Berlin Valley 24 August 2017

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NUMMER 24 – KOSTENLOS

ER WILL WISSEN

ZKZ 89109

Quora-Gründer Adam D’Angelo kämpft um den Platz neben Google STRIPE

FUSSBALL

TRIVAGO

So baut man erfolgreiche Startups: John Collison im Interview

Diese Startups wollen im Milliardengeschäft der Liga mitspielen

Rolf Schrömgens erklärt, wie er mit Investoren umspringt

BERLINVALLEY.COM



EDITORIAL

NENAD MAROVAC ist Gründer und CEO von DN Capital und steuert die globalen Aktivitäten des VCs von London aus. Er ist überzeugt, dass Deutschland nur einen starken Startup-Hub braucht: Berlin. Seite 46

SUSANNE KREHL

Cover: Amélie Losier; Fotos: Saskia Uppenkamp, Dirk Kreuter/Bestseller Verlag, Cash payment Solutions, DN Capital

ist Managing Director Austria and Switzerland bei Barzahlen. Sie wünscht sich für die nächste Legislatur harmonische Regulierung auf EU-Ebene als Grundlage für ein europäisches Startup-Ökosystem. Seite 22

DIRK KREUTER gehört zu den erfolgreichsten Verkaufstrainern in Deutschland. Er empfiehlt Gründern, ein funktionierendes Vertriebssystem aufzubauen, statt sich auf talentierte Verkäufer zu verlassen. Seite 56

DAS WOLLEN WIR ÄNDERN Liebe Leserin, lieber Leser, das Gute am verregneten Sommer ist, dass man kein schlechtes Gewissen hat, wenn man den ganzen Tag bei der Arbeit im Büro sitzt. Die Veranstalter der großen Events haben sich darüber zwar sicher weniger gefreut. Dennoch waren die beiden Großereignisse Noah und Toa auch in diesem Jahr gut besucht – und das aus guten Gründen. Beide Events hatten großartige Speaker auf dem Programm. Das haben wir genutzt, um vor allem mit den Gründern zu sprechen, die normalerweise nicht in Berlin anzutreffen sind. Adam D’Angelo von Quora erklärt im Interview, warum Wikipedia und Google keine Konkurrenz für die von ihm gegründete Frage- und Antwort-Plattform sind. Und John Collison von Stripe berichtet, wie es ihm gelungen ist, bereits die zweite erfolgreiche Organisation aufzubauen, und warum sein Unternehmen mehr ist als ein Payment-Anbieter. Stripe hat sich nicht weniger vorgenommen, als das Bruttosozialprodukt des Internets zu steigern, indem es Unternehmen dabei helfen will, ihre Geschäfte ins Netz zu bringen. Beide US-Unternehmen haben gerade ihren Launch in Deutschland gehabt. Auch Rolf Schrömgens von der Hotelsuchmaschine Trivago hat zum Thema erfolgreicher Unternehmensaufbau einige Tipps parat. Interessant ist, dass gleich mehrere Gründer überzeugt sind, dass man sich als Unternehmer nicht gerade Steve Jobs als Vorbild nehmen sollte.

Noch ist der Wahlkampf nicht in vollem Gange, aber wir haben uns schon einmal umgehört, was Gründer und CEOs von der kommenden Bundesregierung erwarten. Die erste Reaktion ist meistens: Die Politik sollte sich lieber heraushalten. Dennoch finden wir, dass die Bundestagswahl ein Anlass sein sollte, über die Rahmenbedingungen hierzulande zu diskutieren. Was muss verändert werden, damit mehr Technologieunternehmen nicht nur hier gegründet werden, sondern auch auf Dauer ein attraktives Umfeld finden, das ihnen ermöglicht zu wachsen und international erfolgreich zu sein. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir diese Themen mit euch online weiter diskutieren können. Ob Startups erfolgreich skalieren können, hängt nicht nur davon ab, ob Team und Produkt gut sind, sondern auch vom Erfolg am Markt. Wir haben nachgefragt, was erfolgreiche Verkäufer auszeichnet, wie man sie erkennt und für sich gewinnt – nachzulesen in unserem Special über das Sales-Recruiting. Ein anderer Erfolgsbooster kann auch die Kooperation mit etablierten Unternehmen sein. Wer sich dazu informieren will, den legen wir unseren NKF Summit Vol. 2 ans Herz, der am 8. September in Berlin stattfindet. Mehr Infos dazu im Magazin. Weitere spannende Themen: Startups, die die Welt der Versicherungen und auch des Fußballs revolutionieren. Viel Freude beim Lesen wünscht

Corinna Visser

VIELEN DANK! OHNE DIE UNTERSTÜTZUNG UNSERER SPONSOREN WÄRE DIESES KOSTENLOSE MAGAZIN NICHT REALISIERBAR. DAFÜR GANZ HERZLICHEN DANK AN:

Unser Cover: Wir haben Adam D‘Angelo, den Gründer von Quora, auf dem Tech Open Air getroffen. Das Foto machte Amélie Losier.

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„WIR MACHEN IMMER NOCH UNSER DING“ Gründer Rolf Schrömgens hat sein Unternehmen Trivago an die US-Börse Nasdaq gebracht. Im Interview erzählt er, was der Börsengang für ihn bedeutet und warum seine Investoren nicht erwarten dürfen, dass er sich nach ihnen richtet.

32  EINE BRANCHE IM AUFBRUCH Die ersten Insurtechs bekommen ihre Lizenz, zwölf deutsche Konzerne haben gerade einen Insurtech-Hub gegründet, die Investitionen haben sich verdoppelt: Die Insurtech-Szene startet durch.

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DIE ONLINE-WIRTSCHAFT VORANBRINGEN John Collison ist der jüngste Selfmade-Milliardär. Im Interview erzählt der Stripe-Gründer, was er in seinem ersten Startup gelernt hat und was wichtig ist, wenn man eine nachhaltige Organisation aufbauen will.

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FUSSBALL Die Digitalisierung macht auch vor dem Stadion nicht halt – und viele ehemalige Fußballprofis entdecken Startups als Investitionsmöglichkeit.

HAPPINESS-OFFICER Bürohunde sind lustig, sorgen für gute Stimmung und sollen das Burnout-Risiko senken. Wir stellen einige vor: Leo (rechts) arbeitet als Wachhund bei Campanda und zwingt auch die härtesten Typen zu Lächeln

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INHALT 12 Wir sind die Neuen: Startups im Kurzporträt 15 Festival: Das war die Toa 2017 16 Gründer Adam D’Angelo hat sich Großes vorgenommen: „Das Ziel von Quora ist es, dass Menschen die Welt besser verstehen“

FAST FORWARD

20 Trivago-Gründer und CEO Rolf Schrömgens: „Wir wollten keine Investoren, die uns sagen, was wir zu tun haben“ 22 Wahl 2017: Das wünschen sich Gründer von der neuen Regierung 26 Elevator Pitch: Startups müssen sich beweisen 28 Auf dem Grill: Investoren bewerten Startups 32–38 Insurtech: Die neue Welt der Versicherungen 34 Der Insurtech-Enabler: Wolff Graulich von Element im Interview 36 Eine anderes Erlebnis: Insurtechs kreieren eine neue Kundenerfahrung 38 „AI hat Tonnen an Potenzial“ – Insurtech-VC-Gründer Mehrdad Piroozram 41 Klassentreffen: Das war die Noah 2017

Fotos: Amelie Losier, Insurtech Hub München, Sporttotal.tv, Campanda, Patrick Morarescu

42 „Unsere Mission ist es, die Online-Wirtschaft voranzubringen“, sagt Stripe-Gründer John Collison im Interview

IFA NEXT vereint Forschung, Industrie, Jungunternehmer und Handel – für einen dynamischen Transfer von Wissen, Information und Geschäftsideen. Erleben Sie die Zukunft von Technik, Wirtschaft und Lifestyle. Erfahren Sie mehr über modernste Technologien.

46 Nenad Marovac von DN Capital: „Wenn ich viel Zeit investieren muss, heißt das, ich habe den falschen Entrepreneur ausgewählt“ 48 Hackathon im Stadion: Wie Startups den Fußball digitalisieren 52 Lieblingstools: So ist Moritz Kreppel von Urban Sports Club produktiv 54 Vertrieb für Startups: Eine Frage des Überlebens 55 „Startups beschäftigen sich zu spät mit dem Vertrieb“, findet Vertriebs-Recruiter Christopher Funk

NEU in Halle 26!

56 „Wer schreibt, der bleibt“: Verkaufstrainer Dirk Kreuter im Gespräch 62 Happiness-Officer: Das sind die coolen Bürohunde der Startup-Szene 66 Ab durch Mitte: Potenzielle Investoren auf Startup-Tour in Berlin 68 Geräumig: So arbeitet Navvis in München 72–74 Events, Kalender und Impressum

1.–6. SEPTEMBER 2017 MESSEGELÄNDE BERLIN IFA NEXT Innovation Engine u.a. mit: Künstliche Intelligenz: Amazon Alexa – Wie Spracherkennung und intelligente Algorithmen die Zukunft gestalten

IoT: Conrad Connect – Die Herausforderung, ein IoT-Ökosystem zu bauen. La French Tech – Wie Konnektivität die Mobilität neu erfindet

Robotik: Ubtech - Roboter jenseits der Vorstellungskraft

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MELDUNGEN

Ein Heim für die Social Community: In Willow Campus entstehen Wohnungen, Hotels, Erholungs- und Einkaufsmöglichkeiten für die Facebook-Mitarbeiter und andere Bewohner von Menlo Park.

FACEBOOKS MIETPREISBREMSE Das Unternehmen plant mit Willow Campus ein eigenes Dorf mit bezahlbarem Wohnraum 1500 Wohnungen, Hotels, Büros und ein Supermarkt: Das sind die Eckdaten für den 22 Hektar großen Willow Campus, den Facebook in der kalifornischen Stadt Menlo Park errichten will. Das Projekt ist bereits in der Planungsphase und soll innerhalb von zehn Jahren fertig sein. Facebook reagiert mit dem Campus auf die steigenden Lebenshaltungskosten in der Stadt – und damit auf ein hausgemachtes Problem. Musste das Unternehmen bis vor zwei Jahren seinen Mitarbeitern noch einen Bonus von 10.000 Dollar zahlen, um sie in die Nähe der Firmenzentrale zu locken, ist die Attraktivität des Standorts mit dem Unternehmenserfolg quasi von selbst gewachsen. Die Mietpreise haben sich seit der Ansiedlung von Facebook 2011 verdreifacht.

Fotos: OMA/Facebook, HeartBeatLabs GmbH, Auto1

MEGA-DEALS FÜR DEUTSCHLANDS STARTUPS Mit einem Investitionsvolumen von knapp 1,5 Milliar­ den Euro haben die Berliner Startups im ersten Halbjahr 2017 fast dreimal so viel wie im Vorjahres­ zeitraum eingenommen. Das entspricht laut EY Start-up-Barometer 68 Prozent des gesamten Investi­ tionsvolumens in Deutschland. Dahinter folgen Bayern (213 Millionen Euro) und Hamburg (178 Millionen Euro). Ausschlaggebend für den Erfolg waren vor allem zwei Mega-Deals: Mitte Mai hatte Delivery Hero vom südafrikanischen Investor Naspers 387 Millionen Euro erhalten, kurz darauf verkündete Auto1 (Bild) eine 360 Millionen Euro starke Finanzspritze von verschiedenen Investoren. ey.com

Viele der rund 33.000 Einwohner können sich die Wohnungen nicht mehr leisten. Im Silicon Valley zu leben ist mittlerweile teurer als in New York. Den Krankenhäusern und Schulen von Palo Altos Nachbarort geht bereits das Personal aus. Deshalb will Facebook im Willow Campus nicht nur bezahlbaren Wohnraum für die eigenen Mitarbeiter schaffen, sondern 15 Prozent der Wohnungen auch gezielt unter dem Marktwert für andere Bewohner von Menlo Park anbieten. Nach den derzeitigen Plänen soll der erste Bauabschnitt bereits 2021 abgeschlossen sein. Die Architektur von Willow Campus hat das Unternehmen zusammen mit dem New Yorker Designbüro OMA entwickelt. Weitere Simulationen und ein Video findet ihr auf: newsroom.fb.com

„SOUNDCLOUD GEHT NICHT. NICHT IN 50 TAGEN, 80 TAGEN ODER SONST WANN IN ABSEHBARER ZUKUNFT. EURE MUSIK IST SICHER“ ALEX LJUNG, Soundcloud-Gründer, kommentiert auf dem Firmenblog die angeblichen Probleme bei dem Musikstreaming-Dienst. blog.soundcloud.com

HITFOX GROUP STEIGT IN DIE GESUNDHEIT EIN Lange Wartezeiten, mangelnde Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsdienstleistern und hoher Kostendruck – die medizinische Versorgung könnte in Deutschland besser sein. Die Digitalisierung soll für mehr Effizienz und schnellere Diagnosen sorgen. Darauf reagiert nun die Hitfox Group mit dem Start von Heartbeat Labs, einem vertikalen Company Builder. Ziel ist es, jährlich drei bis fünf Unternehmen im Bereich digitale Gesundheit zu gründen. Zukünftig sollen Patienten zum Beispiel Medikamente online bestellen und Ärzte Patienteninformationen schneller und sicherer untereinander austauschen können. heartbeatlabs.com

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MELDUNGEN

Auftritt des Monats

HIN UND WEG Wer kommt? Wer geht? Wer hat was erreicht? Diese Personalien bestimmen die Startup-Szene

Entertainer Stefan Raab wird Keynote bei Bits & Pretzels halten

Entertainer und Moderator Stefan Raab wird auf der kommenden Bits & Pretzels (24. bis 26. September in München), dem nach eigenen Angaben größten Gründerfestival Deutschlands, die Eröffnungsrede halten. 2015 hatte sich der Erfinder zahlreicher TV-Shows wie „Schlag den Raab“ und der „Wok-WM“ vom Fernsehgeschäft zurückgezogen. Seine öffentlichen Auftritte wurden selten. Nun das Comeback, das Raab auch zur Bewerbung seines neu vorgestellten Show-Formats nutzen dürfte. „Das Ding des Jahres“ lässt Erfinder, Entwickler und Gründer mit ihren Ideen gegeneinander antreten und wird Anfang 2018 auf Prosieben ausgestrahlt. Einige werden sich erinnern: Raab selbst hatte einen Duschkopf erfunden, der Kopf und Haare trocken lässt. bitsandpretzels.com

ANLAUFSTELLE FÜR EXPERTEN

Aus aller Welt kommen Fachkräfte und Unternehmen in die Hauptstadt, um hier Fuß zu fassen. Mit dem Zuzug kommen aber auch viele Fragen auf, unter anderem zum Aufenthaltsrecht, zu Firmengründungen, Business­p länen oder Arbeitserlaubnissen. Dabei hilft der Business Immigration Service (BSI), der nun seit Mitte Juli 2017 eine neue zentrale Anlaufstelle hat: in der sechsten Etage im Ludwig-Erhard-Haus. Dort ist auch das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf vertreten. businesslocationcenter.com

GOOGLE ERÖFFNET ZUKUNFTSWERKSTATT

Google hat in München die erste Zukunftswerkstatt in Deutschland eröffnet. In der Einrichtung sollen digitale Trainingscamps besonders für Schulen und Universitäten, aber auch Unternehmen und Vereine stattfinden. Bis 2018 sollen auch in Berlin und Hamburg Zukunftswerkstätten entstehen. Google will durch sein Engagement gegen den Fachkräftemangel im IT-Sektor ankämpfen. Dazu passt, dass der Konzern selbst seine Belegschaft am Standort München in naher Zukunft erweitern will. google.com

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CODE UNIVERSITY ERHÄLT ZULASSUNG

Das Land Berlin hat durch die Senats­ kanzlei Wissenschaft und Forschung der Code University of Applied Sciences die staatliche Anerkennung als Fachhochschule erteilt. Im Oktober nimmt die Code erstmals den Betrieb auf und startet mit rund 75 Studierenden in das erste Semester im Gebäude der neuen Factory in Treptow. Die Code ist eine private Fachhochschule für digitale Produktentwicklung mit Bachelor-Studiengängen in Software Engineering, Interaction Design und Product Management. code.berlin

NAGA DROHT ÄRGER VON BÖRSENAUFSICHT

Der fulminante Börsengang des Hamburger Fintech-Unternehmens Naga Group hat die Finanzaufsichtsbehörde auf den Plan gerufen. „Die Bafin führt nun eine routinemäßige Analyse auf Marktmissbrauch und Insiderhandel durch“, sagte eine Börsen-Sprecherin dem Handelsblatt. Naga war Mitte Juli am Börsensegment Scale gestartet und hatte in den ersten Tagen ein enormes Plus verzeichnet – um dann rapide abzustürzen. Das Unternehmen sagte zu, die Untersuchungen zu unterstützen. thenagagroup.com

GILBERT DIETRICH GEHT ZU APERTO

ROWAN BARNETT WIRD GOOGLES STARTUP-CHEF

LENNART WITTGEN STEIGT BEI KOLLE REBBE AUF

Die Kiwiki-Mitgründer Claudia ­N agel (2. v. l.) und Christian Bogatu (2. v. r.) sind auf dem Tag der Immobilienwirtschaft als „Köpfe der Immobilienwirtschaft 2017“ geehrt worden. Das Startup stellt schlüssellose, elektronische Türöffnungssysteme her. kiwi.ki

Rowan Barnett arbeitet künftig für die deutsche Dependance von Google. Der 35-Jährige wird Head of Google for Entrepreneurs Germany. Barnett hatte zuvor mehr als vier Jahre die Präsenz von Twitter im deutschsprachigen Raum aufgebaut. google.com

Der Berliner Kommunikationsdienstleister Aperto hat den neu geschaffenen Posten des Executive Directors im People-Team mit Gilbert Dietrich besetzt. Der war zuvor in ähnlicher Funktion für die Musikstreaming-Plattform Soundcloud tätig. aperto.com

Lennart Wittgen rückt bei der Hamburger Agentur Kolle Rebbe in die Geschäftsführung auf. Der 35-Jährige leitete zuletzt fast drei Jahre ein Kreativteam. Künftig wird er neben Andreas Winter-­ Buerke die Ausrichtung der Agentur mitgestalten. kolle-rebbe.de

PSSST! Noch nicht spruchreif

MILLIONEN-BONUS NACH ÜBERNAHME Gleich zwei Gerüchte ranken sich um die Übernahme des Wiener Startups Mysugr. 200 Millionen Euro soll Roche bezahlt haben. Genug Geld jedenfalls, dass die Mitarbeiter einen Bonus in Höhe von einer Million Euro erhalten haben sollen. Schweigen und genießen. mysugr.com

INTELLIGENTER LAUTSPRECHER VON FACEBOOK? Angeblich soll auch die Social-Media-Plattform neben Samsung an einem solchen Dauerlauscher arbeiten. Das berichtet Digitimes unter Berufung auf Quellen aus der ­asiatischen Zulieferindustrie. Ob das Segment sich eta­blieren wird, bleibt abzuwarten. digitimes.com

Fotos: Kiwi.ki, Rowan Barnett/Linkedin, Gilbert Dietrich/Linkedin, Kolle Rebbe, Bits & Pretzels

ZURÜCK AUF DER BÜHNE

KIWI-GRÜNDER SAHNEN ­IMMOBILIENPREIS AB


MELDUNGEN

DIE IFA BESINNT SICH AUF IHRE WURZELN

„Innovation ist unsere DNA“, sagen die Veranstalter und schaffen mit IFA Next einen neuen Rahmen für Gründer

Foto: IFA

Das Konzept der klassischen Messe ist in Frage gestellt. „Unternehmen sind heute viel weniger auf die Hoheit einer globalen Messe angewiesen, sondern inszenieren sich und ihre Produkte auf eigenen Plattformen und in eigenen Formaten“, schreibt Capnamic-Partner Olaf Jacobi in Berlin Valley. Diese Erkenntnis zwingt die Veranstalter der Traditionsmessen umzudenken. Während die Cebit sich im kommenden Jahr im Sommer als „Innovationsfestival für Digitalfans“ inszenieren will, kann die Internationale Funkausstellung ihre Neuerfindung bereits in wenigen Wochen der Techwelt präsentieren. KONZENTRATION AUF INNOVATION Vom 1. bis zum 6. September wird es erstmals eine größere Bühne für Innovationen geben. Startups, Forschungslabore, Universitäten und Unternehmen bilden gemeinsam IFA Next, in Weiterentwicklung des bisherigen Innovationsformats IFA Tecwatch. Zentraler Ort ist Halle 26, die sich nach der Vorstellung der Veranstalter in einen „einmaligen Innovation-Hub verwandeln“ soll. Um die Konzentration auf das ursprüngliche Thema („DNA“) der IFA zu unterstreichen, werden auch

die Keynotes, Partnerkonferenzen und andere IFASchwerpunkte in dem neuen Umfeld stattfinden. Ist das der Schlüssel, um ein Ausrufezeichen gegen moderne Konferenzen wie die Noah, OMR, TC Disrupt, Bits & Pretzels oder DLD zu setzen? „Erfolgreiche Veranstaltungen von morgen müssen es über die Messehallen hinaus schaffen und Öffentlichkeit herstellen“, sagt Jacobi. EINE BÜHNE IN DER MITTE Unterstützung kommt auch in diesem Jahr wieder vom Bundesverband Deutsche Startups als offizieller Partner und Organisator der IFA Startup Days. In diesem Jahr zeigen an jedem der sechs Thementage 20 junge Gründer aus jeweils einer Branche – IoT, Smart Home, Virtual Reality, Digital Health, Future Mobility –, wohin die technologische Reise in die Zukunft geht. Ergänzend bestreiten die Startups an jedem Nachmittag ein passendes Themenprogramm in der sogenannten IFA Next Innovation Engine. Auf der Bühne im Zentrum der Halle pitchen die jungen Unternehmen vor IFABesuchern, Journalisten, Experten, Entscheidern aus Industrie und Handel und vor potenziellen Investoren. ifa-berlin.com

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Zukunft des Reisens

REIN UND RAUS Wer bekommt wie viel? Wer übernimmt wen? Finanzierungen und Exits

ROHR FREI FÜR WARR

Die Münchner Hyperloop-Entwickler reisen mit neuem Pod zur Titelverteidigung Von Berlin nach München in 30 Minuten – dieser Reisetraum der Zukunft nimmt Form an. Das Hochgeschwindigkeitstransportsystem Hyperloop will zukünftig Flugverbindungen und anderen Verkehrstechnologien Konkurrenz machen. Hinter Hyperloop steht das vom Tesla-Gründer Elon Musk geführte Unternehmen Spacex. Im August sollen erweiterte Prototypen verschiedener Entwicklerteams auf einer Teststrecke in Los Angeles gegeneinander antreten. Mit dabei ist auch das Team Warr der TU München, die mit ihrem Pod bei einem ersten Lauf der von Spacex organisierten Hyperloop-Challenge im Januar als einzige bis ans Ende des Testtunnels kamen. Die nun präsentierte überarbeitete Kapsel soll bei einem Gewicht von 70 Kilogramm eine Höchstgeschwindigkeit von 350 Kilometer pro Stunde erreichen. Später einmal sind mit Hyperloop Reisegeschwindigkeiten von bis zu 1125 Kilometer pro Stunde geplant. Mitte August reist das 30-köpfige Team nach Kalifornien. hyperloop.warr.de

50 MILLIONEN DOLLAR FÜR NEWSTORE Nach einer 38-Millionen-Dollar-Runde im vergangenen Jahr erhält das Shop-System Newstore erneut frisches Kapital: 50 Millionen Dollar konnte das Startup in einer B-Serie von Activant Capital, Altinvestor General Catalyst und Firmengründer Stephan Schambach einsammeln. Erster europäischer Kunde ist nach Unternehmensangaben Adidas. newstore.com

HABT IHR SPANNENDE NEUIGKEITEN? SCHREIBT UNS: news@berlinvalley.com FINLEAP SICHERT SICH 39 MILLIONEN EURO Der Company Builder Finleap aus Berlin konnte 39 Millionen Euro einsammeln. Investiert haben unter anderem der Versicherer Hannover Rück, die deutsche Versicherungsgesellschaft Signal Iduna, die SBI-Gruppe aus Japan und die niederländische NIBC Bank. Finleap wolle mithilfe der internationalen Geldgeber weiter expandieren. finleap.com

SAMSUNG NEXT STARTET IN BERLIN

ERFOLGREICHER IPO FÜR DELIVERY HERO

Dem für Marken wie Lieferheld, Foodora oder P ­izza.de bekannten Essenslieferdienst gelang am 30. Juni der hierzulande bisher größte Börsengang des Jahres. Der erste Kurs lag bei 26,90 Euro und damit deutlich über dem Ausgabepreis von 25,50 Euro. Beim Börsengang sammelte das Berliner Unternehmen knapp eine Milliarde Euro von den Anlegern ein. deliveryhero.com

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VERWELKT: BLOOMY DAYS MELDET INSOLVENZ AN

Gerade hatte das Startup noch sein Geschäftsmodell erweitert, jetzt meldet der Berliner Blumenlieferdienst Bloomy Days Insolvenz an. Der Grund ist laut Gründerin Franziska von Hardenberg eine kurzfristig geplatzte Finanzierungsrunde. Eigentlich wollte das Startup zukünftig stärker auf Geschäftskunden setzen, die für größere Aufträge sorgen und regelmäßiger bestellen. Bloomy Days wollte beispielsweise für seine Firmenkunden Geschenke an deren Geschäftspartner senden. Das sei „ein sehr trauriger Tag“. Man kämpfe nun dafür, die Arbeitsplätze zu sichern und weiterhin Blumen liefern zu können, kündigte von Hardenberg an. Doch nun ist der vorläufige Insolvenzverwalter Torsten Martini am Zug. bloomydays.com

EXIT FÜR WERKZEUG-ONLINESHOP CONTORION Das Münchner Unternehmen Hoffmann kauft das Berliner Project-A-Startup Contorion. Die Firmen Kärcher und Klöckner waren bereits bei dem Werkzeug-Shop investiert. Die Akquisition lässt sich Hoffmann angeblich mehr als 100 Millionen Euro kosten. Contorion soll nach dem Verkauf als eigenständige Marke unter der Leitung der Gründer weiterbestehen. contorion.de

Fotos: WARR Hyperloop, Contorion, Money Conf/Flickr, Newstore

Der Konzern aus Südkorea expandiert weiter in Europa und hat sich mit seinem Investment-Arm Samsung Next in Berlin angesiedelt. Erste Akquisition des von Amen-Gründer Felix Petersen geführten 150-Millionen-Dollar-Fonds ist das grie­c hische Text-to-speech-Startup Innoetics. Noch sitzt Peterson mit zwei Mitarbeitern am Hackeschen Markt. Geplant sind bis zu 100 Angestellte. samsungnext.com


MELDUNGEN

DATES

Der Weg ist das Ziel

Wo man sich jetzt noch bewerben kann

11.08.

LINIENTREU STRAMPELN

13.08.

Unter der U1 könnte eine Radbahn quer durch Berlin entstehen

Endlich sicherer, schneller und geschützt quer durch Berlin radeln: Diese Vision will das achtköpfige Gründerteam vom Verein Paper Planes mit dem Projekt Radbahn realisieren. Der neue Radweg soll sich neun Kilometer unter der U-Bahnlinie 1 zwischen den Bahnhöfen Warschauer Straße und Zoologischer Garten ziehen. Strom für die Beleuchtung soll durch die Erschütterungen kreuzender Autos erzeugt werden. Die Realisierung würde voraussichtlich je nach Gestaltung zwischen 13 und 27 Millionen Euro kosten. Für weitere Maßnahmen der Kampagne will das Team bis zum 14. August bei Startnext Geld einsammeln. 40.000 Euro sind das Ziel. Aber auch schon bei Erreichen von 17.000 Euro soll eine 140-seitige Machbarkeitsstudie gedruckt und an alle wichtigen Entscheider und Politiker der Hauptstadt versendet werden. radbahn.berlin

31.08.

DEGEWO INNOVATIONSPREIS: Das Wohnungsbauunternehmen sucht Technologien, Services und Geschäftsmodelle aus dem Immobiliensektor. Der Gewinner setzt seine Idee zusammen mit der D ­ egewo in einem Pilotprojekt um und erhält zusätzlich ein Preisgeld in Höhe von 3000 Euro. Die fünf Finalisten erhalten zudem ein Expertencoaching. Bewerbungen bis zum 11. August unter: smartupthecity.berlin CLIMATE-KIC: Europas größter Cleantech-Accelerator startet seine neue Förderrunde. Gesucht sind skalierbare und technologisch vielversprechende Geschäftsideen mit hoher Klimarelevanz. In drei Phasen von jeweils sechs Monaten bietet das Programm 95.000 Euro Förderung, ohne dass die Gründer Anteile abgeben müssen. Bewerbungsschluss ist der 13. August. climate-kic-dach.org DIGITAL LOGISTICS AWARD: Der Wettbewerb richtet sich an Startups aus der Logistik. Teilnehmer können ihre Idee auf Papier, als Podcast, Fotostory oder Video vorstellen und sich für das Finale auf dem Zukunftskongress Logistik am 12. September bewerben. Die Top drei erhalten Sach- und Geldleistungen in Höhe von 25.000 Euro. Bewerbungsschluss ist der 31. August. digitalhublogistics.de/award

INSIGHTS UND KONTAKTE

Der NKF Summit Vol. 2 zeigt, wie Startups erfolgreich mit Corporates zusammenarbeiten können

Fotos: Reindeer Renderings, Saskia Uppenkamp

Startups sind innovativ und agil und sie verändern Märkte radikal. Doch oft fehlt ihnen der Zugang zu den Kunden, den etablierte Unternehmen haben. Der NKF Summit Vol. 2 widmet sich der Frage, wie Startups und Corporates am besten zusammenarbeiten und voneinander profitieren können. Anhand verschiedener Fallstudien und Kooperationsmodelle – wie Accelerator, Lab oder Hub, wie Corporate Venture, Joint Venture oder Akquisition – erläutern hochkarätige Experten, wie diese Zusammenarbeit für beide Seiten gewinnbringend gestaltet werden kann. KNOW-HOW AUS DER PRAXIS NKF Media ist der Verlag, der Berlin Valley he­raus­ bringt. Der NKF Summit Vol. 1 im vergangenen Jahr war ein großer Erfolg. Zu Gast war damals unter anderem FDP-Chef Christian Lindner (siehe Foto). Mit dem NKF Summit Vol. 2 soll der erfolgreiche Weg fortgesetzt werden. Ziel der Konferenz ist es erneut, Corporates bei der Transformation zu unterstützen, damit sie ihre Zukunftsfähigkeit im internationalen Wettbewerb und in der digitalisierten Wirtschaft dauerhaft sichern können. Und Startups sollen neue Partner finden. In verschiedenen Vortrags- und Diskussionsformaten teilen Startup-­ U nternehmer, Investoren, Vertreter führender Corporates und andere Digitalisierungs-

experten exklusiv ihre Insights und ihr Know-how aus der Praxis. Der NKF Summit Vol. 2 liefert geballtes Wissen für zukunftsfähige Unternehmen. Auf der Bühne werden unter anderen sprechen: Frank Kebsch, CEO von Arvato Financial Solutions, Philipp Markmann, CMO von L’Oréal Deutschland, Joachim Harms, Geschäftsführer von Oetker Digital. Außerdem Rocket-Vorstand Alexander Kudlich, Movinga-Geschäftsführer Finn Age Hänsel, CEO Philip Siefer von Einhorn Products und Philipp Hartmann, Principal von Index Ventures. DEEP-DIVE-WORKSHOPS Neben den Vorträgen gibt es viele Möglichkeiten, miteinander zu netzwerken. In den DeepDive-­ Workshops, unter anderem zu Themen wie Corporate Venture Capital, können einzelne Themen noch intensiver diskutiert werden. Im Ausstellungsbereich können sich etablierte Unternehmen und Startups den 500 erwarteten Teilnehmern präsentieren. Für Startups gelten dabei besonders attraktive Konditionen. Der NKF Summit Vol. 2 findet am 8. September 2017 von 9 bis 19 Uhr im Radialsystem in Berlin statt. Für Gründer und Start­ up-CEOs gibt es 50 Freitickets, für die man sich bewerben kann. Die Teilnahmebedingungen und weitere Informationen zum Programm findet ihr unter nkf-summit.com.

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N E U E S TA R T U P S

WIR SIND DIE NEUEN Täglich entstehen neue Ideen und Startups in Deutschland. Berlin Valley stellt einige vor

RAUS AUS DER FILTERBLASE The Buzzard betrachtet Themen wie Flucht und Migration von verschiedenen Seiten und ergänzt die Leitmedien durch Beiträge von Bloggern und anderen Meinungsmachern. Die Idee: Sich nicht nur mit Menschen und Informationen zu umgeben, die bestätigen, was wir sowieso schon glauben. Das Startup arbeitet daran, die Kuration der Artikel zu automatisieren. thebuzzard.org

ZWEI ICH, ZWEI DU Über Reposée können Besitzer von Wochenend- oder Ferienhäusern ihre Immobilien vermieten, wenn sie selbst sie nicht nutzen. Im Unterschied zu anderen Portalen wird für eine längere Zeit vermietet. Der Mieter kann etwa das Wochenendhaus an allen Wochentagen nutzen oder Mieter und Vermieter nutzen das Ferienhaus je zwei Wochen im Monat. reposee.com

TON NEU ERFAHREN Als Alleskönner im Bereich Sound will sich der Bluetooth-Lautsprecher Zeppy etablieren. Er schwimmt auf dem Wasser und ist damit auch für den Pool geeignet. Mit Sound-Profilen für Musik, Film und Sprache passt er sich an jeden Content an. Mit dem Massage-Profil kann Zeppy dem Nutzer sogar eine Schall-Massage geben. Das Startup hat sein Crowdfunding über Indiegogo gerade erfolgreich beendet. zeppy.com

IHR HABT GERADE EIN STARTUP GEGRÜNDET? MELDET EUCH: news@berlinvalley.com 12 / berlinvalley.com


NEUE STADT, NEUE FREUNDE In einer neuen Umgebung Menschen kennenzulernen fällt nicht jedem leicht. 25friends hilft und verbindet jeweils 25 Nutzer aus der gleichen Stadt in einem Gruppenchat, die das gleiche Alter und ähnliche Interessen haben. Jeder Nutzer kann Events für seine Gruppe erstellen und 25friends weist auf passende Veranstaltungen hin. Die App wurde im ersten Monat 10.000-mal heruntergeladen. 25friends.de

WER BIN ICH UND WAS KANN ICH? Bebrilliant ist eine App zur Persönlichkeitsanalyse. Nutzer beantworten Fragen, um ihre privaten und beruflichen Stärken herauszufinden und können Menschen aus ihrem Umfeld einladen, sie einzuschätzen. Auf Basis des Persönlichkeitsprofils gibt Bebrilliant Tipps zum Selbstcoaching und stellt Aufgaben, die individuell auf jeden Nutzer abgestimmt sind. be-brilliant.de

Die Welt gemeinsam neu gestalten. In der IT. In Berlin. Die internationale Strahlkraft macht Berlin zu einem Melting Pot ganz besonderen Typs. Denn hier treffen global agierende Unternehmen aus IT und Internet Business auf kreative Köpfe aus aller Welt. Dabei entstehen Lösungen und Produkte, die nicht nur richtig gut sind, sondern auch richtig gut aussehen. Sie möchten diese einzigartige Dynamik für sich nutzen?

Erfahren Sie mehr. In Berlin. Log in.

Fotos: James Padolsey, Quentin Dr, Wu Jianxiong, Clem Onojeghuo, Michael James, Zeppy

www.loginberlin.de

IFA 2017:

LOGISTIK IN DER COMMUNITY Wer etwas von A nach B transportieren will, kann über die Community von Cocarrier einen Kurier finden, der den entsprechenden Gegenstand günstig zum Bestimmungsort bringt. Die Ware ist versichert und der Sender kann sie per GPS verfolgen. Den Preis legt Cocarrier fest, 75 Prozent des Geldes gehen an den Kurier, mit den restlichen 25 Prozent finanziert sich das Startup. cocarrier.de

Besuchen Sie unsere GeoIT Talks! 6. Sept. | 10:00 Uhr City Cube Berlin

EUROPÄISCHE UNION Europäischer Fonds für regionale Entwicklung Investition in Ihre Zukunft!

Texte: Anna-Lena Kümpel


WIR SIND NKF #StartupEnthusiasts

Wir sind begeistert von der Zukunft und glauben daran, dass Startups die Welt zu einem besseren Ort machen — für alle Menschen. Diese Unternehmen verdienen eine große Bühne mit Scheinwerferlicht, damit sie ihre Geschichten erzählen können. Mit unseren Produkten geben wir Einblicke in die faszinierende Welt von Startups und helfen dabei, diese zu verstehen. Ob Print, digitaler Service, Plattform oder Event: Wir gestalten progressive Produkte entlang aktueller Technologie – und machen sie für jeden zugänglich.

WIR SUCHEN AKTUELL: Art Director (m/w) Projekt Manager (m/w) Redakteur (m/w) Junior Event Manager (m/w) Praktikanten (m/w)

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DAS WAR TOA 17 Hat das Tech Open Air erdacht: Gründer Niko Woischnik

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Jwd – jans weit draußen, wie der Berliner sagt, liegt das ehemalige Funkhaus in der Nalepastraße. Doch für die zweitägige Konferenz des Tech Open Air lohnt sich der Weg nach Oberschöneweide in jedem Fall. Zusammen mit den mehr als 200 über die ganze Stadt verteilten Satelliten-Events konnten die 20.000 Teilnehmer sogar vier Tage lang mehr über die neuesten Technologietrends in den unterschiedlichsten Bereichen aus Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft erfahren und diskutieren. Premiere auf dem Festivalgelände an der Spree hatte das

Im großen Studiosaal: gebannt lauschendes Publikum

Fotos: Dan Taylor, Toa

Sprach über die Zukunft elektronischer Musik: Richie Hawtin

The Haus of Tech, wo sich zum ersten Mal rund 150 Startups auf einer 3000 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche präsentieren konnten. Volles Programm gab es auf den Bühnen: Unter anderem konnte man so unterschiedliche Leute erleben wie den Quora-Gründer Adam D’Angelo (Interview Seite 18), den ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, der heute für das World Economic Forum arbeitet, Trivago-Gründer Rolf Schrömgens (Interview Seite 22) oder Branden Spikes, ehemals CIO bei Spacex. Aber nicht immer wurde die Neugier befriedigt: Wie es jetzt bei Soundcloud weitergeht, konnte auch Mike Butcher von Techcrunch dem CEO Alex Ljung nicht entlocken. vis

Direkt an der Spree: viel Platz zum Networken, Chatten und Chillen

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Fotos:

Live-Übertragung: Niko Woischnik spricht mit Felix Petersen über Samsung Next.


Foto: Amélie Losier/Raum 11 Fotos:

INTERVIEW


INTERVIEW

„WIR KONZENTRIEREN UNS AUF QUALITÄT“ CEO Adam D‘Angelo über Quora auf Deutsch, künstliche Intelligenz und warum Wikipedia und Google keine Konkurrenz sind Adam, du warst CTO von Facebook. Bereust du, das Unternehmen verlassen zu haben? Nein. Ich wollte immer meine eigene Firma gründen. Ich denke, mein Beitrag für die Welt mit Quora ist einzigartig und Quora würde es ohne mich nicht geben. Facebook war noch eine sehr kleine Firma, als ich ging, aber ich war sicher, dass es auch ohne mich weiterbestehen würde. Wenn du zurückdenkst, wofür das Internet geschaffen wurde, gehört Quora dazu? Auf jeden Fall. Das Ziel von Quora ist es, dass Menschen Wissen austauschen und die Welt besser verstehen. Im Internet finden sich viele Informationen, doch viel, viel mehr Wissen befindet sich noch in den Köpfen der Menschen. Als wir Quora gegründet haben, existierte noch keine andere Plattform, auf der Menschen fundiertes Wissen teilen konnten. Unser Ziel war es, diesen Ort zu schaffen. Das Internet ist ein Ort, um Wissen zu teilen. Aber die Entwicklung ging zuerst in eine andere Richtung. Jeder konnte eine Website oder ein Forum erstellen. Darunter litt die Qualität der Informationen und das Internet konnte sein Versprechen nicht erfüllen. Ich glaube, dass Quora mehr Potenzial hat als die dezentralen Blogs, Foren und anderen Websites. Populär sind aber vor allem triviale Dinge, wie Snapchat zum Beispiel. Das Internet wird immer größer und deswegen gibt es auch genug Platz für Snapchat und Quora. Die Frage ist, ob das Internet für das Teilen von ernsthaften Informationen da ist oder mehr für den Spaß? Es ist für beides da. Manchmal wollen die Menschen etwas wissen und manchmal wollen sie nur unterhalten werden. Ich persönlich bin froh, ein Wissensprodukt geschaffen zu haben. Denn Wissen hat immer einen positiven Einfluss. Die Menschen brauchen Zugang zu Informationen, um gute und richtige Entscheidungen zu treffen. Oder den richtigen Präsidenten zu wählen. Im Idealfall. Vieles ist aber Meinung und nicht Wissen.

Ein Mann mit einer Mission: Adam D‘Angelo ist überzeugt, dass Wissen die Welt besser macht.

Wir haben bei Quora auch Meinungen, aber in der Regel Meinungen von gut informierten Experten. Ich glaube, es gibt keine hilfreicheren Meinungen als die von Experten. Die Menschen haben heute Zugang zu so vielen Informationen wie noch nie. Werden sie dadurch klüger und intelligenter? Ich glaube ja. Am Ende helfen Informationen Menschen dabei, etwas besser zu machen – egal was es ist. Ein Gegenbeispiel aus Europa: Beim Brexit haben viele Experten gesagt, dass die Wähler die Folgen nicht verstünden. Es wurde viel diskutiert und informiert, aber am Ende fällten die Menschen nicht die bessere Entscheidung. Das stimmt. Quora bietet zwar Zugang zu besserem Wissen, aber nicht jeder Mensch nutzt Quora. Dass würde wirklich zu besseren Entscheidungen führen. Denn leider bieten viele andere Plattformen keine hochwertigen Informationen. Stattdessen finden die Menschen Fake News.

„DAS ZIEL VON QUORA IST ES, DASS MENSCHEN DIE WELT BESSER VERSTEHEN“ Es gibt Fake News und alternative Fakten. Gibt es auch gefälschtes Wissen und alternative Informationen? Wir konzentrieren uns auf Qualität. Da besteht von Anfang an ein großer Unterschied zwischen Quora und anderen Wissensplattformen. Jeder Nutzer muss seinen echten Namen benutzen und wir überprüfen die Identität. Zudem verwenden wir Machine Learning und versuchen, Fragen Experten auf dem jeweiligen Gebiet vorzulegen. Die Antworten zeigen wir anderen Experten und hören deren Meinung an und sichern so die Qualität. Wie viele Mitarbeiter hat Quora und wie ist die Firma strukturiert? Wir haben etwa 200 Mitarbeiter, die sehr unterschiedliche Aufgaben haben. Wir setzen stark auf Machine Learning. Dafür benötigen wir viele Daten, zum Beispiel über unsere Nutzer und die Gebiete, in denen sie sich auskennen. Wir sammeln Merkmale wie Universitätsabschluss, medizinische Ausbildung, ob sie Anwälte sind, für eine bestimmte Firma arbeiten oder an einem bestimmten Ort

wohnen. Alles Anzeichen dafür, dass jemand in einem bestimmten Bereich Experte ist. Die meisten unserer Entwickler arbeiten an diesem MachineLear­ning-System. Ein anderes Team kümmert sich zum Beispiel um die Moderation der Inhalte auf der Seite. Dafür haben wie viele Regeln: Nutzer dürfen nicht belästigt werden. Eine Antwort soll immer der Person helfen, die die Frage gestellt hat. Aussagen müssen belegt werden. Unsere englische Seite hat 200 Millionen Besucher im Monat. Das ist ein großer Querschnitt der Gesellschaft. Wie schaffen es eure Techniker, das Wissen zu strukturieren? Wir haben eine große Datenbank mit allen Fragen und Antworten, die wiederum thematisch sortiert sind. Wir unterscheiden zwischen Physik, Biologie, Chemie und vielen weiteren Wissenschaften. Danach folgen weitere Aufteilungen zum Beispiel in Quantenphysik, Mechanik und Relativitätstheorie. Innerhalb der Quantenphysik kann man zwischen Quantenmechanik und Quantenfeldtheorie unterscheiden. Diese Aufteilung in Themen kann sehr tief gehen. Einer der Vorzüge von Quora ist, dass wir Laien mit Experten zusammenbringen können. Du wohnst doch in Berlin. Was sollte ich mir anschauen, wenn ich zum ersten Mal in Berlin bin und 36 Stunden Zeit habe? Du solltest eine gute Antwort geben können, denn du lebst ja hier. Bei uns tauschen sich aber auch Experten mit Experten aus. Wir geben keine finanziellen Anreize, aber ich glaube, dass Menschen von Natur aus ihr Wissen teilen wollen.

NAME: Quora

GRÜNDUNG: 2009

GRÜNDER: Adam D‘Angelo, Charlie Cheever

MITARBEITER: 200

STANDORT: Mountain View

SERVICE: Frage-und-Antwort-Plattform mit 200 Millionen Nutzern im Monat

de.quora.com

berlinvalley.com / 17


Adam D‘Angelo in Berlin: Fireside Chat im Studio auf dem Tech Open Air

Es hat lange gedauert, bis ihr Werbung auf Quora hattet. Es muss schwierig sein, in der von euch geschaffenen Atmosphäre Anzeigen zu platzieren? Die englische Quora-Seite ist sehr schnell gewachsen und wir haben viel Energie investiert, um die hohe Qualität zu sichern. Normalerweise hätten wir bereits viel früher die Monetarisierung und Internationalisierung der Seite angehen müssen, aber das musste eben warten. Wie funktioniert Werbung bei den hohen Qualitätsstandards, die ihr gesetzt habt? Viele Fragen drehen sich um Produkte, die man kaufen kann. Die Hersteller können dann zum Beispiel bei den Fragen aus dem Umfeld ihrer Produkte Anzeigen buchen. Das ist gut für beide Seiten, denn die Fragenden interessieren sich ja bereits für das Thema.

„WIR STEHEN NICHT ZUM VERKAUF“ Seht ihr Wikipedia als Konkurrenz? Wir haben keinen direkten Konkurrenten. Manchmal findet man Erklärungen auch bei Wikipedia oder stellt in einem Forum eine Frage oder teilt sein Wissen in einem eigenen Blog. Aber das Teilen von hochwertigem Wissen bei uns ist einzigartig. Wie unterscheidet sich Quora von Google? Google ist sehr gut, wenn es darum geht, Informationen zu finden, die bereits im Internet stehen. Quora ist das genaue Gegenteil und bringt neues Wissen online. Bei uns stellen die Nutzer Fragen,

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auf die es anderswo noch keine Antworten gibt. Die Antworten unserer Experten lassen sich wiederum mit Google finden. So wird die Suchmaschine hilfreicher für die Nutzer und wir profitieren von neuen Besuchern, die Google schickt. Wie sieht die Zukunft von Quora aus? Es gibt immer wieder Gerüchte über einen Verkauf oder Börsengang. Als nächstes wollen wir international wachsen und weitere Sprachen unterstützen. 200 Millionen eng­ lisch­sprachige Nutzer sind es jetzt und es können noch viel mehr werden. Dafür brauchen wir Teilhaber. Aber wir wollen auch langfristig eine unabhängige und profitable Firma bleiben. Wir stehen nicht zum Verkauf. Ich habe gelesen, dass eure Geldgeber leise und … … geduldig sind. Genau. Stimmt das? Ja, wir haben uns bewusst für Investoren entschieden, die nicht auf das schnelle Geld aus sind. Auch sie wollen irgendwann ihre Investition zurückhaben, aber sie sind bereit, für mehr Gewinn länger zu warten.

Wie läuft der Aufbau der deutschen Version? Übersetzt ihr bestehende Antworten? Wir übersetzten nicht. Wir fangen ganz von vorne an. Jeder kann Fragen auf Deutsch stellen und jeder kann Antworten schreiben. Deswegen machen wir jetzt viel Werbung für Quora, damit viele Leute, die sich auf unterschiedlichen Gebieten auskennen, sich bei uns anmelden und anderen Nutzern helfen. Welche Entwicklungen beobachtest du gerade im Silicon Valley? Das Silicon Valley ist stark wie immer. Aktuell beschäf­ tigen sich viele mit künstlicher Intelligenz, Machine Learning oder Kryptowährungen. Auf der anderen Seite gibt es die Wohnungskrise. Da schaue ich neidisch auf Berlin. Da gibt es genug Wohnraum. Im Silicon Valley sind die Mieten so stark gestiegen, dass es für viele Menschen schwer ist, eine Wohnung oder ein Haus zu finden. Viele Leute verlassen deswegen das Silicon Valley.

Das Gespräch führte Jan Thomas.

Gibt es Dinge, die dir den Schlaf rauben? Ich kann sehr gut schlafen, aber ich glaube, dass Machine Learning ein großes Potenzial hat und noch viel besser werden kann. Wenn alle Menschen der Welt einen Quora-Account haben, dann wollen wir die Fragen genau an die Person weiterleiten, die sie am besten beantworten kann. Unsere größte Herausforderung ist es, den besten Experten für eine Frage zu finden. Deswegen verwenden wir viel Energie darauf, die Algorithmen immer besser zu machen. Sprachsteuerung ist momentan ein großes Thema, für euch auch? Sprache ist ein wundervolles Kommunikationsmittel, auch bei der Bedienung eines Computers oder Smart­ phones. Sprachausgabe ist dagegen nicht schön. Sie mag beim Autofahren sinnvoll sein, aber wir können viel schneller lesen und dabei Informationen aufnehmen. So schnell ist keine Sprachausgabe. Denkbar ist, dass man seine Frage bei Quora mündlich stellt, aber die Antworten kommen schriftlich.

ADAM D‘ANGELO lernte als Schüler als erste Computersprache QBasic. Heute ist er Mitgründer und CEO von Quora. Zuvor war er von 2006 bis 2008 CTO von Facebook. Die jüngste Finanzierungsrunde von 85 Millionen Dollar im April 2017 brachte die Bewertung von Quora auf 1,8 Milliarden Dollar.

Fotos: Amélie Losier/Raum11

Die Leute wollen einfach nur nett sein? Es gibt auch viele Menschen, die wegen ihrer Antworten bei Quora einen Job gefunden haben. Da war zum Beispiel ein Mann aus dem Silicon Valley, der viele Fragen zu Software für Dienstleistungsunternehmen beantwortet hat. Mit der so erworbenen Reputation konnte er Geld für einen VentureCapital- ­Fonds einsammeln.


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Gründer und CEO Brian Gitta mit Matibabu, dem ersten nicht-invasiven, optoelektronischen Malaria-Test-Gerät der Welt.

INNOVATION RETTET DIE WELT Bayer Foundation holt erfolgreiche Social-Impact-Entrepreneure auf die TOA-Bühne „Let’s create social fiction together“ – das ist das Ziel der neuen Social-Vertical-Initiative der Bayer Foundations und dem Tech Open Air (TOA). Die beiden Partner glauben daran, dass die Kraft der Innovation ein wichtiger Motor für Fortschritt und Wohlstand der Gesellschaft ist und holten im Rahmen der Initiative soziale Pioniere auf die Bühne der TOA. Denn wie Niko Woischnik, Gründer des Tech Open Air, erklärt: „Die Welt mit Technologie verbessern zu wollen, sollte nicht nur das Silicon Valley beschäftigen.“ Beim Pitch unter dem Motto „Let’s make tech good again“ präsentierten sich zehn Unternehmen. Sie zählen zur neuen Social Fiction Booth der Bayer Stiftung. Das Programm unterstützt ausgewählte Gewinner des Aspirin Social Innovation Awards dabei, ihre Lösungen für eine bessere Welt weiterzuentwickeln und zu skalieren. DIAGNOSE VON MALARIA MIT EINER APP Eine dieser Lösungen heißt Matibabu: Malaria ist in großen Teilen der Welt ein Problem und muss frühzeitig diagnostiziert werden. Die regelmäßige

„WENN DU ALS GRÜNDER MILLIARDÄR WERDEN WILLST, DANN LÖSE AM BESTEN DAS PROBLEM VON EINER MILLIARDE MENSCHEN“ Thimo V. Schmitt-Lord MBE, CEO Bayer Foundations

Diagnose über einen Bluttest ist für viele Menschen aber zu teuer. Matibabu, ein Startup aus Uganda, hat eine App entwickelt, die Malaria mithilfe eines Lichtsensors erkennen kann, der an den Finger geklemmt wird. Es ermöglicht somit Malaria-Massenscreenings ohne Bluttest. Das ist wesentlich günstiger, kann auch in entlegenen Gebieten ohne Arzt und ohne HIV-Infektionsrisiko durchgeführt werden. Als Inspiration für Social-Entrepreneure holten die Bayer Foundations auch Saskia Bruysten, CEO von Yunus Social Business, und Marc Buckley, Gründer von Anja, auf die Bühne. Das Startup aus Hamburg verwendet ausschließlich erneuerbare Ressourcen, um Nahrungsmittel herzustellen, und Marc möchte diese Arbeitsweise zum Standard für die gesamte Branche entwickeln. „Das TOA Social Vertical war ein gelungenes Debut, das wir in den kommenden Jahren mit TOA voranbringen wollen“, sagt Bayer Foundations Vorstand Thimo Schmitt-Lord.

„Let’s create social fiction together“: Panel-Diskussion (links), die zehn Startups der Social Fiction Booth (Mitte) und Marc Buckley, Gründer des Startups Anja (rechts)


INTERVIEW

NAME: Trivago

GRÜNDUNG: 2005

GRÜNDER: Rolf Schrömgens, Malte Siewert, Peter Vinnemeier

MITARBEITER: mehr als 1300

STANDORT: Düsseldorf

SERVICE: Globale Hotelsuchplattform

trivago.de

„WIR MACHEN HIER IMMER NOCH UNSER DING“ Rolf, hast du heute schon auf den Aktienkurs geschaut? Nein. Welche Bedeutung hat der Kurs für dich? Wenig. Ich bekomme abends eine E-Mail, da steht er in der Headline. Deswegen kann ich das nicht übersehen. Aber abgesehen davon schaue ich nicht nach. Hat sich das Unternehmen seit dem Börsengang verändert? Wenn, dann nur zum Positiven. Wir haben es geschafft, durch den Börsengang ein bisschen mehr zu uns zu finden. Wir haben unsere eigene Identität zurückgewonnen.

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Wie das? Wir haben uns vor ein paar Jahren entschieden, mit Expedia zusammenzuarbeiten und sie als Investor an Bord zu nehmen. Damals wollten wir noch keinen Börsengang. Wir wollten unter dem Mantel einer großen Firma weiterwachsen und nicht sofort als Unternehmen im Rampenlicht stehen. Dann haben wir aber festgestellt, dass wir damit eigentlich alle Nachteile einer Public Company schon hatten, weil wir Quartalsberichte veröffentlichen mussten und so weiter. Trotzdem hatten wir immer noch unsere eigene Identität, denn Trivago und Expedia sind unterschiedliche Firmen mit zwei sehr unterschiedlichen Kulturen und so ist es auch geblieben. Der Börsengang zeigt das. Und wir können jetzt viel stärker unsere eigene Wachstumsstory erzählen. Wie bewahrt man seine Kultur, wenn ein strategischer Investor wie Expedia 60 Prozent der Anteile hält? Wie die Anteile wirtschaftlich verteilt sind, ist unabhängig davon, wie die Machtverteilung im Unternehmen ist. Mark Zuckerberg hält auch keine 60 Prozent mehr an Facebook. Ich denke, wir haben sogar noch mehr Anteile an unserer als Mark Zuckerberg an sei-

ner Firma. Wir werden immer noch als eine unternehmergeführte Firma wahrgenommen. Weil Expedia das zugelassen hat oder habt ihr euch das erkämpft? Die Freiheit haben wir uns erkämpft, weil Freiheit für uns als Gründerteam immer wichtig war. Deswegen haben wir so gut wie keine Finanzierungsrunden gemacht. Wir wollten keine Investoren, die uns sagen, was wir zu tun haben. Das war immer ein dominierendes Motiv. Und das ist heute noch so: Wir machen hier immer noch unser Ding. Das können die Anleger dann gern bewerten. Warum habt ihr Expedia ins Unternehmen geholt? Solange wir unsere Kontrolle behalten, ist es uns egal, ob wir 51 oder 40 Prozent am Unternehmen halten. Ich finde aber die weit verbreitete Haltung seltsam, auf der einen Seite extrem Exit-orientiert zu sein: ‚Wann kann ich endlich verkaufen?‘ Und es auf der anderen Seite nicht zuzulassen, dass man zwischendurch schon mal ein bisschen Geld aus dem Unternehmen mitnehmen kann. Das rate ich Gründern übrigens dringend. Es ist auch für

Fotos: Amelie Losier, Trivago

Trivago-Gründer Rolf Schrömgens über die Kommunikation mit Investoren, richtige Motivation und den Standort Düsseldorf


INTERVIEW

Brachte sein Unternehmen an die Nasdaq: Jetzt könne Trivago viel stärker seine eigene Wachstumsstory erzählen, sagt Gründer Rolf Schrömgens.

die Motivation wichtig, sich nicht nur an diesem einen entfernten Punkt, dem Exit, zu orientieren. Am Anfang leiht man sich als Unternehmer Geld – bei Eltern, Freundin, Eltern der Freundin, Tante, Onkel und so weiter. Ich habe von jedem irgendwie Geld eingesammelt. Es ist einfach gut, wenn man zwischendurch etwas zurückzahlen und seine fundamentalen Bedürfnisse befriedigen kann. Sonst wird der Druck zu verkaufen irgendwann zu groß. Wir würdest du euren Umgang mit Investoren beschreiben? In der Kommunikation mit den Kapitalmärkten waren wir immer sehr ehrlich. Wir haben sehr klar gesagt: Das könnt ihr von uns erwarten, das könnt ihr nicht erwarten. Erwartet nicht, dass wir uns nach euch richten. Wir werden euch nicht managen, sondern ehrlich und authentisch sein. Am Anfang haben uns die Banken deswegen für verrückt erklärt. Sie haben euch geraten, freundlicher zu den Investoren zu sein? Ja, und die Erwartungen zu managen. Ich glaube aber, heute geht es eher darum, sehr transparent zu sein. Und das versuchen wir. Das gibt uns Freiheit nach innen. Wenn man nicht drei Pläne verfolgen muss – einen für sich selber, einen für die Mitarbeiter und einen für die Kapitalmärkte –, sondern nur einen Plan für alle drei, dann gibt das eine wahnsinnige Freiheit – im Kopf. Ihr seid an der Nasdaq notiert. Habt ihr erwogen, den Sitz in die USA zu verlegen? Es gab einfach nie einen Grund dazu. Es ist kein Nachteil, in Düsseldorf zu sitzen? Für uns war es kein Nachteil. Wir sind da aber auch ein bisschen speziell. Wenn du eine Finanzierung suchst, ist es tatsächlich ein Nachteil, in Düsseldorf zu sitzen. Da fehlt einfach der Capital Flow. Würdest du Gründern empfehlen, in ihren Städten zu bleiben, oder sollen sie in die großen Hubs gehen?

Das ist auch eine politische Frage: Bilden wir jetzt Berlin als zentralen Punkt aus oder bilden wir ein Föderalsystem? Ich glaube, es kommt auf das Timing an. Dieses föderale System, das wir ja auch in Europa haben mit seinen vielen Zentren, war über einen ganz langen Zeitraum sehr nachteilig. In den USA gab es einfach nur ein großes Zen­ trum. Dort wird dann die kritische Masse schnell erreicht. In Europa ist sie sehr spät erreicht worden. Ich glaube, das war in der Vergangenheit ein Nachteil. Ich bin mir aber nicht so sicher, ob das für die Zukunft in Europa immer noch so ist, weil jetzt in vielen Metropolen – London, Berlin, Paris, Stockholm, Lissabon – die kritische Masse erreicht wird. Und dann ist Föderalismus auf einmal eine ganz schöne Sache. Weil man dann nicht wie im Silicon Valley so hohe Preise hat, was ein extremer Nachteil ist. Was rätst du Gründern, die mit ihrer Firma später mal an die Nasdaq gehen wollen? Also vielleicht erst mal, nicht das Ziel zu haben, an die Nasdaq zu gehen. Das Ziel muss erst einmal sein, ein gutes Produkt zu schaffen, das Leuten wirklich weiterhilft und ein echtes Problem löst. Das ist der Start. Dann geht es darum, ein gutes Unternehmen aufzubauen und die richtige Motivation für die Leute in der Organisation zu schaffen. Das war uns im Management irgendwann fast noch wichtiger. Wir geben die Richtung vor und wenn man viel in die Organisation investiert, kann man darauf vertrauen, dass die richtigen Inhalte dann aus ihr kommen. Eine Firma kann am Anfang vielleicht eine Zeit lang von einem genialen Gründer profitieren, der wahnsinnig gute Ideen hat und es schafft, diese Ideen konsequent in die Organisation zu pushen. Wenn er ein absolutes Genie ist, dann kriegt er das auch über einen größeren Zeitraum hin. Dafür muss man aber so jemand wie Oli Samwer oder Steve Jobs sein. Ich würde nicht darauf vertrauen, dass mir das als Unternehmer gelingt. Wie muss man die Organisation bauen? Du musst eine Organisation bauen, die ihre Inhalte selbst entwickelt. In der du nicht von oben nach unten dirigierst, sondern wo gute Ideen von unten nach oben aufsteigen. Und die dann auch aufgegriffen und umgesetzt werden. Das ist viel effizienter. Der Erfolg von Trivago ist nicht zwangsläufig

ROLF SCHRÖMGENS ist Mitgründer und CEO von Trivago. Rolf ist in Mönchengladbach aufgewachsen und hat an der HHL Leipzig Graduate School of Management studiert. Bereits während des Studiums arbeitete er an seinem ersten Start­ up, dem Verbraucherportal Amiro.de, das später mit Ciao.com fusionierte.

darin begründet, dass wir eine grandiose Idee hatten. Die Idee war nie grandios und wir sind auch nicht die Einzigen. Aber wir sind besser geworden als andere und haben uns schneller entwickelt, weil wir eine starke Organisation haben. Siehst du dich eher als Coach oder als Boss? Die Idee ist gar nicht so schlecht, Coach. Ich glaube, dass man nur Erfolg haben kann, wenn es gelingt, die Leute intrinsisch zu motivieren. Jegliche extrinsische Motivation ist ein schlechtes Substitut und kann eigentlich kaum funktionieren. Aber intrinsische Motivation ist halt wahnsinnig schwer zu erzeugen. Wie habt ihr es geschafft? Man muss Freiraum lassen, damit sich die Leute intrinsisch motivieren können. Und das erfordert Mut, weil man den Leuten nicht mehr sagen kann: ‚Jetzt mach mal A oder mach mal B!‘, sondern die Frage lautet immer: ‚Was willst du jetzt machen?‘ Das erfordert auch extrem viel Disziplin im Unternehmen. Es geht um Führung ohne Kontrolle. Führung funktioniert über Inspiration.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

Ein Unicorn aus Düsseldorf: Das Team von Trivago ist inzwischen auf mehr als 1300 Mitarbeiter angewachsen.

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# BTW17 DER STARTUP-POLITIK-CHECK

Der Bundesverband Deutsche Startups macht in seiner Agenda Vorschläge für eine zukunftsfähige Politik Startups sind mittlerweile ein relevanter Teil der deutschen Wirtschaft , der mit über ihre Zukunftsfähigkeit entscheidet. Die jungen Technologiefirmen arbeiten mit großem Risiko und funktionieren völlig anders als die Old Economy. Darauf muss die Politik eingehen. Mit der Startup Agenda gibt der Bundesverband den Politikern einen Leitfaden für die kommende Legislatur an die Hand. Die Agenda fordert eine frühe Förderung des Gründergeistes – in Schulen soll eine digitale Infrastruktur geschaffen werden und Lehrer müssen Schülern erklären können, wie man damit umgeht. Unternehmerisches Lernen soll an Schulen und Hochschulen in Gründungsprojekten gelebt werden. Auch die Förderung von Gründerinnen ist ein Thema. Kampagnen und gezielte Programme sollen noch mehr Mädchen und Frauen für Mint-Fächer und -Studien­ gänge begeistern. Damit Gründerinnen Familie und Beruf vereinen können, fordert der Verband mehr Ganztagskitaplätze und schlägt eine Förderung von Betriebskitas in Unternehmen und Coworking Spaces vor. FINANZIERUNG VEREINFACHEN Um den Start zu vereinfachen, schlägt der Bundesverband ein Gründerstipen­ dium mit niedrigen Zugangsvoraussetzungen vor, das unabhängig vom Studie-

nabschluss vergeben wird. Auch die Rolle der Business Angels wird angesprochen: Es wird geschätzt, dass es in Deutschland Potenzial gibt, die Zahl der Business Angels zu verfünffachen. Die Agenda fordert, Business Angels durch gezielte Information und Werbung zu fördern und steuerliche Anreize für diese Form der Investition zu schaffen. Wachstumskapital soll ebenfalls durch steuerliche Anreize gefördert werden. Außerdem sollen große Kapitalsammelstellen wie Versicherungen und Pensionskassen nach US-amerikanischem Vorbild ein Prozent ihres Kapitals in Startups investieren. NEUES MINDSET Die Kultur der zweiten Chance darf kein inhaltsleeres Buzzword werden. Die Startup Agenda fordert, dass diese Kultur auch im Insolvenzrecht festgelegt wird. Ziel soll sein, Gründer möglichst schnell wieder handlungsfähig zu machen. Ein neues Mindset ist auch bei allen Gesetzgebungsverfahren notwendig. Parlamente und Regierungen sollen bei neuen Regelungen immer auch Startups im Blick haben. Ein standardmäßiger Startup-Check im Zuge der Gesetzgebung soll dafür sorgen, dass die Politik in allen Bereichen zukunftsfähig wird.

Am 24. September ist Bundestagswahl. Wir haben Gründer gefragt, welche für Startups relevante Themen sie auf der politischen Agenda der neuen Bundesregierung sehen wollen und welche politischen Maßnahmen sie sich speziell für Startups in ihrer Branche wünschen. Mehr Investitionen in Bildung ist eine der am häufigsten genannten Forderungen

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JOHANNES RECK Mitgründer von Getyourguide

In meinen Augen gehören die folgenden vier Punkte auf die politische Agenda: Erstens: standardisierte Stock-Option-Programme zur Mitarbeiter-Incentivierung wie in den USA. Mitarbeiter in Deutschland werden wegen der schwierigen Rechtslage und hohen Steuern deutlich weniger über Anteile incentiviert als in den USA. Dies erschwert das Rekrutieren von Top-Talenten aus den USA, Israel oder anderen Ländern mit erstklassigen Technologie-Talenten. Zweitens: gezielte Investitionen in Hochschulen und Technologietransfer. Es gibt einen akuten Fachkräftemangel bei hochqualifizierten Arbeitskräften und aktuell müssen diese Arbeitskräfte aus

dem Ausland angeworben werden. Dies ist sehr kostenintensiv und langwierig für deutsche Technologieunternehmen. Ebenso verfügt Deutschland über eine sehr dezentrale universitäre Struktur. Unsere Internet-Cluster sind zu weit entfernt von der RWTH Aachen, dem KIT oder der TU München. An den Universitäten ist der Anteil der Gründungen pro Student nach wie vor sehr viel niedriger als am MIT, Stanford oder der ETH Zürich. Drittens: eine 100-prozentig digitalisierte Verwaltung für Bürger und Unternehmen. Sowohl für die Bürger als auch die Unternehmen sind jegliche Prozesse mit den Behörden, seien es Meldeprozesse, Unternehmensgründungen und/oder Finanzierungen, ein sehr kostspieliger und oft aufwendiger Papierkrieg. Die Prozesse sind komplett offline und antiquiert. Es müssen digitalisierte Lösungen geschaffen werden. Viertens: fairer Wettbewerb im Netz. Die Datenhoheit im Netz liegt in der Hand von wenigen Unternehmen. Aktuell liegen mehr als 80 Prozent aller Daten in der Hand von sehr wenigen Firmen(Google, Facebook, Amazon, Alibaba, Tencent), die allesamt aus den USA oder China kommen. Die Daten dieser Firmen sind für deutsche Unternehmen nur sehr bedingt zugänglich. Zusätzlich bezahlen diese Unternehmen in Europa kaum Steuern und umgehen unsere Datenschutzgesetze. Dies führt zu einer zusätzlichen Verzerrung des Wettbewerbs. Hierfür muss es Lösungen geben.

Fotos: Getyourguide, Piabo, Uber Germany, Thermondo, Robert Lehmann, Cash Payment Solutions GmbH, Saffron Huang, Gateway GmbH

DAS SAGEN DIE STARTUPS


WA H L

Gründer von Piabo

TILO BONOW

Mitgründer von Thermondo

KRISTOFER FICHTNER

EDGAR SCHOLLER

Die Politik sollte sich nicht operativ einbringen, allerdings gewisse Rahmenbedingungen für Startups sicherstellen. Eine passende Infrastruktur ist meiner Meinung nach viel wichtiger, als Micro-Management. Das bedeutet beispielsweise: Verfügbarkeit bezahlbarer Büroflächen. Außerdem ist eine gewisse Offenheit gegenüber neuen Geschäftsmodellen wichtig. Speziell für Startups wünsche ich mir das Tech-Visum nach französischem Vorbild. Damit wird internationalen Tech-Talenten die Möglichkeit gewährt, schnell eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten.

Wir brauchen mehr Investitionsanreize für ökologisch relevante Startups. Insbesondere frühphasigen Startups fällt es schwer, ohne einen starken Lead-Investor Co-Investoren zu finden. Dabei können Startups als wertvolle Partner für die etablierten Unternehmen fungieren und Innovationen vorantreiben – und dadurch dafür sorgen, dass die gesamte deutsche Wirtschaft wettbewerbs- und zukunftsfähig bleibt. Die Verflechtung zwischen den etablierten Unternehmen und den Startups muss von der Politik gefördert werden. In unserer Branche ist beispielsweise die Öffnung der Schnittstellen seitens der Hersteller wünschenswert, um Dienstleistungs- und Produktpakete sinnvoll verknüpfen und anbieten zu können. Darüber hinaus ist es begrüßenswert, dass die Politik sich stark für die Energiewende einsetzt, jedoch gibt es in diesem Bereich enorme Potenziale zur effizienteren Verteilung der zur Verfügung gestellten Mittel. Allein der Bürokratieabbau beim Abrufen von Fördermitteln für Sanierungen wäre ein enormer Fortschritt.

Wir wünschen uns in Deutschland mehr Wertschätzung und Stärkung der Gründerkultur über Lippenbekenntnisse hinaus. Gründer sind unter den politischen Entscheidungsträgern massiv unter­ repräsentiert. Kaum ein Politprofi hat (zuvor erfolgreich) gegründet. Gründer sollten in Entscheidungs-/Anhörungsprozesse eingebunden werden, das ist bisher nur etablierten Playern mit gewachsenen Lobby-Strukturen vorbehalten. Wir brauchen Anreize für die deutsche Bestandswirtschaft, in das eigene deutsche New-Economy-Ökosystem zu investieren, etwa durch eine freiwillige Quote. Breitbandausbau und gratis Internet-Zugang in ländlichen Regionen sind ebenso erforderlich wie (finanzielle) Anreize beim Sprung in die Selbstständigkeit und die einfachere Beantragung von Förderprogrammen.

Gründer von Getaway

CHRISTOPH WEIGLER General Manager von Uber Germany

Wir erwarten von der Politik eine Modernisierung der Gesetze im Bereich der Personenbeförderung. Die Zukunft der Mobilität hat in vielen Städten der Welt bereits Einzug gehalten. Menschen drücken einen Knopf in ihrer Uber-App und ein Fahrzeug, das sie nicht besitzen, kommt vorgefahren. Oftmals sitzen bereits ein oder zwei Fahrgäste, die in die gleiche Richtung möchten, im Auto und teilen sich die Fahrt. Die Effekte dieser effizienteren Nutzung von Fahrzeugen sprechen für sich: weniger Autos auf innerstädtischen Straßen und Parkplätzen und damit einhergehend weniger Staus und Umweltbelastungen. Gleichzeitig wird individuelle Mobilität für den Verbraucher bezahlbar und zugänglich. Für junge, tech-affine Menschen auf der ganzen Welt ist die multimodale Fortbewegung längst Realität. Wir setzen uns dafür ein, dass sich diese Effekte bald auch im Mobilitätsland Deutschland verwirklichen. Diesbezüglich wünschen wir uns von der deutschen Politik, dass sie einen Rechtsrahmen schafft, der diese moderne Mobilität ermöglicht. Denn das Gesetz, das derzeit in Deutschland die Beförderung von Personen regelt, stammt in seinem Kern aus den 1930er-Jahren.

SUSANNE KREHL

Managing Director Austria and Switzerland bei Barzahlen

PHILIPP VON ROEDER Director von GTEC

Ich wünsche mir mehr Bildung und zwar angefangen bei den Kleinsten im Kindergarten und in der Grundschule, denen ein besserer und grundlegender Zugang zu Technologie vermittelt werden muss. Ein Schulfach Informatik für die älteren Schüler, bei dem es nicht um die Erstellung einer Webseite, sondern um das grundlegende Verständnis von Schaltungen und Maschinensprache geht. Die Voraussetzung dessen ist die (Weiter-)Bildung von Erziehern und Lehrern. Nur mit dieser Grundlage werden wir es schaffen, weiter an der Spitze zu stehen und unseren Wohlstand zu erhalten.

Regulatoren und Behörden müssen für die Herausforderungen von jungen Unternehmen sensibilisiert werden. Die digitale Kompetenz und das Verständnis für digitale Geschäftsmodelle müssen in Institutionen, bei Behörden und bei Regulatoren erhöht werden. Ziel sollte zudem eine weitere Harmonisierung der Regulierung auf EU-Ebene sein, um so die Grundlage für ein gemeinsames Startup-Ökosystem in Europa zu schaffen. Deutschland muss es gelingen, mehr Menschen für eine Unternehmensgründung zu begeistern und entsprechende Rahmenbedingungen hierfür zu schaffen. Dies fängt bei der digitalen und technologischen Kompetenz von (zukünftigen) Arbeitnehmern an. Die Beschäftigung von ausländischen Fachkräften muss weiter erleichtert werden und es sollte in die Ausbildung von Fachkräften – Stichwort Mint-Fächer – investiert werden.

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WA H L

CHRISTIAN RIETZ Project Manager Startups bei Bitkom

CEO von Tinkerbots

ADRIENNE FISCHER

CHRISTOPH GERLINGER

Die Digitale Agenda der Bundesregierung muss in der nächsten Legislaturperiode nicht nur fortgeschrieben werden, wir müssen „digital first“ denken. Startup-Politik muss keine Politik sein, die nur Startups in den Blick nimmt. Die beste Startup-Förderung ist eine Politik, die innovationsfreundlich ist, und das zentrale Ziel hat, Deutschland zu einem Hot-Spot der Digitalisierung zu machen: E-Government, Gründung per App, Abbau bürokratischer Hürden und Regularien, Schaffung von Testumgebungen – verbunden mit einer Willkommenskultur für internationale Fachkräfte. Wir haben diejenigen gefragt, die es betrifft. In einer Umfrage äußern mehr als 250 Startup-Gründer in Deutschland klare Wünsche an die Politik für die kommende Legislaturperiode: Vor allem Bürokratieabbau und die Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen stehen ganz oben auf der Wunschliste.

Aus unserer Sicht sollte in Deutschland dringend mehr in die digitale Bildung von Kindern investiert werden. Hier hängt Deutschland weit hinter dem Standard anderer europäischer Ländern zurück. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, die heranwachsende Generation bestmöglich auf ein Leben im digitalen Zeitalter vorzubereiten und sie dafür mit den notwendigen Kompetenzen auszustatten. Ein erster Schritt wäre ein Angebot von Robotik-Kursen an allen Schulen, in denen Kinder spielerisch das Programmieren erlernen können. Dafür benötigen Schulen die finanziellen Mittel und kompetente Lehrer.

Ich habe eine ganze Reihe von Wünschen an die Politik, aber wohlgemerkt keine Subventionierungswünsche. Das beginnt damit, die Behördenvorgänge bei Unternehmensgründungen zu beschleunigen und zu erleichtern (etwa was die Umsatzsteuer-ID-Nummer betrifft, die oft Monate dauert). Mitarbeiter-Optionen auf Startup-Anteile sollten wie im Ausland geringer besteuert werden. Börsengänge sollten erleichtert werden, zum Beispiel durch einen weniger aufwändigen Prospekt und Bafin-Billigungsprozess. Um die Angebotsseite von VCs zu fördern und damit mehr Kapital für Startups zu generieren, müssten unter anderem eine kapital- statt einer umlagebasierten Altersvorsorge eingeführt, die Anlageklasse VC für Kapitalsammelstellen wie Lebensversicherungen aufsichtsrechtlich zugelassen, staatliche Anlagetöpfe eingerichtet und eine steuerliche Förderung von Anlagen in VC eingerichtet werden. Schließlich brauchen wir unbedingt eine Abzugsfähigkeit von Vorsteuern auf Management-Fees wie im Ausland, sonst sind deutsche Investoren da immer systematisch deutlich benachteiligt, und eine Klarstellung, dass die Alternative Investment Fund Management Directive und das Kapitalanlagegesetzbuch für Venture Capital nicht gelten oder deren Geltung auf die mit VC vereinbaren Regeln eingeschränkt wird.

GUTE ABSICHTEN

Gründer von German Startups Group

Politiker pitchen ihre Agenda vor Gründern

FAST JEDES BUZZWORD ABGEHAKT Besonders Grüne und Linke wollen den Gründern gezielt den Start vereinfachen. Petra Sitte von Die Linke will ein Laissez-Faire-Jahr für Gründer einführen. Kerstin Andreae fordert 25.000 Euro Gründungskapital – zinsfrei und ohne Darlehen. Helge Braun spricht über „regulatory Sandboxes“. Diese sollen eine Möglichkeit sein, schnelle Ausnahmeregelungen für neue Geschäftsmodelle zu schaffen. „Wir haben jetzt fast jedes Buzzword abgehakt“, kommentiert Chris Bartz den Pitch von Hubertus Heil. „Wie bekommen wir denn entsprechende Fähigkeiten in die Schulen?”, fragt Verena Hubertz. Die Gründer bleiben kritisch und wollen von den Politikern vor allem wissen, wie sie ihr Ideen konkret in die Tat umsetzen können.

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Fotos: German Startups Group, Tinkerbots, Bitkom e. V.

„Mit dem Scheitern hat die FDP Erfahrung“, beginnt Christian Lindner seinen Pitch. „Wir sehen die Digitalisierung als Chance und nicht als Bedrohung“ – Politik ist auch eine Sache des Mindsets. Beim Get Started Policy Pitch im Juni mussten fünf Politiker ihre Agenda auf vier Minuten Redezeit eindampfen und einer Jury von Gründern präsentieren. Kitchen-Stories-Gründerin Verena Hubertz, Jörg Land von Tinnitracks, Raffaela Rein von Careerfoundry und Chris Bartz von Elinvar hinterfragten die Pitches der Politiker kritisch. Einig waren sich die Polit-Profis beim Thema Breitbandausbau. Kerstin Andreae von den Grünen will diesen teilweise über den Verkauf der Telekom-Aktien finanzieren, die der Bund noch immer hält. Dass wir Fachkräfte brauchen, die der schnellen Entwicklung der digitalen Welt gewachsen sind, haben ebenfalls alle Politiker erkannt. „Das beginnt in der Schule, muss aber auch in den Universitäten und für lebenslanges Lernen umgesetzt werden“, sagt Helge Braun von der CDU. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil schlägt eine bundesweite Strategie vor, statt dieses wichtige Thema auf Länderebene zu regeln.


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EY-Advisory-Partner Stefan Bley kennt sich mit Industrie-Hackathons aus − und weiß, welche Vorteile Start-ups haben, die dabei mitmachen.

ENORMER REPUTATIONSGEWINN EY-Partner Stefan Bley erklärt, was ein Industrie-Hackathon ist, wie sich Start-ups am besten darauf vorbereiten und welche Vorteile sie davon haben zu zeigen, was in ihnen steckt.

Fotos: Stephan Pietrowicz

Stefan, was ist eigentlich ein IndustrieHackathon? Er ist so etwas wie ein Crashkurs in Industrie 4.0. Für maximal zwei Tage arbeitet ein etabliertes mittelständisches Industrieunternehmen, das vor oder schon mitten in der digitalen Transformation steht, mit ausgewählten Start-ups zusammen, die frischen digitalen Wind ins Unternehmen bringen. Die Start-ups präsentieren am Schluss des Hackathons digitale Lösungsmöglichkeiten, die das Unternehmen dann weiterverfolgen kann. Die bisherigen Hackathons haben gezeigt, dass die Industrieunternehmen davon auch regen Gebrauch machen. Was sind die klassischen Aufgaben, die an die Start-ups gestellt werden? Viele Unternehmen erwarten von den Start-ups, dass sie bestimmte Themen wie Big Data, Analytics oder Augmented Reality in Angriff nehmen und neue Lösungen präsentieren. Oder sie denken − wie häufig im Maschinenbau − in klassischen B2B-Dimensionen und erwarten, dass die Start-ups ihnen helfen, ihre Maschinen bedienungs- und kundenfreundlicher zu machen. Start-ups denken aber eher mehrdimensional, also B2B2C, und kommen dann zu ganz neuen Lösungen. Gerade das macht einen Hackathon auch so spannend: Nach den zwei Tagen präsentieren die jungen Gründer plötzlich digitale Ideen, an die vorher keiner gedacht hat. Das sind Innovationsschübe, die die Unternehmen wirklich voranbringen.

Was hat ein Start-up davon, wenn es bei einem Industrie-Hackathon mitmacht? Zuallererst einmal hat das Start-up den hautnahen Kontakt zu einem Industrieunternehmen. Das Start-up sieht, wie eine Produktion funktioniert und was die Industrie bewegt. Es kann checken, ob die Ideen, die es im Kopf hat, im echten Produktionsbetrieb sinnvoll und praktikabel sind. Und dann ist natürlich der Reputationsgewinn enorm! Wenn sich das Start-up im Anschluss an den Hackathon irgendwo präsentiert, kann es mit dem Logo des Industrieunternehmens aufwarten. Und das hat schon einiges Gewicht. Wie kann sich ein Start-up auf den Hackathon vorbereiten? Es ist ganz bestimmt hilfreich, wenn sich das Startup im Vorfeld mit dem Unternehmen und seiner Branche vertraut macht. Es sollte also wissen, was das Unternehmen herstellt, welche Techniken vorhanden und wer die Kunden beziehungsweise die Kunden der Kunden sind. Außerdem gibt es vor dem Hackathon ein oder zwei Telefonate zwischen den Start-ups und dem Unternehmen. Dabei können sich beide Seiten beschnuppern. Letztlich sollte die Vorbereitung aber nicht zu akribisch sein. Das hemmt das Innovationspotenzial. Und außerdem achten wir schon bei der Auswahl der Start-ups darauf, welche Kompetenzen vorhanden sind und ob diese zum Industrieunternehmen passen. Welche Erfahrungen hast du bislang auf Industrie-Hackathons gemacht? Gab es zwischen den klassischen Unternehmen und den Start-ups Berührungsängste? Ich finde es immer wieder großartig, mit welcher Begeisterung sich die Start-ups einbringen und mit welcher Leidenschaft die Unternehmen mitmachen. Oft wird bis nach Mitternacht gemeinsam getüftelt und diskutiert, um die beste Lösung zu finden. Im Vorfeld gibt es bei den Unternehmen allerdings immer wieder Unsicherheiten, weil die

Mitarbeiter nicht genau wissen, was sie erwartet. Aber alle Start-ups, die ich bislang kennengelernt habe, konnten mit ihrer kreativen, unkomplizierten und kooperativen Art diese Unsicherheiten ganz schnell zerstreuen. Und am Ende haben sie Ideen geliefert, die einfach überzeugt haben! Wie erfährt ein Start-up, ob und wann ein Hackathon stattfindet? Das ist ganz einfach. Das Start-up muss nur den VDMA oder uns ansprechen. Wenn es darüber hinaus in unserer EY-Start-up-Community ist, erfährt es fast von selbst davon. Ich freue mich schon jetzt auf den nächsten Industrie-Hackathon! Wer ist Ansprechpartner beim VDMA?

Start-ups können sich bei Manuel Greupner melden. Telefonnummer: +49 69 6603-1793, E-Mail: manuel.greupner@vdma.org

STEFAN BLEY ist Advisory-Partner bei EY und hat zusammen mit dem VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) bereits mehrere Industrie-Hackathons durchgeführt. Mehr Informationen dazu findet ihr unter www.de.ey.com/wachstum. Wenn ihr Interesse daran habt, an einem Hackathon teilzunehmen, schreibt einfach eine E-Mail an stefan.bley@de.ey.com.


N E U E S TA R T U P S

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AUF DEM Drei Investoren bewerten* vier Startups

NINA WÖSS ist Principal bei Speedinvest, einem Seed-Stage-VC mit Fokus auf Fintech, Insurtech, Deeptech und Consumertech. Speedinvest unterstützt sein Portfolio in den Bereichen Recruiting, Sales, Business und Corporate Development sowie Branding und Marketing. speedinvest.com

THORBEN ROTHE ist Principal bei Capnamic Ventures und seit mehr als fünf Jahren als VC tätig. Als echter Berliner vertritt er den Kölner Kapitalgeber in der Hauptstadt. capnamic.com

MILA CRAMER ist Investment-Managerin bei Project A. Als Teil des 100-köpfigen Teams ist sie mit für das Sourcing von Ventures zuständig, die nach Abschluss von operativen Experten in Bereichen wie Business Intelligence und B2BSales unterstützt werden. project-a.com

* Grundlage der Bewertung sind die Pitch Decks der Unternehmen. Die Skala reicht von 1 – uninteressant bis 5 – sehr interessant.

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LIVABOUT

ist eine App, in der Nutzer Fotos hochladen und mit ihrem Style andere inspirieren. Die Nutzer können sogar Geld verdienen, weil das Unternehmen die Produkte verlinkt und seine Community an den Provisionen beteiligt. dropastyle.com

digitalisiert den Markt für Wohnen auf Zeit. Der Marktplatz konzentriert sich auf das B2B-Segment und vermittelt rund 600.000 Unterkünfte weltweit für berufsbedingte Aufenthalte, die Unternehmen bisher mühsam einzeln recherchieren mussten. livabout.com

Das Online-Fashion-Segment ist heiß umkämpft und mit etablierten Playern wie Zalando ein schwieriges Feld für Neueinsteiger. Mit dem Fokus auf Influencer hat sich Dropastyle ein äußerst kleinteiliges Segment ausgesucht. Als schwierig beurteile ich die Monetarisierung, welche über Affiliate Fees erfolgen soll. Um damit signifikante Umsätze zu erwirtschaften, ist eine hohe Marktdurchdringung notwendig, die nur mit hohen Investitionen in Marketing und Branding erreicht werden kann.

Livabout fokussiert ganz klar auf das B2B-Segment, das mit höheren Warenkörben einen attraktiven Markt darstellt. Hier steht es sich im Wettbewerb mit anderen Startups wie Homelike oder Homesuite. Es ist davon auszugehen, dass es auf eine The-­w inner-takes-it-all-Situation hinauslaufen wird – wer das Rennen macht ist im Moment noch offen, mit einem Restrisiko, dass Airbnb dieses Geschäftsfeld für sich entdeckt und die bestehenden Player verdrängt – oder auch akquiriert.

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

Das Modell basiert auf Affiliate-Umsätzen: Traffic akquirieren, zu Leads konvertieren und im besten Fall mehrfach monetarisieren. Um zu skalieren, soll die Crowd mobilisiert werden, Content zu generieren und dafür an der Vermittlungsprovision beteiligt werden. Ob das ein nachhaltiges Incentive darstellt, wird sich zeigen. Bei einer Provision von durchschnittlich sechs Prozent und üblichen Warenkorbgrößen braucht Dropastyle ordentlich Volumen, um eine kritische Marktgröße zu erreichen.

Livabout bringt Angebot und Nachfrage in einem heterogenen Markt zusammen und sorgt für Transparenz. Der Buchungsprozess wird nutzerfreundlicher und generiert zusätzlichen Mehrwert. Anbieter können über Livabout zudem neue Kunden gewinnen. Ein großes und bestenfalls exklusives Inventar wird erfolgskritisch sein. Wie fast alle Online-Marktplätzen wird sich auch dieser schnell konsolidieren. Speed und eine gute Execution werden den Sieger ausmachen.

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

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Dropastyle adressieren ein durchaus relevantes Problem im Fashion-E-Commerce-­ Bereich. Viele Player versuchen, dasselbe Problem zu lösen. Dabei gibt es verschiedenste Ansätze. Der Lösungsansatz von Dropastyle erscheint mir auf den ersten Blick wenig intuitiv und sehr umständlich für beide Seiten. Ein Lösungsansatz in dem Bereich sollte eher im Shop beginnen oder als zusätzliches Layer direkt auf bestehende Social-Media-Portale aufsetzen.

Der Bedarf an Flexible-Living-Lösungen ist steigend. Eine Integration mit Global-­ Distribution-Services wie Amadeus ist ein guter Ansatz. Dass Livabout sich mit dem Request-for-proposal-Prozess auseinandersetzen, ist interessant. Das ist ein Zeichen dafür, dass sie sich über die Challenge bewusst sind, den Buchungsprozess an der die Buchung letztendlich ausführenden Zielgruppe auszurichten. Das ist besonders wichtig, um für B2B-Kunden als Lösung relevant zu sein.

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

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Fotos: Speedinvest, Capnamic Ventures, Project A

GRILL

DROPASTYLE


TRIPALISTA versteht sich als soziale Reise-Plattform. Das Startup verbindet Elemente wie Karten, Routen, Fotos und Text, damit Nutzer ihre Reiseerlebnisse mit anderen teilen und Informationen für ihre eigene Reise recherchieren können. tripalista.com

THERAPIO ist eine App für Physio- und Ergo-Therapeuten sowie Logopäden. Damit können sie Übungsvideos und Trainingspläne für Patienten erstellen, für einen kontrollierten Therapieverlauf sorgen und die Bindung der Patienten zu ihrer Praxis stärken. therap.io

Als besondere Herausforderung sehe ich bei Tripalista die Monetarisierung über kleinteilige Revenue Streams, was eine sehr große und aktive NutzerInnenbasis erfordert. In diesem Bereich gibt es etliche Mitbewerber und man konkurriert indirekt mit etablierten Playern wie Tripadvisor. Als Chance sehe ich die Positionierung über eine einfache und moderne UX/UI und Partnerschaften mit Unternehmen wie Booking.com, auf deren Basis günstige User Acquisition Costs zu erwarten sind.

Therapio baut auf die Generation von Internet- und Smartphone-NutzerInnen, die dank verschiedenster Anwendungen im Bereich Sport (wie Fitbit und Runtastic), aber auch Gesundheit (zum Beispiel Mysugr) bereits an die Verknüpfung von Therapie oder Training und Smartphones gewohnt sind. Die Herausforderung liegt darin, die TherapeutInnen und ÄrztInnen sowie die Krankenkassen von der Sinnhaftigkeit und dem Nutzen solcher Anwendungen zu überzeugen.

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

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Mit Social Recommendations und viel visuellem Content will Tripalista Millenials zur nächsten Fernreise inspirieren. Verdient wird über Affiliate-Umsätze. Der Markteintritt auf dem Reisemarkt ist für neue Spieler schwierig. Das scheint das Tripalista-Team erkannt zu haben und setzt auf Kooperationen mit bestehenden Akteuren. Trotz hoher Warenkörbe bleibt die Provision pro Buchung überschaubar und die Anzahl der Fernreisen hält sich für den Durchschnittsbürger auch in Grenzen.

Therapie-Einrichtungen zahlen eine monatliche Subscription, um ihre Patienten über die Therapio-App auch außerhalb der Praxis zu unterstützen. Beim aktuellen Funktionsumfang stellt sich die klassische Investorenfrage: „Is it a product or a feature?“ Das Wachstumspotenzial von Therapio ist bei gegebenem Geschäftsmodell und Pricing überschaubar und für einen VC vermutlich nicht ausreichend. Zudem sind keine Markteintrittsbarrieren zu erkennen, die Therapio verteidigbar machen.

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

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Die Benutzeroberfläche von Tripalista ist sehr ansprechend. Das Team scheint stark produktzentriert, was gerade in diesem Markt wichtig ist. Es wird mit Sicherheit eine Challenge, Liquidität auf die Plattform zu bringen und das dann richtig zu monetarisieren, aber der Ansatz ist spannend. Eine Möglichkeit, zu Beginn Trac­ tion zu treiben, könnte sein, sich zunächst auf eine Nische zu konzentrieren und diese dann nach und nach zu erweitern.

Das Modell von Therapio ist sehr interessant und die Versicherungen bewegen sich in genau dieselbe Richtung, was das Modell für Therapeuten sehr attraktiv macht. Eine Challenge wird mit Sicherheit sein, Patienten zur Nachsorge an die App zu binden und es Therapiezentren so zu ermöglichen, die Länge einer Therapie auszuweiten. Dabei ist es wichtig, mit Reha-­ Kliniken gemeinsam ein passendes Produkt zu entwickeln. Da scheint Therapio mit den Pilotprojekten auf einem guten Weg.

GESCHÄFTSMODELL: PRODUKT: MARKTPOTENZIAL:

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STARTUP-ALLTAG AUF ISRAELISCH Bei den vollen Cafés im Zentrum von Tel Aviv-Jaffa möchte man meinen, es wird nicht gearbeitet. Aber das Gegenteil ist der Fall: Denn kaffeetrinkend sind hier schon einige erfolgreiche Startups geboren worden Nordamerika meist nicht unbegrenzt lange aufhalten darf, sind die Cafés in Israel wie ein zweites Zuhause. Es gibt immer guten und starken Kaffee, kulinarische Spezialitäten und Kellner, die nicht nur oft zu Freunden werden, sondern Sie auch an Ihre Deadlines erinnern. Man sagt, dass Kaffee, kulinarische Kreativität und Innovation für Tel Aviv typische

Die Start Alliance Berlin hat es sich zur Aufgabe gemacht, globale Aktivitäten für Berliner Startups mit internationalen Ambitionen zu erleichtern. Zum Beispiel mit Austausch-Programmen, die Berlin Partner jedes Jahr organisiert, um junge Gründer bei der Expansion zu unterstützen. Zu den Partnerstädten gehören New York, Shanghai, Paris, London – und Tel Aviv. Informiert euch über die Programme:

STARTALLIANCE.BERLIN

Leidenschaften sind. Tatsächlich kann man in der ganzen Stadt Coworking-Räume mieten. Doch für die meisten von uns, die wir Startup-Gründer sind, sind es die Cafés in der Stadt, in denen wir uns treffen, besprechen und vernetzen. Manche der Cafés verfügen über Sitzsäcke, damit es sich Unternehmer und Studenten so bequem wie möglich machen können. Manche legen auch Polster auf die Sitzbänke. Und das Wichtigste: in fast allen Cafés sind Laptops willkommen und es gibt rund um die Uhr kostenloses WLAN. IM CAFÉ INS GESPRÄCH KOMMEN Wenn Sie also das Loblied der Politik auf Tel Aviv als Israels Startup-Zentrum mit einem florierenden Hightech-Ökosystem, Top-Talenten, einer aktiven Szene von Risikokapitalgebern und einer lebendigen Kulturszene hören, dann ist das nicht nur ein Lippenbekenntnis. Tel Aviv wurde mehrfach international als eine der weltweit innovativsten und

MILLY ADA ABRAHAM Redakteurin des Hadassah Magazins hadassahmagazine.org

Fotos: Renta Sedmkov/Fotolia.com, Tim Gouw/pexels.com, Berlin Partner

Besuchen Sie ein beliebiges Café im Zentrum von Tel Aviv-Jaffa, egal ob am Morgen, Mittag oder Abend – und Sie werden feststellen, dass die Cafés immer gut besucht sind. Daher fragen sich die meisten Besucher dieser Stadt am Mittelmeer, ob hier überhaupt jemand arbeitet. Während man sich in den Cafés in vielen Ländern Europas und in


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kreativsten Städte ausgezeichnet. Und viel von dieser Innovation und Kreativität entsteht in den Cafés der Stadt. Wenn Sie das erste Mal hier sind, besuchen sie einfach einmal ein Café – aber keine Touristenfalle, sondern ein Lokal, das von Einheimischen frequentiert wird, und Sie werden die Atmosphäre dieser kreativen Stadt spüren.

ISRAELIS UND BESONDERS DIE MENSCHEN IN TEL AVIV LIEBEN ES, IHR WISSEN ZU TEILEN Fragen Sie, wenn möglich, Ortsansässige nach einem Café, denn jedes Café hat sein eigenes Publikum. Und wenn Sie allein unterwegs sind, kommen Sie hier leicht mit Leuten aus Tel Aviv ins Gespräch. Israelis und besonders die Menschen in Tel Aviv lieben es, ihr Wissen zu teilen. Sie tauschen auch gerne Meinungen aus und entwickeln gemeinsam Ideen, auch wenn man sich eben erst getroffen hat. Und die Bewohner der Stadt scheinen jede Sprache zu sprechen. DEN RICHTIGEN ACCELERATOR FINDEN Mein Startup hat kürzlich entschieden, dass wir bereit für ein Accelerator-Programm sind, um unser Unternehmen und unser Produkt auszubauen. In Isra­e l gibt es mehr als 260 Accelerator, von denen etwa 50 in Tel Aviv sind. Ständig kommen neue hinzu, und uns ist klar, dass es etwas Zeit in Anspruch nehmen wird, den richtigen zu finden. Ich ging also mit einem Businessplan in der Hand in die Cafés am Boulevard Rothschild, der Hauptverkehrsachse von Tel Aviv und Herz der Startup-­Szene, um Informationen von anderen Laptop-Nutzern über die besten Accelerator der Stadt zu erhalten. Die Besucher der Cafés am Boulevard Rothschild gaben mir ihre Empfehlungen in Bezug auf Unternehmens-Accelerator wie Microsoft Acce­l erator, IBM Alpha Zone, Barclays Techstars Acce­lerator oder Citi Innovation Lab. Es zeigte sich, dass diese Accelerator über die besten Rankings verfügen und sich besonders für etablierte Startups interessieren, die nicht nur in der Produktentwicklung tätig sind. WIE EINE GOLDMINE Anschließend begab ich mich in die Cafés ein paar Straßen weiter in der Nähe von The Library, einem von der Stadt finanzierten Coworking-Standort für junge Unternehmer. Es war, als wäre ich auf eine Goldmine gestoßen. Die Unternehmer, die in den Cafés entlang der Straße Ahad Ha’Am arbeiteten, erklärten mir, welche der von Investoren betriebenen Accelerator Frühfinanzierungen anbieten und einem bei der Umsetzung des Businessplans helfen. In den Cafés unweit des Habima Square und entlang der Dizengoff Street sollten wir den Empfehlungen gemäß von Universitäten unterstützte Accelerator treffen, die für ihre großen Pools an sachkundigen und gut vernetzten Absolventen bekannt sind und bereit, als Mentoren zu arbeiten. Die letzte Entscheidung liegt natürlich bei mir, doch

haben diese Zufallsbekanntschaften nicht nur mein Netzwerk gestärkt, sondern mir wertvolle Ratschläge für die nächsten Schritte gegeben. Einen Tipp hörte ich wieder und wieder, nämlich dass mein Startup einen Namen braucht, noch bevor wir uns auf die Suche nach einem Accelerator-Programm begeben. Die Treffen in den Cafés sind jedenfalls nur der erste Schritt, darauf müssen Netzwerk-Treffen, Meetups und Hackathons folgen.

UNTER­N EHMEN AUS DER GANZEN WELT SIND AN DEN PLÄTZEN IN ISRAE­LISCHEN PROGRAMMEN INTERESSIERT

HARTER WETTBEWERB Jeder kennt jeden über sechs Ecken? Nicht hier. Tel Aviv mag im Vergleich zu europäischen Städten klein sein, doch es ist ein blühendes globales Wirtschaftszentrum. Und die geringe Einwohnerzahl hilft dabei, wichtige Kontakte zu knüpfen, Berater zu treffen und hoffentlich Bekanntschaften zu schließen, die einem dabei helfen, ein erfolgreiches Unternehmen zu werden. Eine Warnung, die ich von diesen freundlichen Fremden immer wieder erhielt, lautete, dass der Wettbewerb trotz der zahlreichen Accelerator-Programme hart bleibt. Denn nicht nur Israelis konkurrieren um einen Platz in den unterschiedlichen Accelerator-Programmen: Auch Unternehmen aus der ganzen Welt (einschließlich Deutschland) sind an den Plätzen in den israelischen Programmen interessiert. Immer mehr Unternehmen beteiligen sich an mehreren Accelerator-Programmen, um Kontakte, Geldgeber und Know-how für ein Startup zu gewinnen, bevor es am Markt einsteigt. Tel Aviv hat sich nicht umsonst einen Namen als Starthilfe – oder besser als Beschleuniger – für erfolgreiche Startups gemacht. Denn man weiß nie, welcher Kaffeehausbesucher mit Laptop der nächste bekannte CEO oder Gründer eines Unicorns ist. Doch unzweifelhaft ist der- oder diejenige bereits in einem der angesagten Cafés von Tel Aviv unterwegs, um Pläne zu schmieden und Ideen zu entwickeln.

Construction Tech Meetup bei Sosa: Gemeinsam mit DB Mindbox, dem Accelerator der Deutschen Bahn, war die Start Alliance Berlin im Juni 2017 auf Scouting-Tour in Tel Aviv.


INSURTECH

IM DIALOG Smart, anpassungsfähig, digital: Insurtechs entwickeln die Versicherung der Zukunft

Ich buche eine Reise nach Mexiko. Mein Handy vibriert und die App meiner Versicherung bietet mir an, direkt einen Termin für die nötigen Reiseimpfungen bei meinem Arzt zu vereinbaren. Ich tippe auf „OK“. Weil sie Zugriff auf meinen Kalender hat, weiß meine Versicherung, wann ich Zeit für einen Termin habe und zwei Tage später kann ich mich auch schon impfen lassen. Die App weist mich außerdem darauf hin, dass meine Krankenversicherung im Ausland nicht greift und passt meine Police so an, sodass ich während der drei Wochen abgesichert bin. Ein Partner für alle Fälle: persönlich, datengetrieben, auf den Kunden abgestimmt – so könnte die Ver­ sicherungsleistung der Zukunft aussehen. Digitale Kommunikation, große Datenmengen und intelligente Algorithmen, die diese Daten durch­ suchen und deuten können, schaffen auch für die Versicherungsbranche einen großen Raum an neuen Möglichkeiten. WENIG VERTRAUEN, KEINE ERWARTUNGEN Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. In Deutschland sind aktuell mehr als 900 Versicherer lizensiert und jeder Deutsche gab 2015 im Durchschnitt 2370 Euro für Versicherungen aus. Doch mehr als ein Viertel der Kunden beschwert sich über die nicht einwandfreie Bearbeitung eines Schadenfalls und die mangelnde Transparenz der Policen. Das fand das Deutsche Institut für Service-Qualität 2016 in einer Umfrage he­ raus. Die Studie zeigt trotzdem eine relativ hohe Zufriedenheit der Versicherten. In einer Studie des Thinktanks GfK Verein gaben 2016 aber nur 35 Prozent der Befragten an, Vertrauen in die Versicherungsbranche zu haben. „Kunden haben sich daran gewöhnt, nicht viel von ihrer Versicherung zu erwarten“, sagt Wolff Graulich, CEO der Start­

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up-Versicherung Element im Gespräch mit Berlin Valley (Interviews und Startup-Porträts auf den folgenden Seiten). Kein Wunder: Versicherungsverträge sind für den durchschnittlichen Kunden kaum verständlich, um mit dem Versicherer zu kommunizieren, muss der Kunde meist lange Formulare ausfüllen und Vertreter haben noch immer den Ruf, skrupellose Drücker zu sein und Verträge auch zum Nachteil des Kunden abzuschließen. EINE ANGENEHME ERFAHRUNG Der Versicherungsmarkt ist aber auf dem Weg, eine angenehmere Erfahrung für seine Kunden zu kreieren. Die Versicherer arbeiten selbst an ihrem Kundenservice und neue Spieler betreten die Bühne. Startups setzen sich an die Schnittstelle zwischen Kunde und Versicherung und verdienen ihr Geld damit, Versicherten ein besseres Gefühl und mehr Sicherheit zu geben. Digitale Makler wie das Frankfurter Startup Clark und das Schweizer Unternehmen Knip betreuen ihre Kunden haupt­s ächlich über das Smartphone und schlüsseln die Policen übersichtlich auf, sodass der Kunde einen Überblick hat, welche Leistungen er von seiner Versicherung erwarten kann. Durch die digitale Kommunikation können diese Unternehmen ihre Kunden auch regelmäßig ansprechen und nach Veränderungen der Lebenssituation fragen, um den Versicherungsschutz gegebenenfalls anzupassen. Wefox setzt ebenfalls auf eine bessere Kundenerfahrung über den Makler, hält sich aber aus dem Rennen um neue Endkunden heraus. Das Unternehmen von Gründer Julian Teicke hat ein Tool entwickelt, das Makler digital unterstützt und sie so wesentlich effizienter macht. Das Startup Friendsurance gibt seinen Kunden bis zu 40 Prozent ihrer Beiträge zurück, wenn sie im Laufe des Jahres keinen Schaden bei ihrer Ver-

sicherung melden. Kunden haben so nicht das Gefühl für etwas zu bezahlen, das sie gar nicht brauchen. Simplesurance holt Kunden auch in der digitalen Welt da ab, wo sie sind. Das Unternehmen hat eine Integration für Onlineshops entwickelt, das dem Käufer passend zum Produkt direkt eine Versicherungsleistung anbietet. VORBILDER KOMMEN AUS DEN USA Nach Berechnungen von Finanzchef24 erhielten deutsche Insurtechs im Jahr 2016 Risikokapital mit einem Volumen von 82,4 Millionen Dollar – eine Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr. Trotzdem liegen wir im internationalen Vergleich hinter anderen Ökosystemen zurück. Die Vorbilder kommen – wie so oft – aus den USA: Allein das New Yorker Versicherungs-Startup Oscar erhielt im vergangenen Jahr 400 Millionen Dollar an Kapital und ist insgesamt bereits mit 727 Millionen Dollar finanziert. Oscar bietet verschiedene Pakete zur Krankenversicherung und unterstützt seine Kunden im Krankheitsfall aktiv, statt nur finanzielle Leistungen zu erbringen. Das kalifornische Startup Clover –­ ebenfalls ein Krankenversicherer – nutzt die Daten der Patienten, um klinische Profile zu erstellen, Risikopatienten zu erkennen und ihnen gezielt zu helfen, gesund zu bleiben. Dabei geht es nicht nur darum, dass ein kranker Kunde gesund wird, sondern auch, dass ein gesunder gesund bleibt. Das Unternehmen bekam Anfang 2017 noch einmal 130 Millionen Dollar und konnte seit der Gründung 2014 insgesamt bereits 425 Millionen Dollar einsammeln. STARTUPS AN DER STARTLINIE Wirklich neue Versicherungsprodukte gibt es in Deutschland bisher kaum. Der Markt ist stark reguliert, deshalb waren die Produktlieferanten bisher


INSURTECH

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Versicherer sind in Deutschland lizensiert

die alten Versicherer. Die ersten Lizenzen an Insur­ techs werden gerade erst vergeben. Die Szene steht mit angelassenem Motor an der Startlinie: Element kann voraussichtlich schon im Spätsommer mit Lizenz starten. Das Startup will nicht in den Endkundenmarkt, sondern versteht sich als Enabler für Insurtechs, fährt also ein ähnliches Modell wie es das bei Fintechs mit der Solarisbank schon gibt. Mit anpassungsfähigen Produkten wird Element der lizensierte Partner für innovative Gründer sein. Was genau geplant ist, erzählt CEO Wolff Graulich im Interview (Seite 34). Eine ganz große Vision verfolgt One. Das Startup wurde gerade vom Makler-Tool Wefox gekauft. Gründer Julian Teicke wird künftig der Gruppe aus beiden Unternehmen vorstehen und sagt über die Vision von One: „Versicherer werden stark von der wachsenden Menge an Daten profitieren und in Zukunft immer relevanter werden. One will Versicherungsleistungen auf dieser Datenbasis aufbauen und seine Kunden in Echtzeit nach ihrem tatsächlichen Risiko versichern.“ Kunden sollen sich bei One in wenigen Minuten online registrieren können, bei einem Schaden will der Versicherer direkt bezahlen, wenn der Nutzer den Schaden online gemeldet hat, Kunden, die keine Schäden melden, sollen Geld zurückbekommen und jede Police wird monatlich kündbar sein – damit wirbt das Startup auf seiner Website. Starten soll der Service im September 2017. Etherisc treibt Innovationen auf einer anderen Ebene voran: mit der Blockchain-Technologie will das Startup Versicherungen anbieten, die ohne Menschen funktionieren. Durch einen Smart Contract sollen alle Schritte automatisch ausgelöst werden. Mit einem branchenrelevanten Investor hat das lizensierte Startup Ottonova Aufmerksamkeit erregt:

INSURTECH LIEGT IM HYPE CYCLE FÜNF JAHRE HINTER FINTECH ZURÜCK

2370 Euro bezahlte jeder Deutsche 2015 im Schnitt für Versicherungen

Anfang 2017 investierte der größte private Krankenversicherer Debeka zehn Millionen Euro. Mit diesem Kapital konnte Ottonova im Juni 2017 die ersten Kundenverträge abschließen. AUF DEN SCHULTERN VON RIESEN Solche Kooperationen zwischen Old und New Economy sind ein wichtiger Treiber für die Entwicklung der Branche. „Insurtech steht im Hype Cycle im Moment da, wo Fintech vor fünf Jahren stand“, schätzt Insurtech-Investor Mehrdad Piroozram (siehe Interview Seite 38). Dort sind aktuell viele Kooperationen zwischen Banken und Startups zu beobachten. Versicherungskunden sind teuer, weil sie nur selten ihren Anbieter wechseln und die Konkurrenz um die wenigen Neukunden sehr groß ist. „Das ist ein Capital Game“, sagt Mehrdad. Ein Spiel, das die Startups verlieren könnten. In Kooperation mit den Versicherern könnten sie dagegen ihren Service für deren Kunden zur Verfügung stellen und damit die Marke des Versicherers stärken. Dieser Shift hin zu B2B-Modellen vollzieht sich gerade auch im Fintech-Markt. Als Kapitalgeber ­ – als Corporate VCs oder mit Accelerator – stärken Versicherer das Ökosystem auch finanziell. Mit Allianz X baut die Allianz zum Beispiel selbst Insurtechs auf, die ihr Geschäftsmodell ergänzen sollen. Die Axa hat mit Axa Strategic Ventures international bereits in mehr als 20 Insurtechs investiert. Wie Element können auch etablierte Versicherungsunternehmen Startups ihre Lizenzen zur Verfügung stellen, damit sie ihre Vision umsetzen können. Nicht jedes Startup braucht eine eigene Lizenz. In diesem Bereich ist beispielsweise die Münchener Rück sehr aktiv.

6,2% des BIP wurden 2015 an Versicherungen bezahlt

DER KUNDE ENTSCHEIDET Der Insurtech-Markt entwickelt sich in verschiedene Richtungen: Prozesse werden automatisiert – im Extremfall könnten Versicherungen sogar völlig unabhängig von Menschen arbeiten. Das zeigen Beispiele wie Etherisc. Es ergeben sich neue Vertriebskanäle: Technologien wie das Plug-in von Simplesurance ermöglichen, Versicherungen in andere Produkte und Dienstleistungen zu integrieren. Versicherer verändern ihre Rolle und fokussieren sich stärker auf Prävention, das zeigen besonders die Beispiele aus den USA. Wenn sich die Datenmenge weiter erhöht und immer mehr Daten für Versicherer zugänglich werden, könnte die Versicherung der Zukunft sich auch an Live-Daten orientieren, um das Risiko eines Kunden abzusichern. Außerdem wird das Thema Versicherungen transparenter und auch verständlicher. Dadurch bekommt der Kunde mehr Kontrolle, weil er sich bewusst entscheiden kann. Mit dieser Entwicklung entstehen neue Versicherungsmodelle, die weg gehen von den großen Sicherheitspaketen und hin zu individuelleren Tarifen, die nur das versichern, was der Kunde wirklich braucht. Bisher sind diese Entwicklungen noch nicht im Massen­ m arkt angekommen. Der größte Teil der Kunden steckt noch in der alten Welt und hat von der neuen möglicherweise nicht einmal etwas mitbekommen. Die Akzeptanz der neuen Produkte wird auch ganz erheblich davon abhängen, wie das Thema Datenschutz in Zukunft gelöst wird. Dabei ist aber nicht nur die Versicherungsbranche selbst gefragt – sondern auch die Politik. Anna-Lena Kümpel

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INSURTECH

„INSURTECHS MÜSSEN DEN KUNDEN ERST MAL ERZIEHEN“ Wir werden auch mit Versicherern, Maklern und digitalen Händlern zusammenarbeiten. Was könnt ihr Insurtechs im Vergleich zu etablierten Versicherungen bieten? Wir konzentrieren uns vor allem auf moderne und flexible Produkte. Bisher sind Versicherungen sehr konservativ gestaltet. Sie sind nicht an den Kunden und an die technischen Möglichkeiten angepasst. Viele Insurtechs haben Ideen für neue Produkte, finden aber keine Versicherung, mit der sie das umsetzen können.

Bevor er zu Element kam, arbeitete Wolff Graulich unter anderem für die Arag und die Axa, immer mit Fokus auf Business Development. Für die Arag war er am Aufbau zweier Startups beteiligt und fand Spaß an dieser Art des Arbeitens. Bei Element kann er das jetzt fortsetzen.

Wolff Graulich, Vorstand der digitalen Versicherungsplattform Element, spricht über ungünstige Kundenerwartungen und die richtige Steckdose für Startups Wolff, welche Schwierigkeiten gibt es bei der Digitalisierung der Versicherungsbranche? Das Verhältnis deutscher Kunden zu ihren Versicherungen ist nachhaltig gestört. Das liegt unter anderem an Fehlern in der Vergangenheit bei der Gestaltung und dem Vertrieb der Produkte. Insurtechs müssen den Kunden erst mal dazu erziehen, ihre Lösungen nachzufragen. Die meisten Menschen haben nämlich keine großen Erwartungen mehr an ihre Versicherung. Die Versicherer versuchen zwar, einen guten Kundenservice zu liefern, aber die Produkte sind nicht am Kunden entlang entwickelt. Prozesse und IT sind veraltet. Welche Herausforderungen ergeben sich für Startups? Die ersten Insurtechs haben sich zwischen Kunde und Versicherer gestellt, um das Handling von Ver-

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DIE GANZE BRANCHE IST IN BEWEGUNG sicherungen zu vereinfachen. Einige – wie Clark und Knip – haben sich dann eine Vermittlerlizenz besorgt und sich so mehr Freiheit für ihr Geschäftsmodell geschaffen. Gleichzeitig haben sie sich durch die Regulierung aber auch Komplexität ins Unternehmen geholt, die Startups eigentlich nicht wollen. Die Produktlieferanten blieben außerdem die alten Versicherer mit ihren umfangreichen und unflexiblen Produkten. Insurtechs finden kaum die richtige Steckdose, an die sie sich anschließen können. Und diese Rolle will Element übernehmen? Ja, wir sind die Produktlieferanten und Kooperations­ partner für Insurtechs. Wir suchen nicht nach eigenen Endkunden, sondern bedienen nur die Kunden unserer Partner. Kooperiert ihr nur mit Insurtechs oder seid ihr auch offen für andere Partner?

Wird so etwas überhaupt nachgefragt? Im Moment ist die Nachfrage noch sehr niedrig und viele Insurtechs kämpfen mit den Gewohnheiten und Erwartungen ihrer Kunden. Diese umfangreichen Produkte haben auch etwas Bequemes. Insur­techs müssen ihre Nutzer jetzt daran gewöhnen, dass die Kommunikation einfach und das Produkt flexibel ist. Das wird sicher noch ein paar Jahre dauern. Und bis es soweit ist? Die ganze Branche ist in Bewegung und jedes Startup, das jetzt antritt, hat seinen Anteil daran, dass Kunden sich umgewöhnen. Startups wie Clark machen das auch schon sehr gut. Sie richten sich vor allem an junge und digitalaffine Menschen. Auf dem Weg werden sicher auch einige Unternehmen auf der Strecke bleiben, das ist völlig normal. Diese Übung muss jetzt gemacht werden. Du bist gar nicht der klassische StartupCEO. Wie kommst du zu Element? Das stimmt. Ich komme aus dem klassischen Versicherungsgeschäft und durfte in der Vergangenheit das internationale Geschäft der Arag leiten. In dem Kontext habe ich auch zwei Startups hochgezogen. Es hat mir richtig Spaß gemacht, ein Produkt nah am Kunden zu bauen. Als Finleap auf mich zukam und gefragt hat, ob ich Element machen will, dachte ich: ‚Warum nicht?‘ Was sind jetzt die ersten Schritte für Element? Wir werden erst mal eine breite Palette anbieten: Sach-, Haftpflicht-, Unfall-, Reise-, und Rechtsschutzversicherungen. Bei Kranken- oder Lebensversicherungen bräuchten wir eine andere Lizenz, daran arbeiten andere Startups. Ende November 2016 haben wir unseren Antrag für eine Sachversicherungslizenz bei der Bafin eingereicht und sind optimistisch, in diesem Jahr starten zu können. Fotos: Finleap

WOLFF GRAULICH

Was ist das Problem mit dem Aufbau von Versicherungsprodukten? Nehmen wir zum Beispiel die Hausratversicherung. Sie basiert auf der Idee, dass alle Haushalte gleich sind – überspitzt gesagt: Teppich, Fahrrad, Plattenspieler, Röhrenfernseher. Um all diese Dinge zu versichern, gibt es einen sehr langen und komplizierten Vertrag. Ein Student möchte vielleicht nur sein Fahrrad und sein Notebook versichern. Kunden haben oft das Gefühl, für etwas zu bezahlen, das sie gar nicht brauchen. Wir machen solche Versicherungen modular und situativ möglich.


INSURTECH

Das ist sehr schnell. Ja, das stimmt. Aber wir haben mit der Signal Iduna schon einen ersten Kooperationspartner und freuen uns auf weitere. Dabei werden wir darauf achten, dass unsere ersten Partner sehr verschieden sind. Element muss beweisen, dass es in unterschiedlichen Bereichen handlungsfähig ist. Wie schwer ist es, die Branche von euch zu überzeugen? Auf der Liste ernsthaft interessierter Partner stehen schon mehr Namen, als wir 2017 umsetzen können. Wie wollt ihr Geld verdienen? Ganz klassisch über den versicherungstechnischen Ertrag. Es kommt Geld über die Beiträge rein, ein Teil davon geht als Provision an den Vertrieb – die Makler, Kooperationspartner und so weiter. Dann wird natürlich der größte Teil im Schadenfall an die Versicherten ausbezahlt. Übrig bleibt meistens eine Marge zwischen fünf und acht Prozent. Könnt ihr euch vorstellen, eure IT als Whitelabel-Lösung an andere Versicherer zu verkaufen? Das ist nicht so einfach. Versicherungen sind anders reguliert als Banken und wir dürfen nicht einfach einen Teil auslagern. Der historische Grund dafür ist der, dass alle Ausgaben einer Versicherung von den Beiträgen der Kunden bezahlt werden müssen. Deshalb dürfen wir nicht einfach einen Teil

abtrennen und ein separates Geschäftsmodell da­ rauf aufbauen. Die Investition müsste ebenfalls von den Geldern der Versicherten bezahlt werden, der Ertrag kommt ihnen aber nicht zugute. Wir dürfen als Versicherung nichts anbieten, bei dem wir kein Versicherungsrisiko in unsere Bücher schreiben. Es gibt allerdings die Möglichkeit, die Software als eigene GmbH auszugründen, oder das Risiko zunächst für einen anderen Versicherer zu übernehmen. Beides können wir uns vorstellen. Aber zuerst soll Element als Ganzes funktionieren, bevor wir darüber sprechen, wieder einen Teil des Gebildes herauszuschneiden. Welchen Eindruck hast du von der Insurtech-Szene? Insurtechs denken Versicherungen vom Kunden her statt aus einer Tradition heraus. Das ist auf jeden Fall ein Wertbeitrag. Man sieht Trends wie digitale Versicherungsmakler, Item Insurance und digitale Versicherungen. Bei der Item Insurance und situativen Versicherungen muss sich noch zeigen, wie erfolgreich das ist. Da fehlt bisher noch die Nachfrage. Digitale Versicherungen und Traditionsunternehmen werden auch verschmelzen. Der Wandel in einer solchen Branche vollzieht sich nicht plötzlich und die Insurtechs werden die großen Versicherer nicht einfach verdrängen. Sie werden eher zusammenarbeiten.

NAME: Element

GRÜNDUNG: 2016

GRÜNDER: Finleap

MITARBEITER: etwa 20

STANDORT: Berlin

SERVICE: Inurance-as-a-Service für Insurtech-Startups, Makler und etablierte Versicherungen element.in

Das Gespräch führte Anna-Lena Kümpel.

Vertriebswege von Versicherungen 2015 Anteile der Vertriebswege am Neugeschäft in %

6,1 (5,2)

26,3

41,0

(26,0)

(41,9)

3,0 (3,3)

2,9 (2,6)

4,8 (5,3)

6,1 (5,2)

2,7 (3,5)

5,6 (6,0)

13,5 (12,0)

4,7 (4,8)

Kreditinstitute

Direktvertriebe2

Sonstige

20,7

(21,0)

Leben

56,6

3,1 (3,2)

(56,2)

26,7

(26,6)

Kranken

46,5

2,6 (2,6)

27,1

(28,4)

(46,2) Schaden/Unfall1

Einfirmenvermittler

Mehrfachvertreter

Makler

1 Sach-, Unfall-, Haftpflicht-, Kraftfahrt- und Rechtsschutzversicherung 2 inklusiv Vergleichsportale

Quelle: www.gdv.de | Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)

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INSURTECH

CLARK Alles im Blick

Die neue Customer Experience

Eine Produktivitäts-Maschine für Makler – so beschreibt Wefox-­ Gründer Julian Teicke sein Unternehmen. „50 Prozent aller Versicherungen werden über Makler verkauft“, sagt er. Die arbeiten bisher aber noch nicht so effizient, wie sie könnten. Wefox bietet ein Backoffice, das die automatisierbaren Aufgaben für einen Makler übernimmt: Ein Bot beantwortet einfache Anfragen, Termine werden automatisch erstellt und vorbereitet, das Beratungsgespräch findet digital über Videochat statt und sogar die Abwicklung von Änderungen wie Kündigungen oder neue Policen übernimmt das System. „So kann der Makler bis zu fünfmal mehr Kunden managen als vorher und seine Umsätze um bis zu 60 Prozent steigern“, sagt Julian. Bisher sind etwa 600 Makler angebunden, die zusammen 130.000 Endkunden managen. 900 weitere Makler sind in der Warteliste. Auch die Endkunden haben eine Schnittstelle zu Wefox. In der App können sie sich mit ihrem Makler verbinden, Fragen stellen und ihre Tarife nach Leistungen und Kosten aufgeschlüsselt sehen. Das Startup nimmt 30 Prozent des Umsatzes seiner Makler, garantiert allerdings, dass der Makler auch nach Abzug dieser Gebühr in keinem Fall weniger verdienen kann als zuvor. In Zukunft sollen die Abläufe für Kunden noch einfacher werden. Dazu hat Wefox die Next Gen API entwickelt, ein System aus fünf APIs, an die Versicherer sich anschließen können. Das soll bald mit den ersten sechs Partnern getestet werden. „Unser Ziel ist es, den Standard für die Customer Experience von Versicherungen zu kreieren“, sagt Julian. wefox.de

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Fotos: Clark, Wefox, Christoph Mussenbrock, Tim Kunde

WEFOX

„Wir möchten, dass unsere Kunden gut und richtig versichert sind und sich um ihre Versicherungssituation keine Gedanken mehr machen müssen“, sagt Christopher Oster, Mitgründer und CEO von Clark. Das Startup hat die Makler-Dienstleistungen digitalisiert und kann so eine intensive und zugleich günstige Kundenbetreuung bieten. Einmal im Jahr werden jedem Kunden über die App oder am Computer Fragen zur Lebenssituation gestellt. So kann Clark auf Veränderungen reagieren und Vorschläge zur Anpassung der Versicherungen machen. Um optimale Alternativen vorzuschlagen, scannen die Versicherungs-Experten des Startups den Markt ständig und füttern die Datenbank mit neuen Produkten. Ein Algorithmus sucht dann passende Produkte und präsentiert sie dem Kunden. „Einem Menschen ist es nicht möglich, den Versicherungsmarkt so im Blick zu haben, wie wir das mit unserer Technologie können. Unser Robo-Advisor durchsucht die Tarife von mehr als 160 Anbietern und findet den besten Tarif für jeden Kunden“, sagt Christopher. Zur digitalen Kundenbetreuung kommt ein digitales Versicherungscockpit, das jedem Kunden die Kosten und Leistungen seiner Versicherungen transparent anzeigt. Die Kundenzahl soll im mittleren fünfstelligen Bereich liegen. „Unsere Zielgruppe sind alle Kunden, die auch Online-Banking nutzen. Wer seine Bankgeschäfte online abwickelt, kann mit Clark Transparenz in seine Versicherungssituation bringen“, erklärt Christopher. clark.de


INSURTECH

FRIENDSURANCE Geld zurück Sieben Jahre ist die Peer-to-Peer-Versicherung von Friendsurance schon am Markt. Das Startup ist zwar formell als Makler lizensiert, hat für seine Kunden aber ein innovatives Versicherungskonzept geschaffen. „Unser USP ist der Schadensfreibonus, über den der Kunde bis zu 40 Prozent seiner Beiträge zurückbekommen kann“, sagt Gründer Tim Kunde. Damit das funktioniert, werden die Beiträge der Versicherten aufgeteilt: Ein Teil fließt in das Versicherungsprodukt, dessen Selbstbeteiligung auf das Maximum erhöht wird. Je höher die Selbstbeteiligung, desto niedriger der Beitrag. Der andere Teil fließt in den Topf eines kleines Netzwerkes. Kommt es zu einem Schaden, wird die Selbstbeteiligung der Mitglieder aus diesem Topf bezahlt. Was am Ende des Jahres noch im Topf ist, wird als Bonus an die Mitglieder des Netzwerkes ausbezahlt. „Wir bieten den gleichen Service wie bei einer Versicherung ohne Selbstbeteiligung und die Kunden haben die Chance, einen Teil ihrer Beiträge zurückzubekommen, wenn sie ihre Versicherung nicht brauchen“, sagt Tim. Das Modell reduziert Kosten an verschiedenen Stellen: „Der Betrug bei kleinen Schäden ist sehr gering, weil jeder sich seinem kleinen Netzwerk verantwort­lich fühlt. Außerdem sind die Verwaltungskosten bei kleinen Schäden viel geringer“, erklärt der Gründer. Friendsurance sieht sich als Vorreiter, heute gibt es etwa 30 Nachahmer im Markt. friendsurance.de

ETHERISC Versicherung ohne Versicherer Dezentrale Versicherungen – das ist die Vision von Christoph Mussenbrock. Er hat vor einem Jahr zusammen mit Stephan Karpischek das Blockchain-Insurtech Etherisc gegründet. „Wir bauen eine Plattform für dezentrale Versicherungen. Dezentral heißt, dass Versicherungsprodukte in Kooperation von verschiedenen Anbietern erstellt werden können, zum Beispiel den Kunden identifizieren, das Risiko berechnen oder die Police überwachen“, erzählt der Gründer. Der Kunde schließt eine Versicherung in Form eines Smart Contracts ab, der regelt, welches Ereignis eine Aktion bei den mitwirkenden Partnern auslöst. Der Weg von der Schadensmeldung bis zur Auszahlung ist automatisiert. Da dafür kein bürokratischer Apparat nötig ist, sind die Kosten für die Bearbeitung deutlich geringer als bei einer herkömmlichen Versicherung. „Technisch sind dadurch ganz neuartige Geschäftsmodelle möglich“, sagt Christoph. „Aber die Umsetzung kann auch sehr komplex werden. So etwas wie eine Krankenversicherung lässt sich derzeit noch schwer abbilden. Oder die Schadensabwicklung bei einer Handyversicherung – das ist schon eine Herausforderung.“ Christoph erwartet, dass auf der Blockchain völlig neue Versicherungsprodukte und Geschäftsmodelle entstehen, die stärker auf Daten basieren. So entwickelt Etherisc zum Beispiel eine Ernteausfall-Versicherung, die auf Basis von Wetterdaten ausgelöst wird. Um die Vision der dezentralen Versicherung umzusetzen, strebt Etherisc 2018 eine eigene Versicherungslizenz an, sucht aber auch Partnerschaften mit den bestehenden Versicherungen. etherisc.com

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ES GIBT EIN RENNEN UM DIE KUNDEN

ist Gründer und General Partner bei Insurtech.vc. Der Web- und App-Pionier begann seine Karriere 1990 als Programmierer bei einem deutschen Konzern. Sein 1995 gegründetes Unternehmen Pironet brachte er im Jahre 2000 an die Börse. Seit 2003 ist er erfolgreicher Business Angel.

„AI HAT TONNEN AN POTENZIAL“ Mehrdad Piroozram von Insurtech VC über das Rennen um Versicherungskunden und neue Technologien in der Versicherungsbranche Mehrdad, wie sieht die Strategie von Insurtech VC aus? Wir investieren themenbezogen in Insurance-Start­ ups in Deutschland, Europa und Israel. Bisher habe ich mein eigenes Geld investiert, gerade bauen wir einen Fonds auf, um mehr Feuerkraft zu haben. Wie weit ist der Insurtech-Markt bisher entwickelt? Im Hype Cycle ist Insurtech in etwa da, wo Fintech vor fünf Jahren war. Deswegen dominieren bisher auch die Seed-Investments. Darauf fokussieren auch wir uns. Die vergangenen Jahre sind stark von London geprägt. Hier gibt es viel Expertise und das Fintech-Momentum überträgt sich auf die Insurtech-Branche. Mit Blick auf die gesamte Versicherungsbranche: Welche Rolle nehmen Insurtechs ein? Wenn wir uns die DNA der Versicherer anschauen, ist die Digitalisierung der Branche eigentlich schon erfolgt. Die Versicherungsbranche ist einer der Branchen, die am effizientesten IT lebt. Aber

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die Geschwindigkeit, mit der sich die Technik verändert, verursacht Schmerzen, weil die aktuellen Prozesse zu langsam sind. Auf Kundenseite dominiert technischer Fortschritt. Plötzlich ist das Smartphone ein globales Produkt. Dieser schnelle technische Wandel passt nicht mehr zu den akkuraten Prozessen der Versicherungen. Diese Lücke können Insurtechs füllen. Wie machen sie das? Es gibt im Grunde zwei Fälle: Enabler und Touchpoints. Enabler sind Technologie-Startups, die dem existierenden Versicherer unter seiner eigenen Marke Services für seine Kunden anbieten oder dessen Prozesse effizienter machen. Sie unterstützen die Marke der Versicherer mit ihrer Technik. Touchpoints sind vor allem digitale Makler, die selbst Kunden ansprechen und die Kommunikation mit den Versicherungen aus Kundensicht vereinfachen. Diese Unternehmen sind sehr kapitalintensiv, weil sie eine eigene Marke aufbauen müssen und die Kundenakquise im Versicherungsbereich sehr teuer ist. Welche Technologien spielen eine Rolle? Wir sehen große Chancen für künstliche Intelligenz. Versicherer arbeiten mit großen Datenmengen, mit denen eine Maschine besser und schneller umgehen kann als Menschen. Außerdem könnten die Themen Blockchain und Smart Contracts interessant werden, aber hier ist noch nicht absehbar, wie viel davon Hype ist und wie sich das entwickelt. Und auch das Thema Software as a Service wird spannend.

Wie werden sich Versicherungen in Zukunft verändern? Versicherer zahlen etwa 60 Prozent der Beiträge wieder an Schäden aus, dadurch sind sie in fast alle anderen Branchen involviert. Die Digitalisierung und Disruption der anderen Branchen betrifft so auch die Versicherungen. Nehmen wir das Beispiel Kfz-Versicherung: Wenn sich die Automobilbranche hin zu selbstfahrenden Autos entwickelt, könnten zukünftig eher Flottenverbände autonomer Fahrzeuge statt Autos von einzelnen Konsumenten zu versichern sein – ein kompletter Game Changer. Bei den Versicherern läuft die Disruption anderer Industrien zusammen, weil sie damit umgehen und neue Produkte und Geschäftsmodelle versichern müssen. Wie siehst du die Rolle der großen Versicherer in der Zukunft? Erst mal gibt es zwischen Startups und Etablierten ein Rennen um Kunden. Die Akquisekosten für neue Kunden sind sehr hoch, weil die Menschen selten wechseln und viele Versicherer um wenige Kunden konkurrieren. Das ist ein Capital Game. Viele große internationale Versicherer sind außerdem mit Corporate VCs, Accelerator und als Kooperationspartner für Startups aktiv. Außerdem treten Rückversicherer als Enabler für Startups auf und stellen ihre Lizenzen für Tech-Unternehmen zur Verfügung. Die Münchener Rück ist hier zum Beispiel sehr stark. Welche Startups sind für den deutschen Markt spannend? Ich halte Wefox für sehr interessant, weil sie sich an die Makler richten und nicht in dieses Kunden-Akquisitions-Rennen einsteigen. Aus unserem Portfolio bin ich ein großer Fan von Sherpa. Die wollen sich mit den Daten ihrer Kunden verbinden und die auf dieser Basis in den verschiedenen Sparten ihres Lebens passend zu ihrem Risikoprofil versichern. Der deutsche Markt ist aber noch relativ am Anfang. Siehst du einen großen Trend in der Entwicklung von Geschäftsmodellen? Wir sehen Tonnen an Potenzial für Startups, die AI in den Versicherungsmarkt bringt. Versicherer haben große Datenpools und kalkulieren aus den Schadensdaten der Vergangenheit die Wahrscheinlichkeit für einen Schaden in der Zukunft. Das ist sehr rückwärtsgewandt und dadurch getrieben, dass Versicherer nur dann etwas über ihre Kunden erfahren, wenn es einen Schaden gibt. Jetzt haben wir über IoT auch die Möglichkeit, etwas über den gesunden oder schadensfreien Zustand eines Kunden zu erfahren. Dadurch können Versicherer die Wahrscheinlichkeit für einen Schaden besser berechnen und auch Präventionsmaßnahmen einleiten. Jeder Euro Schaden, der vermieden wird, ist eine große Ersparnis und ein Kostenvorteil, den Versicherer im Preiskampf an ihre Kunden weitergeben können. Das Gespräch führte Anna-Lena Kümpel.

Fotos: Insurtech.VC

MEHRDAD PIROOZRAM


Das ist Branding Cuisine. Berlin | Mailand

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Create Happiness! Wer im Restaurant Business Erfolg haben will, weiß um die Kraft von systematisierten Prozessen und strategischer Markenentwicklung. Der glückliche Gast ist das Ergebnis von erfolgreichem Restaurant Management, emotionaler Markenbindung und umsatzgetriebenem Marketing. Branding Cuisine Kernkompetenzen sind: Restaurant Markenlaunch / Markenrelaunch / Expansion

gutenappetit @brandingcuisine.com

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Nicht Food, System ist das neue Fashion:



NOAH

DAS WAR NOAH17 Das Klassentreffen der Unicorns und Investoren in Berlin Wer eine größere Finanzierungsrunde vor sich hat oder Leute treffen will, die bereits ein Milliarden-Unternehmen gegründet haben, der besucht die Noah Conference in London oder Berlin. Im Juni trafen sich im Tempodrom in Kreuzberg wieder Investoren und Startups aus Europa, den USA und Israel zum alljährlichen Klassentreffen. Auf der Bühne präsentierten sich die Vorstandschefs großer Konzerne wie Olaf Koch (Metro), Peter Terium (Innogy), Friedrich Joussen (Tui) oder Richard Lutz (Deutsche Bahn) ebenso wie die CEOs erfolgreicher Startups wie John Collison von Stripe (Interview Seite 42), Hakan Koç (Auto1 Group), Rolf Schrömgens von Trivago (Interview Seite 20) und Oliver Samwer. „Scale. Scale. Scale. Der Rest kommt mit etwas Geduld von selbst“, rät der Rocket-Chef den Zuhörern im gut gefüllten großen Saal und kündigt einen Strategiewechsel an: „Wir gehen zurück zu dem Prinzip: sehr guter Gründer, großer Markt, gute Idee. Aber wir wollen uns nicht mehr auf Branchen einschränken.“ Doch das hochkarätige Bühnenprogramm macht nur einen Teil der Anziehungskraft der Noah aus. Viele Teilnehmer sind auch diesmal vor allem wegen der ausgezeichneten Networking-Möglichkeiten gekommen. ak/vis

„Kapital ist eine geopolitische Waffe geworden“, sagt Klaus Hommels von Lakestar.

Er kennt sie alle: Noah-Gründer Marco Rodzynek

Promi-Talk: Caroline Hyde von Bloomberg interviewt Rocket-CEO Oliver Samwer.

Volles Programm: Es traten mehr als 200 Speaker auf.

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Fotos:

Fotos: Dan Taylor Photography, Carolin Weinkopf, MBM, Noah

Aufmerksame Zuhörer: Insgesamt gab es drei Bühnen im Tempodrom.


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Fotos:

INTERVIEW


INTERVIEW

„DIE ENTWICKLER SIND UNSERE FÜRSPRECHER“ Gründer John Collison erklärt, warum Stripe erst jetzt in Deutschland startet, wie man ein erfolgreiches Startup aufbaut und warum Steve Jobs kein Vorbild ist John, Deutschland ist der 18. Markt, in dem ihr jetzt startet. Warum erst jetzt? Wir wollen nicht das amerikanische Unternehmen sein, das nach Deutschland kommt und allen seine Lösung aufzwingen will. Also haben wir schon 2013 begonnen, mit einigen Testkunden herauszufinden, was Unternehmen hierzulande brauchen. Mithilfe des Feedbacks haben wir das Produkt an den deutschen Markt angepasst. Die auffälligste Änderung ist die Fülle an Zahlungsmethoden, die wir in Deutschland unterstützen: Sepa-Lastschrift, Sofort und Giropay, um nur ein paar zu nennen. Das führt hoffentlich dazu, dass mehr Unternehmen jetzt ein Internetbusiness starten, weil es mit uns einfacher geworden ist.

Foto Patrick Morarescu

Ist das euer Ziel, Unternehmen beim Aufbau ihres Geschäfts zu helfen? Unsere Mission ist es, die Online-Wirtschaft voranzubringen und das Bruttosozialprodukt des Internets zu steigern. Weil wir so viel über Start­ ups und das Internet sprechen, machen viele Leute sich nicht bewusst, dass die Online-Wirtschaft immer noch am Anfang steht: Ihr Anteil an der gesamten deutschen Wirtschaft liegt erst bei 3,7 Prozent. Das ist sehr wenig. Ein Grund dafür ist, dass die Infrastruktur fehlt. Wir haben 2017 und es ist immer noch sehr kompliziert, ein Online- Geschäft aufzubauen und etwas an die drei bis vier Milliarden Menschen zu verkaufen, die mit dem Internet verbunden sind. Das ist doch verrückt. Wir bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihren Kunden überall auf der Welt online Zahlungen in allen Währungen anzubieten. Aber das ist nur ein Teil von Stripe. Und der andere Teil? Wenn man zum Beispiel ein Magazin wie Berlin Valley online verkaufen will, braucht man ein Abo-Modell und eine Kundenverwaltung, man muss Rechnungen verschicken und kontrollieren und vieles mehr. Für all diese Anwendungen, die nichts mit dem Kerngeschäft zu tun haben, braucht man Entwickler. Stripe bietet die passende Infrastruktur an und macht das Leben so für viele Unternehmen viel leichter.

Erfolgreicher Gründer: „Wenn du einen Steve-Jobs-Komplex hast, wirst du in Schwierigkeiten kommen“, warnt der Stripe-­ CEO John Collison.

Ihr werdet immer als Payment-Anbieter bezeichnet, das ist also nur die halbe Wahrheit? Die Industrie will Unternehmen immer in Schubladen stecken. Wir helfen Unternehmen dabei, ihre Kunden weltweit online zu erreichen. Nehmen wir als Beispiel Plattformen wie Kickstarter in den USA, Deliveroo in Großbritannien oder auch Bsit in Belgien, eine Plattform mit mehr als 70.000 Babysittern. Sie alle bringen Angebot und Nachfrage zusammen. Geld kassieren ist dabei nur ein kleiner Teil des Geschäfts, aber um die Geldflüsse zu managen, müssten diese Marktplätze im Grunde ein eigenes kleines Fintech aufbauen. Mit unserer Software-Plattform Stripe Connect lösen wir das Problem. Wer sind eure Wettbewerber, andere Payment-Anbieter wie Paypal oder Anbieter von Unternehmenssoftware wie Oracle oder SAP? Ein interessanter Vergleich. Erst einmal sehen wir keinen anderen Anbieter, der die unterschiedlichen Zahlungsmethoden so zur Verfügung stellen kann wie wir. Wir treten nicht in Konkurrenz zu anderen Zahlungsanbietern, wir arbeiten mit ihnen zusammen.

„VIELE LEUTE MACHEN SICH NICHT BEWUSST, DASS DIE ONLINEWIRTSCHAFT IMMER NOCH AM ANFANG STEHT“

Welche Bedeutung hat die Partnerschaft mit Alipay und Wechat Pay für Stripe? Wir ermöglichen Unternehmen damit, schnell und einfach in den sonst schwer zugänglichen chinesischen Markt einzutreten – und Zahlungen auf die Art und Weise abzuwickeln, wie es die chinesischen Endnutzer bevorzugen. Unsere Nutzer erreichen so mehr als eine Milliarde chinesische Konsumenten. Wer sind eure Kunden in Deutschland? Wir arbeiten bereits mit tausenden Firmen in Deutschland zusammen, darunter zum Beispiel Freeletics, Book a Tiger oder auch Croove, die Carsharing-Plattform von Daimler. Als Endkunde nimmt man uns nicht unbedingt wahr, weil wir ein Infrastrukturanbieter sind. Aber die Hälfte der amerikanischen Kunden kauft bereits bei Firmen, die unsere Services nutzen. Was waren dir größten Schwierigkeiten auf dem deutschen Markt? In den USA zahlt so gut wie jeder mit Kreditkarte, dagegen ist der deutsche Markt sehr heterogen und es gibt viele neue Zahlungsmethoden. Wir reduzieren Komplexität, damit unsere Kunden sich damit nicht herumschlagen müssen. Wie organisiert ihr den Vertrieb? Wir haben ein Sales-Team in den USA und wir bauen ein Büro in Berlin auf, das auch von unserem europäischen Headquarter in Dublin unterstützt wird. Aber ehrlich gesagt sind die Entwickler un-

NAME: Stripe

GRÜNDUNG: 2010

GRÜNDER: John Collison, Patrick Collison

Aber nicht mit Paypal. Richtig, Paypal möchte, dass einfach alle Paypal nutzen. Wir glauben aber nicht, dass die Welt so funktioniert. Es ist vielmehr so: Wenn Unternehmen Stripe nutzen, eröffnen sie ihren Kunden sehr viel mehr Zahlungsmöglichkeiten. Und darüber hinaus bieten wir umfangreiche Unternehmenssoftware an. Mit Stripe kann man Abo-Modelle oder Marktplätze bauen, sich vor Betrug schützen, und seit kurzem bieten wir mit Sigma auch ein Analytics­Tool an. Wir sehen keine andere Firma, die dieses umfangreiche Angebot hat. SAP und Oracle zielen auf große Unternehmen ab, während wir bei kleinen Unternehmen anfangen. Und inzwischen nutzt auch SAP Stripe Connect.

MITARBEITER: 750

STANDORT: San Francisco

SERVICE: Eine Technologieplattform, die Entwickler für den Aufbau von Online-Firmen nutzen

stripe.com/de

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Stripe ist ihre zweite Gründung: Die Brüder John und Patrick Collison aus Irland haben ihr erstes Unternehmen Auctomatic für fünf Millionen Dollar in die USA verkauft.

Stripe ist euer zweites Startup. Was habt ihr aus der ersten Gründung gelernt? Im Prinzip haben wir dabei das Geschäftsmodell für Stripe entdeckt, denn wir haben am eigenen Leib erfahren, wie schwierig die Integration verschiedener Zahlungssysteme war. Habt ihr bei Stripe keine Fehler mehr gemacht? Wir haben jedenfalls keine katastrophalen Fehler gemacht, sonst würde ich nicht hier sitzen. Aber natürlich macht man dauernd alle möglichen Fehler und lernt daraus. Das ist eine der wichtigsten Eigenschaften, wenn man ein Unternehmen führt: Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Ein Fehler war wahrscheinlich, dass wir zu lange gewartet haben, bestimmte Teile des Unternehmens zu skalieren. Heute sind wir 750 Leute, aber wir waren beim Aufbau des Teams sehr konservativ. Wir hätten sicher stärker wachsen können, wenn wir dabei schneller gewesen wären. Ein anderer Fehler ist es immer, nicht konsequent genug auf die Kunden und auf den Markt zu hören. Das klingt zwar so offensichtlich und alle reden davon, dass man auf seine Kunden hören muss. Aber tatsächlich legen zu wenige Startups ihren Fokus darauf. Es gibt immer viele Ausreden, es nicht zu tun. Wie schafft ihr es, die Startup-Kultur und die Schnelligkeit zu erhalten? Bei einer Organisation von 750 Leuten muss man einen Weg finden, kleine selbstständige Teams zu bilden, die sich mit Startup-Geschwindigkeit bewegen. Trotzdem muss natürlich jeder wissen, in welche Richtung er laufen soll. Die übergeordnete Vision und die Strategie müssen jedem klar sein und was die Ziele für die kommenden Jahre sind. Wichtig ist aber, den bürokratischen Überbau zu reduzieren. Wird man nicht immer wieder überrascht, wenn die Teams autonom arbeiten? Nein, wir sind sehr transparent. Es geht nicht darum, sich abzuschotten. Es geht darum, Abhängigkeiten zu vermeiden, sodass nicht ein Team auf ein anderes warten muss, um loslegen zu können.

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Woher weißt Du, wie man ein Unternehmen führt? Also ganz sicher wussten wir nicht, wie man eine so große und komplexe Organisation wie Stripe heute führt, als wir Stripe gestartet haben. Viele Leute bekommen nicht mit, was hinter den Kulissen passiert. Erstens: Wenn du ein erfolgreiches Business hast, dann ist die Zeit auf deiner Seite. Dann kannst du es verkraften, wenn du mal für eine Weile in die falsche Richtung läufst. Die Leute vergessen die Fehlschläge und erinnern sich an die Erfolge. Und Zweitens: Am Anfang haben Patrick und ich das Produkt selbst entwickelt, aber heute haben wir viel bessere Ingenieure, als wir es sind. In der ganzen Organisation arbeiten wir mit erfahrenen Leuten zusammen, die wissen, wie man eine so große Organisation führt. Wenn du als Unternehmer glaubst, du hast alle Antworten, wenn du einen Steve-Jobs-Komplex hast, dann wirst du in Schwierigkeiten kommen. Ich bewundere Unternehmer, die sich selbst und ihre Überzeugungen infrage stellen und laufend dazulernen.

„ICH BEWUNDERE UNTERNEHMER, DIE SICH SELBST INFRAGE STELLEN“

Wo siehst du Stripe in zehn Jahren? Wir werden Stripe immer internationaler machen, um unserem Ziel näher zu kommen, das Bruttosozialprodukt des Internets zu steigern. Wir befinden uns ja immer noch im Pferde- und Kutschenzeitalter der Internetwirtschaft. Nicht einmal fünf Prozent der globalen Wirtschaft werden über das Internet abgewickelt. Und obwohl Milliarden von Menschen an das Netz angeschlossen sind, gibt es immer noch so viele Hürden. Wir werden weiter daran arbeiten, die Komplexität der Online-Wirtschaft zu reduzieren. Wir haben keine fertige Technologie, die wir an den Markt bringen wollen. Es ist eher anders herum: Wir entwickeln, was die Unternehmen brauchen, um loslegen zu können. Das können ganz neue Produkte sein. Und wo siehst du dich in zehn Jahren – bei Stripe oder willst noch einmal gründen? Ich denke, wir werden in zehn Jahren mit Stripe immer noch genug zu tun haben, denn die Liste der Probleme, die wir noch lösen müssen, ist einfach zu lang.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

Denkst du über diese Dinge nach? Ja, das ist ein aktiver Prozess. Es hat sich gezeigt, dass die Gründer von Unternehmen nicht immer die besten Manager dieser Unternehmen sind. Siehst du das auch so? Ein Entrepreneur muss auf jeden Fall aktiv daran arbeiten, dass ihm dieser Wandel gelingt, denn es sind ganz andere Fähigkeiten gefragt. Ein Teil der Antwort ist, dass man sich fragt, welche Organisation man aufbauen will, welches Verhalten man toleriert und welches nicht. Und dazu reicht es nicht, ein schön klingendes Mission-Statement an die Wand zu hängen, man muss es auch leben.

JOHN COLLISON wurde 1990 in Irland geboren. 2007 gründete er mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Patrick das Startup Shuppa (später Auctomatic). Ihr zweites Startup Stripe wurde zuletzt mit 9,2 Milliarden Dollar bewertet. Das macht John auf dem Papier zum weltweit jüngsten Selfmade-Milliardär.

Fotos: Patrick Morarescu, Stripe

sere besten Fürsprecher. Stripe hat einen ziemlich guten Ruf, weil die Integration so schön einfach ist.


OR RES PONSIVE VENTURE

In einer Welt, die immer digitaler wird, besteht eine der größten Herausforderungen für Unternehmen darin, ihre Marken mit allen Sinnen erlebbar zu machen. Deshalb brauchen wir heute eine Kommunikation, die die Grenzen zwischen digital und analog disruptiert. Eine Kommunikation, die sich nahtlos in unsere Umgebung integriert — die man hören, riechen, schmecken und fühlen kann. So denken wir. Daran arbeiten wir. www.p30.berlin

BRAN


NAME: DN Capital

GRÜNDUNG: 2000

GRÜNDER: Nenad Marovac, Steve Schlenker

MITARBEITER: 25

STANDORT: London, Menlo Park, Berlin

SERVICE: Frühphasen-Investor in Europa und den USA

dncapital.com

„ES GIBT ZU WENIGE GROSSARTIGE UNTERNEHMER“ Nenad, ihr habt in verschiedene Startups wie Auto1, Hometogo, Windeln.de, Mister Spex, Quandoo und Caroobi investiert. Was ist euer Fokus? Unsere fünf Investmentbereiche sind: Marktplätze, SaaS-Software, Fintech, Consumer-Mobile-Apps, Consumer-Internet und Digital Health. Warum investiert ihr in deutsche Startups? Ich habe von 1991 bis 1993 in Berlin gelebt und gearbeitet, als Berater der Treuhand. Ich hatte eine großartige Zeit. Anschließend bin ich nach Harvard gegangen und dann zum Private-Equity-Investor Advent International nach London. In der Zeit passierte in Berlin ökonomisch gar nichts. 2009/2010 lud Lukasz Gadowski, Gründer von Team Europe

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mich nach Berlin ein und wir investierten in Mister Spex, Windeln.de und Auto1. Nicht viele Leute haben damals nach Berlin geschaut. Die meisten Investoren haben sich eher nach München orientiert. Wir hatten also in Berlin weitgehend freie Bahn, um uns die besten Unternehmen auszusuchen. Welches Thema ist für dich im Moment besonders interessant? Digital Health ist ein spannendes Thema. Und wir interessieren uns weiter für Marktplätze, wo wir bereits einer der wichtigsten Investoren sind. Aktuell beobachten wir zudem, was sich in den Bereichen Artificial Intelligence und Virtual Reality tut. Das befindet sich aber alles noch in einem sehr frühen Stadium, hier sind die Geschäftsmodelle noch nicht klar definiert. Digital Health ist ein Gebiet, für das man einen sehr langen Atem braucht. Nehmt ihr euch die Zeit? Der Bereich bewegt sich sehr schnell und es passiert im Moment sehr viel. Im Schnitt brauchen wir fünf bis zehn Jahre, um ein Investment zu realisieren, also bis zum Exit. So viel Zeit haben wir.

Es ist ein Longterm-Game. Schnelle Exits wie bei Quandoo sind für uns die Ausnahme. Ihr legt gerade einen neuen Fonds auf. Welches Volumen strebt ihr an? Wir sind gerade dabei, unseren vierten Fonds zu schließen. Aktuell liegt das Volumen des neuen Fonds bereits bei mehr als 150 Millionen Euro. Wir können dabei auf die ausgezeichnete Rendite von Fonds Nummer drei verweisen. Mit einer Net Internal Rate of Return von 71 Prozent ist es wahrscheinlich einer der Top-Performer in Europa. Normal ist eine Rendite von 15 oder 20 Prozent. Bleibt ihr bei eurem regionalen Fokus? Ja. Wir investieren zwei Drittel unseres Fonds in Europa, ein Drittel in den USA. In Europa sind unsere wichtigsten Märkte Berlin, London sowie Paris, Stockholm und Helsinki. Was bekommen die Startups von euch außer Geld? Mein Mitgründer und ich bringen mehr als 25 Jahre Erfahrung in dem Geschäft mit. Wir haben ein starkes Netzwerk, dass unseren Gründern beim Aufbau

Fotos: Corinna Visser, DN Capital, Noah, Dan Taylor

Nenad Marovac von DN Capital über seinen Investmentfokus, deutsche Gründer und seine Art mit ihnen zu arbeiten


INTERVIEW

Investor Nenad Marovac: Er kennt sich in Berlin und mit der deutschen Wirtschaft recht gut aus, denn er arbeitete Anfang der 1990er-Jahre in Berlin als Berater für die Treuhandanstalt.

ihrer Teams hilft, wir können sie bei der Geschäftsentwicklung unterstützen, indem wir sie mit Kunden zusammenbringen und wir haben ausgezeichnete Verbindungen in die Finanzwelt, weswegen wir unseren Startups auch bei späteren Finanzierungsrunden sehr hilfreich sein können. Außerdem haben wir bereits eine ganze Reihe erfolgreicher Exits hinter uns, weswegen wir Gründer auch in dieser Phase sehr gut beraten können. Die meisten von ihnen machen all das zum ersten Mal. Wir haben bereits in mehr als 50 Unternehmen investiert und wissen sehr gut, was wir tun. Von diesem Erfahrungsschatz können Gründer bei uns profitieren. Wie viel Zeit investiert ihr in die Startups? Das hängt von der Situation ab. Mit einem sehr guten Gründer muss ich nicht viel Zeit verbringen. So jemandem will ich nicht im Wege stehen und ihm mit meinen Anrufen auf die Nerven gehen. Da will ich nur herausfinden, wo er Hilfe braucht, etwa bei sehr hochrangigen Kontakten oder in Strategiefragen. Wenn ich viel Zeit investieren muss, heißt das, ich habe den falschen Entrepreneur ausgewählt.

riger und teurer werden, Geschäfte in Europa zu machen. Davon werden nur die USA und Asien profitieren, während wir hier an Wett­ b ewerbs­ fähigkeit verlieren. Wird das eure Investitionsentscheidungen beeinflussen? Aktuell tut es das noch nicht. Wir fahren erst einmal mit unserer Strategie fort. Aber wir werden sehen, wie sich das entwickelt. Was erwartet ihr für die Startups? Eine Sache wird sich wohl vielleicht doch positiv für Unternehmer in Berlin auswirken: Die meisten Entwickler kommen aus Osteuropa und sie werden es sich in Zukunft womöglich zweimal überlegen, ob sie nach London gehen wollen. Denn wir wissen nicht, ob sie dort bleiben können. Niemand weiß, was passieren wird. Es könnte also sein, dass Berlin im Vergleich zu London für Talente aus ganz Europa attraktiver wird.

Du verbringst also mehr Zeit mit den schlechteren Unternehmern? Unglücklicherweise läuft es genau so. Das ist wie bei allen Beziehungen im Leben.

Sonst erwartest du keine Konsequenzen für die Branche? Doch, einen Effekt wird es in jedem Fall geben, über dessen Konsequenzen man nachdenken muss: Der European Investment Fund (EIF) ist der größte Investor in Venture Capital in Europa. Und sein Auftrag ist es im Moment, zwei Drittel seines Geldes in europäische Unternehmen zu investieren. Wenn Großbritannien der EU nicht mehr angehört, müssen viele VCs, die EIF-Gelder bisher in Großbritannien investiert haben, ihren Fokus in Zukunft auf den Kontinent richten. Das ist vermutlich die weitreichendste Auswirkung des Brexits für die VC-Branche. Wir hoffen, dass der EIF auch in Zukunft noch Interesse daran haben wird, in britische Unternehmen zu investieren, aber wir wissen es eben noch nicht.

Wie stehst du zum Brexit? Das war eine ganz schlimme Entscheidung für Europa und für Großbritannien. Ich denke, dass niemand davon profitieren wird. Wir werden alle verlieren. Es ist eine Stimmungsfrage. Mit dem Brexit wurde ein Schalter umgelegt. Das ganze europäische Projekt folgte einer wunderbaren Vision. Alles war grenzenlos, jeder konnte, wo er wollte, ein Unternehmen gründen. Jetzt werden Grenzen hochgezogen und Mauern gebaut. Es wird schwie-

Warum kommen nur wenige Unicorns aus Deutschland, fehlt es an Kapital? Nein, es liegt nicht am Kapital. Es gibt zu wenige großartige Unternehmer. Das ist das Problem. Das deutsche Startup-Ökosystem ist vielleicht zehn Jahre alt. Und ich denke, es braucht Zeit, ein starkes Ökosystem zu entwickeln. Deutschland ist bereits einer der attraktivsten Märkte für Private Equity. Ich sehe nicht, warum das bei Venture Capital nicht ebenso werden sollte. Wie gesagt, es braucht Zeit.

Und was passiert, wenn du das erkannt hast? Wir arbeiten weiter mit ihm und versuchen, das Beste für alle Seiten herauszuholen.

NENAD MAROVAC ist Gründer und CEO von DN Capital. Von London aus steuert er die globalen Aktivitäten des VCs und verantwortet die Investments in UK und Deutschland. Zuvor war er Partner bei Advent International in London. Vor seinem MBA in Harvard verbrachte er zwei Jahre als Berater bei der Treuhandanstalt.

Berlin nimmt dabei eine wichtige Funktion ein, weil Venture Capital und Startup-Ökonomie sich nur in einem funktionierenden Ökosystem entwickeln und das bedeutet: Wir brauchen eine kritische Masse. Es macht also keinen Sinn, dass einige Leute in Hamburg gründen, einige in Köln und in München. Das funktioniert nicht. Wir brauchen sehr viele Leute an einem Ort und das ist Berlin. Hoffentlich kommen dann auch große Tech-Companys wie Google und Facebook hierher und bringen gute Ingenieure mit, die dann selbst gründen wollen. Und dann sind VCs wie wir hier und finanzieren sie. Aber dazu kommt es nicht, wenn ein bisschen hier und ein bisschen da passiert. Wir brauchen eine kritische Masse. Wir haben im September Bundestagswahl. Was wünscht sich ein internationaler Investor von der deutschen Politik? Da kommen wir zurück auf das Thema Europa. Ich bin sehr pro-europäisch. Wir brauchen offene Grenzen, damit Talente, Ideen und Kapital sich frei bewegen können. Sonst werden die Märkte zu klein, um attraktiv zu sein.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

Die Noah als wichtiges Netzwerk-Event: Hier sitzen viele junge Gründer im Publikum und die erfolgreichen auf der Bühne – wie zum Beispiel Hakan Koç, Gründer der Auto1 Group. DN Capital gehört zu seinen frühen Investoren.

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FUSSBALL

DIGITALE OFFENSIVE Das Geschäft mit dem Fußball boomt. Zahlreiche Startups versuchen, sich einen Stammplatz im umkämpften Business zu ergattern – und können dabei auch auf die Unterstützung von prominenten Kickern setzen In seiner neuen Rolle will er aber nicht nur als Geldgeber wahrgenommen werden. „Meine bisherigen Beteiligungen sind alles andere als reine Investitionen“, erklärte er der Bild-Zeitung: „Ich will mich nicht finanziell als stiller Teilhaber irgendwo einkaufen, sondern möchte als Gesellschafter Einblicke in unternehmerische und wirtschaftliche Abläufe gewinnen, etwas Neues lernen und mich als Markenbotschafter schon jetzt aktiv einbringen. Ich suche bewusst nach Unternehmen, mit deren Werten, Themen und Zielen ich mich identifizieren kann.“ DORTMUND IST MEISTER Als aktiver Fußballer zeichnete Lahm ein überragendes taktisches Verständnis aus. Der Außenverteidiger war berühmt für seine Vorstöße. Und wer sich mit den Zahlen beschäftigt, die im Fußball kursieren, der ahnt, warum Lahm jetzt als Geschäftsmann in die Offensive geht. So konnte die Bundesliga gerade erst ihren Gesamtumsatz zum zwölften Mal in Folge steigern. Setzten die Vereine in der Saison 2004/05 noch rund 1,3 Milliarden Euro um, waren es 2015/16 bereits 3,24 Milliarden. Allein die Bayern kommen – laut einer aktuellen Deloitte-Untersuchung – auf einen Jahresumsatz von 592 Millionen Euro. Vor zehn Jahren errechneten die Wirtschaftsprüfer noch einen Betrag von 295 Millionen Euro für den Rekordmeister.

Philipp Lahm hat genug vom FC Bayern. Sportdirektor beim Rekordmeister hätte er werden können. Nicht das schlechteste Angebot für einen, der gerade seine aktive Karriere beendet hat. Doch der langjährige Kapitän der deutschen Nationalmannschaft lehnte dankend ab. Lahm war schon immer zielstrebig – jetzt hat er ein Feld im Blick, auf dem sich nur die cleversten Spieler durchsetzen: das Startup-Business rund um den Fußball. Statt am Trainingszentrum der Bayern hin-

ter einem Schreibtisch zu sitzen und Trainingseinheiten zu beobachten, steht der 34-Jährige lieber im Kongresszentrum München auf der Bühne. Beim Gründer-Festival Bits & Pretzels ist er Ende September einer der Highlight-Speaker. Dort tritt Lahm nicht als ehemaliger Fußballer auf, sondern als Investor: Zuletzt hat er mit Partnern eine Summe von 2,7 Millionen Euro in das Berliner Startup Fanmiles gesteckt, das Fans für ihre Treue gegenüber Stars belohnt.

Digitale Reichweite* der Vereine der 1. Fußball-Bundesliga aus der Saison 2015/2016

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678

756

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1043

* in Tausend; Fans, Follower und Abonnenten auf Facebook, Instagram, Twitter, Youtube, Periscope und Google+; Quellen: Horizont, Stadionwelt

FC Ingolstadt

SV Darmstadt 98

TSG 1899 Hoffenheim

FC Augsburg

Hannover 96

Hertha BSC

1. FSV Mainz 05

Eintracht Frankfurt

VfB Stuttgart

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FUSSBALL

Auch auf der Fan-Seite stehen die Zeichen auf Wachstum. Die Stadien sind voll und auch in den sozialen Medien fiebern immer mehr Fans mit ihren Lieblingen mit. Allein Borussia Dortmund kam in der abgelaufenen Saison bei Facebook auf 30.530.263 Interaktionen – deutscher Meister. Auch Kanäle wie Whatsapp oder Snapchat bespielen die Klubs – einige unterhalten eigene Web-TV-Stationen. Und die Fans wollen mehr: Näher dran sein am Geschehen, mehr Informationen und vor allem Live-Erlebnisse. Die Berichterstattung ist lukrativ. Allein die Free-TVSender haben nach Berechnungen des Marketing-Analysten Ebiquity in der Saison 2014/15 rund 100 Millionen Euro durch Werbung eingenommen. Die jährlich wachsenden Werbeumsätze des Bundesliga-Senders Sky sind in der Datenbank nicht einmal mit einberechnet – ein Konzert der großen Summen und großen Unternehmen. Und dennoch: Es gibt Nischen in der Berichterstattung, die Räume für Startups lassen. 1,6 MILLIONEN FUSSBALLPARTIEN Beispiele dafür sind Onefootball oder auch Sporttotal.tv. Beim ersten handelt es sich um eine Fußball-App aus Berlin und eine echte Erfolgsgeschichte. Von Anfang an konzentrierte sich der Gründer und CEO, Lucas von Cranach, auf Fußball-News, die er via App zu den Fans lieferte. 2008 ging iLiga, wie das Angebot damals noch hieß, an den Start. Mittlerweile ist Onefootball eine der reichweitenstärksten Fußball-Plattformen der Welt: Die App gibt es in 15 Sprachen, sie wurde bislang mehr als 24 Millionen Mal in­ stalliert und hat fünf Millionen aktive Nutzer im Monat. Sporttotal setzt dagegen auf Bewegtbild und zielt auf die Basis. In der Bundesliga werden jährlich 306 Spiele angepfiffen. In allen deutschen Spielklassen sind es mehr als 1,6 Millionen. Die meisten Partien finden auf Amateur-Sportplätzen statt – und genau diese Spiele will das Startup kostenlos streamen. Einziger Aufwand ist das Aufstellen eines wetterfesten und gut 30 Zentime

1 Entlarvt Standfußballer: Die Tracktics-Technik zeichnet Bewegungen der Kicker auf. 2 „Mehr als reine Investition“: Markenbotschafter Philipp Lahm mit den Fanmiles-Gründern Alan Sternberg (l.) und Fabian Schmidt

AB IN DIE VERLÄNGERUNG Weitere ehemalige Spieler und Trainer, die ihre Chancen in der Startup-Szene verwerten wollen MARKO REHMER, FREDI BOBIC, STEFAN BEINLICH: Die drei Ex-Profis engagieren sich bei, 3D-Figuren-Spezialisten Staramba. Mittlerweile überzeugten sie auch Manuel Neuer, Niko Kovac, Hasan Salihamidzic, Oliver Neuville und Tim Wiese davon, einzusteigen. staramba.com EDWIN VAN DER SAR: Der ehemalige Weltklassetorhüter aus den Niederlanden unterstützt Brandsfit, ein Unternehmen, das Amateurvereinen bei der Vermarktung hilft. brandsfit.com THIERRY HENRY, CESC FABREGAS: Die Arsenal-Legende und der noch aktive spanische Nationalspieler helfen dem Videostreaming-Angebot Grabyo. grabyo.com JENS LEHMANN: Ebenfalls ein Kicker mit Arsenal-­ Vergangenheit. Der Ex-Torhüter steckte sein Geld unter anderem in Combionic. Das Unternehmen verspricht smarte Business-Lösungen. combionic.com DAVID BECKHAM: Der Mega-Star versuchte sich bereits als Investor der Live-Videostreaming-App Myeye. myeye.world Noch mehr Beispiele findet ihr hier: berlinvalley.com/68723

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EINE ZU 100 PROZENT DIGITALE VERSICHERUNG Helvetia, ein Versicherungs-Player mit 150-jähriger Schweizer Tradition, erklärt seine digitale Strategie

Wir sind bereits dort, wo viele Insurtechs und die derzeit viel gehypten im Bafin-Lizenzierungsprozess befindlichen digitalen Versicherer noch hinwollen. Mit unseren digitalen Produkten, Prozessen und vor allem unserer Insurance-as-a-PlatformInfra­ struktur bieten wir unseren Partnern vom E-Commerce bis zum klassischen Makler individuelle und passgenaue Versicherungsprodukte für ihre jeweiligen Endkunden. EMOTIONALE PRODUKTE UND INNOVATIVE KOOPERATIONEN IM DIGITAL-LOFT Zu unseren Partnern gehören inzwischen einige innovative Startups und Global Player, denen es mit unserem Technologieansatz gelungen ist, ihre Wertschöpfungskette erfolgreich mit Versicherungsprodukten anzureichern. Durch unsere Schnittstellen­ kompetenz sinkt der Integrationsaufwand bei unseren Partnern – die auch Makler, Maklerpools oder Aggregatoren sein können – auf rund ein Zehntel dessen, was ansonsten marktüblich ist. Seit April 2016 hat sich in unserem Digital-Loft in der Frankfurter Innenstadt viel getan. Hier werden digitale und emotionale Produkte entwickelt und innovative Kooperationen geschmiedet. Ein junges Team aus Entwicklern, Digital-Vertrieb und SEOsowie Social Media-Experten arbeitet kreativ zusammen. Die Arbeit dort ist eng mit unseren traditi-

onellen Kernbereichen, dem Pricing/Aktuariat und der Risikoanalyse verzahnt. Aber was unterscheidet Helvetia von anderen Versicherern und Insurtechs? Wir bieten neben Produkten und kundenzentrischen Antragsstrecken die IT-Infrastruktur für unsere Partner, damit sie ihre Wertschöpfungskette leicht erweitern können. Sie kennen die Bedürfnisse Ihrer Kunden besser und eine Lösung, die aus Kundenwünschen entsteht, ist immer die nachhaltigste Innovation.

Die besten Lösungen basieren auf Kundenwünschen Helvetia wird im Markt zunehmend digital wahrgenommen und wir möchten unsere Kunden in der digitalisierten Welt über einen ganzen Zeitraum hinweg begleiten und somit weg vom reinen Zeitpunkt getriebenen Vertrieb. Bis Ende 2017 werden alle unsere Sachversicherungsprodukte digital zur

Verfügung stehen. Auch im Bereich Leben haben wir ein erstes innovatives Produkt entwickelt. Für die Zukunft sehen wir viele Ansätze, um unsere digitale Mission voranzutreiben. Es bleibt spannend in der digitalen Versicherungswelt.

TORSTEN G. MÜLLER ist CIO und CDO bei Helvetia Versicherungen in Deutschland mit Sitz in Frankfurt und verantwortet damit die gesamte digitale Revolution der Helvetia. Zum traditionellen Geschäftsmodell hat der 46-Jährige einen hundertprozentig digitalen Helvetia-Brand geschaffen. helvetia.com/de


FUSSBALL

ter hohen Kamera-Kastens, der mit mehreren Linsen das Spielfeld vollständig erfasst. Eine Steuersoftware folgt dem Spielgeschehen automatisiert – ohne Chip in Ball oder Trikot. Die Macher hoffen, dass am Ende so etwas wie ein Live-Netflix für Amateur-Duelle entstehen könnte. Bei solch einem logistischen Aufwand ist es wenig überraschend, dass Sporttotal.tv keine Hinterhofidee ist. Hinter dem Startup steht mit der Wige Media AG ein etablierter Technik-Player, der zudem von der Allianz, der Deutschen Post und der Deutschen Telekom unterstützt wird. Medienpartner ist die Bild-Zeitung.

DAS 7:1 GEGEN BRASILIEN ERKLÄREN Eine erstaunliche Erfolgsgeschichte für eine dieser Ideen, die sich bereits durchgesetzt hat, liefern Stefan Reinartz, der früher unter anderem für Bayer Leverkusen am Ball war, und der noch aktive Jens ­Hegeler ab. Das Duo gründete nicht nur ein innova-

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STANDFUSSBALLER IM VISIER Wie Sporttotal.tv sieht auch Tracktics das Potenzial in der Masse der Amateur-Sportler. Mithilfe eines kleinen Trackers, der in einem eng am Körper anliegenden Gürtel getragen wird, will das Startup auch Kreisliga-Kickern ausgefeilte Statistiken über ihr Spiel liefern. Das nur 32 Gramm schwere Gerät zeichnet Werte wie Top-Geschwindigkeit, Antritt und Sprints der Bolzplatz-Helden auf. Die Daten lassen sich per App auslesen – und zeigen Team wie Trainer, wer am vergangenen Sonntag mal wieder nur Standfußball zelebriert hat. Während Tracktics sich an die Amateure auf dem Platz richtet, zielt Ticr auf die Stammtisch-Experten ab. Die müssen sich nicht mehr über die vermeintliche Kompetenzlosigkeit von Kommentatoren wie Marcel Reif oder Béla Réthy ärgern. Stattdessen kann der Nutzer mit Ticr seinen eigenen Stream produzieren und sich so eine eigene Leserschaft erschreiben. Mit Tim Borowski und Fabian Ernst steckt das Kapital von zwei ehemaligen Nationalspielern in Ticr.

KLOPP WIRBT FÜR APP Interessant ist auch das Konzept, für das sich Jürgen Klopp engagiert. Der Ex-BVB-Trainer ist das prominente Aushängeschild von Taktikr. Zwar hat Klopp als aktueller Liverpool-Coach für Eingriffe ins operative Geschäft eines Startups noch keine Zeit. Er agiert aber als Schirmherr der neuen Fußballtrainings-App. Hinter dem Projekt steht das Kölner Startup Bolzfabrik, das sich selbst als „Innovationsführer im Fußball-Business“ versteht. Immerhin entwickle man digitale Produkte, „die den Fußball und seine Akteure besser machen, ohne das Wesen der schönsten Nebensache der Welt zu verändern“, wie CEO Mario Welte Berlin Valley erklärt. Welte und sein zehn Mann starkes Team beobachten tatsächlich gerade einen Wandel im Fußball, „was die Öffnung für digitale Lösungen angeht“. Er sagt: „Wenn man sich in der Startup- und Innovations-Szene mal ein wenig umschaut, dann sieht man, dass der Sport durchaus empfänglich ist für frische Ideen. Beispiele wie Stickerstars, Sponsoo oder eben auch wir unterstreichen das. Selbst Gopro, obwohl inzwischen kein Startup mehr, ist ja im weitesten Sinne eine sportbezogene Innovation gewesen.“ Der Bolzfabrik-Chef sieht eine klare Tendenz: „Die etablierten Player in der Sportszene gucken zwar sehr genau hin, was die Startups so treiben, warten aber eher ab, welche Innovationen sich am Ende auch tatsächlich durchsetzen.“

1. FC Köln

Hamburger SV

Borussia Mönchengladbach

VfL Wolfsburg

Werder Bremen

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Auch Robert Lewandowski, Gerald Asamoah oder auch Marcell Jansen sehen in der Finanzierung von Geschäftsideen ein Modell für das Leben nach dem Sport. Im Juli erst hat René Adler seine Unterstützung beim Startup T1tan bekanntgegeben. Neben einer finanziellen Beteiligung steht der Torwart des Bundesligisten Mainz 05 dem gleichnamigen Onlineshop für Torwarthandschuhe als Testimonial zur Verfügung.

Bayer 04 Leverkusen

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„DIE ETABLIERTEN PLAYER IN DER SPORTSZENE GUCKEN SEHR GENAU HIN, WAS DIE STARTUPS SO TREIBEN“

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3 Guter Fang: T1tan-Gründer Matthias Leibitz (l.) will mit Bundesliga-Keeper René Adler Torwarthandschuhe verkaufen. 4 Spielfigur: Gladbach-Torwart Yann Sommer im 3D-Scanner vom Fredi-Bobic-Invest­ ment Staramba 5 Alles im Blick: Die innovative 180-Grad-Kamera von Sportotal.tv streamt Amateurfußball übers Internet zu den Fans.

FC Schalke 04

Borussia Dortmund

FC Bayern München


FUSSBALL

tives Startup, sondern revolutionierte auch noch die Datenanalyse von Fußballspielen. Sie entwickelten den neuen Wert des Packings. Dabei wird berechnet, wie viele Gegner ein Spieler pro Pass überspielen kann. Die Idee dahinter: Der Wert soll den der reinen Passquote ergänzen und aufzeigen, mit welchen Zuspielen wirklich Torchancen und letztlich auch Tore generiert werden. Mit Packing ließe sich zum Beispiel erklären, wie es der deutschen Fußballnationalmannschaft vor drei Jahren gelang, Brasilien bei der WM im eigenen Land mit 7:1 zu schlagen, obwohl die Elf von Jogi Löw bei Ballbesitz, den Torschüssen oder auch den Balleroberungen rein statistisch schlechter abschnitt als die Seleção. Längst gehört das Packing zur professionellen Spielanalyse und Athletiadata, das Startup von R ­ einartz und Hegeler, hat Verträge mit einer Vielzahl von Vereinen geschlossen. AUCH AMAZON SPIELT MIT Ebenfalls mit Daten beschäftigt sich Spockstar. Die App streamt sämtliche Bundesliga-Spiele live aus einer zweidimensionalen Vogelperspektive. Wie bei der Spielanalyse bewegen sich die Spieler als farbige Markierungen über das Feld und schieben sich den Ball zu, bis er im Aus oder Tor landet. Eine Idee für Taktik-Nerds, die aber wohl nicht mehr als ein Nischenprodukt in der von den TV-Sendern dominierten Berichterstattung bleiben wird. Zudem hat sich mit Amazon gerade erst ein weiterer Big Player die Rechte an der Audio-Übertragung gesichert. Das Aus für Sport1, die zuvor bereits 90elf abgelöst hatten. Mit dem Einzug von globalen Digitalunternehmen ist der Wandel auch im Sport programmiert. In einem Gastbeitrag für das Manager Magazin skizziert Professor Sascha Schmidt, Lehrstuhlinhaber für Sport und Management an der WHU – Otto Beisheim School of Management, vor allem neue Technologien als künftigen Wachstumstreiber. So werde sich das Spielerlebnis in den kommenden Jahren für Fans durch Virtual- und Augmented-Reality grundlegend ändern. „Schon morgen schlendern wir durch die Stadt,

European Business Schools Ranking 2016

sehen im Schaufenster unseren Lieblingsspieler als Hologramm und durch unsere Mixed-Reality-Brille oder Kontaktlinse, ob im Stadion noch Tickets für das nächste Heimspiel unseres Lieblingsclubs vorhanden sind.“ KOMMT DAS BIER BALD MIT DER DROHNE? Schmidt glaubt, dass schon bald nur noch Augenzwinkern zur Ticketbuchung reichen würde. „Wir lassen uns via Roboter bis zum Platz in der Arena leiten, wo bereits die Bratwurst und unser Bier auf uns warten – vom Essensstand mit einer kleinen Drohne eingeflogen.“ Nach Einschätzung von Schmidt ist eine gewisse „kreative Zerstörung bestehender (Denk-)Strukturen notwendig“. Wie das konkret gehen könnte macht gerade Schalke 04 vor. Der Revierklub veranstaltet am 21. August in Köln seinen ersten Hackathon. „Schalke verfolgt nun seit einiger Zeit eine klare Innovationsstrategie mit dem Ziel, den Verein für die Herausforderungen der Digitalisierung gut aufzustellen und neue Geschäftsmodelle zu entdecken“, erklärt der Verein Berlin Valley. Immerhin würde die Veranstaltung eines Hackathons den Knappen einen Zugang zu Programmierern und Organisationen ermöglichen, „die im Bereich der Digitalisierung aktiv sind“. Zudem sehen die Gelsenkirchener die Herausforderung, sich auf die Bedürfnisse der Digital Natives einstellen zu müssen, die doch ein anderes mediales Konsumverhalten an den Tag legen würden. „Wir haben uns bewusst dafür entschieden, die Digitalisierung als Chance zu begreifen und genauso sportlich gehen wir die Herausforderungen an. Wir sind davon überzeugt, dass der Fußball und der Fan durch die Digitalisierung gewinnen kann und wollen dieses Zukunftsfeld positiv mitgestalten.“ Alexander Becker


SERVICE

MEINE LIEBLINGSTOOLS Profis stellen hier Apps und Gadgets vor, mit denen sie gern und viel arbeiten

GECKOBOARD TED Reisen gehört zu meinem Arbeitsalltag wie der Sport. Ich kann mich auf Ted durch Vorträge aus verschiedensten Bereichen inspirieren und mir Impulse geben lassen. Praktisch ist, dass man die Talks auch downloaden kann – ein geheimer Favorit für mich ist jedoch die Überraschungs-Funktion: Die spannendsten Themen habe ich über diesen Serendipity-Brunnen schon entdeckt. So mache ich das Beste aus meiner Zeit auf Schienen oder in der Luft. ted.com

Mit dem Geckoboard haben wir ein nützliches KPI-Dashboard bei uns. Ich nutze es auf meinem Smartphone und an Monitore gekoppelt in unseren Büros, sodass uns die Werte zu Mitgliederund Partnerwachstum, Kundenzufriedenheit oder Social-­M edia-Aktivität zu jeder Zeit präsent sind. Auch Programme wie Zendesk und Mailchimp sind angebunden – die Performance aus jedem Bereich ist dadurch für alle jederzeit visualisiert. geckoboard.com

MORITZ KREPPEL

URBAN SPORTS CLUB

HEADSPACE

OMNIFOCUS Ich nutze diesen Task-Manager für besonders große und komplexe Projekte. Der Einstieg in ­ dieses Tool ist mir nicht leicht gefallen, aber die unzähligen Möglichkeiten und Funktionen haben mich überzeugt. Inzwischen weiß ich es zu schätzen, neben den internen Projektplanungs-Programmen von Urban Sports Club noch ein weiteres, eigenes Tool für mich zu haben. omnigroup.com

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Über dutzende Kanäle bekommt man täglich eine Masse an Informationen. Da ist es für mich notwendig, ab und zu zur inneren Ruhe zu kommen, um wieder frisch an die Arbeit gehen zu können. Mit Headspace kann ich morgens in etwa 15-minü­tigen Meditationseinheiten zu mir kommen. Zwischen­ durch und unterwegs kann man mit Headspace eine Auszeit zum Aufladen genießen – auch wenn ich das leider zu selten schaffe. headspace.com

Natürlich bin ich selbst Urban-Sports-Club-Mitglied und kann somit Sport wunderbar in meinen Tagesablauf integrieren. Ich reduziere durch unser in der ganzen Stadt verteiltes Partnernetzwerk meine unproduktive Zeit enorm, denn egal ob ich in der Nähe des Arbeitsplatzes, meiner Wohnung oder in anderen Städten spontan nach einer Sportgelegenheit suche, TRX, Yoga, Functional Training und Co. sind nur einen Blick in meine App entfernt. urbansportsclub.com

MÖCHTEST DU DEINE LIEBLINGSTOOLS VORSTELLEN? MELDE DICH: tools@berlinvalley.com

Fotos: Isabell Winter, Emily Sea, Helloquence/Flickr.com, urban_data/Flickr.com

ist Mitgründer und CEO des Sportflatrate-­ Anbieters Urban Sports Club. Nach dem Zusammenschluss mit dem Wettbewerber Somuchmore verfolgt das Startup jetzt die Strategie der nationalen und europäischen Expansion. urbansportsclub.com


JOBPROFIL

WAS MACHT EIGENTLICH EIN

NAME: Bonaverde

HEAD OF ROASTING In der Startup-Szene gibt es viele eigentümliche Jobbezeichnungen. Kike Morales erzählt, warum ihn seine Aufgaben als Head of Roasting bei Bonaverde begeistern Eine Reihe wunderbarer Zufälle hat mich zu Bonaverde gebracht. Alles fing auf einem Online-Stellenportal an: Bonaverde hat nach einem Praktikanten im Marketing gesucht und so habe ich das erste Mal von der Company gehört. Ein großer Kaffee-Liebhaber war ich schon immer – ich habe damals sogar als Barista gearbeitet. Die Idee hinter Bonaverde hatte mich sofort gepackt. Mich inspiriert die Vision, den Handel in großem Umfang direkt mit den Bauern zu betreiben und so die Erzeuger vor Ort so wirklich zu stärken. Also zog es mich nach Berlin und ich wurde Teil des Bonaverde-Teams. Ich arbeite unheimlich gerne für ein Startup, weil man hier extrem offen für Experimente ist. Als die Crew mitbekam, dass ich eine Barista-Ausbildung habe, fragten sie, ob ich an einem Roasting-Profil für unsere Röst-Mahl-Brüh-Kaffeemaschine experimentieren wolle. Noch bevor mein Praktikum beendet war, hatte ich als Head of Roasting unterschrieben. Wir unterstützen Bauern über den direkten Handel ihrer Produkte. Das mache ich in meinem Job, indem ich das Beste aus ihren Bohnen heraushole. Wir arbeiten mit einigen sehr engagierten Bauern zusammen, die wirklich außergewöhnlichen Kaffee

KIKE MORALES

produzieren. Einer der drei Erzeuger mit denen wir kooperieren belegte beim Cup of Excellence für Nicaragua den dreizehnten Platz. Meine Aufgabe ist es, diese großartige Arbeit dem Konsumenten schmackhaft zu machen. Früher habe ich in der Musikindustrie gearbeitet und meine Rolle bei Bonaverde kommt den Aufgaben eines Musikproduzenten sehr nah: Die Qualität muss stimmen und gleichzeitig muss eine Geschmackssensation geliefert werden. Das ist auf der einen Seite unglaublich kreativ und fordernd, anderseits auch recht simpel. Es geht dabei genauso um den Geschmack des Konsumentens wie um meine „Kunst“.Ich hatte schon immer einen sensiblen Geschmack, trotzdem lerne ich noch immer dazu und werde von Bonaverde unglaublich unterstützt. Unsere Maschine arbeitet mit wirklich kleinen einzelnen Röstchargen. Das ist toll für Experimente. Bonaverde hat mich unterstützt, damit ich mein Q Grader Zertifikat der Alliance für Coffee Excellence machen konnte. Jetzt gehöre ich zu einer Handvoll „Q Graders“ in Europa. Zu meinem Job gehört auch das Networking mit der Kaffee-Community. Mit Röstereien, Coffee Shops, Baristas oder Erzeugern zu sprechen ist immer eine kleine Bildungsreise. So wie

GRÜNDUNG: 2013

GRÜNDER: Hans Stier

MITARBEITER: sieben

STANDORT: Berlin

SERVICE: Hersteller einer Röst-Mahl-BrühKaffeemaschine bonaverde.com

sich die Firma entwickelt, entwickelt sich auch meine Aufgabe immer weiter. Ich freue mich schon riesig, ein immer enger werdendes Band mit unseren Kaffee-Bauern zu knüpfen. Ich glaube aus vollem Herzen an den Direkthandel. Am Ende gehört die große Bühne den Kaffee-Erzeugern. Ich möchte ihnen nur helfen, diese Bühne zu betreten.

HAST DU EINEN UNGEWÖHNLICHEN JOB? SAG ES UNS: jobprofil@berlinvalley.com

In seinem Element: Kike Morales experimentiert mit Aromen für die Banaverde-Kaffeemaschine.

lebt für das Abenteuer: Er klettert Felsen empor, reitet Wellen, entdeckt neue Orte und sucht nach Geschichten. In seinen vergangenen Leben war er Musikproduzent, Jazz-Reporter, Journalist und Mediendesigner. Zurzeit ist er als Head of Roasting für Bonaverde auf Abenteuerreise durch die Welt des Kaffees.

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EINE FRAGE DES ÜBERLEBENS Das Produkt ist perfekt: lean am Kunden entlang entwickelt, riesiger Mehrwert, tolle User Experience – und das Startup muss Insolvenz anmelden. Ein gutes Produkt reicht nicht, um zu überleben, zu wachsen und erfolgreich zu sein. Jedes Produkt muss auch verkauft werden. Was für die Zalandos und Amazons dieser Welt das Online-Marketing ist, ist der Vertrieb für den B2B-Sektor: das Tor zum Kunden. Verkaufen ist überlebenswichtig für Unternehmen. Deshalb brauchen Unternehmen gut trainierte Verkäufer. GUTE VERKÄUFER FINDEN Wir verlieren Kunden nicht an bessere Produkte oder an günstigere Preise. Wir verlieren Kunden an bessere Verkäufer, wiederholen Verkaufstrainer wieder und wieder in ihren Vorträgen und Seminaren. Es braucht ein gutes Produkt, eine gute Dienstleistung, aber besonders im B2B-Bereich sind es die Verkäufer, die Kunden auf das Produkt aufmerksam machen und sie davon überzeugen. Gute Verkäufer sind schwer zu finden. 692 Stellen waren in dieser Kategorie in den vergangenen drei Monaten auf der Startup-Jobplattform Heet.io ausgeschrieben. Die Konkurrenz um geeignete Kandidaten ist groß. Wo findet man Verkäufer? Was muss man ihnen bieten, um attraktiver zu sein als

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die Konkurrenz? Und welche der Bewerber sind die richtigen für das eigene Unternehmen? Die Erfahrensten, die Hungrigsten, die Sympathischsten? Wir haben diese Fragen den beiden Experten Christopher Funk und Dirk Kreuter gestellt. Christopher hat sich mit seiner Headhunting-Agentur Xenagos auf Top-Positionen im Vertrieb spezialisiert. „Per se gibt es keinen guten Verkäufer. Es gibt nur den richtigen Verkäufer für mein Unternehmen“, sagt er im Gespräch mit Berlin Valley. Gründer müssen nach Kandidaten suchen, die in ihr System passen und mit ihren Kunden umgehen können. Es bieten sich Verkäufer an, die schon einmal in einem ähnlichen System und mit einer ähnlichen Kundengruppe gearbeitet haben. „Wenn die Basics im Bewerbungsgespräch geklärt sind, geht es ins Detail“, sagt Christopher. „Konkret sind das Fragen wie: ‚Was hast du wie an wen verkauft? Wie viel Umsatz hast du gemacht? Wie groß war das durchschnittliche Ticket? Wo hast du auf der internen Rangliste gestanden? Erzähl mir drei Geschichten von Neukunden, die du akquiriert hast, drei Geschichten von Kunden, die du wiedergewonnen hast.‘“ IM ZWEIFEL GEGEN DEN KANDIDATEN Wie man einen Verkäufer ins Unternehmen integriert und wie Gründer mit ihren Verkäufern ein

funktionierendes Vertriebs-System aufbauen können, weiß Dirk Kreuter. Er gehört zu den Top-Verkaufstrainern in Deutschland und schult mehr als 20.000 Verkäufer jährlich auf seinen Veranstaltungen. In Seminaren gibt er sein Wissen zum Thema Systemvertrieb, Akquise und Führung an Unternehmer und Führungskräfte weiter. Sein Tipp zum Recrui­ ting: „Stell nur A-Mitarbeiter ein und entscheide dich im Zweifel gegen den Kandidaten!“ In seinem Unternehmen sprechen alle Kandidaten mit drei Kollegen – wenn nur einer davon nein sagt, ist der Kandidat raus. „Als Gründer bist du der Anwalt des Kapitals“, sagt Dirk. „Dazu gehört, dass du die besten Verkäufer einstellst.“ Nicht nur das – der beste Verkäufer hilft nichts, wenn er nicht schnell eingearbeitet ist: „Bring neue Leute schnell auf Flughöhe. Das dauert nicht Monate, sondern maximal ein paar Wochen“, rät Dirk. Um konkret besser zu verkaufen, gibt er jedem Verkäufer noch mit, Verbindlichkeit zu schaffen und nach dem Abschluss zu fragen. „Es gibt wenige Verkäufer in Deutschland, die am Schluss wirklich den Sack zumachen“, sagt der Trainer. „Gründer müssen ihren Verkäufern beibringen, nach dem Abschluss zu fragen.“ Welche Fragen Gründer vor dem Recruiting von Verkäufern klären sollten, stellt Dirk im Infokasten auf der folgenden Seite vor.

Fotos: Xenagos, ZoomTeam

Es reicht nicht aus, ein gutes Produkt zu haben, um erfolgreich zu sein. Man braucht auch Leute, die es verkaufen


VERTRIEB

MACH DIR KLAR, WAS DU BRAUCHST! Dirk Kreuter weiß, welche Fragen sich Gründer stellen sollten Brauche ich im Unternehmen freie Mitarbeiter oder Festangestellte? Der freie Mitarbeiter ist normalerweise ein Handelsvertreter. Dieser Handelsvertreter verursacht für dich keinerlei Fixkosten. Er lebt nur von der Provision, ist aber auch nicht weisungsgebunden. Das hat viele Vorteile, weil du als Startup in der Regel einen Kundenkreis aufbauen musst. Und so ein Handelsvertreter hat vielleicht schon einen entsprechenden Kundenkreis, weil er ähnliche oder ergänzende Produkte hat. Es kann eine gute Lösung sein, mit solchen Mitarbeitern zu arbeiten. Es kann aber auch eine schlechte sein, das hängt vom Unternehmen ab. Brauche ich Außendienst oder Telesales? Das ist ein riesiger Unterschied. Die meisten Organisationen brauchen gute Telefonverkäufer und keine guten Außendienstler. Verkauf bedeutet nicht, Kunden besuchen. Auch die Kunden haben immer weniger Zeit – Verkaufen geht extrem gut am Telefon. Einen Außendienst brauchst du in zwei Fällen: wenn du sehr komplexe Produkte und Leistungen verkaufst und wenn deine Kundengruppe schwer zu akquirieren ist oder einen persönlichen Ansprechpartner braucht. Welcher Verkäufer-Typ ist der richtige für mein Unternehmen? Wir unterscheiden im Grunde genommen zwei Typen von Verkäufern. Es gibt Hunter und Farmer. Der Hunter ist der typische Neukundenakquisiteur. Der ist schmerzfrei. Der Farmer ist eher der Beziehungsmanager. Er arbeitet langfristig mit den Kunden und schaut sich an, welches Potenzial in einem Kunden steckt und wie man das ausschöpfen kann. Wenn du Neukunden akquirieren willst, brauchst du einen Hunter, den erkennst du relativ schwierig. In Vorstellungsgesprächen verkauft ein Farmer sich gern als Hunter. Wenn du den einstellst, hast du verloren. Der wird dir nur erklären, warum es nicht möglich ist, Neukunden mit diesem Produkt auf diese Weise zu akquirieren, und eine Lösung wird er dir dafür nicht bieten.

„STARTUPS BESCHÄFTIGEN SICH ZU SPÄT MIT DEM VERTRIEB“ Christopher Funk von Xenagos erklärt, wie man als Gründer gute Verkäufer findet Christopher, hast du auch schon für Start­ ups rekrutiert? Ja, das haben wir schon oft gemacht, aber nicht so oft, wie ich gern würde. Vertrieb ist für Startups ein wichtiges Thema und die meisten befassen sich zu spät damit. Das wird dann zur Wachstumsbremse. Wann sollte man damit beginnen? Das hängt vom Geschäftsmodell ab, aber grundsätzlich so früh wie möglich. Wichtig ist, dass man überhaupt anfängt. Mir erzählen oft Unternehmer, sie würden ihre Aufträge über ihr Netzwerk generieren und bräuchten deshalb keinen Verbtrieb. Aber wie sollen diese Firmen systematisch wachsen? Eine systematische Wachstumsstrategie lässt sich nur mit einem systematischen Vertrieb realisieren, vor allem im B2B-Bereich. Wie finden Startups gute Leute für den Vertrieb? Als Startup hat man vor allem seine Kultur und seine Story. Die Kunst ist es, Kollegen zu finden, die darauf Lust haben und die nicht nur aufs Geld schauen, sondern sich an der Mission beteiligen wollen. Was sind gute Modelle, Verkäufer zu bezahlen? Startups können Verkäufer auf verschiedene Arten an ihrem Wachstum teilhaben lassen. Provisionsmodelle können sich am Umsatz orientieren, an der Marge oder an abgearbeiteten Tickets – zum Beispiel kann man am Anfang pro qualifiziertem Lead einen Bonus bezahlen. Das Modell muss nur transparent, verständlich und messbar sein. Verkäufern am Ende eines Quartals Boni zu bezahlen, weil das Unternehmen seine Ziele erreicht hat, bringt nichts, ohne zu wissen, was der Verkäufer dazu beigetragen hat. Das System sollte einen Anreiz für gute Leute schaffen. Ich bin auch ein Freund davon, dass ein sehr guter Verkäufer überdurchschnittlich gut verdient. Du bist also kein Fan von so etwas wie einer Provisionsdeckelung? Auf keinen Fall. Das kannst du auch als Motivationsdeckelung betrachten und es führt oft dazu, dass die Leute Aufträge hin- und herschieben. Wenn ihnen der Umsatz in diesem Monat nichts mehr für ihre Provision bringt, schieben sie ihn eben in den nächsten. Das ist nicht im Sinne des Unternehmens. Worauf muss ich achten, wenn ich einen Systemvertrieb aufbaue? Das System orientiert sich am Sales-Funnel, also an dem Weg, den ein Kunde durch die Organisation geht. Dieser Funnel muss zuerst stehen: Wo kommen die Leads her? Wie werden sie qualifiziert? Wie werden die Angebote geschrieben? Muss für den Abschluss jemand zum Kunden fahren oder macht man das am Telefon? Und so weiter. Für jeden

einzelnen Schritt muss ein Unternehmer die Zahlen kennen: ‚Wie viele Leads sind überhaupt interessant? Wie viele Angebote muss ich schreiben? Wie viele Aufträge kommen dabei heraus?‘ Wenn ein Unternehmer seine Metriken kennt, kann er die einzelnen Schritte verbessern und weiß, was man oben in den Funnel reinkippen muss, damit unten Umsatz herauskommt. Und darauf aufbauend kann er abschätzen, welche Leute er für welchen Teil des Funnels braucht. Ich bin ein Fan von einem arbeitsteiligen Vertrieb. Am Anfang macht meistens ein Verkäufer alles, aber das sollte nicht so bleiben. Die Top-Verkäufer müssen keine Angebote schreiben oder Leads qualifizieren. Jeder sollte tun, was er am besten kann. Was sind die ersten Positionen, die man schnell spezialisieren kann? Jemand, der Leads qualifiziert, lohnt sich schon sehr früh. Das kann man sogar schon machen, bevor der Vertrieb steht. Ich habe zum Beispiel Sales­ force eingeführt, bevor ich Xenagos gegründet habe, und habe einfach 1000 Leads recherchiert und eingespielt. Auch die Organisation für den Vertrieb kann früh jemand anders machen. Wie sieht es mit einem Vertriebsleiter aus? Im Idealfall ist der erste Verkäufer auch der Vertriebsleiter, damit er seine Mannschaft selbst aufbaut. Eine Hauptaufgabe für eine Führungskraft im Vertrieb ist das Recruiting. Die Personalabteilung ist selten in der Lage, die richtigen Leute für einen Systemvertrieb zu finden. Die meisten Startups besetzen diese Position zu spät und nehmen dann einen ihrer guten Verkäufer. Aber wenn du deinen besten Verkäufer zum Vertriebsleiter machst, hast du meistens ein Problem. Das ist wie im Fußball: Die besten Spieler werden selten weltklasse Trainer. Leute wie Franz Beckenbauer oder Pep Guardiola sind Ausnahme­ talente. Da werden ganz andere Skills gebraucht. Als Trainer musst du dir die Spielsystematik ausdenken, die Skills der Spieler trainieren, neue Spieler einsetzen, Spieler vom Platz nehmen. Das Gespräch führte Anna-Lena Kümpel.

CHRISTOPHER FUNK hat nach dem Studium der Betriebswirtschaft und einigen Jahren in der Forschung bei Jobpilot erlebt und mitgestaltet, wie das Internet den Rekrutierungsmarkt verändert. Mit seiner Personalberatung Xenagos rekrutiert er heute mit klarem Vertriebsfokus für fast alle großen deutschen Unternehmen. xenagos.de

berlinvalley.com / 55


VERTRIEB

„VERKÄUFER SIND WIE ZWERGKANINCHEN“ Verkaufstrainer Dirk Kreuter erklärt, wie Rollenspiele und artgerechte Haltung zum Erfolg von Telefonverkäufern beitragen Dirk, wenn ich vom Verkaufen keine Ahnung habe: Wie erkenne ich einen guten Verkäufer? Du erkennst einen guten Verkäufer nicht, wenn du keine Ahnung vom Verkaufen hast. Punkt. Gerade am Anfang haben Gründer meist keine Erfahrung damit, einen Vertrieb aufzubauen und Verkäufer einzustellen. Kann man das on the go lernen? Wenn du dir bei einem Kandidaten unsicher bist, ob er ein Hunter oder ein Farmer ist (mehr im Infokasten Seite 57), verbrennst du Geld und Kunden und du hast anschließend viel schlechtes Karma in deinem Team. Mach das nicht! Du darfst dein Recruiting nicht in das Arbeitsverhältnis verlagern. Du betreibst Jugend Forscht mit echten Kunden. Die höchsten Kosten im Vertrieb sind die Kosten der verpassten Chancen und der falsche Verkäufer kann dir deine Kundenkontakte platt machen. Beschäftige dich damit! Was kann ich im Vorstellungsgespräch denn konkret tun, um den richtigen Verkäufer zu erkennen? In Rollenspielen kannst du sehr gut erkennen, was du für einen Verkäufer vor dir hast. In solche Rollenspiele gehst du als Arbeitgeber niemals alleine. Immer zu zweit, besser zu dritt. Und der Entscheider ist nicht aktiv im Rollenspiel, sondern immer Beobachter. Ich empfehle vier Rollenspiele. Erstens: Der Kandidat soll ein neutrales Produkt verkaufen. ‚Verkauf mir mal diesen Stift‘ ist der Klassiker. Zweitens: Er soll dir sein letztes Produkt verkaufen, mit dem er vertraut ist. Drittens: Er soll dir dein

Produkt verkaufen. Wenn er sich vorbereitet hat, kennt er das ein bisschen. Das vierte Rollenspiel machst du nur, wenn du einen Hunter suchst. Du legst dem Kandidaten eine Liste mit fünf Kontakten hin ­­– zum Beispiel Bestandskunden, die schon eine Weile nichts gekauft haben. Er soll anrufen und im Idealfall einen Termin vereinbaren. Es gibt darauf genau zwei Reaktionen. Die erste: ‚Das könnte ich schon machen, aber ich müsste mich noch vorbereiten, einen Leitfaden schreiben, ins CRM schauen, googlen und dann anrufen. Können wir in zwei Wochen einen Termin machen, dann komme ich vorbereitet und kann gerne telefonieren.‘ Das ist eindeutig ein Farmer, der dir später erzählen wird, warum er keine Kunden akquirieren kann. Nicht das, was du suchst. Wenn der nicht anruft, endet das Gespräch an dieser Stelle. Ein Hunter schnappt sich direkt das Telefon und wählt. Er wird vielleicht sagen: ‚Gut. Wenn ich den Kunden verbrenne, selbst Schuld.‘ Das sind Verkäufer, die du brauchst. Sie sind schmerzfrei. Übrigens: Sobald der Bewerber wählt, brichst du das Rollenspiel ab. Trotzdem werden sicher Fehler passieren. Wie erkenne ich, wann ich die Reißleine ziehen muss? Du setzt von Anfang an Meilensteine: Was soll der Kandidat nach einer bestimmten Zeit kennen, was soll er können und was soll er getan haben? Kennen muss er zum Beispiel die Preise und Eigenschaften deiner Produkte. Das kannst du nach zwei Wochen abfragen. Dann können: Kann er Neukundentermine am Telefon machen? Nach spätestens drei Wochen legst du ihm 20 Adressen hin und wenn er nicht mindestens zehn Termine kriegt, kann er das nicht. Die dritte Art von Meilensteinen bezieht sich darauf, was jemand getan haben soll. An einem bestimmten Stichtag soll er zum Beispiel 25.000 Euro Umsatz gemacht haben. Diese Meilensteine legst du für die ersten Wochen und Monate fest. Und wenn jemand einen Meilenstein nicht erreicht, darf er nachbessern. Und wenn er nicht nachbes-

sert, ist er raus. Eine Führungskraft, die in sechs Monaten Probezeit nicht erkennt, ob ein Kandidat passt, ist eine Fehlbesetzung. Was brauche ich zuerst, um einen guten Vertrieb aufzubauen? Jedes Schiff braucht einen Kapitän und jede Vertriebsmannschaft braucht zuerst eine richtig gute Führungskraft. Diese Führungskraft muss zu deiner Organisation passen. Wenn dein Vertriebsleiter früher eine Farmer-Organisation geführt hat und jetzt eine Hunter-Truppe leiten soll, wirst du scheitern. Startups setzen in vielen Bereichen auf Quereinsteiger. Wie geht man damit im Vertrieb um? Gründer investieren alles, was sie haben, leihen sich Geld bei ihren Familien, bekommen Geld von Investoren –­ und dann bauen sie einen Vertrieb mit unerfahrenen Quereinsteigern auf? Das klappt nicht. Wir holen uns junge dynamische Leute, die noch nie etwas verkauft haben. Aber unsere Strukturen stehen und wir haben ein perfektes Programm zur Einarbeitung. Wir bringen unsere Quereinsteiger innerhalb weniger Tage auf Flughöhe. Das kannst du aber nur machen, wenn du die richtigen Leute an den richtigen Stellen hast. Das heißt, ich brauche ein funktionierendes System, bevor ich Quereinsteiger einstelle? Anders wird das nichts. Du musst vorher ein funktionierendes System schaffen, damit die Leute auf Flughöhe kommen. Die größte Vertriebsorganisation auf diesem Planeten – Würth – sagt: ‚Wir gewinnen das Spiel mit Bauern.‘ Gemeint ist der Bauer beim Schach. Der Bauer hat keine wirklich wichtige Position, aber Würth hat ein System, in dem durchschnittliche Leute zu Bestform auflaufen können. Es gibt einen Unterschied zwischen System­vertrieb und Talentvertrieb. Wenn du zehn Leute einstellst, dann machen zwei davon 80 Prozent des Umsatzes. Das ist ein sogenannter Talent-

Gefragt: Dirk Kreuter ist als Redner und Trainer für Veranstaltungen und Unternehmen unterwegs.

ERFOLGSFAKTOREN FÜR DEN VERTRIEB UNTERNEHMER

VERKÄUFER

CRM Brutto-Anrufe

Schulungen gutes Umfeld Onboarding

Motivation Fleiß

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LEISTUNGSFÄHIGKEIT

INFRASTRUKTUR

Lernfähigkeit Produktverständnis

Zeit zum Verkaufen

Fotos: Dirk Kreuter/Bestsellerverlag

LEISTUNGSBEREITSCHAFT


VERTRIEB

vertrieb. Am Anfang ist das für ein Startup geil. Es kommt Geld rein. Aber du machst dich abhängig von wenigen Verkäufern. Wenn die gehen, stehst du vor dem Aus. Deswegen empfehle ich: Bau von Beginn an einen Systemvertrieb auf, damit du das Spiel mit Bauern gewinnen kannst! Womit muss ein Unternehmer seine Verkäufer ausstatten, damit sie ordentlich arbeiten können? Jeder Verkäufer braucht ein sehr, sehr gutes Customer- ­R elationship - Management- Programm. Ohne CRM hast du Blindflug. Welchen Anbieter du nutzt ist sekundär. Ins CRM müssen alle Daten fließen, die für deinen Vertrieb wichtig sind. Das CRM ist das wichtigste Tool. Ein Telefonverkäufer braucht einen schnellen Rechner und ein gutes Headset. Und man muss Telesales – salopp ausgedrückt – artgerecht halten.

„WENN DU DIR BEI EINEM KANDIDATEN UNSICHER BIST, VERBRENNST DU GELD“

Wie hält man einen Telefonverkäufer denn artgerecht? Du stellst zum Beispiel nie nur einen Telefonverkäufer ein. Immer zwei, besser drei. Und zwar von Anfang an. Die sind wie Zwergkaninchen. Es wäre Tierquälerei ein Zwergkaninchen alleine in den Stall zu sperren. Die gehen ein. Telefonverkäufer erleben extrem viel Ablehnung, vor allem wenn du Hunter hast. Sie brauchen andere, mit denen sie diese Gefühle teilen, mit denen sie Siege feiern und Niederlagen ‚beweinen‘ können. Außerdem musst du dich um deine Telesales kümmern. Du setzt die nicht in einen dunklen Raum im Keller. Unsere Telesales sitzen mitten im Leben und bekommen extrem viel Wertschätzung. Man muss sich um sie kümmern. Was sind gute KPIs für einen Vertrieb? Es gibt eine alte Weisheit im Vertrieb: Wer schreibt, der bleibt. Damit ist die Unterschrift unter den Aufträgen gemeint. Der wichtigste KPI ist der Umsatz, den ein Verkäufer macht. Bitte miss nicht die Absicht, sondern die Wirkung. Neukunde, Auftrag, Folgeauftrag, Up-Selling, Cross-Selling – das ist Wirkung. Anrufe, Angebote, Termine – das ist alles Absicht. Dein bester Verkäufer ist nicht der, der die meisten Termine macht und die meisten Angebote schreibt, sondern der, der den meisten Umsatz macht. Trotzdem sind diese KPIs wichtig. Bei uns muss jeder Telefonverkäufer 100 Anrufe am Tag machen. Er erreicht mit diesen 100 Brutto-Calls 17 bis 25 Entscheider. Unser bester Verkäufer braucht 5,4 Gespräche mit Entscheidern, um einen Umsatz zu machen. Dann messen wir, ob das ein Neuoder Bestandskunde war, wie hoch die Aufträge sind, welchen Wert hat der Kunde über die nächsten Jahre hinweg und so weiter.

DIRK KREUTER ist ein gefragter Verkaufstrainer und Redner in Deustchland. Er hat international bereits mehr als 50 Bücher, DVDs und Hörbücher zum Thema Vertrieb veröffentlicht. Als Trainer hat er schon mit Unternehmen wie Miele, Bayer, Siemens, Lufthansa und Volkswagen zusammen gearbeitet. dirkkreuter.com

100 Anrufe am Tag klingt nach viel Arbeit. Aber im Vertrieb sind ja auch noch andere Dinge zu tun. Meine Verkäufer geben alles, was sie nicht unbedingt selbst machen müssen, an das Backoffice ab. Die kriegen ihre Adressen eingespielt und müssen sich um nichts weiter kümmern. Sie geben nur ihre Kommentare ins CRM ein. Wenn du einen guten Verkäufer hast, kannst du ihm nicht nur 30 Prozent seiner Zeit lassen, um die PS auf die Straße zu bringen. Das Gespräch führte Anna-Lena Kümpel.

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berlinvalley.com / 57 As of 26 June 2017. Subject to alterations.


„STARTUPS UNTERSTÜTZEN DEN MITTELSTAND“

Daniela, stell dich doch kurz vor. Was machst du bei NKF Media? Ich bin Projektmanagerin und Redakteurin bei Berlin Valley und habe die vergangenen sechs Monate daran gearbeitet, dass aus der Idee zu einem Sonderheft Digital Commerce 2017 ein gedrucktes Magazin wird. Worum geht es in Digital Commerce? NKF Media befasst sich grundsätzlich mit innovativen Startups und den Veränderungen, die durch aktuelle Trends und die Digitalisierung vorange-

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trieben werden. Bei Digital Commerce stand die Idee im Mittelpunkt, 50 Startups zu präsentieren, die den stationären Handel verändern. Ähnlich wie bei unserer Magazinreihe the Hundert haben wir auch dieses Mal eine lange Liste mit Vorschlägen aus unserem Netzwerk und eigener Recherche erstellt. Die Frage, welche 50 Unternehmen das größte Innova­ tionspotenzial für den Handel haben, wollten wir jedoch nicht alleine beantworten. Deshalb haben wir eine Expertenjury zusammengestellt, die Know-how in der Startup- und Tech-Szene mit Expertise im Handelsumfeld vereint: Journalisten wie Nikolaus Röttger (Chefredakteur von Wired Germany) und Stephan Dörner (Chefredakteur von t3n.de), Investoren wie Florian Heinemann (Partner bei Project A), Friedrich A. Neuman (CEO von Makers) oder Frank Thelen (CEO der E42 Group) und Metro-Vorstandschef Olaf Koch haben die Auswahl übernommen. Herausgekommen ist eine spannende Mischung an Unternehmen und Ideen aus allen Bereichen der Wertschöpfungskette des Handels. Was macht das Sonderheft einzigartig? Aus unserer Sicht ist das Heft tatsächlich auf mehreren Ebenen besonders. Zum einen ist es mit knapp

120.000 Exemplaren das auflagenstärkste Magazin des Jahres zur Digitalisierung des Handels. Außerdem war es eine innovative Verlagskooperation: Berlin Valley hat dieses Projekt gemeinsam mit dem führenden Retail-Magazin Der Handel aus dem Deutschen Fachverlag (dfv) umgesetzt. Jede Seite hat dabei ihre Stärken eingebracht: Unser Verlag kennt sich in der Startup-Szene aus, die Redaktion von Der Handel hat Expertise im klassischen mittelständisch geprägten Einzelhandel in Deutschland und auch entsprechende Vertriebswege – das Magazin erreicht also genau die Unternehmer und Entscheider, die die Digitalisierung im Handelsbereich besonders betrifft und die auf diese Veränderungen reagieren müssen. Die Zusammenarbeit mit Sybille Wilhelm aus der Redaktion Der Handel mit dem Vertriebsteam rund um Objektleiter Benjamin Grau und der Produktionsabteilung lief sehr unkompliziert und hat mir große Freude gemacht. Vor welchen Herausforderungen steht der stationäre Handel aktuell und wie können Startups dabei helfen? Die Grenzen zwischen online und offline verschwimmen zunehmend. Das klassische stationäre Geschäft

Fotos: Corinna Visser

NKF-Projektleiterin Daniela Rattunde über Entwicklungspotenziale der deutschen Wirtschaft und das Sonderheft Digital Commerce, das 50 junge Technologiefirmen vorstellt, die den Handel verändern


IN EIGENER SACHE

Von der Bandbreite der Kooperationsmöglichkeiten von Start­ ups und Handelsunternehmen fasziniert: Daniela Rattunde, Projektleiterin bei NKF für das Sonderheft Digital Commerce

muss sich wandeln, um zukunftsfähig zu bleiben und um neben den großen Online-Playern wie Amazon und Ebay zu bestehen. Digitale Technologien können dabei helfen: bei der Organisation interner Geschäftsprozesse und der Zusammenarbeit mit Zulieferern, bei den Themen Kundenservice und Kundenbindung, bei der Auffindbarkeit von lokalen Geschäften im Internet, um nur einige Themen zu nennen. In diesen Bereichen sind Start­ups führend. Ein großes Potenzial liegt deshalb in der Zusammenarbeit von Startups und Mittelstand, der die Stütze der deutschen Wirtschaft ist. Gerade im Mittelstand haben viele Marktteilnehmer wichtige Trends zu spät realisiert. Die Unternehmen, die die Digitalisierung nicht meistern, werden wahrscheinlich von der Bildfläche verschwinden. Wir beobachten schon lange, dass Startups den Mittel­stand unterstützen können – sowohl als Impulsgeber als auch als Kooperationspartner. Deshalb sollten man die Startup-Szene auch nicht isoliert betrachten, sondern als integralen Bestandteil unseres Wirtschaftssystems. In der Zusammenarbeit von Startups und etablierten Unternehmen liegt ein sehr großes Potenzial zur Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. Was sind das für Startups, die es ins Heft geschafft haben? Der Name Berlin Valley ist vielleicht etwas irreführend. Wir haben Startups aus ganz Deutschland und aus Österreich porträtiert. Durch die Recherche und die finale Auswahl wurde mir erst deutlich, welche Bandbreite das ganze Handelsthema überhaupt hat: In der Produktion und Logistik stellen zum Beispiel Roboter (Magazino), Datenbrillen (Picavi) oder smarte Handschuhe mit Sensoren (Proglove) eine große Arbeitserleichterung dar. Schlaue Apps ermöglichen ein einfaches Qualitätsmanagement im Lebensmittelhandel (Tsenso und Flowtify). Hoch­ technologische Lösungenn verleihen Produkten eine lebenslange digitale Identität (Goodstag) oder bieten eine visuelle Produkterkennung (Nyris), die für Online- wie Offlinehändler interessant ist. Toll fand ich auch den Ansatz von Gaxsys, die eine SaaS-Lösung entwickelt haben, mit der Onlinehändler Be-

stellungen, die in ihrem Webshop eingehen, lokalen Händlern zur Auftragserfüllung anbieten: ein sehr gelungenes Zusammenspiel von E-Commerce und lokalem Einzelhandel.

„IM MITTELSTAND HABEN VIELE MARKTTEIL­ NEHMER WICHTIGE TRENDS ZU SPÄT REALISIERT“ Welche Probleme der Händler lösen die Startups? Die Lösungen, die die Startups entwickelt haben, können zum einen für die Händler die täglichen Geschäfts- und Organisationsprozesse erleichtern. Zum anderen eröffnen sie dem Kunden einen besseren Service und ein besonderes Einkaufserlebnis vor Ort. Denn darum geht es auch: Wenn online alles schneller und günstiger verfügbar ist, muss der lokale Handel mit einem Mehrwert für Kunden punkten – mit einem besonderen Einkaufserlebnis, mit Expertise und individueller, personalisierter Ansprache. Digitale Technologien können dabei helfen. Es geht nicht darum, Technologie nur um der Technologie Willen einzusetzen, sondern passende Lösungen für das eigene Geschäft zu finden, um auch in Zukunft Kunden zu haben. Große Unternehmen und Filiali­sten haben dabei zwar ganz andere Möglichkeiten als kleine Einzelhändler, aber gerade auch für letztere haben wir spannende Beispiele im Heft, die sie beim Setup ihres Geschäfts unterstützen. Das Heft ist jetzt draußen. Wie geht es nun weiter? Wir wollen mit dem Magazin nicht nur Impulse für zukunftsorientierten Handel geben, sondern auch die tatsächliche Zusammenarbeit zwischen

L DIGITA ERCE COMM

Das Sonderheft Digital Commerce liegt dieser Ausgabe von Berlin Valley bei. Die digitale Ausgabe mit allen 50 Start­ up-Porträts und Fallbeispielen gibt es hier zum kostenlosen Download:

BERLINVALLEY.COM

Startups und Handelsunternehmen anstoßen. Deshalb wird das Magazin ein Jahr lang auf allen relevanten Handelsmessen und Konferenzen verteilt werden. Um Startups und Handelsunternehmer auch direkt miteinander ins Gespräch zu bringen, organisieren wir außerdem einen Demoday mit ausgewählten Teilnehmern, die wir in Digital Commerce vorstellen, und Partnern aus Wirtschaft und Handel. Nach diesem gelungenen Pilotprojekt sind auch für die Zukunft weitere Kooperationen mit dem Deutschen Fachverlag geplant. Das Gespräch führte Jan Thomas.

DANIELA RATTUNDE ist Redakteurin und Projektmanagerin bei NKF Media. Sie hat an the Hundert mitgearbeitet, ist danach ins Team von Berlin Valley gewechselt und hat die Projektleitung für Digital Commerce übernommen. Bevor sie 2016 in die Startup-Welt eingetaucht ist, war sie im Wissenschafts- und Kulturbereich tätig.

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Fotos: DreamCheaper, Adrian Pfalzgraf, Thomas Karin/CrossEngage, Radbonus

In vielen Startups sorgen Bürohunde für gute Stimmung. Wir stellen einige vor


BÜROHUND

nadapt Die Streunerin von Gree Charles SpaLucy ist Cavalier King sten auf dem niel und nimmt am lieb ns Platz, wenn Bürostuhl ihres Herrche sie in Meetings der mal wieder ohne ren Startups ist. Auch bei den ande t sie gern im Gründerhaus schau vorbei.

Die Graziöse von Dreamcheaper Petty heißt mit vollständigem Namen Petunia Dursley von Hogwarts Castle und ist ein Italienisches Windspiel.

Der Bruchpilot von Cro ssengage Winston ist etwas tollpa tschig und rutscht oft aus. Zum Sc hutz trägt er den schicken Helm. We nn er nicht da ist, wird sein Schnarc hen und Rumtollen mit dem fas t gleich großen Stofftier- Dackel schme rzlich vermisst.

Feel-Good-Managerin be i Radbonus Mischlingshündin Lupita ist Feel-­ Good -Managerin von Radbonus. Sie liebt Spaziergänge, ge ht gerne im Rhein schwimmen und hat einen Insta­ gram- und einen Faceb ook-Account: facebook.com/lup ita.greb.

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BÜROHUND

Eine Frohnatur für den Startplatz Happy Hershey ist ein Pomeranian, ein Zwergspitz, und ver breitet gute Laune im Coworking -Sp ace Startplatz in Düsseldorf. Er hat eine eigene Instagram -Seite mit rund 60 00 Follower: @herpom.

ow Teamplayerin bei Dealfl e Bulldogge Elsa ist eine Französisch -Teams. Sie hat und Teil des Dealflow für spannende den richtigen Riecher t liegt auf Startups. Ihr Schwerpunk läuft allerFoodtech. Ohne Tasting dings nichts.

Ventures Der Flippige von Hanse mit Blick auf Auf der Dachterrasse lt Nacho gern hä die Elbphilharmonie . Er ist aufind seine Nase in den W d wird von un lis geweckt, liebt Lecker Ventures in nse allen Kollegen bei Ha Hamburg verehrt.

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EVENT

STARTUP-REISENDE Die Bethmann Bank führt ihre Kunden in die Welt junger Tech-Firmen ein

Im Gespräch:v-Vorstand Johannes Baratta mit Teilnehmern

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Tour zu Startups und Venture-­Capital-Gesellschaften in Berlin die Bethmann Bank aus Frankfurt am Main. Der Start bei New­store, der zweiten Gründung von Internetunternehmer Stephan Schambach, macht den Einstieg für die Reisenden in Sachen Startups recht leicht, denn hier ist das Ambiente schon etwas gehoben, wie man es erwarten kann bei einer Tech-Company, die kurz nach dem Besuch weitere 50 Millionen Dollar Kapital einsammelt. Gleich nach Newstore wird es kuschelig – unter dem Dach in der Rosenthaler Straße bei Atlantic Labs. Christophe Maire kann aus seinem reichen Erfahrungsschatz schöpfen und überzeugend berichten, dass Startup-Investor zwar eine riskante Sache ist, die „Befriedigung geht aber über das Finanzielle hinaus“, verspricht er. Schließlich arbeite man mit jungen Menschen zusammen, die die Welt verändern wollen, gut gelaunt und dynamisch. Hier hat unter anderem Mimi Hearing Technologies die Chance, sich den potenziellen Geldgebern zu präsentieren. Weiter geht’s zu Join Capital. Jan Borgstädt, Tobias Schirmer und ihre Kollegen sind die ersten an diesem Tag, die ihre Gäste in Hemd und Sakko empfangen. Join sammelt gerade Kapital für einen neuen Fonds. Die Spezialität des Hauses: Startups, die die Digita-

lisierung der Industrie voranbringen. Sensorberg ist so ein Beispiel und nutzt die Gelegenheit, sich vorzustellen. Weiter geht’s nach Kreuzberg zu Rheingau Founders, wo es wieder etwas bunter zugeht. Als erstes bietet Philipp Hartmann Club-Mate an, „der Stoff, auf dem die Start­ ups laufen“, erklärt er. Rheingau Founders stellt er als professionelle Mitgründer von digitalen Firmen vor mit rund 30 Companys im Portfolio, darunter Patronus.io, die Websites von Firmen gegen Cyberattacken schützen. Nächster Stopp: B10, wo Daniel Höpfner den Besuchern erklärt, wie er als operativer VC arbeitet. Das B10-Portfolio ist mit sieben Firmen deutlich kleiner. Dazu gehört unter anderem Free2Move, das Anfang des Jahres mehrheitlich von der PSA-Gruppe übernommen wurde. Zum Abschluss bittet die Bethmann Bank ihre Kunden noch in die Factory, wo sie von Udo Schloemer begrüßt werden. Bei Gegrilltem und Salat klingt der Tag aus. „Charmant, die Büros zu sehen“, findet eine Dame aus Stuttgart. „Interessant, die Energie der Gründer live zu erleben“, sagt ein Teilnehmer aus Braunschweig. Immerhin: Unternehmerfamilie Schmitt ist nun „sehr geneigt, einen Teil des Vermögens“ als Risikokapital zu investieren. Der Sohn arbeitet bereits in einem Startup in Berlin. vis

Hat die Tour organisiert: Marco Heise, Abteilungsleiter der Bethmann Bank

Fotos: Alex Habermehl

Wer verstehen will, was Startups ausmacht, muss in ihre Denk- und Arbeitsweise eintauchen. Risiko zum Beispiel ist etwas, das hierzulande von den meisten Menschen eher negativ gesehen wird, ebenso wie Scheitern. Aber Startups leben damit – jeden Tag. Während man in der etablierten Industrie so etwas wie das perfekte Spaltmaß anstrebe, arbeiten Start­ ups eher mit einer kontrollierten Fehlerkultur, erklärt Florian Peter, Europa-CEO der Innovationsberatung Mandalah. Er beschreibt seinem aufmerksamen Publikum, wie die Zusammenarbeit in Startups organisiert ist: Freiräume statt fester Strukturen, dezentrale statt hierarchischer Führung, Weisheit der Vielen ersetzt die Weisheit der Wenigen, schnelle Selbstreflexion statt fixer Vorgaben und Leistungsdruck wird durch Begeisterung abgelöst. Eine gute Einführung ins Thema. Im Publikum sitzen an diesem Morgen Ende Juni in der Town Hall von Newstore in Berlin vermögende Menschen vorwiegend aus Süddeutschland. Sie haben ihr Geld bisher eher konservativ angelegt und wollen nun herausfinden, ob Startups auch für sie eine interessante Invest­ mentalternative sein können. Der Zeitplan ist eng an diesem Tag, denn das Programm der 75 Teilnehmer ist gut gefüllt. Organisiert hat diese hochkarätige


EVENT

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Einführung in die Startup-Welt bei Newstore: Alexander Ringsdorff (Newstore) und Florian Peter (Mandalah)

Spricht aus Erfahrung: Christophe Maire, Gründer und CEO von Atlantic Labs

Ausklang: Gegrilltes und frisch Gezapftes

Lorem Ipsum Lorem Ipsum Lorem Lorem IpsumPräsentation: Lorem Ipsum Jan LoremBorgstädt stellt die Strategie von Join Capital vor.

In Kreuzberg: Philipp Hartmann erläutert, wie Rheingau Founders arbeitet.

Finale: Die Tour endet in der Factory.

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BÜROBESUCH

Das Navvis-Gründerteam (v. l.): Georg Schroth, Felix Reinshagen, Robert Huitl und Sebastian Hilsenbeck

DIE NAVIGATOREN Viel eigenes Design zeichnet die Räume von Navvis in München aus

Die Werkstatt: Hier werden Prototypen gebaut.

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NAME: Navvis

GRÜNDUNG: Mai 2013

GRÜNDER: Sebastian Hilsenbeck, Robert Huitl, Felix Reinshagen, Georg Schroth

MITARBEITER: 140

STANDORT: München-Neuhausen

SERVICE: Indoor Mapping/Indoor Navigation navvis.com

aktuelle Version des Mapping Trolleys. Wenn alles kartiert ist, können Nutzer sich später mit ihrem Smartphone im Gebäude orientieren oder die Orte von zu Hause aus erkunden. So nutzt zum Beispiel der Flughafen München digitale Karten auf der Basis der Navvis-Hardware. Andere Kunden sind unter anderem die Deutsche Telekom, Siemens, SAP oder BMW. Im Besucherbereich stehen für die Kunden hellblaue Sofas bereit und in der kleinen Kaffee­küche nebenan auch eine Siebträgermaschine. Auf den hellblauen Polstermöbeln nimmt übrigens auch der flauschige Bürohund Arkani, ein Shetland Sheepdog, gern Platz. ZENTRALER PUNKT: DIE KÜCHE Die zentrale Anlaufstelle ist – wie so oft in Start­ ups – die große Team-Küche. „Wir kochen sehr oft zusammen“, berichtet Simon. Für Abwechslung ist gesorgt, denn die Teammitglieder kommen aus rund 20 verschiedenen Nationen. Es gibt aber noch andere gemeinsame Aktivitäten: Montags gibt es eine Gruppe, die Joggen geht, andere spielen Squash. Beliebt ist auch die Tischtennisplatte im Büro. „Wir haben ein sehr offenes gemeinschaftliches Klima“, sagt Simon. vis

Das Team: An dieser Wand können sich alle vorstellen.

Fotos: Fotos: Astrid Schmidhuber

Erst eins, dann zwei, jetzt sind es schon drei Stockwerke: Seit Navvis im Juni 2015 in das Bürohaus im Münchner Stadtteil Neuhausen eingezogen ist, ist das Team kräftig gewachsen. Nun verteilen sich die 140 Mitarbeiter auf drei Etagen. An einer Wand sind Bilder der Team-Mitglieder aufgehängt – hier können sich die Mitarbeiter darstellen und zu jedem Namen gibt es ein Gesicht. Die Tische und Regale im Büro und in der Werkstatt sind zum großen Teil selbst gestaltet und gebaut. Das machen die hauseigenen Designer, berichtet Business-Development-Manager Simon Walter, der seit zweieinhalb Jahren bei Navvis arbeitet. „Unsere Designer haben einen hohen Anspruch an die Gestaltung und die Belastbarkeit.“ Möbel designen ist allerdings nicht die eigentliche Aufgabe der Industrie-, Grafik- und UX-Designer, die beim Unternehmen arbeiten. Denn Navvis entwickelt ein Visualisierungs- und Navigationssystem für Innenräume, sodass Menschen sich in großen Gebäuden wie Einkaufszentren, Flughäfen oder auch Fabriken besser zurechtzufinden. Das Ganze ist eine Kombination aus Hard- und Software. Ein kleiner Messwagen kartiert mit Laserscannern und 360-Grad-Fotografien die Räume. M3 heißt die


M3: So heißt der Mapping Trolley, der seine Umgebung kartiert.

Präzision: Die Hardware ist ein wichtiger Bestandteil der Navvis-Lösung.

Der Screen: Hier werden die Kartendaten angezeigt.

E D . E L L A R Ü F G N WERBU

MACH DOCH MAL

AUF DICKE HOSE AUSSEN UM NG Z WERBU ARIF: SPART UND DIGITAL CH! K L A S SI S


BÜROBESUCH

Konzentration: Hier wird am Design gefeilt. Flasuchig: Bürohund Arkani ist ein Shetland Sheepdog.

Die kleine Kaffeeküche: Hier steht eine Siebträgermaschine bereit.

Mehr Bewegung: Besprechungen finden auch an Stehtischen statt.

Hier trifft man sich: die große Team-Küche

Arbeit am Prototyp: Ist das schon das bestmögliche Design?

70 / berlinvalley.com

Fotos: Astrid Schmidhuber

Systemkameras: Sie werden in den Mapping Trolleys eingesetzt.



Durchblick: Mario Paladini (rechts) feiert auf der Startup Jobs Fair mit seinen Gästen. Der Shop Usability Award: Die Sieger aller Kategorien wurden auf der K5 in Berlin ausgezeichnet.

GUT GETROFFEN Fast wie Star Wars: die Droiden von R2 auf der Maker Faire

Jeden Monat trifft sich die Startup-Szene auf Konferenzen, Partys, Hackathons und anderen Events. Ein kleiner Rückblick

Wow: Die Roboter auf der Viva Technology begeisterten die Zuschauer.

Über den Dächern von Berlin: GTEC-Team-Selfie zum zweijährigen Jubiläum mit Mike Butcher von Techcrunch

Tech-Party: voller Saal bei The Next Web in Amsterdam

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Fotos: Sandra Ratcovic, Jean-Claude Guillou, Startup Jobs Fair, Maxi Clausec, Philip Steffen, Riot, Dan Taylor, K5 GmbH

Quer denken: Beim Mobltcamp ging es um die Herausforderungen der Mobilität von morgen.


EVENTS

KALENDER

Wichtige Events und Konferenzen für Gründer und Startups im Überblick 22.–26.08. | KÖLN | KÖLNMESSE GAMESCOM

Die Leitmesse für digitale Spielekultur ist der Treffpunkt für globale Unternehmen aus der Entertainment-Branche und Gaming-Community.

01.–06.09. | BERLIN | MESSE UX DESIGN AWARDS EXHIBITION

Mit den UX Design Awards zeichnet das Internationale Design Zentrum Berlin seit 2008 nutzerfreundliche Produktlösungen auf der Ifa aus.

Alle Event-Details, NewsletterAnmeldung und mehr:

STARTUP-CALENDAR.COM

25.8. I DÜSSELDORF I MITSUBISHI ELECTRIC HALLE JLT CONNECT

06.–07.09 I KÖLN I ODONIEN PIRATE SUMMIT

13.09 I FRANKFURT I GOETHE-UNIVERSITÄT KONFERENZ FÜR FINANZTECHNOLOGIE

31.8. I FRANKFURT I KAP EUROPA GROWTH MARKETING SUMMIT

07.–08 .09. | DUBLIN | LIGHT HOUSE CINEMA REPUBLICA DUBLIN

13.–14.09. | KÖLN | KÖLNMESSE DMEXCO

31.08–03.09. | SYLT | WESTERLAND FOUNDERS KITE CLUB

08.09 | BERLIN | RADIALSYSTEM V NKF SUMMIT VOL. 2

14.–17.09. | FRANKFURT | MESSE FRANKFURT NEW MOBILITY WORLD/IAA

Die E-Commerce-Messe ist ein Networking-Event für Entwickler, Logistiker, Händler und Marktplatzanbieter sowie Trendschau des Onlinehandels.

Weltweit führende Experten erklären die Geheimnisse effektiver Optimierung mithilfe von Data Sciences und Konsumpsychologie.

Der Surfclub kombiniert Netzwerk-Events für Gründer mit KiteboardingEinlagen zur Entspannung auf der größten Ostfriesischen Insel.

Nur auf Einladung: Triff Startups, Investoren und Corporates aus aller Welt bei der Startup-Konferenz (Early Stage) mit mehr als 1200 Teilnehmern.

Die Republica Dublin stellt die Verbindung zum Norden Europas her. Außerdem ist Irland der Standort für die großen Tech-Unternehmen.

Der Summit widmet sich der Frage, wie Unternehmen und Startups zusammenarbeiten können, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.

01.–06.09. | BERLIN | MESSE IFA

Auf der Konferenz erfahren Banken, Sparkassen, Versicherer, Gründer und Investoren, warum sich eine Zusammenarbeit untereinander lohnt.

Auf der Dmexco treffen sich Macher, Visionäre, Marketing- und Medienprofis, Techies und Kreative, um über disruptive Trends von morgen zu sprechen.

Die New Mobility World bringt Tech-Firmen, die Automobilindustrie, Startups und Disruptoren zusammen, um die Zukunft der Mobilität zu gestalten.

16.09. | MÜNCHEN | MUFFATWERK STICKS & STONES

Auf der Ifa stellen Elektronikhersteller ihre Neuheiten einem breiten Publikum vor. Außerdem ist Raum für Netzwerk-Events der Branche.

Im Mittelpunkt des Karriere-Events stehen Jobangebote, Jobcoaching, der Austausch mit Jobsuchenden sowie Karriere-Beratung.

18.–19.09. I BERLIN I BCC BERLIN CONGRESS CENTER INDUSTRY OF THINGS WORLD

Fotos: Messe Berlin, Saskia Uppenkamp

Mehr als 1000 internationale Entscheidungsträger besprechen Themen zum Internet der Dinge wie Automatisierung, Standards, Sicherheit und mehr.

08.09. | BERLIN | VERSCHIEDENE ORTE STARTUPNIGHT

20.–21.09. | MÜNCHEN | ICM MÜNCHEN ECR TAG

11.–13.09| THESSALONIKI | VERSCHIEDENE ORTE REPUBLICA THESSALONIKI

24.–26.09. | MÜNCHEN | ICM MÜNCHEN BITS & PRETZELS

Startups präsentieren sich Investoren, Unternehmen und möglichen Kunden. Erwartet werden mehr als 5000 Teilnehmer und 250 Startups.

01.–06.09 I BERLIN | MESSE IFA NEXT

Zur Ifa 2017 wird es mit Ifa Next eine einzigartige und größere Bühne für Startups, Forschungslabore und Universitäten sowie Unternehmen geben.

Griechenland ist Raum für eine Vielzahl von Innovationen und Kreativität. Außerdem gibt es einen besonderen Berlin-Bezug.

Der Branchentreff der Konsumgüterindustrie steht unter dem Motto: „Kooperation – Gemeinsam den digitalen Wandel gestalten“.

Das dreitägige Gründer-Festival verbindet mehr als 5000 Startup-Begeisterte mit Größen aus der Wirtschaft im Schatten des Oktoberfests.

19.-21. Sept. 2017 Koelnmesse Europe‘s most innovative trade fair for human resource management

Von Evolution bis Revolution: Denken Sie die Arbeitswelt neu!

Europas größter Hot-Spot mit mehr als 80 Start-ups Silver Investor Start-up:

Partner:

Feel the Silicon Valley Spirit! Jetzt Ticket sichern unter: www.zukunft-personal.de


VORSCHAU

IN DER NÄCHSTEN AUSGABE BITS & PRETZELS Vorschau auf das Gründerfestival in München

IMPRESSUM

AHOI! Bürobesuch bei den Urlaubspiraten

CHEFREDAKTEURIN (V. I. S. D. P.) Corinna Visser (vis; cv@berlinvall.com) HERAUSGEBER Jan Thomas (jt; jt@berlinvalley.com) ANSPRECHPARTNER ANZEIGEN Sebastian Schäfer (sch@berlinvalley.com), Lars Hügemeier (lh@nkf.media), Markus Kreth (mk@nkf.media) MEDIENPARTNERSCHAFTEN Antonio Maiocchi (am@nkf.media) CHEFIN VOM DIENST Julia Meusel (jm) MANAGING EDITOR Christoph Strobel (cs) REDAKTION Alexander Becker, Anna-Lena Kümpel (ak), Jan Thomas (jt) CREATIVE SUPERVISION Balázs Tarsoly (balazs.tarsoly@operationbutterfly.com) CREATIVE DIRECTOR Claudio Braina (claudio.braina@operationbutterfly.com) FOTOGRAFEN Amélie Losier/Raum11, Patrick Morarescu, Astrid Schmidhuber, Alex Habermehl DRUCK Möller Druck und Verlag GmbH, Zeppelinstraße 6, 16356 Ahrensfelde OT Blumberg PAPIER glzd. gestr. aufgebessert LWC, 70 g/m² SZO AUFLAGE 20.000 Exemplare Berlin Valley erscheint monatlich und kostenlos in der NKF Media GmbH, Gustav-Meyer-Allee 25, 13355 Berlin, Telefon: 030 46777251, nkf.media

MOBILITÄT Wie Lilium und andere Startups den Verkehr in unseren Städten neu organisieren

Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die in diesem Magazin enthaltenen Angaben werden nach bestem Wissen erstellt und mit großer Sorgfalt auf ihre Richtigkeit überprüft. Trotzdem sind inhaltliche und sachliche Fehler nicht vollständig auszuschließen. NKF Media GmbH übernimmt keinerlei Garantie und Haftung für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen. Alle Angaben sind ohne Gewähr.

ERSCHEINT AM: 7. SEPTEMBER

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Als Repräsentant der Startups engagieren wir uns für ein gründerfreundliches Deutschland. deutschestartups.org

TheFamily ist ein Investor, der Unternehmer durch Bildung, Dienstleistungen und Kapital fördert. thefamily.co

Führender Anbieter von Softwaretechnologie zur Strukturierung öffentlich verfügbarer Daten ubermetrics-technologies.com

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Fotos: Urlaubspiraten, Dan Taylor, Lilium

WIR BEDANKEN UNS BEI WEITEREN PARTNERN UND UNTERSTÜTZERN


Virtual/Augmented Reality

Internet der Dinge

Logistik 4.0

Autonome Mobilität

Industrie 4.0

FinTech

Smart City

Nichts ist so beständig wie der Wandel. Heraklit von Ephesus (etwa 540–480 v. Chr.), vorsokratischer Philosoph

Arbeit 4.0

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What will be more important in the future, the right skill set or mindset?

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