double 49 – Zeitgenössischer Zirkus und Figurentheater

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DOUBLE Magazin für Puppen-, Figuren- und Objekttheater

Ausgabe 1/2024 ::: Nr. 49 ::: 21. Jahrgang ::: PREIS: 6 €

DAS DING MIT DEM KÖRPER

Zeitgenössischer Zirkus und Figurentheater




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INHALTSVERZEICHNIS

E D I T O R I A L

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THEMA

Das Ding mit dem Körper – Zeitgenössischer Zirkus und Figurentheater

Mirjam Hildbrand

Marionetten ohne Fäden im Zirkus Spartendenken, Verbindungen, geteilte Geschichte(n) und Fragen

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Saskia Bellmann

Ding-Körper: Wer bewegt wen? Das Bühnenbild als Spannungsfeld zwischen Zirkus- und Figuren-Raum

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Stefan Sing

Der Ball ist ein Punkt. Ein Punkt ist ein Atom. Gedanken zum Objekt in der Jonglage

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Die Präsenz der Dinge Neun Statements von Künstler*innen über ihre Beziehung zu Objekten

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Moritz Schönbrodt

Den Körper sprechen lassen Die Accademia Dimitri an den Grenzen des Verbalen

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Übermensch trifft Übermarionette Raum 305 im Gespräch über die Synthese von Trapez-Artistik und Puppenspiel

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Tom Mustroph

Spiele im Hellen, Spiele im Dunklen Theater der Dinge lotete den gesamten Kosmos des spielenden Menschen aus

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Rainer Hertwig

Das Objekt als Dialogpartner Eindrücke vom Nürnberger Kindertheaterfestival Panoptikum

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Puppets Run by Bigger Forces Interview with Shahar Marom about the Jerusalem Giant Puppet Parade

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In Zukunft mehr Puppe? Jonas Knecht wird Intendant am Theater Erlangen

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Katja Kollmann

Weltuntergangs-Zirkus mit Puppenspiel „aerocircus“ vom RambaZamba Theater & Tomás Saraceno

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Jörg Baesecke

Mast & Master „The Paper People Paradox“ von Johannes Böhringer

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Material, das sich ereignet Puppe50 – Fünf Jahrzehnte Puppenspielkunst an der HfS Ernst Busch Berlin

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In eigener Sache double feiert Jubiläum

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Albrecht Fritzsche

Androiden träumen nicht von elektrischen Schafen Mit „Replik.A“ feiern Meinhardt & Krauss ihr Bühnenjubiläum

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FESTIVAL

SEITENBLICK PORTRÄT INSZENIERUNG

REZENSION Karla Mäder JUBILÄUM

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INHALTSVERZEICHNIS

SYMPOSIUM Tradition als Inspiration oder Begrenzung Das Symposium „European Puppetry Tradition – Is It Still Alive?“ in Prag

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Ein Künstler und ein kluger Kopf Zum Tod von Rüdiger Koch (1967–2023)

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Franziska Burger

Zwei runde Geburtstage Das Basler Marionetten Theater und das Figurentheater des Luzerner Theaters feiern Jubiläum

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Jacqueline Surer

Die Schweizer Figurentheaterszene zwischen zwei Buchdeckeln „Aussenansicht Schweiz. Figurentheater“ von Elke Krafka

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Jacqueline Surer

Ein viel zu kurzes Leben für das Theater der Dinge Zum Tod von Stephan Q. Eberhard (1985–2023)

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Mascha Erbelding NACHRUF Lars Rebehn SCHWEIZER FENSTER

E N G L I S H S U M M A R I E S

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NOTIZEN / FESTIVALKALENDER

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I M P R E S S U M

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Titel: „Entropía“ von Stefan Sing. Foto: Igor Ripak Contents double 49: THEME: The thing with the body – Contemporary Circus and figure theatre // Mirjam Hildbrand Marionettes without strings in the circus Genre thinking, connections, shared history(ies) and questions // Saskia Bellmann Thing-body: Who is moving who? Stage design as a field of tension between circus and puppet theatre // Stefan Sing The ball is a point. A point is an atom. Thoughts on the object in juggling // The presence of things Nine statements by artists on their relationship to objects // Moritz Schönbrodt Let bodies speak The Accademia Dimitri at the limits of the verbal // Superhuman meets Supermarionette Room 305 in a conversation on the synthesis of trapeze artistry and puppetry FE STIVAL Tom Mustroph Plays in light, plays in dark The theatre of things explored the entire cosmos of humans at play // Rainer Hertwig The object as a partner in dialogue Impressions from the Nuremberg Children’s Theatre Festival, Panoptikum SIDEWAYS GLANCE Puppets Run by Bigger Forces Interview with Shahar Marom about the Jerusalem Giant Puppet Parade

PORT RAIT In future more puppets? Jonas Knecht to be the artistic director of the

theatre in Erlangen P R O D UC T I O N S Katja Kollmann Doomsday circus with puppet show “aerocircus” by RambaZamba Theater & Tomás Saraceno // Jörg Baesecke Mast & Master “The Paper People Paradox” by Johannes Böhringer BOOK RE VIE W Karla Mäder Material that happens Puppe50 – Five decades of puppetry at the Ernst Busch Theatre School in Berlin ANNIVE RSARY The double editorial team On our own account celebrates its jubilee // Albrecht Fritzsche Androids don’t dream of electric sheep Meinhardt & Kraus celebrate their stage jubilee with “Replik.A” SYMP OS IUM Mascha Erbelding Tradition as inspiration or limitation The symposium “European Puppetry Tradition – Is It Still Alive?” in Prague

OBITUARY

Lars Rebehn An artist and a clever mind On the death of Rüdiger Koch (1967–2023) SW ISS W IND OW Franziska Burger Two milestone birthdays The Basle Marionette Theatre and the Puppet Theatre department of the Lucerne Theatre celebrate their jubilees // Jacqueline Surer The Swiss figure theatre scene between two book covers “Aussenansicht Schweiz. Figurentheater” by Elke Krafka // Jacqueline Surer A much too short a life for the theatre of things On the death of Stephan Q. Eberhard (1985–2023)

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EDITORIAL

DAS DING MIT DEM KÖRPER Zeitgenössischer Zirkus und Figurentheater In seiner Besprechung von Ramon Gómez de la Sernas Buch „Der Zirkus“ von 1927 stellt Walter Benjamin die These auf, dass „im Zirkus der Mensch ein Gast des Tierreichs“ sei. „Die Tiere stehen doch nur scheinbar unter der Botmäßigkeit des Dompteurs, die Kunststücke, die sie machen, sind ihre Art den jüngeren Bruder zu unterhalten und zu zerstreuen, da sie ja Besseres mit ihm nicht anfangen können. Die Zirkusleute haben von ihnen gelernt.“    An Benjamin anschließend, könnte man behaupten, der zeitgenössische Zirkus sei im Reich der Dinge zu Gast und die Artist*innen hätten von ihnen gelernt. Denn wie im „Theater der Dinge“ werden hier Dinge und Materialien zu echten Gegenspielern, Materialien erforscht, die Hierarchie zwischen Objekt und Subjekt wird in Frage gestellt. Das Publikum (dem Benjamin nichts destotrotz eine gewisse Tumbheit unterstellt) dankt auch heute mit großer Konzentration, genießt die Erfahrung purer Körperlichkeit und die Authentizität des Umgangs mit den Objekten, so wie Benjamin beobachtet hat: „Das hängt damit zusammen, daß im Zirkus die Wirklichkeit das Wort hat, nicht der Schein. Es ist immer noch eher denkbar, daß während Hamlet den Polonius totsticht, ein Herr im Publikum den Nachbar um das Programm bittet als während der Akrobat von der Kuppel den doppelten Salto mortale macht.“    Unsere Autor*innen beleuchten „Das Ding mit dem Körper“ aus unterschiedlichen Perspektiven. Mirjam Hildbrand denkt über (nicht nur historische) Verbindungen zwischen Figurentheater und Zirkus nach. Sie stellt die französische Künstlerin Phia Ménard vor, die Jonglage als Objektmanipulation begreift und sich in ihren Arbeiten mit der Beziehung von belebten wie auch unbelebten Materialien beschäftigt. Bei Saskia Bellmann steht der Bühnenraum im Fokus: Das Bühnenbild wird nicht nur zum aktiven Spielpartner, sondern erhält auch eine ganz eigene dramatische Spannung, die es zur erzählerischen Bedingung der Inszenierung macht. Stefan Sing, der mit seinem Material – kleinen, weißen Bällen – das Cover des Heftes ziert, macht sich Gedanken zum Objekt in der Jonglage. In dieser Disziplin ist der experimentelle Umgang mit Dingen im zeitgenössischen Zirkus besonders verbreitet, daher betreffen viele Statements der Künstler*innen im Anschluss – Johanna Ehlert, Kolja Huneck, Jolanda Löllmann, Chiara Marchese, Darragh McLoughlin, Jenny Patschovsky & Benjamin Richter, Matthias Romir, Andrea Salustri und Claudio Stellato – die Jonglage. Um das Verbinden der Genres geht es in den Gesprächen mit Beteiligten der Schweizerischen Accademia Dimitri, wo im Masterstudiengang ein Fokus auf Teatro di Figura gelegt wird, sowie mit der Gruppe 305, die in ihren Arbeiten Trapez-Artistik und Puppenspiel vereint.   Im Anschluss an den Thementeil folgen Festivalberichte vom Theater der Dinge in Berlin und Panoptikum in Nürnberg. Anstelle der geplanten Besprechung vom Jerusalemer Puppentheaterfestival haben wir aus aktuellem Anlass Shahar Marom um ein Interview über das Leben und Arbeiten in Kriegszeiten gebeten. Bei den besprochenen Inszenierungen wird das Thema des Heftes noch einmal aufgegriffen: Artistik und Figurenspiel verbinden sich in der von Katja Kollmann in Berlin gesehenen Inszenierung „aerocircus“ vom RambaZamba Theater & Tomás Saraceno sowie in Johannes Böhringers „The Paper People Paradox“, erlebt von Jörg Baesecke in München. Einige Jubiläen werden in diesem Heft gewürdigt: Das Buch „Puppe50“ zu fünf Jahrzehnten Puppenspielkunst an der HfS Ernst Busch Berlin hat Karla Mäder gelesen, Albrecht Fritzsche beleuchtet die 20-jährige Bühnenpräsenz von Meinhardt & Krauss mit ihrer aktuellen Inszenierung „Replik.A“, im Schweizer Fenster blickt Franziska Burger auf die runden Geburtstage des Basler Marionetten Theaters und des Figurentheaters am Luzerner Theater. Und double bittet für die 50. Ausgabe um Leser*innenbriefe. Eine anregende Lektüre wünschen Mascha Erbelding und Annika Gloystein

EDITORIAL In his review of Ramon Gómez de la Serna's 1927 book “The Circus", Walter Benjamin posits that “in the circus, man is a guest of the animal kingdom". “The circus people have learnt from them." Following Benjamin, one could claim that the contemporary circus is a guest in the realm of things and that the performers have learnt from them. As in the “theatre of things", things and materials become real counterparts here, materials are explored and the hierarchy between object and subject is called into question. Our authors shed light on “The thing with the body" from different perspectives: (not only historical) connections between puppet theatre and circus, the stage set as an active performance partner, training at the Swiss Accademia Dimitri, a conversation with the Raum 305 group – and thoughts on the object in juggling. The experimental use of objects in contemporary circus is particularly widespread in this discipline, which is why many of the artists' statements relate to juggling. Andrea Salustri, Materia. © Susane Chicó

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THEMA

MARIONETTEN OHNE FÄDEN IM ZIRKUS Spartendenken, Verbindungen, geteilte Geschichte(n) und Fragen Die Kulturveranstalterin, Dramaturgin, Kuratorin, Theaterwissenschaftlerin und Dozentin Mirjam Hildbrand promovierte am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Bern zum Konkurrenzverhältnis von Zirkus und Theater um 1900 in Berlin. Für double denkt sie über (nicht nur historische) Verbindungen zwischen Figurentheater und Zirkus nach. V o n M i r j a m H i l d b r a n d /// In L’après-midi d’un foehn Version 1 (2008) der französischen Compagnie Non Nova – Phia Ménard begegnen sich verschiedenfarbige, kleine Figuren auf einer runden Spielfläche inmitten des Publikums. Sie beginnen zu tanzen, heben vom Boden ab und bilden Reigen in der Luft: schwerelos, geschmeidig, aber auch wild wirbelnd. Mit klassischer Musik gut vertraute Zuschauer:innen hören: Es ist Claude Debussys Prélude à l’aprés-midi d’un faune, die das Treiben begleitet. Die Tänzer:innen dieses Stücks sind aber nicht etwa die Nymphen und der Faun aus Vaslav Nijinskys Ballett L’après-midi d’un faune (UA 1912) mit ihren Ballettposen.1 Nein, es sind Tänzer:innen aus Plastiktüten, wie wir sie alle aus kleinen Lebensmittelgeschäften kennen.    Angetrieben und angehoben werden diese Plastiktüten-Tänzer:innen vom Luftstrom aus acht Ventilatoren, die die Spielfläche umgeben. Die Lüfter sind so ausgerichtet, dass sie zusammen einen Luftwirbel kreieren, einen Föhnwind eben. Ebenfalls auf der Bühne ist eine menschliche Figur, die sich mit den tanzenden Tüten bewegt, sie einfängt und wieder freigibt. Sie verleiht den Bewegungsabläufen der schwebenden Tänzer:innen mit ihren Gesten, ihrem Mantel und ihrem Schirm Rhythmus und Schwung. Man könnte sagen: Sie ist die Choreografin der Plastiktüten-Tänzer:innen. Phia Ménard, die Künstlerin dieser Bühnenarbeit, spricht jedoch nicht von einer Choreografin, sondern von einer Marionettenspielerin. Für sie ist es eine „chorégraphie pour une marionnettiste et des marionnettes“.2 Diese Marionetten ohne Fäden werden während des Publikumseinlasses von der Performerin aus Plastiktüten gefertigt – mit Klebeband und Schere.

Alle Fotos: Cie. Non Nova, L’après-midi d’un foehn Version 1. © Jean-Luc Beaujault

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Jonglage als Objektmanipulation Phia Ménard ist im Bereich des zeitgenössischen Zirkus eine bekannte und prägende Persönlichkeit. Die Künstlerin hat sich in den 1990er-Jahren zur Jongleurin ausbilden lassen. 1998 gründete sie dann ihre Compagnie Non Nova. Ihr Name ist im Zirkusbereich stark verknüpft mit dem Bühnenstück P. P. P., in dem sie mit Eis(bällen) arbeitete. Diese Kreation bildete den Ausgangspunkt für ihren Recherche- und Arbeitsprozess I.C.E., eine Abkürzung für Injonglabilité Complémentaire des Eléments, der das Schaffen von Ménard bis heute prägt.3 Dabei geht es um das Jonglieren bzw. die „Unjonglierbarkeit“ der Elemente Wasser in Form von Eis oder Luft in Form von Dampf und Wind. L’après-midi d’un foehn Version 1 bildet den ersten Teil einer Luft-Trilogie. Mit diesem prozessorientierten Schaffen rund um die Injonglabilité Complémentaire des Eléments hat Phia Ménard die Welt des zeitgenössischen Zirkus geprägt und inspiriert. Sie gehört damit zu einem Kreis von Künstler:innen, die die Jonglage als Objektmanipulation begreifen und sich in ihren Arbeiten mit der Beziehung von belebten wie auch unbelebten Materialitäten und deren agency beschäftigen. Für den deutschsprachigen Raum wäre in diesem Zusammenhang etwa der Jongleur Jörg Müller zu nennen. In seiner Arbeit c/o (2001) taucht er in einen transparenten, drei Meter hohen und mit ca. 1800 Liter Wasser gefüllten Zylinder. Unter Wasser beziehungsweise in einem Zustand der Schwerelosigkeit jongliert Jörg Müller quasi seinen eigenen Körper.4    Die Schnittstellen und Verbindungen zwischen (zeitgenössischem) Zirkus und dem Puppen-, Figuren- und Objekttheater, denen auch die vorliegende Ausgabe von double gewidmet ist, werden hierbei offensichtlich. Phia Ménard versteht sich übrigens nicht als Zirkus- sondern als multidisziplinäre Künstlerin: „J’ai fait le choix d’un théâtre pluridisciplinaire pour m’exprimer parce que cela répond à ma vision d’hybridation de nos sociétés.“5 Und L’aprèsmidi d’un foehn Version 1 beschreibt sie wie gesehen als ein Stück für Marionetten und eine Marionettenspielerin. Aus Zirkusperspektive bewegt es sich auch an der Schnittstelle zur sogenannten Magie Nouvelle, also zu neuen oder aktuellen Formen der Zauberkünste.6 In einem Text auf ihrer Webseite fragt Phia Ménard: „Sommes-nous“ also die Compagnie Non Nova „du cirque, de la danse, du théâtre gestuel?“7

G e t e i lt e G e s c h i c h t e ( n ) … Künstler:innen, die wir heute im Bereich des Zirkus sowie des Puppen- und Figurentheaters verorten, teilen im europäischen Kontext eine lange gemeinsame Geschichte und Tradition. Sie sind die Akrobat:innen, Jongleur:innen, Zauberer:innen, Dompteur:innen und Marionettenspieler:innen der Messen und Märkte, die

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THEMA

von Ort zu Ort und von Publikum zu Publikum zogen. Ob sie ihre Aufführungen geben durften, entschieden (nicht nur) im deutschsprachigen Raum bis ins 19. Jahrhundert hinein die herrschenden Fürsten. Erst nach 1800 wurden Theaterunternehmungen mit der zunehmenden Abschaffung des fürstlichen und königlichen Privilegiensystems als Gewerbe definiert – mit Ausnahme der nicht-gewerblichen Hofbühnen.8 Somit konnten fortan grundsätzlich alle gut beleumdeten Personen durch den Erwerb eines Gewerbescheins einen eigenen Theaterbetrieb führen.9 In Preußen beispielsweise wurde dies in einer Steuerverordnung vom 28. Oktober 1810 festgeschrieben. Dieser Verordnung (und damit sowohl rechtlicher wie auch gesellschaftlicher Auffassung) zur Folge gehörten Theaterschaffende zu denjenigen Gewerbegruppen, die mit Beschränkungen zu versehen waren, da „bei deren ungeschicktem Betriebe gemeine Gefahr obwaltet“.10 Explizit benannt wurden dabei „Marionettenspieler“ (Punkt 16), „Personen, welche mit Thieren und andern Sachen zur Schaustellung umherziehen“ (Punkt 21), wie auch „Schauspiel-Direktoren“ (Punkt 23).11   Im September 1811 wurde das Steueredikt vom 28. Oktober 1810 mit genaueren polizeilichen Vorschriften ergänzt. Darin erhielten die Schauspieldirektor:innen einen separaten Passus (§ 87), direkt vor den Hoftheaterbühnen (§ 88).12 Auf diese Weise wurden letztere klar von den in Paragraf 139 benannten umherziehenden Theaterschaffenden – d. h. „Marionettenspieler, Seiltänzer, Equilibristen, Taschenspieler, Thierführer, umherziehende Musikanten, überhaupt alle diejenigen, welche umher reisen, um irgend eine Sache oder Verrichtung für Geld auszustellen“ – abgegrenzt.13 Und im Gewerbesteuergesetz vom 30. Mai 1820 wurden die steuerpflichtigen und damit ex negativo die steuerbefreiten Gewerbe dann nochmals neu definiert.    Die genannten reisenden Theaterformen gehörten demnach in Preußen ab 1820 zum Bereich jener „Gewerbe, die von umherziehenden Personen betrieben werden“, und waren somit steuerpflichtig.14 Befanden die preußischen Obrigkeiten, dass „bei den Ausstellungen oder Leistungen umherziehender Personen“ entgegen der Annahme des Gesetzes „ein rein wissenschaftliches, oder ein höheres Kunstinteresse Statt findet“,15 konnten diese Theaterunternehmungen von der Steuerpflicht befreit werden. Anders formuliert: Umherziehenden Theatergruppen (und darunter die Puppenspieler:innen und Zirkuskünstler:innen) wurde implizit Kunstlosigkeit unterstellt, solange sie die Behörden nicht vom Gegenteil zu überzeugen vermochten. Schauspieldirektor:innen wurden hingegen in der Steuerverordnung von 1820 im Vergleich zu derjenigen von 1810 nicht mehr aufgeführt. Ihnen wurde somit von Gesetzes wegen implizit ein ‚höheres Kunstinteresse’ zugebilligt, womit sie fortan de facto von der Steuerentrichtung befreit waren.16    Zirkuskünstler:innen und Marionettenspieler:innen haben also nicht nur eine geteilte Geschichte in punkto Arbeits- und Aufführungspraxis, sondern auch in Bezug auf ihren Stand innerhalb der im deutschsprachigen Raum im 19. Jahrhundert zunehmend ausdifferenzierten ‚Rangordnung‘ der darstellenden Künste. Puppentheater, Zirkus und verwandte Formen sind in den um 1900 geltenden deutschen Theatergesetzen als sogenannte ‚niedere Künste‘ definiert. Anders eben als die stehenden Schauspielunternehmungen, die in Preußen ab 1820 von der Gewerbesteuer befreit wurden – ein nicht unbedeutender Schritt hin zur Subventionierung der kommunalen und staatlichen Theater nach 1918.17

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… und die Zukunft? Wenngleich das um 1900 verdichtete Spartendenken sowie das entsprechende Förderverständnis – zumindest im deutschsprachigen Raum – auch heute noch die kulturpolitische Praxis prägt, so stand die Zeit im Laufe der vergangenen hundert Jahre natürlich nicht still: In der DDR galt der Zirkus als Kunst, bis zur Wiedervereinigung bestand ein Staatszirkus und staatliche sowie städtische Puppentheater mit festen Ensembles gehörten zum Kulturbetrieb.18 1956 wurde in Ost-Berlin eine Staatliche Artistenschule etabliert, 1971 eine Fachrichtung Puppenspiel an der Staatlichen Schauspielschule (heute Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch). 1983 wurde durch das Engagement des seit 1968 bestehenden westdeutschen Verbands deutscher Puppentheater dann auch in der BRD ein Figurentheater-Studiengang eingerichtet, an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart.19 Werdende Zirkuskünstler:innen mussten seitens der BRD jedoch ins Ausland, etwa an die 1985 eröffnete erste staatliche Zirkusausbildungsstätte in Frankreich, das Centre National des Arts du Cirque (CNAC) in Châlons-en-Champagne.    Obwohl die 1970er und 1980er Jahre im Zirkusbereich auch in der BRD aufregend waren – es ist die Zeit des sogenannten Neuen Zirkus in der auch André Heller und Bernhard Paul den bis heute bestehenden Circus Roncalli gründeten – wird ein ZirkusAusbildungsstandort jenseits der Staatlichen Artistenschule in Berlin erst heute (wieder) von entsprechenden Initiativen und Verbänden diskutiert. Seit etwas mehr als zehn Jahren erfährt der sogenannte Neue oder zeitgenössische Zirkus im deutschsprachigen Raum Aufschwung und Resonanz. Künstler:innen aus diesem Bereich gründeten Festivals und Produktionsorte, schlossen sich zu Initiativen und Vereinigungen zusammen (etwa dem Bundesverband Zeitgenössischer Zirkus BUZZ) und begannen auch auf politischer Ebene um symbolische sowie finanzielle Anerkennung für ihre Arbeit zu kämpfen – mit zunehmendem Erfolg.20 Wie verhält es sich aber mit den Verbindungen zwischen Zirkus und Puppen-, Figuren- und Objekttheater? Mit einem gemeinsamen Nachdenken über geteilte Geschichte(n), Fragen und Schnittstellen? Mit einem Austausch unter Künstler:innen in Ausbildung oder zwischen Verbänden? Es scheint hier viel zu tun zu geben und offensichtlich auch ein wundervolles Experimentierfeld für die Praxis.

1 Vgl. Joan Acocella, „Après-midi D'un Faune, L.“ in: Selma Jeanne Cohen / Dance Perspectives Foundation (Hg.): The International Encyclopedia of Dance, Oxford: Oxford University Press 1998, online publiziert: 2005, o. S. 2 Cie Non Nova, L’après-midi d’un foehn, http://www.cienonnova.com/portfolio/lapres-midi-dun-foehn/ (29.02.2024). 3 Vgl. Cie Non Nova, I.C.E., Processus de la Cie Non Nova, http://www.cienonnova.com/i-c-e/ (29.02.2024). 4 Vgl. Voices III: Re-Thinking Objects, Festivalmagazin des CircusDanceFestival Köln, 2022, 5 „Ich habe mich für ein pluridisziplinäres Theater entschieden, um mich auszudrücken, da dies der Hybridisierung unserer Gesellschaften entspricht – so meine Perspektive.“ Cie Non Nova, L’après-midi d’un foehn, http://www.cienonnova.com/portfolio/lapres-midi-dun-foehn/ (29.02.2024). 6 Vgl. HorsLesMurs (Hg.): Magie Nouvelle, Un Art Contemporain, Stradda Nr. 16, April 2010, https://www.calameo.com/read/0009164419bb0284193d4 (29.02.2024). 7 „Sind wir Zirkus, Tanz oder pantomimisches Theater?“ Cie Non Nova, I.C.E., Processus de la Cie Non Nova, http://www.cienonnova.com/i-c-e/ (29.02.2024). 8 Vgl. Stefan Koslowski, Stadttheater contra Schaubuden. Zur Basler Theatergeschichte des 19. Jahrhunderts. Zürich: Chronos, 1998, S. 63; Andreas Kotte, Theatergeschichte. Eine Einführung. Köln u. a.: Böhlau, 2013, S. 346 f. 9 Vgl. Elisabeth Krahl, Die Entstehung der Gewerbeordnung von 1869. Jena: Neuenhahn, 1937, S. 20. 10 Paragraf 21, Edikt über die Einführung einer allgemeinen Gewerbe-Steuer, 28.10.1810, in: Gesetzsammlung für die Königlich-Preußischen Staaten enth. d. Verordnungen von 1810, Nr. 9 (im Folgenden zitiert als GS 1810/9), S. 79–99, hier S. 83 f. 11 GS 1810/9, S. 84. 12 Vgl. Gesetz über die polizeilichen Verhältnisse der Gewerbe, in Bezug auf das Edikt vom 2ten November 1810, wegen Einführung einer allgemeinen Gewerbesteuer, 07.09.1811, in: Gesetzsammlung für die Königlich-Preußischen Staaten enth. d. Verordnungen von 1811, Nr. 51 (im Folgenden zitiert als GS 1811/51), S. 263–280, hier S. 272. 13 GS 1811/51, S. 277. 14 Gesetz wegen Entrichtung der Gewerbesteuer, 30.05.1820, in: Gesetzsammlung für die Königlich-Preußischen Staaten enth. d. Verordnungen von 1820, Nr. 619 (im Folgenden zitiert als GS 1820/619), S. 147–164, hier S. 148. 15 GS 1820/619, S. 162. 16 Vgl. Koslowski, Stadttheater, S. 63. 17 Vgl. Mirjam Hildbrand, Theaterlobby attackiert Zirkus. Zur Wende im Kräfteverhältnis zweier Theaterformen zwischen 1869 und 1918 in Berlin. Paderborn: Brill 2023. 18 Zum Staatszirkus der DDR vgl. Winkler, Dietmar, Zirkus in der DDR. Im Spagat zwischen Nische und Weltgeltung. Gransee: Edition Schwarzdruck, 2009, Ders., Wie beerdigt man einen Zirkus? Das langsame Sterben des Staatszirkus der DDR. Gransee: Edition Schwarzdruck, 2015. 19 Vgl. Verband deutscher Puppentheater, e. V., https://www.vdp-ev.de/der-vdp/ (29.02.2024). 20 Für einen Überblick zu den Entwicklungen vgl. Mirjam Hildbrand, „Zirkusformen“ (=Zeitgenössische Formen und Phänomene), in: Beate HochholdingerReiterer, Christina Thurner u. Julia Wehren (Hg.), Theater und Tanz, Handbuch für Wissenschaft und Studium. Rombach: Freiburg 2023, S. 549–556.

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DING-KÖRPER: WER BEWEGT WEN? Das Bühnenbild als Spannungsfeld zwischen Zirkus- und Figuren-Raum Die Bühnenbildnerin und Theaterwissenschaftlerin Saskia Bellmann beschäftigt sich für ihre Dissertation unter Betreuung von Prof. Dr. Amos Fergombé an der Université Polytechnique Hauts-de-France in Frankreich mit dem Bühnenraum im zeitgenössischen Zirkus und Figurentheater. Für double stellt sie ihre Thesen vor. V o n S a s k i a B e l l m a n n /// Gehe ich als Zuschauerin ins Theater, gleitet mein Blick unwillkürlich auf den Raum und das Bühnenbild der Inszenierung. Ich bin Bühnenbildnerin und kann das, auch wenn ich privat ins Theater gehe, nicht einfach so an der Garderobe abgeben.    Dieser, durch meinen Beruf geprägte, Blick ist der Ausgangspunkt meiner Dissertation. Die Hypothese der Arbeit nimmt den Raum bzw. das Bühnenbild als mögliche Begegnungsstelle zwischen Zirkus und Figur an. Dabei kommt der Handlungsfähigkeit eines Bühnenraums und seinen Interaktionen mit einem menschlichen Körper eine besondere Bedeutung bei. Wie (inter)agiert ein Bühnenraum mit den Körpern der Darsteller.innen, wie beeinflusst oder erzeugt er ihre Bewegungen, Gesten oder ihre Körperlichkeit? Wie wird ein Bühnenraum zu einem Spielpartner, der die Dramaturgie einer Inszenierung aktiv mitbestimmt oder diese sogar auslöst? Diese Fragestellungen begleiten mich sowohl im bühnenbildnerischen als auch im theoretischen Ansatz meiner Forschung. Sie sind für den zeitgenössischen Zirkus ebenso relevant wie auch für die bühnenbildnerische Gestaltung im zeitgenössischen Figurentheater. Die Arbeiten von Johann Le Guillerm, Alice Laloy, Cécile Mont-Reynaud und Julian Vogel stehen im Zentrum meiner Dissertation. Es handelt sich um Künstler.innen, die entweder einen Hintergrund im zeitgenössischen Zirkus oder im zeitgenössischen Figuren-, Objekt-, oder Material-Theater haben, ohne sich dabei in den engen Grenzen ihres Genres zu bewegen. Es ist genau diese „Unklassifizierbarkeit“, die sie so relevant für meine Forschung machen. Die besondere Beziehung zum Bühnenbild ist dabei das die Künstler.innen vereinende Element. Dieses ist immer „mehr“ als nur ein Bühnenbild und wird häufig sogar zur Hauptfigur der Inszenierung. In ihren Arbeiten heben die Künstler.innen die Interaktion von Körper und Raum hervor, oder lassen sie sogar zur Performance selbst werden.    Die Inszenierungsstrategien sind dabei sehr vielfältig und können im Rahmen des Artikels nur beispielhaft beleuchtet werden. Anhand von Fallbeispielen aus China Series von Julian Vogel, Qui Pousse von Cécile Mont-Reynaud (Compagnie Lunatic) und Corners (einer eigenen Arbeit), werden schematisch zwei Eigenschaften des Raumes aufgezeichnet, die die Friktion von Zirkus- und Figurenraum deutlich machen1.

1. Herausfordernde Bühnenräume, die die Körperlichkeit der Darsteller.innen beeinflussen Herausfordernde Bühnenräume gehen mit verschiedenen Zwängen und Möglichkeiten einher, mit denen die Darstellenden aktiv umgehen müssen. Generieren diese Räume außerdem Bewegungsimpulse, entsteht eine scheinbare innere Logik beider Bewegungsformen: die des Bühnenbilds und die der/des Interpret.in.    Der Schweizer Zirkuskünstler Julian Vogel erforscht in seinem mehrteiligen Projekt China Series das Diabolo, dessen ursprüngliche Form und Materialität er in Frage stellt. Anstelle aus Kunststoff stellt er seine Diabolos aus zerbrechlicher Keramik her, zum Beispiel aus zusammengeschraubtem Geschirr. Das Diabolo selbst dient dabei nur noch als Ausgangsbasis und es geht vor allem um die Re-bzw. Dekonstruktion des klassischen Jonglage-Objekts.   In China Series #3 (2019) inszeniert der Künstler ein Mobile, das aus „umgekehrten“ Keramikdiabolos besteht, d. h. ihre Kuppeln wurden verkehrt herum zusammengefügt. Die klassische Form der Diabolos ist so nicht mehr erkennbar. Vielmehr handelt es sich um individuell handgefertigte Objekte, die alle einzigartig sind und in ihrer Vielzahl eine Rauminstallation bilden. Diese erinnert an eine Planetenkonstellation und zeichnet sich durch repetitive, synchrone und oszillierende Bewegungen aus. Julian Vogel belebt jedes dieser Diabolos, bis sie sich als einheitliches Bühnenbild gemeinsam bewegen. Er folgt ihren Bewegungen, passt sich ihrem Rhythmus an und muss ihnen auch manchmal ausweichen. Die Bewegung des Bühnenbilds im Raum hat also direkte Auswirkungen auf seine eigene Körpersprache. Wenn die Diabolos eine wellenförmige Bewegung machen, wirken Julian Vogels Gesten und Bewegungen ihrerseits weich und abgerundet. Schwingen sie zur Mitte der Bühne, wird der Künstler selbst Teil dieser Choreografie,

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deren geometrische Formen mit dem Raum verschmelzen. Diese Mensch-Bühnenbild-Interaktion wird durch eine sorgfältige Lichtarbeit noch weiter hervorgehoben. Während einer Passage geben die Scheinwerfergassen nur flüchtige Blicke auf die Diabolos frei und betonen so ihre unterschiedlichen Texturen und Oberflächen. Auch Julian Vogels Körper wirkt durch das Licht wie fragmentiert und seine Hände oder Arme tauchen abwechselnd aus der Dunkelheit auf. Die Szene erinnert an eine filmische Nahaufnahme, in der man das Bühnenbild und seine Hand sieht, die sich für den Bruchteil einer Sekunde begegnen.    Auch in der Performance Corners (Premiere vrsl. Herbst 2024), die ich im Rahmen meiner Dissertation gemeinsam mit der Zirkuskünstlerin Alessandra Piccoli erarbeite, wird das Bühnenbild zur Bedingung für die Entstehung von Erzählungen. Im Zentrum der Performance steht die Begegnung zwischen der Zirkusartistin und einem sich stetig wandelnden Paravent: Zu Beginn mit Papier bezogen und von Lichtspielen belebt wie eine organische Zelle, die Leben in sich beherbergt, besteht der Paravent bald nur noch aus zerknitterten Papierfetzen und wird zuletzt zu einem kantigen Skelett. Manchmal ist der Paravent sanft und zahm, manchmal wild wie ein Tier, das schwer zu bändigen ist. Manchmal tanzen die Künstlerin und der Paravent einen verliebten Walzer und manchmal enden sie gemeinsam in prekären Gleichgewichtszuständen, die die Verletzlichkeit und Fragilität ihrer Beziehung deutlich machen. Es ist diese Komplexität und Widersprüchlichkeit, die uns an der Beziehung zwischen Paravent und Künstlerin interessiert. Eine Beziehung, in der der Paravent immer mehr zu einem scheinbar belebten Wesen wird, wohingegen der bewegliche Körper der Zirkuskünstlerin sich immer wieder puppenhaft verbiegt. Manchmal muss die Künstlerin sogar ihre eigenen körperlichen Fähigkeiten „auslöschen“, um sich an die Existenzweise des Bühnenbilds annähern und ihm so eine Wesenhaftigkeit verleihen zu können. Beispielsweise wenn sie sich den Paravent wie ein Schneckenhaus über den Kopf stülpt. Hier erweitert der Paravent ihren eigenen Körper, oder auch: Die Interpretin leiht dem Bühnenbild ihre eigenen Beine. Gemeinsam bewegt sich dieser Hybrid-Körper in einer Drehbewegung über die Bühne. Der sehr bewegliche Körper der Zirkusartistin trifft auf den steifen, kantigen Ding-Körper des Paravents, der über keinerlei Artikulationen verfügt. Bei diesem Mischwesen aus Künstlerin und Bühnenbild bestimmt der Paravent über die Möglichkeiten und Zwänge der Fortbewegung. Die Künstlerin muss sich ihrerseits auf das Bühnenbild einlassen, um sein dramaturgisches Potenzial ausschöpfen zu können.    Herausfordernde Räume erscheinen uns also dann als animierte Räume, wenn ihr menschliches Gegenüber deren individuelle Eigenschaften betont, hervorruft oder validiert. Nur durch diese Interaktion wird die Handlungsfähigkeit des Bühnenbildes in den Mittelpunkt der Erzählung gerückt.

Julian Vogel, China Series, # 3, 2019. Foto: Igor Ripak

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2. Räume, die (mit uns) agieren und eine Aktion bzw. Reaktion hervorrufen Noch während ihres Architekturstudiums bildet sich die französische Künstlerin Cécile Mont-Reynaud als Trapezkünstlerin aus. Im Jahr 2000 gründet sie die Compagnie Lunatic, für die sie gemeinsam mit ihrem Bühnenbildner Gilles Fer Raumarchitekturen entwirft. Diese dienen als Zirkusapparatur und bestimmen zugleich die Dramaturgie ihrer Inszenierungen mit.    Eine der Besonderheiten des Bühnenbilds von Qui Pousse (2017) liegt darin, dass es durch den Kontakt mit den beiden Darstellerinnen in Bewegung gesetzt wird und somit stetig neue Bilder hervorruft. Aber nicht nur die Akrobatinnen beleben das Bühnenbild, sondern „auch umgekehrt erweckt das Bühnenbild ihre Beziehung zum Leben“2, erklärt Cécile Mont-Reynaud. Die Biegsamkeit der Bambusrohre und die Gewichtsverlagerung von einem Rohr zum anderen bringen in der Tat das ganze Bühnenbild in Bewegung. Das Balancieren auf den Bambusrohren ist eine chaotische, ja fast schon unkontrollierte Bewegung. Es ist eine Bewegung, die nicht gestoppt werden kann: solange die Interpretinnen in Aktion sind, ist auch ihre Bewegung unaufhaltsam. Jeglicher Impuls der Bewegung geht also von dem Bühnenbild aus, es sind Impulse, auf die die Artistinnen reagieren, die sie im wahrsten Sinne des Wortes ausbalancieren müssen. So wird das Bühnenbild von Qui Pousse laut der Künstlerin nicht nur zur eigenständigen Figur der Inszenierung, sondern gar „zu ihrem eigentlichen Helden“3.    Bei Publikumseinlass ist kein menschlicher Körper auf der Bühne zu sehen. Unser Blick wird stattdessen auf einen auf dem Boden liegenden Stoff gelenkt, der sich rhythmisch hebt und senkt. Es ist diese Atembewegung, die direkt die Illusion des Lebendigen erzeugt. Nach einer Weile tauchen die Interpretinnen aus dieser Oberfläche auf und erkunden das Bühnenbild voller Neugierde. In ihrer Dissertation Präsenzen der zeitgenössischen Figur: Figur, Figuration, Defiguration4 führt Julie Postel den Begriff der „Landschaftsfigur“5 ein, die sie als „Überlaufen des Figurenkörpers in zahlreiche Bereiche des Spielraums“6 definiert. Die Figur lässt sich nicht mehr an einem bestimmten Gegenstand oder Material festmachen, sondern ihre diffusen Präsenzen dehnen sich auf den gesamten Raum aus. Es ist genau dieses Überlaufen der Präsenzen, das wir bei Qui Pousse erleben. Im Laufe der Inszenierung richten sich die Bambusrohre immer weiter auf und lassen das Bühnenbild immer neue Formen und Gestalten annehmen. Die Bühnenarchitektur von Qui Pousse begegnet uns als ein Wesen, als ein Ding-Körper, der die Interpretinnen in Bewegung setzt und uns in immer neue Vorstellungswelten entführt.

Cie. Lunatic, Qui pousse, 2017. © Pauline Turmel

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Fazit: Zirkus- und Figurenraum als Ort der Begegnung zwischen Mensch und Ding Zirkus und Figur sind beides relationale7 Kunstformen, das heißt Kunstformen, deren Grundprinzip auf der Interaktion von Menschen mit Dingen (Gegenstände, Figuren, Apparaturen, Technologien, Räume und Bühnenbilder …) beruhen. Historisch gesehen interessiert sich der Zirkus für die Performativität des menschlichen Körpers, während in der Tradition des westlichen Puppentheaters der/die Puppenspieler.in vom Publikum ungesehen agiert. Im Gegensatz dazu inszenieren die Künstler.innen, die im Zentrum meiner Dissertation stehen, die Beziehung zwischen Bühnenraum und Mensch auf eine Weise, die eine Kopräsenz beider Daseinsformen (die des Bühnenbildes und die des Menschen) entstehen lässt.    Sie interagieren also nicht nur physisch mit dem Raum (so wie ein/e Zirkuskünstler.in mit der Apparatur), sondern nehmen auch eine klare dramaturgische Haltung gegenüber dem Bühnenbild ein (Neugierde, Misstrauen, Empathie ...). Durch diese Interaktion wird das Bühnenbild nicht nur zum aktiven Spielpartner, sondern erhält auch eine ganz eigene dramatische Spannung, die es zur erzählerischen Bedingung der Inszenierung macht.

1 Dieser Artikel ist die Weiterentwicklung und Verschneidung von Beiträgen, die anlässlich des Studientages Labo prospectif – La chaire ICiMa à partir de 2024 (Charleville-Mézières, 16/09/2023) und des Diskurstages Die Dinge und Wir des Studiengangs Figurenspiel der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst – HMDK (Stuttgart, 19/11/2023) vorgestellt wurden. 2 Mont-Reynaud, Cécile (Cie Lunatic), Qui Pousse, dossier de présentation, 2017, S. 4. 3 Ibid., S. 3. 4 Postel, Julie, Présences de la marionnette contemporaine: figure, figuration, défiguration, sous la direction du professeur Amos FERGOMBE, Laboratoire CALHISTE (EA 4343), Valenciennes, Université Polytechnique Hauts-de-France, 2019. 5 Übersetzt aus dem Französischen „figure-paysage“, in Postel, Julie, Présences de la marionnette contemporaine: figure, figuration, défiguration, op.cit., S. 257. 6 Ibid. 7 Vgl. Trapp, Franziska, „(More than) Human? Inszenierungsstrategien im Zeitgenössischen Zirkus“, in Circus in flux, Zeitgenössischer Zirkus | Contemporary Circus, CircusDanceFestival / Tim Behren, Jenny Patschovsky (Hrsg.), Berlin, Theater der Zeit, 2022, S. 10.

Saskia Bellmann & Alessandra Piccoli, Corners, 2023. © Jochen Gehrung

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DER BALL IST EIN PUNKT. EIN PUNKT IST EIN ATOM. Gedanken zum Objekt in der Jonglage Stefan Sing ist ein Meister der zeitgenössischen Balljonglage. Er studierte Performance und Tanz und unterrichtet in den auftrittsfreien Zeiten als Dozent an mehreren europäischen Artistenschulen. In seinen Auftritten, die körperlich und minimalistisch sind, verwendet er das Jonglieren als Sprache, um Emotionen und Atmosphären auszudrücken. V o n S t e f a n S i n g /// Ich beschäftige mich nun seit mehr als 35 Jahren mit der Manipulation von Bällen. Früh am Anfang meiner Jonglierexistenz habe ich alle anderen Jonglierrequisiten (Keulen, Diabolo, etc …) zur Seite gelegt und mich nur noch den kleinen weißen Bällen zugewandt. Der Ball in seiner Simplizität und seiner anti-hierarchischen Form (es gibt keinen speziellen Punkt auf der Oberfläche des Balls) eignet sich hervorragend als neutrales, abstraktes Objekt, welches dadurch allen Bedeutungen die Möglichkeit gibt, in den Ball hineinprojiziert zu werden. Im weiteren Text, wenn bezogen auf die Jonglage, meine ich immer den Ball.

Das eigentliche Tun setzt vor der Sprache ein Trinke ich aus einer Tasse Tee, fällt mir die Tasse nicht auf. Die Tasse ist mir zu-handen. In der Aktion, im alltäglichen Leben ist die Tasse ein Teil meines Seins und wird nicht als von mir getrennt erlebt. Die Tasse wird zu einer Erweiterung des Körpers, die mir dabei hilft, Sachen zu machen, die der Körper alleine nicht schaffen würde. Objekte transzendieren den Körper, strukturieren ihn neu, geben ihm Fähigkeiten, die er alleine nicht hätte. Im normalen Leben bilden wir eine Einheit mit den Objekten. Erst wenn wir darüber reden, wenn wir Sprache anwenden, machen wir aus dieser Einheit eine theoretische Zweiheit – erst dann wird das Objekt zum Gegen-stand – ein Etwas, dem Subjekt entgegenstehendes.    Das normale, alltägliche Leben ist ein Verb. Wir leben in einem großen Zusammenhang, einem großen wabernden Netz und sind nie allein – unser Leben besteht aus Beziehungen mit den Objekten und Energiefeldern, die wir mit dem Außen eingehen. Erst wenn wir eine beschreibende Außenhaltung einnehmen, benutzen wir Substantive, Namen und Objekte. Das Leben ist Bewegung, flüssig, Einssein und nicht fest, unveränderlich und klar differenziert.

Das Objekt kann auch Objekt sein In meiner eigenen Arbeit wird mir das Objekt nur selten als Objekt bewusst. Es gibt aber diese Momente, in denen der Ball auf den Boden fällt und zum Gegen-stand wird. Erst wenn der Ball seine Funktion nicht mehr erfüllt, wenn der Ball nicht das gemacht hat, was ich glaubte ihn tun zu lassen, fällt er mir auf und wird ein Etwas von mir Getrenntes. Das ist analog zu einer Tasse, die ein Loch hat, oder nicht an ihrem Platz im Regal steht – sie ist nicht mehr zu-handen und lässt mich dadurch ihre Existenz bemerken. Ein ähnlicher Fall der Objektwerdung ist ein Anschauen (oder das absichtliche Nichtbeachten) eines räumlich von mir getrennten Objekts. Das Subjekt und das Objekt sind getrennt und erzeugen durch ihre Getrenntheit eine starke Relation – eine Spannung wird erzeugt, wohin diese Relation sich entwickeln wird.

Subjekt-Objekt-Umkehrung Im normalen Leben ist das Subjekt meistens dasjenige, welches das Objekt für seine Bedürfnisse benutzt. Das Paradebeispiel ist der klassische Jonglierheld, der alles im Griff hat und agierend dem Objekt seine Befehle erteilt. Doch manchmal fällt das Objekt wider Erwarten nicht in die Hand zurück, sondern auf den Boden – und schreit ganz laut „hebe mich auf“. Der Held ist gescheitert und muss sich vor dem Leben bücken. Die jonglierende Person ist nicht mehr die agierende, sondern die re-agierende. Das Objekt erteilt den Befehl und es transformiert sich zum Subjekt.    Diese Umkehrung kann auch willentlich geschehen und wird vor allem in der zeitgenössischen Jonglage öfters benutzt. Wirft beispielsweise die jonglierende Person sich den Ball gegen den Kopf (und lässt es so aussehen, als ob es nicht ihre Entscheidung

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war) und erfährt der Kopf einen „überraschenden“ Impuls, erscheint das Objekt zum Leben zu erwachen und eine eigene subjektive Persönlichkeit zu bekommen.

Das Objekt als un-mittelbare Ausdrucksform Ich beschreibe meine Art und Weise der Jonglage als „existential juggling“. Damit soll die oben beschriebene Einheit, bzw. Vorsprachlichkeit, ausgedrückt werden, aber noch einen Schritt weiter, dass die Jonglage (die Objekte in Einheit mit meinem Körper) mir eine un-mittelbare Ausdrucksform erlaubt. Eine Stimmung, eine Emotion, ein Bewusstseinsinhalt kann den Körper und dadurch unmittelbar das Objekt in Bewegung bringen. Etwas kann durch mich und durch die Jonglage aufscheinen. Es ist eine Art Sprache, die aber nicht die Präzision der gesprochenen Sprache hat – aber genau diese positive Unpräzision erlaubt eine erweiterte unmittelbarere Ausdrucksform.    Das gilt auch für die entgegengesetzte Richtung vom Muster zum Körper. Ein Muster in der Jonglage hat immer eine bestimmte Energie und eine inhärente metaphorische Bedeutung, welche unmittelbar auf die Bewegungsqualität des Körpers einwirkt. Eine Zäsur zwischen dem Innen und dem Außen soll aufgehoben sein. Ein wellenförmiges Muster erzeugt Wellen im Körper. Ein langsames Muster erzeugt Langsamkeit. Es gibt offene und geschlossene, sommersprossige, spiralige, blubbernde, pointierte, infinite Muster, die den Körper in infinite Bewegungen bringen können.

Ein Objekt vs. mehrere Objekte Es gibt einen elementaren Unterschied, ob in der Jonglage ein Objekt oder mehrere Objekte benutzt werden. Ein Objekt ist ein Punkt. Mehrere Objekte, die in die Luft geworfen werden, ergeben ein Muster. Auch wenn das Muster eigentlich aus Einheiten (Punkten) besteht, ist das Gesehene/Erzeugte ein Energiekomplex. Die einzelnen bewegten Punkte erzeugen Schlieren (wie ein Kometenschweif), welche der Betrachter zu einem Ganzen zusammensetzt. Man kann die Objekte als eine Art Pinsel sehen, mit einer Farbe, die kurz sichtbar ist und sich dann wieder sofort verflüchtigt. In der Vielballjonglage verschwinden die Objekte und transformieren sich zu einem Energiefeld, in dem das einzelne Objekt nicht mehr wahrgenommen wird.    Der Ball ist ein Punkt. Ein Punkt ist ein Atom. Der Kosmos, die Welt, alles ist aus Atomen zusammengesetzt. In der Welt des ganz Kleinen (Quantenphysik) gibt es keine Punkte, gibt es nichts Festes, gibt es nur Energiefelder, die a priori nicht festgesetzt werden können und ständig hin und her wabernd auf- und abtauchen. – www.stefansing.com Stefan Sing, Entropía. Foto: Joji Wakita

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DIE PRÄSENZ DER DINGE Neun Statements von Künstler*innen über ihre Beziehung zu Objekten Nicht umsonst kommen viele der hier mit ihren Statements präsenten Künstler*innen aus der Jonglage – ist doch in dieser Disziplin im zeitgenössischen Zirkus der experimentelle Umgang mit Objekten besonders verbreitet. Aber auch mit (Seil-)Tanz und Figurenspiel arbeiten die Künstler*innen, die wir für double baten auf eine oder mehrere der folgenden Fragen zu antworten: Wie war dein Weg vom Zirkus zur Figur / zum Objekt – oder umgekehrt? Wie würdest du deinen Umgang mit Objekten beschreiben? Was sind sie? Requisit? Bühnenpartner? Animierte Objekte / Figuren? Wie unterscheidet sich und worin gleicht sich deiner Ansicht nach der Umgang mit den Dingen / Figuren in Zirkus und Figurentheater? Siehst du dramaturgische Unterschiede? Wie arbeitest du damit? Welche Rolle spielt für dich Leiblichkeit, der menschliche Körper auf der Bühne?

Johanna Ehlert Johanna Ehlert kreiert Figuren, Masken, belebte Objekte, Körperillusionen und Effekte für unterschiedlichste Bühnen-Produktionen, u. a. arbeitete sie mit der Cie Le Boustrophédon und dem Blick Théâtre. Aktuell arbeitet sie mit der Choreografin Sara Angius an ihrem neuen Stück „Sabotage“. Im Juni inszeniert sie Figuren mit Musikern für das Jubiläum des Puppentheaters Halle. Der Zirkusartist stellt sich auf den Stuhl, damit man ihn besser sieht. Ein Figurenspieler lässt, dahinter hockend, den Stuhl stellvertretend für sich spielen.    Ich kam per Unfall vom Nouveau Cirque zum Figurenspiel. Bei mir stehen Stuhl und Darsteller ebenbürtig nebeneinander: Figur und Spieler im Dialog aus Bewegung, ohne Umweg über Worte. Ein „Selbstgespräch“ wie das eines Bauchredners mit seiner Puppe. Meinen Figuren sieht man nicht an, wie sie funktionieren. Staunen ebnet den Weg ins Einfühlen. Die Magie Nouvelle spricht bei der Illusion sich selbst bewegender Objekte von Animationstheater. Ich spiele mit der Grenze zum Figurenspiel.    Zentrale Überlegung beim Schreiben der Stücke ist die Frage „Wozu Figurenspiel?“: Aus Figurenspiel als Sinnbild entsteht eine subjektive, abstrakte, in sich stimmige Welt. Reales nutze ich so, dass es die Illusion unterstützt. – www.johannaehlert.wixsite.com

Johanna Ehlert und Blick Théâtre, [hullu]. Foto: Theater

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Andrea Salustri Der in Berlin lebende Italiener Andrea Salustri wurde in Rom zum Jongleur ausgebildet, bevor er in Berlin Tanz und Choreografie studierte. Als Preisträger des europäischen Zirkuslabels circusnext war Materia 2022 ein Hit auf dem Edinburgh Fringe Festival. We live in object-based environments. We are surrounded by objects, and we constantly shape, actively or passively, our relationship with them. There is something extraordinary about encountering a new thing. An openness. An excitement. With time, we grow a certain numbness towards our surroundings. A functional numbness. I developed a practice in which I attempt to re-encounter objects through a process of defamiliarization and playful rediscovery. In my work, “Materia”, I investigate the materiality of polystyrene. On stage, I set frames of indirect control that allow objects to take initiative and perform themselves. During the creation process, I used interdisciplinarity as a deliberate research strategy. The show is now touring equally at dance, circus, and object theatre festivals. The quandary of identifying my work with an artistic genre is fascinating to me. I do not resist it; I thrive on it. I think there is a possibility not to restrict but to expand meanings, if we use these labels as “open boxes”. This allows ourselves to look at the same things from multiple perspectives. – www.andreasalusti.com

KOLJA HUNECK Kolja Huneck schloss seine Ausbildung an der Codarts Circus Arts in Rotterdam ab. Momentan arbeitet er an kontemplativen Zirkusstücken und alternativen Dramaturgien. „Sawdust Symphony“ und „Symbiosis“ kreierte er im Kollektiv und tourt mit seinem Solo „CM_30“. Im Zirkus liegt die große Kraft, Unmögliches möglich zu machen: durch reine Körperbeherrschung, durch besondere Fähigkeiten im Umgang mit Apparaturen, Objekten oder menschlichen Körpern. Als zeitgenössischer Zirkuskünstler – mit den Schwerpunkten Jonglage und Magie – fasziniert mich vor allem die Interaktion mit Objekten aus dem Alltag, zu denen das Publikum einen Bezug und Gefühl hat. Eine besondere Anziehungskraft geht für mich von form- und transformierbaren Materialien wie Eis, Wachs und anderen zähen Flüssigkeiten aus, da sie die Manipulation noch spannender und in gewisser Weise noch absurder machen.    In meiner zirzensischen Arbeit geht es mir nicht um „höher, schneller, weiter“ oder „je mehr Objekte in der Luft, desto spektakulärer“. Nach langer Recherche mit einem Gegenstand, möchte ich durch und mit dem Objekt eine – meistens nonverbale – Geschichte erzählen: Materialien und deren Handhabung werden selbst zur Sprache. Hier sehe ich eine große Nähe zum Figuren- und Objekttheater. – www.kolja.art Links: Andrea Salustri, Materia. Foto: Darragh McLoughlin Rechts: Luuk Brantjes & Kolja Huneck, Symbiosis. Foto: Jona Harnischmacher

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Chiara Marchese Die Italienerin Chiara Marchese studierte zunächst bildende Kunst, bevor sie sich der Artistik und dem Schlappseil zuwandte. Während ihres Studiums am CNAC in Châlons en Champagne entdeckte sie auch die animierte Figur für sich. Ihre Arbeiten liegen an der Schnittstelle zwischen bildender und darstellender Kunst, Zirkus und Performance. I am a circus performer and I work following my sensations all the time. My dramaturgical approach to puppetry is therefore a sensory and philosophical one. In The Weight of the Soul, the puppet is very light and fragile, it is made of iron wire and I can completely fit into it, with my head, my hands and my feet. This manipulation invites me to meet a very deep part of myself, I believe to be close to a meditative and spiritual state. I love feeling my body merging with the material and becoming the entire thing. Physical performance is the driving force behind the puppetry approach. I consider any type of circus equipment as a potential puppet companion. This is what happens in my next piece called WonderWoman, where I’m balancing on five metallic pieces evoking a human-sized but fragmented silhouette. Just like the condition of women, a strong and resilient one but unfortunately fragmented by violence. – www.chiaramarchese.com

Matthias Romir Expressive Juggler / Depressing Clown / Contemporary Weirdo: So beschreibt der Grenzgänger seine Tätigkeit. Neben der solistischen Arbeit an Theatern und auf Straßenfestivals verleiht er auch immer wieder Varietéshows und genreübergreifenden Showproduktionen eine schräge Note. Meine Sprache, die Jonglage, ist ohne das Objekt gar nicht denkbar. Werfen und Fangen, Festhalten und Loslassen, Kontrolle ausüben und abgeben: In diesem Kosmos entwickle ich für jedes Objekt, mit dem ich mich auseinandersetze, ein Repertoire von – nennen wir es ruhig ganz altmodisch – Tricks. Dieses Repertoire entsteht aus dem Dialog der physikalischen Eigenschaften von Objekten mit meinem Körper und dem Raum. Aus diesem Dialog erarbeite ich eine spezifische Bewegungsqualität und Formensprache und aus diesen wiederum ein Narrativ. Ich denke, im Unterschied zum klassischen Figurentheater versuche ich meistens nicht, den Objekten Leben einzuhauchen, sondern das Eigenleben der Objekte zu entdecken und in der Interaktion sichtbar zu machen. – www.matthiasromir.de Links: Chiara Marchese, Probenfoto von WonderWoman. © Theater Rechts: Matthias Romir, Mein Leben ist Kurzgeschichten. © PanRay Photography

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Jolanda Löllmann (DÍRTZthÉÂtre) Das DÍRTZthéâtre wurde 2018 von Charlie Denat aus Frankreich und Jolanda Löllmann aus Deutschland gegründet. Ihre charakteristische Theaterform ist geprägt durch die Verbindung von Tanz und Zirkuselementen mit der Kunst des Puppenspiels. Jolanda Löllmann studierte zunächst Tanz, bevor sie auch im Bereich des Zirkus und mit Puppen- und Maskenspiel arbeitete. Der Ausdruck durch den Körper, sei es im Tanz oder im zeitgenössischen Zirkus, hilft uns, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Als ich 2016 anfing, mit Puppen zu arbeiten, also zu recherchieren, wie ich durch Tanz eine Puppe zum Leben erwecken und in welcher Weise sich eine Puppe körperlich ausdrücken kann, hat mich eine Sache tief beeindruckt. Die Bewegung bringt die Seele der Puppe oder des Objektes zum Vorschein. Im Französischen spricht man oft von „Manipulation“ einer Puppe. Ich persönlich bevorzuge das Wort animieren – zum Leben erwecken oder Leben geben. In unserer Arbeit muss man als Tänzer.in oder Zirkusartist.in lernen, einen Schritt zurückzutreten, um seine Bewegungen, die aus einem Gefühl oder einem körperlichen Zustand entspringen, an die Puppe weiter geben zu können. Erst dann entsteht ein Austausch, ein Tanz zwischen menschlichem und Objekt-Körper, ein Energieaustausch, der für mich selbst nach über 100 Vorstellungen noch etwas „Magisches“ in sich trägt. – www.dirtztheatre.com

Claudio Stellato Bis zu drei Jahre Zeit nimmt sich der multidisziplinär – in den Bereichen Musik, Tanz, Zirkus, bildende Kunst – arbeitende italienische Künstler Claudio Stellato für eine Objekt- und Materialrecherche. Er lebt und arbeitet in Brüssel. In my artistic path I never stopped being a circus artist, I just replaced the classical circus tools with daily objects. Today we call this “object manipulation”.    When I start a new creation, I spend a lot of time alone, working surrounded by objects. It’s normal that every improvisation brings me to interact with them. To my eyes they are exactly like me “a being, in a space, doing things”, I need friends.    I don’t see a difference between a table and a puppet. They both can be and represent thousands of situations. Dramaturgically I work on transformation. I push the objects till they break, fold, explode and become something else and then something else again etc., pushing constantly the limits.    All my work is based on the body and its options, it’s complex but at the same time basic and understandable for the audience, everyone can feel empathy for an extreme body condition. – www.work-claudiostellato.com Oben: DÍRTZThéâtre, Nonna(s) don’t cry. Foto: Pierre Rigo Unten: Claudio Stellato, La Cosa. © Geert Roels

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Jenny Patschovsky (Dramaturgie) & Benjamin Richter (Performance) Benjamin Richter ist ein transdisziplinärer Künstler, der seit 1991 in den Bereichen Zeitgenössischer Zirkus und Tanz arbeitet. Seine Performances und Choreografien sowie seine künstlerische Forschung und Lehrtätigkeit basieren auf der von ihm entwickelten Methode „TLO“ (The Language of Objects / Die Sprache der Objekte). Mit der Zirkusproduzentin, Zirkus-Dramaturgin und Vorsitzenden des Bundesverbands Zeitgenössischer Zirkus e. V. Jenny Patschovsky arbeitet er gerade an einer neuen Produktion. In unserer gemeinsamen Arbeit geht es immer darum, Präsenz zu erzeugen. Gemeint sind Momente, die vom Publikum als besonders intensiv wahrgenommen werden. Das Verständnis eines Objekts als gleichberechtigter Spielpartner ist dabei für uns wesentlich: Objekte besitzen eine eigene Präsenz und Handlungsfähigkeit, die den Performer Benjamin Richter inspirieren, in Bewegung bringen und seine Aktionen auf der Bühne mitbestimmen. Improvisation und spontanes Reagieren auf das Objekt und das Publikum bilden daher den Ausgangspunkt unserer gemeinsamen Stücke – das kaum festgelegte Zusammenspiel von Performer und Objekt(en) ruft Präsenz-Momente hervor. In unserem aktuellen Stück „RAPT“ arbeiten wir mit Graspapier, das in all seiner Vielgestaltigkeit und Materialität zur Geltung kommen darf: Es fliegt, fällt, türmt sich wieder auf, wird drapiert und jongliert. Die Dramaturgie basiert auf den realen Bewegungen und Formen des Papiers im Zusammenspiel mit dem Performer und entwickelt sich als dezent gesteuerte Assoziationsreise, die subtil zu den Themen Ressourcen und Konsum führt. – www.benjaminrichter.net

Darragh McLoughlin Der Ire Darragh McLoughlin ist Absolvent der Academy of Circus and Performance Art und versteht sich derzeit als Konzeptkünstler mit Wurzeln im zeitgenössischen Zirkus. Er tourt mit seinen Produktionen „Stickman“ und „Stories of Falling Objects“. Circus is a melange of different art forms, but it is in juggling, and therein, object manipulation, that the encounter with object theatre is most apparent. The same precision of movement required to perfectly isolate a ball can be observed in how a puppeteer manipulates a puppet's head. The main difference lies in the intention of the manipulator – one aims to create a floating illusion with a ball, while the other seeks to animate a puppet.    In my work “Stickman” I explored an approach called reverse puppetry, whereby I balance a stick and put my body into a limp, yet responsive state. This creates an illusion that it is the stick moving my body, rather than my body moving the stick. While I could replicate these movements using acting and strings, the chaotic nature of balance adds a level of unpredictability to the performance, which I like. This is something that perhaps differs in the approaches of object theatre and circus.    Ultimately I think it is all about us humans, trying to understand ourselves and each other. – www.squareheadproductions.com Links: Jenny Patschovsky & Benjamin Richter, RAPT. Foto: Cox Ahlers Rechts: Darragh McLoughlin, Stickman. Foto: Philippe Deutsch

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DEN KÖRPER SPRECHEN LASSEN Die Accademia Dimitri an den Grenzen des Verbalen 1975 gründete der Schweizer Clown Dimitri mit seiner Frau Gunda Dimitri und dem tschechischen Mimen und Pädagogen Richard Weber im schweizerischen Verscio die „Scuola Teatro Dimitri“ (heute: Accademia Teatro Dimitri) mit dem Ziel, Theater zu schaffen, dessen Hauptausdrucksmittel der Körper ist. Seit 2020 ist es auch möglich, im „Master of Arts in Theatre“ einen Fokus auf „Teatro di Figura“ zu setzen.    In drei Einzelgesprächen - mit Corinna Vitale, die als damalige Direktorin den Fokus mit einführte, Eva Sotriffer, einer Studentin des ersten Studienjahrgangs mit diesem Fokus, und Marek Turošík, dem Mentor der Masterstudierenden – untersucht Moritz Schönbrodt den Zugang vom Bewegungstheater zur Puppe und wie sich dieser im Studium manifestiert.    Obwohl es 45 Jahre gedauert hat, bis es so weit war, erscheint der Weg von Bewegungstheater und Clowning nicht weit bis zur Puppe. V o n M o r i t z S c h ö n b r o d t /// Die Schmalspurbahn aus Domodossola ist verspätet. Ein unerhörter Umstand in der Schweiz – doch wir haben keine Zeit für Ärger hier, an der Alpensüdseite. In Verscio rennen wir vom Bahnhof hoch ins Dorf, vorbei an Bruchsteinhäusern und durch Kopfsteinpflastergassen zur Präsentation der „Group Devised Projects“ der Drittsemester an diesem 10. Dezember 2022. Corinna Vitale: In einer Richtung des Clowns wie bei Dimitri oder auch Gardi Hutter, geht es oft um die Tücken des Objekts – ein Objekt macht sich selbständig und wird ein Mit- oder Gegenspieler für den Clown. Ich glaube, es ist die Freude an der Unschuld des Clowns, dass aus allem um uns herum ein Spiel entstehen kann. Wahrscheinlich ist deswegen das Objekttheater immer nahe am Clown oder der Clown nahe am Objekttheater. Darum ist uns wichtig, dass Teatro di Figura alles mit einschließt: Material-, Objektund Puppentheater.    Wir hatten immer wieder Bewegungstheater-Studierende, die mit Puppen oder Objekten arbeiten wollten. Irgendwann dachten wir uns, es ist schade, dass wir nicht tiefer darauf eingehen können. Deshalb überlegten wir, wie wir Bewegungstheater und Puppenspiel unter einen Hut bringen.    Unsere Studierenden kommen aus dem Zirkusbereich, dem klassischen und dem Bewegungstheater oder aus dem Puppenspiel. Egal was sie gemacht haben, sie müssen körperlich geschult sein und die Lust erkennen lassen, mit Bewegung zu arbeiten, egal ob mit dem eigenen Körper oder in der Manipulation von Dingen. Dabei ist es schon häufig passiert, dass Menschen aus der Pantomime oder vom Clown herkamen und während des ersten Jahres gemerkt haben, dass sie eigentlich lieber mit Puppen und Objekten arbeiten wollen. Dass Menschen aus dem Puppenspiel kamen und dann das andere machen, gab es noch nicht. Eva Sotriffer: Bei uns im ersten Studienjahrgang gab es einige, die eigentlich Bewegungstheater studierten und sich plötzlich sehr für die Puppe interessiert haben. Das ist das eigentlich Interessante – was im Zusammenkommen, im Ausprobieren und beim Sehen anderer Sachen passiert. Es machen zunächst alle alles im ersten Studienjahr. Zwischen den Fokussen gibt es erst mal wenig Unterschiede. Die kommen eher aus den Vorausbildungen und dann wieder bei den Projekten auf, die man im zweiten Studienjahr kreiert. Im ersten Jahr gibt es so viel Unterricht, dass man zunächst gar nicht zum eigenen Projekt kommt. Wir haben aber festgestellt, wie viele Überschneidungen es gibt – gerade im Tanz und in der Akrobatik. Da gab es teilweise ein identisches Vokabular wie im Puppentheater.    Was uns im ersten Jahrgang allerdings gefehlt hat, waren die Zeit, neben der Körperarbeit auch am Material zu arbeiten, ein kleiner Puppenfundus oder eine Werkstatt, um auch in Sachen Puppe noch einmal tiefer zu gehen. Ich hoffe und denke, dass die Schule das auch verändern wollte, weil sie extrem motiviert ist, den Fokus „Teatro di Figura“ beizubehalten. CV: Bei uns entwickelte sich alles aus der Praxis und das ist manchmal schwierig – den praktischen Ideen fehlt dann oft noch der Rahmen. Auch der Master hat sich so entwickelt. Wir haben dann aus den Bedürfnissen der Studierenden gelernt. Das finde ich viel spannender, weil ich als Dozierende im Austausch bleiben muss.    Wir haben auch gedacht, dass es gut wäre, wenn es einen Dozierenden gäbe, der alle Studierenden begleitet. Das ist jetzt Marek Turošík. Er hat Dramaturgie des alternativen und Puppen-Theaters an der DAMU (Theaterfakultät der Akademie der Musi-

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schen Künste) in Prag studiert und hat als Dramaturg sowohl mit Puppenspielenden, als auch mit Bewegungstheaterleuten und im Angewandten Theater gearbeitet. Er betreut nun alle Masterstudierenden gleichermaßen. ES: Auf jeden Fall beginnt alles Theater an der Dimitri mit dem Körper, es gibt kaum Textarbeit. Alle Kurse und Seminare gehen immer vom Körper aus. Dabei kommt das Material teilweise zu kurz. Es geht eigentlich in erster Linie immer erst mal um die Spielenden.   Aber ich habe das auch spannend gefunden, weil ich vorher verdeckt gespielt habe oder sehr aufs Material fokussiert war.

DAS NARRATIV DER BEWEGUNG An diesem 10. Dezember 2022 in Verscio ist an den Präsentationen der Ensembleprojekte auch der 47. Studienjahrgang der „Ernst Busch“ Berlin zu Gast. Es ist der erste Austausch beider Schulen, der sich inzwischen zu verstetigen scheint.    Dabei fällt auf, dass hier zwei zunächst völlig verschiedene Zugänge zum Theater aufeinandertreffen. Mein eigenes Studium an der „Ernst Busch“ habe ich als insgesamt auf das Narrative konzentriert wahrgenommen, während an der Dimitri die Bewegung viel mehr im Vordergrund steht. Marek Turošík: Als ich mir einige der Abschlussarbeiten der Berliner Studierenden ansah, basierten die meisten von ihnen auf einer Geschichte und diese wiederum größtenteils auf Text. Das ist natürlich eine absolut legitime Herangehensweise an Theater. Und wir sehen das bei der Mehrheit der europäischen Theater – ohne Dialog scheint es kein Theater zu geben. Das habe ich auch in meiner Ausbildung an der DAMU in Prag so wahrgenommen. Im Gegensatz dazu wollen wir hier in Verscio den Körper in den Mittelpunkt stellen. Wenn man ihn sprechen lässt, wenn man lernt, den Kopf abzuschalten, nicht vorschnell zu entscheiden, was man auf der Bühne tut, den Körper, die Puppe nicht begrenzt, dann stellt man fest, dass der Körper spricht und der Körper Impulse, Material, Melodien, Tempo, Dynamik, und viele andere Dinge anbietet. Das Gleiche gilt für Material. Diese Art des Theaters macht denn Prozess sichtbar.1 In diesem Sinne ist der Körper nur eine andere Form der Puppe und gleichzeitig ist die Puppe nur eine andere Form des Körpers. Ein Apfel ist eine Entität und unser Körper eine andere. Aber beide können in Resonanz miteinander treten. Manchmal ist das, was dabei entsteht, keine Geschichte, aber eine Handlung. 2022 bin ich nicht nur als Puppenspieler, sondern auch als Literaturstudent in Verscio, der sich fragt, inwiefern eine Dramatik für das Puppentheater anders sein müsste als der Kanon des Schauspiels. Was die drei Produktionen des Abends auf jeden Fall unter Beweis stellen, ist, dass das Theater das gesprochene Wort als konstituierendes Element nicht zwingend braucht. 1 Turošík, Marek: Putujúci duch (The Wandering Spirit), Dissertation Theatre Faculty of Academy of Performing Arts in Prague, 2021, S. 151. Master-Projekt von Eva Sotriffer. Foto: Konstantin Demeter

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MT: Wir stellen nicht unser Konzept in den Vordergrund, sondern das Konzept sollte parallel zu den Recherchen auf der Bühne entstehen. Wenn man also am Anfang einen Text fertig hat, nimmt man sich viele Möglichkeiten, weil man versucht, dem Konzept zu folgen. Das kam mir schon in meinem Bachelor in Theaterwissenschaften so vor: Du hast das Konzept und dann folgst du ihm. Das impliziert, dass dein Kopf schlauer ist als dein Körper auf der Bühne oder als der Körper deiner Mitspielenden auf der Bühne. Manchmal ist das einfach nicht wahr.    Text gibt also etwas, aber er schränkt auch ein, weil es immer ein direkterer Weg ist, etwas zu sagen. In der Regel werden in den Theaterschulen auch heute noch Bedeutungen und Semantiken unterrichtet, die in Sprache festhängen. Wir versuchen hier zu sehen, was sich dahinter verbirgt. Manchmal entdecken wir sehr seltsame und schöne, manchmal aber auch erschreckende Dinge. Denn man verwandelt sich in ein anderes Wesen – und kennt sich am Ende selbst nicht mehr. Es ist auch ein Prozess der Entdeckung des Unterbewussten, des Körpers, der Emotionen, der Geschichte. Wenn man sich von vorurteilsbehaftetem begrifflichen Denken befreit und nicht hauptsächlich im Logos, in den Worten, den Bedeutungen gefangen ist, dann entsteht eine neue Logik. CV: Das ist auch das Spannende am Austausch mit der „Ernst Busch“, dass zwei Welten zusammengebracht werden. Wenn du so willst, haben Bewegungstheater, Zirkus und Puppentheater den Charakter des Volkstheaters. Früher waren diese Richtungen eine Einheit und ich glaube, es ist sehr befruchtend, wenn sie sich wieder begegnen. MT: Ein Prinzip, das im Puppenspiel funktioniert, funktioniert ja auch im Bewegungstheater. Letztendlich glaube ich, dass es nur ein Theater gibt, egal ob es Oper oder Puppentheater ist, wenn es gut gemacht ist und wahrhaftig, abseits von Konformität, Faulheit, Angst und Ego, dann gibt es nur ein Theater. Es sind überall die gleichen Prinzipien. Überall, wo ich hingehe, sehe ich, ob sie funktionieren oder nicht. Wie man sie benutzt, in welcher Reihenfolge und Kombination, ist unterschiedlich, aber am Ende ist es eben ein Theater. Das ist meine persönliche Überzeugung. Am Bahnhof von Verscio hält ein verspäteter Zug, der hier nicht halten sollte. Nach längerem Gestikulieren öffnet der Schaffner die Tür.    Man nimmt die Dinge, wie sie kommen und am Ende kommt man auch irgendwo an. – www.accademiadimitri.ch/en Oben: Master-Projekt von Makha Dzhuraeva. Foto: Konstantin Demeter Unten: Master-Projekt von Tianyu Gu. Foto: Konstantin Demeter

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übermensch trifft übermarionette Raum 305 im Gespräch über die Synthese von Trapez-Artistik und Puppenspiel

Raum 305, das sind der Artist Moritz Haase, der Puppenspieler Jarnoth und der Regisseur Philipp Noë. Mit ihrer Kombination von Luftakrobatik und Puppenspiel, für die sie einen ganz eigenen Stil gefunden haben, stehen sie für eine fruchtbare Verbindung von Zirkus und Puppentheater. Mascha Erbelding sprach mit Moritz Haase und Jarnoth über Zoom, als Raum 305 gerade eine Residenz am Societätstheater in Dresden hatte, wo sie auch ein Tryout unter dem Titel „Sommerschmerz in Seidenkleidern“ zeigten. Der dritte Teil der Trilogie, die mit „Wir wollen nie nie nie“ (2019) und „Oder doch?“ (2022) begann, soll im Juni 2025 Premiere feiern. Mascha Erbelding: Wie würdet ihr beschreiben, was ihr allein künstlerisch macht und was kommt in Raum 305 zusammen? Wo gibt es Reibung und wo geht es fließend ineinander über? Moritz Haase: Was ich alleine mache – so ein bisschen alles: Varieté, Gala-Events, Theater, Oper, Musikvideos, Flugtrapez, Circus. Ich bin auf der Bühne eigentlich immer stumm, nonverbal, da geht es um Bewegung. Das ist auch, was ich ästhetisch suche, in Verbindung mit meiner Technik als Ausdrucksmittel. Für unsere bisherigen Stücke haben wir eine sehr reduzierte Ästhetik, eine artifizielle Welt gefunden; von den Ausdrucksmitteln runtergeschraubt, also wenig Zeug auf der Bühne, sodass wir die Dinge, die Objekte, die auf der Bühne sind, als Mittel möglichst maximal ausnutzen. Das zieht sich durch die verschiedenen Stilmittel durch. Jarnoth: Für mich ist der erste Schritt immer der Humor. Bei mir muss Theater erst mal Spaß machen. Was ich mit rüber genommen habe von dem, was ich vorher gemacht habe: Eigentlich ist in meinen Sachen, die augenscheinlich alle sehr humoristisch angelegt sind, schon immer eine wahnsinnige Exaktheit zu erkennen. Das sind für mich die zwei verschiedenen Genres, die humoristische Solo-Schublade und dann mit Philipp und Moritz dieser artifizielle Stil, kombiniert mit der Exaktheit, die wir alle drei schätzen. Ihr habt schon den Umgang mit Objekten, Bühnenbild und Requisiten auf der Bühne angesprochen. Ihr habt gesagt, ihr wollt wenig „Zeug“. Ich habe mich gefragt, diese Treppe bei „Wir wollen nie nie nie“, die ja sehr zentral ist, oder die Türen bei „Oder doch?“, waren die von Anfang an da? Und was habt ihr im Probenprozess rausgeschmissen? J: Ich komme vom Puppenspiel und mag einfach grundsätzlich im Theater nicht, wenn die Bühne so vollgestellt ist und Sachen eigentlich nur einmal benutzt werden. Da schätze ich eine Begrenzung, weil man daraus plötzlich kreativ werden kann. Als wir angefangen haben „Wir wollen nie nie nie“ zu kreieren, haben wir nur daran gedacht: Was ist für uns ein interessantes Objekt? Da sind wir irgendwie auf die Treppe gekommen. Dann sind Moritz und ich los in den Baumarkt, haben Holz gekauft und angefangen zu sägen. Eine Klappe wäre noch ganz gut da unten, dachten wir, und da oben und auch hinten und noch Rollen. MH: Lustigerweise war das so: Philipp wohnt ja in der Schweiz in den Bergen. Dort haben wir ein Wochenende zusammen gebrainstormt, worauf wir Lust hätten. Dabei kamen wir auf die Treppe und ein oder zwei Türen. Vor dem nächsten Probenblock war das Ziel, diese Türen und die Treppe herzustellen. Wir haben die Treppe gebaut und hatten aber keine Zeit mehr für die Türen. Eigentlich konnte man aber mit der Treppe schon so viel machen, dass uns das erst mal gereicht hat und die Türen flogen raus. Als wir dann später daran interessiert waren, die Trilogie zu formen, kamen die Türen wieder ins Spiel. Würdet ihr sagen, dass diese Ökonomie im Gebrauch der Dinge Zirkus und Figurentheater trennt oder zusammenbringt? MH: Ich habe nie darüber nachgedacht, wie das im Zirkus mit Objekten ist. Normalerweise ist es ja doch eher reduziert. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass die reguläre Dauer von einem Zirkus-Act meistens nicht fünf Minuten überschreitet (was sich natürlich verändert, wenn man ganze Zirkusstücke sieht). Aber klar, eigentlich versucht man schon, sich sehr speziell an einem Thema oder einem Ding abzuarbeiten. Ein Freund von mir, auch Artist mit jahrelanger Berufspraxis, thematisiert das in seinem Solo: Artisten wird antrainiert, Fachidioten zu werden. Man sucht sich wirklich ein Ding raus und dann trainiert man teilweise über Jahre

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einzelne Tricks, einfach nur, weil die kein anderer macht, und wird Experte auf dem Gebiet, was dann unangetastetes Terrain ist. Das ist so ein lustiger, ein bisschen nerdiger Umgang mit Objekten. Mit der Kombination Trapez und Puppenspiel seid ihr zumindest in der deutschen Theaterlandschaft ja ziemlich einzigartig. Du bist selbst auch zweiter Puppenspieler auf der Bühne, Moritz. Lag dir das von vorneherein oder war das schwierig für dich? MH: Das ist eine Frage, die wir uns in den letzten zwei Wochen oft gestellt haben: Wie viel macht jeder das, was er kann, was er gelernt hat, und wie viel nehme ich den Anderen mit in „mein“ Genre rein? Für uns war interessanter: Wo können wir eine Verbindung schaffen, die dadurch einzigartig wird, dass jeder seinen Skill mit reinbringt und das sich dann dadurch etwas Neues ergibt? Uns ist daran gelegen, die Momente zu finden, in denen man eine Fusion schafft. Jarnoth manipuliert die Puppe, während die Puppe mich manipuliert, was mich dann in irgendwelche akrobatischen Figuren bringt. Wie würdet ihr die Rolle eurer Körper auf der Bühne in Beziehung zu den Objekten sehen? Ein Puppenspieler arbeitet permanent daran, in der Wahrnehmung zu verschwinden mit seinem Körper, und ein Artist ist eigentlich in jeder Minute präsent. Was ist die Synthese aus den zwei Extremen? J: Ich habe vorher Schauspiel studiert und das dann aber abgebrochen, weil mich diese Einordnung als ein bestimmter „Typ“ schnell genervt hat. Es gab dann eigentlich nur zwei Optionen: Tanztheater/Physical oder Puppenspiel. An der Ernst Busch hat es dann geklappt. Was mich so begeistert, ist, dass der Körper, obwohl man natürlich mein Gesicht sieht, einfach erst mal nur Ausdrucksmittel, Projektionsfläche ist. Das mag ich auch sehr am Tanz, dass Bewegung etwas darüber hinaus ist, was Sprache nicht schaffen kann. Raum 305, Wir wollen nie nie nie. © René Ehrhardt

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MH: Der Artist versucht immer – in traditioneller Sicht jedenfalls – das Übermenschliche anzustreben, Sachen, die die meisten Leute im Publikum nicht können. Die Puppe kann das natürlich noch besser. Da hat sich ein interessantes Forschungsfeld für uns ergeben: Wo können wir die Parallelen und Unterschiede herausstellen? Zum Beispiel bei „Nie nie nie“ bin ich am Anfang auf dem Trapez und dann will die Puppe aufs Trapez und macht natürlich noch viel krassere Sachen, aber hat auch Angst. Eine weitere Schnittstelle ist, wie wir mit Körperteilen umgehen. Wie zum Beispiel auf der Treppe, wenn wir aus unseren beiden Körpern einen neuen Körper zusammenbauen, der dann vier Beine hat, sich anders verbiegen lässt. Für mich gehört das auch zu der Puppenwelt. Da kann man Körper auseinandernehmen, verbiegen und neu zusammensetzen. Dass man Körper fragmentarisiert also. Jarnoth, du hast gerade den „Typ“ erwähnt, der auf der Bühne nicht gleich erkennbar sein soll. Bei „Nie nie nie“ habt ihr eure Körper sehr verfremdet, seid kaum unterscheidbare Doppelgänger, mit diesen weißen Glatzen. Wie kam es zu dem Bild? J: Wir haben angefangen an der Hochschule Klamotten zusammen zu suchen und da sind wir dann auf schwarze Kleider gestoßen, die einen hohen Kragen hatten und eigentlich auch einen guten Schnitt, aber ein bisschen zu eng waren. Moritz hat die einfach größer gemacht, sodass es eher an eine Kutte oder ein Gewand erinnerte. Ich hatte vorher schon Glatzen aus Latex gemacht. Wir dachten dann beide, das passt: Glatzen, schwarze Kleider, weißes Gesicht. Und dann kam eines zum anderen. MH: Der Sinn darin, der kommt bei uns eigentlich erst immer am Ende. Den suchen wir dann, wenn es fertig ist. Wir hatten erst diesen Look. Wir hatten unterdessen auch diese Choreografie gemacht, inspiriert von dem Song der Kessler-Zwillinge. Zu dem Zeitpunkt glaubten wir aber noch überhaupt nicht daran, dass das am Ende in diesem Stück landen wird. Das hat sich erst ergeben durch den Twist, den das dann genommen hat, die Verzerrung, und dass das dann wiederkehrt als Thema, aber eben abstrahiert wird. Dadurch, dass wir mit der Treppe gemerkt haben, irgendwie verbinden sich unsere Körper und wir gehören zusammen, war das dann total passend, dass wir auch gleich aussehen bei dieser Zwillings-Geschichte. Wir gehen grundsätzlich in der Zusammenarbeit immer über das Visuelle und über das Gefühl von innen. Dann stellen wir uns so Sachen in den Raum, von denen, weil du das vorher gefragt hast, auch einige wieder rausgeflogen sind. Wir fangen an zu improvisieren. Philipp gibt Musik rein, oder Thimo Pommerening, der Komponist, mit dem wir gearbeitet haben, war live mit dabei. Vorher gab es schon einzelne Bausteine, wie zum Beispiel die Choreografie zu den Kessler-Zwillingen. Dann schauen wir, dass wir daraus den Ablauf formen, der uns logisch erscheint. Das verdichtet sich dann mit der Zeit immer mehr. Am Ende schauen wir natürlich mehr auf die Entwicklung dieser beiden Charaktere. Beim zweiten Stück hatten wir schon eine Grundlage. Die Stücke sollten aber auch einzeln funktionieren und wir wollten die Ästhetik beibehalten. Wir wussten, dass wir Individualisierung, Kampf, thematisieren wollen, nachdem es im ersten Stück diese Trennung gibt. Wir fragten uns: Wie können wir Distanz darstellen, obwohl wir die ganze Zeit aneinanderkleben? Was passiert denn, wenn Sprache dazu kommt, wie etwa jetzt bei eurem Tryout? Man nimmt eure Stücke als visuelle Gedichte war, sehr artifiziell. Kommt mit der Sprache das Menschliche, das Fehlbare mit herein? J: Ich würde das, was wir jetzt hier in Dresden gemacht haben, eigentlich nur als Spielzimmer für uns betrachten. Ich meine, dass wir Sprache erst Mal nicht brauchen. Sprache kommt eigentlich immer dann dazu, wenn man etwas körperlich Raum 305, Sommerschmerz in Seidenkleidern. © André Wirsig

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nicht ausgedrückt hat oder ausdrücken kann, als Verlängerung des Körpers. Aber wenn man das, was man fühlt, nicht mehr mit dem Körper ausdrücken kann, dann ist es für mich schon zu theoretisch. MH: Für mich war es eine Herausforderung in den letzten zwei Wochen, weil ich normalerweise nie auf der Bühne spreche. Was wir aber beim ersten Stück mal kurz und auch bei der Kreation vom zweiten Stück gemacht haben, ist, dass wir versucht haben, diejenigen Formen der Sprache zu finden, die sich für uns einweben lassen. Bei „Nie nie nie“ gibt es am Ende dieses Gedicht. Da fanden wir es toll, dass es so total alleine steht, für sich. Bei der Kreation vom zweiten Stück haben wir auch noch mal gesucht: Gibt es Textstellen, wo man vielleicht eine andere Ebene aufmacht, diesen poetischen Moment der Sprache mit hineinbringt? Das haben wir dann aber wieder rausgeschmissen. Ausblick: Worum geht es in Teil drei? Womit beginnt Ihr eure Arbeit? J: Moritz hat sich mal aus irgendwelchen Gründen einen großen Kleiderbügel machen lassen, ursprünglich für einen übergroßen Mantel. Aber dann hing da ein Seidenkleid dran. Wir dachten, damit könnte man ins dritte Stück gehen. Dieser schwere Kleiderbügel hat sowieso schon ein Grundgewicht und wenn darauf was Leichtes hängt, schwingt es nach und entwickelt ein Eigenleben. Kann man sich lange angucken, sieht ultraschön aus. Auch in „Nie nie nie“ haben wir diesen Kleiderbügel und es ist lustig, dass dieser kleine Bügel plötzlich in riesengroß wiederkommt. MH: Wir dachten, dass könnte eine Verschmelzung unserer beiden Sparten sein, weil man an diesem Kleiderbügel wie an einem Trapez hängen, sich in der Luft bewegen kann. Auf der anderen Seite hat man natürlich auch etwas total Puppenhaftes, einen manipulierbaren neuen Charakter geschaffen, wenn man da eine Jacke oder ein Kleid dranhängt. Das fanden wir alle drei so ansprechend, dass wir sagten, das wäre ein guter Startpunkt. – www.raum305.com Raum 305, Oder doch? © René Ehrhardt

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SPIELE IM HELLEN, SPIELE IM DUNKELN Theater der Dinge lotete den gesamten Kosmos des spielenden Menschen aus

Ganz dem homo ludens, dem spielenden Menschen, der sich Welt aneignet durch Lust und ohne Belehrung, war die jüngste Ausgabe des Festivals „Theater der Dinge“ an der Berliner Schaubude (3.–9.11.2023) gewidmet. Unter dem langjährigen Festivalleiter Tim Sandweg rückten die Gegenstände und Objekte, die animiert werden können, ohnehin in den Fokus. Aber derart konzeptionell im Mittelpunkt, wie bei diesem Festival, standen sie bisher nicht. V o n T o m M u s t r o p h /// Es begann damit, dass sonst eher wenig beachtete Alltagsgegenstände wie Klebeband oder Besen eine beachtliche Bühnenpräsenz erfuhren. In „Scoooootch!“, der französisch-kanadischen Produktion von Les Nouveaux Ballets du Nord-Pas de Calais & Synthèse Additive, kleben drei Performerinnen erst Schutz- und Spielräume auf dem Boden ab und erobern diese dann in einer Mischung aus Rockstar-Attitüde und Artistik-Clownerie. Als optimales Klangerzeugungsgerät entpuppt sich das Klebeband, zentrales Element der Jonglage-Kunststücke ist ein Besen. Der steht mal ganz allein auf dem Boden – tosender Beifall ist dann der Lohn – wird dann balanciert oder auch in diverse Klebenetzwerke eingebunden. „Scoooootch!“ war simpel, dabei exzellent durchkomponiert. Einfachste Gerätschaften können, wenn sie nur hinreichend absurd eingesetzt werden, sowohl die Allerkleinsten wie auch deren Eltern und Großeltern in Begeisterung versetzen.

Spielräume durch Begrenzung Höhepunkt und auch Inspirationsgeber des Festivals waren aber Utensilien der Elektronikbastler. Ugo Dehaes, einst Tänzer bei den Starchoreografinnen Anne Teresa De Keersmaeker und Meg Stuart, später selbst Choreograf, griff auf von Servomotoren angetriebene künstliche Gelenke zurück. Die waren die Protagonisten und zugleich die ausführenden Akteure in seinem Stück „Simple Machines“. Dehaes führte sie als eher preiswerte, robuste und stets einsatzbereite Alternative zu Tänzer*innen ein. Letztere müssten essen und schlafen, verletzten sich auch immer mal wieder, argumentierte er. Sein neues Ensemble sei nicht nur einfacher zu haben, Dehaes konfiguriert es auch selbst: Gelenk koppelt er mit Gelenk, sodass schlangenartige Gebilde entstehen, die sich winden, drehen und verbiegen können. Um die Maschinen tierhafter wirken zu lassen, umhüllt er sie mit Gewebe. Der letzte Akt des Verwandelns in Wesenheiten erfolgt mit dem Erzählen von Geschichten über Geburt und Aufwachsen. Als künstlerische Krönung lässt er sie über Steuerprogramme regelrechte Gruppenchoreografien ausüben.    Ihren Reiz entfaltete die Arbeit vor allem aus dem dann doch begrenzten Bewegungsrepertoire der „Simple Machines“. Die spielenden Menschen im Sinne Friedrich Schillers, der in seinem Brief über die ästhetische Erziehung des Menschen den Menschen nur dort ganz als Mensch sah, wo er sich dem Spiel hingebe, saßen in diesem Falle rings um den Tisch mit den zuckenden Bauteilen. Denn ihre Wahrnehmungsapparate schrieben den mechanischen Teilen alle möglichen Eigenschaften zu und ergötzten sich daran. Links: Anima Théâtre, Rebetiko. Foto: Mara Kyriakidou Rechts: Trickster-p, Eutopia. Foto: Giulia Lenzi

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Schaubudenchef Sandweg sah gerade in den Begrenzungen der Bewegungsmöglichkeiten der Roboter sowie im Regelwerk von Spielen, die ja auch begrenzen – und erst aus der Begrenzung heraus Kreativität zu erzeugen vermögen – den Anstoß für das Motto „Spielräume“ dieser Festivalausgabe.    Einen Gegenpol dazu lud er aber auch ein. Denn das technisch opulente Flüchtlingsdrama „Rebetiko“ des französisch-griechischen Ensembles des Anima Théàtre fiel gerade durch seine enormen Möglichkeiten auf, ja es war geradezu eine Art optisches Überwältigungstheater. In einer komplexen Anordnung aus spiegelnden, transparenten und halbtransparenten Flächen und Folien, auf die manchmal projiziert wurde, die dann aber wieder transparent wurden oder die Fläche unter sich reflektierten, wurden Erinnerungen an Verfolgung, Flucht und Tod inszeniert. Ein kunstvolles Gewebe aus sich überlagernden Bildern entstand. Es blieb allerdings seltsam hermetisch. Und man ertappte sich dabei, sich dem ästhetisch herausragenden Moment des Untergehens der Fliehenden im blauen Meer hemmungslos hinzugeben. Das Erschauern darüber ließ selbstverständlich nicht lange auf sich warten. Denn der kathartische Effekt stellte sich ja nicht brav theatertheoretisch aufgrund des unverschuldeten Leidens von in der fernen Antike gelebt habenden Figuren ein. Nein, über das Theaterspiel legten sich ganz automatisch die Nachrichtenbilder des Tages vom „Geflüchtetengrab Mittelmeer“.

Das Spiel mit der Macht Spiel ist nicht per se unschuldig. Aber mit seinem Diktum vom Menschen, der nur im Spiel zu sich komme, zielte Schiller trotz aller Erziehungsanstrengung vielleicht nicht nur auf den guten Menschen ab. Die beiden Brettspielformate dieser Festivalausgabe legten schließlich die dunklen Anteile des homo ludens frei.    Unter dem prächtigen Motto „How to F*** up the Revolution“ forderte die aus Taiwan stammende Gruppe „Uncertain Studio“ zunächst dazu auf, ein Regime zu stürzen. Das setzte selbstverständlich positive Energien frei. Danach würfelten sich die jeweils fünf Teilnehmer*innen einer Spielrunde über festgelegte Eigenschaften wie Loyalität oder Autorität allerdings solche Charaktere als Spielfiguren heraus, die geradezu zwangsläufig dystopische Nachrevolutionsgesellschaften kreierten. Das Spielnarrativ basierte auf Verfolgungserfahrungen während der Zeit des Weißen Terrors in Taiwan, der sich zwischen 1949 und 1992 offiziell gegen Kommunist*innen richtete.    Im zweiten Brettspiel des Festivals, „Eutopia“ von der Schweizer Gruppe Trickster-p, ging es vorderhand zwar um Kooperationen zwischen Pflanze, Pilz, Tier und Mensch. Weil aber die Nahrungsketten der Biologie dem Spiel zugrunde lagen und einzelne Spielteilnehmer*innen auch den Auftrag erhielten, das Wachstum der einzelnen Lebensformen im Hinblick auf eine Balance zwischen ihnen zu begrenzen, wurde auch hier ein gehöriges Potential an destruktiven Energien freigesetzt. Wer sich dem hingab, konnte sogar noch die Sorge um das Allgemeinwohl als edle Motivation für niedere Taten ins Feld führen.    Zahlreiche Programmelemente dieser „Spielräume“ raubten also dem Spiel die Komponenten von Unschuld und Naivität. Das ist ein eher unverhoffter Aufklärungseffekt. Und es erinnert daran, dass Spielstrategien in der militärischen Ausbildung gern eingesetzt werden, um Soldaten an das Töten von Gegnern heranzuführen. Animieren Akteure in Puppenspiel und Objekttheater leblose Gegenstände, so wird im militärischen Spiel dem Gegner die Seele aberkannt, um ihn leichter vernichten zu können. Da wird der spielende Mensch zur grausamen Figur. Das Festival Theater der Dinge 2023 konnte sein Publikum ganz schön durchschütteln. – www.schaubude.berlin – www.theaterderdinge.com

Links: Les Nouveaux Ballets du Nord-Pas de Calais & Synthese Additive, Scoooootch! © Theater Rechts: Ugo Dehaes, Simple Machines. Foto: Arne Lievens

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DAS OBJEKT ALS DIALOGPARTNER Eindrücke vom Nürnberger Kindertheaterfestival Panoptikum

Vom 6. bis 11.2.2024 fand Panoptikum, das 13. europäisch-bayerische Kindertheaterfestival in Nürnberg, statt. Das zeitgenössische Theater für ein junges Publikum spielt schon seit vielen Jahren mit unterschiedlichen performativen Formen, experimentiert mit Elementen des Tanz- und Musiktheaters, des Zirkusses sowie mit Objekt- und Figurentheater. Rainer Hertwig war beim Festival zu Gast auf den Spuren von Objekt- und Figurentheater. V o n R a i n e r H e r t w i g /// Ein Mann sitzt an einem Tisch, ein kleiner Ball taucht auf. Er wirft ihn weg, wischt sich die Finger an einem Tuch, wirft es weg. Es fliegt zurück in sein Gesicht. Er faltet das Tuch, legt es zur Seite. Der Ball springt hoch, er wirft ihn nach rechts, zwei Bälle springen zurück. Der Mann ist verwirrt, versucht vergebens Bälle und Tuch loszuwerden, aber die Objekte werden immer mehr, kommen immer wieder zurück. Nach einem Wimpernschlag sitzt plötzlich ein anderer Mann am Tisch.    Ein Mensch im Dialog mit einem Gegenstand, das zeigt uns die französische Cie. Manie. Sie erzählt in „Fast im Nichts“ mit Akrobatik und Jonglage die Geschichte eines Mannes in drei Lebensaltern. Und sie erzählt es immer auch im Austausch mit Objekten als Partner. Der alte Mann dreht ein Cyrrad, versucht mit schweren Schritten dem fallenden Rad hinterher zu kommen, dabei verjüngt er sich zusehends, schafft es in den Ring hinein und verlässt ihn Rad schlagend als sein jüngeres Ich. So einfach beginnt Objekttheater.    Dieses Jahr schließt sich ein Kreis. Agnès Limbos, Gründerin der belgischen Cie. Gare Centrale, bereits 2000 beim ersten Festival zu Gast, hat zusammen mit dem Theater Mummpitz die Produktion „Memories“ erarbeitet. Vier verschiedene Objekte evozieren verborgene Geschichten: von Jagd, Schiffbruch, Deportation und verbotener Liebe, die ineinander verschachtelt eine komplexe, fantastische Narration ergeben. Dabei werden die Objekte auf fahrbaren Tischen in wechselnden Tableaus immer wieder neu arrangiert, unterstützt von den Akteur*innen mit Kronen, Enten oder Ästen auf dem Kopf. Ein vielversprechender Ausflug des Nürnberger Kindertheaters in die Welt der Objekte. .    Ähnlich liebevoll und sehr detailliert sind die Settings bei „The Big Bang“ gestaltet, einer Koproduktion des Klaipeda Puppet Theatre (Litauen) und dem Itim Ensemble (Israel). Nur dass hier PC-Reste, Platinen, Lüftergehäuse, Laufwerke, Grafikkarten und

. Oben: Klaipeda Puppet Theatre / Itim Ensemble, The Big Bang. © Theater Unten: Cie. Gare Centrale / Theater Mummpitz / ADK Bayern, Memories. Fotos: Rudi Ott

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Kabel eine Welt bilden. Unsere Protagonisten, ein Bauteil mit zwei Kabelbeinen und sein Batteriehund, leben ganz oben in einem kleinen PC-Case, musizieren gemeinsam oder machen Ausflüge durch die nahe Ladenpassage. Bis es zu regnen anfängt und so die ganze prächtige Technologie gefährdet. Wie bei den üppigen Panoramen des Theaterkollektivs Hotel Modern wird dies gefilmt und auf Leinwand projiziert. Die Kamera schwebt im Anflug über eine illuminierte Platinenlandschaft, wie man es von Blade Runner kennt, die Mis-en-scène sorgt für einen gestaffelten Vorder- und Hintergrund und schafft so ein sehr filmisches Live-Erlebnis. Am Ende wuchern im Zeitraffer Gestrüpp und andere Gewächse über die zivilisatorischen Reste und die Natur triumphiert. So schön kann man Müll upcyclen.

Fabien Coulon, seines Zeichens Objekt-Zirkusartist, kämpft bei seinen Objekten um Balance und fragiles Gleichgewicht. In „All die kleinen Dinge“ wird aus vielen Stöcken ein geflochtenes Objekt, das um sich kreisend an ein gespenstiges Insekt erinnert. Mit Schaum kreiert er auf einer Schaukel ein zauberhaftes Wesen, dessen Beine sich durch das Schwingen hin- und herbewegen, beobachtet von einer Schaumkatze und -eule. Aus dem Gleichgewicht geraten seine delikaten Objekte dann weniger wegen des physikalischen Drucks, sondern weil Coulon sich in penetranter Marcel-Marceau-Haftigkeit in den Vordergrund drängt und eine kitschige Rahmenhandlung erzählen will. So etwas finden selbst ältliche Kindergärtnerinnen nicht mehr poetisch.    Die Grenzen des Objekttheaters erforscht die Gruppe 38 aus Dänemark, seit vielen Jahren Stammgast bei Panoptikum. In „Angenommen, du hättest ein tragbares Grammophon“ sitzen drei Figuren an einem langen Tisch und berichten von Dörflerinnen und Dörflern in braunen Kleidern und schwarzen Mänteln, die nichts haben, worüber sie reden können, und nichts, wonach sie sich sehnen. Bis das Grammophon erklingt und die Neugierde eines Kindes weckt. Die Gegenstände der Geschichte entstehen aus der reinen Beschreibung der Erzähler*innen. Die Brotsuppe, das Fernglas, das die Zahl der Sterne verdoppelt, der Koffer, „der leuchtet rot: Stopp und Halt, bevor man sich verliert“, und selbst das Reisegrammophon brauchen keine stoffliche Repräsentation mehr, werden plastisch nur durch die Kraft der lyrischen und reduzierten Sprache. Zusammen mit einer fein arrangierten Tonspur aus Wettergeräuschen und Musik entsteht eine sinnliche Welt, die auch das junge Publikum fesselt und beglückt.   Ohne Sprache aber mit vollem Körpereinsatz überzeugt die Cie. La Salamandre aus Frankreich mit „Ein Meer von Liebe“. Zwei Arbeiter in einer Papierschiffchenmanufaktur nutzen ihre Mittagspause, um dem Trott zu entfliehen und erzählen eine kleine Geschichte von einem Fischer, der mit seinem Boot auf dem Meer verloren geht und eine trauernde Gattin zurücklässt. Dabei ist Papier das Material der Wahl. Aus Schubladen und Schränken greifen sie sich Papierbahnen, Akten und Register und entfesseln mit einer an Tati geschulten Körperkomik ein Füllhorn an szenischen Ideen. Sie beleuchten die Szenerie mit ihren Bürolampen, nutzen Pop-up-Bücher und die Tischdecke zum Schattenspiel, agieren manchmal derb, manchmal zart, aber immer saukomisch. Der Einfallsreichtum hält mit dem hohen Tempo locker mit, vieles bleibt angerissen und skizziert, weil schnell eine neue Idee ins Spiel drängt. Das ist vielleicht nicht innovativ, aber ein überzeugendes Plädoyer für die fantastische Kraft des Objekttheaters. – www.festival-panoptikum.de

Oben: Cie. Manie, Fast im Nichts (Au bord du vide). Fotos (v. l. n. r.): Jean-Pierre Caparros / Valérie Quéméner / Jean-Pierre Caparros Unten: Cie. La Salamandre, Ein Meer von Liebe (Un ocean d’amour). Fotos (v. l. n. r.): Godeau / Stéphane Michel / Theater

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PU PPETS RUN BY BIGGER FORCES Interview with Shahar Marom about the Jerusalem Giant Puppet Parade In August 2023, Mascha Erbelding attended the Jerusalem International Puppet Festival. The festival was a showcase of the Israeli puppet and visual theatre, featuring productions that highlighted the originality and innovative capabilities of Israeli puppeteers. Instead of a planned festival report, double decided to ask Shahar Marom, the artistic co-director of the Train Theatre in Jerusalem, for an interview about the upcoming Giant Puppet Parade scheduled for 25 March 2024. And about life in Israel during times of war. Mascha Erbelding connected with Shahar Marom via Zoom in January. Mascha Erbelding: How is the situation in Israel? Are theatres open? Can you work as usual? Shahar Marom: The 7th of October, of course, for all the population in Israel, is like a big blow, a big thing in a lot of aspects. Aspects of livelihood of a lot of people and the feeling of security inside the country and about the future and also - I'm just talking about the cultural field - in the international aspect. But now, after three months, we're in a different situation. The war is still going

on. And a lot of people are still evacuated from their houses. But at the Train Theatre, we are working like crazy. So, it's kind of a work life. I can tell you just from the small life of the theatre, not from the Israeli perspective but from our perspective, since the war began on the 7th of October, for two weeks, we were like: What are we going to do? Everybody was really afraid. Afraid that things like this are going to happen all over. I built something to hold the door for my shelter in my house in Tel Aviv, so people can't enter it. So, there was like this kind of fear. And everybody was looking for weapons. In my neighbourhood in Tel Aviv there was a squad of soldiers to protect the cities, and nobody knew what was going to happen. Also, you heard a lot of stories of people that you know. I have a good friend that studied with me at the School of Visual Theatre. She lost her parents, and a brother was held captive. Last week, we got informed that he was murdered in captivity. And about another Train Theatre artist: Her son was killed Community project with students from Yassa school with the puppeteer and artist Yaron Krebel. They are designing four super heroes that will be carried on four supermarket wagons. © Train Theatre

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in the Gaza war, three weeks after the war began. So, it's part of the routine of life. Israel is very small, everybody knows somebody who has lost relatives. My son is going to be drafted into the army in half a year. He is 17. So, you live in this situation. And at the Train Theatre, since that war began, we have put on a lot of shows and got money to do a lot for children who had been evacuated from their houses. Our artists were working, and we put on performances in hotels for children evacuated, and in Jerusalem. Because the theatre wasn't open in the beginning, for two months. But we did a lot of actions. And now there is an evacuated community from the South that has been living next to us in a hotel until now. And they are participating in three activities a week. We kind of adopted this community, they're coming here to attend classes of puppetry and theatre every day for a few hours. The theatres are opening again, slowly. Of course, there is another artist of us, Daniel. You've seen his show „The Adventurer's Guide“. He was drafted to Gaza and he was in Gaza till a week ago. Yesterday, I met him, and he performed his first show after three months in Gaza. I asked him: How are you? He's like, he's like ... he's a fighter. So, he fought. And also, our technical director was in the army for three months. But theatre life has returned. Before, we were expecting to do a lot of projects. And one of them was to talk with the municipality to organise the Jerusalem puppet parade, because Purim is a day of carnival. We expected the mayor to cancel it, of course. All the meetings were cancelled, but then we were invited to a meeting in the beginning of December. He said to us: I think the people these days need something to fill their heart with hope. And I made a decision, even though everybody tells me it's not a good decision: I'm going to do it. And it's for the first time in Jerusalem that things like this are going to happen. It's going to be the biggest cultural event in Jerusalem. This really is the first time you do it? You know Purim, the Jewish tradition of sort of carnival. The Jewish tradition in Israel started in Tel Aviv 100 years ago when there was still the British Empire. Palestine was ruled by the British Empire. So, there had been 20 years of carnival for Purim. And then it stopped. There are a few small carnivals in different cities, but in Jerusalem, I think, it was celebrated once, maybe 60 years ago. And now it is the first time the parade is going to happen. It's going to be a very big event - but this still means to host a big event when the war is still going on. We keep thinking: What will happen if a war starts from the north? What will happen in the south? In an international context, of course, it's a difficult talk with the world these days. I'm not talking about inviting international groups now.    You know: UNIMA made a post about the Israeli war, that was very aggressive against Israel at the beginning. And a lot of puppeteers, like 140 puppeteers and organizations (also from Germany), wrote a response letter to UNIMA. Also, in the art field there are a lot of cultural, artistic directors that forgot completely about the 7th of October, about the basis of the war. They completely don't understand the Israeli perspective of the story. And it caused a lot of stress between partners, international parties in the whole art field, the visual art field, the cinema field. We were really shocked. I must say, in my opinion – it's not the opinion of the Train Theatre – when I see this reaction, I'm really afraid for the Western world, for the democracy of the world. I fear for the free world. I think, if this is the approach of the free world to what is happening here, they don't understand, what is coming. They don't understand what radical Islam is. What it means when it affects your life. And what the big danger of such forces is that don't believe that life is the most important thing. Like, Jerusalem is more important for these terrorists than the life of two million Palestinians that they sacrifice. The future is not really bright. Anywhere in the world, I think. You know, we art people, including me, we are usually very left wing. We like people. We don't like war. I was demonstrating against the Israeli government during the last year. Like every day, every week, twice a week. I burned stuff on the road. I blocked roads to keep democracy. And I know that we have very crazy people in our government, and I know, we are also doing not a lot of good stuff. But still, I wonder if a citizen in Germany could live, enter a shelter with his children, every week, without wanting to kill enemies in front of him. And if all citizens would have to send their children to fight in the army and to fight in Gaza? And if they could not sleep at night? People don't understand what it is like to have missiles fire at you all the time. When I travel to Jerusalem every week on the train, and there is sometimes a terrorist on the train, then you don't know, if you're going to come back home. They don't understand this way of living. And they look at the Palestinians, see how miserable they are. They are really miserable! But still, we want to live. People in the Western world like thinking that everything would be o.k., if there was a peace agreement with the Palestine territories and if there was a state. Now, after the 7th of October, after the cruelties that happened, you want to establish a state next to us – and what will that state do? It will have an army!    So, this is our life. But for the Train Theatre, it's a very optimistic period. We're doing a lot of stuff. We are giving money to a lot of artists. We are making a lot of productions.    I just came back from New York. I wanted to see places for my own theatre production, and I wrote to people of cultural ins-

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titutes, I'm from Israel and they said: oh …. Yeah, the world is crazy. But I wanted to ask you, because you're working for children: Do you think children have changed? How is their situation? There are a lot of children that have been evacuated from their house, and they have now not been living in their house for three months, so they lost their livelihood. They are in different schools, in different houses. A lot of children have anxiety fears, also my daughter, because of the alarms. I also think, the situation with the hostages touched a lot of children's hearts. A lot of children in Israel have also one of their parents drafted for the army. Usually, it's the woman alone for three months, raising the children without a partner. It's a very difficult situation and the children must cope with it. So, we try to give them art and culture and the parade. The topic this year is going to be „hero children“. And I did an inspiration PowerPoint about heroes from children's literature and from performance, like Pippi Longstocking or Harry Potter. Strong children that can get along in this world. But tell me more about the parade. Will there be a mix of artists and children? We are making big puppets and also will do a performance. There was an open call for professional artists and an open call for all the cultural institutes in Jerusalem and one for communities. So, we have a mix of eight projects of professional artists, 12 projects of Jerusalem Institutes – e. g. the Jerusalem Museum is producing statues. And there are ten communities that have artists that are working with them and they're making a project. And in the communities, some are coming from a school or from a neighbourhood, and then children will be part of the parade. It will be a mix: 70% professionals and 30% community based people. That is, because we didn't have a lot of time. Our basic vision is, if the parade is going to happen every year, to build a process throughout the year with the community, with an art school, and to make it part of their life. But now we are preparing the parade in three months, there is no time for a big process. So, we are trying to do our best amid all. Giant puppet that will be operated with a crane. It will have the mechanism of walking and also crying. The eyes are going to spread tears on the public. It’s an adaptation to a famous Israeli children’s song about a boy that never cries, but he can’t stop the tears. Artists: Adad Goldpharb, Hadas Diament. © Train Theatre

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SEITENBLICK

You were talking about communities. I remember, when I was in Jerusalem, Kobi Frig, the CEO of Train Theatre, was also talking about a cooperation with Arab artists. But I think this must have stopped? Or is this still going on? It's a very good question. We had a big project in the Arab community and now it had to stop. Also, we are going to enter a really big economic crisis in Israel. Already now, they said they're going to cut the budget of the Cultural Institute by 8%. And this is just the beginning, because the war costs a lot of money, even though the United States gave us a lot of support. People are not working. For three months they have been drafted and people left their house and their livelihood. It costs money. But the Purim parade is kind of part of the Jewish heritage. It's not like the carnival, it's not for the Arab community. In the time of the parade, there is going to be the Ramadan of the Muslim people. So, I believe a lot of Arab community is going to come because they like it. They put on costumes, but it's not their holiday.    There is a big tension in Israel now with the Arab community, of course. They have people from their family in Gaza Strip. It's a different story. So, unfortunately, because we should have had a really nice project of five years with the east side of the city, to establish a good contemporary children’s theatre in the east part of the city. The mayor, even though he is orthodox, Jewish, he really likes to do projects for the Arab part, but now we had to stop. So, it will take time. But I believe in the people that live in this country. I'm not talking about the politicians. There are also good people on the Palestinian side and I think they will find a way to live. Do you have contact to people living in Gaza actually? I don't have contacts with anyone living in Gaza. When I was a child, Gaza was open. Our gardener in the house, I was living in a small city then, was from Gaza Strip. There wasn't a border when I was a child. You could go to the Gaza market, to Bethlehem, to Ramallah. It was like a different life. I am really asking myself, who profits from all this war situation? When you live and work in Jerusalem, it’s a mixture of Orthodox, Arabic, Jewish people every day. They like each other’s food, they like the culture, they like the music. I don't know who benefits from this continuous, never-ending war. I really don't understand. I think it is powers greater than us, greater than the people living in this country. I think we are in a puppet theatre. We are puppets for bigger forces that run our life. – www.traintheater.co.il/en Mask for a performance of Bezalel academy of design (fashion design department). It’s an adaption of a children story – about a child, Hana’le, that helps an old man carry a coal bag with her white new Shabbat dress, and her dress is getting dirty, but the moon sees her good heart and make all the stains into starts. © Train Theatre

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PORTRÄT

IN ZUKUNF T MEHR PUPPE? Jonas Knecht wird Intendant am Theater Erlangen Der Schweizer Jonas Knecht, der zuletzt Schauspieldirektor am Theater St. Gallen war, wird ab der Spielzeit 2024/25 Intendant am Theater Erlangen. Ob sich sein Studium der Puppenspielkunst an der „Ernst Busch“ Berlin auf den neuen Spielplan auswirkt und was er sonst so in der Universitätsstadt vorhat, darüber sprach Annika Gloystein mit dem designierten Intendanten. Annika Gloystein: Der Erlanger Stadtrat hat in seiner Sitzung am 27. April 2023 entschieden, die Position der Theaterintendanz ab der Spielzeit 2024/25 mit dir zu besetzen. In der Pressemitteilung der Stadt Erlangen heißt es zu deiner Wahl: „Das Spektrum seiner bisherigen Regiearbeiten ist geprägt von einer großen Experimentierlust mit den theatralen Mitteln und reicht vom Schauspiel über spartenverbindende Hybride aus Tanz, Musik, Film und Sprechtheater bis hin zu performativen Projekten und Installationen im Grenzbereich von Theater, Konzert, Hörspiel und Performance.“ Da das Theater Erlangen ein reines Sprechtheater ist, wie kommt das Spartenübergreifende nach Erlangen? Jonas Knecht: Ein Theater von heute muss sich offensiv der Vielfältigkeit unserer Gesellschaft stellen; sei es durch die unterschiedlichsten Themen, Stücke und Stoffe, die auf der Bühne verhandelt werden, bis hin zu den Spielorten, an denen Theater passiert. Und es kann das nur dann glaubhaft tun, wenn es diese Vielfalt selbst abbildet.    So muss sich diese Vielfalt auch in den Formen wiederfinden; denn ein zeitgenössisches, zukunftsweisendes Theater muss alle Künste produktiv machen.    Und dafür braucht es Künstler_innen mit den unterschiedlichsten Biografien, den unterschiedlichsten Schwerpunkten und Sichtweisen. So werden Schauspieler_innen, Performer_innen, Tänzer_innen, Musiker_innen, Puppenspieler_innen am Theater Erlangen eine gemeinsame Heimat finden. Das heißt, wir holen uns Spezialist_innen aus den verschiedensten Sparten ins Ensemble und arbeiten somit spartenübergreifend aus einer Sparte heraus.    So sorgt die Diversität der Mittel für ein inhaltlich und ästhetisch zeitgemäßes Theater. Du hast von 1999 bis 2003 Puppenspielkunst und Regie an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin studiert. Bisher ist das Theater Erlangen nicht durch den Einsatz von Puppenspiel aufgefallen, wird sich das mit deinem Hintergrund nun ändern? Das wird sich ganz bestimmt ändern; ist doch Puppenspiel, gerade auch auf der großen Bühne und im Zusammenspiel mit Schauspieler_innen, besonders reizvoll und noch lange nicht ausgereizt.    Unser Puppenspieler, der fest ins Ensemble kommen wird, wird auch nicht nur allein auf der Bühne stehen. Unsere Schauspieler_innen werden sich intensiv mit Puppenspiel auseinandersetzen und bestimmt auch mal selbst mit Objekten, Puppen oder Material spielen. Im Mai 2025, also schon in deiner ersten Spielzeit, findet das 24. internationale figuren.theater.festival statt. Das barocke Markgrafentheater ist der größte Spielort. Mit dem Theater in der Garage sowie den Glocken-Lichtspielen, sonst vom Theater als Probenraum genutzt, sind zwei weitere Spielstätten 10 Tage lang in Festivalhand. Gibt es schon Überlegungen, sich in irgendeiner Form am Festival zu beteiligen? Ja, die gibt es! Ich war auch schon ganz früh in Kontakt mit dem Kulturamt wegen einer intensiven Zusammenarbeit mit dem figuren.theater.festival (und auch den anderen Festivals). Und ich konnte da mehr als nur offene Türen vorfinden – so freue ich mich sehr, dass wir in Zukunft dem Festival nicht nur Räume zur Verfügung stellen werden, sondern aktiv am Festival teilnehmen können. Für die nächste Ausgabe ist eine Produktion geplant, die wir zum figuren.theater.festival herausbringen werden. Auch sind wir im Gespräch über die längerfristige und gemeinsame Nutzung von Räumen außerhalb des Theaters. Apropos Festival, du hast es ja schon als Student miterlebt. 2003 warst du mit Kommilitonen wie Markus Joss, Daniel Wagner und Florian Feisel im Rahmen des Jungen Forums in Erlangen. Welche Erinnerung hast du daran? Ich war zweimal beim Festival. Das erste Mal als Besucher, zusammen mit meinen Mitstudierenden und mit Markus Joss. Mit ihm habe ich damals die Bühne für „Adam Geist“ (von Dea Loher) erarbeitet. Wir hatten alles dabei: Kappa-Platten, Cutter, Kleber,

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PORTRÄT

Schneidematte und ganz viel anderen Kram. So haben wir, es muss wohl eine Jugendherberge gewesen sein, unser extrem kleines Zimmer in eine Werkstatt verwandelt und zwischendrin Stücke geguckt. Das war total inspirierend und ich erinnere mich daran, wie beeindruckt ich vom Leben in der Stadt während des Festivals war.    Und beim zweiten Mal waren wir mit unserem Kasper-Stück zu Gast in der Garage. Als claus, knecht & großmann warst du 2009 im Festivalprogramm vertreten. Die Produktion „Grete L. und ihr K.“, bei der du Regie geführt und Susi Claus und Lutz Großmann gespielt haben, war in Erlangen und Fürth zu sehen. Können wir auf weitere Regiearbeiten von dir hoffen, auch im Puppentheater? Ich werde ganz bestimmt auch inszenieren, auch mit Puppen – allerdings halte ich mich in der ersten Spielzeit noch etwas zurück; will ich doch in Ruhe ankommen können in Erlangen, die Stadt und die Menschen kennenlernen, greifbar sein und vor allem einer meiner Hauptaufgaben nachkommen können: Ich möchte die Grundlage dafür schaffen, dass alle Menschen, die am Haus arbeiten oder als Gäste zu uns kommen, sich wohl und willkommen fühlen und so das Theater Erlangen zu einem lebendigen Ort wird, mitten in der Stadt, mit einem charaktervollen Gesicht. – www.jonasknecht.com Jonas Knecht. © T+T Fotografie

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INSZENIERUNG

WELTUNTERGANGS-ZIRKUS MIT PUPPENSPIEL „aerocircus“ vom RambaZamba Theater & Tomás Saraceno V o n K a t j a K o l l m a n n /// „Zwei Großpuppen vorübergehend aus dem Ernst-Busch-Vitrinengefängnis entlassen! Sie erobern jetzt die größte Bühne der Stadt!“ Gäbe es eine Zeitschrift von Puppen für Puppen, dann hätte es diese Schlagzeile im Dezember auf die erste Seite geschafft. Denn die beiden weit über zwei Meter hohen Puppen, die im Foyer der HfS Ernst Busch stoisch auf die vorbeihastenden Studierenden blicken, bekamen bei „aerocircus“ vom inklusiven RambaZamba Theater im Haus der Berliner Festspiele die Chance auf 15 Minuten Ruhm. In der Schlusssequenz des Luftgeister-Spektakels rollten sie ernst und gediegen über die Bühne. Auch ohne Bespielung hatten sie eine enorme Präsenz neben den von vier Menschenbeinen geführten Zirkustieren, einem federleichten Stoff-Zebra und einem stofflich eher schwer wirkenden Elefanten. Von der Bühnendecke hingen mehrere kinderzimmergroße silbrig glänzende Luftballons (Raum: Tomás Saraceno), ein Akrobatikseil und ein Trapez. Zwischen Schnürboden und Drehbühne hatten sich die eingeladenen Akrobatinnen immer wieder grazil-kreativ fallengelassen und wieder hochgezogen. Die RambaZambas hielten sich an das Gesetz der Erdanziehungskraft, auch wenn sie die Luftgeister-Zirkustruppe verkörperten. In guten Momenten gingen sie parallel zum akrobatischen Wagemut mit ihren Gedanken spazieren und erreichten philosophische Höhen. So versuchten sie, das eigene Verschwinden zu begreifen und sprachen hier für sich selbst und ihre Figur. Hart waren die verbalen Bruchlandungen, wenn der Dialog zur General-Abrechnung mit der Menschheit wurde – die es im Stück gar nicht mehr gibt (Text: Thomas Köck). Die Rettung saß im Rang. Regisseur Jacob Höhne hatte dort eine Mini-Musik-Combo installiert und Lebensraum für völlig respektlose Klappmaulpuppen geschaffen, angeleitet von gutgelaunten Studierenden der HfS Ernst Busch. Das Publikum saß im Parkett und verrenkte sich den Hals, denn dort oben war die Hölle los. Man gab „das Aussterben der Menschheit“ als Reenactment. Weiblich gelesene Klappmaulpuppen, die einen riesigen Mund hatten, und sonst nur aus Kopf und Hals bestanden, röchelten sich die Seele aus dem Leib. Eine männliche Spießer-Puppe mit altmodischen Hosenträgern und eigenartigem Gemütlichkeits-Appeal traf sich mit dem fast schon ausgestorbenen Frauen-Typ altmodische Lehrerin zu einem letzten Kopulationsakt. Danach kommentierte ein Kermit-ähnlicher Frosch-Reporter die Weltlage. Und zwei riesenhafte ellipsenförmige Köpfe auf scheinbar winzigen Menschenkörpern lachten sich dabei kaputt. So bevölkerten Akrobatinnen und Puppen-Zyniker*innen den Raum. Und auf der Bühne saß Ilse Ritter, das Orakel. Der Zirkus, also das Leben, braucht keine Aufgabe, braucht kein Ziel, war ihr Credo. Als trotzdem die ersten Luftgeister gegen das Orakel aufbegehrten, begann ihr Verschwinden. Langsam sackte die fast 80-jährige Ritter weg. Von ihrer Autorität befreit, begannen die Luftgeister ihre Lebensweisheit umzusetzen. Sie feierten sich und das Leben. Und hatten auch Platz für die zwei Großpuppen, die wie von selbst über die Bühne rollten. – www.rambazamba-theater.de RambaZamba Theater & Tomás Saraceno, aerocircus. Foto: Phillip Zwanzig

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INSZENIERUNG

MAST & MASTER „The Paper People Paradox“ von Johannes Böhringer

V o n J ö r g B a e s e c k e /// Auf der Bühne des Münchner Theaters HochX steht eine große Stange, drei Meter hoch und gehalten von vier gespannten Seilen. An der Spitze eine tellergroße Plattform: ein Tiny pole, ein verkürzter Chinesischer Mast, so der Fachbegriff in der Artistik.    Dazu Papierfiguren, die nach und nach ihren Auftritt haben, in ansteigender Größe, von 30 cm bis 5,50 m. Geschnitten aus Packpapier, schlicht geformt, in der Art von Girlandenmännchen.   Dann: Johannes Böhringer, der Artist. Ausgebildet an der Codarts Zirkusschule in Rotterdam, mit dem Chinese Pole als Hauptfach. In München unterrichtet er Sport- und Gymnastiklehrer:innen und er arbeitet bei Kinder- und Jugendzirkusprojekten mit. Eine große Gruppe von Jugendlichen, künftigen Kolleg:innen vielleicht, besucht die Vorstellung, sie staunen und jubeln. Zu Recht. Es ist gekonnt, was da zu sehen ist.    Nun sind artistische und akrobatische Nummern in Zirkus oder Varieté so um die zehn Minuten lang, wohl mit Blick auf die Variationsbreite des Gezeigten und die physische Anstrengung bei der Präsentation. „The Paper People Paradox“ aber dauert eine knappe Stunde – das Theater erlaubt eben längere Spannungsbögen. Und hier kommen die Papierfiguren ins Spiel.    Die erste, die kleinste, wird auf offener Bühne ausgeschnitten. An Figurentheater, so sagt der Artist im Gespräch, habe er dabei nie gedacht. Er wollte sich als Solist auf der Bühne einfach Gesellschaft verschaffen. Klingt vielleicht rührend, aber liegt hier nicht ein Urgrund des Spiels mit Puppen: die Überwindung des Allein-Seins?    Das Publikum jedenfalls zeigt sich berührt. Deutlich wird das in den Kommentaren der Besucher:innen, die im Foyer nach der Vorstellung selbst Papierfiguren ausschneiden und beschriften. Johannes Böhringers stummes, nur von Musik begleitetes Spiel, so ist da zu lesen, hat vielerlei Assoziationen geweckt.    Er nimmt die Figuren mit aufs Seil, auf den Mast – behutsam. Als ihr Lehrer, als Beschützer? Als Puppenspieler, der sie animiert, beseelt? Mit einer lebensgroßen Figur vor dem Körper steigt er in die Höhe – ist sie Maske, Wunschbild, ein zweites Ich? Nach und nach kommen größere Figuren dazu – wachsen ihm seine Geschöpfe über den Kopf? Eine Reihe von Figuren steht /hängt am Rand, und ein paar Seitenblicke des Artisten genügen, um sie zu Betrachtern zu machen. Zu Kritikern, Punktrichtern, Konkurrenten – zu Publikum, wie wir es sind? Eine sehr feine Art von Animation, und plötzlich geht es nicht mehr nur um Haltungsnoten und Sturzgefahren, sondern um Gelingen und Versagen schlechthin.    Es gibt hier keine Geschichte, zumindest nicht im engeren Sinne, aber gerade das schafft Assoziationsräume. Gegen die Gefahr der Beliebigkeit stehen dabei das artistische Können des Künstlers, sein Ernst und die Disziplin, die sein Auftreten erfordert. Nicht zuletzt, dass er hier ‚aus Versehen‘ zum Figurenspieler wird, macht den Reiz der Produktion aus – das Paradox. – www.johannes-boehringer.com Johannes Böhringer, The Paper People Paradox. Foto: Julia Mayr

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REZENSION

MATERIAL, DAS SICH EREIGNET Puppe50 – Fünf Jahrzehnte Puppenspielkunst an der HfS Ernst Busch Berlin V o n K a r l a M ä d e r /// Im Puppentheater „ereignet“ sich immer auch das Material. Nicht nur das lernt man in dem kurzweiligen, bild- und gedankenreichen Band „Puppe50“, den Theater der Zeit anlässlich der fünf Jahrzehnte Puppenspielkunst an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin herausgebracht hat. Drei Kapitel – „Was war, was ist, was wird?“ – versammeln Bilder und Texte von Wegbereiter*innen und -begleiter*innen dieser wundersamen Institution, deren Absolvent*innen und Kollaborateur*innen in weitverzweigten Netzwerken „Theater der Dinge“ praktizieren.    Herausgeber des Buchs ist Jörg Lehmann, Dramaturg und Regisseur im Schauspiel, Figuren- und Puppentheater sowie Dozent für Dramaturgie und Theatergeschichte an der HfS. Von ihm und Thomas Oberender stammen theaterwissenschaftlich einordnende Beiträge, die historische bis philosophische Fragestellungen in den Blick nehmen. Diese, wie die teils sehr persönlichen Texte blättern ein staunen machendes Panorama auf. Z. B. erfährt man aus den im Archiv gefundenen Briefen des Gründers des Studiengangs, Hartmut Lorenz, als auch aus dem Transkript der Begrüßungsrede des amtierenden Abteilungs- und Studiengangsleiters Markus Joss anlässlich der dreitägigen 50-Jahr-Feier im Sommer 2022 nicht wenig über allerhand Skurrilitäten zu Beginn der Existenz des Instituts im real existierenden Sozialismus der frühen 1970er-Jahre.    Auf jeder der knapp 200 Seiten ist die Liebe zu dieser uralten Kunstform spürbar. Die Lektüre vermittelt in Summe die Erkenntnis, dass eine Hinwendung zum Puppenspiel oder auch nur die Bewusstmachung einiger Prinzipien dieser Schwesterdisziplin das Schauspiel aus manch aktueller Beklemmung oder Verklemmtheit erlösen könnte. Nicht nur verfügt das „Theater der Dinge“ über Mittel und Möglichkeiten, den Menschen als nur eines von vielen beseelten und liebenswürdigen Geschöpfen zu zeigen. Lassen doch immer mehr Flora, Fauna und Mutter Erde höchstselbst in der neuen Dramatik grüßen und stellen das Schauspiel vor komplizierte Aufgaben der Darstellung – die das Puppenspiel mit Leichtigkeit meistert. Auch könnte eine Besinnung auf das Ereignis der Darstellung an sich, die im Puppenspiel mit seinen vielen handwerklich-artistischen Aspekten immer mitschwingt, die Schauspielkunst (zumindest zeitweise) aus diskursiven Verkrampfungen befreien, löst doch der immer vorhandene Dualismus von Spieler und Figur spielerisch-elegant heikle Fragen, weil immer klar ist, wer eigentlich für wen spricht. – Doch egal an welcher Stelle man das Buch aufschlägt: Man staunt über die Vielfalt der Erkenntnis- und Ausdrucksmöglichkeiten des Puppenspiels, die in der HfS vermittelt werden und die hier in Bild und Wort sichtbar werden.    Die Absolventin Ennikö Mária Szász schreibt, dass das Puppenspiel aktuell vor der Aufgabe steht, eine Balance zwischen Tradition und Innovation zu finden. Die solide Basis des Handwerks wird an der HfS sicher nicht verloren gehen, die große Wertschätzung für die Mitarbeitenden, die z. B. in den Werkstätten arbeiten oder Puppenführungstechnik unterrichten, ist deutlich zu spüren. Die schier unendliche Integrationskraft für Neues und Zukunftsweisendes sieht man hingegen an der Ausgründung der Sparte „Spiel und Objekt“, die neue Wege, auch in digitale Welten hinein, erforscht – genau wie an der danieldüsentriebartigen, aber produktionsreif wirkenden Idee des Puppenspielers und Werkstattleiters Ingo Mewes, der auf Basis von Marionettenbautechniken eine Methode entwickelt hat, mit der sich Energie aus Höhenwinden gewinnen ließe. Fehlt nur noch ein Investor …

Puppe50 Fünf Jahrzehnte Puppenspielkunst an der HfS Ernst Busch Berlin Herausgegeben von Jörg Lehmann Theater der Zeit, 200 Seiten ISBN 978-3-95749-484-9 Eine kostenlose Open Access-Ausgabe des Buches kann als gering aufgelöste pdf-Version auf der Verlagsseite heruntergeladen werden. www.theaterderzeit.de

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JUBILÄUM

in eigEner sache double feiert Jubiläum D i e R e d a k t i o n /// Sie halten die 49. Ausgabe von double in Ihren Händen. Das bedeutet, dass wir mit dem nächsten Heft die 50. Ausgabe sowie 20 Jahre double – Magazin für Puppen-, Figuren- und Objekttheater feiern werden. Das 2004 gegründete Theatermagazin gibt der Reflexion unterschiedlicher Erscheinungsformen des zeitgenössischen Theaters mit Puppen, Figuren, Objekten und Material eine Plattform. Es informiert und diskutiert über ein „anderes“ Theater – das Theater der Dinge – unter ästhetischen, philosophischen, wissenschaftlichen und kulturpolitischen Aspekten. Jede double-Ausgabe eröffnet mit einem thematischen Schwerpunkt: utopische Weltentwürfe, postkoloniale und antirassistische Ansätze, Netzwerkmodelle, Material, Regiearbeit, Barrieren und ihre Überwindungen, Generationenwechsel, Geschlecht, Resonanzen – um nur die letzten Themen zu nennen.    Außerdem gibt es Kritiken, Gespräche, Portraits, Berichte und Informationen über deutsche und internationale Inszenierungen sowie Festivals, Projekte, Werkstätten, Ausstellungen und Publikationen. Kurzum: Wir machen uns viele Gedanken beim Erstellen eines jeden Heftes. Uns interessiert brennend, welche Gedanken Ihnen beim Lesen kommen. Welche Ausgabe hat Ihnen besonders gut gefallen und welche hat Sie am meisten irritiert? Haben Sie ein favorisiertes Cover? Lesen Sie das Heft stringent von vorne bis hinten oder sind Sie Artikelhüpfer*in? Was sind Ihre Lieblingsrubriken? Vermissen Sie etwas? Wo lesen Sie double? Sind Sie von Anfang an mit dabei oder erst seit Kurzem? Was würden Sie gerne in einer der nächsten Ausgaben lesen? Welche Themen fehlen Ihnen? Wir freuen uns über Zuschriften per Post: Deutsches Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst Hattinger Str. 467 44795 Bochum Mail: redaktionsbuero@double-theatermagazin.de

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JUBILÄUM

ANDROIDEN TRÄUMEN NICHT VON ELEKTRISCHEN SCHAFEN Mit „Replik.A“ feiern Meinhardt & Krauss ihr Bühnenjubiläum Seit zwei Jahrzehnten erkunden Meinhardt & Krauss in wechselnden Besetzungen die Möglichkeiten moderner Technologien im Figurentheater. Anfangs waren es Videoprojektionen auf die Körper der Schauspielenden. Später kam moderne Sensorik hinzu, um Bewegungen zu verfolgen und mit ihnen Licht und Ton zu steuern. Die letzten Inszenierungen waren vor allem durch Robotik geprägt. In der aktuellen Inszenierung, „Replik.A“, kommt es zur Verbindung verschiedener Ausdrucksmittel. Robotik trifft auf Computeranimation und Lichtprojektion. Damit machen Meinhardt & Krauss sich selbst und ihrem Publikum ein gelungenes Geschenk zu ihrem Bühnenjubiläum. V o n A l b r e c h t F r i t z s c h e /// Vorn auf der Bühne sitzt eine menschliche Gestalt, rot bekleidet, in sich zusammengesunken, die Augen geschlossen. Weiter hinten wird eine zweite Gestalt sichtbar, die ihr täuschend ähnlich sieht. Beide beginnen sich zu bewegen, räkeln ihre Gliedmaßen. Die Gestalt aus dem hinteren Bereich der Bühne kommt nach vorne und nähert sich ihrem Alter Ego. Die Handschrift von Meinhardt & Krauss ist sofort unverkennbar. Sie zeigt sich in Iris Meinhardts Verwendung von Licht, Schatten, Gesten und Interaktionen zur Entwicklung der Handlung, genauso wie in Thorsten Meinhardts Musik, die das Geschehen auf der Bühne anleitet. Und dann ist da natürlich die Maschine, die Michael Krauss entwickelt hat.    Eine der beiden Gestalten auf der Bühne ist nämlich kein Mensch. Er ist ein dem Menschen nachgebildeter Roboter, ein Android. In den vorherigen Arbeiten von Meinhardt & Krauss waren Roboter noch klar als solche erkennbar. Nun ist das nicht mehr der Fall. Das Aussehen des Androiden ist dem Schauspieler Ludger Lamers bis ins Detail nachempfunden. Auf den ersten Blick sind Original und Kopie kaum voneinander zu unterscheiden.    Meinhardt & Krauss nennen ihr Stück „Replik.A“. Dieser Titel weckt Erinnerungen an Philip K. Dick. In Dicks Roman „Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“ werden Androiden auch als Replikanten bezeichnet. Der Roman diente als Inspiration für die Blade-Runner-Filme, in denen die Beziehung zwischen Mensch und Android auf verschiedenste Weise problematisiert wird. Dieses Thema findet sich auch in Meinhardt & Krauss‘ Inszenierung wieder. Nach einer ersten Annäherung an seine Replik, die dabei ihre Augen aufschlägt, zieht der Mensch die Aufmerksamkeit auf sich selbst. Er wird zum Akrobaten, turnt auf seiner Sitzgelegenheit herum und jongliert mit ihr. Dazu wäre der Android (noch) nicht in der Lage. Ihm bleibt nur die Rolle des Beobachters, vor dem der Mensch sein Menschsein zur Schau stellt.    Folgerichtig wird irgendwann ein roter Vorhang über die Bühne gezogen, als Projektion auf einer halbdurchlässigen Zwischenwand. „Replik.A“ wird zum Stück über das Figurentheater selbst, in dem die Rollen von Mensch und Figur, Spieler und bespieltem

Alle Fotos: Meinhardt & Krauss, Replik.A. Fotos: Michael Krauss

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JUBILÄUM

Objekt, nicht mehr so einfach auseinanderzuhalten sind. Die Situation verkompliziert sich weiter, als der Mensch den Vorhang herunterreißt. Der projizierte Vorhang fällt herab, fällt und fällt und fällt, minutenlang, bis er endlich als physisches Objekt am Boden zu liegen kommt. Bei einer solchen Enthüllung geht es nicht nur um den Blick auf eine Bühne. Tief Verborgenes kommt zum Vorschein. Eine Figur wird auf der Leinwand sichtbar, wieder mit den Gesichtszügen des Schauspielers, aber ohne Kleidung. Sie ist reduziert zu einer Art geschlechtsloser Gliederpuppe.    Der Mensch interagiert nun mit diesem Idealbild, das ihm an Bewegungsfreiheit weit überlegen ist. Irgendwann zieht die projizierte Figur eine Pistole und schießt auf den Mann. Er krümmt sich, fasst an seinen Körper, schreit und stöhnt, ohne sichtbare Verletzungen zu zeigen. Dies ruft wieder den Androiden auf den Plan. Mit einer Geste bittet er das Publikum um Applaus für die Darbietung des Mannes, den er auch bekommt. Diese Situation wiederholt sich, als die Figur mit einem Dolch auf den Mann losgeht. Es kommt zu wilden Gefechten zwischen Mensch und Projektion, Vervielfältigung der projizierten Figur, und schließlich zur Überlagerung von beidem, als der Mensch in den Lichtkegel der Projektion tritt.    Der Android meldet sich zu Wort. Das, an was er glaube, so sagt er, sei die Vergänglichkeit. Vergänglichkeit verleihe Würde. Ohne sie gäbe es keine Zeit. Tiefgründige Gedanken über das Alter des Lebens auf der Welt folgen. Wie lange wird es dieses Leben noch geben? Keiner weiß es. Es folgt ein Witz über Homo sapiens als Name einer Krankheit, von der Planeten befallen werden, die aber wieder vorbei geht.    Der Mensch zieht eine Stockpuppe hervor, eine Marotte, wie sie Hofnarren mit sich führten. Sie trägt eine Narrenkappe mit Schellen und hat zwei Gesichter. Eines ist freundlich, das andere böse. Dann erscheint der Mensch selbst mit einer Narrenkappe. Er zieht ähnliche Grimassen.    Der Android lacht. Immer mehr drängt sich der Eindruck auf, dass es in diesem Stück eigentlich nur um ihn geht. Der Mensch versucht nicht, sich neben ihm zu beweisen. Es ist keine Geschichte über die Bedrohung durch Künstliche Intelligenz, die hier erzählt wird. Was auf der Bühne gezeigt wird, scheint uns vielmehr Einblick in die Gedankenwelt des Androiden zu geben. „Schlafen“, heißt es plötzlich. „Schlafen, vielleicht auch träumen.“ Das Zitat ist abgewandelt. Bei Hamlet ist noch vom Sterben die Rede, aber dazu müsste der Android ja zunächst einmal leben.    So endet auch der Abend, indem Mensch und Android sich zur Ruhe begeben. Vorher liebkost der Mensch den Androiden. Zum Schluss setzt er ihm die Narrenkappe auf. Eine Wachablösung, bevor der Mensch sich in den Hintergrund zurückzieht, den roten Vorhangstoff um seinen Körper hüllt und einschläft.    Meinhardt & Krauss haben in ihren Stücken stets aktuelle Themen des Zeitgeschehens aufgegriffen: den Narzissmus der Jahrtausendwende, die gentechnische Erschließung des Lebens und die Verwissenschaftlichung des Menschen, Digitalisierung, Virtualisierung und Verlust von Raum, Künstliche Intelligenz. „Replik.A“ setzt den Schwerpunkt auf das Beziehungsgeflecht zwischen dem Menschen, seinen Abbildern, Projektionen und Idealisierungen, die immer wieder ihre Rollen tauschen und sich unter veränderten Bedingungen begegnen. Das Stück handelt von Körper und Abstraktion, Verstand und Gefühl, Traum und Wirklichkeit, Sein und Zeit. Natürlich ist auch Technik mit im Spiel, aber sie ist nicht das eigentliche Thema von „Replik.A“, sondern dient eher als Vehikel, um das Nachdenken in Bewegung zu setzen, zum Erkennen des Menschlichen in dem, was nicht menschlich ist. – www.meinhardt-krauss.com

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SYMPOSIUM

TRADITION ALS INSPIRATION ODER BEGRENZUNG Das Symposium „European Puppetry Tradition – Is It Still Alive?“ in Prag V o n M a s c h a E r b e l d i n g /// 2016 wurde das Puppentheater in Tschechien und in der Slowakei auf die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO genommen. Nicht umsonst, ist doch die Puppentheaterlandschaft dort reich und vielfältig. Teil des Festivals „Prelet nad loutkárským hnídzem“ (Einer flog ˇ ˇ über das Nest des Puppenspielers) im November 2023, einem Showcase der tschechischen Puppentheaterszene, war eine von der UNIMA Tschechien, der UNIMAForschungskommission, der DAMU (Theaterfakultät der Akademie der Musischen Künste in Prag) und dem Magazin loutkárˇ organisierte zweitägige Konferenz, die sich mit der Situation und Entwicklung der traditionellen Puppentheaterformen Europas beschäftigte.    Drei Mal schon im 20. Jahrhundert war die Auseinandersetzung mit der Tradition des Puppentheaters, wie die Grande Dame des tschechischen Puppentheaters, Dr. Nina Malikova, in ihrem eröffnenden Vortrag hervorhob, der Beginn einer Neuausrichtung und Befragung des Genres. Dabei spielten in Tschechien und der Slowakei neben den Amateurtheatern, die die illusionistischen Kulissen und die Stangenmarionetten beibehielten und über die Jahrhunderte retteten, auch die traditionellen Marionettenbühnen etwa der Familie Kopecky ˇ eine große Rolle. Wie in der DDR waren auch in der CSSR die traditionellen Spielformen bis in die 1960er-Jahre offiziell verpönt. ˇ Kopecký (1923-2001) berichtete, wie ihr Vater die Tradition in die Spielpraxis des 1958 Anna Nováková-Kopecká, Tochter von Matej gegründeten Divadlo Drak einbrachte und damit als wichtiges Bindeglied für eine Wiederentdeckung ihrer Techniken und Spieltexte ab 1965 fungierte.    Den hier aufgerufenen widerständigen Charakter des traditionellen Volkstheaters thematisierte auch die britische Theaterwissenschaftlerin und Puppenspielerin Cariad Astles in ihrer Keynote. Sie berichtete, wie sie selbst, noch im Geiste der Wiederentdeckung eines ursprünglichen, plebejischen, rebellischen „Volkstheaters“ – im Gegensatz zum bürgerlichen Theater – in der Theaterwelt der 1970er-Jahre die Begegnung mit „Punch and Judy“ gesucht hatte, beschwor die Kraft und Vitalität der europäischen Handpuppentradition herauf. Sie stellte aber zugleich eine unreflektierte Weitergabe der traditionellen Form infrage, etwa wenn es um rassistische oder sexistische Stereotype geht. Wo seien die weiblichen Narren- und Trickster-Gestalten? Wie weiterspielen in einer Welt, in der sich die traditionelle binäre Weltsicht immer mehr auflöst? Auch mein Vortrag beschäftigte sich mit den problematischen Aspekten eines propagandistischen und nationalistischen Missbrauchs der Tradition.    Während der Puppenspieler und Dozent Marek Waszkiel aus Polen einer ausgestorbenen Tradition die Virtuosität und die Suche nach Originalität des zeitgenössischen Puppentheaters gegenüberstellte, zeichnete die Theaterwissenschaftlerin Livija Kroflin die Neuentwicklung des Puppentheaters seit den 1930er-Jahren in Kroatien nach.    Wie Widerständigkeit, Nationalismus und lebendige Volkskultur zusammenkommen können, zeigte Dmytro Gusakov aus der Ukraine in seinem Vortrag „A Wartime Vertep“. Seit Kriegsbeginn seien fünf Inszenierungen in der Form des traditionellen Krippentheaters an ukrainischen Puppentheatern inszeniert worden, mal freier, mal folkloristischer. Die der Form eingeschriebene Dualität zwischen „Gut“ und „Böse“ und seine Zugehörigkeit zur ukrainischen Tradition machten es zum idealen Ausdruck eines Landes im Krieg, auf der Suche nach einer Identität fern des russischen Einflusses. – www.performczech.cz/en Katerina Dolenská, Organisatorin des Symposiums, und Anna Nováková-Kopecká (v. l. n. r.). Foto: Adéla Vosicková ˇ ˇ

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NACHRUF

EIN KÜNSTLER UND EIN KLUGER KOPF Zum Tod von Rüdiger Koch (1967–2023) V o n L a r s R e b e h n /// Rüdiger Koch war vierzig Jahre lang Puppenspieler. Seine Bühne war allerdings so klein, dass kaum 30 Personen davor Platz nehmen konnten. Er nannte sie bescheiden Papiertheater Invisius, also das unaufgeforderte Theater. Da man von einer so kleinen Bühne nicht leben konnte, studierte er Theater- und Veranstaltungstechnik an der TFH Berlin und arbeitete zwischen 2001 und 2009 als technischer Leiter der Schaubude Berlin. Nebenher organisierte er gemeinsam mit dem Regisseur Jonas Knecht einige Veranstaltungen – darunter den Bundespresseball – so erfolgreich, dass er sich 2009 mit einigen Partnern selbständig machte und eine Veranstaltungsagentur in Berlin gründete, die vor wenigen Jahren auf ein neues Betriebsgelände in Mühlenbeck bei Berlin zog.    Seine Leidenschaft aber blieb das Puppentheater, insbesondere das Papiertheater. Diese Begeisterung war bereits früh in seiner Heimatstadt Kiel entstanden und fand auf den Papiertheaterfestivals im nahen Preetz, die er mitbegründet hatte, reichlich Nahrung. In seinem Papiertheater Invisius spielte er Märchen und „Klassiker“ auf einer historischen Bühne. Er inszenierte aber auch im modernen Stil Stücke wie „Der kleine Prinz“ und „Dracula“. Einige der Inszenierungen waren so aufwendig, dass er dafür Unterstützung benötigte. Eine seiner Spielpartnerinnen war seine Ehefrau Dorett. Die meisten Inszenierungen wurden auch mit Livemusik angeboten.    Papiertheaterspieler sind eigentlich alle Sammler, besonders wenn sie mit historischen Bogen spielen. Rüdiger Koch sammelte aber nicht nur Bogen und ganze Bühnen, sondern vor allem Informationen über seine Objekte. Seine Ausstellungen, die er in vielen Stadtmuseen präsentierte, sollten nicht nur eine bunte Theaterwelt zeigen, sondern auch eine Kulturgeschichte dieser besonderen Theaterform erzählen. In den letzten Jahren trug er die wohl gegenwärtig bedeutendste Sammlung zum Thema in Privatbesitz zusammen.    Rüdiger Koch wollte in den letzten Jahren kürzertreten. Er hatte seine Firma gut durch die schwierige Corona-Zeit gebracht und zog sich jetzt aus der Geschäftsführung zurück. Er wollte wieder mehr spielen, wollte endlich sein großartiges Wissen in Büchern niederschreiben und mit seinem Organisationstalent und seinem strukturierten Denken die Puppentheaterszene voranbringen. Er brachte sich in den Masterplan Figurentheater ein und war die treibende Kraft bei der „Normierung“ des Genres. Dabei ging es nicht um Gleichmacherei. Vielmehr sollten die Puppenspieler endlich ihren angemessenen Platz in der größten deutschen biographischen Datenbank, der GND (Gemeinsame Normdatei der Deutschen Nationalbibliothek), finden. Es ging um Berufsbezeichnungen, Spieltechniken, Figurenarten. Statt einfach „nur“ als „Kasperletheater“ abgetan zu werden, sollte das Genre in seiner ganzen Vielfalt beschrieben werden.    Dann kam plötzlich seine Krankheit. Ende August teilte er mir mit, dass er nur noch eine kurze Lebensspanne hätte. Die Lücke, die sein Tod reißt, können wir noch nicht abschätzen. Wir verlieren mit ihm einen großartigen Menschen, der stets das Große und Ganze im Blick behielt und sich auch über seine persönlichen Interessen hinaus engagierte. Seine Frau Dorett und die drei Söhne Rasmus, Gustav und Fiete wollen das Papiertheater Invisius fortsetzen. Die Sammlung wird im Papiertheatermuseum Hanau bewahrt. – www.invisius.de Rüdiger Koch. © Dorett Koch

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SCHWEIZER FENSTER

ZWEI RUNDE GEBURTSTAGE Das Basler Marionetten Theater und das Figurentheater des Luzerner Theaters feiern Jubiläum In der Spielzeit 2023/2024 begehen zwei Deutschschweizer Theaterhäuser ein Jubiläum: Das Basler Marionetten Theater feiert seinen 80. und das Figurentheater des Luzerner Theaters seinen 40. Geburtstag. Grund genug, um einen Blick in Vergangenheit und Zukunft zu werfen. V o n F r a n z i s k a B u r g e r /// In der Auseinandersetzung mit dem Basler Marionetten Theater (BMT) muss man schnell feststellen, dass die Geschichte des Theaters früher beginnt als mit dessen Gründung 1942, nämlich 1914. Damals gastierte das Marionettentheater Münchner Künstler im Casinosaal der Stadt Basel. Im Publikum einer Aufführung von „Das lastervolle Leben und erschröckliche Ende des weltberühmten, jedermänniglich bekannten Ertzzauberers Doctoris Johannis Fausti“ sass auch der junge Richard Koelner. Inspiriert von diesem Erlebnis, begann er selber Marionetten zu bauen, zu animieren und kurze Stücke zu inszenieren. Drei Jahrzehnte später – nachdem er mit Familienmitgliedern und Freund*innen bereits in verschiedenen Amateurgruppen spielte – gründete Koelner sein eigenes Theater: das Basler Marionetten Theater. Eröffnet wurde dieses im Folgejahr nach der Gründung 1942 ebenfalls mit einer Faustinszenierung, nämlich „Das alte Puppenspiel vom Doktor Faust“.    Das BMT hatte erst noch kein eigenes festes Haus. Man spielte mal in der Basler Kunsthalle, mal in einem Saal in der St. AlbanVorstadt.

Reich an einem grossen Repertoire Erstaunlich ist, gerade mit Blick auf das gegenwärtige Programm des Theaters, dass in den ersten Jahren ausschliesslich Stücke für ein erwachsenes Publikum inszeniert wurden. Es fehlten schlicht die Ressourcen, um auch am Nachmittag Stücke zu zeigen – so gibt Markus Blättler, heutiger künstlerischer Leiter des BMT, Auskunft. Dies änderte sich 1956 mit dem Einzug in den Zehntenkeller des Domkapitels beim Basler Münsterplatz, der heute noch als Theater dient. Seitdem wurden zunehmend auch Inszenierungen in Basler Dialekt für Kinder produziert. Heute ist das Verhältnis von Familien- und Erwachseneninszenierungen ungefähr ausgeglichen. Jede Spielzeit werden ein bis zwei Neuinszenierungen auf die Bühne gebracht, dazu etwa zehn Eigenproduktionen aus dem Repertoire wieder einstudiert. Eines davon darf seit 1945 nicht fehlen: Das Weihnachtsstück „Triptychon von den Heiligen Drei Königen“. Die rund 700 Puppen warten hierfür geduldig auf dem Dachboden. Das grosse Wissen der Spieler*innen ist dabei von Vorteil: Das Stück geht mit der Zeit in die Körper der Spieler*innen über und wird von einer Generation von Spieler*innen zur nächsten weitergegeben.    Das BMT zeichnet aus, dass sowohl Ensemble wie auch Publikum intergenerationell aufgestellt sind und besonders treu sind: Die meisten Zuschauer*innen und Spieler*innen begleiten das Theater über Jahrzehnte. Das Theater selbst wurde zur Inspirationsquelle – genauso wie das Marionettentheater Münchner Künstler es für Richard Koelner war. Auch der Künstlerische Leiter Markus Blättler war 30 Jahre Teil des Ensembles, das aus Amateur-Spieler*innen besteht, bevor er seine jetzige Position antrat. Links: Das Amateurtheater von Richard Koelner, Faust (1925) Mitte: Käthi Koelner, Max Breitschmid, Henry Schubert (v. l. n. r., 1940) / Rechts: Richard Koelner (1940). © Theater

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Figurentheater als eigene Sparte Das Figurentheater des Luzerner Theaters stellt in der Schweizer Theaterlandschaft eine Besonderheit dar: Es handelt sich um das einzige Figurentheater, das eine eigene Sparte an einem Stadttheater bildet. Gegründet wurde es 1982 von Václav Eliáš, dem damaligen Ausstattungsleiter des Theaters. Der ausgebildete Szenograf, der aus dem heutigen Tschechien stammt, kam ursprünglich als Bühnenbildner ans Luzerner Theater. Diese Tätigkeit setzte er auch fort, nachdem er zusammen mit seiner Frau Marta Eliáš das Puppentheater Luzern gegründet hatte. Václav Eliáš prägte das Theater bis 2000 als Leiter und als Regisseur. Auch hier, wie in Basel, bestand das Ensemble unter Eliáš’ Leitung aus Amateurspieler*innen.    Die Nachfolge trat bis 2018 Claude Kuijer-Tüscher an. Erst übernahm sie einige Inszenierungen von Eliáš, stellte den Betrieb dann aber komplett um zur Gastspielbühne ohne Ensemble. Ihre Bühne „Gschichtewage“ fungierte dabei als Hausgruppe, die allerdings stärker auf Erzähl- denn auf Figurentheater ausgerichtet war. Das Gastspielsystem mit Hausgruppe führen auch die aktuellen künstlerischen Leiterinnen Sibylle Grüter und Jacqueline Surer fort, die zusammen die Gruppe Gustavs Schwestern bilden. Das Figurentheater war lange Zeit räumlich vom restlichen Stadttheater getrennt. Nach mehreren Ortswechseln und insgesamt sechs Umzügen wird voraussichtlich das Kellertheater das neue Zuhause. Dieses werden sich Surer und Grüter mit dem Schauspiel teilen. Wohin es das Figurentheater dann verschlägt, ist noch nicht definitiv entschieden. Ziel ist aber sicher, wieder örtlich näher an das Theater heranzurücken.    Eine Sparte zu führen, die sich dem Figurentheater widmet und sich vorwiegend an Kinder und Jugendliche richtet, ergibt einige Herausforderungen. Um für das Publikum eine Kontinuität zu bilden und eine Anbindung zu ermöglichen, ist beispielsweise ausschlaggebend, dass es keine ständigen personellen Wechsel gibt. Bei der Gestaltung des Spielplans legen Grüter und Surer grossen Wert auf das Festhalten an der Figur als zentrales Spielelement sowie der Bezug der Gruppen zur Schweiz. Wenn sie auch pro Spielzeit mehrere Gastspiele programmieren, ist es ihnen doch wichtig, stets als Hausgruppe sichtbar zu bleiben.   Das Verhältnis zwischen der Sparte, die vorwiegend als Gastspielhaus geführt wird, und dem Schauspielhaus sehen sie so: „Dies ist das Zukunftsmodell: Alle fordern immer eine engere Anbindung an die Freie Szene und spartenübergreifende Kunst. Schliesslich wollen die Zuschauenden einfach gutes Theater: Auf diese Weise können immer neue Gruppen eingeladen und aktuelle Inszenierungen gezeigt werden.“ Zu wissen, dass man ein grosses Haus im Rücken hat, mit einer gewissen Strahlkraft sowie finanziellen, personellen und materiellen Ressourcen wie einem riesigen Fundus oder all dem Know-how, sei schon grossartige Voraussetzung, um Theater zu machen. So habe man auch selber mehr Raum um zu experimentieren.

Und heute, morgen, übermorgen? Zum zwanzigsten Geburtstag des BMT schrieb dessen Gründer und Präger Richard Koelner in das Jubiläumsprogrammheft: „Wenn das Basler Marionetten-Theater vor seiner zwanzigsten Spielzeit steht, so ist das so erfreulich wie erstaunlich; denn Marionettenbühnen mit so langer ununterbrochener und intensiver Tätigkeit sind, in der Schweiz zumindest, selten. Und die Frage mag sich aufdrängen, worauf die Dauerhaftigkeit dieses von rein privater Initiative und ideellem Einsatz getragenen Unternehmens beruht.“1    Die Jubiläen der beiden Häuser, die zu den ältesten Institutionen in der Schweizer Figurentheaterlandschaft gehören, verweisen nicht nur auf eine lange Tradition, sondern verdeutlichen die Bandbreite von unterschiedlichen ästhetischen und strukturellen Ausrichtungen (die dominierende Tendenz zu Repertoire- und Gastspielsystem). Doch das Fortbestehen hängt von der Initiative einzelner Personen ab, die sich dem Erbe annehmen und es in die Zukunft fort- und weiterführen möchten. – www.bmtheater.ch – www.luzernertheater.ch 1 https://www.bmtheater.ch/geschichte/1960-1969/ Saisonprogramm zur 20. Spielsaison (1963–1964), S. 2. Links: Sybille Grüter und Jacqueline Surer in „Auf leisen Ohren“ (v. l. n. r.). Foto: Ingo Hoehn Rechts: Figurentheater Luzern / Gustavs Schwestern, Auf leisen Ohren. Foto: Ingo Hoehn

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DIE SCHWEIZER FIGURENTHEATERSZENE ZWISCHEN ZWEI BUCHDECKELN „Aussenansicht Schweiz. Figurentheater“ von Elke Krafka V o n J a c q u e l i n e S u r e r /// Die Schweizer Figurentheaterlandschaft beschreiben zu wollen, hat schon so manchem Kopfzerbrechen bereitet. Zu fragmentiert und nischig ist die Szene, um sie leicht erfassen zu können. Sie besteht aus einem wilden Gemisch aus Profis und Laien, autodidaktischen Spieler*innen und solchen, die eine Ausbildung im Ausland absolviert haben. Ein professioneller Masterstudiengang für Figurentheater existiert in der Schweiz erst seit 2020 an der Accedemia Dimitri im Tessin. Dazu kommt die Herausforderung, dass es vier Landessprachen gibt und die Produktions- und Spielbedingungen für Puppenspieler*innen in den Kantonen teils sehr unterschiedlich sind.    Die österreichische Theaterwissenschaftlerin Elke Krafka, die viele Jahre in der Schweiz gelebt und gearbeitet hat, beschäftigt sich nun in dem Buch „Aussenansicht Schweiz“ mit der Schweizer Figurentheaterszene, die zwischen den 1970er- und 1990erJahren entstand. Von 1998 bis 2006 war Elke Krafka Chefredakteurin der Schweizerischen Figurentheater-Zeitschrift „figura“, die 2018 eingestellt wurde. In dieser Funktion bereiste sie jahrelang die Schweiz. „Durch das Nischenthema Figurentheater lernte ich ein Land kennen, das mir vorher fremd war“, schreibt die Autorin. „Dank den vielen Besuchen bei den Theatern kam ich bis in die entlegensten Winkel.“ Die Figurentheaterschaffenden hätten ihr von ihren Lebensthemen erzählt. „So entstand für mich ein Bild von einem Land, von seinen Legenden und Befindlichkeiten.“ Die meisten der Spieler*innen, die im Buch porträtiert werden, sind inzwischen im Pensionsalter. Mehrere haben ihre künstlerische Tätigkeit unterdessen eingestellt.    Auch Elke Krafka ist nicht mehr primär in der Schweiz tätig. Dass sie trotzdem das Bedürfnis hatte, ein Buch zu publizieren, das von einer fast schon vergessenen Zeit handelt, begründet sie so: „Mir war es ein Anliegen, meine Arbeit auf irgendeine Weise festzuhalten und zu bewahren.“ Dieses Thema treibt auch viele der im Buch porträtierten Künstler*innen um. Einer davon ist Kurt Fröhlich, der in den 1970-er Jahren das Figurentheater Fährbetrieb gründete. Um seine Arbeit (und diejenige von anderen Figurentheaterkünstler*innen) vor dem Vergessen zu bewahren, gründete er 2019 in Herisau, Appenzell, ein Figurentheatermuseum. Zeitgleich hob der Verein „Neuere Geschichte des Figurentheaters der Schweiz“ eine gesamtschweizerische Erhebung aus der Taufe. Ziel war es, 100 Interviews mit Schweizer Künstler*innen zu führen, die in den letzten Jahrzehnten das Figurentheatergeschehen in der Schweiz geprägt hatten. Die gesammelten Daten und Materialien wurden dem Institut für Theaterwissenschaft der Universität Bern, sowie der SAPA (Schweizerisches Archiv der Darstellenden Künste) für Forschungszwecke überlassen (siehe double 46). Elke Krafka hat mehrere dieser Interviews geführt. Ausgewertet wurden die Fragebogen bisher aber nicht. Das soll in ihrem zweiten, sich in der Planung befindenden Buch geschehen, das ein Blick nach vorne sein will. „Beide Bücher zusammen sollen den historischen Bogen durch das 20. Jahrhundert spannen“, schreibt Elke Krafka. „Um am Schluss in der Gegenwart anzukommen.“

Aussenansicht Schweiz. Figurentheater von Elke Krafka ISBN 9 783950 536300 Bestellung über info@zeitspuren.eu www.zeitspuren.eu

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SCHWEIZER FENSTER

EIN VIEL ZU KURZES LEBEN FÜR DAS THEATER DER DINGE Zum Tod von Stephan Q. Eberhard (1985–2023) V o n J a c q u e l i n e S u r e r /// Stephan Q. Eberhard bezeichnete seine berufliche Tätigkeit einmal selber so: „Regisseur, Schauspieler, (Stelzen-)Tänzer, Puppenspieler/-bauer und Objektkünstler. Verbringt seine Zeit am liebsten in der Nähe von Bachläufen, Weihern oder Tümpeln. Und mag Enten.“ 1985 in Trier geboren, studierte er zunächst Sprachen und Kulturen, Gender Studies und Philosophie in Deutschland, Frankreich und Indien – wo er auch erste Erfahrungen als Strassenkünstler sammelte. In Berlin trat Eberhard vor allem in der freien Szene auf (Hebbel am Ufer, Kulturfabrik, Theater o.N.). In dieser Zeit begann auch seine Faszination für das Theater der Dinge. Stark beeindruckt hat ihn die Arbeit des Objekttheaterkünstlers Gyula Molnàr, dessen Inszenierungen er an der Schaubude Berlin sah. Seine erste eigene Erfahrung als Objekttheater-Spieler machte Eberhard im Stück „Biografie, ein Spiel“ (Regie: Markus Weber). Während der Probenarbeit improvisierte er aus dem Stegreif eine Socken-Performance, die zum Highlight der Inszenierung wurde.    2017 zog er nach Bern, um an der Hochschule der Künste (HKB) Schauspiel zu studieren. Seine erste Regiearbeit „Ein Theater der Dinge“ wurde 2017 vom UNESCO International Theatre Institute zum globalen Studierendenfestival nach Segovia (Spanien) eingeladen, um die Schweiz zu vertreten. Für seinen Master in „Expanded Theatre“ wurde er mit dem Hirschmann-Stipendium ausgezeichnet.    Die Liebe zum Theater der Dinge sollte ihn während seiner ganzen künstlerischen Laufbahn nicht mehr loslassen. So machte er sich in der Schweiz einen Namen als Experte für Objekt- und Figurentheater: als Puppenspieler für Nikolaus Habjan am Theater Basel und an den Bayreuther Festspielen sowie am Zürcher Opernhaus und Theater Stadelhofen.    2021 gründete er die transkulturelle Gruppe Futur 2. Deren erstes Projekt „2042 – Ein Spiellabor für die Zukünfte“ wurde von einer internationalen Jury ausgewählt, um neue Impulse im Theater für ein junges Publikum zu setzen. Das Stück wurde vom Festival „kicks! Performing Arts“ ausgezeichnet. 2022 und 2023 gewann er zwei Schweizer Nachwuchs-Wettbewerbe: Die Tankstelle Bühne für „Dinge, die bleiben“ mit Benjamin Heller und mit dem Kollektiv „Ovomaltonio“ den Premio für „Daddys_4_Future“. Stephan Q. Eberhard war auch Teil des Kollektivs „Hallimasch Komplex“, zu dessen Arbeiten „homo habitat“ (Bauhaus Dessau), „mushed rooms“ (Schauspielhaus Wien) und „Medea“ gehörten (Kampnagel Hamburg, Staatsschauspiel Dresden, Fast Forward, FIAT Festival Montenegro mit Auszeichnungen „Beste Regie“ und „Bestes Schauspiel“).    Seine inhaltlichen Interessen lagen zuletzt in der Zukunftsforschung, dem transhumanen Theater (er forschte mit Robotern und künstlicher Intelligenz als gleichberechtigte Spielpartner*innen), bei kritischer Männlichkeit, Postpatriarchat und Theater „tout publique“ – für Erwachsene und Kinder.    Stephan Q. Eberhard starb am 30. Oktober 2023. Seine Energie, seine liebevolle Aufmerksamkeit, seine Präsenz und seine Kreativität waren ein viel zu kurzes Geschenk. Er hinterlässt eine grosse Lücke. Stephan Q. Eberhard (vorne rechts) in der Inszenierung „Der Barbier von Sevilla“ von Nikolaus Habjan am Theater Basel. Foto: Ingo Höhn

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ENGLISH SUMMARIES

S U MM A R I E S T H EM E OF D OUB LE 49:

Answers were given by Johanna Ehlert, Kolja Huneck, Jolanda Löllmann, Chiara Marchese, Darragh McLoughlin, Jenny Patschovsky & Benjamin Richter, Matthias Romir, Andrea Salustri and Claudio Stellato.

TH E TH I N G WIT H T H E BODY – C O N TE MP O R A RY CIRCUS A N D FIGURE T H E A T RE

LET BODI ES SPEAK

M a r i o n e t t eS WIT H OUT S TR I NGS IN T H E CIRCUS

The Accademia Dimitri at the limits of the verbal (p. 21–23) In 1975 the Swiss clown Dimitri founded the “Scuola Teatro Dimitri” (now: The Accademia Teatro Dimitri) in Verscio, Switzerland, with his wife Gunda Dimitri and the Czech mime and teacher Richard Weber. Their aim was to create theatre whose primary means of expression is the body. Since 2020 it has also been possible to focus on Teatro di Figura in the Master of Arts in Theatre. In three individual interviews – with Corinna Vitale, who helped introduce the focus as the then director, Eva Sotriffer, a first-year student, and Marek Turošík, the mentor of the Master’s students – Moritz Schönbrodt (who was also in personal contact with the Accademia Dimitri during his studies), examines the approach of movement theatre to puppets and how this manifests itself in the degree programme.

Genre thinking, connections, shared history(ies) and questions (p. 6–9) The dramaturge, curator, cultural organiser, theatre scholar and lecturer Mirjam Hildbrand completed her doctorate on the competitive relationship between circus and theatre around 1900 in Berlin, at the Institute for Theatre Studies at the University of Bern. For double, she reflects on (not only historical) connections between puppet theatre and circus. She introduces the French artist Phia Ménard, who sees juggling as object manipulation and deals with the relationship between animate and inanimate materialities in her works. Mirjam Hildbrand points out that artists whom we currently locate in the field of circus and puppet and figure theatre have shared a long common history and tradition in a European context.

Superhuman meets supermari onette Room 305 in a conversation on the synthesis of trapeze artistry and puppetry (p. 24–27) Raum 305 consists of the artist Moritz Haase, the puppeteer Jarnoth and the director Philipp Noë. With their combination of trapeze and puppetry, for which they have found their very own style, they stand for a fruitful combination of circus and puppet theatre. Mascha Erbelding spoke to them on Zoom when the three were in residence at the Societätstheater in Dresden, where they also performed a tryout entitled “Sommerschmerz in Seidenkleidern” (Summers pain in silk). The third part of the trilogy, which began with “Wir wollen nie nie nie” (2020) and “Oder doch?" (2022), is set to premiere in June 2025. The three gave insights into their use of objects, stage sets and props on stage and the role of their bodies on stage in relation to the objects.

TH I n g - B O DY: wH O IS M OVIN G WH O? Stage design as a field of tension between circus and puppet theatre (p. 10–13) The stage designer and theatre scholar Saskia Bellmann is examining the stage space in contemporary circus and puppet theatre for her dissertation. Here she presents her theses for double. Using case studies from “China Series” by Julian Vogel, “Qui Pousse” by Cécile Mont-Reynaud (Compagnie Lunatic) and “Corners" (one of her own works), she records the characteristics of the stage space, which make the friction between circus and puppet theatre clear. Here, the stage set not only becomes an active partner in the play, but also acquires a dramatic tension of its own, thereby making it a narrative condition of the production.

T H E B a l l i s A P OIN t. A POIN t is A n A t om .

SUMMARY OF THE SECTI ONS

Thoughts on the object in juggling (p. 14–15) Stefan Sing is a master of contemporary ball juggling. He studied performance and dance and when he is not performing he teaches at several European art schools. His performances are physical, minimalist, in which he uses juggling as a language to express emotions and atmospheres. He works with small white balls. The ball in its simplicity and its anti-hierarchical form (there is no specific point on the surface of the ball) is ideally suited as a neutral, abstract object, which thus gives him the opportunity to project all possible meanings into the ball. Stefan Sing shares his thoughts with us on the object in juggling.

The thematic section is followed by two festival reports: Tom Mustroph visited the “Theatre of Things” festival at the Schaubude in Berlin, which took place in November 2023 under the motto "Spielräume/Wiggle Rooms”. At the beginning of February 2024, Rainer Hertwig was a guest at Panoptikum, the EuropeanBavarian children’s theatre festival in Nuremberg, on the heels of object and puppet theatre. In the “Sideways glance” section, we take a look at Israel. Instead of the planned discussion on the Jerusalem Puppet Theatre Festival, which Mascha Erbelding visited in August 2023, we have asked Shahar Marom for an interview about life and work in times of war. The Swiss citizen Jonas Knecht will be the director of the Erlangen Theatre from the 2024/25 season. In the interview, he reveals whether his studies in puppetry at the “Ernst Busch” School in Berlin will have an impact on the new programme and what else he has planned for the university and festival city. The theme of this issue is taken up once again in the productions reviewed. Artistry and puppetry are combined in the production “aerocircus” by RambaZamba Theatre & Tomás Saraceno, seen by Katja Kollmann in Berlin, and in Johannes Böhringer’s “The Paper People Paradox”, experienced by Jörg Baesecke in Munich. Karla Mäder has read and reviewed the entertaining volume “Puppe50” on five decades of puppetry at the Ernst Busch Theatre School in Berlin for double. Other anniversaries are also in the limelight. double is celebrating its own 20th anniversary this year. For the next issue in November – the 50th edition – the editorial team is asking for readers’ letters.

TH e P rESEN CE OF T H IN GS Nine statements by artists on their relationship to objects (p. 16–20) It is no coincidence that many of the artists featured here with their statements have a background in juggling – after all, the experimental use of objects is particularly widespread in this discipline in contemporary circus. But the artists we asked to answer one or more of the following questions for double also work with (rope) dance and puppetry: What was your path from circus to figure/ object – or vice versa? How would you describe your use of objects? Prop? Stage partner? Animation? In your opinion, how does the handling of objects / figures in circus and puppet theatre differ and how is it similar? Do you see any dramaturgical differences? How do you work with them? What role does physicality, the human body, play for you on stage?

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ENGLISH SUMMARIES

Albrecht Fritzsche highlights the 20-year stage presence of Meinhardt & Krauss with their current production “Replik.A”, which premiered in November 2023. Mascha Erbelding reports on the symposium “European Puppetry Tradition – Is It Still Alive?” in Prague, which dealt with the situation and development of traditional puppet theatre forms in Europe. Lars Rebehn has written an obituary for the paper theatre specialist Rüdiger Koch, who worked as a puppeteer for forty years and founded the Invisius paper theatre. In the “Swiss Window”, Franziska Burger looks at two Swiss-German theatres that are celebrating anniversaries in the 2023/24 season: the Marionette Theatre in Basel is celebrating its 80th birthday and the Puppet Theatre of the Lucerne Theatre its 40th. The book “Aussenansicht Schweiz”, edited by Elke Krafka, deals with the Swiss puppet theatre scene that emerged between the 1970s and 90s. Jacqueline Surer has read and reviewed it for us. She has also written an obituary for the Trier-born puppeteer Stephan Q. Eberhard, who made a name for himself in Switzerland as an expert in object and puppet theatre.

Michael Zandl / David Eisele / Kolja Huneck, Sawdust Symphony. Foto: Jona Harnischmacher

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NOTIZEN

FESTIVALS Unter dem Festivalmotto „CHANGE“ findet vom 7. bis 12. Mai das Festival FIDENA – Figurentheater der Nationen in Bochum, Dortmund, Herne und Recklinghausen statt. Nach 25 Jahren ist es die letzte Festivalausgabe unter der künstlerischen Leitung von Annette Dabs. Diesmal sind 22 Produktionen aus zehn Ländern eingeladen, darunter zwei Koproduktionen, drei Uraufführungen und fünf deutsche Erstaufführungen. Abgerundet wird das Hauptprogramm durch ein internationales Symposium, Publikumsgespräche, Late Night-Veranstaltungen, Partys, vegane Küche, Yoga und Meditation. – www.fidena.de Die 15. Ausgabe der Scènes ouvertes à l'insolite in Paris veranstaltet das Théâtre Mouffetard in Zusammenarbeit mit dem Théâtre aux Mains Nues vom 3. bis 9. Juni. Zum Abschluss der Saison 2023/2024 stehen junge Talente im Mittelpunkt. Das Festival will aufstrebende Künstler*innen durch Aufführungsmöglichkeiten unterstützen und ihre beruflichen Anfänge aus nächster Nähe verfolgen. – www.lemouffetard.com Das Festival TWIST IT! im Westflügel Leipzig kehrt mit einer zweiten Ausgabe zurück, die vom 5. bis 9. Juni die Verbindung von Figurentheater und Gesang untersucht. Exemplarische Produktionen zeigen eine Vielfalt von Gesangsstilen, von klassischem Sopran bis hin zu Punkrock. Neben den Aufführungen gibt es ein Rahmenprogramm mit Workshops, Konzerten und Diskussionen. Außerdem veranstaltet der Westflügel Leipzig vom 17. bis 27. Oktober das Festival PICK AN INSPIRATION: Expeditionen ins junge Figurentheater, bei dem Newcomer*innen internationaler Hochschulen, an denen Figurentheater, Puppenspiel und angrenzende Genres studiert werden, ihre Erstlingswerke, Abschlussarbeiten und während des Studiums erarbeitete Sequenzen präsentieren. – www.westfluegel.de Vom 11. bis 17. Oktober findet das Internationale Schattentheater Festival Schwäbisch Gmünd unter der neuen Leitung von Iris Meinhardt statt. Die Figurenspielerin und Regisseurin folgt damit auf die langjährige Festivalleiterin Sybille Hirzel, die im Februar 2023 überraschend verstorben ist. Es ist das älteste und einzige fortlaufende Festival für zeitgenössisches Schattentheater weltweit. Auf dem Programm des Festivals stehen Vorstellungen für Groß und Klein, die zur Begegnung und zum Austausch einladen. – www.schattentheater.de Das Wunder.Festival in München setzt vom 16. bis 27. Oktober u.a. einen Schwerpunkt auf Inszenierungen aus dem zeitgenössischen Zirkus. Mehr als 30 Inszenierungen für Erwachsene, Kinder und Jugendliche präsentieren wieder die Vielfalt des Genres. – www.wunderpunktfestival.de

WORKSHOPS/AUSBILDUNG Am 27. Mai 2024 startet der Bewerbungszeitraum für den nächsten Jahrgang im Studienfach Zeitgenössische Puppenspielkunst an der HfS Ernst Busch Berlin, der im Sommersemester 2025 beginnt. Bis 23. Oktober, 12.00 Uhr kann man sich bewerben. – www.hfs-berlin.de Am 9. Juni 2024 findet der Workshop „Figurentheater im Roman – Romane im Figurentheater“ statt, der von der Universität Erfurt in Zusammenarbeit mit dem Theater Waidspeicher im Rahmen des Festivals Synergura 2024 veranstaltet wird. Geplant sind neben einer Reihe von Fachvorträgen auch Beiträge vom Ensemble des Theater Waidspeicher sowie ein Romanworkshop mit Puppen. – www.uni-erfurt.de Vom 12. bis 28. Juni und 8. bis 30. August veranstaltet Puppets in Prague Sommerworkshops zum Puppen-

spiel und Puppenbau. Zudem gibt es Onlineworkshops, die auf der Website von Puppets in Prague angeboten werden. – www.puppetsinprague.eu

Bühnen Halle und vermessen auf „Gullivers Reisen“ unbekannte Weiten, die unmittelbar vor der eigenen Haustür liegen. – www.buehnen-halle.de

Im Sommer 2024 beginnt die neue Grundausbildung Figurenspieler*in am Figurentheater-Kolleg, die aus zwei Modulen besteht. Außerdem gibt es mit der neuen Fortbildung „Maske basic“ ab dem 27. Juli einen Grundlagenkurs im Maskenspiel, der einen ersten Zugang zu der Spielform Maske eröffnet. Weitere Informationen und Termine gibt es auf der Homepage des FigurentheaterKollegs. – www.figurentheater-kolleg.de

PUBLIKATIONEN

KONFERENZEN Am 8. Mai von 10 bis 13 Uhr findet in Bochum die Auftaktveranstaltung von KompleXX Figurentheater statt, bei der sich die Bündnispartner*innen im Rahmen des Festivals FIDENA einer breiten Öffentlichkeit vorstellen. Das Bündnis steht für überregionale Sichtbarkeit, szeneübergreifende Vernetzung, Erforschung des Genres Figurentheater als eigenständige und transdisziplinäre Kunstform, Verbesserungen der Ausbildungs-, Arbeits- und Produktionsbedingungen im Figurentheater. Moderiert wird die Veranstaltung vom Dramaturgen Jonas Klinkenberg. – www.komplexx-figurentheater.de Am 9. und 10. Mai findet das 4. internationale Symposium für Festivalmacher*innen zum Thema „Change – Internationale Festivals in Zeiten der Transformation“ im Rahmen der FIDENA statt. In Vorträgen, Diskussionsrunden und Best Practice Beispielen aus dem Bereich Wissenschaft, Aktivismus und Darstellende Kunst werden neue Herangehensweisen zur Gestaltung von Festivals entdeckt, die auf Nachhaltigkeit, Inklusion und dekoloniale Praktiken zielen. Darüber hinaus vertiefen kreative Begegnungsformate, das gemeinsame Erleben von Performances und Workshops das Netzwerken. – www.fidena.de Vom 9. bis 18. August veranstalten die UNIMA Deutschland (Union Internationale de la Marionnette), der VDP (Verband Deutscher Puppentheater) und die DGTP (Gesellschaft für therapeutisches Puppenspiel) gemeinsam mit dem Theater der Nacht in Northeim die Konferenz „Puppe wirkt Wunder – Faszination und Möglichkeiten eines Mediums“. Die Konferenz lädt ein zu Symposium, Künstler*innengesprächen, Theatervorstellungen, Workshops und Arbeitsgesprächen. Sie bietet die Chance, auf den unterschiedlichsten Ebenen zu lernen, zu entdecken und zu forschen. Gleichzeitig vernetzt sie die verschiedenen Fachbereiche. Das Projekt umfasst insgesamt 32 Workshops, ein Symposium und über 30 Aufführungen übers Jahr verteilt. – www.unima.de

JUBILÄUM Wir werden 20! Seit zwei Jahrzehnten begleitet das double-Magazin die faszinierende Welt des Figurentheaters. Was als kleines Projekt in schwarz-weiß begann, hat sich zu einem bunten Sprachrohr der Szene entwickelt. Beim Jubel-double-Diskurs im Rahmen des FIDENA-Festivals wird diese Reise reflektiert: Wie begann das Magazin, welche Veränderungen hat es gegeben und welcher Kurs wird in Zukunft eingeschlagen? Der Talk findet am 11. Mai um 12 Uhr im Pumpenhaus der Jahrhunderthalle Bochum statt. Der Eintritt ist frei. – www.fidena.de Vom 15. bis 22. Juni 2024 feiert das Puppentheater Halle (Saale) sein 70. Jubiläum mit einem großen Festival, das die Stadt in eine Bühne verwandelt. Mit einem Spektakel auf dem Marktplatz von Halle wird die Festwoche zum Jubiläum des Puppentheaters mit den gigantischen Luftakrobaten der französischen Theater-Compagnie Plasticiens Volants eröffnet. Zudem vereinen sich alle Sparten der

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Im Herbst 2023 wurde die Erstausgabe des Onlinemagazins „Puppetry International Research“ veröffentlicht. Das Magazin bietet einen open-access-Zugang an und prüft die eingereichten Texte via Peer-Review-Verfahren. Es versammelt eine Vielzahl von Beiträgen zu verschiedenen Themen rund um Puppenspiel, Objekttheater und Materialperformance. – www.pirjournal.commons.gc.cuny.edu Wie künstlerische Ideen von Regie und Darsteller*innen in Theaterproben interaktiv entwickelt, vermittelt und ausgehandelt werden, betrachtet Anna Wessel aus sprechwissenschaftlicher Perspektive, die sie mit theaterwissenschaftlichen und linguistischen Aspekten kombiniert. In ihrem Buch „Theaterproben und Interaktion“ stellt sie die Besprechungsphasen von Theaterproben in den Fokus und zeigt auf, welche interaktiven Probenpraktiken zum Einsatz kommen, wie mit ihnen Instruktionen der Regie gestaltet werden und wie die Spielenden darauf reagieren. – www.transcript-verlag.de Ingrid Ramm-Bonwitt beschäftigt sich in ihrer neuen Publikation „Götter, Helden, Tänzerinnen. Figurentheater aus Indien und benachbarten Regionen“ mit dem Zusammenhang von religiösen Riten und der Entwicklung des Figuren- und Schattenspiels in Indien, Nepal, Sri Lanka und dem Iran. – www.die.puppentradition.de

AUSSTELLUNGEN Noch bis zum 7. April gibt es in der villa p des Puppentheaters Magdeburg die Ausstellung „Von Spiegeln und Schildkröten“ zu erleben. Sie widmet sich Puppen, die in Geschichten von Michael Ende auf Puppentheater-Bühnen standen. Kurz danach eröffnet am 4. Mai die neue Ausstellung „Das Ding ist“, die in Zusammenarbeit mit der 6. Klasse eines Magdeburger Gymnasiums entsteht. Den Kern der Ausstellung bilden Alltagsgegenstände, die den Kindern in ihrer eigenen Lebenswelt begegnen und nun Ausstellungsobjekt werden. Kinder aus einer Kunstklasse der Jugendkunstschule Magdeburg wiederum werden die Objekte künstlerisch abbilden. – www.puppentheatermagdeburg.de Auf dem neuen Areal für Kultur und Kreativwirtschaft Kraftwerk Mitte bekommt die Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlung Dresden im Lichtwerk zukünftig umfangreiche Ausstellungsflächen zur Verfügung. So können die faszinierenden Bestände wieder in größerem Umfang der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Neueröffnung der Puppentheatersammlung findet am 7. September statt. – www.puppentheatersammlung.skd.museum

PERSONELLES Mit Janne Weirup hat die Arbeitsgemeinschaft für das Puppenspiel e. V. eine neue Geschäftsführung für das Hamburger Puppentheater. Die studierte Theaterwissenschaftlerin arbeitete als freie Dramaturgin im zeitgenössischen Figurentheater u. a. im Figurentheaterzentrum Westflügel Leipzig und ist seit 2013 Teil der künstlerischen Leitung und der Produktionsleitung des at.tension Theaterfestivals des Kulturkosmos Müritz e. V. Im Zuge des anstehenden sanierungsbedingten Umbaus begleitet Weirup das Hamburger Puppentheater auf dem Weg der Neukonzeptionierung und will sich gemeinsam mit Vorstand und Team für eine zeitgenössische Figurentheaterszene in Hamburg einsetzen. – www.hamburgerpuppentheater.de


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NOTIZEN

Seit der Spielzeit 2023/2024 übernimmt Tim Heilmann die Leitung der Sparte Puppentheater am Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen. Der 1977 in Bielefeld geborene ist Preisträger des „Kurt-Meisel-Preises“ der Stadt München sowie Preisträger der Bayerischen Theatertage 2008 für die beste Kindertheaterproduktion.

SONSTIGES Puppenspieler Sebastian Kautz und Musiker Gero John von der Bühne Cipolla setzten sich mit ihrem Konzept für zwei Inszenierungen beim neuen Residenzprogramm des Bremer Zentrums für Kunst durch, das auf 5500 qm Freiräume für professionelle darstellende und bildende Künstler*innen bietet. Das preisgekrönte Ensemble verwandelt seit 2011 Werke der Weltliteratur in expressives und poetisches Figurentheater mit Livemusik. – www.zentrum-fuer-kunst.de; www.buehnecipolla.de Das Figurentheater-Kolleg lädt in Kooperation mit dem Landesbüro Freie Darstellende Künste am 17. April 2024 von 12 bis 18 Uhr zum Netzwerktreffen Figurentheatermacher*innen NRW ein. Um eine Anmeldung über die Webseite des Figurentheaterkollegs wird gebeten. Außerdem veranstaltet das Kolleg am 17. August wieder eine Summer Puppet Party, die ab 14 Uhr vor Ort in Bochum stattfindet. – www.figurentheater-kolleg.de Am 17. August 2024 veranstaltet der Westflügel Leipzig ein Sommerfest mit Figurentheater, Musik, Tanz, Straßentheater, Kunst, Mitmachangeboten, Budenzauber, Speis und Trank. Bei der Auswahl der Künstler*innen wird großen Wert daraufgelegt, ein diverses Publikum altersübergreifend zu erreichen und dass die Kunst auch mit geringen Deutschkenntnissen zugänglich ist. Außerdem wird darauf geachtet, sowohl internationalen als auch lokalen bzw. regionalen Künstler*innen eine Bühne zu geben. – www.westfluegel.de

FESTIVALKALENDER 23.04.–28.04.2024 Stuttgart (Deutschland) Internationales Trickfilm-Festival www.itfs.de 02.05.–10.05.2024 Hohenems (Österreich) Planet Homunculus 33. Figurentheaterfestival www.homunculus.info 06.05.–08.05.2024 Aarhus (Dänemark) Showcase Danish+ 2024 www.danishplus.dk 07.05.–12.05.2024 Bochum, Dortmund, Herne, Recklinghausen (Deutschland) FIDENA – Figurentheater der Nationen www.fidena.de 09.05.–02.06.2024 Lissabon (Portugal) FIMFA Lx24 – International Festival of Puppetry and Animated Forms www.tarumba.pt 10.05.–15.05.2024 Segovia (Spanien) Titirimundi – Festival Internacional de Títeres de Segovia www.titirimundi.es

16.05.–25.05.2024 Saarbrücken, Moselle (Deutschland, Frankreich) Festival Perspectives www.festival-perspectives.de 22.05.–26.05.2024 Ravenna (Italien) Arrivano dal Mare! Festival Internazionale dei Burattini e delle Figure www.arrivanodalmare.it 24.05.–26.05.2024 Hohnstein (Deutschland) Hohnsteiner Puppenspielfest www.hohnsteiner-puppenspielfest.de 30.05.–02.06.2024 Morschen (Deutschland) 11. Figurentheater-Festival Blickfang www.kultursommer-nordhessen.de 03.06.–09.06.2024 Paris (Frankreich) SCÈNES OUVERTES À L'INSOLITE 2024 www.lemouffetard.com 05.06–09.06.2024 Leipzig (Deutschland) TWIST IT! Figur & Gesang www.westfluegel.de 05.06.–09.06.2024 Erfurt (Deutschland) Synergura. Internationales Puppentheaterfestival www.waidspeicher.de 07.06.–09.06.2024 Bremen (Deutschland) LA STRADA specials – Internationales Festival der Straßenkunst www.lastrada-bremen.de 13.06.–20.06.2024 Wels (Österreich) 32. Internationales Welser Figurentheater Festival www.figurentheater-wels.at 14.06.–15.06.2024 Wels (Österreich) 2. Internationales Young Animation Festival www.figurentheater-wels.at 15.06.–22.06.2024 Halle/Saale (Deutschland) Gulliver-Festwoche zum 70. Jubiläum des Puppentheaters Halle www.puppe70.de 18.06.–23.06.2024 Baden (Schweiz) FIGURA Theaterfestival www.figura-festival.ch

26.07.–04.08.2024 Graz (Österreich) La Strada Graz – Internationales Festival für Straßenkunst, Figurentheater, Neuen Circus & Community Art www.lastrada.at 28.08.–01.09.2024 Helsinki (Finnland) Sampo. International Puppet Theatre Festival www.sampofestival.fi 29.08.–01.09.2024 Neusiedl (Österreich) PannOpticum www.visualtheatre.productions 13.09.–15.09.2024 Preetz (Deutschland) Preetzer Papiertheatertreffen www.papiertheatertreffen-preetz.de 13.09.–19.09.2024 Lingen (Deutschland) 21. Internationales Fest der Puppen Lingen www.tpzlingen.de 20.09.–29.09.2024 Husum (Deutschland) Pole Poppenspäler Tage www.pole-poppenspaeler.de 20.09.–29.09.2024 Landkreis Elbe-Elster 25. Internationales Puppentheaterfestival in Elbe-Elster www.puppentheaterfestival-ee.de 25.09.–28.09.2024 Ljubljana (Slowenien) Lutke – Biennal Festival Of Contemporary Puppetry Art www.lgl.se/en 11.10.–17.10.2024 Berlin (Deutschland) Fratz International – Begegnungen, Symposium, Festival www.fratz-festival.de 11.10.–17.10.2024 Schwäbisch Gmünd (Deutschland) 13. Internationales Schattentheater Festival Schwäbisch Gmünd www.schattentheater.de 16.10.–27.10.2024 München (Deutschland) Wunder. Internationales Figurentheaterfestival www.wunderpunktfestival.de 17.10.–27.10.2024 Leipzig (Deutschland) PICK AN INSPIRATION: Expeditionen ins junge Figurentheater www.westfluegel.de

29.06.–21.07.2024 Avignon (Frankreich) Festival d’Avignon www.festival-avignon.com

05.11.–09.11.2024 Potsdam (Deutschland) UNIDRAM 2024 30. Internationales Theaterfestival www.unidram.de

19.07.–21.07.2024 Stuttgart (Deutschland) die-wo-spielen Festival www.hmdk-stuttgart.de

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IMPRESSUM

AUTOR*INNEN Jörg Baesecke, Bühnenerzähler und Figurenspieler, Pullach / Saskia Bellmann, Bühnenbildnerin und Theaterwissenschaftlerin, Valenciennes / Franziska Burger, Theaterwissenschaftlerin, Bern Johanna Ehlert, Theatermacherin und Figurenbauerin / Mascha Erbelding, Leiterin der Sammlung Puppentheater / Schaustellerei des Münchner Stadtmuseums / Prof. Dr. Albrecht Fritzsche, Technikphilosoph und Innovationsforscher, Université Internationale de Rabat, IEDC Bled / Annika Gloystein, Theaterwissenschaftlerin und Kulturmanagerin, Erlangen / Moritz Haase, Artist, Berlin Rainer Hertwig, Theaterwissenschaftler und Kulturmanager, Nürnberg / Dr. Mirjam Hildbrand, Publizistin, Dozentin, Dramaturgin, Basel / Kolja Huneck, Zirkuskünstler, München / Jarnoth, Puppenspieler, Berlin / Jonas Knecht, Regisseur und designierter Intendant des Theater Erlangen, Berlin / Katja Kollmann, Kulturjournalistin, Berlin / Jolanda Löllmann, Tänzerin und Puppenspielerin, DÍRTZ théâtre, Vesseaux / Darragh McLoughlin, Konzept- und Zirkuskünstler, Berlin / Karla Mäder, Leitende Dramaturgin, Deutsches Theater Berlin / Chiara Marchese, Zirkuskünstlerin, Catania / Reims / Shahar Marom, Künstlerischer Leiter des Train Theaters und des Jerusalem International Puppet Festival, Jerusalem / Tom Mustroph, freier Autor und Dramaturg, Berlin Jenny Patschovsky, Zirkus-Dramaturgin und Vorsitzende des Bundesverbandes Zeitgenössischer Zirkus e. V. (BUZZ), Köln / Lars Rebehn, Oberkonservator der Puppentheatersammlung, Staatliche Kunstsammlungen Dresden / Benjamin Richter, Performer, Choreograf und Dozent, Berlin / Matthias Romir, Clown, Jongleur, Regisseur im Bereich Neuer Zirkus, Nürnberg / Andrea Salustri, Jongleur, Berlin / Moritz Schönbrodt, Puppentheaterschaffender und Autor, Biel/Bienne / Stefan Sing, Jongleur, Choreograf und Dozent, Berlin / Eva Sotriffer, Figurenspielerin und Figurenbauerin, Südtirol/IT / Claudio Stellato, multidisziplinärer Künstler, Brüssel / Jaqueline Surer, Figurenspielerin und Co-Leiterin der Figurentheatersparte am Luzerner Theater / Marek Turošík, Dramaturg und Dozent, Accademia Dimitri, Verscio / Corinna Vitale, Dozentin für Tanz und Komposition, ehemalige Direktorin Accademia Dimitri, Verscio Übersetzungen Summaries: Roy Kift Korrektorat: Christofer Schmidt, Petra Szemacha

Impressum double. Magazin für Puppen-, Figuren- und Objekttheater – Herausgegeben vom Deutschen Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst, Bochum – www.fidena.de Das Magazin erscheint in redaktioneller Verantwortung des Vereins zur Förderung der Kunst und Kultur des Puppen-, Figuren- und Objekttheaters (V.i.S.d.P.) und in Zusammenarbeit mit dem Verlag „Theater der Zeit“. Redaktion: Mascha Erbelding (verantw., Thema), Annika Gloystein (verantw., Thema), Anna-Maria Polke, Christofer Schmidt, Moritz Schönbrodt, Petra Szemacha, Dr. Meike Wagner Redaktionsbüro: Christofer Schmidt Redaktion Schweizer Fenster: Franziska Burger, Jaqueline Surer Beirat: Silvia Brendenal, Christoph Lepschy, Anke Meyer, Christina Röfer, Tim Sandweg, Katja Spiess, Dr. Gerd Taube Redaktionsanschrift: Redaktionsanschrift: Redaktion double, Deutsches Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst, Hattinger Str. 467, 44795 Bochum, Telefon: 0234.477 20, redaktionsbuero@double-theatermagazin.de Gestaltung: Robert Voss, Halle (Saale) Verlag: Theater der Zeit, Berlin – www.theaterderzeit.de Bezug: double ist erhältlich – als Beilage der Abonnenten-Auflage von „Theater der Zeit“ – als gesondertes double-Abonnement: zwei Ausgaben double und zwei Ausgaben Theater der Zeit für 16 EUR pro Jahr (Ausland zzgl. 18 EUR Porto) – als Einzelausgabe, gedruckt oder als pdf-Datei Abo-Service: 030.4435 285-12 oder über www.theaterderzeit.de Anzeigen: Deutsches Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst, Hattinger Straße 467, 44795 Bochum, Telefon: 0234.4 77 20, anzeigen@fidena.de Druck: Druckhaus Sportflieger, Berlin Alle Rechte bei den Autor*innen und der Redaktion, Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion. Für unaufgefordert eingesandte Bücher, Fotos und Manuskripte übernimmt die Redaktion keine Haftung. Bei Nichtlieferung infolge höherer Gewalt oder infolge von Störungen des Arbeitsfriedens bestehen keine Ansprüche gegen den Herausgeber oder den Verlag. Die double-Redaktion bemüht sich um gendergerechte Sprache, belässt dabei aber den Autor*innen ihre individuelle Form der Umsetzung. Die Artikel der Rubrik „Schweizer Fenster“ folgen der Orthografie des Schweizer Hochdeutschs. Redaktionsschluss für das vorliegende Heft war der 28. Januar 2024. double 50 erscheint im November 2024. Redaktionsschluss für diese Ausgabe ist der 31. August 2024. Das Thema des nächsten Hefts ist „Re-enactment“. www.double-theatermagazin.de – www.fidena.de – www.theaterderzeit.de

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