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HITCHCOCK, ANDY WARHOL & GORBATSCHOW
Als „fotografisches Gedächtnis“ der Bundesrepublik gilt Barbara Klemm, über die Durs Grünbein etwas Interessantes geschrieben hat: „Sie hat die Großen und die noch viel Größeren porträtiert, aber nie sieht man bei ihr Giganten, sondern immer nur Sonderlinge an ihren Arbeitsplätzen, kauzige oder quirlige Wesen in den verschiedenen Stadien der Selbstbehauptung.“
Und so mäandert ihr Werk zwischen jenen Polen des Skurrilen und Weltbewegenden. 1972 fotografiert sie Alfred Hitchcock auf seinem Regiestuhl in der Frankfurter Bahnhofshalle, dann drei namenlose Schläfer in einem Park – vereint in der gleichen Haltung. Mal zeigt sie Joseph Beuys beim Aufbau einer Ausstellung im Berliner Martin-Gropius-Bau, dann einen halbnackten Musiker mit Cowboyhut an einer Straßenecke in Manhattan oder Wolf Biermann bei einem Auftritt in der Kölner Sporthalle. Drei Tage später wurde er aus der DDR ausgebürgert. Sie hat ihren eigenen Vater als Rückenansicht fotografiert, abgewandt von seiner Staffelei, aus dem Fenster blickend. Oder Andy Warhol vor Tischbeins Gemälde „Goethe in der Campagna“ im Städel Museum. 1989 bekommt sie Michail Gorbatschow während des 40. Jahrestags der DDR in Ostberlin vor die Linse.
Barbara Klemm is considered to be the “photographic memory” of the Federal Republic of Germany, and Durs Grünbein once wrote something interesting about her: “She has portrayed the great and the much greater, but you never see giants in her work, only oddballs at their workplaces, quirky or lively beings in the various stages of asserting themselves.”
And so her work meanders between those poles of the bizarre and world-changing events. In 1972, she photographed Alfred Hitchcock in his director’s chair in the Frankfurt railway station concourse, then three nameless sleepers in a park – all united in the same pose. Sometimes, she shows us Joseph Beuys setting up an exhibition in Berlin’s Martin-Gropius-Bau, and then a half-naked musician in a cowboy hat on a Manhattan street corner, or Wolf Biermann singing in Cologne’s Sports Hall; three days later, he was expatriated from the GDR. She shot her own father from the back, facing away from his easel, gazing out the window. And Andy Warhol in front of Tischbein’s painting “Goethe in the Roman Campagna” in the Städel Museum. In 1989, her lens captured an image of Mikhail Gorbachev during the 40th anniversary of the GDR in East Berlin.
What makes her photographs so distinctive? It’s her sense of composition, her flair for great portraits, her eye for the essential and her sense for “key images,” as the exhibition at the Historisches Museum Frankfurt will reveal once again as of November 9 (until April 2024). Around 250 photos – printed on Baryte paper – document Germany’s political history in a sometimes humorous, but always discreet and very stylish way, showing a great sense for nuances and subtleties. They are always shot in black and white, analog, with no flash. Color photography has never been her medium, says Barbara Klemm.
Klemm has deep roots in Frankfurt, where she still lives, and has also served as a member of the board of trustees of the Kulturfonds FrankfurtRheinMain since 2010. “She wasn’t responsible for Frankfurt at all; she shot photos all over the world,” says Jan Gerchow, director of the Historisches Museum and curator of the exhibition. “But she has always lived here and been a contemporary of the city.”
Key Photos
Was zeichnen ihre Fotografien aus? Der Sinn für Komposition, das Gespür für große Porträts, der Blick für das Wesentliche ist es, der Sinn für „Schlüsselbilder“ auch, wie ab dem 9. November (bis April 2024) die Ausstellung im Historischen Museum Frankfurt noch einmal offenbart. Rund 250 – auf Baryt abgezogene – Fotografien dokumentieren die politische Geschichte Deutschlands auf bisweilen humorvolle, aber stets diskrete und sehr stilsichere Art und Weise, zeigen viel Sinn für Nuancen und Feinheiten. Stets sind sie in Schwarzweiß, analog, ohne Blitz fotografiert. Farbfotografie war nie ihr Medium, sagt Barbara Klemm.
Tief verwurzelt ist Klemm in der Stadt Frankfurt, wo sie immer noch lebt und seit 2010 auch als Mitglied im Kuratorium des Kulturfonds FrankfurtRheinMain wirkt. „Sie war ja gar nicht zuständig für Frankfurt, sondern hat auf der ganzen Welt fotografiert“, sagt Jan Gerchow, Direktor des Historischen Museums und Kurator der Ausstellung. „Aber sie hat immer hier gelebt und die Stadt als Zeitgenossin begleitet.“