Berlin Valley 23 Juni 2017 Agtech

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NUMMER 23 – KOSTENLOS

DAS STARTUP-MAGAZIN

DIE NEUEN BAUERN ZKZ 89109

Wie smarte Technologie die Landwirtschaft revolutioniert

NACHGEDACHT

INTERNATIONAL

ARBEITSPLÄTZE

Richard David Precht erklärt, warum Effizienzdenken Kreativität abtötet

Mit frischem Kapital will die Solarisbank nach Asien expandieren

Ordnung oder Chaos? So sehen die Schreibtische von Gründern aus

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Fotos: Lorem Ipsum

RUBRIK


EDITORIAL

STEPHANIE RENDA ist Vorstandsmitglied des Bundes­verbands Deutsche Startups. Sie beantwortet die Frage: Was macht eigentlich der Beirat Junge Digitale Wirtschaft des Bundeswirtschaftsministeriums? Seite 20

ULRIKE HINRICHS ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften und wünscht sich ein Dachfonds-Modell nach dänischem Vorbild auch in Deutschland. Seite 24

Fotos: Lorem Ipsum Cover: Jag_cz/Shutterstock, Fotos: Saskia Uppenkamp, Stephanie Renda, BVK, Shore

ALEXANDER HENN ist Mitgründer und Geschäftsführer des Münchner Startups Shore. In unserer Rubrik Lieblingstools verrät er, welche digitalen Helfer ihn bei seiner Arbeit produktiver machen. Seite 49

HAMBURG VOR BERLIN Liebe Leserin, lieber Leser, die Statistiker haben wieder einmal eine interessante Beobachtung gemacht und herausgefunden: Hamburg hat Berlin als deutsche Gründerhauptstadt abgelöst. Glückwunsch (zum Etappensieg)! Wir hatten so etwas geahnt und waren pünktlich zur Veröffentlichung des KfW Gründungsmonitors bereits fertig mit unserem Hamburg Spezial. Wir haben viele spannende Startups, interessante Gründer und ein sehr lebendiges Ökosystem vorgefunden – all das ist nachzulesen in unserem Spezial, das dieser Ausgabe von Berlin Valley beiliegt. Die Analysten der KfW haben allerdings auch beobachtet, dass die Zahl der Gründungen in Deutschland insgesamt gesunken ist. Das klingt erst einmal negativ, ist jedoch im Grunde nicht dramatisch, weil es eher ein Zeichen dafür ist, dass die Wirtschaft gut läuft. Denn wenn viele Menschen gute Arbeit haben, kommen weniger auf die Idee, aus der Not heraus zu gründen – eine Imbissbude etwa oder einen Putzdienst. Die Zahl der Chancengründer liegt weit über der der Notgründer, wie die KfW das nennt. Dramatisch wäre es nur, wenn tatsächlich auch die Zahl der Startup-Gründungen zurückgehen würde. Darüber sagt die Statistik aber nichts, denn was ist ein Startup? 2016 waren deutschlandweit 21 Prozent der Gründer digital, dazu zählt die KfW aber zum Beispiel auch Webdesigner. Der Bundesverband Deutscher Startups definiert Startups in etwa so: jün-

ger als zehn Jahre, ein innovatives Produkt oder Geschäftsmodell und das Streben nach exponentiellem Wachstum. Diese Gründungen erfasst der KfW-Monitor nicht als eigene Kategorie. Das gilt nicht nur für den Kfw-Monitor und das ist ein Problem: Denn wenn Deutschlands Wirtschaft auch in Zukunft noch technologisch in der ersten Liga spielen will, brauchen wir mehr dieser agilen, innovativen Firmen, die Geschäftsmodelle und Märkte radikal verändern. Und wenn die Politik dafür die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, diese Unternehmen fördern will, sollte sie den Erfolg ihrer Maßnahmen messen können. Um das tun zu können, braucht sie aber eine Definition. Und die fehlt leider immer noch. Nicht, dass wir alle Startups in eine Schublade stecken wollen, aber es wäre zielführend, wenn alle in etwa das Gleiche meinen, wenn sie von Startups sprechen. Und über Startups sprechen, das werden die Politiker im anstehenden Wahlkampf sicher sehr häufig tun. Denn auch ohne genaue Definition klingt Startup allemal positiv und mit dem Thema kann man sich schmücken. Wir wünschen uns aber eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema und fangen in dieser Ausgabe bereits an, den Politikern zu sagen, wo Investoren und Gründer Verbesserungsbedarf sehen. Vielleicht habt Ihr auch Wünsche an die Politik? Schickt sie uns – und bis dahin: viel Vergnügen beim Lesen wünscht,

Corinna Visser

VIELEN DANK! OHNE DIE UNTERSTÜTZUNG UNSERER SPONSOREN WÄRE DIESES KOSTENLOSE MAGAZIN NICHT REALISIERBAR. DAFÜR GANZ HERZLICHEN DANK AN:

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RUBRIK

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„WIR SIND IM OBEREN SEGMENT“ „We connect Leaders“ – das ist der Gedanke hinter der Noah-Konferenz. Gründer Marco Rodzynek und Managing Director Jan Brandes haben es geschafft, in nur drei Jahren in Berlin eine relevante Veranstaltung für Startups und insbesondere für Investoren auf die Beine zu stellen. Was die Teilnehmer für die 800-Euro-Tickets bekommen, verraten die beiden im Interview.

36  EFFIZIENZ FÜR DIE LANDWIRTSCHAFT Die meisten Landwirte organisieren ihre Betriebe noch mit Zettelwirtschaft. Trecker.com-Gründer Miro Wilms erzählt im Interview, wie sein Startup den Bauern hilft, ihre Effizienz zu steigern, und welche Wirkung das auf die Agrarindustrie hat.

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SO ESSEN WIR IN ZUKUNFT Ernten gehen an Pflanzenkrankheiten zugrunde, der Transport von Nahrungsmitteln stößt viel CO2 aus. Die Fleischproduktion ist ineffizient. Diese Startups haben Alternativen und Lösungen für die Herausforderung, die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren.

„Wir haben im Augenblick einen enormen Kreati­ vi­tätsmangel im Silicon Valley“, meint Philosoph Richard David Precht. Dass Tech-Entrepreneure den Weltraum erobern wollen, nennt er „den größten Quatsch, den man sich überhaupt vorstellen kann“.

SO ARBEITEN GRÜNDER Ordnung oder Chaos, Kaffee oder Tee, stehen oder sitzen – wir haben uns die Arbeitsplätze der Gründer angeschaut. Blogfoster-Gründer Simon Staib arbeitet völlig papierlos, für René Klein von Unternehmerheld sind Marker und Post-its unverzichtbar.

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DER UMBRUCH


INHALT 12 Wir sind die Neuen: Startups im Kurzporträt 14 „Wir gehören zum oberen Segment“ – Gründer Marco Rodzynek über die Noah in Berlin 16 Auf dem Grill: Investoren bewerten Startups 20 „Was macht eigentlich der Beirat Junge Digitale Wirtschaft?“ Das erklärt Stephanie Renda 22 Digitale Demokratie: Wie das Internet den Wahlkampf verändert 24 „Scheitern ist keine Option!“ – Ulrike Hinrichs schaut auf die Rahmenbedingungen der VC-Szene in Deutschland 26 „Es gibt keine Alternative zum Grundeinkommen“ – Philosoph Richard David Precht über die Gesellschaft der Zukunft

Fotos: Lorem Ipsum

Fotos: Katharina Waisburg, Jan Michalko, Dan Taylor/Heisenbergmedia, Jens Komossa/Goldmann Verlag (CC BY-SA 3.0), Snack Insects

28 Hartes Rennen: Wie laufen die Geschäftsmodelle von Foodora und Deliveroo? 30 Elevator Pitch: Startups müssen sich beweisen 32–45 Smarte Technologien erobern die Landwirtschaft 32 „Was der Bauer nicht kennt“ – neue Methoden und neue Produkte 36 „Das ist der Hebel für das Ernährungsproblem“ Miro Wilms von Trecker.com hilft Bauern effizienter zu arbeiten 38 Insekten, Algen, Drohnen: Startups und die Ernährung der Zukunft 42 Investor Berthold von Freyberg über digitale Chancen im Agrarsektor 44 „Einfache Lösungen“: Benedikt Bösel weiß, was Landwirte brauchen 49 Lieblingstools: So ist Alexander Henn von Shore produktiv 50 „Der Markt in Asien ist total reif“ – Roland Folz und Timo Weber über die Internationalisierung der Solarisbank 52 Fintech-Trend: Diese Startups erobern den B2B-Finanzsektor 54 So arbeiten Chefs: Gründer lassen uns auf ihre Schreibtische schauen 60 Welcome Culture: Wir schauen bei Eventbrite vorbei 62 Rückschau: Republica und Cube Tech Fair 64+66 Eventkalender, Vorschau und Impressum


DER STARTUP-CRASHKURS FÜR CORPORATES L’OREAL VIESSMANN PROSIEBENSAT1 WÜRTH ARVATO BOSCH ROCKET INTERNET U.V.A.

GET OUT OF THE BUILDING NKF SUMMIT VOL. 2 8. SEPTEMBER 2017 RADIALSYSTEM V BERLIN NKF-SUMMIT.COM


MELDUNGEN

Chaos-Truppe (v. l.): Dinesh (Kumail Nanjiani), Donald (Zack Woods), Richard (Thomas Middleditch), Jian-Yang (Kimmy O. Yang), Erlich Bachman (T. J. Miller) und Nelson (Josh Brener) in ihrem WG-Inkubator im Silicon Valley

NEUES AUS DER WG Frust, Gier und Tech: Start der vierten Staffel von Silicon Valley Gute Nachrichten für die Fans von „Silicon Valley“. Das Leben der Underdogs um Software-Entwickler Richard Hendriks (Thomas Middletech) geht in die vierte Runde. Okay, die Serienjunkies sind wahrscheinlich schon seit dem 23. April parallel zur US-Ausstrahlung der HBO-Comedy auf den On-demand-Kanälen von Sky dabei. Aber ab dem 21. Juni geht‘s offiziell in die lineare Ausstrahlung und damit in die Beantwortung der Frage: Wie geht es nach dem Clickfarm-Skandal bei Pied Piper weiter? Zur Erinnerung: Richard ist der Entwickler eines revolutionären Kompressionsalgorithmus und hat in einem WG-Inkubator im Silicon Valley ein Startup gegründet. Die perfekte Schaubühne, um sämtliche Klischees, die man mit der Startup-Szene, spleenigen

Fotos: Home Box Office, Inc./Sky, Gates Notes, LLC, High-Tech Gründerfonds

FÜNF BUCHTIPPS VON BILL GATES Der Sommer ist die ideale Zeit, um mal rauszukommen. Das gilt für Bill Gates auch im übertragenen Sinn: raus aus alten Erfahrungsmustern und auf zu neuen Horizonten. Als Begleitlektüre hat der Microsoft-Gründer fünf Bücher ausgewählt, die ihm geholfen haben, Dinge in einem anderen Licht zu sehen. Zu seinen „5 Good Summer Reads“ zählen „Born a Crime” von Trevor Noah („Farbenblind“, erschienen bei Karl Blessing), „The Heart” von Maylis de Kerangal, „Hillbilly Elegy” von J. D. Vance, „Homo Deus” von Yuval Noah Harari (auf deutsch erschienen bei C. H. Beck) und „A Full Life” von Jimmy Carter. gatesnotes.com

Investoren und dem Lebensgefühl im Silicon Valley verbindet, in allen Facetten auszureizen. Legendär sind die Überschneidungen mit realen IT-Größen, wenn etwa Dropbox-CEO Drew Houston, Google-Manager Eric Schmidt oder auch Snapchat-Gründer Evan Spiegel im Set in Erscheinung treten. „Beavis und Butt-Head“-Erfinder Mike Judge hat mit „Silicon Valley“ einen absoluten Kritikerliebling entwickelt. Und auch die vierte Staffel hat bereits ein 100-Prozent-Rating auf Rotten Tomatoes. Der Plot: Richard muss erkennen, dass Pied Piper sich nicht nach seinen Vorstellungen entwickelt. Er will etwas anderes und erfindet ein neues Internet. Spoiler Ende. Nur eins noch: HBO hat bereits die fünfte Staffel für 2018 angekündigt. hbo.com, sky.de

„DAS, WAS MAN MITTLERWEILE GEMEINHIN UNTER ,STARTUP‘ VERSTEHT, IST FÜR’N ARSCH“ BASTIAN SCHERBECK, Manager bei Kolle Rebbe, räumt in einer Polemik mit absurden popkulturellen Darstellungen auf und ermahnt Gründer, Unternehmen und keine „Startups“ zu gründen. wuv.de

HTGF III STARTET MIT 245 MILLIONEN EURO Der High-Tech Gründerfonds (HTGF) hat im Rahmen seines Family Days am 31. Mai das First Closing des HTGF III mit einem Volumen von 245,25 Millionen Euro verkündet. Die beiden größten Investoren des Fonds sind der Bund mit 133 Mil­ lionen Euro und die KfW mit 26,7 Millionen Euro. Die restlichen 85,5 Millionen Euro steuern 26 Unternehmen aus Industrie und Wirtschaft bei. Der HTGF III investiert ab Herbst 2017 bis zu drei Millionen Euro – in Ausnahmefällen auch mehr – Risikokapital pro Unternehmen. Insgesamt steigert der Frühphaseninvestor sein Gesamtvolumen auf insgesamt rund 820 Millionen Euro. htgf.de

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MELDUNGEN

Last Exit Ebay

REIN UND RAUS Wer bekommt wie viel? Wer übernimmt wen? Finanzierungen und Exits

STARTUP VERSTEIGERT

Die Gründer von King of Gents wollen sich anderen Projekten zuwenden Einen ungewöhnlichen Exit wählten die Gründer des Rasur-Startups King of Gents. Das Unternehmen hatte sich auf den Vertrieb hochwertiger Accessoires für die Nassrasur spezialisiert. Offenbar zu speziell, um den vier Gründern (v. l.) Gunnar Quedens, Jan Carstensen, Victor Kopt und Torben Jensen eine Perspektive zu bieten. Sie beschlossen daher, ihr Unternehmen auf Ebay zu versteigern. „Ab 2016 nahmen andere Projekte immer mehr Zeit in Anspruch, so dass wir nun 2017 sagen müssen: So geht es nicht weiter“, erklärten sie ihren Schritt. Neben dem Konzept und der Marke enthielt das Angebot auch ein volles Lager mit Waren im Wert von 13.500 Euro. Nach zehn Tagen endete die Auktion am 14. Mai bei einem Kaufpreis von 23.806 Euro. „Wir hoffen, dass dieses Projekt mit derselben Leidenschaft weiterbetrieben wird, welche wir noch in 2015 hatten. Wir sehen nach wie vor viel Potenzial und auch viel Arbeit”, geben die Gründer dem neuen Besitzer mit auf den Weg. kingofgents.com

AUTO1 IST JETZT 2,5 MILLIARDEN EURO WERT Um weiter zu expandieren, hat die Berliner Auto1 Group in einer Serie-E-Runde 360 Millionen Euro eingesammelt. Zu den Investoren gehören Princeville Global, Target Global und Baillie Gifford & Co. Der Unternehmenswert wird auf 2,5 Milliarden Euro geschätzt. Auto1 betreibt Portale wie Autohero.com, Auto1.com und Wirkaufendeinauto.de. auto1.com

HABT IHR SPANNENDE NEUIGKEITEN? SCHREIBT UNS: news@berlinvalley.com MONOQI SAMMELT 15 MILLIONEN EURO EIN Über das Genfer Family Office Decisive Wealth beteiligen sich arabische Investoren mit 15 Millionen Euro an der Designplattform Monoqi. Gründer Simon Fabich (Mitte) sagte dem Handelsblatt, dass davon fünf Millionen Euro in ein Joint Venture fließen, um in Dubai und Riad zu starten. Der Markt für Einrichtung und Design sei in diesen Ländern unterentwickelt. monoqi.com

KINNEVIK STEIGT BEI ROCKET AUS

SAMWERS REALISIEREN 375 MILLIONEN EURO

Erneut haben die Samwer-Brüder ihre Anteile an Zalando verringert – von 8,77 auf 4,99 Prozent. Beim Börsengang waren es noch rund 17 Prozent. Mit diesem Schritt konnten die Rocket-Internet-Gründer rund 375 Millionen Euro realisieren. Der Kurs des Online-Modehändlers stieg im Mai erstmals auf mehr als 42 Euro (Börsengang: 21,50 Euro). zalando.de, globalfounders.vc

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ABGESTÜRZT: PANONO MELDET INSOLVENZ AN

Um die Innovationskraft von Crowdfunding zu betonen, war Panono immer eine Meldung wert. Rund 1,25 Millionen Dollar hatte die Ballwurfkamera 2014 auf der Plattform Indiegogo eingesammelt, dann noch einmal 1,6 Millionen auf Companisto. In der Panono stecken 36 Kameramodule, die ein 360-Grad-Foto mit 108 Megapixeln liefern. Unterstützt und gefördert wurde das Team durch das Centre for Entrepreneurship der TU Berlin. Für einen nachhaltigen Erfolg hat das alles aber nicht gereicht. Im Mai musste das Startup einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Nach wie vor ist die Kamera im Webshop für 2150 Euro erhältlich, geplant war anfangs ein Verkaufspreis von 600 Euro. panono.com

16 MILLIONEN EURO FÜR MCMAKLER Der Berliner Immobilienvermittler McMakler hat sich in einer von Frog Capital angeführten Finanzierungsrunde 16 Millionen Euro gesichert. Die beiden Gründer und Geschäftsführer Lukas Pieczonka (li.) und Hanno Heintzenberg wollen das Geld unter anderem in die technologische Entwicklung und in die Steigerung der Markenbekanntheit investieren. mcmakler.de

Fotos: Kings of Gents, Panono, Auto1, Monoqi, McMakler/J. Friedrich

Der schwedische Großaktionär Kinnevik hat seinen Anteil von 6,6 Prozent an Rocket Internet komplett verkauft und erlöste damit 217 Millionen Euro. Erste Anteile hatte Kinnevik im Februar abgegeben. Die Rocket-Aktie gab daraufhin um fünf Prozent nach. Im ersten Quartal hatte Rocket den Fehlbetrag im operativen Geschäft um 20 Millionen auf 100 Millionen Euro senken können. rocket-internet.com


MELDUNGEN

Die Börsenpläne des Essens-Lieferdiensts Delivery Hero scheinen konkret zu werden. Das Berliner Startup mit Marken wie Lieferheld, Foodora und Pizza.de wurde am 29. Mai von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft umfirmiert, berichtet wirtschaftswoche.de

HELLO FRESH PLANT EMISSION IM HERBST

Von einer erfolgreichen Platzierung Delivery Heros hängt sicher auch ab, ob Hello Fresh einen zweiten Anlauf an die Börse nehmen wird. Die Investmentbanken Morgan Stanley, JPMorgan und Deutsche Bank seien bereits mit der Emission mandatiert, berichtet handelsblatt.com

JOCHEN SCHWEIZER VOR ÜBERNAHME AN P7S1

TV-Investor Jochen Schweizer soll derzeit den Verkauf seines Unternehmens an Prosiebensat.1 verhandeln. Die für Gutscheinfirmen ungewöhnliche Bilanzierungsstruktur sowie ein Fehlbetrag von 69 Millionen Euro erschweren jedoch den Verkauf, berichtet manager-magazin.de

Advertising $ = Internet > TV Within 6 Months, Global

Was bewegt die digitale Welt? Mary Meeker, Partnerin bei Kleiner Perkins, gab auch in diesem Jahr wieder eine umfassende Antwort in ihrer Präsentation (355 Slides) zur CodeKonferenz. Wichtigste Erkenntnis vorab: stabile Wachstumsrate bei Internetnutzern, bei Smartphones verlangsamt sie sich. Der digitale Wandel ist überall zu spüren: So werden die Ausgaben für OnlineAnzeigen die für TV-Werbung in den kommenden sechs Monaten übersteigen. Musikstreams haben den Verkauf von Tonträgern überholt. Gaming wird zum Mainstream und Spracherkennung immer besser und beliebter. Und in Zeiten von „America first“ hochinteressant: eine Übersicht von Immigranten, die in den USA gegründet haben, allen voran: Steve Jobs, Sergey Brin und Jeff Bezos. kpcb.com/internet-trends

Internet vs. TV Ad Spend ($B), Global, 1995-2017E $250

$200

$150

$100

$50

$0

Global Internet Ad Spend

Source: Zenith Advertising Expenditure Forecasts (3/17)

KP INTERNET TRENDS 2017 | PAGE 14

Google Machine Learning

Achieving Higher Word Accuracy, 2013-2017 100%

Sie haben eine innovative Idee für eine Unternehmensgründung – wir haben das Förderprogramm. Gemeinsam mit Ihnen entwickeln wir einen passenden Finanzierungsplan, damit Ihr Unternehmen zum nachhaltigen Erfolg wird. Sprechen Sie mit uns! Telefon: 030 / 2125-4747 E-Mail: gruenden@ibb.de www.ibb.de/gruenden

95%

95%

90%

80%

Google 70%

2013

2014

2015

Threshold for Human Accuracy 2016

Source: Google (5/17) Note: Data as of 5/17/17 and refers to recognition accuracy for English language. Word error rate is evaluated using real world search data which is extremely diverse and more error prone than typical human dialogue.

Aus Begeisterung wird Business. IBB für junge Unternehmen: Die Startup-Förderer in Berlin.

Global TV Ad Spend

…Voice-Based Platform Back-Ends = Voice Recognition Accuracy Continues to Improve

2017 KP INTERNET TRENDS 2017 | PAGE 48

Quelle: Kleiner Perkins: Internet Trends 2017 – Zenith Advertising Expenditure Forecasts (3/17), Google (5/17)

DELIVERY HERO AUF DEM WEG ZUR BÖRSE

Richtungsweisend: Mary Meeker hat ihren Internetreport für 2017 veröffentlicht

Global Advertising Spend ($B)

Noch nicht spruchreif

Word Accuracy Rate (%)

PSSST!

DAS BEWEGT DAS INTERNET 2017


MELDUNGEN

Wien trifft Berlin

HIN UND WEG Wer kommt? Wer geht? Wer hat was erreicht? Diese Personalien bestimmen die Startup-Szene

Eine Woche lang tauschten Einhorn und Ottakringer die Chefs

Bier vs. Kondome, eigener Brunnen vs. Kautschuk-Plantage, Tradition vs. Startup: An Gegensätzen mangelte es nicht, um das ungewöhnliche Projekt zu beschreiben. Eine Woche lang tauschten Philipp Siefer, CEO des Berliner Kondome-Startups Einhorn, und Matthias Ortner, Chef der Wiener Traditionsbrauerei Ottakringer, im Mai die Stühle. Auch wenn das Projekt aus einer Bierlaune heraus entstanden war, gab es konkrete Vorschläge. Ortner etwa prüfte die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit Hotellerie und Gastro­ nomie und Siefer zeigte den Wienern, wie man Ottakringer bei Amazon in Berlin bestellen kann. Ob die Brauerei auch der Idee nachkommen wird, Limo mit dem Namen „Einhornpisse“ zu kreieren, ließ Ortner noch offen. Denkbar sei aber ein Bier-Eis. ottakringerbrauerei.at, einhorn.my

NEXT MEDIA ACCELERATOR EXPANDIERT

Der Hamburger Next Media Accelerator geht mit erweiterter Kapitalausstattung in die nächste Runde. Mehr als 20 Investoren haben sich beteiligt, darunter auch Axel Springer Digital Ventures, Der Spiegel, Die Zeit und der MadsackVerlag. Mit dem zweiten Fonds will die Startup-Fördergesellschaft bis zu 100 Gründerteams vor allem aus Europa und Israel unterstützen. Zwei Mal im Jahr können sich Gründer mit Geschäftsideen rund um Inhalte, Werbung, Technologien und Services in Hamburg bewerben. nma.vc

INNOGY INNOVATION HUB STARTET IPRIZE

Der Innogy Innovation Hub wird am 28. September erstmals den Iprize vergeben. Unterstützt durch das German Tech Entrepreneurship Center (GTEC) richtet sich die Auszeichnung an Startups und Einzelpersonen, die Visionen und Lösun­gen für eine Machine Economy Zu­ kunft präsentieren. In den Kategorien Gesellschaft, Wirt­­schaft und Kultur erhält je ein Startup ein Seed-Investment in Höhe von bis zu 250.000 Euro in Form einer Wandelanleihe. Die Bewerbungsphase endet am 28. Juli. f6s.com/iprize

CORNELIA LINDBERG VERSTÄRKT ACHTUNG

FÜHRUNGSWECHSEL BEI EBAY: SERMON FOLGT WENZEL

ZINSBAUSTEIN.DE HOLT VOLKER WOHLFAHRT

UTE GÜNTHER BLEIBT BAE-VIZEPRÄSIDENTIN

PHILIPP LAHM FORCIERT SEIN GRÜNDER-ENGAGEMENT

Auf die Beta-Testphase folgt der offizielle Markt­­eintritt des Berliner Kaffee-Startups Bona­verde in die USA, Kanada und Lateinamerika. Die Leitung des US-Headquarters übernimmt Liz Wald, ehemalige Vizechefin von Indiegogo und Etsy. bonaverde.com

Eben Sermon übernimmt als Vice President Ebay Germany die Füh­rung des Marktplatzes in Deutschland. Er folgt Stefan Wenzel, der Ebay aus persönlichen Gründen verlässt. Sermon ist seit 2007 im Unternehmen, zuletzt als Vice President Greater Europe. ebay.de

Cornelia Lindberg, ehemalige Pressesprecherin bei Airbus Deutschland, wechselt nach zehn Jahren bei Fischerappelt zur Hamburger Konkurrenz Achtung. Dort wird die 42-Jährige die Rolle des Management Supervisors übernehmen. achtung.de

Volker Wohlfarth ist neuer Geschäftsführer Marketing, Produkt und IT bei der Immobilieninvest­ ment-Plattform zinsbaustein.de. Wohlfarth, zuletzt bei der Scout Gruppe tätig, folgt auf Steffen Harting, der das Unternehmen verlassen hat. zinsbaustein.de

KEINE BERLINER IM DAS VERDIENT MAN IN GRÜNDERPREIS-FINALE DER ONLINE-BRANCHE Die Finalisten für den Deutschen Gründerpreis 2017 stehen fest: das Trampolin-Startup Jump House aus Hamburg, der Fleischlieferant Grillido aus München und der Softwareentwickler Silexica aus Köln (Kategorie „Startup“) sowie der Online-Juwelier Amoonìc aus Nürnberg, der Taschen-Hersteller F.O.BAGS aus Köln und der Fahrradgetriebe-Entwickler Pinion aus Denkendorf (Kategorie „Auf­ steiger“). Die Preisverleihung ist am 20. Juni im ZDF-Hauptstadtstudio. deutscher-gruenderpreis.de

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Das Service-Portal Gehalt.de hat im Mai 1939 Gehaltsdaten von Be­ s chäftigten der Onlinebranche analysiert und in einem Ranking zusammengefasst. Spitzenverdiener sind demnach IT-Software-Entwickler Backend mit einem mittleren Gehalt (Median) von 48.433 Euro, gefolgt von Online-Marketing-Manager (41.261), Sales-Manager (38.735), SEO-Manager (38.483), SocialMedia-Manager (37.330), ContentManager (37.057) und Grafiker (36.870). Eine Übersicht, auch mit Mittelwerten gibt‘s hier: gehalt.de

Der europäische Dachverband Business Angels Europe hat in Lissabon ein neues Präsidium gewählt. Als wiedergewählte Vizepräsidentin behält Ute Günther, Co-Vorsitzende des deutschen Verbandes, das Ressort „Research and Data“. business-angels.de

Nach dem Ende seiner Fußballkarriere will sich Philipp Lahm seinen diversen Beteiligungen widmen. Außerdem engagiert er sich beim dritten Next Economy Award, der am 7. Dezember verliehen wird, für nachhaltige Gründer. nexteconomyaward.de

Fotos: Bonaverde, Ebay, Stephan Redel, Business Angels Europe, Nadine Rupp, Achtung/Fritz Unruh

DIE ARBEIT DES ANDEREN

LIZ WALD FÜHRT BONAVERDE NACH AMERIKA


MELDUNGEN

DATES

Blinker gesetzt

Wo man sich jetzt noch bewerben kann

26.06.

DURCHSTARTER

23.07.

Fotos: Halina Schramm

Unu Motors und die App Clue schaffen es ins Interbrand-Ranking Zwei deutsche Startups haben es unter die Top 40 der weltweit aufstrebendsten und markenorientiertesten Startups geschafft: der Elektro­rollerHersteller Unu Motors und die App Clue, die digitaler Fruchtbarkeitsanzeiger und hormonfreies Verhütungsmittel in einem ist. In der gemeinsam mit der New Yorker Börse (NYSE), der Digitalagentur Ready Set Rocket und Facebook definierten Liste präsentiert die Markenagentur Interbrand die 40 Marken der nächsten Generation, die nach Ansicht der Berater „für Erneuerung, Fortschritt und enormes Wachstumspotenzial“ stehen. Auch Mymuesli, das es im Vorjahr als einziges deutsches Unternehmen ins Ranking geschafft hatte, wird noch einmal beispielhaft erwähnt. Der Grund: Das Unternehmen stille die wachsende Nachfrage nach personalisierten Lösungen. interbrand.com/best-brands

23.07.

STARTUP AUTOBAHN Im September startet die dritte Runde von Startup Autobahn. Der von Unternehmen wir Daimler, Porsche oder BASF unterstützte Accelerator sucht Startups, die smarte Mobilitätslösungen etwa aus den Bereichen Logistik, Cybersecurity, Biometrie, Sprachverarbeitung oder Predictive Analytics entwickeln. Bewerbungsschluss ist der 15. Juli 2017. startup-autobahn.de EY PUBLIC VALUE AWARD Noch bis zum 23. Juli können sich Startups für den EY Public Value Award, eine Kooperation der HHL Leipzig Graduate School of Management und EY, bewerben. Der Preis zeichnet junge Unternehmen aus, deren Geschäftsmodell neben dem eigenen Gewinn auch den Nutzen für die Gesellschaft im Blick hat. Die Preisverleihung findet Ende Oktober in Leipzig statt. eypva.com F-LANE Der vom Vodafone Institut initiierte Accelerator F-LANE zur Stärkung von Frauen geht in die nächste Runde. F-LANE sucht dabei in Kooperation mit dem Impact Hub Berlin und der Social Entrepreneurship Akademie nach Tech-Startups, die bevorzugt von Frauen geführt werden und ein soziales Problem lösen. Das Programm startet im Oktober. Bewerbungsschluss ist der 23. Juli 2017. f-lane.com

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DER ACCELERATOR FÜR HEALTH-STARTUPS Bring it to the next level – Merck Accelerator, das verbirgt sich dahinter Der Digital-Health-Markt bietet großes Potenzial, das zeigt nicht zuletzt eine Studie des Digitalverbandes Bitkom. Knapp jeder zweite Deutsche nutzt Gesundheits-Apps, die Tendenz ist steigend. Gefragt sind einfache Kommunikationswege und Telemedizin, die den Weg zum Arzt ersparen. Im Vergleich zu Befragungen vor einigen Jahren scheint sich die Gesellschaft gegenüber der Digitalisierung des Gesundheitssektors zu öffnen, der Markt ist bereit. Während früher die Sorge um die eigenen Daten überwog, wünschen sich heute knapp 60 Prozent eine digitale Patientenakte. GRÜNDEN IM HEALTH-SEKTOR – BESSER DENN JE! Wer gründet, weiß: Ein Startup im Health-Bereich großzuziehen ist mühsamer als in anderen Branchen, da sich die Frühphase durch wiederholte Testings und strenge Regulierungen in die Länge ziehen kann. Das steigende Bedürfnis in der Gesellschaft nach digitalen Gesundheitslösungen hat jedoch mittlerweile die Politik erreicht. Das neue E-Health-­ Gesetz des Bundesministeriums für Gesundheit sorgt für gelockerte Rahmenbedingungen. Es schafft eine Basis für die Umsetzung vieler Angebote, die es bereits in anderen Ländern gibt, aber auf dem deutschen Markt noch nicht zulässig waren. Auch Accelerator-Programme helfen zusätzlich durch finanzielle Unterstützung und Coachings.

MERCK ACCELERATOR SUCHT STARTUPS Das Technologie- und Wissenschaftsunternehmen Merck sucht nach Startups in der Frühphase, die in den Bereichen Healthcare, Life Science und Performance Materials tätig sind. Ziel ist es, vor allem digitale Geschäftsmodelle zu fördern. Die ausgewählten Teams erhalten Büroräume im Innovation Center von Merck in Darmstadt. Am zweiten Standort des Acce­ lerators in Kenia stehen Räume in Nairobi Metta zur Verfügung. Über die Office-­Spaces hinaus erhalten Startups bis zu 50.000 Euro an finanzieller Unterstützung, um den Sprung ins nächste Level zu schaffen. Mit der Erfahrung und Expertise von Merck steht den Unternehmen zudem ein Netzwerk von 50.000 Fachleuten aus 67 Ländern für Coachings und Fragen bereit. JETZT BEWERBEN Die Bewerbungsphase für das nächste Merck Accelerator-Programm in Darmstadt und Nairobi ist bereits gestartet. Bewerbt euch jetzt für die Standorte Deutschland oder Kenia noch bis zum 26. Juni 2017. Weitere Informationen und den Link zur Bewerbung findet ihr auf der Homepage accelerator.merckgroup.com. Die ausgewähl­ ten Startups ziehen dann für drei Monate vom 4. September bis zum 15. Dezember 2017 in den Merck Accelerator ein.


N E U E S TA R T U P S

WIR SIND DIE NEUEN Täglich entstehen neue Ideen und Startups in Deutschland. Berlin Valley stellt einige vor

SPORTPARTNER ONLINE FINDEN In der Actinate-App versammelt sich eine neue Sport-Community. Sportler können Gruppen oder Sportevents erstellen und nach Gleichgesinnten suchen. Außerdem stellt die App Informationen über Sportlocations in der Umgebung bereit. Das Startup kommt aus Walldorf und hat bisher eine Community von etwa 2500 Sportlern rund um Heidelberg und Mannheim aufgebaut. actinate.com

MITTAGESSEN VERGLEICHEN Das Angebot an Mittagstischen ist riesig. Yourlunch hilft, das beste Angebot für sich zu finden. Restaurants können ihre Mittagsangebote bei Yourlunch angeben. Das Startup schickt einen Newsletter mit den Angeboten an seine Leser. Jeder Nutzer kann diese Newsletter für sich personalisieren und zum Beispiel nach seinen Lieblingsrestaurants filtern. yourlunch.de

AUTOMATISCHE RETTUNG Pace macht jedes Auto zum Smartcar. Fahrer können Sprit sparen, Tankstellen finden oder erhalten Hilfe bei Fehlermeldungen. Jetzt hat das Unternehmen auch einen automatischen Notruf eingebaut. Pace registriert, wenn es einen Crash gibt, wählt automatisch den Notruf und gibt die Position durch, wenn der Fahrer dies nicht manuell deaktiviert. pace.car

IHR HABT GERADE EIN STARTUP GEGRÜNDET? MELDET EUCH: news@berlinvalley.com 12 / berlinvalley.com


N E U E S TA R T U P S

COFFEE2GO PER APP Coffee to go ohne Warteschlange – mit der Mycoffein-App können Nutzer ihren Kaffee einfach vorbestellen. Sie wählen ein teilnehmendes Café in ihrer Nähe aus, bestellen den Kaffee inklusive Extras wie Milch oder Zucker, bezahlen über die App und holen das Getränk ab. Bisher ist Mycoffein in Berlin und Köln aktiv und arbeitet unter Anderem mit der Kette Kaffee Einstein zusammen. mycoffeein.com

NEUE ZIELGRUPPEN Teleshopping kommt ins Internet. Das Startup Generation Yes überträgt das Videoformat auf Facebook, um so neue Kundengruppen anzusprechen und das Targeting zu verbessern. Das Unternehmen hat gerade ein sechsstelliges Investment von Food Angels erhalten. Nach Aussage der Gründer kam ein Drittel des Umsatzes, den ­Philips mit dem Pastamaker machte, über Generation Yes zustande. generation-yes.de

GESUNDES SITZEN

Fotos: Pace, Pixabay/Piro4D, Ovy, Physiosense, Pixabay/RitaE, Generation Yes, Actinate, Caleb Geogre via Unsplash

Viele Menschen sitzen sich während ihres Arbeitstages den Rücken kaputt. Dagegen hat Physiosense einen smarten Stuhl entwickelt. In das Polster sind verschiedene Sensoren eingbaut, die mit mehr als 200 Messpunkten erkennen, wie jemand sitzt und per Vibration daran erinnern, in Bewegung zu bleiben und richtig zu sitzen. In der zugehörigen App gibt es mehr Informationen zu den Warhnsignalen, die die Sensoren abgeben. physiosense.de

DIE RICHTIGE KÜCHE

NATÜRLICHE VERHÜTUNG

Es dauert ewig, bis man die Richtige gefunden hat. Die Rede ist von der richtigen Küche. Kitchenadvisor will diese lange Suche zukünftig einfacher machen. Kunden beantworten ein Style-Quiz und klären weitere Fragen mit einem Experten. Dieser schätzt den Preis. Im Anschluss erhalten die Kunden Angebote von bis zu drei regionalen Küchenplanern zum Festpreis. kitchenadvisor.de

Der weibliche Zyklus ist sehr komplex. Ovy bietet mit der Kombination aus Temperaturmessung und App eine einfache Möglichkeit, den Zyklus im Auge zu behalten. Frauen messen täglich ihre Temperatur und die App berechnet den Zeitpunkt des Eisprungs, fruchtbare Tage und die nächste Periode. Der Gesundheitscoach gibt auf den Zyklus abgestimmte Tipps zu Ernährung und Sport. ovyapp.com

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„DIE TEILNEHMER KOMMEN, UM BUSINESS ZU MACHEN“

Marco und Jan, mit der Noah habt Ihr eine erfolgreiche Digital-Konferenz aufgebaut. Stimmt es, dass der Ursprung dieser Konferenz in einer Pleite lag? MARCO RODZYNEK: Ja, das ist richtig. Wir beide sind von Haus aus Banker und kennen uns aus unserer gemeinsamen Zeit bei Lehman Brothers, für die wir beide damals schon verschiedene Internet-

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Unternehmen betreut haben. Aber wie bekannt ist, musste die Bank 2008 Insolvenz anmelden. Das kam für uns überraschend und hat uns dementsprechend beide ziemlich erschrocken – und ganz davon abgesehen kam plötzlich auch kein Gehaltsscheck mehr. Von daher war klar: Etwas Neues muss her. Wie kamt Ihr auf den Gedanken, eine Digitalund Investoren-Konferenz zu gründen? MARCO RODZYNEK: Ein Geschäftsfreund von mir hat mir den Tipp gegeben, dass es eine spannende Firma geben würde, die nach professionellen Investoren sucht. Das war Fotolia. Ich habe mich dann mit Gründer Oleg Tscheltzoff getroffen und die Transaktion betreut – das war mein erster M&A-Deal in eigener Regie. Nachdem all das gut funktioniert hat, Geld reinkam und ich mich in meinem neuen Business sicher gefühlt habe, kam mir der Gedanke: Es gibt so viele Banker am Markt, aber es gibt keine gute Konferenz, auf der sich der Kapitalmarkt mit den Unternehmen trifft. Und dieser Gedanke war der Grundstein für die Noah – genau dieses Umfeld selbst zu kreieren.

Nachdem Ihr auch weiterhin im M&AGeschäft tätig seid, habt Ihr mit der Noah ein Umfeld geschaffen, von dem Ihr auch selbst profitiert. MARCO RODZYNEK: Ja, wir betreuen unter dem Label Noah Advisors auch weiterhin M&A-Transaktionen. Das ist unser zweites Standbein. Im vergangenen Jahr haben wir unter anderem Parship und Käuferportal an Prosieben verkauft, zuletzt Silver Lake zum Investment in Flixbus beraten. Und die Konferenz ist sicherlich ein Nährboden für dieses Business und öffnet viele Türen. Wir haben schließlich rund 400 unterschiedliche Investoren-Fonds auf der Noah, was eine richtig gute bekannte Marke geworden ist. Klar, dass wir auch selbst den Konferenzgedanken leben: We connect leaders. Aber trotzdem sind nur ein kleiner Teil der Sprecher und Besucher auch unsere M&A-Kunden, wir sind dort sehr selektiv und konzentrieren uns auf fortgeschrittene Geschäftsmodelle, bei denen wir echten Mehrwert bringen können. Wie finanziert sich eine Konferenz wie die Noah?

Fotos: Jan Michalko

Am 22. und 23. Juni steigt zum mittlerweile dritten Mal die Axel Springer Noah Conference in Berlin. Gründer Marco Rodzynek und Jan Brandes sprechen über Ticketpreise, Diskussionen um die Redezeit und den besonderen Charakter der Veranstaltung


NOAH BERLIN

Die hohe Qualität der Teilnehmer ist ihnen wichtig: die Noah-Macher Jan Brandes und Marco Rodzynek.

JAN BRANDES: Grundsätzlich haben wir auf jedes Kapital von außen verzichtet und haben uns bewusst für ein gesundes, organisches und nachhaltiges Wachstum entschieden, statt wie einige andere Veranstalter Kapital aufzunehmen und hauptsächlich in Marketing zu investieren. Wir haben es geschafft, tolle langfristige Partner zu finden, die uns unterstützen. Relativ ungewöhnlich bei uns ist, dass der Großteil unserer Einnahmen durch Ticketverkäufe generiert wird, was allerdings auch an den zugegebenermaßen recht hohen Ticketpreisen liegt. Unsere Teilnehmer kommen zur Noah, weil sie bei uns Business machen können. Da ist der Ticketpreis eher sekundär. Was heißt das konkret? JAN BRANDES: Die Preise starten bei 790 Euro vor Mehrwertsteuer. Schließt Ihr damit nicht eine Menge potenzieller Besucher aus? MARCO RODZYNEK: Ja, das wollen wir ganz bewusst. Ich bin der Meinung, dass dieses Preisniveau eine Art Eintrittsbarriere darstellt. Wir sind im oberen Segment, das heißt, Location, Ausstattung, technische Produktion, Catering muss top sein. Unser Essen wird beispielsweise in Berlin vom Feinkost-Unternehmen Käfer bereitgestellt. Noch wichtiger ist uns aber, die hohe Qualität unserer Teilnehmer beizubehalten, das heißt Top-Management-Teams, Top-Investoren von Corporates und Fonds, Politiker sowie ausgewählte Journalisten und Influencer. So hast du nur Leute auf der Konferenz, die wirklich dorthin kommen, um gezielte Meetings für Fundraising oder Kundenakquise zu machen. Wir sagen daher: Ja, wir haben vielleicht teurere Ticketpreise als andere Veranstaltungen, die sich vorwiegend über Sponsoren finanzieren. Aber … … dafür das beste Umfeld, um Geschäfte einzuleiten und abzuwickeln. JAN BRANDES: Genau! Unser Fokus ist ganz klar, Top-Leute zusammenzubringen und ihnen ein tolles Umfeld zu bieten. Wir sind selbst überrascht, dass selbst bei den absoluten Top-Sprechern viele Leute nicht im Saal sitzen, sondern lieber auf der Terrasse networken. MARCO RODZYNEK: Wir hatten in der Vergangenheit sogar schon Leute, die aus Neuseeland eingeflogen sind – für ein einziges, wichtiges Meeting. Wir wollen den Leuten dabei helfen, ihre Business-Ziele zu erfüllen. Und wir tun alles dafür, um das so einfach und angenehm wie möglich zu gestalten.

onen. Bei ganz großen Sprechern mit top Inhalten geben wir dann auch mal fünf Minuten mehr. Wie zum Beispiel beim neuen Priceline CEO Glenn Fogel. Er kommt seit sechs Jahren auf die Noah. Priceline ist mittlerweile fast 100 Milliarden Dollar wert. MARCO RODZYNEK: Wenn du Ausnahmen machst, stellt sich sofort die Frage: Wem genau gibst du mehr Zeit? Und wir wollen schließlich den gesamten digitalen Sektor beleuchten. Wir haben Lieferdienste. Wir haben Supermärkte. Wir haben Fashion. Wir haben Travel. Fintech sowieso. Und wir haben sogar Old Economy wie Siemens oder Thyssenkrupp. Und noch immer habe ich nicht alle Branchen genannt. Sie sehen: Wir wollen einen weiten Themenkreis beleuchten, daher lassen wir uns auf die Diskussionen um die Redezeit nicht ein. JAN BRANDES: Ein weiterer Grund, warum zehn Minuten genug sein sollten, ist, dass wir ein sehr breites Publikum haben, das größtenteils gar kein Interesse hat, sich in alle Bereichen zu vertiefen. In den vielen Networking-Meeting-Lounges kann man dann noch tiefergehend über Bitcoin Interest Rates oder ähnliche oder andere Details diskutieren. Habt Ihr Angst, dass Ihr Konkurrenz bekommt – gerade auch aus dem Ausland? MARCO RODZYNEK: Einmal wurden wir kopiert und zwar in Kuala Lumpur – die haben auch überhaupt keinen Hehl daraus gemacht. Das ist auch okay: Ich war sogar diese Woche dort und habe einen Vortrag gehalten. Grundsätzlich ist das Ökosystem dort aber so, dass ich das nicht als direkte Konkurrenz sehe. Und ansonsten: Wir haben unser Ökosystem über Jahre strategisch aufgebaut, und der Wert, den wir liefern und der uns von vielen anderen Veranstaltungen unterscheidet, lässt sich auch mit viel Funding, aggressivem Marketing und Discount-Ticketpreisen nicht so leicht replizieren. Wir denken, eine Konferenz wie Noah gibt es nicht noch einmal, auch nicht in Amerika. Ihr habt die Noah in London gestartet, mittlerweile findet ein Ableger auch in Berlin statt. Habt Ihr Expansionspläne?

MARCO RODZYNEK UND JAN BRANDES Marco Rodzynek ist geschäftsführender Gesellschafter und Gründer von Noah Advisors. Jan Brandes ist seit 2010 Managing Director. Zuvor waren beide im Investment Banking für Lehman Brothers tätig. Marco war dort elf Jahre Head of Internet und Media und Jan im Bereich Media/TMT tätig. noah-conference.com

JAN BRANDES: Unsere oberste Priorität liegt auf den bestehenden Events. In Berlin gelingt es uns immer besser, echte Old-Economy-Unternehmen, auch aus dem Ausland, an Bord zu holen, aber es ist ein langer Weg, um das komplette Ökosystem einzufangen. In London arbeiten wir daran, das Event noch stärker auf das Zusammenbringen der besten Firmen mit den besten Kapitalgebern zu fokussieren. Dabei setzen wir verstärkt auf Technologie. In dieser Hinsicht sind wir selbst momentan ein echtes Startup mit allem, was dazu gehört. MARCO RODZYNEK: Wir wollen den Content noch weiter verbessern. Wir wollen die Technik verbessern. Wir wollen die Teilnehmer besser machen. Das ist der momentane Fokus. Alles Weitere ergibt sich dann von alleine. Das Wichtigste ist wie immer, es soll allen Spaß machen und weiterhin auch viel bringen.

Das Gespräch führte Jan Thomas.

Hatte etwa 15 Minuten Redezeit: Travis Kalanick von Uber spricht vor dem Noah-Publikum im Tempodrom in Berlin im vergangenen Jahr.

Fotos: Jan Michalko, Dan Taylor/Noah

Was ist das im Detail? MARCO RODZYNEK: Wir haben beispielsweise eine eigene App, die wir in diesem Jahr noch deutlicher in den Vordergrund stellen wollen und um einige Funktionen erweitert haben, zum Beispiel einen Terminplaner. Außerdem werden wir dieses Jahr den ersten Anlauf nehmen, Leute auf Basis Ihrer Noah-Ziele miteinander in Kontakt zu bringen. Ihr begrenzt die Redezeit der Speaker grundsätzlich auf zehn Minuten. Warum? JAN BRANDES: Wenn wir es nicht von Anfang an so gemacht hätten und wir nicht diese Bandbreite an Top-Sprecher hätten, würden sich wohl die wenigsten CEOs bereit erklären, für zehn Minuten Rede­ zeit auf eine Konferenz zu kommen (lacht). Auch heute noch gibt das teilweise harte Diskussi-

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GRILL Drei Investoren bewerten* vier Startups

NIKLAS DIETZ ist Investment Analyst beim Berliner VC Redstone. Mit seinem VC-as-a-Service-­ Modell managed Redstone die Venture Capital Fonds verschiedener Corporates und verbindet dadurch ambitionierte Startups und etablierte Unternehmen. redstone.vc

BENEDIKT HERLES ist Managing Partner bei Vito Ventures. Getreu dem Motto „German Engineering Capital“ finanziert Vito Ventures Hightech-Enterprise- und Infrastruktur-Startups. vito.vc

CHRISTIAN SIEGELE ist Partner bei Capnamic Ventures. Seit mehr als 20 Jahren bewegt er sich in den Bereichen VC und PE und verfügt über europaweite Deal-Expertise sowohl in den Bereichen Seed, Early und Late Stage Investments, als auch bei Buy Outs. capnamic.com

* Grundlage der Bewertung sind die Pitch Decks der Unternehmen. Die Skala reicht von 1 – uninteressant bis 5 – sehr interessant.

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AGENTURMATCHING

JOBNINJA

digitalisiert den Prozess, die richtige Agentur für ein Projekt zu finden. Kunden geben die wichtigsten Daten zu ihrem Projekt ein, Agenturmatching findet automatisch passende Agenturen und schlägt sie für das Projekt vor. agenturmatching.de

überträgt das Tinder-Modell auf die Jobsuche. Unternehmen und Bewerber können sich registrieren und jeweils per ­Swipe Interesse oder Desinteresse bekunden. Das Startup verdient sein Geld über eine Gebühr für Geschäftskunden. jobninja.eu

Das Modell schafft im Agentur-Markt eine Win-Win Situation. Der Markt ist für einen VC-Case eher überschaubar. Die White Label Solution fällt positiv auf. Für die erfolgreiche Vermittlung von Aufträgen über die Plattform ist die Größe und Güte des Agenturpools ausschlaggebend. Die Verwaltung von Referenzprojekten auf der Plattform nur gegen Aufpreis anzubieten, führt zum Verlust eines Log-in-Effekts und mag für Servicequalität und Wachstum nachteilig sein.

Job Ninja ist ein Tinder zur Vermittlung von Jobs für Bewerber ohne akademischen Abschluss. Ein ungeeignetes Format für komplexe Stellenausschreibungen, aber möglicherweise genau passend für den Zielmarkt. Die Rekrutierungskosten von weniger als 100 Euro im Zielmarkt sind unattraktiv. Sollte es gelingen, schnell und unkompliziert Jobs zu vermitteln, könnte die App viele Nutzer anziehen. Das Verhältnis von Jobs zu Bewerbern sehe ich derzeit eher bewerberunfreundlich.

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

Eine interessante Plattform-Innovation in einem intransparenten und analogen Markt. Entscheidend für den langfristigen Erfolg des Modells wird die Tiefe der Integration in die entsprechenden Transaktionen sein. Die Etablierung eines Provisionsmodells ist dabei von zentraler Bedeutung. Grundsätzlich stellt sich aber die Frage nach dem maximalen Umsatzpotenzial. Ich bin mir nicht sicher, ob Agenturmatching ein echter „VC Case“ ist, oder ein erfolgreicher Mittelständler bleiben wird.

Tinder für niedrig qualifizierte Jobs – ein durchaus interessantes Produkt für die „Gig“-Economy. Das Unternehmen bedient einen Makrotrend der digitalen Gesellschaft. Kritisch für den Erfolg von Jobninja wird aber sein, ob die Economics aufgehen. Wie viele Anzeigen können zu welchen Preisen verkauft werden, so dass sich die Akquisition von Kunden noch lohnt? Nicht zuletzt ist der Wettbewerb in diesem Marktumfeld durchaus intensiv.

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

Der Prozess bei Agenturmatching ist gut durchdacht und hilft dem User bei der Erstellung des konkreten Briefings zu seinem Projekt. Auf Basis von diesem werden ihm anschließend passende Agenturen vorgeschlagen. Die notwendige persönliche Betreuung eines Mitarbeiters bei der Erstellung des Briefings hemmt jedoch das Skalierungspotenzial, da sich dieser Prozess auch langfristig nicht optimieren lassen wird. Weiterhin sehen wir beim Preismodell noch Optimierungsbedarf.

Jobninja positioniert sich als unkomplizierte, zeitsparende Mobile Job App. Der Markt rund um Bewerbungen und Stellenanzeigen ist extrem kompetitiv. Es gibt sehr viele Lösungen, die sich nur marginal voneinander unterscheiden. Bei den größten Playern im Markt konnte man zuletzt einen anhaltenden Preisverfall wahrnehmen, der unterstreicht, dass man sich mit einem zusätzlichen Feature nicht ausreichend abgrenzen kann. Zudem bieten die Großen ebenfalls Mobile Apps an.

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

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Fotos: Vito Ventures, Redstone Digital, Capnamic Ventures, Agenturmatching, Jobninja, Taxbutler, Pairfinance

AUF DEM


TAXBUTLER

PAIRFINANCE

vereinfacht die Steuererklärung durch Digitalisierung und Teil-Automatisierung. Die Steuererklärung kann mit der App erstellt, geprüft und abgeschickt werden. Mit dem Preis ab 27 Euro richtet das Startup sich an Studenten und Geringverdiener. taxbutler.de

ist ein digitaler Player in der analogen Inkasso-Branche.Die Kommunikatin mit dem Kunden läuft hauptsächlich online und auch die Zahlung funktioniert digital. Dem Unternehmen stellt Pairfinance ein übersichtliches Dashboard zur Verfügung. pairfinance.com

Eine Software zur Erstellung von Steuererklärungen auf Basis abfotografierter Rechnungen klingt vielversprechend. Kritisch zu hinterfragen ist, ob Nutzer die Datenbasis für die Steuererklärung regelmäßig einpflegen. Ob die Geschäftsidee aufgeht, ist sehr abhängig von der Funktionalität des Algorithmus, der die Rechnungen auswertet und steuerliche Vorschriften anwendet. Ein B2B-Fokus wäre spannend, da die Zielgruppe Studenten und Berufsanfänger auf Dauer weniger lukrativ und klein ist.

Pairfinance schafft schlanke Prozesse und soll trotz Mahnverfahren die Kundenbindung fördern. Es stellt sich die Frage, ob Unternehmen die Beziehung zu Kunden mit problematischen Zahlungsverhalten aufrechterhalten und pflegen möchten. Die individuelle Ansprache des Schuldners über mehrere digitale Kanäle und Einbindung verschiedener Zahlungsmöglichkeiten ist schlüssig. Ob damit aber das Problem von schlechter Zahlungsmoral behoben werden kann, bezweifle ich.

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

Im Markt für private Steuersoftware gibt es sicherlich noch großes Potenzial für Disruption. Bestehende Anbieter sind nicht sehr innovativ unterwegs. Ich würde aber in Frage stellen, ob es sich hier um einen echten „VC Case“ handelt. Der Markt ist limitiert und auf Deutschland beschränkt. Nichtsdestotrotz hat Taxbutler das Zeug zu einem sehr profitablen Mittelständler. Die Risiken scheinen überschaubar, die „Value Propostion“ ist klar. Aus Gründersicht kein schlechter Deal.

Psychologisch optimiertes und digitales Schuldnermanagement ist eine spannende Innovation, die – wenn sie liefert, was sie verspricht – einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber klassischen Inkassounternehmen bietet. Der Mensch ist und bleibt „predictably irrational“. Insofern erscheint es sinnvoll auch bei säumigen Schuldnern auf die Verhaltensökonomie zu setzen. Wenn Gläubigern bei Pairfinance tatsächlich unterm Strich signifikant mehr bleibt, wird sich das Unternehmen durchsetzen.

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

Steuererklärungen zu vereinfachen bietet großes Potenzial, da es fast jeden betrifft und jedes Jahr wiederkehrt. Das Produkt von Taxbutler ist sehr formularlastig aber die App ist übersichtlich gestaltet. Es ist fraglich, wie viele Steuererklärungen mobile abgegeben werden. Am Markt sind bereits viele Lösungen etabliert, das heißt eine klare Positionierung ist entscheidend für ein erfolgreiches Wachstum. Aktuell fehlt noch der klare USP. Zuletzt ist das Preismodell noch nicht ausgereift.

Das Geschäftsmodell von Pairfinance unterscheidet sich insofern vom Wettbewerb, dass keine pauschale oder prozentuale Gebühr für das Mahnverfahren fällig wird. Damit liegt das Kostenrisiko jedoch voll bei Pairfinance. Daraus folgt, dass das Geschäftsmodell nur dann funktioniert, wenn eine hohe Erfolgsquote realisiert wird. Der Markt rund um Inkasso-Dienstleistungen ist stark kompetitiv und viele große Marktteilnehmer setzen ebenfalls auf digitale Kommunikation.

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

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Thimo V. Schmitt-Lord MBE, CEO Bayer Foundations, beim 4 Gamechanger Festival in Wien

THE BEAUTY OF IMPACT

Thimo, welche Ziele haben die Bayer Foundations? Wir investieren in Fortschritt und gesellschaftliche Veränderungsprozesse. Die Stiftungen gibt es bereits seit 1897 – und so lange machen wir Seed-Funding für Tech-Pioniere, Spitzenforschung und Sozialunternehmer. Auch wenn das nicht immer so genannt wurde: Wir sind ein Pioneer-­ Catalyzer – wir finanzieren Menschen, die Geld in Innovation umwandeln können und damit Gutes bewirken.

stehen vor einem riesigen Dilemma: Um alle Patienten zu behandeln, reicht das verfügbare Gegengift nie aus, aber jeder zu spät behandelte Patient hat kaum noch Möglichkeiten für eine gute Heilung. Was also tun? Beim letzten World Health Summit in Berlin habe ich einen brillanten Arzt, Wissenschaftler, Sozialunternehmer und Schlangen-Nerd aus Sri Lanka kennengelernt: Dr. Kalana Maduwage. Er hat einen enzymbasierten Schnelltest entwickelt, mit dem man die tatsächliche Konzentration jedes Schlangengiftes im Blut des Patienten ermitteln kann. Damit kann der Arzt dann entscheiden, wer wirklich ein Gegengift benötigt, und damit die begrenzten Dosen für die wirklich relevanten Fälle aufsparen. Das ist eine super Sache – vor allem wenn man an die geschätzt drei Milliarden Men-

Konzentriert Ihr Euch auf Innovationen im Gesundheitsbereich? Gesundheit und Ernährung sind unsere Schwerpunkte. Aber die Probleme dieser Welt clustern sich eben nicht nach Branchen, sondern laufen über Themen- und Sektorengrenzen hinweg. Uns begeistern vor allem neue Ideen an den Schnittstellen der Wertschöpfungsketten – Ideen, die Lücken überbrücken und Probleme in neue Möglichkeiten verwandeln. Hast Du ein Beispiel dafür? Ja klar. Beispielsweise werden allein in Sri Lanka jedes Jahr circa 80.000 Kleinbauern auf ihren Feldern von Schlangen gebissen. Die Ärzte dort

Dr. Kalana Maduwage, Arzt, Biochemiker und Erfinde des Snake Venom Rapid Test Device aus Sri Lanka

schen denkt, die in Regionen der Welt leben, wo Schlangenbisse eine tägliche Bedrohung sind. Wie fördert Ihr Projekte, wie kommt man an Euer Geld? Wir sind eine kompetitive Scouting- und Scaling-­ Plattform für Pioniere. Wir verbinden die besten Ideen mit Geld, Wissen und Entscheidungsträgern weltweit. Dazu gibt es verschiedene Formate, wie den Aspirin Social Innovation Award und verschiedene Science Awards. Zudem starten wir gerade mit ‚Grants 4 Impact‘ ein ganz neues Experiment: einen Scale-up-Katalysator für Projekte, die wir über eine längere Zeit mit Experten und größeren Funds begleiten, um sie groß zu machen und in neue Märkte zu skalieren. Fördert Ihr auch klassische CharityProjekte? Das tun wir bewusst nicht. Wir wollen mit unserem Geld – rund 50 Millionen Euro pro Jahr – sozialen Impact finanzieren. Deswegen fördern wir Menschen und Projekte, die soziale Fiktion in echten Fortschritt verwandeln. Geld alleine bewirkt nichts. Erst in der Hand von Menschen, die Geld in Innovation umwandeln, kann man Impact generieren. In den letzten 120 Jahren haben alleine wir in unseren Stiftungs- und Spendenprogrammen etwa vier Milliarden Euro ausgeschüttet. Davon könnte man den ganzen afrikanischen Kontinent aber nur etwa sechs Wochen ernähren – dann wäre wieder Hunger! Man erreicht also nachhaltig selbst mit so großen Summen praktisch nichts, wenn man nicht in Erfinder und Tech-Pio­niere investiert, die an neuen Lösungen für eine bessere Welt arbeiten. Wir glauben an die Veränderungskraft der Innovation, deswegen sind wir nicht ‚Engel der Armen‘, sondern ‚Partner der Pioniere‘.

Fotos: SBayer Foundations, Discovering Hands: Bayer Foundations, Dr. Kalana Maduwage, RSO Shift GmbH

Thimo V. Schmitt-Lord MBE, Vorstand der Bayer Foundations, über Fortschritt und soziale Veränderung durch Tech-Pioniere


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RSO LIFESHIFT SOLAR STERILIZER Rund vier Millionen Menschen sterben in Afrika jedes Jahr an den Folgen einer Sepsis. Eine Haupt­ ursache: unsteriles OP-Besteck. Es fehlt in vielen Regionen an Strom und sauberem Wasser, um die Instrumente angemessen zu säubern. Das muss nicht sein, dachten sich Martin Reh und sein Team von RSO Lifeshift. Sie entwickelten einen tragbaren, solarbetriebenen Sterilisator für chirurgische Instru-

mente. Mit dem kann das Besteck ganz ohne Stromoder Wasserversorgung nach EC-Standard sterilisiert werden. Einzige Voraussetzung: ausreichend Sonne. Das Wasser aus Brunnen oder Flüssen wird durch einen feinen Filter geleitet, der sogar Bakterien davon trennt, und in den Frischwassertank gepumpt. Das Wasser wird dann mit der Solarenergie verdampft und zur Sterilisation des Bestecks ge-

nutzt. Diese Tech-Innovation überzeugte auch die Jury des Aspirin Social Innovation Award. Gemeinsam mit Dentists For Africa und der ugandischen Hilfsorganisation Tabitha Global Care for Uganda wird der Sterilisator gerade zusammen mit Ärzten getestet, damit er sich an die genauen Bedürfnisse der Mediziner vor Ort anpassen kann. rso-lifeshift.com

Aspirin Social Innovation Award 2016: RSO Life Shift – solarbetriebener Sterilisator ermöglicht klinisch steriles OP-Besteck in den abgelegensten Regionen der Welt (www.rso-lifeshift.com).

DISCOVERING HANDS Brustkrebs führt in vielen Ländern der Welt die Sterbetabellen für Krebs bei Frauen an. Gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern ist die Situation besonders tragisch, da dort die Frühdiagnostik kaum bezahlbar ist. Gleichzeitig leben in diesen Ländern Millionen blinde Frauen in Armut ohne Aussicht auf Berufstätigkeit. Die Tastuntersuchung der Brüste ist eine zentrale Methode zur Brustkrebsfrüherkennung.

Sie kommt im Praxisalltag aber oft zu kurz. Der deutsche Gynäkologe Frank Hoffmann kam auf die Idee, blinde Frauen zu medizinischen Tastuntersucherinnen in der Brustkrebsfrüherkennung auszubilden. Mit ihrem besonders ausgeprägten Tastsinn können sie Knoten in der Brust bis zu neun Monate früher entdecken als ein Arzt – ein lebensrettender Zeitgewinn und eine sinnstiftende Berufstätigkeit für blinde

Frauen: Eine Behinderung wird zu einer Begabung. Die Bayer Foundations haben dem Projekt 2015 den Aspirin Sozialpreis verliehen und bauen mit Discovering Hands und Bayer India gerade ein Schulungszentrum mit 500 Ausbildungsplätzen in Mumbai auf. Zudem entstehen aktuell Ableger in Kolumbien, Bolivien und Mexiko. discovering-hands.de

Aspirin Social Innovation Award 2015: Discovering Hands – die Tastuntersuchung der Brüste ist eine zentrale Methode zur Brustkrebsfrüherkennung (www.discovering-hands.de).

THIMO V. SCHMITT-LORD MBE ist Vorstand der Bayer Stiftungen und verantwortet das weltweite Stiftungs- und Spendenwesen bei Bayer. Der Transfer von erfolgreichen Business-Methoden und Tech-Innovationen in den Non-Profit-Sektor liegt ihm besonders am Herzen. www.bayer-foundations.com


KOLUMNE

MEHR ALS EIN KAFFEEKRÄNZCHEN Was macht eigentlich der Beirat Junge Digitale Wirtschaft beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie? STEPHANIE RENDA ist Mitgründerin und frühere Geschäftsführerin von Match2blue, einer Technologieholding, die B2B-Hightech-Produkte und -Lösungen in den Bereichen LBS, Wearables und Smart Safety anbietet. Als Vorstandsmitglied im BVDS betreut sie das Rhein-Gebiet und das Startup-Unternehmerinnen-Netzwerk. Darüber hinaus berät sie Unternehmen auf ihrem individuellen Weg der digitalen Transformation. Dabei legt sie Wert auf die Zusammenarbeit von etablierten Unternehmen und Startups.

WER SITZT IM BEIRAT? Die zurzeit 26 Mitglieder des Beirats sind Gründerinnen und Gründer und junge IT-Unternehmerinnen und -Unternehmer aus dem digitalen Startup-Ökosystem, Vertreterinnen und Vertreter etablierter IKT-Unternehmen sowie Investoren. Sie verfügen über besondere Sachkunde und einschlägige Erfahrungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie und haben sich bereits mehrfach als Experten mit profunden Erfahrungen und Kenntnissen profiliert und in der öffentlichen

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Diskussion eingebracht. Die Mitgliedschaft im Beirat ist ein persönliches Ehrenamt (lediglich die Reisekosten werden erstattet), das keine Vertretung zulässt. Vorsitzender des Beirats ist Tobias Kollmann, Inhaber des Lehrstuhls für E-Business und E-Entrepreneurship an der Universität Duisburg-Essen und unter anderem wissenschaftlicher Leiter des Deutschen Startup Monitor des Bundesverbands Deutsche Startups. Die Mitgliederliste ist auf der Webseite des BMWi einsehbar.

WAS HABEN WIR ERREICHT? Diese 26 Personen haben während der Beiratssitzungen und unterjährig die Möglichkeit, die Bundeswirtschaftsministerin und die einschlägigen Abteilungs- und Referatsleiter/-innen im persönlichen Gespräch von den Vorteilen von Startup-freundlichen Rahmenbedingungen zu überzeugen und politische Initiativen zu identifizieren und zu initiieren mit Unterstützung des Ministeriums. Die Themen sind umfassend und reichen vom Zu- beziehungsweise Einwanderungsgesetz über die Harmonisierung des EU-Binnenmarkts und Finanzierung bis hin zu digitaler und unternehmerischer Bildung sowie ethischen Fragestellungen rund um das Thema Digitalisierung und Etablierung neuer digitaler Geschäftsmodelle. Das praxisbezogene Know-how des Beirats und unsere Erklärungen zu Zusammenhängen und Bedürfnissen innerhalb des digitalen Startup-Ökosystems werden von den Spitzenbeamten sehr offen und handlungsorientiert aufgenommen und aufgegriffen, zum Beispiel bei „Invest – Zuschuss für Wagniskapital“ oder zur Rolle der KfW beim Thema Finanzierung. Dieser direkte Zugang und das offene, ungefilterte Gespräch innerhalb dieses Gremiums, das Vertrauensverhältnis, welches sich zwischen dem Beirat und dem Ministerium aufgebaut hat, ist gar nicht hoch genug zu bewerten und ebenso das Begreifenwollen des Potenzials, das in Deutschland vor uns liegt und wie die Politik dazu beitragen kann, es zu heben. Dass dieser Austausch so engagiert, ehrlich und sachorientiert ist, ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass wir keine typischen Branchenvertreter der einschlägigen großen Verbände abbilden. Wir vertreten unsere persönliche Meinung und nicht die unserer Mitglieder und müssen keine Rücksichten nehmen. Durch diesen Zugang haben wir nicht nur einiges erreicht, sondern, glaubt mir, auch einiges verhindern können, ich sage beispielsweise nur: Anti-Angel-

Gesetz. Auf eine Initiative aus dem Beirat geht es zurück, dass an vielen deutschen Grundschulen die Schülerinnen und Schüler mit dem Calliope mini, einem simplen Mikroprozessor, im Unterricht Roboter in Bewegung setzen, Nachrichten übertragen und einfache Software programmieren können. In dem Zusammenhang wurde auch eine große mediale Diskussion angeregt zum Thema digitale Bildung in Deutschland. Wir haben bislang zweimal eine deutsch-französische Digitalkonferenz mit unseren Agenden und aktiver Diskussion mit dem französischen Nationalrat für Digitales (Conseil national du numérique, CNNum) mitgestaltet und werden die Zusammenarbeit fortsetzen. Wir waren bei den IT-Gipfeln der Bundesregierung eingebunden und werden am bevorstehenden Digitalgipfel am 12. und 13. Juni zum Thema E-Health der amtierenden Ministerin Brigitte Zypries ein Positionspapier überreichen und mit ihr und Gesundheits-Startups diskutieren. Zu den bereits erschienenen Positionspapieren und Handlungsempfehlungen werden wir im Vorfeld der kommenden Bundestagswahl ein weiteres veröffentlichen, das die notwendigen richtungsweisenden Veränderungen von Rahmenbedingungen für das Ökosystem formuliert. Als ein in der Diskussion streitiges Thema sei Big Data genannt, zu dem wir uns äußern werden. Nicht zuletzt haben wir eine Gründerinnen-Kampagne gestartet, die Frauen Mut machen soll zu gründen und die Gründer-Stunde an Schulen initiiert und persönlich begleitet, das heißt, wir gehen selber in die Schulen und suchen „Mittäter“.

WAS KANN NOCH BESSER WERDEN? Der Beirat hat also schon einiges erreicht und die Politik und Verwaltung für Startups und Digitalisierung sensibilisiert. So sind wir als einziges Gremium in der Digitalen Agenda der Bundesregierung benannt. Aber klar, besser geht immer. Wir werden uns zukünftig und stärker mit anderen Plattformen und Gesprächsformaten vernetzen wie etwa den Gremien aus anderen Ministerien oder dem Ethikrat. Und wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann hätten ich und wahrscheinlich die meisten Beiratsmitglieder einen vergleichbar so gut ausgestatteten Beirat wie die französischen Kollegen mit entsprechenden Mitarbeitern, die die zahlreichen Themen unterstützen könnten, die wir alle mit viel persönlichem Engagement angehen.

Fotos: Stephanie Renda

S

eit 2013 gibt es den Beirat Junge Digitale Wirtschaft beim Bundeswirtschaftsministerium. Er wurde vom damals amtierenden Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) eingerichtet, um das Praxis-Know-how der jungen digitalen Wirtschaft für das Ministerium nutzbar machen zu können. Seitdem sitzen knapp 30 Personen in diesem Gremium, die direkt dem oder der amtierenden Wirtschaftsminister/-in und den einschlägigen Abteilungs- und Referatsleiter/-innen beratend zur Seite stehen, darunter viele Startup-Gründer und -Gründerinnen. Doch was heißt das genau? Kaffee trinken? Häppchen essen? Spesen kassieren? Schlau reden? Was passiert bei den im Schnitt drei Sitzungen im Jahr und was passiert dazwischen? Kommen da auch handfeste Entscheidungen und Initiativen heraus, die der deutschen Digitalszene und dem Startup-Ökosystem in dem Bereich nutzen? Solche Fragen traut sich niemand mir als stellvertretenden Beiratsvorsitzenden direkt zu stellen, aber zwischen den Zeilen muss ich mir schon mal anhören, dass man zum Kaffeetrinken nicht unbedingt von Mainz nach Berlin fahren muss und mit den eigenen Unternehmen sicher schon genug zu tun hätte. Auf der anderen Seite ist das Interesse aus der Szene, Mitglied in diesem Gremium zu werden, sehr groß. Die meisten Mitglieder und der Vorstand sind für ein Jahr berufen beziehungsweise gewählt. Es gibt eine Fluktuation und eine zunehmende Anzahl weiblicher Mitglieder. Was der Beirat ist und was wir machen außer Kaffeetrinken (ja, bei den Sitzungen gibt es natürlich auch Kaffee und ganz selten Kekse) und was der Beirat schon in der realen Welt da draußen bewirkt hat, möchte ich mit diesem Beitrag öffentlich machen.


A FN E AZTEUI G RE

Sitzen trotz des Verkaufs an DuMont weiterhin im Driver’s Seat (v. l.): Teja Töpfer und Benjamin Schröter von Facelift

„NAH AM KUNDEN – STÄNDIG“ Teja Töpfer, Co-Founder und COO von Facelift, über die Herausforderungen eines erfolgreichen Unternehmers, den Verkauf von Facelift und die richtige Bank an seiner Seite Teja, wie bist Du zum Gründen gekommen und was sind Deine Erfahrungen aus den Anfangsjahren? Ich habe schon immer gerne Dinge selbst vorangetrieben. Wenn dich eine Idee so fesselt, dass Du Dich ein Leben lang ärgern würdest, wenn jemand anders diese umsetzt, dann musst Du es einfach selber machen. Man kann ganz viel aus der Erfahrung heraus lernen, und manchmal gehört auch Scheitern dazu. Für einen Unternehmer ist es wichtig zu wissen, dass nicht immer die erste Idee greift. Vielmehr geht es darum, schnell aufzustehen und es beim nächsten Mal besser zu machen.

Fotos: Jörg Böh/HVB, Toni Momtschew

Kommen wir zu Facelift: Was ist Eure Geschäftsidee? Mit unserer Software geben wir Unternehmen im Bereich Social-Media-Marketing die Möglichkeit, ihre gesamten Aktivitäten in sozialen Netzwerken sehr viel einfacher und auf einer Plattform zentral zu steuern. Dabei sehen wir uns als Technologielieferant und unterstützen den Kunden dabei, sämtliche Kanäle mit der Software selbstständig zu managen. Was unterscheidet Euch dabei von Euren Wettbewerbern? In so einem Markt kommt es darauf an, sehr nah am Kunden zu sein. Dabei ist es eine ganz wichtige Herausforderung, sowohl auf der Produktseite gut zu sein, als auch auf der Vertriebsseite. Dafür steht Facelift. Seit unserer Gründung gab es immer

wieder Wettbewerber, die uns angespornt haben, besser zu sein. Insofern sehe ich Wettbewerb als sehr positiv an. Facelift wurde vor Kurzem von DuMont gekauft. Was hat Euch zur Exit-Strategie bewogen, und welche Vorteile versprecht Ihr Euch davon? Wir wollten einen Partner, der mit uns wachsen will. Und uns war es wichtig, dass unser Unternehmen auch nach einem Verkauf Stabilität und Substanz hat. DuMont gibt uns viel Spielraum. Insofern sehen wir uns trotz des Verkaufs – und wir sind ja weiterhin beteiligt – im Driver’s Seat. Warum habt Ihr Euch für das Tech Team der HypoVereinsbank in Hamburg entschieden? Uns hat insbesondere der Technologieansatz überzeugt. Die digitalen Möglichkeiten sowie die Spezialisten für Cash-Management und Internationalisierung gehen genau auf die Bedürfnisse von stark wachsenden jungen Unternehmen ein. Für mich sind bei der Zusammenarbeit mit Banken Vertrauen und Flexibilität das Wichtigste. Und dabei erwarte ich, dass man auch in unerwarteten Situationen den Weg gemeinsam bestr­eitet. Für Facelift spielt das internationale Geschäft eine große Rolle. Wie unterstützt Euch die Bank dabei? Da wir sehr viele ausländische Kunden haben, wird oft in lokaler Währung bezahlt. Zudem muss man sich auf Zahlungsmodalitäten einlassen, die hier nicht so verbreitet sind. Unsere Bank sollte also Expertise im Bereich Cash-Management und im Auslandsgeschäft haben und über die entsprechenden Netzwerke verfügen. Wie sehen die nächsten Schritte in der Entwicklung des Unternehmens aus?

Trotz eines zweistelligen Wachstums im DACHMarkt sehen wir noch viel Potenzial und wollen die Internationalisierung weiter vorantreiben. Das machen wir sehr stark von Hamburg aus. Durch die Digitalisierung sind unsere Kunden auf der ganzen Welt nur einen Klick entfernt. Angefangen bei der vertrieblichen Anbahnung des Geschäfts bis hin zu virtuellen Meetings wird in Zukunft vieles über digitale Marketingstrategien laufen. Welchen Rat gibst Du anderen Gründern? Ich hab mal den Spruch gehört, selbstständig tätig zu sein bedeutet selbst und ständig. Es geht nicht darum, ständig verfügbar zu sein, aber ständig am Produkt, am Unternehmen zu arbeiten. Dabei ist es wichtig, sich nicht entmutigen zu lassen und aus Fehlern neue, erfolgreiche Strategien abzuleiten.

Das achtköpfige HVB Tech Team Nord hat sich auf Unternehmen mit überwiegend digitalen Geschäftsmodellen spezialisiert und begleitet seine Kunden von der Gründung bis zum IPO. In der dieser Berlin Valley beiliegenden Sonderausgabe zur Hansestadt wird das Team ausführlich vorgestellt. hvb.de/tech


#BTW17

Risiko Social Bots: „Die User, die laut und aufdringlich sein wollen, für die ist die Automatisierung ein wunderbares Tool.“

WAHLKAMPF MIT ROBOTERN

Vor der anstehenden Bundestagswahl gehen die Parteien mit moderner Technologie auf Stimmenfang – die auch von Startups kommt. Rechtspopulisten machen sich perfide Mechanismen zunutze

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90 PROZENT DER TWITTER-FOLLOWER VON @MARTINSCHULZ SIND ECHT. Quelle: Twitteraudit

Die Journalistin ist in der EU die digitale Botschafterin Österreichs. Sie stellt fest, dass Fake-News im Kampf um Wählerstimmen eine immer wichtigere Rolle einnehmen. Das Perfide dabei: Forschungen belegen, das Meldungen, die besonders darauf abzielen, beim Leser Wut zu schüren, auch die höchsten Interaktionsraten haben. Und genau darauf setzen rechte Hetzer. Weil die Algorithmen der sozialen Netzwerke wie Facebook Posts mit hohen Interaktionsraten – also vielen Likes, Kommentaren und Shares – als besonders relevant einstufen, sind die Beiträge in vielen Timelines der sozialen Medien vergleichsweise prominent vertreten. Ein Artikel, der fabuliert, dass Moslems ein Hundeverbot in Deutschland anstreben würden, brachte es so auf fast 80.000 Interaktionen. Ein Einzelfall? Nein. „Auf vier korrekte Inhalte zu politischem Content in sozialen Medien kommt eine soge­ nannte Fake-News-Story“, analysiert Lisa-Maria

Fotos: wowomnom/Shutterstock

HARTE BANDAGEN UND FRAGWÜRDIGE METHODEN „Das größte Potenzial steckt in Rapid Response, also schnell auf aktuelle, politische Themen einzugehen und somit den Deutungsrahmen im öffentlichen Diskurs zu definieren“, sagt Julius van de Laar dem Magazin Wired. Van de Laar, der 2008 dem Wahlkampfteam des früheren US-Präsidenten B ­arack Obama angehörte und heute in Deutschland Parteien bei der strategischen Planung berät, erklärt: „Denken Sie nur, wie viel Vorlauf es braucht, um ein Plakat zu drucken, da vergehen oft Wochen. Ganz anders im Netz oder auf digitalen Werbetafeln.“ JE 30 PROZENT DER TWITTER-FOLLOWER Dabei gilt: Der Kampf DER BEIDEN KANDIDATEN IM um die digitale Deutungshoheit wird mit imUS-PRÄSIDENTSCHAFTSWAHLKAMPF mer härteren Bandagen WAREN KEINE MENSCHEN. geführt – und gerade An­ Quelle: Twitteraudit hänger der Parteien aus dem rechtspopulistischen Spektrum verwenden dabei äußerst fragwürdige Methoden. Genau diese Am 24. September ist Bundestagswahl – und in Problematik war auch ein Schwerpunktthema auf Sachen digitale Präsenz haben sowohl Kanzlerin der Republica Anfang Mai in Berlin (Seite 62 f.). Merkel als auch Herausforderer Schulz ihre Haus„Mit emotionalisierenden Falschmeldungen wird aufgaben gemacht. Aber wie digital wird der derzeit die politische Debatte gehackt“, sagt Ingrid Wahlkampf wirklich? Und was macht überhaupt Brodnig bei ihrem Auftritt auf der Web-Konferenz. den digitalen Faktor aus?

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz lässt es sich nicht nehmen, auf Twitter den langjährigen Kapitän der deutschen Nationalmannschaft zu verabschieden: „Ein großer Fußballer hängt seine Schuhe an den Nagel. Danke für alles, Philipp Lahm.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterhält sich währenddessen in ihrem wöchentlichen Podcast „Die Kanzlerin direkt“ auf Youtube mit der 16-jährigen Lucie Klemme von der Jugendfeuerwehr Möllenbeck. Auch auf Facebook und Instagram sind beide Politiker vertreten, klar.


#BTW17

um Leute in die Irre zu führen oder nicht-authentische Kommunikation zu verbreiten.“ Eine verbesserte Meldefunktion, Warnhinweise und externe Faktenprüfer sind erste Konsequenzen aus dieser Erkenntnis.

FAST 20 PROZENT DER TWEETS AUF TWITTER IM US-PRÄSIDENTSCHAFTS­WAHLKAMPF WURDEN DURCH SOCIAL BOTS VERBREITET. Quelle: Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag

Neudert auf der Republica den bedenklichen Trend. Die Forscherin, die am Oxford Internet Institute arbeitet, schätzt: „Zu 95 Prozent ist das Content aus dem rechten Flügel.“ Viele der rechtspopulistischen Politiker machen sich die Panikmache, die viele Wähler in ihre Arme treibt, zunutze. Sie warnen vor der vermeintlich tendenziösen „Mainstream-Presse“. „So versuchen sie, Wähler weg von etablierten Medien zu bringen und hinein in die eigenen Echo-Kammern“, sagt Brodnig: „Darunter versteht man digitale Räume, in denen sich größtenteils Gleichdenkende austauschen.“ Ein weiterer Faktor, der diesen gefährlichen Trend noch verstärken kann, sind sogenannte Social Bots: also automatisierte Accounts auf sozialen Medien, die nur vermeintlich von realen Personen betrieben werden. „Bots verstärken Strömungen. Sie versuchen, Masse zu erzeugen. Das kann beispielsweise ein Twitter-Hashtag sein“, erklärt Neudert. Diese vermeintliche Masse an Aufmerksamkeit verleiht Themen wiederum eine gefühlte Relevanz. Das bestätigt Hardliner in ihrer Meinung. „Die User, die laut und aufdringlich sein wollen, für die ist die Automatisierung – und damit die Möglichkeit, selbst im Schlaf alle fünf Minuten die eigene Meinung rausblasen zu können – ein wunderbares Tool“, sagt Brodnig. Es gibt Untersuchungen die nahelegen, dass im vergangenen Wahlkampf in den USA fast 20 Prozent der Tweets von automatisierten Programmen kamen. Immerhin: Bislang halten die Experten den Einfluss der Social Bots auf den deutschen Wahlkampf noch für begrenzt. ERLEICHTERUNG BEI DER KOMMUNIKATION BIRGT RISIKEN Letztlich lösen lässt sich das Problem der gezielten Falsch­informationen aber nur zusammen mit den großen Plattformen, über die sie verbreitet werden. „Wis-

„AUF VIER KORREKTE INHALTE ZU POLITISCHEM CONTENT IN SOZIALEN MEDIEN KOMMT EINE SOGENANNTE FAKE-NEWSSTORY“ LISA-MARIA NEUDERT, Forscherin am Oxford Internet Institute

senschaftler müssen Zugriff bekommen, um bestimmte Effekte zu ermitteln“, fordert daher Brodnig. Allerdings stellen sich Facebook, Twitter und Co. quer: Sie hüten ihren Algorithmus wie ein Staatsgeheimnis. Zumindest Facebook hat das Problem erkannt und kündigte bereits an, in Zukunft verschärft gegen Fake News vorgehen zu wollen. „Wir wissen, dass im heutigen Informationszeitalter Social Media eine große Rolle bei der Erleichterung der Kommunikation darstellt“, heißt es in einem Bericht des Konzerns: „Wir haben aber erkannt, dass unter bestimmten Umständen das Risiko steigt, dass in manchen Fällen böswillig Handelnde versuchen, Facebook zu nutzen,

VIELE FRAGEN Das Berliner Startup Civey will die Meinungsforschung revolutionieren

Fotos: Privat

2015 gegründet ist das Umfragetool von Civey inzwischen auf diversen Nachrichten­ portalen eingebunden. Diese erhalten als Gegenleistung ebenso Zugang zu den Ergebnissen der Umfragen (Beispiel links) wie die Teilnehmer. Andere Kunden zahlen für die Erkenntnisse, die das Startup so gewinnt. „Diese Branchenreports stellen wir unseren Kunden in Echtzeit – auf Wunsch sogar via API mit Direktanbindung an ihr eigenes Data-Center – zur Verfügung“, erklärt CEO Gerrit Richter: „Im Augenblick konzentrieren wir uns noch auf die Bereiche Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Aber in Planung sind auch Branchenreports zu Energie, Gesundheit und Ernährung.“ Mittlerweile arbeiten am Standort Berlin mehr als 30 Data Scientists, Entwickler und Marketing-Strategen.

KAMPFANSAGE AN DIE ETABLIERTE MEINUNGSFORSCHUNG Klar ist: Der Wahlkampf und die Meinungsmache toben auch in den sozialen Medien. Experte van de Laar mahnt aber, eine ganz andere Form der Partei-Werbung darüber nicht zu vergessen: „Die effektivste Art, jemanden zu überzeugen, ist und bleibt immer noch das persönliche Gespräch.“ Und auch

60 PROZENT DER TWITTER-FOLLOWER VON @REGSPRECHER SIND FAKE. Quelle: Twitteraudit

wenn sich das zunächst widersprüchlich anhört: Auch hierbei spielt digitale Technologie eine große Rolle. Und die wird auch von Startups geliefert. In Frankreich sorgte zuletzt das Pariser Startup Liegey Muller Pons für Aufsehen. Das Unternehmen arbeitete mit El Marche, der Partei des späteren Wahlsiegers Emmanuel Macron zusammen. Die Software Cinquante Plus Un lieferte dem Wahlkampfteam genaue Informationen über die Bürger. Ob Wahlverhalten in der Vergangenheit, Arbeitslosigkeit oder Altersstruktur: Cinquante Plus Un erklärt dem Benutzer, wie die Wahlberechtigten in welchem Bezirk ticken. Durch Umfragen werden die Daten stetig weiter ergänzt und ermöglichen es so, den Haustürwahlkampf perfekt auf die jeweilige Klientel abzustimmen: Potenziell wankelmütige Wähler lassen sich ebenso herausfiltern wie die Themen, die den Bürgern im entsprechenden Wahlkreis besonders wichtig sind. Die Software weist den Wahlkämpfern sogar die Routen, auf denen sie die Häuser möglichst effizient abklappern können. Big Data als Erfolgsgarant. Eine Expansion nach Berlin ist bereits geplant. Vorbild für das Startup um CEO Guillaume Liegey waren die USA, wo Parteien schon länger riesige, noch ungleich umfangreichere Datensätze über die Einwohner erwerben können. In Deutschland ist es wegen der schärferen Datenschutzbestimmungen schwerer, derart detailliertes Material über die Wahlberechtigten zusammenzustellen. Das Berliner Startup Civey hat das Problem der Beschaffung von validen Daten erkannt – und geht mit seinem gleichnamigen Online-Umfragetool neue Wege. „Es ist Zeit für einen fairen Deal mit den Teilnehmern: Wir zeigen jedem das repräsentative Ergebnis in Echtzeit, kein Ergebnis wird verheimlicht“, erklärt CEO Gerrit Richter im Interview mit Horizont: „Im Gegenzug stellen uns die Menschen mehr Daten über sich zur Verfügung und nehmen häufiger an Umfragen teil.“ Dass das Konzept funktioniert, zeigte sich bei der Landtagswahl in Berlin 2016: Das Unternehmen lieferte die zweitbeste Ergebnis-Pro­ gnose und hängte dabei auch etablierte Meinungsforschungsinstitute ab. Ob Daten, Umfragen oder Algorithmen: Die Digitalisierung bietet Politikern im Wahlkampf gänzlich neue Möglichkeiten. Zwar wurden die in Deutschland bisher nur vergleichsweise oberflächlich genutzt – aber der Trend wird sich weiter verstärken. Welche Parteien Deutschland künftig regieren, werden zunehmend digitale Strategien entscheiden. Maximilian von Harsdorf

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KOLUMNE

SCHEITERN IST KEINE OPTION! Ein Plädoyer für die Einrichtung eines Tech Growth Funds in Deutschland und das dänische Modell ULRIKE HINRICHS vertritt als Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) die Interessen der ­PrivateEquity-Branche in Deutschland. Der BVK umfasst die Private-Equity-Gesellschaften – von Venture Capital über Wachstumsfinanzierung bis zum Buyout-Bereich – sowie institutionelle Investoren, die in Private Equity investieren und zählt rund 300 Mitglieder, davon 185 Beteiligungsgesellschaften. bvkap.de

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willen, sondern vielmehr darum, dass Erkenntnisse aus dem Scheitern oftmals wertvoller sind als Erfahrungen von Erfolgen. Daher ist es falsch, das Scheitern und insbesondere mit einer Unterneh­ mens­idee Gescheiterte zu stigmatisieren. Das sollte aber nicht dazu führen, Scheitern selbst zum Erfolgs­konzept zu erheben. Eine Kultur der zweiten – oder auch dritten – Chance empfinde ich daher als Forderung treffender.

EINE KULTUR DER ZWEITEN CHANCE Als Branche stimmt es uns natürlich nicht zufrieden, wenn die Bedeutung von Venture Capital für die Volkswirtschaft allein in politischen Sonntagsreden besonders betont wird. Umgekehrt gilt aber, dass das Wissen um die herausragend wichtige Rolle von hinreichend Wagniskapital Voraussetzung des geforderten Mentalitätswandels ist. Einsicht ist bekanntlich der erste Schritt zur Besserung! Unabhängig von der Notwendigkeit eines Mentalitätswandels sollte nicht übersehen werden, dass die Bundesregierung in den vergangenen Monaten und Jahren im Bereich Venture Capital viel auf den Weg gebracht hat: Mit der Neuregelung der Verlustverrechnung bei Anteilseignerwechsel hat die Große Koalition ein bisher bestehendes Investitionshemmnis im Steuerrecht zwar nicht vollständig beseitigt, aber zumindest minimiert. Durch das 2015 begonnene KfW-Engagement als Fondsinvestor werden bis zum Jahr 2019 400 Millionen Euro in VentureCapital-Fonds investiert. Neue Finanzierungsmöglichkeiten für Startups bietet der im Frühjahr 2016 gestartete Co-Investitionsfonds Coparion, der über ein Volumen von 225 Million Euro verfügt. Die Auflage des Hightech-Gründerfonds III führt ein bewährtes Förderinstrument in der Frühphasenfinanzierung fort und die Ausweitung sowie Steuerfreistellung des Invest-Zuschusses für Wagnis­kapital schafft neue Investitionsanreize für Business Angels. So richtig und wichtig diese Maßnahmen auch sind, eines schaffen sie bedauerlicherweise nicht: Mehr Investments von institutionellen Investoren in Venture-Capital-Fonds. Diese sind aber erforderlich, um die bestehende Lücke an Wagniskapital im Bereich der Anschlussfinanzierung zu schließen. In der Phase der Seed-Finanzierung ist Deutschland recht gut aufgestellt. Eine Vielzahl öffentlicher, oftmals regionaler, Förderprogramme verschafft Startups eine gute Ausgangslage. Wird der Kapital­bedarf des Unternehmens aber größer,

scheiden öffentliche Fördertöpfe aus. Auch Business Angels können den erhöhten Kapitalbedarf meist nicht stemmen. Und eine Kreditfinanzierung kommt mangels Sicherheiten ohnehin nicht in Frage. Diese Situation wirkt sich gleich dreifach fatal aus: Für die Gründer selbst, weil eine Fortentwicklung ihres Unternehmens erheblich erschwert wird. Für die Steuerzahler, weil öffentliche Fördergelder aus der Frühphasenfinanzierung zu verpuffen drohen. Und für die gesamte Volkswirtschaft, weil hierzulande nötige Innovationen nicht weiterverfolgt, sondern gegebenenfalls im Ausland kommerzialisiert werden.

DÄNEMARK ALS VORBILD Die Überlegungen zur Errichtung eines Tech Growth Funds weisen in die richtige Richtung. Schließlich könnte damit Unternehmen in der Wachstumsphase aus dem beschriebenen Tal des Todes herausgeholfen werden. Deswegen erscheint es lohnenswert, eine marktnahe Umsetzung dieses Instrumentariums zu forcieren. Der Erfolg des Modells wird maßgeblich davon abhängen, ob es gelingt, Kapital institutioneller Investoren in die Anlageklasse Wagniskapital zu kanalisieren. Eventuell bedürfen die diskutierten Vorschläge zum Tech Growth Fund insofern einer Weiterentwicklung. Hierbei kann der Blick ins europäische Ausland helfen: In Dänemark wurde 2011 ein neuartiges Dachfonds-Modell etabliert, das zusätzliche Anreize für Versicherungen schafft, in Venture Capital zu investieren. Damit wird nicht nur ein Höchstmaß an Diversifizierung erreicht, sondern auch die Möglichkeit geschaffen, dass sich Versicherungen an kleineren Venture-Capital-Fonds beteiligen. Bisher scheitern entsprechende Engagements oft bereits an den geringen Volumina der VC-Fonds im Verhältnis zu den hohen Einzel-Investments der Versicherer. In Dänemark kann den Investoren unter anderem durch die breite Risikostreuung eine Rendite zugesichert werden. Auch dadurch wird die Attraktivität für Investitionen der Versicherer deutlich erhöht. Zu einer Umsetzung in Deutschland bedürfte es noch nicht einmal gesetz­licher Änderungen. Eine Etablierung eines vergleichbaren Modells sollte daher in der kommenden Legislaturperiode in Angriff genommen werden. Gelingt das, so würde der deutsche Venture-Capital-­Markt signifikant gestärkt. Auch in den nächsten vier Jahren werden wir uns als BVK dafür weiterhin konsequent einsetzen! Die Uhr läuft bereits, Zeit haben wir nicht zu verlieren. Fotos: BVK

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as Jahr 2017 ist ein Super-Wahljahr. Anlass genug, Bilanz zu ziehen: Wo steht der deutsche Venture-Capital-Markt heute? Was hat sich in den ver­gang­ enen knapp vier Jahr­­en getan? Und vor allem mit Blick in die Zukunft: Was wollen wir bis 2021 erreichen? Venture-Capital-Investitionen sind zu Recht auch stets ein Gradmesser für die Innovations- und Zukunfts­fähigkeit eines Landes. 2016 wurden in Deutschland 930 Millionen Euro Wagniskapital investiert. Trotz einer deutlichen Steigerung im Vergleich zum Vorjahr erreichen wir damit nicht einmal 0,03 Prozent gemessen an unserem Bruttoinlandsprodukt. Das zeigt: Es besteht reich­­­­­­lich Luft nach oben! Klar ist aber auch: Wir erhöhen die Investitionen sicher nicht, indem wir uns als Branche selbst marginalisieren! Woran liegt es, dass wir insbesondere im Vergleich zu Ländern wie den USA oder auch Israel fast hoffnungslos hinterherhinken? In Diskussionen nach dem Warum scheint die Ursache schnell ausgemacht: Wir Deutschen scheuen das Risiko. Schuld ist demnach unsere Mentalität. Sicher ist diese Analyse nicht ganz von der Hand zu weisen. Entscheidend ist aber, welche Schlüsse wir daraus ziehen! Weder sollte dieser Befund dazu führen, dass wir den Kopf in den Sand stecken, noch sollte er politische Entscheidungs­träger aus der Verantwortung entlassen, sich um eine Verbesserung der Rahmenbedingungen zu kümmern. Selbstmitleid hilft nicht weiter. Dafür sind die Heraus­forderungen der Digitalisierung zu groß. „Die digitale Revolution fällt wegen Geldmangels aus. Startups verkümmern, weil Liquidität fehlt“, schreibt Christoph Keese in seinem lesenswerten Buch „Silicon Germany“. Mit diesem Zustand dürfen wir uns nicht abfinden. Denn: Scheitern wir, die Herausforderungen der fortschreitenden Digitalisierungen zu meistern, scheitert Deutschland – zumindest werden wir auf Dauer nicht den Rang als viert­größte Volkswirtschaft der Welt halten können. So wichtig eine Kultur des Scheiterns für eine dauerhafte Innovationsfähigkeit sein mag, so wenig darf das Postulat für die Bewältigung unserer Herausforderungen als Wirtschaftsstandort gelten. Scheitern ist hier keine Option! Die oft gehörte Forderung nach einer Kultur des Scheiterns erscheint mir ohnehin zu kurz gesprungen. Scheitern an sich ist kein Selbstzweck. Es geht nicht darum zu scheitern, allein um des Scheiterns


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Christoper Schmitz ist Partner im Bereich Transaktionsberatung und leitet die deutsche EY Fintech Practice.

CRASHKURS FÜR START-UPS Im September startet in Frankfurt die EY Start-up Academy in Kooperation mit dem TechQuartier und der Deutschen Börse. Christopher Schmitz, Initiator der Academy, erklärt Konzept und Ziele der neuen Talentschmiede.

Foto: Silke & Chris Photography

Christopher, ihr habt die Start-up Academy gegründet. Was verbirgt sich dahinter? Die Academy ist so etwas wie ein zwölfwöchiger Crashkurs für Start-ups in der Gründungsphase. Hier erfahren sie, wie sie einen überzeugenden Geschäftsplan aufstellen, eine Anschlussfinanzie­ rung erhalten, Fördergelder beantragen, das passende Steuermodell finden oder einen Vertrag wasserdicht aufsetzen. Ebenso lernen sie aber auch, wie sie erfolgreich mit einem Investor verhandeln – eben all das, was für ihr weiteres Wachstum wichtig ist. Wie seid ihr auf den Gedanken gekommen, die Academy zu gründen? Viele Start-ups denken in der Gründungsphase primär an ihre Idee und wie sie diese marktreif machen können. Dabei verlieren sie andere, mindestens ebenso wichtige Themen aus den Augen – seien dies finan­ zielle, rechtliche oder steuerliche Fragen. Genau diese und verwandte Themen stehen auf unserem Stundenplan. Gleichzeitig fällt es den jungen Start-ups oft schwer, Zugang zu Investoren zu finden. Auch dabei wollen wir ihnen mit unserer Academy helfen. Und last, but not least wollen wir das Start-up-Ökosystem in Frankfurt beflügeln. Deshalb haben wir das neue TechQuartier, nur einen Steinwurf von der Messe entfernt, als Zuhause für unsere Academy gewählt.

An welche Start-ups richtet sich die Academy? Ganz klar an Start-ups in der Gründungsphase, die bereits einen Proof of Concept oder ein Minimum Viable Product besitzen, sich bootstrapped finanzieren oder einen Business Angel für sich gewonnen haben und jetzt einen Investor für ihr weiteres Wachstum suchen. Und dann müssen sie ein überzeugendes Geschäftsmodell mit Zukunftspotenzial haben. Die Qualität ist uns ganz wichtig!

„WIR WOLLEN, DASS DIE START-UPS RICHTIG DURCHSTARTEN“ Wie sieht das Programm im Einzelnen aus? Wir starten das Programm mit einem Pitch für alle interessierten Start-ups. Danach gibt es etwa zwei bis drei Veranstaltungen pro Woche, in denen die Start-ups alles lernen, was sie für ihren weiteren Weg brauchen. Dabei stehen nicht nur unsere eigenen Fachkollegen hinter dem Katheder, sondern ebenso Investoren, Banker, Corporates und erfahrene Gründer. Nach zwölf Wochen gibt es die Academy-Teilnahmebescheinigung und für das beste Start-up einen ‚Academy Award’, den wir öffentlichkeitswirksam unter Einbindung der Presse verleihen. Damit erhalten die Start-ups nicht nur ein starkes Qualitätssiegel, sondern auch gleich eine Bühne, auf der sie sich möglichen Investoren präsentieren können. Wir wollen, dass die Start-ups richtig durchstarten können!

Welche Vorteile haben die Start-ups noch, wenn sie an der Academy teilnehmen? Sie haben die Möglichkeit, von den vielen Vorteilen unseres EY-Start-up-Ökosystems zu profitieren. Sie können unsere Veranstaltungen besuchen, sich mit Investoren und Corporates kurzschließen und sogar an unserem Wettbewerb „Entrepreneur Of The Year“ teilnehmen. Während der zwölf Wochen, die das Programm läuft, stellt das TechQuartier den teilnehmenden Start-ups jeweils zwei Arbeitsplätze zur Verfügung. Damit können sie sich auch in das dynamische Ökosystem des TechQuartiers einklinken. Die Deutsche Börse bringt darüber hinaus Kompetenz zu IPO und aus ihrem Venture Network mit ein. Das ist doch ein Angebot! Was muss ein Start-up machen, das teilnehmen will? Wie sieht der Bewerbungsprozess aus? Auf unserer Start-up-Academy-Website haben wir alle Bewerbungsmodalitäten aufgeführt; Bewerbungsschluss ist Mitte August. Im Anschluss daran führen wir mit den Start-ups Interviews durch und wählen die endgültigen Teilnehmer aus, die sich für die Academy qualifiziert haben. Mitte September geht es dann los. Ich bin überzeugt, dass die Academy für das eine und andere Start-up das Sprungbrett für seinen weiteren Wachstumskurs werden könnte!

Wollt ihr euch für die Start-up Academy bewerben? Mehr Infos gibt es unter START-UP-INITIATIVE.EY.COM/ ACADEMY. Für alle Fragen vorab steht euch Christopher Schmitz per E-Mail unter christopher.schmitz@de.ey.com zur Verfügung.


„DIE LEISTUNGSGESELLSCHAFT FUNKTIONIERT NICHT MEHR“

Wir leben in einer Zeit, in der scheinbar alles, was erdacht werden kann, irgendwann auch möglich wird. Müsste nicht jetzt wieder eine große Zeit der Philosophen anbrechen? Wer sonst soll die Veränderungen erfassen, einordnen und Leitplanken für unsere Gesellschaft setzen? Im Prinzip leben wir derzeit in einer wunderbaren Nährlösung für Philosophen. An unseren Universitäten herrscht jedoch ein Ausbildungssystem, das

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diese Art von Generalisten-Philosophen nicht hervorbringt. In der akademischen Welt werden Philosophen zum Spezialisten ausgebildet – also entweder zum historischen Spezialisten, der sich sehr gut mit Schelling auskennt, oder zum Logik-Spezialisten, also analytische Philosophie. Die Hälfte der Lehrstühle gehört zur analytischen Philosophie. Damit können Sie aber die Gegenwartsprobleme nicht durchdenken. Wo genau liegt das Problem? Wir haben ja tatsächlich einen starken Bedarf an philosophischer Orientierung. Wenn man überlegt, wann es in der Vergangenheit jemals einen so großen Bedarf an Philosophen gab, dann gibt es eigentlich nur zwei Zeitalter. Zum einen war es die große Umbruchszeit, als die Demokratie in Athen den Bach runterging. Damals lebten Platon und Aristoteles. Alexander der Große planierte anschließend alles wieder. Dann errichteten die Römer ihr Imperium und waren ohnehin eher praktisch als philosophisch veranlagt. Die griechische Philosophie hatte also eine Blütezeit von 50 Jahren. Eine zweite bedeutende Blütezeit war zwischen 1750 und 1830, in etwa bis Hegels Tod. In

dieser Epoche wurde der gesamte Umbruch von der Adelsgesellschaft zur Bürgergesellschaft durch die Französische Revolution und deren Nachwirkungen von Philosophen gedanklich vorweggenommen. Die Denker waren damals hochangesehen, ihre Schriften hatten in diesem Totalumbruch großen Einfluss. Und heute erleben wir wieder einen gewaltigen Umbruch. Jene bürgerliche Arbeitsgesellschaft, die zwischen 1750 und 1830 entstanden ist, bricht jetzt vollständig um in etwas anderes. Die klassische Leistungsgesellschaft funktioniert nicht mehr, wenn für die Hälfte der Leute keine Arbeit mehr da ist, weil Computer und Roboter sie erledigen. Ich finde die Perspektive auf diese Gesellschaft sehr schön. Arbeit also nicht mehr als Mittelpunkt des Lebens? In der griechischen Demokratie haben die Frauen, die Sklaven und die Ausländer gearbeitet. Die Männer mit Bürgerrechten haben der Muße gefrönt. Sie waren auf andere Weise tätig, aber eben nicht gegen Geld. Sie haben Politik gemacht und sich mit vielerlei Sachen beschäftigt, sie hatten genug Pläne für den Tag. Und heute entsteht

Fotos: Amanda Berens

Der Philosoph und Bestseller-Autor Richard David Precht über neue Geschäftsmodelle für Konzerne, das bedingungslose Grundeinkommen und die Chancen für Startups, sich an den Lösungen der großen Menschheitsprobleme zu beteiligen


NACHGEDACHT

Richard David Precht, Jahrgang 1964: Er zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutsch­s prachigen Raum.

wieder eine Gesellschaft, in der es für sehr viele Menschen keine klassische Erwerbsarbeit geben wird. Das wird zu gewaltigen Umstrukturierungen führen. Bei solchen gesellschaftlichen Transformationen wären Philosophen wichtig, um Orientierungen zu geben. Aber diese Art von Philosophen entsteht am ehesten jenseits der Universitäten. Wie sieht zukünftig unser Menschenbild aus? Heute definiert sich der Menschen noch primär über Arbeit. Der Mensch definiert sich erst seit 250 Jahren über die Arbeit. Wir beobachten, dass die meisten jungen Leute inzwischen sagen: ‚Wir brauchen nicht mehr Zeug, wir brauchen mehr Zeit.‘ Sie wollen eine Arbeit machen, in der sie selbst vorkommen, die Sinn macht. Für die Generationen unserer Eltern und Großeltern war das Leben kein Wunschkonzert. Man hat im Grunde genommen gelebt, um zu arbeiten, und nicht gearbeitet, um zu leben. Das ist heute anders. Kann der Mensch mit diesen neuen Freiräumen umgehen? Was heißt: ‚Der Mensch?‘ Also der gut gebildete Mensch mit einem wohlsituierten Elternhaus ganz sicher. Doch viele andere werden, wenn sie nichts mehr zu tun haben, eben nicht kreativ, sondern destruktiv. Dies ist eine Frage von Bildung, das fängt schon im Kindergarten an. Bildung bedeutet, sich selbst in die Lage zu versetzen, aus sich selbst heraus Ziele zu entwickeln und diese auch zu verfolgen. Aber dieser Aspekt kommt in unseren Schulen so gut wie nicht vor. Dort lernt man immer für eine Belohnung, für Zensuren, und später in der Arbeitswelt für Geld. Im Zusammenhang mit der wegbrechenden Arbeit muss man auch die Sharing Economy betrachten. In Deutschland hängen viele Jobs an der Automobilindustrie. Autos stehen statistisch belegt pro Tag 23 Stunden ungenutzt herum. Was passiert, wenn das Interesse am Autobesitz sinkt? Wenn man eine Flatrate pro Monat zahlt und dafür eine tarifabhängige Reichweite an Kilometern nutzen kann, bräuchte man wahrscheinlich nur noch zwischen einem Fünftel und einem Siebtel der gegenwärtig existierenden Fahrzeuge. Das wäre das Ende der deutschen Automobilindustrie, wie wir sie kennen. Darauf wollte ich hinaus. Ich rede häufiger mit der Automobilindustrie. Die Hersteller verfügen über sehr gute Marken. Mercedes ist eine Weltmarke, und mit einer Weltmarke kann man viel anfangen. Da muss man nicht unbedingt Autos bauen. Wenn sich die Zahl der Autos massiv reduziert, wird auch das Geschäftsmodell im Automobilsektor ganz klein. Die Strategie müsste daher sein, jetzt in ganz neue und andere Zukunftsfelder zu investieren, die nichts mehr mit Verkehrsmitteln im klassischen Sinne zu tun haben. Das tun die Konzerne aber nicht. Denn die Auftragsbücher sind gut gefüllt, der Automobilindustrie geht es so glänzend wie selten zuvor. Versuchen Sie mal, den Aktionären zu erklären, dass ein erfolgreiches Geschäftsmodell so nicht weitergeht!

Wie stehen Sie zum bedingungslosen Grundeinkommen? Ist das auch eine Zwangsläufigkeit? Ja. Es gibt keine Alternative. Wir müssen verhindern, dass die Binnenmärkte zusammenbrechen und dass Leute, weil sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen, kein Geld in der Tasche haben. Deswegen müssen wir das Grundeinkommen einführen. Ich bin sicher, dass es kommen wird, und zwar völlig ungeachtet der Frage, was für ein Menschenbild dahintersteht. Aber wir Deutschen werden nicht die Vorreiter sein. Die Finnen werden damit beginnen, später die Dänen und die Holländer – und irgendwann machen wir das auch. Die Menschen werden künftig mehr Zeit haben, aber die Probleme in der Welt werden nicht weniger. In dieser Marktlücke könnte Deutschland doch quasi als Problemlöser in der Welt operieren? Ja, sehr toll (lacht). Das Dilemma ist, dass Firmen wie Google damit werben, die Probleme der Welt zu lösen, es aber definitiv nicht tun. Gegen die großen Probleme dieser Welt, beispielsweise gegen den Hunger, haben sie bislang nichts gemacht. Wir haben im Augenblick einen enormen Kreativitätsmangel im Silicon Valley. Warum? Schaut man sich an, was sie im Silicon Valley seit der Erfindung des Smartphones noch zustande gebracht haben, und vergleicht dann, was zu Beginn des 20. Jahrhunderts passiert ist: Elektrifizierung, Erfindung des Telefons, von Aufzügen, des Automobils, des Flugzeugs und so weiter. Das war seinerzeit eine komplette Revolutionierung der Lebenswelt. Und hinter all diesen Entwicklungen standen Persönlichkeiten wie Otto Lilienthal oder die Gebrüder Wright, die überhaupt nicht auf ein ökonomisches Modell ausgerichtet waren. Im Silicon Valley geht es wie in der ‚Höhle der Löwen‘ um das schnelle, sichere Geschäftsmodell. Aber diese Einstellung blockiert die Kreativität völlig. Viele Dinge, die am Anfang verrückt aussehen und am Ende einen Segen für die Menschheit bringen könnten, werfen kein schnelles Geld ab und werden daher nicht gefördert. Es ist so eigentümlich: Tausende von intelligenten Leuten sind im Valley versammelt und für die wirklichen Probleme der Menschheit kommt so wenig heraus.

Welt verantwortlich, sondern für seine Mitarbeiter, für seinen Betrieb, für seine Kinder und so weiter. Der bewegt sich in einer ganz eigenen Logik, die aber für die großen Zusammenhänge fatal ist. Zwar findet er es nicht gut, dass der Regenwald abgeholzt wird, aber er sagt sich: ‚Das mache ich doch nicht!‘ Trotzdem ist er Teil dieses Systems. Deshalb brauchen wir eine übergeordnete Instanz, die eine globale Perspektive einnimmt. Aber dafür sehe ich wenig Chancen. Es funktioniert ja noch nicht einmal in Fragen von Krieg und Frieden. Es gibt keine Weltvernunft. Ist die Vernunft die Lösung unserer Probleme? Wir haben da ein riesiges Problem: Die globalisierte Ökonomie folgt einer ganz bestimmten Logik. Und diese Logik hat der Welt sowohl Schaden zugefügt als auch Nutzen gebracht. Sie hat uns den ganzen Wohlstand ermöglicht, aber gleichzeitig auch den Planeten an den Rand des Ruins gerückt. Die Ökonomie bräuchte deshalb ein Korrektiv. Aber auf welcher Ebene? Auf regionaler, nationalstaatlicher und globaler Ebene gibt es solche Korrektive nicht. Zurzeit fahren wir uns als Gesamtheit an die Wand, obwohl ganz viele Leute dies sehen und nicht gut finden. Zugleich wollen Jeff Bezos und Co. den Weltraum erobern. Der überflüssigste Quatsch, den man sich überhaupt vorstellen kann. Gibt es in der Startup-Welt Themen, die Sie besonders spannend finden? Ich denke, die klassischen Fragen stellen eine echte Aufgabe für Startups dar. Etwa: ‚Wer hungert und warum?‘ Denn wenn aus einem Hungerland ein Land wird, in dem die Menschen keinen Mangel mehr leiden, entsteht ein gewaltiger Absatzmarkt. Und der ist für Unternehmen hochinteressant. Oder die Überlegung, wie man als Startup in Entwicklungsländern kreativ verhindern kann, dass nur für den Export produziert wird. So etwas wäre Entwicklungshilfe pur. Es geht also darum, die vorliegenden Probleme zu lösen – und sich nicht zur blindwütigen WachstumssteigerungsSchnickschnack auszudenken, den die Menschheit nicht braucht.

Das Gespräch führte Jan Thomas.

Welcher Knoten muss platzen? Sind es die Leute, die umdenken müssen? Oder die Unternehmer, die sich loskoppeln müssen vom schnellen Erfolg? Schwierig! Wir leben in einer Gesellschaft, in der das Effizienzdenken die Kreativität abtötet. Wenn ich von Anfang an immer gucken muss, ob sich das Ganze lohnt, dann gehe ich viele Wege überhaupt nicht. Auch bei den großen Konzernen: Wenn man dreimal McKinsey durchgejagt hat, ist keine Kreativität mehr vorhanden. Dann ist alles so effizient, dass nichts Neues mehr entstehen kann. Kreativität entsteht, wenn man Zeit hat und nicht in Zweckzusammenhänge eingebunden ist. Müsste man nicht aufhören, in Einzelstaaten zu denken, und die Dinge global und gemeinschaftlich anpacken? Das ist eine Frage, an der ich verzweifle. Aber es geht nicht nur um die Ebene des Staates. Nehmen wir die landwirtschaftliche Intensivhaltung. Die weltweite Viehhaltung ist der größte Klimakiller und Umweltsünder. Doch der einzelne Unternehmer, der etwas macht, das millionenfach multipliziert für den Planeten brandgefährlich ist, sieht sich persönlich – zu Recht – nicht für die Probleme der

RICHARD DAVID PRECHT ist Philosoph, Publizist und Autor. Er ist Honorarprofessor für Philosophie an der Leuphana Universität Lüneburg sowie für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. Seit „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ waren alle seine Bücher zu philosophischen oder gesellschaftspolitischen Themen Bestseller. Er moderiert die Philoso­phiesendung „Precht“ im ZDF.

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REPORT

TEMPO MACHEN Im Kampf um die letzte Meile schalten die Essenslieferdienste einen Gang höher. Ein Wettbewerb, der auch das Geschäft mit Lebensmitteln berührt

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WER ISST WAS? Vor rund vier Jahren entstand auch im Food-Bereich – wie zuvor schon bei Hotels – der Plattform-Gedanke: Aggregatoren bringen Angebot und Nachfrage zusammen, vereinfachen Bestellprozesse und schaffen Synergien im Marketing. Dafür kassieren sie eine Provision. Beim Essen gibt es zwei Modelle: Die einen schaffen nur die Plattform, für die Auslieferung ist das Restaurant zuständig. In Deutschland sind das Lieferando, Tochter des niederländischen Unternehmens Takeaway.com, sowie Lieferheld und Pizza.de. Die beiden letzteren gehören zum Rocket-Internet-Invest Delivery Hero, das derzeit einen Börsengang anstrebt. Im Herbst 2015 hatte Rocket Internet auch das 2014 in München gegründete Unternehmen Foodora an Delivery Hero weitergereicht. Foodora gehört zu den anderen, die für Restaurants ohne eigene Zustellung ausliefern. Der umkämpfte Markt führt nicht nur zu diversen Konsolidierungsrunden. Die Grenzen zwischen den Modellen verschwimmen. So bietet Foodora seinen Restaurants neuerdings auch eine Listung auf Lieferheld an – und liefert trotz Premiumanspruch für Fastfood­ ketten wie McDonald’s Burger aus. Die Hoffnung ist eine bessere Auslastung von Restaurants und Fahrern. Denn während die Plattformen je nach Konkurrenzsituation hohe Margen erzielen können, fahren die Flotten hohe Verluste ein. Aber die Nachfrage ist da: 2016 konnte Foodora das Auftragsvolumen alle zwei Monate verdoppeln. Auch Plattform-Betreiber Lieferando will sich breiter aufstellen und baut eine eigene Logistik aus. Die hat in Deutschland bislang sonst nur Foodoras größter Wettbewerber Deliveroo. International mischen außerdem Uber Eats, der Res­t aurantableger des Taxidienstes, und Amazon Restaurants mit. Während Uber Eats sich mehr und mehr in Europa ausbreitet, betreibt Amazon sein Restaurantgeschäft bislang hauptsächlich in den USA. Ausnahme ist London. Dort ist das Prinzip so beliebt, dass Restaurants eigene Ableger für das Liefergeschäft eröffnen. Allerdings hat die britische Hauptstadt gezeigt, dass das Geschäft nicht alle satt macht: So hat sich Foodora nach einem dreimonatigem Test schon 2015 wieder zurückgezogen.

den hippen Burgerladen, das schicke Sushi-Lokal oder den besten, anstatt nur den nächsten Italiener. „Es gibt immer mehr Menschen, die auch zu Hause gut essen wollen, ohne sich dafür jedes Mal eine Stunde in die Küche zu stellen“, sagt Chrobog. Die urbane, solvente Zielgruppe ist wie geschaffen für das wachsende Geschäftsmodell. „Die Wahrnehmung von geliefertem Essen hat sich in den vergangenen zwei Jahren enorm geändert. Am Anfang wollte uns keiner glauben, dass der Burger für zehn Euro warm und geschichtet zu Hause ankommen kann – daran zweifelt heute keiner mehr“, sagt Emanuel Pallua, Deutschland-Geschäftsführer von Foodora. ES IST KEIN ÜBERGANGSPHÄNOMEN Michael Lierow, Partner bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman, attestiert der Idee eine gute Zukunft: „Das Angebot der Lieferdienste ist praktisch und es ist online. Damit trifft es genau das, was das Konsumverhalten heute prägt.“ Lierow beobachtet einen Trend vom „Zuhause-Kochen“ hin zum „Zuhause-Essen“, was auch zu Lasten der Lebensmittelhandels­ umsätze gehe. Die Bestellung aus dem Lieblingsrestaurant sei mit Sicherheit kein Übergangsphänomen. Die Prognosen geben ihm Recht. Laut den Marktforschern von Statista wird sich das Geschäft mit Res­ taurant-Lieferdiensten mit eigener Flotte in diesem Jahr auf weltweit 7,065 Milliarden Euro belaufen. 2021 soll das Marktvolumen 18,063 Milliarden Euro erreichen – ein jährliches Wachstum von 26,5 Prozent. Alle satt machen wird das Geschäft aber nicht. Lierow: „Es ist kein Markt, den sich sechs Player aufteilen können. Wahrscheinlich werden das Geschäft zwei, maximal drei unter sich ausmachen.“ Jan Thomas, Gründer und Geschäftsführer von Berlin Valley kennt die Schwächen: „In der Praxis ist das System anfällig, die Auslastung schwer zu managen, die Zahl der kritischen Faktoren hoch – Fahrer, Wetter, Performance der Küche.“ Im Vorteil ist, wer Algorithmus und Logistik am besten beherrscht. „Der Kampf der Essenslieferdienste wird international ent-

FOODORA Länder

10

Städte global

54

Städte Deutschland

21

Restaurants global

> 8000

Restaurants Deutschland

2200

Fahrer global

> 8000

Fahrer Deutschland

> 2000

Monatliches Bestellwachstum in Deutschland

zweistellig

Eingesammeltes Kapital

keine Angaben

Quelle: Unternehmen / Lebensmittelzeitung

Foto: Foodora

Im härtesten Radrennen der Welt sind die Farben fest vergeben: Das Kräftemessen auf deutschen Straßen wird derzeit in Pink und Türkis ausgetragen. Noch profitiert Foodora vom Heimvorteil, aber der britische Konkurrent Deliveroo hat zur Aufholjagd angesetzt. „Wir wollen in Deutschland Marktführer werden“, sagt der hiesige Geschäftsführer Felix Chrobog. Wie bei der Tour de France sagt das Zwischenergebnis ohnehin wenig darüber aus, wer das Rennen gewinnt. Zumal das Feld bei den Delivery-Diensten längst noch nicht komplett ist. Auch Amazon und Uber wollen mitmischen. Um den wachsenden Markt für Essenslieferungen zu verstehen, muss man ihn erst mal auseinandernehmen. Es gibt die reinen Plattformanbieter wie Lieferheld, Pizza.de und ursprünglich auch Lieferando (siehe Kasten). Sie heben Synergien im Bestellprozess und bei der Werbung, die eigentliche Auslieferung aber bleibt Sache der Restaurants. Und dann sind da die Foodoras dieser Welt, die Restaurantbesitzern ein Liefergeschäft ermöglichen, die keine eigenen Kuriere losschicken wollen und bislang maximal Essen zum Abholen bieten. Dabei geht es weniger um die Imbissbude, sondern um hochpreisigere Angebote:


REPORT

DELIVEROO Länder

12

Städte global

> 100

Städte Deutschland

6

Restaurants global

> 20.000

Restaurants Deutschland

> 2000

Fahrer global

> 30.000

Fahrer Deutschland

> 1000

Monatliches Bestellwachstum in Deutschland

20 Prozent

Eingesammeltes Kapital

475 Millionen Dollar (fünf Runden)

Quelle: Unternehmen / Lebensmittelzeitung

schieden. Es braucht schon eine gewisse Größe, damit sich allein die fortlaufenden Investitionen in die Technik auszahlen.“ Gerade hat Deliveroo in London 140 Digitalexperten eingestellt und sucht nochmal so viele. Nach der jüngsten Finanzierungsrunde ist die Kasse mit zusätzlichen 275 Millionen Dollar gefüllt. Die Technik bildet als Schnittstelle zwischen Restaurant, Fahrer und Kunde die Grundlage des Geschäftsmodells: Je exakter sie ist, desto effizienter lässt sich das Geschäft gestalten. Jede Minute, die der Fahrer herumsteht oder fertiges Essen auf den Kurier wartet, kostet die Lieferdienste Marge. Drei Auslieferungen pro Stunde braucht es dem Vernehmen nach, bis sich das Geschäft rechnet – in der Praxis ist das selten zu schaffen. In den Stoßzeiten kommt die Küche ins Rotieren, in schwachen Phasen wird der immer größer werdende Fahrerpool nicht annährend ausgelastet. In Berlin gehen Fahrer beider Lieferdienste gemeinsam auf die Straße, um für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Sicherheit bei Schichten und Verdienst zu demonstrieren. Solange die Bedingungen für Fahrer bei beiden ähnlich sind, hat keiner einen Wettbewerbsnachteil. Mit weiteren Anbietern und in Konkurrenz zu anderen Kurier- und Lieferdiensten könnte aber auch der Kampf um die Flotte pers­pektivisch zum zentralen Spielfeld werden. Aus Kundenperspektive ist es für die Zustelldienste entscheidend, dass sie halten, was sie versprechen. Denn das Angebot ist austauschbar. Großes Differenzierungspotenzial sieht auch Lierow nicht: „Ihre Innovationsleistung

haben die Lieferdienste in der Entstehung des Geschäftsmodells erbracht. Im Wettkampf untereinander bleibt nicht viel Raum für Abgrenzung, zumal sich die Wettbewerber mit Argusaugen beobachten und bei neuen Features schnell nachziehen.“ So hat Foodora in Deutschland gerade erst die Pick-up-Funktion eingeführt, da plant Deli­veroo den Probelauf in London. Bei Foodora bestellen und das Essen selbst abholen? Klingt wie ein Witz, hat aber Charme: ein schneller und bargeldloser Bestellprozess, Liefergebühr und Mindestbestellwert fallen weg. Der Lieferdienst kassiert die Provision, muss aber nicht liefern. Was den Unterschied machen kann, sind die Restaurants. Sie locken die Lieferdienste mit neuen Zielgruppen und einer besseren Auslastung. Eine Kannibalisierung mit den Gästen gebe es nicht. „Wer bei uns bestellt, hat die Entscheidung, zu Hause zu bleiben, schon getroffen“, sagt Foodora-Mann Pallua. Umsatzsteigerungen von bis zu 30 Prozent versprechen die Lieferdienste ihren Partnern, trotz saftiger Provisionen. Zwischen 30 und 35 Prozent nimmt Foodora, Deliveroo nennt keine Zahlen. Nach Informationen der Lebensmittel Zeitung sind die Briten etwas günstiger für ihre Partner – für einen Herausforderer auf dem hiesigen Markt eine logische Strategie. Wie aggressiv Deli­veroo vorgeht, lassen die Zahlen erahnen: In den sechs Städten, auf die Deliveroo sich konzen­ triert, konnte die Plattform mehr als 2000 Restaurants gewinnen. Das sind fast so viele Partner, wie Foodora hat – verteilt auf mehr als 20 Städte. Dort, wo beide durch die Straßen kurven, beziffert Foodora den Anteil der Partner, die exklusiv mit ihnen arbeiten, auf etwa 50 Prozent, Deliveroo auf etwa 60 bis 65 Prozent. „Der Trend geht zu Entweder-oder“, sagt Chrobog. Bei wachsendem Bestellaufkommen werden die Res­ taurants sich früher oder später für einen Partner entscheiden. Noch beschert der deutsche Markt beiden zweistellige

MIRIAM HEBBEN ist seit Oktober Redakteurin im Journal der Lebensmittel Zeitung und beschäftigt sich unter anderem mit Startups in der Foodbranche. Davor sezierte sie für die Branchenzeitschrift Horizont viele Jahre die Marketingstrategien der Konsumgüterunternehmen. Beide Publikationen erscheinen im Deutschen Fachverlag, der auch an Berlin Valley beteiligt ist. lebensmittelzeitung.net

Wachstumsraten, kostet aber vor allem Geld. Neben der Auslastungsproblematik schlagen Ausgaben für Akquise der Restaurantpartner ebenso zu Buche wie die hohen Marketingkosten. In der Werbeschlacht kämpfen Foodora und Deliveroo nicht nur gegeneinander, wie Wyman-Berater Lierow weiß: „Sie bringen sich auch gegen diejenigen in Stellung, die noch kommen. Jede Minute, die sie in Deutschland unterwegs sind, die sie im Share of Mind und im Share of Wallet gewinnen, bevor Amazon oder Uber in das Geschäft einsteigen, kann einmal viel wert sein.“ Dass Uber kommt, steht außer Frage, es geht nur noch um den Zeitpunkt. Uber Eats expandiert in Europa, zuletzt kamen Amsterdam und Wien zum Portfolio von weltweit mehr als 60 Städten. „Wir haben uns zum Start im deutschsprachigen Raum für Wien entschieden, könnten uns von der Struktur her aber auch Berlin gut vorstellen“, sagt ein Uber-Sprecher. Zum zeitlichen Korridor will er sich nicht äußern. Perspektivisch könnten sich sogar Synergien zwischen Taxi- und Essenskurieren ergeben. UND JETZT KOMMT AMAZON Synergien im Logistikprozess suchen alle, um den harten Kampf durchzustehen – nicht nur innerhalb des Segments. So zeigen erste Projekte, dass Restaurantlieferdienste dem Handel auch Chancen für Kooperationen bieten. Im Sommer hatte Walmart in ausgewählten Regionen die Belieferung via Uber getestet. Handelsexperte Lierow sieht durchaus Potenzial für Lebensmittelhändler, „deren große Schwierigkeit darin besteht, die letzte Meile profitabel zu gestalten, was den Lieferdiensten durch das höhere Preislevel bei Res­ taurantqualität schneller gelingt“. Entsprechend denken Händler bereits konkret über gemeinsame Anknüpfungspunkte nach. Solche Kooperationen machen den Blick auf Amazon noch bedrohlicher. Der Internet-Konzern könnte mit seinem gerade in Berlin gestarteten Fresh-Konzept auch hierzulande in die Restaurant-Belieferung einsteigen, und das Lieblings-Curry gleich mit dem Tagesbedarf an Lebensmitteln ausliefern. Und mit Synergien kennt sich der Amazon aus.

Fotos: Deliveroo, Deutscher Fachverlag

Miriam Hebben Dieser Artikel erschien in einer Langfassung zuerst in der Lebens­mittel Zeitung 10/2017.

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PLÖTZLICH ERWACHSEN, UND JETZT? Andrew Filev, Gründer und CEO von Wrike, gibt Tipps, wie die Expansion auch ohne Wachstumsschmerz gelingen kann Es gibt unzählige Startups, die an der Aufgabe, gesund zu wachsen, gescheitert sind. Neue Standorte aufbauen, ein schnell wachsendes Team managen und sich selbst dabei nicht ins Burn-out zu lotsen ist wahrlich keine Aufgabe, auf die man in Studium oder Berufsausbildung vorbereitet wird. 1. NEUE MITARBEITER REKRUTIEREN, ABER BITTE MIT PLAN UND ZIEL Laut einer aktuellen Studie der Clear Company glauben 97 Prozent aller Mitarbeiter und Geschäftsführer, dass die Zusammensetzung eines Teams den Projekterfolg maßgeblich beeinflusst. Tatsächlich bringt jedes neue Mitglied die Team-Balance durcheinander, im guten wie im schlechten Sinne. Eine Stelle nicht zu besetzen ist für das Team manchmal besser, als eine Stelle fehlzubesetzen. Eine Wachstumsstrategie für die Human Resources ist daher unabdingbar. Sie sollte die detaillierten Rollen und Verantwortlichkeiten neuer Mitarbeiter beinhalten, einen Einstellungsplan, ein Organigramm Ihrer Firma, Jobbeschreibungen und Informationen darüber, wie Sie planen, neue Mitarbeiter zu rekrutieren, zu binden und weiterzuentwickeln. 2. EIN WACHSENDES TEAM MANAGEN … ist wahrlich die Königsdisziplin des Wachstumsprozesses. Folgende Ratschläge möchte ich Gründern ans Herz legen: Vertrauen Sie Ihren Führungskräften Mitarbeiter, die sich beobachtet und kontrolliert fühlen, arbeiten nachweislich schlechter. Zeigen Sie Ihrem Führungsteam, dass Sie ihm zutrauen, die ihnen unterstellten Mitarbeiter und Projekte alleine zu managen. Indem Sie diese Art von Vertrauen konse-

quent vorleben, setzen Sie den Grundstein für eine positive Unternehmenskultur, denn die Team-Leader tragen dieses Vertrauen auch in ihre Teams. Etablieren Sie klare Prozesse Wächst Ihre Firma, wird es schnell nötig, mehrere Leute für den gleichen Aufgabenbereich oder sogar die exakt gleiche Tätigkeit einzustellen. Um Kompetenzgerangel und lange Einarbeitungszeiten zu vermeiden, ist es essenziell, Prozesse klar zu definieren. Ermutigen Sie auch Ihr Team, bewährte Prozesse zu dokumentieren und Best Practices zu teilen. Je proaktiver Sie vorgehen, desto leichter werden neue Mitarbeiter ins Team integriert.

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ANDREW FILEV ist Gründer und CEO des weltweit agierenden Unternehmens Wrike. Innerhalb von zehn Jahren hat er Wrike vom Startup zu einem der führenden Anbieter für Arbeitsmanagement-Lösungen aufgebaut. Wrike ist weltweit an fünf Standorten vertreten und beschäftigt aktuell rund 400 Mitarbeiter. Das Unternehmen wurde 2015 und 2016 in den Deloitte Technology Fast 500 unter den am schnellsten wachsenden Unternehmen Nordamerikas gelistet.

wrike.de


RUBRIK

WAS DER BAUER NICHT  KENNT

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Fotos: Lorem Ipsum

Wie sollen in Zukunft neun Milliarden Menschen satt werden? Agtech- und FoodtechStartups arbeiten an nachhaltigen Lösungen für das Ernährungsproblem


RUBRIK

Im vergangenen Jahr war es der 8. August. An diesem Tag hatte die Weltbevölkerung bereits mehr Ressourcen für Nahrung, Wasser und Energie verbraucht, als die Erde in einem ganzen Jahr regenerieren kann. Anders ausgedrückt: Wir haben zwar nur eine Erde, nutzen aber so viele Ressourcen, als hätten wir 1,6 davon. Dieser Tag der Erdüberlastung, an dem die Schwelle der Regenerationsfähigkeit überschritten wird, rückt jedes Jahr ein Stück nach vorn. Die Berechnungen gehen auf das Konzept des ökologischen Fußabdrucks zurück. Er gibt an, wie groß die Erde sein müsste, um alle aktuellen Bedürfnisse der Menschheit dauerhaft zu befriedigen und die daraus entstehenden Abfallprodukte biologisch zu verarbeiten. Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann braucht die Menschheit im Jahr 2030 zwei Planeten, um ihren Bedarf an Nahrung und nachwachsenden Rohstoffen zu decken. Und obwohl wir uns hierzulande oft eine Menge auf unsere Umweltfreundlichkeit einbilden: Würden alle Menschen so leben und wirtschaften wie wir in Deutschland, dann bräuchten wir heute schon drei Erden, um den Bedarf an Ressourcen zu decken.

Fotos: Lorem Ipsum

AUF KOSTEN DER ZUKUNFT Wir leben auf Kosten der künftigen Generationen, aber auch auf Kosten der Menschen in anderen Erdteilen. Die Bevölkerung Indiens – immerhin 1,3 Milliarden Menschen – verbraucht nur die Ressourcen von 0,7 Erden im Jahr. Unter den Folgen der Klimaveränderungen, von Wassermangel, Artensterben, der Verödung des Landes, der Verschmutzung der Meere werden wir aber alle zu leiden haben. In einigen Ländern leiden die Menschen schon heute massiv darunter. Die Bauern spüren es meist als erste.

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AGTECH

GOOGLE VENTURE INVESTIERT KRÄFTIG Investoren sind zum einen viele kleinere landwirtschaftlich- und umweltorientierte Fonds, aber auch klassische VCs. Nach den Daten von Crunchbase investiert Google Ventures (GV) mehr als jeder andere

Quelle: CB Insights 34 / berlinvalley.com

„WE SHALL ESCAPE THE ABSURDITY OF GROWING A WHOLE CHICKEN IN ORDER TO EAT THE BREAST OR WING, BY GROWING THESE PARTS SEPARATELY UNDER A SUITABLE MEDIUM“ WINSTON CHURCHILL, 1931

Fonds in Agtech. Eines der jüngsten Investments von GV: Abundant Robotics aus Kalifornien. Das Startup hat sich vorgenommen, Roboter für die härtesten Jobs in der Landwirtschaft zu bauen, etwa für das Apfelpflücken. Zehn Millionen Dollar flossen Anfang Mai in das 2016 gegründete Unternehmen. Einer der Mitinvestoren ist übrigens die Münchner Baywa. Allgemein halten sich die deutschen Investoren jedoch zurück, wenn es darum geht, Startups zu finanzieren, die die Landwirtschaft revolutionieren. (Mehr zu den Gründen in unseren Interviews.) Auch dauert es länger, bis Agtech-Startups groß werden und reif für den Exit sind. Die letzte wirklich große Akquisition liegt bereits vier Jahre zurück, als der Saatguthersteller Monsanto 2013 den Wetterdaten-Spezialisten Climate Corp. für 930 Millionen Dollar kaufte. EIN BURGER FÜR 250.000 EURO Während die einen daran arbeiten, Farmer zu ertüchtigen, Maschinen, Pflanzenschutz- und Futtermittel effizienter einzusetzen, den Betrieb optimal zu organisieren, mit Drohnen die Felder zu überwachen oder sich zu vernetzen und neue Märkte zu erschließen, arbeiten andere an ganz neuen Lebensmitteln – für die man oft gar keinen Bauern mehr braucht. Soylent ist eines der US-Startups, die viel Aufmerksamkeit und Kapital auf sich ziehen. Vor vier Jahren in Los Angeles gegründet, verkauft Soylent eine Flüssig­nahrung, die ganze Mahlzeiten ersetzen soll. Und obwohl ein ebenfalls angebotener Protein-Riegel die Kunden krank machte und vom Markt genommen werden musste, statteten Investoren – darunter Goo-

Aufmacher: Adam Morse/Fotos: Etepetete, Kreativagentur Lauthals

Dass die USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgetreten sind, vereinfacht die Situation nicht. Dennoch wird gerade in den USA viel Geld in Unternehmen investiert, die Lösungen für das Ernährungsproblem auf der einen und das Ressourcenproblem auf der anderen Seite entwickeln. Die Aufgabe ist anspruchsvoll: Um neun Milliarden Menschen zu ernähren, muss die landwirtschaftliche Produktion bis zum Jahr 2050 verdoppelt werden – und dafür steht uns bisher keine zusätzliche Erde zur Verfügung. Im Kern geht es also darum, die Produktion effizienter und auch nachhaltiger zu machen. Das ist keine neue Herausforderung – neu sind nur die Technologien, die jetzt dafür eingesetzt werden (können). Und die Bauern müssen mitspielen. Im vergangenen Jahr sind einige neue Fonds in den USA aufgelegt worden, die junge Unternehmen aus dem Bereich Agriculture Technology (kurz: Agtech) finanzieren. Nach den Daten von Crunchbase sind die Investitionen in Agtech stark angestiegen. Insgesamt haben Agtech-Startups 2017 (bis Mitte Mai) bereits mehr als 320 Millionen Dollar eingesammelt – mehr als dreimal so viel wie in der Vorjahresperiode. Das Geld floss in Robotik, Big Data, Gentechnik und andere Technologien für landwirtschaftliche Anwendungsgebiete (siehe Grafik CB Insights).


AGTECH

WAS STECKT IN EINEM KILO RINDFLEISCH?

Ende der konventionellen Fleischprogle Ventures sowie die namhaften duktion – oder ihrer Reduzierung – Alt-Investoren Lerer Hippeau Venwäre aber nicht nur der Umwelt getures und Andreessen Horowitz – holfen, sondern es würde auch vielen das Startup zuletzt mit weiteren 50 Tieren viel Leid erspart. Sie könnten Millionen Dollar aus, was die Gesich auf ihre Rolle als Landschaftspflesamtfinanzierung von Soylent auf ger beschränken. 74,5 Millionen Dollar bringt. Auch 2013 briet Mark Post von der Uni hierzulande wird an alternativen Maastricht in London auf einer Presse­ Lebensmitteln geforscht. konferenz öffentlich­keitswirksam den Evergreen-Food etwa züchtet eine ersten Burger aus der Petri­ schale. Alge als Rohstoff für verschiedene Für den Fleischklops wurden einem Lebensmittel. Tenetrio entwickelt Rind Stammzellen entnommen und Hunde­ snacks, deren Hauptbe2,6 kg in einer Nährlösung zu Muskelfasern standteil Mehlwürmer sind. Künf15.415 l herangezüchtet. Der Burger kostete tig wollen die Gründerinnen da­ in der Herstellung damals 250.000 raus auch Nahrungsmittel für den Euro. Bereits zwei Jahre später künmenschlichen Verzehr herstellen. digte das Startup Mosa Meat, das Snack-Insects verkauft Schokoriemit Mark Post zusammenarbeitet,­an, gel mit Insekten statt Rosinen. der Preis sei inzwischen auf etwa 70 Flüssignahrung, Algen, MehlwürCO2 Euro pro Kilogramm gesenkt worden. mer, Insekten – all das sind ProEinige Prominente aus den USA tein-Lieferanten. Die Deckung des glauben offenbar an den Erfog des Proteinbedarfs ist eine der größten 27 bis 49 qm 20,65 kg Produktes: Google-Gründer Sergey Herausforderungen, wenn man Brin hat Mark Posts Team schon 2013 neun Milliarden Menschen ernähmit 250.000 Euro unterstützt. Microren will. Bisher wird unser Bedarf soft-Gründer Bill Gates wiederum zu einem großen Teil durch Fleisch unterstützt sowohl Beyond Meat und gedeckt. Weil aber die ÖkobiHampton Creek als auch Impossible lanz von konventionell erzeugtem Foods. Die allerdings stellen FleischFleisch so katastrophal ist, steckt und Milchprodukte aus rein pflanzlidarin viel Potenzial – auch in der chen Bestandteilen her. Produktion von In-vitro-Fleisch. Globale Werte. Quelle: Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, WWF, Water Footprint Network, CAST Bei der öffentlichen Burger-VerkosJe nachdem, welche Studienergebtung in London hatten die Testesser nisse man heranzieht, werden bis noch einige Kritikpunkte an dem Patty aus dem Labor. zu 51 Prozent der gesamten vom Menschen verurdas für die Produktion verbraucht oder verschmutzt Sie lobten zwar die Textur, wünschten sich aber mehr sachten Treibhausgase der Fleischproduktion zugewird. Außerdem ist die Produktion von Fleisch höchst Fett im Fleisch. Die Forscher arbeiten daran. 2020 soll schrieben – unter anderem wegen der Gase, die die ineffizient: Für eine Kalorie Fleisch wird ein Vielfaches das Produkt marktreif sein. Na dann, guten Appetit. Tiere bei der Verdauung produzieren. Zur negativen an pflanzlichen Kalorien benötigt. Im Durchschnitt Klimabilanz hinzu kommen die Wälder, die für Weisind es 90 Prozent der pflanzlichen Kalorien, die bei deland gerodet werden, das Wasser und das Land, der Fleischproduktion verschwendet werden. Mit dem Corinna Visser

Gertreide

Wasser

Nutzfläche

Treibhausgase

LEBENSMITTELRETTER

Diese Startups bewahren unser Essen vor der Tonne

Fotos: Lorem Ipsum

Bis zu 30 Prozent der Ernte wird aussortiert, nur weil das Obst und Gemüse nicht schön genug für den Handel ist. Das Startup Querfeld bezieht dieses Obst und Gemüse von Bio-Bauern und beliefert damit Kantinen, Caterings, Res­taurants und Manufakturen. Das Startup hat Standorte in Berlin und München, liefert aber in ganz Deutschland. Auch das Münchner Unternehmen Etepetete hat sich auf extravagantes Obst und Gemüse spezialisiert. Kunden können eine Obst- und Gemüsebox bestellen und die Nahrungsmittel werden nach Hause geliefert. Bisher konnte Etepetete so schon mehr als 700.000 Kilo Gemüse retten. Dörrwerk verarbeitet aussortiertes Obst und Gemüse zu Snacks. Bisher sind Fruchtpapier aus eingekochtem und getrocknetem Gemüse und Tomatenchips im Angebot.

Die Produkte gibt es online und deutschlandweit in etwa 80 Läden. Auch das US-Startup Regrained verarbeitet Nahrungsmittel, die sonst auf den Müll wandern würden. Unter dem Slogan „Eat Bear“ gibt es einen Riegel aus dem Abfall von Craft-Bier-Brauereien. Regrain plant gerade seine Expansion in den deutschen Markt. Startups wie Too good to go und Mealsaver setzen an einem anderen Punkt an: Über die jeweilige App können Restaurants, Bäckereien, Supermärkte und Hotels ihr überschüssiges Essen günstig anbieten. Kunden können es reservieren und abholen. To good to go hat bereits 750 Partnebetriebe in Deutschland, 200 davon in Berlin. Neu am Markt ist Sirplus, das abgelaufene Lebensmittel zu kleinen Preisen in Berlins erstem Food-Outlet und online verkauft. ak

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RUBRIK

NAME: Trecker.com

GRÜNDUNG: 2012

GRÜNDER: Benedikt Voigt und Miro Wilms

MITARBEITER: 40

STANDORT: Berlin

SERVICE: Digitale, App-gestützte Betriebsführung für Landwirte

trecker.com

Miro Wilms von Trecker.com spricht über das Zettel-Chaos der Bauern, Big Data als Ernährungs-Boost und Momente des Zweifels Miro, von außen betrachtet wirkt die Landwirtschaft traditionell. Wie viel Skepsis schlägt einem entgegen, wenn man mit einem Software-Startup in diese Branche vorstößt? Erstaunlich wenig. Ich weiß auch: Bauern stellt man sich immer etwas gestrig, ein wenig angestaubt vor. Und ehrlich gesagt: In seltenen Fällen wurden wir auch vom Hof gejagt (lacht). Aber grundsätzlich ist das Gegenteil der Fall. Die meisten Landwirte sind extrem innovativ. Das zeigt auch die Technik: Da werden tonnenschwere Maschinen zentimetergenau über Richtfunksysteme gesteuert. Mähdrescher beispielsweise fahren mittlerweile komplett eigenständig. Da sitzt nur noch ein Mitarbeiter drauf, der kontrolliert, dass alles richtig läuft.

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Wie habt Ihr erkannt, dass im Bereich Software noch Nachholbedarf besteht? Ein Freund von uns arbeitet beim Landwirtschaftsministerium und hat uns erzählt, dass es in dieser Branche einen Riesenbedarf an guter Unternehmenssoftware gibt – aber keine guten Lösungen. Mein Mitgründer kommt aus dem SAP-Bereich, hat vorher Informatik studiert. Von daher wussten wir, wie wir die technischen Fallstricke umgehen können. Und da sind wir neugierig geworden.

ist gar nicht wegzudenken. Gerade weil sie auch eine offizielle Dokumentation führen müssen. Aber die meisten Landwirte sind damit enorm unzufrieden. Sie sehen das eher als notwendiges Übel. Unsere Software bündelt alle relevanten Bereiche: sei es Mitarbeiterverwaltung, Ackerschlagkarteien oder Kostenanalysen. Wir präsentieren modern und übersichtlich, was auf den Feldern wirklich passiert. Dadurch sparen sich unsere Kunden eine Menge Geld.

Und habt Euch selbst ein Bild gemacht. Richtig. Wir sind rausgefahren und haben uns das in Betrieben live und in Farbe angeschaut. Dort haben wir Geschäftsführer angetroffen, die in einer Tour am Handy hingen, weil sie das Business am Laufen halten müssen. Parallel waren die Büros übersät mit Zetteln und Dokumenten, auf denen Arbeitszeiten und alle möglichen weiteren Eckdaten vermerkt sind. Da haben wir gemerkt: Wir können wirklich einen drastischen Mehrwert stiften.

An welchem konkreten Beispiel lässt sich das festmachen? Ich habe beispielsweise kürzlich mit einem Landwirt gesprochen, der vor Berlin rund 2000 Hektar bewirtschaftet. Über die Software hat er herausgefunden, dass er auf manchen Schlägen weniger produktiv arbeitet, beziehungsweise deutlich ­h öhere Kosten hat. Er hat dann weiter geschaut: Wie setzt sich das zusammen? Schließlich hat er festgestellt, dass der Tank seiner Pflanzenschutzspritze zu klein ist und er daher unnötig häufig zwischen Feld und Hof pendeln muss. Er hat sich jetzt für 50.000 Euro ein neues Tanklager in die Nähe des Feldes gestellt – durch die Zeitersparnis

Wie genau ist euer Ansatz? Man muss wissen: Die Großbetriebe arbeiten schon seit zehn, zwanzig Jahren mit einer Software, das

Fotos: Jan Michalko, Trecker.com

„WIR PRÄSENTIEREN, WAS AUF DEN FELDERN PASSIERT“


AGTECH

Handlungsempfehlungen für Bauern: Miro Wilms ist Betriebswirt und entwickelt nun eine Software für Landwirte, damit sie ihre Produktion optimieren können.

beim Weg amortisiert sich diese Investition in zwei Jahren.

Sobald das geschieht, passiert etwas extrem Spannendes: In dem Moment sind wir in der Lage, wirklich sinnvolle Handlungsempfehlungen auszusprechen: Was soll ein Landwirt anbauen? Welche Erntestrategie soll er fahren? Und, und, und … Das ist der größte Hebel, den wir haben, um wirklich dieses Welternährungsproblem zu lösen.

Grundsätzlich: Wie viel Geld können Bauern dank Eurer Software sparen? Wir kommunizieren eine mögliche Ersparnis von bis zu zehn Prozent. In der Landwirtschaft wird sehr kapitalintensiv gearbeitet. In Flächen, Personal und Maschinen werden große Summen investiert. Daher haben diese Einsparungen einen enormen Hebel auf die Marge.

Und Ihr selbst zieht auch an diesem Hebel? Klar. Wir integrieren immer mehr Datenquellen in unsere Software – zum Beispiel eine Wetterstation. Im zweiten Schritt werden wir einen Algorithmus draufsetzen, der es den Bauern ermöglicht, sich untereinander zu vergleichen. Aber es gibt mittlerweile auch Startups, die sich ausschließlich auf diese Daten-Problematik konzentrieren.

Durch einen globalisierten Markt herrscht ein großer Preiskampf, die Landwirtschaft in Deutschland steht unter Druck. Kommt Euch das ungelegen oder entgegen? Der Konsolidierungsdruck ist tatsächlich stark. Wir haben derzeit in Deutschland 280.000 Landwirte – in 20 Jahren wird die Hälfte nicht mehr da sein. Alle müssen schauen, dass sie sinnvoll und nachhaltig wirtschaften. Dieser Trend ist gut für unser Business. Wir unterstützen die Betriebe ja dabei, trotz des größer werdenden Drucks zu bestehen.

Bisher hast Du nur darüber gesprochen, was Eure Kunden von Euch haben. Mal andersrum gefragt: Was habt ihr von Euren Kunden? Wir haben letztendlich ein relativ einfaches Preismodell. Wir rechnen pro Hektar und pro Jahr ab. Darüber skalieren wir den Nutzen, den der Landwirt aus der Software zieht. Der Vorteil für uns ist, dass wir von einem Erdbeerhof mit zehn Hektar bis hin zu einem branchenübergreifenden Konzern mit 20.000 Hektar unterschiedlichste Kunden haben. Unser Sweetspot sind aber tatsächlich die größeren Betriebe mit professionellen Strukturen, denen aber bislang die Tools fehlen, das Ganze noch weiter zu optimieren.

Und wie soll das funktionieren? Die Herausforderung ist tatsächlich riesig. Gerade weil wir perspektivisch zehn Millionen Menschen ernähren müssen. Auf Agrarflächen, die wegen der immer weiter wachsenden Städte eher kleiner werden. Das Ziel ist es, doppelt so viel Ertrag aus den Flächen zu holen. Das geht über Gentechnik – siehe Monsanto und Co. Oder es geht über eine bessere Organisation – und da ist unserer Meinung noch sehr viel Luft nach oben. Das ist unser Ansatz, wir wollen viele, viele Details optimieren. Da geht es zunächst einmal darum, ein valides Datenfundament aufzubauen, sich einen Überblick über Kosten, Arbeit, Tätigkeiten zu verschaffen. Spielt Big Data eine Rolle in der Zukunft? Eine unheimlich wichtige. Faktoren wie Wetter, Nährstoffe, Marktpreise liegen ja heutzutage bereits in Form von Daten vor. Es fehlt aber eine Verknüpfung, die all diese Daten zusammenbringt.

Ihr seid in Deutschland gestartet. Habt Ihr schon Expansionspläne? Im Vertrieb sind wir bisher fast ausschließlich in Deutschland. Aber wir haben einige Kunden im Ausland, die sehr deutlich an unserer Tür gekratzt haben. Daher haben wir die App mittlerweile auch auf Polnisch, Rumänisch und andere osteuropäische Sprachen übersetzt. Wo siehst Du eure größte Konkurrenz? Es gibt viele europäische Anbieter. Alleine in Deutschland gibt es mehr als hundert Softwarelösungen mit ganz unterschiedlichem Fokus. Langfristig sehe ich allerdings die Vertreter aus den USA mit ihrem ganzheitlichen, datengetriebenen Ansatz als größte Rivalen.

MIRO WILMS schloss sich im Jahr 2012 mit Benedikt Voigt zusammen, um das Leben der Landwirte einfacher zu machen. Um Erfahrungen zu sammeln, packten die Gründer sogar selbst auf dem Feld an. Miro ist Betriebswirt, gündete zuvor Startwork.in und arbeitete bei Käuferportal als Head of Project Management. trecker.com

Heute ist klar: Euer Projekt ist ein Erfolg. Bereits im November 2014 habt Ihr in einer Finanzierungsrunde 2,1 Millionen Euro eingesammelt. Gab es zwischendurch auch Momente, in denen Ihr am Erfolg gezweifelt habt? Klar, Rückschläge gab es immer wieder. Wir kommen ja nicht aus der Landwirtschaft und mussten uns da viel erarbeiten. Unsere potenziellen Kunden haben unsere Prototypen zunächst einmal regelmäßig in der Luft zerrissen. Wir hatten auch keine großen Rücklagen und haben uns 2012 erst einmal in ein kostenloses Büro der Humboldt Universität eingeschlossen. Alles, um die Kosten zu minimieren. Wir standen ein paar Mal vor ­ Situationen, in denen wir nicht wussten: Schaffen wir es mit dem Geld, das wir haben, durchzukommen? Gleichzeitig sind all das die Punkte, an denen du rückblickend am meisten wächst. Die Momente, an denen du raus aus der Komfortzone musst und dir Gedanken machen musst, wie es weiter funktionieren kann. Und wie man heute sieht, kann es funktionieren.

Das Gespräch führte Jan Thomas.

Fotos: Lorem Ipsum

Zu Besuch auf dem Land: Trecker.com-Gründer Benedikt Voigt und Miro Wilms. Im Berliner Büro steht an der Wand, wohin es gehen soll.

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AGTECH

VON CHLORELLA BIS BUG BREAK Diese Startups helfen Landwirten, besser zu wirtschaften oder neue Produkte zu kultivieren

1 EFFIZIENTES EIWEISS

2 GEMÜSE OHNE FELD „Wir wollen urbane Communitys mit frischem, lokal angebautem Gemüe versorgen“, sagt Infarm-Gründerin Osnat Michaeli. Das Ergebnis dieser Vision ist ein Vertical-Farming-System. Die Pflanzen wachsen in einem Gewächsschrank, in dem die optimalen Bedingungen für jede Pflanzensorte geschaffen werden können. Versorgt werden sie über eine nährstoffreiche Wasserschicht. Bisher kann Infarm damit in Berlin verschiedene Arten von Kräutern und Salaten anbauen. Der nächste Schritt werden Tomaten, Beeren und Chillis sein. Die Indoor-Farmen sollen überall dort stehen, wo Menschen frische Lebensmittel brauchen: in Supermärkten, Restaurants oder Krankenhäusern. Die extrem kurze Lieferkette von Infarm verhindert, dass Lebensmittel schon beim Transport kaputtgehen. Durch das platzsparende System ist der Ertrag pro Quadratmeter außerdem deutlich höher. Trotz des Energieverbrauchs für Technik und Licht ist Infarm umweltfreundlicher als Importware: „In einem Salat aus Spanien stecken etwa 3,5 Kilogramm CO2, wenn er hier gegessen wird. In einem Salat aus unserer Farm nur etwa 350 Gramm“, erzählt Osnat. Aktuell steckt das Startup Energie in die Entwicklung und Verbreitung seiner Technologie: „Wir werden bald mit einer großen deutschen Supermarkt-Kette zusammenarbeiten und das erste Urban-Farming-Netzwerk in Berlin aufbauen.“ infarm.de

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Fotos: Evergreen Food, Infarm, Luda.farm, Skypoint, Peat Technology

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Bis zu 60 Prozent Eiweiß, viel Eisen und Vitamin B12: Die Chlorella-Alge ist ein echtes Super-Food. Als Nahrungsmittel wird sie aber noch wenig genutzt. „Studien sagen, dass Algen langfristig mehr konsumiert werden“, sagt Cathleen Cordes, Gründerin von Evergreen Food. Die Chlorella ist nicht nur gesund und sättigend, sie ist auch relativ leicht und ressourcenschonend zu kultivieren. Wenn sie genug Licht bekommt, teilt sich die Alge einmal am Tag. „Wir können kontinuierlich ernten, indem wir immer die Hälfte der Algen aus der Farm nehmen“, erzählt Cathleen. Die verbleibenden Pflanzen teilen sich dann weiter. Das Wasser, das bei der Ernte mit aus dem Becken genommen wird, kann vollständig recycelt und zurück in die Algenfarm geleitet werden. Das Know-how zum Algen-Anbau gibt Evergreen Food auch an andere Farmer weiter. Das Unternehmen schult Bauern, die die Pflanze kultivieren wollen. „Die Kultur ist sehr nachhaltig und als Eiweisspflanze viel effektiver im Anbau als beispielsweise Soja“, sagt die Gründerin. Sie sieht in der Chlorella das Potenzial, langfristig als Ersatz für Soja zu dienen. Evergreen Food verarbeitet die Alge zu Öl und Algenperlen zum Kochen, zu Pulver und zu vitaminhaltigen Algenkapseln. evergreen-food.de


AGTECH

3 DAS INTERNET OF FARMS In Europa gibt es 10,8 Millionen Farmen, viele davon kleine Betriebe. Die Automatisierung üder das Internet of Things – oder Internet of Farms – kann auch Kleinbauern helfen, Kosten zu sparen und die Effizienz zu erhöhen. Die Investition für smarte Arbeitsmaschinen und fertige IoT-Lösungen ist aber meist zu hoch. „Wir haben gerade ein modulares System gelauncht, das den Einstieg in das Internet of Farms auch für Kleinbauern einfach und günstig macht“, sagt Vincent Tallec, International Marketing Manager der schwedischen Firma Ludafarm. Das System besteht aus verschiedenen Sensoren: Der Smart-Plug wird zwischen Stecker und Steckdose gesteckt und macht die angeschlossenen Geräte smart und fernsteuerbar, der Sensor für den Elektrozaun nimmt Störungen wahr und der Diesel-Sensor gibt Auskunft darüber, wann wie viel Kraftstoff aus einem Tank entnommen wurde. „Auf Bauernhöfen wird viel Diesel gebraucht, deswegen gibt es meistens große Tanks. Hier wird oft gestohlen. Der Diesel-Sensor kann einen solchen Diebstahl wahrnehmen und einen Alarm auslösen“, erzählt Vincent. Ein Sensor kostet etwa 300 Euro, um einen wirklichen Mehrwert zu erreichen, braucht ein Bauer etwa fünf davon. „Sobald das System den ersten Alarm auslöst, hat es sich schon amortisiert“, sagt Vincent. luda.farm

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4 APP GEGEN PFLANZENKRANKHEITEN Weltweit gehen etwa 15 bis 30 Prozent der bäuerlichen Erträge jährlich durch Pflanzenkrankheiten und Schädlinge verloren. Das Startup Peat automatisiert die Diagnose dieser Krankheiten: Mit der App Plantix macht der Bauer ein Foto von seiner Pflanze, die App erkennt die Krankheit und und gibt Informationen zur Behandlung, wie man noch nicht befallene Pflanzen schützt und welche biologischen Alternativen es zu chemischen Pflanzenschutzmitteln gibt. „Für Kleinbauern in Entwicklungs- und Schwellenländern ist die Nutzung der App kostenlos“, sagt Mitgründer Pierre Munzel. Geld verdient Peat über die Lizensierung der Software für B2B-Partner. Die Technologie kann noch mehr als die reine Diagnose. Kombiniert man die Information, welche Krankheit eine Pflanze hat mit dem Standort und den Wetterdaten lässt sich abschätzen, wie sich der Schaden verbreiten könnte. Peat will die Landwirte zukünftig frühzeitig warnen können und ihnen das Wissen an die Hand geben, wie sie ihre Ernte schützen können. Das System verbessert sich mit jedem Bild und liefert wissenschaftliche Erkenntnisse über Pflanzenkrankheiten: „Mit der Klimaveränderung bewegen sich die Krankheiten über den Planeten und Landwirte stehen plötzlich vor unbekannten Problemen“, erzählt Pierre. Die Datenbank von Peat in Kombination mit dem Bilderkennungsverfahren schafft hier einen sehr schnellen Wissenstransfer. peat.technology

Fotos: Lorem Ipsum

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5 EFFIZIENZ PER FUNK Auch die Landwirtschaft kommt nicht am Thema Automatisierung vorbei. Roboter-Hütehunde, automatische Bewässerungssysteme oder selbstfahrende Arbeitsmaschinen können die Effizienz der Agrarindustrie deutlich steigern. Das lohnt sich besonders in großen Landwirtschaftsgebieten, wie es sie beispielsweise in Südamerika, Australien oder Russland gibt. „Große Agrarflächen liegen oft weit weg von bewohnten Gegenden. Deshalb fehlt meist die Infrastruktur, mit der automatische Systeme miteinander und mit der zentraleen Steuerungsdatenbank kommunizieren können“, sagt Bernd Lau. Sein Startup Skypoint will dieses Problem lösen. Die Ingenieure haben eine Drohne entwickelt, die diese entsprechende Infrastruktur bereitstellen kann. Sie schwebt bis zu zehn Monate etwa 300 Meter über einem Feld und kann einen Radius von etwa 20 Kilometern mit einem Funksignal versorgen und mit verschiedenen Messsystemen überwachen. „Die Drohne nimmt Daten wie Feuchtigkeit oder Schädlingsbefall auf und gibt sie an die zentrale Datenbank weiter. Außerdem empfängt sie Daten von der Zentrale und kann zum Beispiel die Befehle zur Steuerung von selbstfahrenden Landwirtschaftsmaschinen geben oder Softwareupdates auf die Geräte spielen“, erklärt Bernd. skypoint-e.com

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AGTECH

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6 KRABBELNDE PROTEINQUELLE „Als wir 2013 angefangen haben, waren wir noch stark in der Ekel-Ecke“, erzählt Folke Dammann, Gründer von Snack-Insects. Das Startup verkauft Speise-Insekten und daraus gefertigte Produkte wie die Dschungelade, Schokolade mit Insekten und den Bug-Break-Insektenriegel. „In den USA werden Insekten schon länger als Proteinquelle genutzt. Aber auch hier wird den Leuten langsam klar, dass Insekten gesund sind und hochwertige Proteine liefern“, sagt der Gründer. Speise-Insekten werden unter strengen Vorgaben extra für den Verzehr gezüchtet. Die Tiere sind vergleichsweise effizient: „Weil Insekten wechselwarme Tiere sind, können sie Futter viel effizienter verwerten, denn sie brauchen keine Energie, um eine konstante Körpertemperatur aufrecht zu erhalten. Zudem benötigen Sie kaum Trinkwasser“, sagt Folke. Sie nehmen außerdem weniger Platz ein und produzieren deutlich weniger Treibhausgase als beispielsweise Rinder. Insekten lassen sich außerdem in vielen Varianten zubereiten. „Insekten haben auf jeden Fall das kulinarische Potenzial, die Ernährung der Zukunft mitzuprägen“, sagt Folke. Wichtig sei nur, dass auch die großen Lebensmittelhersteller das Thema irgendwann aufgreifen. „Aber bis es soweit ist dauert es noch eine Weile.“ snackinsects.com

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7 FLEISCH OHNE TIER Weltweit wird immer mehr Fleisch produziert und konsumiert. Die Massentierhaltung nimmt zu und mit ihr die Verwendung von Anti­ biotika bei der Produktion. Viele Lebensmittelhersteller bieten für Vegetarier und Veganer mittlerweile pflanzliche Alternativen zum Fleisch an. Das israelische Startup Supermeat geht einen anderen Weg. Die Gründer produzieren Hühnerfleisch ohne Tiere dafür zu töten. Sie entnehmen den Hühnern Stammzellen und züchten ­daraus in Behältnissen, die die Physiologie eines Huhns immitieren, Fleischstücke. Supermeat entwickelt zudem eine Maschine, die diese Zucht übernehmen kann. Das Labor-Fleisch könnte sogar günstiger verkauft werden als normales Fleisch. „Wir bekämpfen die globale Erwärumung und den Hunger auf der Welt“, wirbt das Startup im Video seiner Crowdfunding-Kampagne auf Indiegogo: Das Supermeat soll bis zu 96 Prozent weniger Wasser brauchen als die herkömmliche Produktion, 96 Prozent weniger Treib­haus­ emissionen verursachen und 99 Prozent weniger Platz benötigen. Außerdem wird es unter überwachten hygienischen Bedingungen und ohne Antibiotika hergestellt. Ob das günstige, gesunde, umwelt- und tierfreundliche Fleisch Wirklichkeit werden kann, muss Supermeat noch beweisen. Bisher ist das Produkt noch nicht auf dem Markt. supermeat.com

8 MEHLWÜRMER FÜR DEN BESTEN FREUND

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7 Fotos: Snack Insects, Tenetrio, John Towner via Unsplash.com

Gesunde und zukunftsfähige Ernährung brauchen nicht nur Menschen – auch unsere Haus- und Nutztiere wollen gefüttert werden. Das Potsdamer Startup Tenetrio hat sich zur Aufgabe gemacht, den Markt für Heimtierfutter mit einer Alternative zu bedienen. „Viel herkömmliches Hundefutter ist wie Fast Food für uns: von schlechter Qualität, mit vielen Zusatzstoffen und vor allem mit viel Zucker“, sagt Mitgründerin Sabrina Jaap. Die Hunde werden davon nicht nur übergewichtig, sondern auch krank. Sogar an Zivili­sations­ krankheiten wie Diabetis erkranken mittlerweile auch Hunde. Viele Tierhalter suchen daher nach Ausweichmöglichkeiten. Tenetrio bietet als erstes Produkt einen Snack für Hunde an, die Tenepops. Sie sehen ein wenig aus wie größeres Popcorn und bestehen hauptsächlich aus Mehlwürmern und Reis. Ob Tenetrio danach weitere Sorten oder ein vollwertiges Futter entwickelt, haben die Gründereinnen noch nicht festgelegt. Sie können sich aber auch vorstellen auf den Humanmarkt zu gehen. Im Moment bieten sie ab und an Caterings an, bei denen sie Leckeres aus Insekten zubereiten und servieren. Mit einer neuen europaweiten Richtlinie im kommenden Jahr wird es möglich die Genehmigung zu erhalten, Insekten auch für den menschlichen Verzehr zu verarbeiten und zu verkaufen. tenetrio.de


Beim Marketing setzen wir auf bonitätsgeprßfte Adressen aus der Datenbank von Creditreform. www.creditreform-bb.de


RUBRIK

NAME: Target Partners

GRÜNDUNG: 1999

GRÜNDER: Waldemar Jantz, Kurt Müller und Berthold von Freyberg

MITARBEITER: 7

STANDORT: München

SERVICE: Mit 300 Millionen Euro Kapital unter Management zählt Target Partners zu den führenden Venture Capital Investoren in Europa. targetpartners.de

„NUR IN DEUTSCHLAND IST E-COMMERCE BENCHMARK“

Berthold, was ist Euer Investment-Fokus? Target Partners investiert in Technologie-Startups. In E-Commerce, beziehungsweise allgemein in transaktionsbasierte Geschäftsmodelle, investieren wir kaum. In unserem Portfolio befinden sich überwiegend Software-, aber auch einige Hardware-Startups. Als Tech-VC gehören wir zu einer Minderheit im deutschsprachigen Raum, der Großteil des hiesigen VC-Kapitals fließt nicht in Tech. Daher investieren wir in der Frühphase vor allem allein. In den späteren Runden kommen dann häufig Investoren aus dem europäischen Ausland und den USA hinzu. Das Interesse an Tech-Startups in

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Deutschland ist in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Ist Landwirtschaft für Euch ein attraktiver Markt? Absolut. Wir sind seit 2014 in Trecker.com investiert, die – kurz gesagt – eine betriebswirtschaftliche Software für Landwirte entwickelt haben. Landwirte zeichnet oft ein sehr moderner Maschinenpark aus. So gab es zum Beispiel bei Traktoren und Mähdreschern eine Spurverlassenswarnung, lange bevor die Automobilindustrie sie einführte. Aber die betriebswirtschaftliche Software, die Landwirte nutzen, ist in den 90er Jahren stecken geblieben. In vielen landwirtschaftlichen Betrieben herrscht immer noch Zettelwirtschaft. Da gibt es also enorm viel Potenzial. Ist der Markt auch lukrativ? Allerdings. Trecker.com beispielsweise rechnet pro Hektar pro Monat ab. Und wir kommen allein in Deutschland auf ein Volumen von 17 Millionen Hektar. Andere interessante Märkte sind Osteuropa bis zur Ukraine und Weißrussland, Südamerika und Teile Nordamerikas – also ein riesiger Markt.

Uns interessieren Märkte, in denen die Digitalisierung einen großen Wertbeitrag leisten kann. Und das ist in der Agrarindustrie zweifellos der Fall.

„DIE BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE SOFTWARE, DIE LANDWIRTE NUTZEN, IST IN DEN 90ER JAHREN STECKEN GEBLIEBEN“

Fotos: Target Partners

Berthold von Freyberg, Gründer von Target Partners, über besondere Herausforderungen und Potenziale in der Landwirtschaft und den Wert von Tech-Startups


AGTECH

„In Deutschland wird zu wenig in Technologie investiert“, sagt Berthold von Freyberg. Die erfolgreichen Tech-Konzerne in den USA zeigten, dass das ein Fehler sei.

Agtech ist aber mehr als nur Farm­manage­ ment-Software. Das ist richtig. Wenn wir in die USA schauen, sind dort im vergangenen Jahr 3,2 Milliarden Dollar in Agtech-Unternehmen geflossen, fast zwei Drittel davon gingen in Food-Marktplätze, E-Commerce und in mit Landwirtschaft verbundene Biotechnologie. Nur etwa elf Prozent der Investitionen sind in den Bereich Farm Management Software, Sensor Technologien und IoT gegangen. In diesem Bereich ist Target Partners unterwegs.

„UNS INTERESSIEREN MÄRKTE, IN DENEN DIE DIGITALISIERUNG EINEN GROSSEN WERTBEITRAG LEISTEN KANN“ Wer ist da noch unterwegs? In den USA hat es im vergangenen Jahr 580 Startup-Deals von 670 Investoren gegeben. Die allermeisten von ihnen haben nur einen Deal gemacht. Zu denen, die mehrmals investierten, gehören Angel Funds und Google Ventures, die an den Daten interessiert sind, sowie auf Agtech spezialisierte Funds wie New Crop Capital in den USA, Anterra Capital in den Niederlanden oder Syngenta Ventures in der Schweiz. Auch Israel ist im Bereich Agtech wegen seiner besonderen geografischen Bedingungen sehr aktiv: Greensoil Investments ist einer der Fonds. Interessant ist, dass im Jahr 2013 vier neue Agtech-Fonds entstanden sind, dann war

es für zwei Jahre etwas still, aber 2016 sind gleich fünf spezialisierte Fonds neu hinzugekommen. Woran liegt das? Die Investoren merken, dass die Landwirtschaft ein von Software und Big Data noch weitgehend unberührtes Feld ist, in dem enorme Chancen liegen. Vor zehn Jahren undenkbar, da der ländliche Raum erst mit Verzögerung zur breitbandigen Mobilfunkabdeckung kommt. Und das ist Voraussetzung, um Traktor- oder Mähdrescherfahrer mit mobilen Apps und Maschinen mit Sensoren auszustatten, die Daten in Echtzeit erfassen und in die Cloud senden. Gibt es noch andere Herausforderungen in dem Markt? Wie in jedem Vertical: Die Gründer, die neue Technologien in diesem Bereich anbieten, kommen typischerweise nicht aus den entsprechenden Industrien. Sie sind selten Landwirte und müssen sich also erst intensiv einarbeiten. Aber diese Außensicht hilft Revolutionäres umzusetzen. Die Herausforderung ist, ein Produkt zu entwickeln, das haargenau auf das passt, was der Kunde will. Ist es problematisch, dass es vor allem Investoren außerhalb Deutschlands sind, die sich für diesen Bereich interessieren? Es wird sicher in Deutschland und Europa zu wenig in Agtech investiert. Das gilt aber für Technologie-Startups im Allgemeinen und ist kein Spezialproblem bei Agtech. Deutschland nennt sich zwar Technologieweltmeister, wohl bezugnehmend auf den Mittelstand und die großen Konzerne. Bei Startups liegt der Fokus aber nach wie vor eher auf E-Commerce. Gerade im Bereich betriebswirtschaftlicher Software ist Europa aber im Vorteil: Die Start­ups begegnen von Anfang an unterschiedlichen Währungen, Sprachen und gesetzlichen Rahmenbedingungen. Kann man mit Agtech die gleichen Renditen erzielen wie im E-Commerce? Nur in Deutschland ist E-Commerce der Benchmark. Dabei sehen wir etwa in den USA, wie wertvoll Tech-Startups werden können. Betrachten wir die Marktkapitalisierung, sind fünf der heute zehn wertvollsten US-Unternehmen Tech-Konzerne, die jünger als 50 Jahre sind: Apple, Google, Microsoft, Ama-

BERTHOLD VON FREYBERG ist Partner und einer der Gründer von Target Partners. Er bringt 22 Jahre Venture-Capitalund Technologieerfahrung in Deutschland und den USA in die Partnerschaft ein. Zuvor war er als Investment-Manager bei TVM Capital tätig. Von 1994 bis 1997 arbeitete er bei Microsoft in Seattle. targetpartners.de

zon (wegen AWS) und Facebook. Bei Technologie-Startups dauert es in der Regel deutlich länger, bis sie groß werden, aber langfristig sind diese Unternehmen deutlich wertvoller als E-Commerce-Companies, die ganz selten außerhalb ihrer Heimatmärkte skalieren können. Die E-Commerce-Bereiche von Amazon und Alibaba sind da die Ausnahmen. Siehst Du bei Agtech besondere Trends? Im Software-Bereich sind es Big Data und Business Intelligence. Dann sind auch technologiegetriebene Plattformen interessant, die mehr Transparenz und Liquidität in die regionalen Märkte bringen. Da gibt es zum Beispiel den großen Betriebsmittelmarkt, also etwa für Saatgut und Verbrauchsgüter. Hier sind die Landwirte derzeit auf die regionalen Einkaufsgenossenschaften und den Landhandel angewiesen. Das ändert sich jetzt – sowohl für die Anbieter als auch für die Landwirte. Fragmentierte Strukturen werden aufgebrochen und die Märkte werden transparenter. Davon profitieren beide Seiten.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

Fotos: Lorem Ipsum

Das Team von Target Partners (v.l.n.r.): Michael Münnix, Kurt Müller, Berthold von Freyberg und Waldemar Jantz

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RUBRIK

NAME: Schlossgut Alt Madlitz

GRÜNDUNG: 1751

GRÜNDER: Karl-Wilhelm Graf Finck von Finckenstein

MITARBEITER: 20

STANDORT: Alt Madlitz, Ostbrandenburg

SERVICE: Land- und Forstwirtschaft, Historischer Park, Brotmanufaktur und Bed & Breakfast mit Veranstaltungsräumen schloss-alt-madlitz.de

„DER LANDWIRT WILL EINFACHE LÖSUNGEN“

Benedikt, Ihr habt eine Landwirtschaft in Alt Madlitz östlich von Berlin. Was baut Ihr dort an? Wir sind ein ökologischer Marktfruchtbetrieb, daher haben wir eine durch die ökologische Bewirtschaftung definierte Fruchtfolge. Wir bauen Klassiker an wie Roggen, Weizen, Tritikale und Gerste, aber auch Dinkel, Emmer und Hafer. Daneben sind Luzerne und Lupine wichtig, um den Boden mit Nährstoffen zu versorgen. Zum Betrieb gehören auch eine Forstwirtschaft, eine Brotmanufaktur sowie der älteste englische Landschaftspark Brandenburgs mit einem Bed & Breakfast und verschiedensten Veranstaltungsräumen. Der Betrieb ist ein alter Familienbetrieb meines Großvaters, der 1945

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geflüchtet ist. Nach der Wende ist meine Familie zurückgekehrt und baut den Besitz seit dem Stück für Stück wieder auf. Du wolltest aber ursprünglich nicht Landwirt werden... Ich habe zuerst Wirtschaftsmathematik studiert und viele Jahre in der Beratung, im Investmentbanking und Venture Capital gearbeitet. Geprägt durch meine Kindheit auf dem Lande hat sich bei mir sehr früh ein Gespür für die Probleme der Landwirtschaft eingestellt. Diese Prägung in Verbindung mit meinen beruflichen Erfahrungen haben bei mir zu der Erkenntnis geführt, dass technologische Entwicklungen weiterhelfen können. Deshalb stellen wir Versuchsflächen für Startups zur Verfügung und beschäftigen uns mit einen Venture Capital Fonds für Agrarthemen. Wie sind Deine Erfahrungen beim Geld einsammeln? In den USA ist Agtech seit Jahren ein großes Thema und dort wird sehr viel Geld investiert. In Deutschland spürt man eine große Zurückhaltung auch bei einigen großen Spielern auf dem Agrarmarkt. Die

finden das alle spannend, agieren aber nach dem Prinzip „wait and see“. Nur: Technologie wartet nicht, wer jetzt nicht mutig ins Risiko geht und investiert, läuft Gefahr, international den Anschluss zu verlieren. Wie hast Du das Thema Agrar-Startups entdeckt? Durch die Konvergenz des technischen Fortschritts in den Bereichen der Chemie, Biologie, Nanotechnologie und natürlich der IT ergeben sich unendlich viele neue Möglichkeiten für die Herstellung und Verarbeitung von Lebens- und Futtermitteln. Themen wie Ernährungssicherheit, Wasserverfügbarkeit, Müllaufkommen sowie Abhängigkeit von Öl werden immer wichtiger. Die Anwendung technologischer Innovation wird Teil der Lösung sein müssen. Wie verträgt sich das mit Ökologie? Blendend, wenn wir unter Nachhaltigkeit den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen verstehen. Letztendlich entscheidet der Verbraucher, wie viel Tierwohl oder umweltschonende Methoden bei der Herstellung seiner Lebensmittel er bereit ist

Fotos: Emanuel Graf Finck von Finckenstein

Benedikt Bösel über Farmer, die keine Experimente machen, abwartende Agrarkonzerne und einen neuen Fonds für Agtech


AGTECH

Erst Investmentbanker, jetzt Landwirt in Brandenburg: Benedikt vereint das beste beider Welten, sagt er. Und er bietet Startups Versuchsflächen für ihre Entwicklungen.

zu bezahlen. Er muss viel stärker verinnerlichen, welche Konsequenzen seine Kaufentscheidung hat. In dem Maße, wie dieses Bewusstsein geschaffen wird, ist es dann nur ein kleiner Schritt zu einer Akzeptanz von Agtech. Was sind die besonderen Herausforderungen bei Agtech? Zum einen sind Landwirte vom Umfeld, sprich vom Wetter, abhängig. Im Produktionsprozess gibt es also eine Komponente, die du nicht steuern und auch nicht wirklich vorhersagen kannst. Zum anderen sind die Verhältnisse vor Ort eines jeden Landwirts sehr unterschiedlich. Es gibt also selten die eine Lösung, die für alle passt. Diese Faktoren machen es für Startups sowie für Investoren in diesem Bereich recht anspruchsvoll. Ein Landwirt ist Tag ein Tag aus mit den Konsequenzen seiner Entscheidungen konfrontiert, daher überlegt er in besonderem Maße, was er macht oder sein lässt. Mit einem Minimal Viable Product darf ich also nicht ankommen? Nein, der Landwirt braucht ein Produkt, das absolut zuverlässig ist. Er kann sich keine Fehler leisten. Er hat auch keine Zeit, sich vorab großartig einzuarbeiten, er will einfache Lösungen. Als Startup musst Du etwas anbieten, von dem der Landwirt schnell überzeugt ist, also einen sofortigen Nutzen hat. Voraussetzung dafür ist ein umfassendes Verständnis landwirtschaftlicher Produktionszusammenhänge. Aber es gibt Landwirte, die mit Startups zusammenarbeiten? Absolut, gerade in Deutschland agieren viele Landwirte sehr zukunftsorientiert. Da sind sie oft weiter als die Politik oder die großen Verbände. Leider wird auch in der Gesellschaft das Thema Innovation im Agrarbereich eher als Drohung denn als gesamtwirtschaftlicher Fortschritt verstanden. Auch deswegen stellen wir Startups Versuchsflächen zu Verfügung oder beteiligen uns an Forschungsprojekten. Mit 365Farmnet und Mofato erarbeiten wir beispielsweise Lösungen für die ökologische Landwirtschaft.

Wie groß ist die Szene in Deutschland? Das kommt erstmal auf die Definition von Agtech an. Da gibt es so viele Themen: Tiergesundheit, Analytik, Präzisionslandwirtschaft, Nahrungsmittelsicherheit, Robotik und Drohnen, innovative Verpackungen, alternative Proteine aber eben auch antiquierte Handelsketten, Wasseraufbereitung, Müllvermeidung und vieles mehr. Daher ist es schwer eine Zahl festzulegen. Wichtig ist: Es gibt unheimlich viele sehr fähige Teams, die bereits gegründet haben oder solche, die an diversen Hochschulen und Forschungseinrichtungen an diesen Themen arbeiten. Neben den passenden Rahmenbedingungen ist ausreichend Kapital notwendig, um erfolgreich zu sein. Sollten wir diese Voraussetzungen nicht schaffen, droht eine Abwanderung der fähigsten Köpfe ins Ausland!

„IN DEUTSCHLAND SPÜRT MAN EINE GROSSE ZURÜCKHALTUNG“ Was sind die spannendsten Trends in Deinen Augen? Spannend sind sie grundsätzlich erstmal alle. Vergiss nicht, dass viele der Startups auch scheitern werden. Dennoch, die Themen Tierwohl, Alternative Proteine und Präzisionslandwirtschaft sind gerade für mich als Landwirt spannend. Denn sie haben das Potenzial, dem öffentlichen Diskurs zwischen Landwirtschaft und der Gesellschaft neue Reize zu geben. Natürlich haben wir in der Landwirtschaft auch Fehler gemacht. Aber: Wir arbeiten daran. Gleichermaßen müssen auch die Verbraucher wieder näher an die Natur rücken. Ein gutes, qualitativ hochwertiges Erzeugnis, sei es tierisch oder pflanzlich, hat seinen Preis.

als ein reiner Finanzinvestor. Aus Sicht eines Venture-Capital-Investors machen mir die Entwicklungen in der Bioökonomie derzeit am meisten Freude, hier sind wir erst am Anfang. Verpackungen von Nahrungsmitteln werden zukünftig weit mehr sein, als eine reine „Aufbewahrung“, sie werden mit den Kunden kommunizieren: Denk zum Beispiel an Lebensmittelsicherheit, -herkunft, Rückverfolgbarkeit und Inhaltsstoffe.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

BENEDIKT BÖSEL Nach einer Kindheit auf dem Land und zehn Jahren in der Finanzbranche vereint Benedikt heute das beste aus beiden Welten: Auf seinem Betrieb in Ostbrandenburg unterstützt er aktiv innovative Agrar-Startups sowie Forschungsprojekte. Als Vorsitzender der Fachgruppe Agtech im Bundesverband Deutsche Startups berät er Ministerien, Verbände und Konzerne. schloss-alt-madlitz.de

Und was bedeutet das für Investoren? Das kommt erst mal auf die Art des Investors an. Ein Stratege kann einen sehr anderen Fokus haben

Fotos: Lorem Ipsum

Im historischen Park: Schlossgut Alt-Madlitz

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Dr. Reinhard Kutscher (Union Investment) und Prof. Wolfgang Schäfers (IREBS) mit dem ersten Gewinner des PropTech Innovation Awards Zhengliang Wu von Green City Solutions (Mitte).

DAS INNOVATIVSTE IMMOBILIEN-STARTUP DER WELT Berliner Startup Green City Solutions gewinnt PropTech Innovation Award 2017 von Union Investment und GTEC

„WIR WOLLEN WEITERE INNOVATIVE STARTUPS BEGEISTERN, SICH MIT IHREN IDEEN UND GESCHÄFTSMODELLEN BEI UNS VORZUSTELLEN. DAHER WERDEN WIR DEN PROPTECH INNOVATION AWARD IM HERBST 2017 WIEDER AUSSCHREIBEN.“ Jörn Stobbe, Union Investment

Neben dem Preisgeld in Gesamthöhe von 35.000 Euro dürfen sich die Sieger auch über einen Platz im GTEC Campus Lab freuen. Neben der kostenlosen Bürofläche erhalten die Startups auch Zugang zum GTEC-Netzwerk von Mentoren und Investoren und natürlich zu den GTEC-Partnern, allen voran zu Union Investment. „Wir haben den PropTech Innovation Award ins Leben gerufen, um potenziell disruptive Geschäftsmodelle für die Immobilienbranche zu identifizieren. Die Einreichungen und letztlich die Sieger haben gezeigt, vor welchen spannenden Umbrüchen unsere Branche steht“, sagte Jörn Stobbe, Jurymitglied und Geschäftsführer der Union Investment Real Estate GmbH, Hamburg. In das Thema PropTech und die großen Potenziale führte Ragnar Lifthrasir, Gründer der International Blockchain Real Estate Association ein. Er sprach über die Rolle von Blockchain im Immobiliengeschäft. Neben den Live-Pitches und der Preisverleihung wurde in einer hochklassig besetzten Gesprächsrunde über die Veränderungen in der Immobilienbranche durch die Digitalisierung gesprochen. Dabei wurde klar, dass die Digitalisierung die Branche nicht nur ein wenig verändern, sondern revolutionieren wird. Der wichtigste Treiber dieser Revolution sind Daten und deren richtige Verwendung. Dazu sollte die klassische Industrie gemeinsam mit den neu entstehenden Unternehmen und weiteren Partnern wie Universitäten und Forschungsinstituten zusammenarbeiten. Fotos: GTEC

Green City Solutions ist das innovativste PropTech-Startup der Welt. Im Rahmen der Preisverleihung zum PropTech Innovation Award in Berlin wurde das junge Unternehmen ausgezeichnet. Ausgelobt wurde der Preis von Union Investment und dem German Tech Entrepreneurship Center (GTEC) mit dem Ziel, Startups zu fördern, die mit ihren innovativen Ideen neue Impulse für die Immobilienbranche geben. Die Entscheidung wurde von einer interdisziplinären Jury gefällt, nachdem die acht Finalisten ihre Ideen und Produkte vor Publikum vorgestellt hatten. Sie setzten sich in einem Feld von mehr als 200 Bewerbern aus 46 Ländern durch. Green City Solutions aus Berlin überzeugte sowohl die Jury als auch das Publikum. Das Startup gewann sowohl den ersten Preis als auch den Community Preis. Das 2014 gegründete Unternehmen entwickelt Lösungen im Bereich von Umweltservices, Cleantech und nachhaltiger Stadtplanung für grünere und lebenswerte Städte. Ein Expertenteam aus Architektur, Maschinenbau, Informatik und Biologie arbeitet an intelligenten Lösungen in den Bereichen Umweltdienstleistung, Clean­tech und nachhaltige Stadtentwicklung, um den Bewohnern zu einem gesünderen Leben in grünen und lebenswerten Städten zu verhelfen. Der zweite Preis ging an Architrave. Das Berliner Startup ist ein Anbieter von zukunftsweisendem Dokumentenmanagement und Datenraumlösungen für die Immobilienbranche.


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Die neun Finalisten des PropTech Innovation Award 2017 1. Preis und Community Award: GREEN CITY SOLUTIONS Berlin, Germany Green City Solutions was founded in Spring 2014 by a team of experts from architecture, mechanical engineering, informatics and horticulture / biology. The vertical and multiple awarded plant filter CityTree is the first step into a climate infrastructure: A sustainable urban infrastructure which combines climate and environment protection with targets of climate change adaption. greencitysolutions.de

2. Preis: ARCHITRAVE Berlin, Germany Since its founding in 2012 Architrave has taken on an active role in shaping the real estate industries’ digital turn. The vision: Digital real estate management through one centralized platform for all management and operational tasks concerning data, documents and processes. To date, renowned clients use Architrave to manage assets worth over 45 billion Euro. architrave.de

Fotos: GTEC

Impressionen vom PropTech-Event im ESMT-Gebäude in Berlin

ALLVR

BRICKVEST

BUILDING RADAR

Berlin, Germany

London, United Kingdom

Munich, Germany

ALLVR develops an automatic interface between CAD planning data from architects, engineers and designers and the virtual content in order to create virtual walk­ throughs inside models and blueprints. allvr.de

Brickvest is a global real estate platform that allows investors to invest in prevetted institutional grade investment opportunities and actively manage their investment portfolio. brickvest.com

Building Radar allows sales teams and planning departments to identify new business opportunities at the earliest possible time. buildingradar.com


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Die Finalisten und Jurymitglieder des PropTech Innovation Award 2017

CASAVI

DRS DEFECT RADAR

POINTGRAB

Munich, Germany

Vienna, Austria

Hod HaSharon, Israel

Acting as a central hub it connects all key stakeholders – property owners, tenants and service providers – on a Cloud-platform controlled by the property manager. casavi.de

DRS DEFECT RADAR application with native apps for all smartphones and tablets supports the user in record­ing, documentation, communication and tracking of tasks and defects. defectradar.com

Pointgrab applies its superior deep-learning technology to accurately track and understand human activity and space utilization. pointgrab.com

OPINUM in Berlin: https://vimeo.com/unionrealestate

Informationen und Vorregistrierungen zum Informationen Vorregistrierungen zum PropTech Innovation PropTech Innovationund Award 2018 unter: FABIAN.HELLBUSCH@UNION-INVESTMENT.DE Award 2018 unter fabian.hellbusch@union-investment.de

Über Union Investment Real Estate GmbH Über Investment Real Estate Immobilien-Investment-Manager GmbH UnionUnion Investment ist einer der führenden in Europa. Das Thema Digitalisierung Union ist einer in derunterschiedlichen führenden Immobilien-Investment-Manager in Europa. Digitalisierung treibtInvestment Union Investment Handlungsfeldern voran. Dazu gehörtDas dieThema Automatisierung von treibt Union Investmentebenso in unterschiedlichen voran.Virtual DazuReality gehörtund dieSmart Automatisierung Geschäftsprozessen wie die digitaleHandlungsfeldern Immobilienbewertung, Analytics. von Geschäftsprozessen ebenso wie die digitale Immobilienbewertung, Virtual Reality und Smart die Um die großen Potenziale für die Optimierung und Erweiterung des Geschäftsmodells zu Analytics. heben, hatUm Union großen Potenziale fürKooperation die Optimierung undGerman Erweiterung Geschäftsmodells zu (GTEC) heben, hat Union Investment Investment u.a. die mit dem Tech des Entrepreneurship Center geschlossen. Weitere unter anderem die Kooperation mit dem German Tech Entrepreneurship Center (GTEC) geschlossen. Weitere Informationen: www.union-investment.de/realestate Informationen: union-investment.de/realestate

Über GTEC Das German Über GTEC Tech Entrepreneurship Center (GTEC) ist der erste private Campus für Technologie, Innovation und Unternehmertum in Europa. Es verbindet internationales Netzwerk Unternehmen, Universitäten und Das German Tech Entrepreneurship Centerein (GTEC) ist der erste private von Campus für Technologie, Innovation Startups mit der breiten in Öffentlichkeit. GTEC wurde Jahr 2015 inNetzwerk Berlin gegründet und wird von der ESMT, und Unternehmertum Europa. Es verbindet ein im internationales von Unternehmen, Universitäten Globumbus, Henkel, und der GTEC Sigmund Kiener Stiftung, Investment undund Tishman Speyer und Startups mit derInnogy, breiten Noerr Öffentlichkeit. wurde im Jahr 2015Union in Berlin gegründet wird von der unterstützt. GTEC hat Standorte in Berlin und Frankfurt Main.Kiener Unter dem Dreiklang Guide, (inESMT, Globumbus, Henkel, Innogy, Noerr und der am Sigmund Stiftung, UnionInspire, Investment undGrow Tishman spirieren, anleiten, wachsen) GTEC Dazu werden diverse Programme und Speyer unterstützt. GTEC hatfördert Standorte in weltweites Berlin und Unternehmertum. Frankfurt am Main. Unter dem Dreiklang Inspire, Guide, Veranstaltungsreihen Angefangen beiGTEC den Vorlesungen und Meetups überDazu die Startup-Academy Grow (inspirieren, angeboten. anleiten, wachsen) fördert weltweites Unternehmertum. werden diverse und Prodas Startup-Lab bis hin zur Executive angeboten. Education. Um Innovationen auf bestimmten zu fördern, vergibt gramme und Veranstaltungsreihen Angefangen bei den VorlesungenGebieten und Meetups über die StarGTEC gemeinsam ausgewählten Industriepartnern regelmäßig Awards. gtec.berlin tup-Academy undmit das Startup-Lab bis hin zur Executive Education. Um Innovationen auf bestimmten Gebieten zu fördern, vergibt GTEC gemeinsam mit ausgewählten Industriepartnern regelmäßig Awards.

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Charleroi, Belgium To improve the environmental and energy management of buildings, Opinum, ICT company, has developed Opisense, a Secure Web Platform which analyses your energy consumption data. opinum.com Fotos: GTEC

Die zumzum PropTech-Event am 17. Mai 2017Mai in Berlin: DieHighlights Highlights PropTech-Event am 17. 2017 VIMEO.COM/UNIONREALESTATE


SERVICE

MEINE LIEBLINGSTOOLS

NIGHT SHIFT EXPENSIFY Mit Expensify erfasse ich unterwegs alle Belege. Das ist sehr praktisch: Ich mache einfach ein Foto des Belegs, der Text wird automatisch analysiert und zugeordnet. Die Zeiten, in denen die Belege im Papierchaos endeten oder verloren gingen, sind damit endgültig vorbei. Zudem kann ich die gesamte Beleg-Abrechnung hiermit managen. expensify.com

Für mich als Nachtmensch ist dieses Mac-Tool ziemlich cool. Es nimmt blaue Farben aus dem Display. Denn blaues Licht hemmt die Bildung von Melatonin und signalisiert: Wach bleiben! Durch Night Shift wird der Blau-Anteil des Displays minimiert, sodass ein wärmeres Farbspektrum entsteht. Heißt für mich: Ich kann abends und nachts noch arbeiten, ohne meinen Schlafrhythmus völlig aus dem Lot zu bringen.

Profis stellen hier Apps und Gadgets vor, mit denen sie gern und viel arbeiten

ALEXANDER HENN ist Mitgründer und Geschäftsführer von Shore. Das Münchner Startup bietet ein breites Portfolio an Digitalisierungslösungen für kleine, lokale Dienstleister. Von der Online-Terminbuchung über ein CRM-System bis hin zu Marketing-Tools. shore.com

Fotos: Lorem Ipsum

Fotos: Luke Chesser, Pixabay, Anna Jiménez Calaf, Mathyas Kurmann, Glenn Carstens Peters

UNROLL.ME

ABSENCE.IO

SORTD Ich bin von Wunderlist auf Sortd umgestiegen. Mit diesem Add-on zu Gmail kann ich direkt aus meinen E-Mails To-dos erstellen – direkt über Gmail und ohne auf eine andere Applikation wechseln zu müssen. Damit gehen trotz der extrem großen Anzahl an Mails viel weniger Themen unter und ich kann mich viel besser selbst organisieren. Nicht nur meine Mitarbeiter danken es mir. sortd.com

Absence.io ist ein großartiges Tool für Abwesenheits-Management. Wenn jemand Urlaub beantragen will, krank ist oder im Home-Office bleibt, trägt er dies einfach mit wenigen Klicks ins System ein. Alle Kollegen haben einen perfekten Überblick über sämtliche Abwesenheiten. Wir nutzen Absence.io bei Shore schon lange und waren am Ende von dem Tool so begeistert, dass wir das Unternehmen Anfang dieses Jahres übernommen haben. absence.io

Hiermit kann ich mich mit einem Klick aus sämtlichen Verteilern abmelden. Innerhalb der App werden mir alle erkannten Newsletter-Abos angezeigt. Dann melde ich mich entweder über einen Button direkt ab oder ich lasse erwünschte Newsletter zu einem Rollup hinzufügen. Dann werden diese Newsletter zu einer Tages-Mail zusammengefasst. Ich nutze die App einmal im Monat. Meine Inbox ist seitdem um einiges strukturierter. unroll.me

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RUBRIK

NAME: Solarisbank

GRÜNDUNG: 2016

GRÜNDER: Marko Wenthin, Andreas Bittner

MITARBEITER: 90

STANDORT: Berin-Mitte

SERVICE: Banking as a Platform solarisbank.de

„DER MARKT IN ASIEN IST TOTAL REIF“ Was ist die Solarisbank für eine Bank? ROLAND FOLZ: Die Solarisbank ist ein Tech-Unternehmen mit einer Banklizenz. Wir sind aber keine Retailbank und haben daher keinen eigenen Bezug zum Endkunden. Wir fokussieren uns auf die Digitalisierung der Bankprozesse und machen es unseren Partnerunternehmen sehr einfach, sich mit unseren Prozessen über unsere Schnittstellen zu vernetzen. Seid Ihr eine Plattform oder bietet Ihr Banking as a Service an? ROLAND FOLZ: Es ist eine Mischung. Wir bieten unsere Plattform für Dritte an, um beispielsweise die regulatorischen Anforderungen abzubilden. Viele unterschätzen, dass man sehr schnell in den regulierten Bereich gerät, egal ob man ein Markt-

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platz ist, ob man Kontoführung anbieten möchte oder eine klassische Absatzfinanzierung. Timo Weber: Eine Plattform sind wir auch, weil wir nicht alle angebotenen Services selbst machen, sondern auch andere Provider integrieren. Wie viele Kunden sind auf der Plattform? ROLAND FOLZ: Wir haben knapp 30 Partner, in der Pipeline sind mehr als 100. Das ist aber nicht das Entscheidende. Über unsere Partner, zum Beispiel Fashioncheque, erreichen wir schon jetzt mehr als eine Million Verbraucher. Wie verdient Ihr Geld? ROLAND FOLZ: Im Prinzip ganz klassisch über Provisionen oder durch Zinsdifferenzen. Das unterscheidet uns nicht von anderen Banken. Wer konkurriert mit Euch? TIMO WEBER: So fokussiert und skaliert auf den Bereich Banking als Plattform ist keiner. Ein Teil unserer Wettbewerber hat eigene Retail-Auftritte und die konkurrieren dann mit den Partnerunternehmen. Diese Gefahr besteht bei uns definitiv nicht. Wir konzentrieren uns nicht auf die Endkundenge-

winnung und benötigen dafür weniger Ressourcen, da die Beziehung mit dem Endkunden immer bei unseren Partnern liegt. Wie unterscheidet Ihr Euch von den traditionellen Banken? ROLAND FOLZ: Wir sind ein Enabler, wir bieten unsere Plattform Dritten an, die keine Banklizenz haben. Über uns können sie ein eigenes Bankprodukt entwickeln. Ein Beispiel: Kontist bietet Kontoführung für seine Kunden an. Man sieht nur im Kleingedruckten, dass es eine Dienstleistung der Solarisbank ist. Die Kundenbeziehung hat Kontist. Wenn Kontist das über die Deutsche Bank, die DAB oder Consors anbieten würde, dann würde nicht mehr ihre Kundenbeziehung im Vordergrund stehen. Ihr habt gerade eine Finanzierung von 26,3 Millionen Euro erhalten. Was habt Ihr mit dem Geld vor? ROLAND FOLZ: Ein großer Teil fließt sicherlich in den Ausbau der Plattform. Wir haben noch einiges in der Pipeline. Im nächsten Quartal werden wir zum Beispiel mit Mastercard ein Kartenprodukt zu unseren Konten anbieten. Und natürlich steht auch

Fotos: Jan Michalko

Roland Folz und Timo Weber über die Internationalisierung der Solarisbank, Trends am Markt und den Wunsch, Steuermann zu sein


SOLARISBANK

Führungsteam: Roland Folz (r.) bringt viel Erfahrung aus seiner Arbeit bei Dax-Konzernen mit, Timo Weber kennt sich mit innovativen Banking- und Payment-Geschäftsmodellen aus.

die Internationalisierung im Fokus. Wir haben jetzt einen strategischen Partner aus Japan, SBI, mit dem wir gemeinsam 2018 in Asien starten wollen. Warum Asien? TIMO WEBER: Aufgrund der enormen Wirtschaftskraft. Auch die Investitionen in Fintechs sind bemerkenswert. Sie haben die Investitionen in den USA im vergangenen Jahr überholt. Rund elf Milliarden Dollar flossen in Asien in Fintechs, das ist eine echte Hausnummer. In Asien gibt es die großen Player wie Ant Financial, was zur Alibaba Group gehört. Und es gibt unfassbar viele Neobanken, wie etwa Timo in Vietnam. Unser Investor SBI hat auch eine Neobank in Japan. Der Markt in Asien ist extrem reif und zudem ist der Digitalisierungsgrad sehr hoch. Aber es sind viele Märkte, nicht ein Markt. TIMO WEBER: Das stimmt, der Markt ist fragmentiert. Es gibt keine Einheit wie in Europa. Aber wenn man sich das Umsatzvolumen im E-Commerce in Asien insgesamt anschaut, dann überschreitet das im Jahr 2020 eine Billion Dollar. Man sieht also, es ist Potenzial da, und wenn man als globaler Player antritt, muss man Asien auf dem Schirm haben. Du hast gerade beschrieben, wie viele Player da schon unterwegs sind, die haben doch nicht auf Euch gewartet … TIMO WEBER: Soweit wir wissen, gibt es unser Konzept Banking als Plattform dort nicht. Wir befinden uns aktuell aber noch in der Evaluierungsphase. Was ist der Zielmarkt? Was ist die Zielgruppe und welches Produkt bieten wir an? ROLAND FOLZ: Die Solarisbank wurde von vorneherein als globales Projekt aufgesetzt. Der erste Schritt war Europa, wo wir mit unseren Gründungs-Investoren als Partner gut aufgestellt sind. Asien ist der logische zweite Schritt, der insbesondere durch SBI an Dynamik gewinnt. Auch Amerika ist für uns im Fokus. In der nächsten Kapitalrunde werden wir versuchen, einen Investor aus Amerika zu gewinnen.

Wie wollt Ihr in Asien vorgehen? TIMO WEBER: Das Setup wird ein Joint Venture sein. SBI wird 60 Prozent daran halten, die Solarisbank 40 Prozent. SBI hat viel Erfahrung mit Joint Ventures dieser Art. Die funktionieren auch alle sehr gut. Deswegen glauben wir, dass wir eine sehr gute Ausgangslage haben. Wie ist der Zeitplan? ROLAND FOLZ: Unser Plan sieht vor, dass wir 2018 erste operative Schritte in Asien machen. Das Set­ up wird nicht viel anders sein als hier in Deutschland. Aber wir brauchen einen Partner vor Ort, der eine Banklizenz hat. Ihr werdet dort keine beantragen? ROLAND FOLZ: Nach heutigem – also im idealen – Szenario finden wir einen Partner, der die Banklizenz schon hat. SBI ist in Banken investiert, die man sicherlich in Erwägung ziehen kann. Aber das ist nur eine Möglichkeit. Wenn jemand gerne Eure Plattform kaufen oder mieten möchte, was sagt Ihr? ROLAND FOLZ: Das schauen wir uns an. Wir sind schon in konkreten Gesprächen. Aber es gibt technische und auch vertragliche Herausforderungen. Wir wollen uns nicht selbst Konkurrenz schaffen. TIMO WEBER: Wir versprechen unseren Partnern, dass wir sie auf der Plattform nicht selbst kannibalisieren, indem wir an Endkunden herantreten. Also müssen wir auch zusehen, dass wir uns nicht kannibalisieren, indem wir anderen Großbanken oder anderen digitalen Playern unsere gesamte Middleware zur Verfügung stellen. Was habt Ihr noch in der Pipeline? ROLAND FOLZ: Ein Produkt für kleinere und mittlere Firmenkunden. Da geht es insbesondere um Legi­timations-Prozesse des Kunden. Als Privatkunde kannst Du heute schon eine Kontoeröffnung völlig automatisiert abschließen. Im Firmenkundenbereich ist das immer noch ein langwieriger Prozess, den wir digitalisieren wollen. Es sieht so aus, als ob nach den vielen Banking-Apps für Privatkunden jetzt vor allem neue Lösungen für Geschäftskunden entstehen. Wie entwickelt sich der Markt?

ROLAND FOLZ UND TIMO WEBER Roland Folz ist Vorstandschef der Solarisbank. Er hat mehr als 25 Jahre Erfahrung im Banking- und Finanzsektor und Expertise im Mobilitäts- und Telekommunikationsbereich. Timo Weber ist Vice President und verantwortet die strategische Ausrichtung sowie die globale Expansion der Solarisbank.

TIMO WEBER: Die B2B-fokussierten Unternehmen haben im Moment ein ziemliches Momentum am Markt. Wenn du nach dem Trend fragst, der geht in Richtung B2B-Geschäftsmodelle. Wie geht es mit Euch weiter? ROLAND FOLZ: Auf der personellen Ebene haben wir heute 90 Mitarbeiter, zum Jahresende werden wir etwa 130 haben. Wie ist es, wenn man nach Jahren bei DAB, Hypovereinsbank, Mercedes-Benz, Deutscher Telekom und Deutscher Bank nun bei einem Startup einsteigt? ROLAND FOLZ: Für mich war es eigentlich nicht nur ein Coming Home, denn ich habe ja bereits zuvor Banken aufgebaut, sondern auch eine klare Entscheidung. Als CEO eines Tech-Unternehmens mit Banklizenz kann ich meine vielfältigen Erfahrungen am besten einbringen. Banking as a Platform ist ein spannendes Zukunftsmodell, das ich gerne mitgestalten möchte und in das ich auch investiere. Dabei reizt mich nicht nur das erfolgreiche Geschäftsmodell, sondern auch unser starkes Team bei der Solarisbank.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

Fotos: Lorem Ipsum

Bank und Neobank: Im Solarisbank-Headquarter in Berlin-Mitte gibt es einen Raum, der nach alter Banker-Tradition eingerichtet ist. Gearbeitet wird aber wie in jedem anderen Startup.

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B2B-FINTECH

DIE BANKEN-ENABLER

Fintech-Gründer verraten, warum sie sich lieber KMUs und Banken als Kunden suchen als sich in den B2C-Markt zu stürzen

ZUGRIFF AUF ALLE BANKEN Viele Fintech-Modelle brauchen einen Zugriff auf Bankdaten, damit Nutzer ihre Konten mit dem entsprechenden Dienst verbinden können. „Finapi ist eine Multi-Banking-API. Wir liefern eine Schnittstelle zu fast allen deutschen und österreichischen Banken und warten diese Zugänge. Weitere Länder werden folgen“, sagt Finapi-Gründer Florian Haagen. Das Startup hat keine Investoren an Bord und ist bisher organisch gewachsen. „Im B2C-Geschäft braucht man sehr große Marketing-Budgets“, sagt Florian. „Wir konnten mit unserem B2B-Modell schnell ein positiven Cashflow generieren.“ Die Kunden von Finapi sind Banken, die ihr eigenes Online-Banking Multi-Banking-fähig machen, Startups und etablierte Unternehmen, die Finanzlösungen entwickeln. Neben der Kern-Technologie kategorisiert das Unternehmen Kontodaten so, dass sie auch für andere Modelle nutzbar werden. „Unser Algorithmus erkennt zum Beispiel, welche Verträge ein Nutzer hat“, erzählt Florian. „Unsere Kunden können diese Informationen nutzen, um eine digitale Vertragsübersicht zu erstellen und Alternativen vorzuschlagen.“ finapi.io

DIE BANK HERVORHEBEN Es dauerte einige Zeit, bis Finreach sein aktuelles Erfolgsmodell gefunden hatte: einen voll-digitalen Kontowechsel für die Kunden, vertrieben als SaaS-Modell an Banken. „Wir wollen die Marke der Bank durch ein exzellentes Kundenerlebnis hervorheben“, sagt Geschäftsführer Sascha Dewald. Finreach hat bereits 117 Partner-Banken in Deutschland und Österreich, die den digitalen Kontowechsel nutzen und mehr als 100.000 Kontowechsel durchgeführt. Das Startup arbeitet gerade an einem neuen Projekt, über das noch nichts verraten wird. Für Sascha ist das B2B-Modell perfekt: „Ich mag es sehr, in einem professionellen Umfeld mit viel Komplexität und Geschwindigkeit zu arbeiten. Wir haben Sales-Zyklen von etwa zwölf Monaten und nicht unendlich viele potenzielle Banken als Kunden.“ Deshalb rekrutiert Finreach seine Mitarbeiter meist direkt aus der Finanz­ industrie oder den Banken. Gerade hat das Startup sein Sales-Team vergrößert, um noch in diesem Jahr nach Italien und Spanien zu expandieren. finreach.com

Kantox löst ein Problem, das vielen Kunden gar nicht bewusst ist: Wer Geschäfte in verschiedenen Währungen macht, trägt das Risiko, dass sich der Wechselkurs in der Zeit zwischen Bestellung und Bezahlung verändert. „Die Wechselkurse, die die Banken anbieten, sind intransparent und die Bank schlägt ihren Preis mit drauf. Die Leute denken alle, sie haben gute Konditionen, aber meist stimmt das nicht“, sagt Maxim Dressler von K ­ antox. Das spanische Startup macht die Kosten transparent und sichert seinen Kunden das Wechselkursrisiko ab. Sie bezahlen oder erhalten ihr Geld also immer zum Wechselkurs des Kaufzeitpunktes. Kantox nimmt dafür eine Gebühr von 0,29 Prozent – Seit der Gründung 2011 hat Kantox bereits mehr als sechs Milliarden Euro abgesichert. Die Zielgruppe für den Service sind hauptsächlich KMUs in Europa, Maxim hat sich speziell auf Startups und Tech-Unternehmen fokussiert und ist deshalb auch viel in Berlin unterwegs: „Ich habe Kunden, bei denen die Wechselkursschwankungen bis zu 20 Prozent ihrer Marge kosten. Diese Unternehmen können mit uns viel Geld sparen.“ kantox.com

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Fotos: Finapi, Finreach, Kantox

DIE BESTEN KONDITIONEN


B2B-FINTECH

EXISTENZIELLE PROBLEME LÖSEN „Wir wollen das Unternehmertum vereinfachen“, sagt Fastbill Mitgründer René Maudrich, „dazu haben wir uns den Aspekt der Finanzen für kleine und Kleinstunternehmen vorgenommen.“ Das Frankfurter Fintech automatisiert Finanzprozesse für kleine Unternehmen: Rechnungsein- und ausgang, Zahlungen, Banking und die Zusammenarbeit mit dem Steuerberater. „Wir verzichten zugunsten der Einfachheit darauf, komplexe Prozesse abzubilden“, sagt René. Der Gründer will einen nachhaltigen Mehrwert für seine Kunden schaffen: „Wir können im B2B-Bereich ein existenzielles Problem lösen. Für viele Kleinstunternehmer bedeutet es das Aus, wenn sie bei den Finanzen Fehler machen“. Er mag außerdem die Kontinuität und die Unabhängigkeit von B2C-Trends. „Als wir 2011 angefangen haben, gab es in dem Bereich viel Nachholbedarf, jetzt wird der Markt immer größer.“ fastbill.com

OPEN BANKING FÜR SPARER Die Open-Banking-Plattform Comonea ist das Herz des Hamburger Start­ ups Deposit Solutions: Banken können ihren Kunden über die Plattform Zugriff auf Sparprodukte verschiedener europäischer Banken geben, ohne dass die Kunden dort ein Konto eröffnen müssen. „Wir sind ein Infrastruktur-Dienstleister für Banken“, sagt Gründer Tim Sievers. Der Vertrieb an Banken ist ein guter Hebel: „Wir erreichen zum Beispiel allein über unsere Partnerschaft mit der Deutschen Bank acht Millionen Kunden“, sagt Tim. Der Vertrieb an die großen Organisationen wird außerdem leichter: „Früher mussten wir um jeden Termin kämpfen. Jetzt haben wir große Referenzkunden und die Banken haben Open Banking als wichtigen Trend erkannt. Das macht die Kommunikation einfacher.“ deposit-solutions.com

Business Angels Community Summit 23. / 24. August 2017 | Berlin

Fotos: Fastbill, Deposit Solutions, Fino

BAUSTEINE FÜR MEHR SERVICE Zehn Produkte in nur 18 Monaten – dieses Ergebnis hat Fino seit seiner Gründung erzielt. „Wir suchen Partner, um gemeinsam Projekte zu entwickeln, die für den Endkunden nützlich sind“, sagt Gründer Florian Christ. Das Erste Produkt war ein Kontowechsel-Service, es folgten Depotund Kreditkartenwechsel, gerade hat Fino einen digitalen Vertragscoach gelauncht. Die Produkte sind bei mehr als 200 Partnern im Einsatz. „Wir machen nichts, was man nicht in drei Monaten bauen kann“, sagt Florian. „Wir holen uns dann Feedback und verbessern die Services kontinuierlich.“ Diesen Output schafft das Startup mit einem Team von 50 Leuten und ohne Investorengelder. „Der Austausch mit unseren Partnern zeigt uns immer wieder neue Cases auf, die wir bedienen können“, erzählt der Gründer, „wir könnten problemlos noch drei Jahre lang jedes Quartal ein Produkt launchen.“ Er genießt es, die Expertise seines Unternehmens mit der seiner Partner zusammenzubringen: „Dieses Gemeinsame fehlt im B2C-Markt“. fino.digital

CONNECTING DIFFERENT GENERATIONS OF ANGEL INVESTORS Das BAND Event exklusiv adressiert an aktive Business Angels

Gastgeber 2017 gemeinsam mit BAND: Dr. Egbert Willam, Business Angel Köln | Berlin | Nagoya Details unter:

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A R B E I T S P L AT Z

SCHREIBTISCH VOM CHEF Chaos oder Ordnung? So arbeiten Gründer und Geschäftsführer von Startups

ROBERT SÜNDERHAUF Nu3, Gründer und Geschäftsführer

Jeden Morgen starte ich mit Ingwer-Pfefferminztee – nie mit Kaffee. Dann blocke ich 20 Minuten für die wichtigsten E-Mails. Bis 13 Uhr konzentriere ich mich auf komplexere Themen – getreu dem Motto: „Manage your energy, not your time.“ Nach dem Mittagessen – ohne werde ich unerträglich – kümmere ich mich um E-Mails und Meetings. Damit ich gut durch den Tag komme, sind viel Wasser, gesunde Snacks wie unsere Smart Nuts Riegel und frisches Obst superwichtig. Mein Schreibtisch ist meistens zu voll, zweckmäßig und nicht gemütlich. Warum? Ich verbringe meine Zeit lieber direkt im Gespräch mit Mitarbeitern und Freunden oder einfach draußen statt am Schreibtisch zu sitzen.

Lieblingsspie

lzeug aka Arb

eitsmiNel

Kommandoze ntrale Teeherrscha;

Tee-Rarität O olong, mindestens 5 Aufgüsse, mit Kyusu Ka nne zubereitet

Giraffenradie rgummi #biglove

Hat er selbst geschrieben, mit Moritz Wo t drauf st eh ist auch Tee t drin GastroKatalog

Hausgemacht er Eistee, leide r von gestern

PATRICK ULMER 5 Cups and some sugar, Gründer und CEO

Teemuster z um Verkosten

Ich mag diesen Platz, weil es den besten Tee der Stadt und die schrägsten Ideen zur gleichen Zeit gibt. Füße vom Che

f, bei 25 Grad

Unternehmerheld, Gründer und Geschäftsführer Ich mag Farbe und Ordnung. Okay, zugegeben – ganz so ordentlich wie auf dem Foto sieht es nicht immer aus. Aber das Wesentliche habe ich immer im Blick: ein Foto von unserem Unternehmerheld. PS: Wir sind zwar ein digitales Unternehmen, aber Post-its und Marker dürfen auf keinem CEO-Schreibtisch fehlen! 54 / berlinvalley.com

Fotos: nu3, 5 Cups and some sugar, Für-Gründer.de

RENÉ KLEIN


A R B E I T S P L AT Z

SIMON STAIB

Blogfoster, Gründer und CEO Ich denke, das Bild spricht für sich: Die Vision vom papierlosen Büro ist Realität geworden (zumindest heute), Kopfhörer, Wasser und Laufschuhe und die üblichen elektronischen Gadgets. Fragt sich nur, was der Stift da soll …

TILO BONOW

Foto: Blogfoster, Piabo

Piabo, Gründer und CEO

Für mich und meine Arbeit sind vor allem meine Technik-Gadgets wie Alexa, iPad oder iPhone essenziell. Außerdem halte ich mich durch aktuelle Branchen-Magazine immer auf dem Laufenden. Anstatt Kaffee trinke ich viel lieber grünen Tee.


A R B E I T S P L AT Z

Dreamcheaper, Gründer und Geschäftsführer Am allerliebsten arbeite ich dort, wo die Reisen unserer Kunden hingehen – das klappt nur leider nicht immer. Daher ist auf dem Bild die zweite Wahl zu sehen: Unser Meetingraum mit angrenzender Dach­ terrasse und Blick über Berlin.

Fotos: Dreamcheaper, LLS Internet GmbH, Koakult GmbH

LEIF PRITZEL

NORA HEER

Loopline Systems, Gründerin und Geschäftsführerin Ich bin davon überzeugt, dass es als Gründer wichtig ist, mitten im Gesehen zu sitzen. Deshalb sitze ich mit meinem Team zusammen. Mein Schreibtisch ist natürlich nicht immer so ordentlich wie auf dem Bild, aber Ordnung hilft mir beim Denken. Mein Handy liegt immer griffbereit neben mir. Meistens steht da auch eine Tasse Kaffee, damit ich frühmorgens schnell produktiv werde. Da ich versuche, trotz Stress so gut es geht auf meine Gesundheit zu achten, stehen da auch immer eine große Flasche Wasser und Obst. Für die dunklen und kalten Berliner Wintermonate habe ich eine Tageslichtlampe auf meinem Schreibtisch stehen. Für gute Laune und Konzentration sorgen meine Kopfhörer.

DANIEL DUARTE Ich sitze selten den ganzen Tag an meinem Schreibtisch, sondern bin eher in Meetings und in verschiedenen Abteilungen involviert. Auf meinem Schreibtisch liegen die neuen Etikettenentwürfe, Kakaoproben und auch die Buchhaltung nimmt einen großen Teil des Platzes ein. Durch die zahlreichen Messen und Events habe ich einen stolzen Stapel Visitenkarten angesammelt. Der Koawach-Drink ist mein Begleiter, wenn es schnell gehen muss. Morgens bleibt aber meist kurz Zeit, einen Koawach-Kakao anzurühren – am liebsten Pfefferminz. 56 / berlinvalley.com

Fotos: Lorem Ipsum

Koakult, Gründer


Foto: nebenan.de, Robert Lehmann, Katharina Waisburg, Generation Yes

A R B E I T S P L AT Z

CHRISTIAN VOLLMANN Nebenan.de, Gründer

Ich arbeite zu 80 Prozent im Stehen, daher der Stehtisch. Nebenan.de-Hoodie immer dabei. Außerdem: Brainfood (Walnusskerne) und Tavarlin Schoko-Mandeln (niedrig-glykämisch) für den kleinen Hunger zwischendurch, Lineavi (Soja-Drink), wenn ich mal wieder keine Zeit für ein richtiges Mittagessen habe.

ADRIENNE FISCHER Tinkerbots, CEO

Arbeiten ist bei Tinkerbots eng mit Spielen verknüpft. Wir haben Robotikbaukästen für Kinder entwickelt, die aus den einzelnen Komponenten ihre eigenen Kreationen schaffen können. Auf meinem Schreibtisch tummeln sich Top-Dog, Donnerguggi, Ente und Grabber und inspirieren mich bei meiner täglichen Arbeit.

MATTHIAS BERCHTOLD

Fotos: Lorem Ipsum

Generation Yes, Gründer und CEO

Wir testen Küchengeräte auf Herz und Nieren, dafür brauchen wir eine gute Küche. Kürzlich haben wir in einem Backsteingebäude in einem Hinterhof in Weißensee unsere Testküche bezogen. Hier wird gekocht, probiert und natürlich auch gefilmt. Auf dem Bild sieht man auch schon eine kleine Auswahl der Produkte, die wir bis dahin verkauft haben: die liebesapfelrote Kitchenaid Artisan, den Philips Airfryer und den Soupmaker.

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RÜCKZUG IM OPEN SPACE

designfunktion stellt bei einer Hausmesse innovative, ästhetisch beeindruckende Besprechungsboxen vor

designfunktion Berlin hat am 4. Mai 2017 mit einer Hausmesse eine Frage aufgegriffen, die sich in jedem offenen Bürokonzept von selbst stellt. Wie ist es möglich, sich spontan im kleinen Kreis zu besprechen – vertraulich und ohne andere zu stören? Mehr als 40 interessierte Besucher, vor allem Kunden und Architekten, nahmen die Gelegenheit wahr, die Lösungen einiger angesehener Hersteller von Schallschutzkabinen unter die Lupe zu nehmen. Die innovativen Rückzugsboxen bieten auf kleinstem Raum größte Aufenthaltsqualität. Das Thema brennt vielen Unternehmen unter den Nägeln. Bei bestem Wetter und in entspannter Atmosphäre konnten sich die Messegäste davon überzeugen, dass es attraktive Auswege aus dem Akustikdilemma offener Büros gibt. Die Vorteile des Open Space in modernen Arbeitswelten liegen auf der Hand: effiziente Flächenausnutzung und eine hohe Flexibilität, was die Arbeitsformen

angeht. Etwas Kreativität ist allerdings gefordert, wenn sich offene Büros und adäquate Rückzugsmöglichkeiten miteinander vertragen sollen. Vertrauliche Steh- und Sitzbesprechungen, konzentriertes Arbeiten, private Telefonate oder Pausengespräche – immer ist die akustische Trennung vom Rest des Raumes eine unumgängliche Forderung. Gleich mehrere Hersteller brachten inzwischen flexible Boxen auf den Markt, die in beliebig großen Räumen Inseln der Privatheit und Vertraulichkeit schaffen. designfunktion hat sich die überzeugendsten Modelle angesehen und stellt sie Ihnen im Folgenden vor. Überzeugend heißt bei designfunktion natürlich auch immer: ästhetisch beeindruckend gestaltet. Und das ist keine Äußerlichkeit. Denn Raumqualität und Aussehen sind entscheidend für die Frage, ob die Mitarbeiter das effiziente, funktionale Angebot der Besprechungsbox auch wirklich akzeptieren. Die hier vorgestellten Boxen jedenfalls werden selten leer stehen …

EIN DENKRAUM FÜR KREATIVE: THINK.TANK König + Neurath hat eine für ihr Design preisgekrönte Lösung im Programm: die Denk- und Kreativitätsoase THINK.TANK. Die THINK.TANKs nutzen das Wandsystem HORIZONTE, eine akustisch wirksame Decke stellt zusätzlich eine Belüftungsanlage bereit. Nüchterne Aluminiumprofile rahmen die gläsernen Wandbauteile und formen so ein stilvolles, schnörkelloses Objekt im Raum, das zu Rückzug und Konzentration einlädt. Frei kombinierbare, transparente und geschlossene Wandflächen lassen eine Vielzahl an Möglichkeiten zu, den Raum im Raum auch optisch zu separieren. Eine Schalldämmung bis zu 39 Dezibel schafft die gewünschte Vertraulichkeit für geschäftliche oder private Gespräche, die Dritte nichts angehen. Mit THINK.TANK steht der Besprechungsraum in Zukunft genau da, wo er am effizientesten ist, und nicht da, wo ihn der Architekt vor Jahren vorgesehen hatte. koenig-neurath.de

CARPET CONCEPT CAS ROOMS: DER STOFF, AUS DEM DIE RÄUME SIND Mit CAS Rooms legt Carpet Concept eine innovative Idee für die Raumabtrennung vor. Planer können mit Stoff bespannte, akustisch wirksame Wandelemente in flexibel anzuordnenden U-Profilen zu Räumen im Raum anordnen. Glaselemente und Türelemente lassen breiten gestalterischen Freiraum. Technikbänder an den Decken nehmen dezent die notwendigen LED-Leuchten und Lüftungskomponenten auf. Natürlich ist die technische Ausrüstung mit Decken­ elementen stilvoll zu verbergen. Ob offene Zonen oder geschlossene Boxen das Ziel sind, Planer können in jedem Fall die Module präzise nach dem gewünschten Grad der Separiertheit kombinieren. Hier finden Wohlfühlatmosphäre und Arbeitsambiente perfekt zueinander. carpetconcept.de

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LEICHT ZU MONTIERENDE KONFERENZRÄUME VON ORANGEBOX Orangebox aus Wales haben zwei unterschiedliche Raum-in-Raum-Lösungen im Programm. Airea und Air3 sind einfach zu installierende Schallschutzkabinen, die überall ausgesprochen ästhetische Raum-in-Raum-Lösungen ermöglichen. Wenige Stunden genügen, um Airea zu einem Konferenzraum zu montieren. Er ist schalldicht und zieht Wände ein, für die keine Genehmigung des Vermieters oder einer Baubehörde notwendig ist. Mit Air3 hat Orangebox das bewährte Programm an Kabinen nun noch erweitert. Der besondere Clou des Programms Air³ ist ein Dach, das sich öffnen lässt. Für ein hohes Maß an Sicherheit sorgt ein Brandschutzsystem, das Büros mit Berieselungsanlagen unterstützt. Beide Kabinensortimente sind einfach zu demontieren und in allen Teilen wiederzuverwenden. Dieses modulare System macht sie besonders flexibel im Einsatz. Es gibt Komponenten für eckige und gerundete Boxen, in vielen verschiedenen Größen und einer breiten Palette an Oberflächen und Farben. So kann der modulare Aufbau auch gleich noch für Abwechslung sorgen: Frische Farben bringen neue Akzente ins Büro. orangebox.com

FRAMERY O UND Q: GERAHMTE KABINEN FÜR UNGESTÖRTE ARBEIT Framery geht einen anderen beeindruckenden Weg: Optisch an Bilderrahmen erinnernd, heben die FRAMERY O und FRAMERY Q genannten Objekte einen Raumteil heraus und schirmen ihn akustisch ab. Das Modell O ist strikt für Telefonate von Einzelpersonen im Stehen konzipiert. Ein einzelner Mitarbeiter kann sich hier zurückziehen und von den anderen ungehört telefonieren oder an einer Videokonferenz teilnehmen. Die technische Ausstattung sieht Stromversorgung, LED-Beleuchtung und stete Frischluftzufuhr vor. Ein kleiner, formschöner Tisch nimmt den Laptop auf. FRAMERY Q ist der große Bruder des O. Mit Platz für zwei Personen erlaubt er kleine Meetings, Brainstormings oder persönliche Gespräche in einer akustisch isolierten, extrem effizient geschnittenen Kabine. Wer hätte gedacht, dass die Telefonzelle in schalldichter Designausführung eine Renaissance im Büro erlebt? frameryacoustics.com

Besuchen Sie uns gerne in unserem Schauraum in Kreuzberg und vereinbaren Sie einen Termin, falls Sie mehr über das Thema erfahren wollen. Lindenstraße 1, 10969 Berlin, 030 40033760-0 berlin@designfunktion.de

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RÜ B UR BO R IBKE S U C H

WELCOME CULTURE Eventbrite und Ticketscript sind zu einem Team verschmolzen

Kleine Runde: Hier finden die vielen Meetings statt.

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NAME: Eventbrite

GRÜNDUNG: 2006

GRÜNDER: Julia Hartz, Kevin Hartz, Renaud Visage

MITARBEITER: >500 weltweit

STANDORT: USA, UK, Argentinien, Australien, Deutschland, Irland, Niederlande, Belgien, Spanien

SERVICE: Ticketing- und Eventtechnologien eventbrite.com

Kollege wurde jemandem aus dem anderen Team zugeteilt. „Uns hilft das System sehr, uns schnell in das Eventbrite-System, das Produkt und die Kultur einzufinden“, sagt Friederike Krause. Sie war vor der Übernahme im Business Development bei Ticketscript und macht den gleichen Job jetzt für Eventbrite. „Die größte Herausforderung ist, sich an das neue Produkt zu gewöhnen“, sagt sie. Ticketscript hatte etwa 100 Mitarbeiter und fokussierte sich vor allem auf Musik-Events im europäischen Markt. Eventbrite kommt aus den USA und ist dort stärker als in Europa. Die Internationalität zeigt sich auch im Büro. Alle Meetingräume sind mit großen Screens für Videotelefonate ausgestattet, die häufig belegt sind. Das Startup hat eine starke Unternehmenskultur aufgebaut und achtet sehr darauf, dass die „Britelings“ auf der ganzen Welt die Werte kennen und teilen. Dafür gibt es Meetingformate wie das Hartz2Hearts, bei dem CEO Julia Hartz alle Fragen beantwortet – von „Wie war dein Urlaub“ bis zu Strategiefragen. In diese internationale Kultur findet sich das ehemalige Ticketscript-Team gerade ein. Das scheint gut zu funktionieren: „Die Eventbrite-Kultur ist definitiv eine Welcome Culture“, sagt Friederike. ak

Gebrandet: Das ehemalige Ticketscript-Büro wurde vollständig auf Eventbrite gestylt.

Fotos: Heike LoremNiemeier Ipsum

Zwölf neue Kollegen – und keinen davon hat man sich ausgesucht. Vor dieser Herausforderung standen die 13 Mitarbeiter des Berliner Event­ b riteTeams in April. Eventbrite hatte im Januar den Konkurrenten Ticketscript akquiriert und die beiden Teams zusammengelegt. „Wir haben riesiges Glück“, sagt Sandro Spieß von Eventbrite, „die neuen Kollegen und wir passen menschlich super zusammen.“ Das Büro ist großzügig geschnitten. Hat man es geschafft, den nur nach Einweisung zu nutzenden Lastenaufzug in den vierten Stock zu bedienen, gelangt man direkt in die Küche. Hier stehen gesunde Snacks, Obst und Getränke zur Verfügung. Das Team isst am großen Tisch oder steht für kurze Gespräche an der Bar zusammen. Freitags findet hier ab 16.30 Uhr die Happy Hour mit Bier und Wein statt. In einem Nebenraum ist Platz zum Kochen. Der Weg zur Bürofläche führt durch einen schmalen Gang. In diesem großen Raum sitzen die meisten Teammitglieder an ihren Tischgruppen zusammen. „Das ehemalige Ticketscript-Team hatte sein Büro vorher schon hier. Wir haben beim Zusammenziehen darauf geachtet, dass niemand mehr an seinem ursprünglichen Platz sitzt“, erzählt Sandro. Es gibt außerdem ein Buddy-System. Jeder


B Ü R O BREUSBURCI H K

Zusammenwachsem: Das Buddy-System hilft den Kollegen aus den zwei getrennten Teams, sich schnell zurechtzufinden.

Selbermachen: Viele Kollegen nutzen die Küche, um ihr Mittagessen im Büro zu kochen.

Immer dabei: Bürohund Marley

Griffbereit: gesunde Snacks für alle Mitarbeiter

Großraumbüro: Hier sitzen die Kollegen zusammen an ihren Team-Inseln.

Platz: Für größere Runden gibt es den großen Meetingraum.

Fotos: Lorem Ipsum

Hip: Das Büro liegt in einem Kreuzberger Hinterhof.

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EVENTS

MITTELPUNKT DER NERDE REPUBLICA Als Repräsentant des Sicherheitsanbieters Avast warnte der ehemalige Schachweltmeister Garri Kasparow vor den Manipulationsmöglichkeiten des Internets. Seiner Ansicht nach habe Moskau ein Interesse, die Bundestagswahl im Herbst zu beeinflussen und einen Wechsel herbeizuführen, sagte der russische Oppositionsaktivist.

„Love out Loud“ lautete das Motto der diesjährigen Republica, die im Wahljahr auch viele Politiker anzog. Entsprechend offensiv gab sich auch Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (l.): „Die Amerikaner haben das Internet, wir haben die Dinge“, sagte sie und forderte Startups auf, mit der etablierten Industrie zusammenzuarbeiten.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles präsentierte die Idee eines persönlichen Erwerbstätigenkontos als Alternative zu einem bedingungslosen Grundeinkommen. Dabei würde jeder mit dem 18. Lebensjahr ein Startguthaben – etwa 15.000 bis 20.000 Euro – erhalten, das für unterschiedliche Zwecke verwendet werden kann.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller betonte in seinem Grußwort den Wert freier und unabhängiger Medien. Dies seien Werte, „für die man immer wieder kämpfen, sich immer wieder engagieren muss“. Es sei eine Herausforderung, die technischen Möglichkeiten mit gesellschaftlichen Werten in Einklang zu halten.

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Am letzten Republica-­ Tag sprach sich Innenminster Thomas de Maizière für Regeln im Netz aus. Denn „wo die Digitalisierung auf der einen Seite Freiheiten schafft und Ungleichheiten einebnet, da beschränkt sie auf der anderen Seite Freiheiten und schafft neue Ungleichheiten“.


EVENTS

Mit der Republica und der Cube Tech Fair stand Berlin in der Woche vom 8. bis zum 12. Mai im Fokus der Tech- und Medienwelt. Die Höhepunkte im Überblick

CUBE TECH FAIR

Enlitic setzte sich im Finale der mit einer Million Dollar dotierten Cube Challenge durch. Das 2014 gegründete Digital-Health-Startup aus dem Silicon Valley bietet durch Machine Learning eine umfassende Datenerfassung im medizinischen Bereich. So können Ärzte jederzeit auf Patientenakten, Labortests und Bilder zugreifen.

Ethik-Debatte zum Thema Robotik mit Lisa Winter von Mattel (l.). Irgendwann werde aus der KI eine allgemeine künstliche Intelligenz, sagte sie und erklärte den Unterschied: „Einen Roboter mit KI kann man programmieren, eine Bank zu überfallen. Ein Roboter mit allgemeiner Intelligenz entschließt sich irgendwann selbst, eine Bank zu überfallen.“

Den Schlusspunkt setzte Apple-Mitgründer Steve Wozniak, der eigens für die Cube Tech Fair nach Berlin gereist war. Der Computeringenieur stärkte Gründern und jungen Unternehmen den Rücken: „Startups sind unsere Zukunft, da sie das Risiko auf sich nehmen, neue, unbekannte Wege zu beschreiten“, sagte der 67-Jährige.

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Fotos: re:publica/Jan Zappner, re:publica/Gregor Fischer, re:publica/Christian Ditsch, CUBE GmbH/Dennis Wartenberg/www.cube-global.com

Die Publizistin Miriam Meckel beschäftigte sich mit der Verschmelzung von Mensch und Technik und wie das Netz den menschlichen Geist erobert. Sie prophezeit: Ein produktives Mitglied der Gesellschaft kann nur derjenige sein, der genug Geld hat, um sich die Selbstoptimierung leisten zu können.

Die US-Schauspielerin Robin Wright diskutierte auf der Cube Tech Fair mit dem Ex-Bild-Chefredakteur Kai Diekmann über Konfliktmineralien. „Die meisten Verbraucher wissen nichts über den Zusammenhang zwischen dem Bürgerkrieg im Ost-Kongo, bei dem sechs Millionen Menschen starben, und unserem Konsum“, sagte Wright.


EVENTS

KALENDER

Wichtige Events und Konferenzen für Gründer und Startups im Überblick

Die Norddeutsche Startup-Szene trifft sich zum fünften Mal, um Inspiration und Wissen zu teilen und sich zu vernetzen.

22.–23.06. | BERLIN | TEMPODROM NOAH

CEOs, Entscheider und Investoren sprechen im Rahmen von Vorträgen und bei privaten Netzwerk-Gesprächen über aktuelle Konzepte.

Alle Event-Details, NewsletterAnmeldung und mehr:

STARTUP-CALENDAR.COM

23.06. | BERLIN | HUXLEYS NEUE WELT OMLIVE

29.06. | BERLIN | KALKSCHEUNE DIGITAL AVIATION CONFERENCE

23.–25.06. | BIEL | SWITZERLAND INNOVATION PARK STARTUP WEEKEND BIEL

29.06. | BERLIN | WISTA MANAGEMENT INDUSTRY MATCHING DAY

20.06. | BERLIN | MALZFABRIK HEUREKA

28.–29.06. | AMSTERDAM | POSTILLION MACHINE INTELLIGENCE SUMMIT

29.–30.06. | BERLIN | NHOW HOTEL HORIZONT DIGITAL MARKETING DAYS

21.06. | BERLIN | JÜDISCHES MUSEUM DEUTSCHER EIGENKAPITALTAG

29.06. | HAMBURG | KEHRWIEDER THEATER PLAY SUMMIT

29.06–01.07. | BERLIN | VERSCHIEDENE ORTE STARTUP JOBS FAIR

21.06. | BERLIN | DB MINDBOX BEYOND1435

29.06. | BERLIN | KOSMOS INNOVATION SUMMIT

30.06. | BERLIN | EUREF-CAMPUS MOBLTCAMP

Die neue Online-Marketing-Konferenz lädt mit 16 Vorträgen und einer Aftershow-Party Marketing-Affine ein.

Bist Du bereit, aus einer Idee mit einem Team ein Business zu entwickeln? Beim Startup Weekend triffst Du Gleichgesinnte und ihr könnt loslegen.

Die Heureka-Konferenz verbindet Interessierte der Digitalwirtschaft und bietet bestehenden und neuen aufsteigenden Sternen der Startup-Welt eine Bühne.

Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Medien geben Ein- und Ausblicke in die Branche und zeigen Trends des Beteiligungsmarktes.

Möchtest Du in einem Startup arbeiten? Bei der Job Fair erfährst Du, welche freien Positionen es bei den Startups der DB Mindbox gibt.

Zusammen mit dem Machine Intelligence In Autonomous Vehicles Summit geht es um maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz.

Der Play Summit zeigt das gesamte Spektrum von Video-Marketing in klassischen und digitalen Umfeldern in Vorträgen, Cases und Diskussionen.

Auf dem von The Economist veranstalteten Event wollen Redakteure, Entscheider, Gründer und Denker gemeinsam digitale Strategien entdecken.

Mehr als 100 Teilnehmer aus allen Bereichen der Luftfahrt diskutieren die Digitalherausforderungen der Luftfahrt-Branche.

Startups mit Fokus auf Verarbeitung und Herstellung stellen sich vor und zeigen, warum es sich lohnt, in Berlin ansässig zu sein.

Der Trend-Check für die Digitalbranche bietet Orientierung im Digitalmarketing-Dschungel und hinterfragt die aktuellen Buzzwords.

Die Events bei Pirates, Barmer und House of Weekend bieten Arbeitssuchenden und Startups die Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen.

Auf dem Barcamp diskutieren Entscheidungsträger, Querdenker und Visionäre über die Themen Mobilität und Technologie.

22.06. | BERLIN | KALKSCHEUNE DIGITAL RETAIL CONFERENCE

01.07. | SEEHEIM-JUGENHEIM | LUFTHANSA SEEHEIM WIRTSCHAFTSGIPFEL DEUTSCHLAND 2017

22.–23.06. | BERLIN | ESTREL CONGRESS CENTER K5 CONFERENCE

11.–14.07. | BERLIN | VERSCHIEDENE ORTE TOA

Mehr als 100 Entscheider aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik diskutieren über die Zukunftsfragen des digitalen Handels.

Auf dem Wirtschaftsgipfel stehen Fragen wie aktive Veränderung und die Rolle von Politik und Wirtschaft im Mittelpunkt.

Auf der Strategie- und Wachstumskonferenz sind alle willkommen, die Antworten auf das Wie, Was und Wer des Handels von morgen wollen.

Im Mittelpunkt der Berliner „Unkonferenz“ stehen Inspirationen, Networking sowie der intensive Wissensaustausch der Besucher.

Fotos: Chris Marxen, K5

17.06. | HANNOVER | KULTURZENTRUM GRÜNDEN HEUTE

DER STARTUP-CRASHKURS FÜR CORPORATES

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L’OREAL VIESSMANN PROSIEBENSAT1 WÜRTH ARVATO BOSCH ROCKET INTERNET U.V.A.

NKF SUMMIT VOL. 2 8. SEPTEMBER 2017 RADIALSYSTEM V BERLIN NKF-SUMMIT.COM

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IN DER NÄCHSTEN AUSGABE HAPPINESS OFFICER Der Bürohund sorgt für gute Stimmung

IMPRESSUM

JOHN COLLISON Der Stripe-Gründer über Wege zum Erfolg

CHEFREDAKTEURIN (V. I. S. D. P.) Corinna Visser (vis; cv@berlinvalley.com) HERAUSGEBER Jan Thomas (jt; jt@berlinvalley.com) ANSPRECHPARTNER ANZEIGEN Sebastian Schäfer (sch@berlinvalley.com) Lars Hügemeier (lh@nkf.media), Markus Kreth (mk@nkf.media) CHEFIN VOM DIENST Julia Meusel (jm) MANAGING EDITOR Christoph Strobel (cs) REDAKTION Anna-Lena Kümpel (ak), Jan Thomas (jt), Maximilian von Harsdorf (mvh) STÄNDIGE MITARBEITER Antonio Maiocchi, Pavel Romanenko CREATIVE SUPERVISION Balázs Tarsoly (balazs.tarsoly@operationbutterfly.com) CREATIVE DIRECTOR Kristina Kahlert (kristina.kahlert@operationbutterfly.com) PRODUKTIONSLEITER Johnnie Clapper (johnnie.clapper@operationbutterfly.com) FOTOGRAFEN Gregor Fischer/Raum11, Jan Michalko/Raum11, Heike Niemeier, Jan Zappner/Raum11 DRUCK Möller Druck und Verlag GmbH, Zeppelinstraße 6, 16356 Ahrensfelde OT Blumberg PAPIER glzd. gestr. aufgebessert LWC, 70 g/m² SZO AUFLAGE 20.000 Exemplare Berlin Valley erscheint monatlich und kostenlos in der NKF Media GmbH, Gustav-Meyer-Allee 25, 13355 Berlin, Telefon: 030 46777251, nkf.media

DIGITAL COMMERCE Unsere Sonderausgabe über Startups, die den Handel revolutionieren

ERSCHEINT AM: 3. AUGUST

Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die in diesem Magazin enthaltenen Angaben werden nach bestem Wissen erstellt und mit großer Sorgfalt auf ihre Richtigkeit überprüft. Trotzdem sind inhaltliche und sachliche Fehler nicht vollständig auszuschließen. NKF Media GmbH übernimmt keinerlei Garantie und Haftung für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen. Alle Angaben sind ohne Gewähr.

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