem Projekt wächst das Viertel zusammen. Die Mitglieder von Utopiastadt organisieren darüber hinaus Konzerte, Filmabende, Feste und Workshops zur nachhaltigen Gestaltung und Weiterentwicklung ihres Stadtquartiers. Neben den Aktivitäten rund um Utopiastadt wurden zahlreichere weitere Gastronomien in den ehemaligen Bahnhofsgebäuden entlang der Strecke eröffnet. Außerdem wurde im Osten der Stadt Deutschlands größte Parcours-Anlage in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Skatehalle eingerichtet. Studenten veranstalten nächtliche Parties in den Tunneln. Durch die Mobilisierung der Menschen aller Altersstufen schafft es das Projekt Nordbahntrasse, die Bürger der Stadt nicht nur physisch, sondern auch gesellschaftlich zu vernetzen und für einen positiven sozialen Wandel zu sorgen.
Abb. 3 Güterverkehr auf der Trasse 1969
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Abb. 4 Stadtgarten des UtopiastadtPtojekts Abb. 5 Parcours-Anlage Abb. 6 Einer der sechs Tunnel, die die Strecke dem Stadtgebiet durchquert
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6.5. High Line, New York City Umbau Architekten: Diller Scofidio + Renfro Landschaftsarchitektur: James Corner Field Operations (Projektleitung) Bauherr: New York City Fertigstellung: 2009, 2011, 2014
Abb. 1 Der neue Park verändert das Gesicht des ganzen Viertels
Die High Line in New York City ist ein größtenteils durch Spenden finanzierter öffentlicher Park, der auf den 2,5 km langen stillgelegten Gleisanlagen einer aufgeständerten Güterbahn angelegt wurde. Sie vermittelt auf beeindruckende Weise, wie durch bürgerschaftliches Engagement die postindustriellen Areale der Städte zu neuen Grün- und Erholungsräumen gewandelt werden können. Der lineare Park bietet mit seiner erhöhten Perspektive faszinierende Ein- und Ausblicke in das Leben auf den Straßen und in den Hinterhöfen der hippen Künstlerviertel West Chelsea und Meatpacking District. Seit dem 19. Jahrhundert befanden sich in diesem Teil der Stadt die großen Fabriken der Fleischverpa86
" Abb. 2 Westend-Cowboy auf der „Death Avenue“ " Abb. 3-4 High Line im Betrieb " Abb. 5-6 Die Fotografien von Joel Sternfeld machten das Potential der überwucherten Brache einer breiteren Öffentlichkeit bekannt & Abb. 7 Zwischen 2009 und 2014 kamen bereits über 20 Mio Besucher
ckungsindustrie, welche über eine auf der 10th Avenue verkehrende Eisenbahn beliefert wurden. Trotz des Einsatzes von berittenen Lotsen, den sogenannten West Side Cowboys, brachten die vielen Verkehrsunfälle der Straße den Beinamen „Death Avenue“ ein, weshalb man sich 1929 für den Bau einer mehr als 20 km langen Hochbahn entschloss; ein Millionenprojekt, das den Warentransport auf einem Niveau von 9 m über der Straße sicherer und effizinter machte. Nachdem allerdings seit den 1950ern das Highway-Netz der USA massiv ausgebaut wurde, verlagerte sich der Warentransport immer mehr auf die Straße. In den 60ern wurde der südliche Streckenteil abgerissen, 1980 lieferte der letzte Zug seine Ladung gefrorener Truthähne aus.1 In der Folgezeit fiel die High Line in einen über 20 jährigen Dornröschenschlaf. Ruderalvegetation überwucherte die Gleise und verwandelte die Hochbahn in einen wilden Grünstreifen. Immobilieninvestoren wollten die Strecke schon komplett abreißen, bis die 1999 gegründete Bürgerinitiative Friends of the High Line mit Unterstützung der lokalen Prominenz im Jahr 2003 1
History – A revitalized piece of New York City’s past, Friends of the High Line, https://www.thehighline.org/about, 25.06.15, 18:30
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Abb. 8 Die High Line lockt sogar Institutionen wie das Whitney Museum aus der noblen Upper East Side in den Meatpacking District, Neubau von Renzo Piano
den Stadtrat von einer Umnutzung als Public Space überzeugte. Einen internationalen Ideenwettbewerb konnten die Landschaftsarchitekten James Corner Field Operations und das Architekturbüro Diller Scofidio + Renfro für sich entscheiden. Nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen der Konstruktion wurde die High Line als linearer Park in drei Bauabschnitten von Süd nach Nord der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Konzept des Planungsteams macht die drei zeitlichen Entwicklungsphasen der High Line erlebbar: die Gleise wurden zum größten Teil erhalten und erinnern an den urspünglichen Zweck der Anlage, dazwischen wachsen 210 verschiedene heimische und winterfeste Gräser-, Stauden- und Baumarten, deren Auswahl sich an den 25 Jahren Wildwuchs orientiert. Ergänzt wird dieser Zustand durch die dritte Nutzungsphase in Form eines geschwungenen Weges aus Werksteinelementen, der die Besucher durch die verschiedenen Vegetationszonen führt. Die Bepflanzung wurde vom rennomierten niederländischen Landschaftsgärtner Piet Oudolf konzipiert, der in all seinen Arbeiten Wert auf ein saisonübergreifend funktionierendes Ökosystem legt. Blüte und Verfall der Pflanzen sind als natürlicher Kreislauf gleichermaßen Teil der Gestaltung. Es entstand ein erfrischender Ort des Schlenderns und Flanierens in einer Stadt des schnellen Gehens. Auch wirtschaftlich ist die High Line ein Erfolg, lockt sie doch vermehrt Investoren, Kulturtreibende und Geschäfte in den einst vernachlässigten Westen. 88
Abb. 9-12 Wie aufragende Bahnschwellen entwickeln sich Bänke und Hochbeete aus den auf dem Boden verlegten Werksteinelementen
Abb. 12-15 Die High Line aus verschiedenen Perspektiven, Fotografien von Iwan Baan
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7. Fazit
Zunächst wurde dargelegt, warum die Stadt als Wohn- und Lebensraum Zukunft hat und aus welchen Gründen dies sinnvoll ist. Nachdem einige historische Wohnformen analysiert wurden, wurden heutige Strategien der (Re-)verdichtung unserer Städte anhand von beispielhaften Projekten vorgestellt. Der Umfang der Vertiefung lässt erwarten, dass nicht alle Strategien und Möglichkeiten aufgezeigt wurden, sondern nur ein Überblick vermittelt wurde. Gerade in der Vielseitigkeit der urbanen Möglichkeiten liegt auch ihr Reiz. Im letzten Abschnitt der Arbeit, der Bachelorthesis, wird ein eigener Entwurf für die Umnutzung eines Industrieareals präsentiert. Die Erkenntnisse aus der Vertiefung werden hierein einfließen.
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ENTWURF
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8. Transformation eines Industrieareals an der Wupper
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Wuppertals Stadtbild ist wie das kaum einer anderen deutschen Großstadt in seiner Gesamtheit geprägt durch die Industriegeschichte, die untrennbar mit dem Fluss verbunden ist, der der Stadt ihren Namen gibt. Einst ließen sich an den Wupperauen Bleicher nieder,
8.1. Wuppertal – Der Fluss und die Fabriken
die mit dem sauberen Flusswasser Garn tränkten und auf den Wiesen in der Sonne bleichten. Hinzu kamen Spinner, Weber, Färber und Metall verarbeitende Betriebe. Aus England importierte Produktionstechniken machten die Städte entlang der Wupper während der Industrialisierung zu einer der reichsten Gegenden des Landes. Doch nicht alle profitierten von dem neuen Boom. Der Textilfabrikantensohn Friedrich Engels aus dem heutigen Wuppertal Barmen wendete sich heftig gegen das gesellschaftliche System, das Tausende von Menschen in ein Leben von Armut und harter Arbeit zwang. Mit dem Aufkommen von chemischer Bleiche und künstlichen Färbemitteln wurde die Textilindustrie entlang der Wupper zu einem schmutzigen Geschäft. Abwässer der Fabriken wurden ungeklärt in den Fluss geleitet. Er wurde, in ein steinernes Flussbett gemauert, zum Hinterhof der Fabriken und 1901 mit dem stählernen Tausendfüßer der Schwebebahn überbaut. Die 1869 geborene Dichterin Else Lasker-Schüler schrieb über ihre Heimat: „Am schwärzesten Fluss der Welt, der Wupper, lernt man erkennen, welche Menschen leuchten.“ Heute stehen die meisten Fabriken still. Bei einer Fahrt mit der Schwebebahn sieht man in viele leere Fenster. Doch der Fluss ist dank umfangreicher Klärmaßnahmen und begonnener Renaturierung nicht mehr die stinkende Kloake, sondern ein grünes Band, dass sich längs durch die gaze Stadt zieht. Fische und Vögel finden wieder einen Lebensraum. Der Fluss und die Fabriken bilden so eine einzigartige Basis für eine Belebung der ganzen Stadt.
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Abb. 1-9 Verlassene und wenige aktive Fabriken säumen den Verlauf der Wupper
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GSEducationalVersion
Das Elba-Areal ist das ehemalige Fabrikationsgelände des 1917 gegründeten Bürowaren-Herstellers Elba. Es liegt direkt am Wupperufer im westlich des Elberfelder
8.2. Das Elba-Areal
Zentrums gelegenen Quartier Arrenberg. 1930 wurde hier die Produktion unter anderem der berühmten schwarz-weiß melierten Elba-Ordner begonnen. Etliche Neuerungen wie die Pendelregistratur wurden hier entwickelt. Nachdem die Firma im Jahr 1998 Insolvenz anmelden musste, wurde die Produktion beendet und das Areal stand viele Jahre leer. Der zentral gelegene Arrenberg mit seinen zahlreichen Altbauten hatte sich in der Zwischenzeit von einem Problemviertel zu einem bei Studenten und jungen Leuten beliebten Wohnquartier entwickelt. Neue Ateliers, Architekturbüros, Cafés, Restaurants und eine Tango-Schule begonnen, die leerstehenden Ladenlokale wieder mit Leben zu füllen. Schließlich übernahm die unter anderem für das Konzept des Dortmunder U und etliche Projekte in Wuppertal bekannte Firmengruppe Küpper das Areal mit dem Ziel, es für neue Nutzungen nachhaltig zu entwickeln. Der größte Teil des 60 000 qm großen Elba-Geländes ist 2015 bereits entwickelt. Unter anderem hat sich ein BMW- und Mini-Händler mit einem Neubau niedergelassen. Ein Skulpturenweg verbindet Viertel mit der nahe gelegenen Schwebebahnstation Robert-DaumPlatz und der Fluss wurde auf einer Länge von 600 m renaturiert. Nur die unter Denkmalschutz stehende ehemalige Hefterei auf einem ca. 4 700 Quadratmeter großen Grundstück steht noch leer. In den Jahren 2008 und 2009 initiierten die neuen Eigentümer in den Räumlichkeiten mit dem Kunst-Cluster ein Zusammentreffen von Künstlern aus der ganzen Welt. Diese verwandelten das Gebäude in eine große offene Ausstellungsfläche und zeigten Gemälde, Installationen, Performances, Skulpturen und Filmkunst. Außerdem fand mehrere Jahre in den Sommermonaten die Partyreihe Sommerloch in dem Gebäude statt. 102
Abb. 1 (vorherige Doppelseite) Lage des Elba-Areals in Wuppertal, 1:20 000 & Abb. 2 Lage des Elba-Areals, 1:5 000 " Abb. 3 Das Ensemble der ehemaligen Hefterei aus der Luft
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Inspiriert durch die Zwischennutzung des Gebäudes als Standort für Kunst und gesellschaftlichen Austausch soll das Ensemble auch weiterhin der ganzen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Es entsteht ein multifunktionelles Quartierszentrum mit Wohnungen, Café, Auditorium, Veranstaltungssaal, Museum / Galerie, Künstlerwerkstatt und Co-Working Space. Eine Kaffeerösterei lässt wieder produzierendes Handwerk in die alte Fabrik einziehen und beliefert die im Viertel entstehende Kreativwirtschaft mit frischem Rohstoff. Ein Durchbruch der Ufermauern schafft endlich einen Zugang zum Fluss. Nachdem die Wupper Jahrzehntelang der Hinterhof der Fabriken war, wird ein Impuls zur Wiederentdeckung des einzigartigen grünen Bandes gegeben. Eine Freitreppe und eine Rampe bieten die Möglichkeit, bei einem Kaffee am Wasser zu sitzen oder mit einem Kanu auf Entdeckungsreise zu starten, während die Schwebebahn über den Köpfen fährt. Es entsteht kein exklusiver Rückzug für die neuen Bewohner des Hauses, sondern ein Begegnungsort für das ganze Quartier. Der hintere an der Wupper gelegene Gebäudeteil wird zu einem permanenten Ausstellungshaus. Die Gebäudekubatur wird dem Verlauf des Flusses entsprechend angepasst und um ein Stockwerk sowie eine offene Dachterrasse aufgestockt. Eine neue Hülle aus milchig weißem Bauprofilglas umhüllt den verbliebenen Bestand und bindet die Aufstockung mit ein. Das diffuse Licht bietet ideale Bedingungen für die Präsentation von Kunst. Hier wird der regen Wuppertaler Kunstszene und ihren Gästen ein würdiger Rahmen geboten, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Mit dem dauerhaften Kunst Cluster wird die Möglichkeit des kulturellen Austauschs und der Aneignung des Ortes durch die Kunst auch weiter gegeben. Die zwei größten Räume des hinteren Gebäudeteils dienen einerseits als offenes Atelier und als Ausstellungsfläche andererseits. Mit Hilfe von Vorhängen lässt sich der 106
8.3. Nutzungskonzept
Raum variabel aufteilen oder vergrößern. Die große Halle am westlichen Ende des Grundstücks wird durch minimale Einbauten zu einem Auditorium umgebaut. Hier lassen Musik, Theater oder Lesungen die Menschen zusammenkommen. Die Shed-Dach-Halle an der Wupper wird ein Veranstaltungssal mit direktem Blick auf den Fluss und die Schwebebahn. In den beiden unteren Geschossen des straßenseitigen Gebäudeteils entsteht ein Co-Working Space. Die junge Kreativwirtschaft, die begonnen hat, den Arrenberg für sich zu entdecken, bekommt hier die Möglichkeit, sich zu vernetzen. Mit einer Kaffeerösterei zieht wieder produzierendes Handwerk in das Gebäude ein. Es versorgt Wuppertaler Cafés und die Kreativwirtschaft mit dem nötigen Rohstoff. Ein Café zieht in das Foyer des Ausstellungshauses ein. Es lockt Besucher auch außerhalb des Kulturbetriebs an und wird so zum Treffpunkt im Quartier. Ein Großteil des Bestands ab dem ersten Obergeschoss wird zu Wohnraum umgewandelt. Die spezifische Kubatur des Bestands lässt vielfältige Zuschnitte von kleinen Einzimmerappartements mit Gemeinschaftsraum über Maisonetten bis zu größzügigen Etagenwohnungen zu.
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8.4. Planset
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Erdgeschoss 1:500
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A
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Erstes Obergeschoss 1:500
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Zweites Obergeschoss 1:500
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Ausstellungssaal
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Drittes Obergeschoss 1:500
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Ausstellungssaal
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Viertes Obergeschoss 1:500
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Maisonette
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Ansicht S端d
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Ansicht Ost
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Schnitt AA 1:500
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Schnitt BB 1:500
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Schnitt CC, Ansicht West 1:500
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Der Entwurf erhebt den Anspruch, dem Denkmalschutz gerecht zu werden. Daher wurde an dem straßenseitigen Bestandsgebäude äußerlich kaum etwas verändert. Die Transformation in diesem Geöudeteil beschränken sich hier auf die innere Entwicklung. Hier wurden teilweise Geschossdecken herausgenommen und Wände eingezogen. Entstanden ist eine Vielfalt an Nutzungen und Wohnungsgrößen. So möchte der Entwurf dem Anspruch einer sozialen Mischung nachkommen. Um eine Impulswirkung auf das Viertel zu erzielen, muss die Neuerung aber auch äußerlich in Erscheinung treten. Beim Vorbeifahren in der Schwebebahn muss man erkennen können: Hier ist etwas Neues entstanden. Dies wird mit der neuen Hülle des Ausstellungsgebäudes erreicht. Bauprofilglas ist ein Material, das aus dem Industriebau kommt. Somit stellt es in gewisser Weise eine logische Weiterentwicklung des Gebäudes dar. Das Ziel war, ein belebtes Quartierszentrum mit vielfältigen Nutzungen zu schaffen. Zu klären wäre die Frage, ob der Standort tatsächlich das Publikum für eine so groß angelegte Kulturnutzung hergibt.
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8.5. Entwurfskonzept
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Mein Dank gilt Prof. Blumfeld Hanada für die freundliche und konstruktive Betreuung der Bachelorarbeit. Außerdem bedanke ich mich herzlich bei meiner Interviewpartnerin Christine Fuchs und bei Dr. Bodo Küpper und der Firmengruppe Küpper für die freundliche Unterstützung. 143