Double 51. Worte formen

DOUBLE Magazin für Puppen-, Figuren- und Objekttheater

Ausgabe 1/2025 ::: Nr. 51 ::: 22. Jahrgang ::: PREIS: 8 €

WORTE FORMEN Zum Verhältnis von Puppe und Text

FIGURE IT

I N T E R N AT I O N A L E S T R E F F E N F Ü R F I G U R E N T H E AT E R & S H OW C A S E F I G U R E N T H E AT E R Z E N T R U M W E S T F L Ü G E L L E I P Z I G mit: Gare Centrale [Belgien], Vélo Théâtre [Frankreich], Théâtre de Cuisine [Frankreich], Théâtre Manarf [Frankreich], Gyula Molnàr [HU/IT], Francesca Bettini [IT], Inbal Yomotovian [FR/ISR], Grupa Coincidentia [Polen], Wilde & Vogel [Leipzig], Lehmann und Wenzel [Leipzig], Ranga Shankara [Indien], Omayra Martínez Garzón [Argentinien] u. a. –––– Netzwerktreffen zu: Sprachübergreifendes Inszenieren, Interkulturelle Zusammenarbeit, Einfluss politischer Konflikte auf den Kulturbetrieb, u. v. m.

18 . – 2 2 . 6 . 2 5 – I N FO S/TICK ETS: W W W.W ESTFLU EGEL.DE

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INHALTSVERZEICHNIS

E D I T O R I A L

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THEMA

Worte Formen – Zum Verhältnis von Puppe und Text

Lars Rebehn

Das Repertoire der Dinge Texte für die Puppenbühne – ein geschichtlicher Überblick

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Hans-Jochen Menzel

Zwischen Wort und Form schwebt nur der Geist Vier Arten einen Text zu lesen

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Material – Worte und Material Über das Offene und Geschlossene in der Begegnung von Zeitgenössischem Figurentheater und Gegenwartsdramatik

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Neue Dramatik trifft Figurentheater Die Nominierten des FIDENA Stückepreises im Gespräch

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Moritz Schönbrodt

Leben zwischen den Zeilen Texte als Teil des Verlebendigungsprozesses auf der Bühne

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Frank Soehnle

Verwandlung oder Reibung Textwirklichkeiten im Figurentheater

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Sofie Neu

Die Dinge, die die Welt bedeuten Vier Schreibaufträge für „100 Sekunden“ am Puppentheater Magdeburg

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Florian Rzepkowski

Das Post-Pocci-Theater Über die Notwendigkeit eines dramatischen Texts im Puppentheater

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Tom Mustroph

Festival der Besessenen Theater der Dinge in Berlin gab dem Unheimlichen und rational wenig Zugänglichem Raum

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Gislinde Nauy

Dober Dan, Ljubljana!

Drei Tage und hundert Eindrücke vom Puppentheaterfestival LUTKE

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Manfred Jahnke

Bewegen, Zeichnen, Überzeichnen Eindrücke von der Imaginale 2025 in Stuttgart

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Annika Gloystein

Die Magie der Buchstaben „Zauberzeichen“ von theater katinkaspringinsfeld

37

Almut Wedekind

The right moment to flower in defiance „Turn The P/Age“ von Eva Meyer-Keller

38

Christofer Schmidt Anders aufgehängt – Begegnungen zwischen Bildender Kunst und Puppe

„Cutting the Puppeteer's Strings“ in der Sammlung Philara

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FESTIVAL

INSZENIERUNG

AUSSTELLUNG

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INHALTSVERZEICHNIS

SEITENBLICK Annie Eckert

Bürger*innen treffen Depot Einblicke in das 4PS-Fellowship

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PORTRÄT

Doppelspitze in Bochum

Das Deutsche Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst e. V. bekommt neue Leitung

SCHWEIZER FENSTER

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Sibylle Heiniger

Die Zerlegung eines Teebeutels Grünschnabel 2024 an Moritz Praxmarer

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Annina Mosimann

Coaching als Fördermassnahme Migros-Kulturprozent unterstützt Berufsanfänger*innen

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E N G L I S H S U M M A R I E S

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NOTIZEN / FESTIVALKALENDER

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I M P R E S S U M

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Titel: theater katinkaspringinsfeld, Zauberzeichen. Foto: Jutta Missbach Contents double 51: T H E M E : Words Forms – On the relationship between the puppet and the text // Lars Rebehn The repertoire of things Texts for the puppet theatre – a historical overview // Hans-Jochen Menzel Only the spirit hovers between words and form Four ways of reading a text // Material – Words and Material On the open and closed in the encounter between contemporary puppet theatre and contemporary drama // New drama meets puppet theatre An interview with the nominees for the FIDENA Play Prize // Moritz Schönbrodt Life between the lines Texts as part of the process of bringing the theatre to life on stage // Frank Soehnle Transformation or Friction Textual realities in puppet theatre // Sofie Neu The things that signify the world Four writing commissions for “100 seconds” at the Magdeburg Puppet Theatre // Florian Rzepkowski Post-Pocci Theatre On the need for texts in puppet theatre F E S T I V AL Tom Mustroph Festival of the Obsessed The Theatre of Things in Berlin makes space for the uncanny and the rationally inaccessible // Gislinde Nauy Dober Dan, Ljubljana! Three days and a hundred impressions of the LUTKE puppet theatre festival // Manfred Jahnke Moving, drawing, overdrawing Impressions of the Imaginale 2025 in Stuttgart

PROD U CT IONS Annika Gloystein The Magic of Letters

“Magic Signs” by theatre katinkaspringinsfeld // Almut Wedekind The right moment to flower in defiance “Turn The P/Age” by Eva Meyer-Keller EXHIBI TI O N Christofer Schmidt Hung differently – encounters between visual art and puppets “Cutting the Puppeteer’s Strings” in the Philara Collection S I DEWA Y S GLA NC E Annie Eckert The people meet the depot Insights into the 4PS Fellowship German Forum for Puppet Theatre and Puppetry gets new directors

PORT RAIT Dual leadership in Bochum The

SW ISS W IND OW Sibylle Heiniger Dismantling a tea bag Grünschnabel 2024

to Moritz Praxmarer // Annina Mosimann Coaching as a funding measure Migros Culture Percent supports young professionals

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EDITORIAL

WORTE FORMEN Zum Verhältnis von Puppe und Text Das Theater der Dinge hat keine ihm eigene Literatur. Kaum eine zumindest. Jedenfalls nicht im deutschsprachigen Raum. Als Theaterform, die sich lange Zeit eher fern von staatlichen Institutionen hielt und der oft nicht die Bedeutung des Schauspiels beigemessen wurde, etablierte sich mit der Dramatik an den großen Bühnen keine separate für Puppen. Nichtsdestotrotz gab es auch in früheren Zeiten schon Schnittstellen, an denen Literatur und Puppen aufeinandertrafen. Lars Rebehn skizziert einen Längsschnitt über die Literatur als Textproduzentin für das Theater der Dinge. Nicht jeder Text schaffte und schafft es, Puppenspielenden eine gute Grundlage zu sein für die Arbeit mit Material. Aus diesem Grund stellt sich Hans-Jochen Menzel der Frage, nach welchen Kriterien man Texte für das Puppentheater auswählen kann und macht vier Arten aus, auf die er einen Text liest. Ist es da nicht einfacher, Schreibende und Spielende schon im Studium auf die Chancen von Zusammenarbeit aufmerksam zu machen? Ein solcher Versuch ist das Format „Puppen&Stifte“. Mona Schlatter spricht dazu mit drei Teilnehmerinnen dieses Kooperationsprojektes des Studiengangs Zeitgenössische Puppenspielkunst der HfS „Ernst Busch“ und dem Studiengang Szenisches Schreiben an der UdK Berlin. Einen wiederum anderen Weg begeht das dfp, wenn es in diesem Jahr zum ersten Mal gemeinsam mit dem Heidelberger Stückemarkt den FIDENA Stückepreis vergibt. Ist jeder dramatische Text ein Puppentheatertext, wenn er mit den Mitteln des Theaters der Dinge auf die Bühne gebracht wird? Aus den Nominierten des Stückemarkts wird ein Text ausgewählt, der in der nächsten Spielzeit am Musiktheater im Revier Gelsenkirchen inszeniert werden wird. Christofer Schmidt sprach mit fünf der sechs Nominierten über ihre Zugänge zum Text und Gedanken zu ihren Texten in Bezug auf die Umsetzung für Figurentheater. Im Gegensatz dazu begleitete die These, dass Text im Puppentheater Material ist, Moritz Schönbrodt über die letzten Jahre. Nun zieht er seine langjährige These in Zweifel und untersucht den Text stattdessen auf seine Eigenschaft als Teil des Animationsprozesses hin. Eine besondere Position kommt der Lyrik im Figurentheater zu. Aus seiner Erfahrung heraus beschreibt Frank Soehnle den Weg vom literarischen Text zur (meist) stummen Puppe und dem eigenen Schreiben. In den Produktionsprozessen der Stadttheater ist eher selten Platz für derlei Personalunionen von Spielenden und Schreibenden. So setzte das Puppentheater Magdeburg zur Spielzeiteröffnung 2023 auf Textaufträge an etablierte Dramatiker*innen. Sofie Neu sprach mit ihnen über die verschiedenen Zugänge zum Schreiben für Dinge.

Florian Rzepkowski fragt sich in Hinblick auf die Inszenierungen des Künstlerkollektivs peaches&rooster, ob Texte im Puppentheater überhaupt auf der Bühne gesprochen werden müssen und wenn ja, ob die Dramatik dafür noch geschrieben werden muss.

Im Anschluss an den Thementeil folgen Festivalberichte vom Theater der Dinge in Berlin, vom Puppentheaterfestival LUTKE in Ljubljana und von der Imaginale in Stuttgart. Bei den besprochenen Inszenierungen blitzt das Thema des Heftes noch einmal auf: Pappmaché-Buchstaben sind die Protagonisten in „Zauberzeichen“ von theater katinkaspringinsfeld – ein Foto aus der Inszenierung ziert das Cover des Heftes. Die neueste Inszenierung von Eva Meyer-Keller, „Turn The P/Age“, hat Almut Wedekind in den Berliner Sophiensælen gesehen und Christofer Schmidt hat die Ausstellung „Cutting the Puppeteer's Strings“ in der Sammlung Philara in Düsseldorf besucht. Im Rahmen des 4PS-Fellowship erkundet Annie Eckert, wie Citizen Science bisher unbearbeitete Forschungsfelder erschließt und die Sichtbarkeit von Puppentheater-Sammlungen erhöhen kann. Helene Ewert und Christofer Schmidt – das designierte Leitungsduo des Deutschen Forums für Figurentheater und Puppenspielkunst e. V. – sprechen im Interview über ihre Visionen fürs Figurentheater in Bochum und darüber hinaus. Im Schweizer Fenster wird Grünschnabel-Preisträger Moritz Praxmarer von Sibylle Heiniger gewürdigt und Annina Mosimann berichtet von ihren Erfahrungen als Mentee bei einem Coaching-Programm für Nachwuchskünstler*innen.

Eine anregende Lektüre wünschen Moritz Schönbrodt und Annika Gloystein

In German-speaking countries no specific drama for the theatre of things has emerged in recent centuries. For many years this form of theatre tended to avoid state institutions and was often not accorded the importance of drama and failed to establish itself as a separate genre on the major stages. As a result, all kinds of texts from every literary genre are often chosen as a basis. These are then read by the performers to determine their suitability as puppet theatre texts. Equally often, the puppeteers themselves act as authors. In recent times there have been repeated attempts to bring playwrights into contact with puppetry, through special modules in degree programmes, or text commissions from theatres or through competitions. theater katinkaspringinsfeld, Zauberzeichen. Foto: Jutta Missbach

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THEMA

DAS REPERTOIRE DER DINGE Texte für die Puppenbühne – ein geschichtlicher Überblick Puppentheater gilt in seiner gesamten Geschichte zugleich als armes und als reiches Theater – reich an theatralen Mitteln und arm in seiner ökonomischen Gesamtsituation. Diese hat sich in der Vergangenheit auf die Textproduktion für das Genre ausgewirkt und tut es bis heute. Lars Rebehn, Oberkonservator der Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlung Dresden, gibt eine historische Einordnung.

V o n L a r s R e b e h n /// In traditionellen Handpuppenbühnen gab es gewöhnlich nur einen Spieler, in Marionettenbühnen zwei bis vier Spieler und Sprecher. Diese vermeintliche Schwäche war aber auch eine Stärke, da Schauspielbühnen mit einem bis drei Dutzend Akteuren eines zahlungskräftigen Publikums und einer viel stärkeren Koordination bedurften. Schauspieltexte wurden bereits im 17. Jahrhundert niedergeschrieben, waren Eigentum der Prinzipale, wurden von den Souffleuren verwaltet und den Schauspielern nur in Auszügen, den „Rollen“, ausgehändigt. Dieses sollte verhindern, dass die Akteure mit den Texten zu anderen Bühnen übergingen. Brauchbare Texte wurden kaum gedruckt.

Das Handpuppenrepertoire entwickelten die Spieler seit dem 13. Jahrhundert selbständig. Es hatte im Verhältnis zum Dialog einen hohen spielerischen Anteil und verbreitete sich über Sprachgrenzen hinaus in ganz Europa und dies in relativ kurzer Zeit. Es gab nur kurze, fünf- bis zehnminütige Szenen, die alle damit endeten, dass die lustige Figur (Meister Hämmerlein, Pulcinella, Kasper) eine zweite Figur nach den Regeln der Kunst erschlug. An der spannendsten Stelle wurde bei den Zuschauern das Geld eingesammelt.

Alle Szenen wurden ausschließlich mündlich überliefert. Dennoch wiesen sie über Jahrhunderte eine hohe Kontinuität auf.

Handschrift der Familie Listner, links Brandflecken von einem umgekippten Licht, rechts in der unteren Ecke starke Gebrauchsspuren vom Umblättern während der Vorstellung. Puppentheatersammlung Dresden, Inv.-Nr. 15133.

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Anders war es beim Marionettentheater. Dies teilte sich sein Repertoire seit dem 17. Jahrhundert mit dem Schauspiel. Allerdings nutzte es nur eine kleine Auswahl aus dessen großem Repertoire. Bisher wurde nicht untersucht, warum welche Stücke den Weg auf die Marionettenbühne fanden und sich dort halten konnten und andere nicht.

Um 1800 hatten die meisten Marionettenbühnen ein Repertoire von etwa 20 bis 25 Stücken. Das war das Textvolumen, das sich geübte Puppenspieler merken und im Ensemble gemeinsam aufführen konnten. Wenn die Stücke abgespielt waren, zogen die Puppenspieler nach einigen Wochen weiter. Auf Grund der niedrigen Eintrittspreise erreichten sie in den größeren Städten breitere Bevölkerungsschichten als die Theaterbühnen und konnte daher ihr Repertoire dort auch mehrfach spielen. Durch die mündliche Überlieferung veränderten sich die Texte immer wieder und neue Stücke führten zum Verlust älterer Puppenspiele.

Vom Spielen aus dem Kopf zum Spielen nach dem Buch Ab etwa 1800 erfolgte vermehrt die Niederschrift der Texte. Dies ermöglichte auch die Erweiterung des Repertoires ohne Verluste. Um 1900 besaßen einige Prinzipale über 200 verschiedene Manuskripte. „Der Marionettenmann erzählte mir, daß er seine Stüke meist aus andern abgeschrieben, mehrere aber nach Lesebüchern selbst bearbeitet habe“, berichtete Justinus Kerner 1809 aus Hamburg an Ludwig Uhland. Dieses Abschreiben war stets ein Bearbeitungsprozess. Wurden moderne Schauspieltexte für die Marionettenbühne adaptiert, bedeutete dies zunächst das Einfügen der lustigen Figur, des Hanswurst oder Kaspers, der in der zweiten Hälfte des 18.

Jahrhunderts von den Schauspielbühnen verdrängt worden war, und das großzügige Zusammenstreichen des Texts, insbesondere bei Nebenfiguren und -handlungen. Traditionelle Marionettenspiele, deren Wurzeln im 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts lagen, umfassten in den Handschriften des 19. Jahrhunderts gewöhnlich 6.000 bis 10.000 Wörter zuzüglich der Improvisationen der lustigen Figur. Dies entsprach etwa dem Umfang eines einzigen Akts eines Schauspiels dieser Zeit. Die Marionette scheint also nicht viel Text vertragen zu haben.

Im Zeitalter der Romantik wurde eine Reihe von Marionettenspielen gedruckt, die ihren Weg auf die Marionettenbühne fanden. Ihre Autoren wie Johann Daniel Falk (1768–1826), August Mahlmann (1771–1826), Julius von Voß (1768– 1832) oder Carl Stein (1773–1855) waren aber keine Romantiker. Die Werke gingen eher in Richtung Zeitsatire und konnten sich daher nicht lange halten. Romantiker wie Tieck, Brentano, Kerner und Arnim hatten zwar ein großes Interesse an den Puppenspielen, die wenigen überlieferten Texte sind aber so fantastisch überladen, dass sie nicht aufgeführt wurden.

Im 19. Jahrhundert begannen die Marionettenspieler häufiger neue Texte selbst zu verfassen, da sie aus der veränderten Dramenproduktion des Schauspiels immer weniger schöpfen konnten.

So wurden verstärkt Sagen und sensationelle Ereignisse für die Marionettenbühne adaptiert. Nur Komödien verfassten die Prinzipale selten selbst.

Hier griffen sie auf Possen und Lustspiele aus den „Schwankfabriken“ von Franz Arnold und Ernst Bach und ähnlichen Autoren des Boulevardtheaters zurück.

Künstlerisches Puppenspiel Als sich im 20. Jahrhundert das künstlerische Puppentheater mit Handpuppen und Marionetten entwickelte, das von bürgerlichen Künstlern Staatliches Puppentheater Dresden 1960, Das Entlein. Nina Gernet (1899–1982) und Tatjana Gurewitsch (1902–1941). Puppentheatersammlung Dresden, Inv.-Nr. 17897.

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THEMA

geprägt wurde, entstand ein völlig neues Repertoire. Abgesehen vom „Puppenspiel vom Dr. Faust“ wurden die bis dahin überlieferten Stücke kaum übernommen. Die modernen Marionettenbühnen griffen auf die Texte des „Kasperlgrafen“ Franz Pocci (1807–1876) zurück, die ab 1907 urheberrechtsfrei waren. Sie spielten klassische Dramatik wie Goethe, Singspiele und kleine Opern oder versuchten sich an den neuesten Autoren wie Arthur Schnitzler. Vereinzelt gab es auch eine Zusammenarbeit mit Dichtern. Die Anreize für das Verfassen von Puppenspielen waren aber gering.

Man erhielt dafür in Deutschland weder gesellschaftliches Ansehen noch Geld. So schrieben auch die neuen Marionettenspieler ihre Texte meist selbst.

Bei den künstlerischen Handpuppenspielern sah es ähnlich aus. Zwischen den beiden Weltkriegen wurde eine dreistellige Zahl an Puppenspielen von Verlagen wie Arwed Strauch (Leipzig), Bloch (Berlin) und Danner (Mühlhausen) veröffentlicht. Die Autoren kamen in der Mehrzahl nicht aus der Bühnenpraxis oder waren Amateure. Die meisten Texte waren als Handpuppenspiele konzipiert und richteten sich vorrangig an Laienspieler. Künstlerische Berufspuppenspieler nutzten diese nur selten, zum einen, weil sie dafür Tantiemen zahlten mussten, zum anderen, weil diese Texte selten eine höhere Qualität aufwiesen. Sie hätten auch den Eigenheiten der einzelnen Bühnen zu sehr angepasst werden müssen. So verfassten auch die meisten Handpuppenspieler ihre Texte Stücke selbst. In der NS-Zeit verschwanden bestimmte Inhalte von der Bühne, sonst blieb erstaunlich viel beim Alten.

Textproduktion in Ost und West Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich an der Situation der Puppenbühnen nichts, mit der Ausnahme, dass von den alliierten Armeen eine strenge Zensur eingeführt wurde. Diese wurde nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland aufgehoben, blieb aber in der Deutschen Demokratischen Republik erhalten, obwohl es in der Verfassung hieß: „Eine Pressezensur findet nicht statt.“ Stattdessen gab es ein Genehmigungssystem, das als Vorzensur anzusehen ist. Allein im Land Sachsen wurden bis 1952 mehr als die Hälfte aller eingereichten Texte nicht genehmigt (= verboten). Dies geschah weniger aus politischen als vielmehr aus ästhetischen Gründen. Wobei die Zensoren selbst wenig qualifiziert waren. Ab 1953 wurde die Zensur vom Ministerium für Kultur in Berlin durchgeführt. Neben dem Verbot einzelner Texte gab es auch den Lizenzentzug für Bühnen, d. h. ein vollständiges Spielverbot.

Im Westen schrieben wenige Schriftsteller für die Puppenbühne. Der bekannteste dürfte Tankred Dorst (1925–2017) sein, der zwischen 1953 und 1961 sieben Stücke für die Marionettenbühne „Kleines Spiel“ in München verfasste oder bearbeitete. Nachdem er erste Erfolge auf der großen Bühne verzeichnen konnte, folgten keine weiteren Marionettenspiele von ihm.

Beim Ministerium für Kultur der DDR richtete man 1953 ein Puppenspielreferat ein, das nicht nur für die Zensur verantwortlich war, sondern auch Strategien zur Entwicklung eines sozialistischen Puppenspielrepertoires ergriff. Es sollten Schriftsteller mit dem Verfassen neuer Puppenspiele beauftragt werden. Dies scheiterte jedoch daran, dass man nur Autoren fand, die sich zuvor weder mit dem Verfassen von dramatischer Literatur noch den Spezifika der verschiedenen Puppentheaterformen beschäftigt hatten. Es gab nur wenige Ausnahmen wie Edith Bergner (1917–1998) in Halle. Sie war aber nicht beauftragt worden und verfasste ihre Texte in Zusammenarbeit mit dem neugegründeten Puppentheater Halle aus eigenem Antrieb.

Puppentheater Zwickau 1963, Das übermütige Entlein. Nina Gernet (1899–1982) und Tatjana Gurewitsch (1902–1941). Puppentheatersammlung Dresden.

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THEMA

In anderen sozialistischen Ländern war es in den 1950er Jahren gelungen, in Zusammenarbeit mit erfahrenen Dramatikern erfolgreiche Puppenspiele zu verfassen. Daher beauftragte das Berliner Ministerium die Übersetzung von Puppenspieltexten aus dem Russischen, Tschechischen, Ungarischen und Polnischen ins Deutsche. Diese wurden teilweise in volkseigenen Verlagen publiziert und fanden dann auch ihren Weg auf die Puppenbühnen der DDR. Die wichtigste Hochschule für Puppentheater befand sich in den 1950/60er Jahren in Prag. Studenten aus der DDR mussten die Unterrichtssprache Tschechisch beherrschen und konnten daher insbesondere tschechische Texte, aber auch solche aus anderen Ländern, die zuvor ins Tschechische übertragen worden waren, ins Deutsche übersetzen.

Der normale Weg der Textproduktion in Ost- und Westdeutschland blieb die Schöpfung innerhalb der Puppenbühnen selbst.

Durch die Professionalisierung der DDR-Ensembles wurden ab den 1960er Jahren eigens leitende Stellen mit Regieverpflichtung und solche für Dramaturgen geschaffen. Die Stücke entstanden weiterhin aus der Praxis heraus. Sie wurden zunächst niedergeschrieben, bevor die Inszenierungsarbeit begann. Die Texte wurden begutachtet und dramaturgisch überarbeitet, dann ein Regiekonzept erstellt, Puppen- und Bühnenbild entworfen und schließlich die Probenarbeit begonnen. Die Stückentwicklung innerhalb des Probenprozesses wie beispielweise bei „Der Fischer und seine Frau“ (1975) von Einar Schleef (1944–2001) am Staatlichen Puppentheater Dresden blieb in der DDR lange die Ausnahme. Schleefs Inszenierung kam ohne Puppen aus und wurde nach der Premiere abgesetzt.

In den fast ausschließlich privatwirtschaftlich organisierten westdeutschen Puppenbühnen, die im Normalfall Familienbetriebe waren, konnten die Bühnenleiter frei über den Weg zum fertigen Stück entscheiden. Auch hier war es bis in die 1970er Jahre üblich, zunächst den Text oder doch zumindest ein Szenarium zu fertigen, um dann die Ausstattung der Inszenierung in Auftrag zu geben. Regisseure waren bis in die 1970er eher die Ausnahme und so blieb alles in einer Hand. Seither war es üblich, dass Kollegen zumindest in der Endphase eines Probenprozesses einen kritischen „Draufguck“ machten. Dabei ging es eher um szenische Fragen und weniger um die Texte. In den 1980ern spezialisierten sich einige Puppenspieler auf die Regiearbeit. Dabei erhielt die Stückentwicklung innerhalb des Inszenierungsprozesses eine immer größere Rolle.

Im vereinten Deutschland sind es weiterhin die Puppenspieler und Regisseure, seltener die Dramaturgen, die sich für die Texte verantwortlich zeichnen. Dabei gibt es bis heute in Deutschland keine spezifische Ausbildung oder Regiestudium für Puppen- und Figurentheater.

Nichtsdestotrotz gab es in den letzten Jahren Versuche, Schriftsteller mit Werken für das Puppentheater zu beauftragen. Die Schwierigkeit bleibt aber, die Theaterfigur nicht symbolisch zu überfrachten oder das Puppentheater zu dialogisch und zu wenig szenisch zu denken, um die reichen Mittel dieser besonderen Theaterform bestmöglich zu nutzen.

Zum Weiterlesen: Olaf Bernstengel/Lars Rebehn: Volkstheater an Fäden, Halle/S. 2007 Lars Rebehn: Der gute Mercks, Montpellier 2021 (https://nakala.fr/10.34847/nkl.f55bzz17) Lars Rebehn: Vorzensur, Nachzensur, Selbstzensur, Graz 2020 (https://unipub.uni-graz.at/download/pdf/5317201.pdf) https://web.archive.org/web/20220121051202/http://lithes.uni-graz.at/home.html https://puppetplays.eu/ Baden-Badener Künstler-Marionettentheater Ivo Puhonny, Das Duell (Ludwig Thoma, 1902), um 1912. Puppentheatersammlung Dresden, Inv.-Nr. F 19,13.

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ZWISCHEN WORT UND FORM SCHWEBT NUR DER GEIST Vier Arten einen Text zu lesen Es gibt keine Definition dafür, was einen (guten) Text für das Theater der Dinge ausmacht. Dennoch wählt man auf der Suche nach geeigneten Texten unter bestimmten Kriterien aus, welche zur Verlebendigung taugen können und welche nicht. Puppenspieler, Autor, Regisseur und Dozent Hans-Jochen Menzel macht vier Arten aus, auf die ein Text gelesen werden kann.

V o n H a n s - J o c h e n M e n z e l /// Ich hatte – lang ist’s her – im Studium, damals hieß das freie Projekt noch „Wahlrolle“ – mir Kleist erwählt, den Anfangsmonolog des Sosias aus „Amphitryon“.

Der Grund: 1. – ich fand diese Sprache, diese Verse einfach großartig, ich liebte es, sie zu sprechen; 2. – diese überspitzte Situation: soweit weg von der Wirklichkeit, aber dermaßen nah dran und 3. - der Witz, der intelligente Humor, 4. - der schräge Charakter von Sosias, dessen genaue soziale Zeichnung, 5. – die intellektuelle Idee des doppelten ICHs. Wie man sieht, sind es Bächlein, die sich vereinigen zum Strom, der einen mitnimmt. In der praktischen Umsetzung war dann z. B. die Puppenfrage (welche Puppenart, wie muss das Gesicht von Sosias aussehen, welches Alter usw.) gar nicht mehr so wichtig: Es wurde ein unförmiger kleiner Kopf aus Kinderknete mit einer halben Kokosnussschale als Helm darauf, der Körper ein alter Strumpf, ein schwarzes Tuch, eine Handpuppe vor mir auf einem Brett zwischen zwei Stühlen gespielt, die linke Hand als Puppenhand – ein klarer Fall von Inhalt schlägt Ausstattung.

Es kam sehr gut an, ich spielte es bei allen möglichen Gelegenheiten und Feten. Später habe ich mit Regina Menzel ein KleistProgramm daraus gestrickt mit anderen Kleist-Texten und -Szenen, teilweise auch schauspielerisch vorgetragen.

Ich will damit sagen, dass als Erstes die Höhe, die Qualität der emotionalen Zuwendung zu einem Textobjekt ausschlaggebend sein kann. Was wir allerdings manchmal – vor allem bei Laien – sehen, ist, dass aus ihrer Begeisterung für einen Text nicht unbedingt sehr gute Qualität entsteht. Die findet man bei professionellen Arbeiten auch nicht immer, aber das Niveau ist meistens höher.

Lesen und Lesen lassen Daran ist zum Zweiten zu erkennen, dass der Umgang mit dem vorhandenen Textobjekt offensichtlich bestimmte handwerkliche Fähigkeiten notwendig macht. Diese beinhalten nicht nur die emotionale Bindung an einen Text, sondern auch eine ziemlich abgefeimte rationale Sicht auf die theatralen und gesellschaftlichen Vorteile, die aus diesem Textobjekt herauszuholen sind, um

Berliner Ensemble, Brechts Gespenster. © internationales figuren.theater.festival, Foto: Erich Malter, 2023

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Erfolg damit zu haben. Ich will mal gar nicht davon reden, dass die langweiligsten dummen Texte von guten Spieler*innen gegeben, über sich selbst hinauswachsen oder dass begnadete Puppenbauer*innen schon so manches müde Stück Text auf den Thron gehoben haben.

Man sieht, das Textobjekt ist im Durchleuchten, beim Durchsuchen, bevor man es in Anspruch nimmt, schon nicht mehr allein verantwortlich für gutes Puppentheater. Das zwingt einen dazu, einen Text schon beim ersten Mal nicht gänzlich ohne Vorstellungskraft und innere Beteiligung zu lesen.

Aber auch danach muss man das tun: das Textobjekt durchsuchen, lesen ohne Anspruch auf theatrale Erfüllung, ohne Freude, schlecht gelaunt mit Hang zur Häme und mit Freude am Abstreiten von besonderen Qualitäten dieses Textes. Machen wir uns nichts vor – wir lesen Texte immer mit einer Haltung, in einem bestimmten Bewusstseinszustand – der Körper liest mit, wie man so schön sagt – aber wenn man das akzeptiert, kann man es nutzen und das ist dann professionell und wird zum Handwerk.

Darüber, dass man sowieso höchstens die Hälfte davon selber ausrichten kann, was am Ende ein Theatererlebnis ausmacht, sind wir uns sicher einig, und insofern ist die dritte Art, Textobjekte professionell zu lesen, sie als imaginäre Zuschauer*in zu konsumieren.

Der Text als lebendiges Material Wenn es darum geht, Texte zu lesen, die ich möglicherweise umsetzen will, dann gibt es nur ein wahrhaftiges Kriterium, sich für einen bestimmtem Text zu entscheiden und das bin ich selbst. Alles andere ist Handwerk und kann helfen.

In meiner Vorstellung ist der Text selber ein Objekt, eine Puppe, eine Person, eine Figur, vielleicht sogar ein Mensch, auf jeden Fall etwas Lebendiges – jedenfalls im Normalfall (es gibt auch sehr tote Textobjekte).

Das Textobjekt ist aber nicht nur der Text selbst, das Textobjekt umfasst das Leben vor und nach dem Text und das ist wohl die vierte Art, Texte zu lesen, sie zu erleben: Wie kam es zu diesen Worten, Sätzen, was löste sie aus – was passiert, nachdem die Worte verklungen sind?

Wie gehe ich dann mit dem Text um, den ich auf diese Art und Weise durch den Wolf gedreht und für mich auserkoren habe, den ich erst mal gut finde?

Manchmal z. B. gibt es ganz praktische Anzeichen für Puppen, z. B. wenn Geister dabei sind oder Tiere oder Dämonen – Trolle und dergleichen – dann wäre ich für eine Mischung aus Schauspiel und Puppe, denn Menschen und Dämonen aus dem gleichen Stoff, im gleichen Design und Stil sind langweilig.

Wenn man Textobjekte für Puppentheater untersucht, wechselt man ständig zwischen den Welten – der Welt der Ausstattungen, Formen und Abbildern und der Welt der unstofflichen Worte und Gedanken – hin und her.

Man versucht das eine mit dem anderen in Einklang zu bringen, zu harmonisieren, man will eben sicher gehen, dass das eine mit dem anderen verwoben ist.

Es gibt aber keine Sicherheit, keine Möglichkeit nachweislich zu bestimmen, welches Textobjekt für (welche) Puppenobjekte perfekt spielbar ist. Das kann es nicht, weil jede Zuordnung ein Regelwerk aufbaut, eine Logik, die eine scheinbare Kausalität vermittelt zwischen Worten und Formen.

Die gibt es aber erwiesenermaßen nicht. Das Wort ist frei - anders würde Theater nicht funktionieren und vieles mehr auch nicht.

Zwischen Wort und Form schwebt nur der Geist. Und der ist auch frei.

Berliner Ensemble, Brechts Gespenster. © internationales figuren.theater.festival, Foto: Georg Pöhlein, 2023

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MATERIAL – WORTE UND MATERIAL Über das Offene und Geschlossene in der Begegnung von Zeitgenössischem Figurentheater und Gegenwartsdramatik Am 18. Oktober 2024 wurden an der Schaubude Berlin die Ergebnisse des Projekts „Puppen&Stifte – Neue Stücke!“ gezeigt – eine Kooperation zwischen dem Szenischen Schreiben der UdK Berlin und der Abteilung Puppenspielkunst der HfS Ernst Busch. Für double sprach Mona Schlatter (Moderation) mit Cecilia De la Jara (Puppen), Almut Schäfer-Kubelka (Regie) und Leah Luna Winzely (Stifte), die in drei unterschiedlichen Gruppen an dem Abend mitgewirkt haben.

Worum geht es bei „Puppen&Stifte“?

A lm ut Schä fe r-Kube lka : Die Idee der Kooperation ist, sich zeitgenössischen Texten mit den Mitteln des Puppenspiels zu nähern. Es gibt dieses Format schon in mehreren Auflagen. Dieses Mal gab es drei Gruppen aus Regie, Schreibenden und Spielenden. Es ging ganz dezidiert darum, eine Skizze zu machen und keine fertige Inszenierung. Jede Gruppe konnte einen Text wählen und zwei Wochen experimentieren. In der Schaubude durften wir diese Skizzen als Arbeits- und Forschungsstand zeigen.

Du hast für die Zusammenarbeit deinen Text „Der Wassermann“ ausgewählt, Leah. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Leah L una Winze ly: „Der Wassermann“ ist ein atmosphärischer und offener Text. Er lässt viel Freiraum zu forschen und im Inszenieren zu entscheiden. Es hat mich interessiert, was ist damit möglich? Was öffnet das Figurentheater dem Text für neue Räume? Gleichzeitig ist es auch ein Text, der ein Material stark in den Fokus stellt: das Wasser. Die Nähe zwischen der Hauptfigur Lasse und seinem nicht-existenten Vater, dem Wassermann, passiert in der Begegnung mit dem Wasser. Ich arbeite gerne mit Materialien und starken Stoffen, weil sie sowohl auf inhaltlicher als auch formaler Ebene etwas öffnen. Das hatte ich auch immer im Kopf: Wie geht man mit den Mitteln des Figuren- und Objekttheaters mit diesem Material um?

Wie waren die Proben für euch? Was ist in der Begegnung aufgegangen? Was nicht?

C ecilia De la Ja ra : Es war ein Glück, dass wir von Markus Joss, unserem Studiengangsleiter, dafür angefragt wurden. In allen drei Gruppen hat die Regie die Texte ausgewählt, die Gruppen waren eigentlich Zufall. Ich fand es sehr interessant, mit Leonie Euler zu arbeiten, die eigentlich auch Puppenspielerin ist und zum ersten Mal Regie geführt hat. Den Text „Lanugo“ von Luisa-Marie Kauzmann haben wir uns zuerst aus Materialperspektive angeschaut. Es war interessant, dass wir – Regie und Spieler*innen – die gleiche Sprache gesprochen haben, weil wir aus der gleichen „Familie“ kommen und einen ähnlichen Blick auf den Text haben: Was für Material spricht da zu uns? Es ging in unserem Text um Body Dysmorphia oder Essstörung und Gewalt innerhalb der Familie.

Materialarchiv Der Wassermann (Leah Luna Winzely). Collage: Emily Schlatter

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THEMA

Wir waren alle überrascht, wie konkret und fleischlich die Übersetzung ins Material war und wie diese Übersetzung wiederum eine Lücke aufgemacht hat zwischen Text und Material. Das hat uns beim Proben interessiert: Material – Worte und Material ...

Almut S chä fe r-Kub el k a: Ich finde es bei euren Gruppen schön zu sehen, wie man Puppenspiel eigentlich macht: Über das Material den Zugang zu finden. Ich fand toll, welche Übersetzungen ihr gefunden habt. Bei Caspar Bankert, der bei Leahs Text Regie geführt hat, war es genauso eindrücklich: Es gibt das Thema des Wassermanns und er wählt spezifisch dazu sein Material. Das war bei unserer Gruppe schwierig, weil mir nicht sofort das Material vor Augen stand. Ich habe den Text „Das Ding“ von Amina Hassan gewählt.

Der Text behandelt eine große Brutalität und ich habe gemerkt, dass jedes Material viel zu explizit und illustrierend ist. Ich bin viel mehr über den Körper gegangen, wie sich die Menschen auf der Bühne bewegen, während sie diesen Text sprechen. Erst im zweiten Schritt kam bei uns das Material dazu. Würde ich das Projekt noch einmal machen, würde ich versuchen, mich mehr auf die Materialität zu konzentrieren, was ja auch unser Fach ist.

Ce c ilia De la Ja ra : Das ist das Schöne an der Unterschiedlichkeit von Materialtheater oder Puppentheater oder wie man es nennen mag. Ihr habt in eurer Arbeit den Text als Material ernstgenommen. Er wird hingestellt, geknetet, verändert, modelliert. Ihr habt euch ja selber unverpuppt wie Spielfiguren in dieser Landschaft positioniert und durch Nähe und Distanz – wie auf einem Schachfeld – sehr viel über Spannungsfelder erzählt. Ich würde dir unterstellen, dass du auch über das Material gegangen bist. Eben nicht über das ausmodellierte Puppenmaterial, sondern über die Worte.

Le a h L una Winze ly : Das ist ein schöner Punkt. Ich sehe auch den Text als Material. Er ist Futter für eine Inszenierung oder einen Prozess. Es geht mehr um die Frage, wie sich das Narrativ oder der Inhalt eines Textes übersetzen und übertragen lassen.

Das bedeutet für mich nicht, dass es diesen Text eins zu eins geben muss und dazu Körper, Bewegungen und Spiel. Vielmehr kann das geschriebene Wort genommen, herausgelöst, gelöscht und in einen Vorgang, eine Bewegung, ein Lied oder eine Puppe übersetzt werden. Die Skizze von Caspar hat die unendlichen Möglichkeiten offengelegt und den Spaß am Material.

Almut S chä fe r-Kub el k a: Weißt du, ich habe viel über die Position des Textes nachgedacht. Es ist auch deswegen eine extrem spannende, aber auch wirklich herausfordernde Kooperation, weil Puppentheater ein visuelles Theater ist. Es geht immer um die Frage: Wie visualisieren wir etwas mit welchem Material? Das Material ist zusätzlich zum Inhalt auch eine Art Protagonist. Und die Texte bringen von sich aus eine ganze Welt mit. Das war die Herausforderung: Wie kann diese Kooperation tatsächlich stattfinden, ohne dass das eine das andere überdeckt? Ich weiß auch nicht, ob das gelungen ist, ehrlich gesagt.

Ce c ilia De la Ja ra : Bei uns war erst mal eine riesige Schlacht und so viel Zeug auf der Bühne. Dann gab es die Idee: Wie wär‘s, wenn wir eine Popcornmaschine kaufen? Auf einmal waren die Proben von Popcorn bestimmt. Popcorn war unser Material. Popcorn war das, was wir gegessen haben, was wir in unsere Ganzkörpermasken, unsere Haut, reingesteckt haben. Wir haben plötzlich auf dem Popcorn kleine Miniaturwelten gesehen und weitergesponnen, wie wir das vergrößern könnten.

Almut S chä fe r-Kub el k a: Es gibt wirklich eine spezifische Art von Puppendenke, sich auszubreiten, die Fühler in alle Richtungen auszustrecken und so zu suchen und ernst zu nehmen. Die Autor*innen waren da wahnsinnig offen und neugierig. Gleichzeitig hat es mich unter Druck gesetzt, dem Text und der Autorin gerecht zu werden. Es ist eine ganz klare Partnerschaft, die man eingeht. Ich habe mit Amina telefoniert und gefragt: „Sind die Bilder für dich okay?“

Materialarchiv LANUGO – Wer Hunger hat stirbt (Luisa-Marie Kauzmann). Collage: Emily Schlatter

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C ecilia De la Ja ra : Das ist vielleicht auch die Gefahr, wenn alles Material ist. Wir haben tausende Bilder und Ideen – da kann es passieren, dass Dinge sich doppelt und dreifach wiederfinden. Ich würde als These in den Raum stellen, dass in der zeitgenössischen Puppenspielkunst der Text und das Wort als Material noch ernster genommen werden könnten.

Leah L una Winze ly: Für mich steht Puppe auch eher für Fülle als für Reduktion. Deswegen fand ich deine Skizze, Almut, so toll, weil ich das Gefühl hatte, es wird sich getraut, mit sehr wenig zu arbeiten. Das bedeutet, auch Vertrauen in den Text zu setzen. Die Gewerke müssen sich gegenseitig vertrauen. Die Texte tun das in der Hinsicht, dass sie offen sind. Sie wurden ausgewählt, weil man mit ihnen arbeiten kann. Es kann dann auch wieder zurückvertraut werden in den Text, dass er genug bietet und man nicht alles übersetzen muss mit noch einem Bild, sondern sich auch mal zurücknehmen und ihn laufen lassen kann. Sonst kommt man in so ein Gegenwartsphänomen, tausend Bilder zu schauen, aber nichts mehr mit greifbarem Inhalt und Tiefe. Das ist auch ein Phänomen unserer Zeit, die Angst vor dem Wenigen.

Im Theater sehe ich kaum etwas, das sich traut, über eine lange Zeit nur mit Figuren und Text zu stehen.

Wie öffnet sich Gegenwartsdramatik für Figurentheater? Wie Figurentheater für Gegenwartsdramatik? Wie kann zeitgenössisches Szenisches Schreiben für Puppe aussehen?

Leah Luna Winze ly: Ich glaube, dass sich Gegenwartsdramatik immer mehr in eine Richtung der Offenheit entwickelt. Sie öffnet sich, weil sich Formen und Gattungen öffnen. Diese textliche Offenheit trägt einen nicht so hierarchischen Gedanken. Sie bringt eine Freiheit im Spiel, weil sie den Spieler*innen mehr Entscheidungsmöglichkeiten gibt. In dieser Offenheit laden sich Figurentheater und Gegenwartsdramatik gegenseitig ein, miteinander auszuprobieren.

C ecilia De la Ja ra : Ich sage immer, Puppenspiel ist die sozialistischere darstellende Kunst. Sie baut auf Kooperation.

A lm ut Schä fe r-Kube lka : Das ist eine riesige Freiheit. Wir sind ja nicht zwangsweise an unsere Körper gebunden, auch nicht an die Schwerkraft. Ich verstehe auch immer mehr, dass das Zusammenkommen von Puppe und Sprache sehr spezifisch für die HfS ist. Für mich ist Puppenspiel die Möglichkeit, sich einerseits den Mitteln der Sprache zu bedienen und anderseits wahnsinnig choreographisch zu denken. Wie tanzt man Material? Wie spricht eine Puppe einen Text?

C ecilia De la Ja ra : Und was ist Text für Puppe? Puppe hat tausend verschiedene Gesichter. Ich fände auch interessant zu sagen: Das ist ein expliziter Handpuppen-Text. Schnell und kurz und zackig. Als Puppenspielerin möchte ich mich allen dramatischen Texten nähern. Was mich interessiert, sind die Lücken in Texten: Das Undarstellbare – große Fragen – etwas politisch Zeitgenössisches verbunden mit einem unsagbaren Schmerz. Puppe macht in ihrer Sinnlichkeit die Absurdität der Realität und des Traums erfahrbar.

In der Problemlösung, da ist die Puppe für Gegenwartsdramatik am Start. – www.hfs-berlin.de – www.udk-berlin.de

Materialarchiv Das Ding (Amina Hassan). Collage: Emily Schlatter

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NEUE DRAMATIK TRIFFT FIGURENTHEATER Die Nominierten des FIDENA Stückepreises im Gespräch Am 4. Mai 2025 wird beim Heidelberger Stückemarkt erstmals der FIDENA Stückepreis verliehen. Dieser Preis hat das Ziel, die Verbindung zwischen Neuer Dramatik und Figurentheater zu stärken. Er wurde vom Deutschen Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst zusammen mit dem Musiktheater im Revier Gelsenkirchen ins Leben gerufen. Der mit dem FIDENA Stückepreis ausgezeichnete Dramentext wird in der Spielzeit 2025/2026 in der Puppensparte des Musiktheaters seine Erst- oder Zweitaufführung erleben. Christofer Schmidt hat den sechs nominierten Autor*innen per E-Mail Fragen geschickt; fünf von ihnen haben geantwortet.

Was kannst du uns über deinen Werdegang erzählen?

L isa Da nula t : Ich schreibe Texte seit 20 Jahren. Hauptsächlich für das Theater. Ich habe immer in Nebenjobs gearbeitet, um genügend Geld zu verdienen. Als Putzkraft, als Hausverwaltung oder als medizinische Schreibkraft beispielsweise. Als die Theater 2021 schließen mussten, entschloss ich mich dazu, noch eine Ausbildung im medizinischen Bereich zu machen, um beruflich und existenziell mehr Sicherheit zu gewinnen.

Ya nnic Ha n Bia o Fed erer: Ich habe mit Kurzgeschichten begonnen, mich von dort in die Romanform vorgearbeitet, irgendwann auch für Radio und Theater geschrieben.

Und auf diesem Weg sind dann zwei Romane entstanden, eine autobiographische Erzählung, die im April bei Suhrkamp erscheint, außerdem Radioessays und zwei Theaterstücke, die von Schaefersphilippen verlegt werden.

S ve a le na Kut schke : Romane veröffentliche ich seit 2009, Stücke schreibe ich erst seit einigen Jahren. Mein erstes Stück wurde 2019 zu den Autor*innentheatertagen am Deutschen Theater Berlin eingeladen.

Z e hra N isa A ç e lya S ön m ez : laboravi, laboro, laborabo. laboravero, laboratus ero!

Re be c c a C . S chnyd er: Nach erfolgreich abgebrochenem Studium arbeitete ich als Regieassistentin und begann parallel zu schreiben.

15 Jahre später bin ich freischaffende Autorin (v. a. Drama und Hörspiel) und begleite mit meinem Kulturbüro als Performing Arts Manager verschiedenste Produktionen der freien Szene. Life is good!

Wie heißt dein Stück, worum geht es und welche Themen möchtest du damit ansprechen?

L isa Da nula t : In „OTA“ geht es um die Arbeitswelt und die Menschen darin.

Ya nnic Ha n Bia o Fed erer: In „Asiawochen“ geht es um Vanessa, die beginnt, ihre Familiengeschichte als Produkt des Kalten Krieges zu verstehen, der so kalt gar nicht war. Sie erfährt von dem Pogrom in Bandung, vor dem ihr Vater geflohen ist. Sie erfährt von Altnazis in neuen Uniformen. Und vor allem erfährt sie vom Unwissen, vom Weghören, von der beständigen Weigerung ihres Umfelds, sich der eigenen, deutschen Geschichte zu stellen.

S ve a le na Kut schke : Mein Stück „Fußnoten aus dem späten 21. Jahrhundert“ überträgt den Schrecken der Gegenwart, die Klimakrise und die glühenden Reste der Demokratie in die nahe Zukunft. Ich habe mich schon in meinem letzten Stück, auch in Romanen unter anderem mit der Denunziationsfreude von Menschen in Diktaturen beschäftigt, mit der moralischen Immunität von verwaltenden Abläufen in Behörden, das habe ich jetzt in die Zukunft übertragen und dabei mit absurden und komischen Überspitzungen gearbeitet, anders hält man das ja alles nicht mehr aus. oben: Rebecca C. Schnyder. Foto: Tine Edel unten: Yannic Han Biao Federer. Foto: AWK | Engel-Albustin, 2022

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Zeh ra N i sa Aç e l ya Sö n m e z : In „16 GB: Tischtennisplattenpolitik“ geht es vielmehr um das, was angesprochen werden muss und viel weniger um das, was ich möchte.

R eb ec c a C. Sch n yd e r: „Flaschenkinder“ erzählt von Lia und Jonas, zwei Kinder – später Jugendliche –, die mit einem alkoholabhängigen Elternteil aufwachsen.

Im Stück begleiten wir sie in drei Teilen über mehrere Jahre, erfahren von ihrem schwierigen Aufwachsen, werden aber auch Zeug*innen einer besonderen Freundschaft.

Falls dein Stück mit den Mitteln des Figurentheaters inszeniert werden würde, welche Spielform – sei es Puppe, Maske, Objekt-, Schattentheater oder eine andere – würde aus deiner Sicht gut mit dem Text oder seiner Struktur harmonieren?

Li s a Da n u l a t: Puppe und digitale Avatare. Oder auch Objekte. Menschen als Akteure in Systemen und Arbeitsgefügen. Objekte und Geräte besitzen bspw. im medizinischen Setting große Wichtigkeit.

Yan n i c Ha n Bi a o Fe d e re r: Als ich die Anfrage zu diesem Interview las, dachte ich sofort an Wayang Kulit, also an indonesisches Schattentheater.

S veal e n a Ku tsch ke : Ich kenne mich im Figurentheater und seinen Formen nicht gut genug aus, um die Möglichkeiten einzuschätzen. Da das Stück aber einen futuristischen Aspekt hat und gleichzeitig alle Setzungen ambivalent und widersprüchlich sind, es sogar unklar ist, ob der Beschreibung des Settings durch die „Regie“ zu trauen ist, wird es in der Umsetzung besonders wichtig sein, keine bildlichen Festschreibungen zu unternehmen, oder die gewählten Setzungen auch bewusst wieder zu unterlaufen.

Zehra Nisa A ç e lya S ö nmez : Das Stück bildet keine homogene Masse und bietet entsprechend (angesichts der Spielform) keine Grenzen.

Es setzt lediglich Bedingungen, die unter anderem einen rassismus- und diskriminierungskritischen Ansatz erfordern. Rassismus und Diskriminierung sind strukturell; gemäß finden diese beiden sich auch in den Geweben des Figurentheaters wieder. Demnach gilt es die Mittel sowie Spielformen eines jeden Theaters kritisch zu hinterfragen und sensibel einzusetzen.

R eb ec c a C. Sch n yd e r: Ich habe noch keine Erfahrungen mit der Umsetzung meiner Stücke mit den Mitteln des Figurentheaters, was nicht heißt, dass es sich nicht anbieten würde.

Wurden bereits Texte von dir mit den Mitteln des Figurentheaters aufgeführt?

Wenn ja, wie war diese Erfahrung? Wenn nein, welche Chancen siehst du in dieser Form des Theaters für deine Stücke?

Li s a D a n u l a t: Ich durfte eine Fassung von Moby Dick für die PuppenspielStudent*innen der Ernst Busch Hochschule schreiben und mit ihnen den Text erarbeiten. Das war eine sehr gute Erfahrung. Ich habe später noch öfter mit Prof. Friedrich Kirschner gearbeitet, dessen Kunst und Klugheit mich stets sehr inspiriert hat.

Yan n i c Ha n Bi a o Fe d e re r: Nein, ich habe bisher noch nicht für das Figurentheater geschrieben. Aber wie gesagt, mich würde interessieren, ob es möglich wäre, im Stück mit Elementen des Wayang Kulit zu spielen. Vor einiger Zeit war ich im Museum Wayang in Kota Tua, Jakarta, und dachte immer wieder, ich weiß viel zu wenig über das zeitgenössische Schattentheater, das hat mich neugierig gemacht.

S veal e n a Ku tsch ke : Nein, bisher nicht. Mein Stück arbeitet mit vielen Elementen, die nicht auf Realismus sondern auf Möglichkeiten überprüft werden sollten. So gibt es eine Sprechposition, die „Paranormales Phänomen“ genannt wird, der eine Übersinnlichkeit zugeschrieben wird, welche die Sprechposition selbst aber oben: Zehra Nisa Açelya Sönmez. Foto: Sedef Turan unten: Svealena Kutschke. Foto: Dorothea Tuch

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entschieden von sich weist. Die Regiestimme ist auch eine Sprechposition, die im Grunde die Darstellung des von ihr beschriebenen Settings obsolet macht.

Das ist vielleicht die Herausforderung: das Setting, ein Verwaltungsgebäude, gegen das die Fluten der Klimakrise drücken, zu unterlaufen. Ich kann mir vorstellen, dass das ein guter kreativer Resonanzraum für eine Regieperson aus dem Figuren- und Objekttheater wäre.

Z e hra N isa A ç e lya S ön m ez : Nein, keiner meiner Texte wurde mit den Mitteln des Figurentheaters aufgeführt. Meine Texte bilden eine „Muttererde“ für Ausformulierungen verschiedenster Art, ob diese Muttererde seitens der Theater ihre Verwendung findet, liegt nicht in dem, was meine Stücke bieten oder ich in ihnen sehe, sondern eher in dem, was die Theater suchen, finden, pflanzen und pflegen (wollen).

Re be c c a C . S chnyd er: Noch nicht, aber diese Mittel können nach meinem Empfinden eine weitere Ebene schaffen, eine zusätzliche Folie, auf/mit der ein Stück „gelesen“ werden kann. Vielleicht auch Distanz und damit eine erweiterte Reflexionsfläche, was für einige Stücke/Texte/Stoffe gewinnbringend sein kann, erforderlich gar.

Macht es einen Unterschied, ob man beim Schreiben von einem Menschen oder von einem unbelebten Objekt als „Spielendem“ ausgeht?

L isa Da nula t : Ja. Aber da kann ich natürlich nur für meinen Schreibprozess sprechen.

Ya nnic Ha n Bia o Fe d erer: Vielleicht könnte es da einen Unterschied geben, wenn man sich beim Schreiben permanent die Aufführungssituation vor Augen hielte. Aber ich glaube, wenn ich schreibe, habe ich vor allem diejenigen im Ohr oder im Kopf, die ich da sprechen und handeln lasse, und denke noch nicht so sehr darüber nach, wie und wo, wann und auf welche Weise das später einmal inszeniert werden wird.

S ve a le na Kut schke : Es macht einen großen Unterschied, für welchen Resonanzraum ich schreibe. Ich schreibe beispielsweise meine Romane völlig anders als meine Stücke. Ich bin im Schreiben fürs Theater freier, kann mit absurden und humorvollen Zuspitzungen und Setzungen arbeiten. Letztlich ist Schreiben immer Projektion, und rezipieren ist adaptieren, ich wäre gespannt, welche Interpretation das Objekttheater für meine Arbeiten hätte.

Z e hra N isa A ç e lya S ön m ez : Der Ausgangspunkt muss weder bei einem Menschen noch bei einem unbelebten Objekt noch überhaupt gesetzt werden. Er weht in einem Gaußschen Spektrum innerhalb diverser Gefühlsebenen, das sowohl von einem Menschen als auch von einem unbelebten Objekt ausgelöst stattfinden kann, jedoch nicht zwanghaft muss.

Re be c c a C . S chnyd er: Das weiß ich nicht, da ich diesen Unterschied noch nicht erfahren habe. Bis anhin bin ich immer von Menschen als Spielenden ausgegangen. Mein Schreiben ist immer sehr nahe an den Figuren, sodass es mir wohl schwerfallen würde, diese als Puppen/Figuren und nicht als Menschen zu „sehen“ während der Arbeit am Text. Ich kann mir vorstellen, dass das auch gar nicht nötig ist, wenngleich die Umsetzung mit unbelebten Objekten geschieht.

Wie siehst du die Verbindung von Neuer Dramatik und Figurentheater? Glaubst du, dass sich diese beiden Welten gegenseitig bereichern können?

L isa Da nula t : Definitiv. Wael Shawky, dessen Arbeiten ich sehr verehre, ist hier ein gutes Beispiel. Seine „Cabaret Crusades“ könnten für mich ein Wegweiser in die Verbindung dieser beiden Welten sein.

Ya nnic Ha n Bia o Fe d erer: Ja, ganz bestimmt!

Z e hra N isa A ç e lya S ön m ez : Ich bevorzuge es, nicht in derartigen Binäritäten zu denken. Theater, Kunst, Kultur und Gesellschaft sind in transkulturell verwobenen Hybriditäten gegenwärtig.

Re be c c a C . S chnyd er: Interdisziplinäre Ansätze sind meiner Meinung nach in den meisten Fällen bereichernd für jegliche Art des Kunstschaffens. Neue Texte bereits für Figurentheater zu schreiben, also ebendiese Art der Umsetzung bereits im Schreibprozess mitzudenken, ist eine gute Möglichkeit, das Figurentheater in all seinen Facetten weiter als spannende Art des Theatermachens zu etablieren.

Ausführliche Autor*innen- und Stückporträts gibt es auf: heidelberger-stueckemarkt.nachtkritik.de – www.theaterheidelberg.de/de/festivals/11-heidelberger-stueckemarkt Lisa Danulat. Foto: Barbara Dietl

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LEBEN ZWIS CHEN DEN ZEILEN Texte als Teil des Verlebendigungsprozesses auf der Bühne

Nach einem Studium der Zeitgenössischen Puppenspielkunst und des Literarischen Schreibens ging Moritz Schönbrodt davon aus, dass Texte für das Puppentheater immer als Material zu betrachten sein sollten. Für double nimmt er uns mit auf eine Zugfahrt, die so nie stattgefunden hat, und zu den Zweifeln an seiner Überzeugung.

V o n M o r i t z S c h ö n b r o d t /// An Fantasie muss man sich auch erst mal gewöhnen. Im Foyer eines Theaters, dessen Saal ich nie betreten haben werde, sagt man mir zu meinem Text, dass es schwer sei, sich das vorzustellen: Das mit der Brücke und dem Stein, der die Figur auf der Bühne erschlägt. Das gehe ja nicht. Man habe sich Mühe gegeben, schließlich hätte ich Puppentheater vorn drauf geschrieben und man wisse, dass da andere Regeln gälten. Dass das dort ginge und das sei wohl das, was Puppentheater ausmache.

Ich nicke. Ja, das mache Texte für Puppentheater aus, dass man da Dinge hineinschreiben kann, die sonst nicht gehen, und Dinge sprechen, die nicht sprechen können. Ich sage – noch immer nickend – dass der Text Material sein soll, ja Material. Das sage ich, weil das in den sechs Jahren zuvor meine Überzeugung geworden ist. Weil ich als Puppenspieler nichts schlimmer finden kann, als einen heiligen Text. Dann fällt in diesen heiligen Hallen der Hochkultur der Begriff „orthodoxes Autor*innentheater“. Doch Heilige haben im Puppentheater nichts verloren. Und das Puppentheater wohl auch wenig in heiligen Hallen. Deswegen muss ich es noch mal wiederholen: Text ist Material. Schon der Gerechtigkeit wegen. Soll der Text auf der gleichen Ebene stehen wie die Puppe, soll er von seinem Sockel geholt werden, damit das Theater keine Literaturvermittlungsanstalt bleibt, damit die Künste sich gleichberechtigt begegnen, muss er auf eine Ebene mit der Puppe gebracht werden und das heißt zunächst für beide einen Schritt zurück und auf sich selbst zurückgeworfen sein, auf die eigene Materialität.

Die Materialität des Textes Ein Text ist ein an sich sehr totes Ding. Er liegt – auf Zetteln, Festplatten oder in Hinterköpfen – herum und tut weiter nichts. Nun kann man das wohl von den meisten Kommunikationsmitteln behaupten. Solange sie nicht benutzt werden, sind sie totes Material: Der Text ist ein Stück Papier mit ein paar Linien darauf, eine Puppe ein sehr toter Materialverbund. Eigentlich ist dieser Materialverbund noch keine Puppe. Erstmal ist es nur ein Spielmaterial, schließlich ist es gleich, ob da etwas ausgestaltet Anthropomorphes, ein Lehmklumpen oder eine Rettungsdecke liegt. Was daraus eine Puppe macht, ist die Verlebendigung des Materials, also das inszenierte Subjekt-Verhalten des Objekts.1 Das funktioniert natürlich nie. Das Publikum glaubt, die Puppe lebe, während es gleichzeitig weiß: Sie tut es nicht. Es sieht die Puppe – wie sich selbst – als lebendig an, während das Wissen um das Konstruierte an ihr seine eigene Konstruktion offenlegt. Dieser dem Puppentheater inhärente Widerspruch der Form ist sein konstituierendes Element.2 Weil ich so mit dem Nicken beschäftigt bin, vergesse ich leider zu sagen, dass es das ist, was einen Puppentheatertext ausmacht.

Ob Steine aus der Decke fallen oder nicht, ob man Brücken abreißt, ist vollkommen egal. Aber die nie zu bereinigende Ambiguität des Puppentheaters – das sich gern in den Zwischenräumen wähnt, tatsächlich aber immer an allen Stellen gleichzeitig, nur nie in der Mitte ist – die muss der Text mittragen.

Wie ich am Gesprächsende auf Nimmerwiedersehen die Hände schüttle und anschließend mit Lackstift „TEXT IST MATERIAL“ an die Säulen des Eingangsbereiches schmiere, beginnt es zu regnen. Mein Lackstift ist nicht wasserfest und die Gewissheit der letzten Jahre zerläuft mir an der Fassade des Theaters.

Die Puppe auf dem Markt Dass ein Text lebendig wird, kann man nur im übertragenen Sinne sagen. Ob man den Text laut liest oder für sich, ob er inszeniert wird – lebendig wird nicht der Text an sich, sondern das, wovon er erzählt. Nehme ich den Satz „Der Fisch schwimmt im Bach“, so wird der Fisch verlebendigt, der Bach, vielleicht seine Umgebung. Aber der Text an sich ist nur der Prozess der Verlebendigung, eine Form der Animation.

Im Zug auf dem Weg nach Hause frage ich mich so langsam, ob dann nicht jeder Text ein Puppentheatertext ist. Ich lehne an der Scheibe und sehe aus dem Fenster. Etwas pulsiert in meinem Hinterkopf im Takt des sich in die Kurven legenden Zuges. Doch nein,

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es pulsiert nicht in meinem Hinterkopf, es pulsiert an ihm. Am Kleiderhaken über dem Fenster ist ein Reise-Magazin aufgehängt mit Neuigkeiten aus der Welt der Bahn, von Städtereise- und Kulturtipps. Diese Woche: Heidelberg. Das Herz der Stadt schlage für Kultur. So werde in diesem Jahr wieder der Heidelberger Stückemarkt ausgerichtet. Diesmal jedoch vergebe man erstmalig auch den FIDENA Stückepreis, einen Preis für Puppentheatertexte, so lese ich es.

Aus den sechs Nominierungen werde ein Text ausgewählt, der dann am Musiktheater im Revier inszeniert werden wird. Vorschlagsberechtigt ist niemand aus Richtung des Theaters der Dinge. In der Jury sitzt erst in der zweiten Runde jemand aus dem Puppentheater.3 Ich wundere mich. Jeder Text ist auch ein Puppentheatertext. Es muss dabei nicht die Puppe mitgedacht werden, es braucht keine Erfahrung in dem, was das Puppentheater für Potenziale bringt und Risiken birgt. Die Puppenspielenden nehmen einen Text, setzen ihn mit den Mitteln des Puppentheaters um und heraus kommt: Puppentheater.

Nur – wieso wird ein Autor*innenpreis für Puppentheatertexte ausgeschrieben, wenn es gar keine Puppentheatertexte gibt, solange sie nicht inszeniert worden sind mit Puppen?

Text als Prozess Es gibt mehr oder weniger zwei Arten von Entäußerungen innerhalb eines Textes, die für die Bühnenproduktion interessant sind.

Einerseits ist da die Figurensprache und auf der anderen Seite die Beschreibung von Atmosphären, Handlungen und Situationen.

Das Entscheidende für die Verlebendigung der Puppe ist dabei immer die Handlung. Nicht im Sinne des Inhalts des Stücks. Es ist gleich, ob linear erzählt wird, collagiert oder fragmentiert. Es geht darum, dass das Material selbst handelnd wirken soll. Die Puppe wird nur als belebt wahrgenommen, wenn sie reagiert: Der Text liefert nicht die fertige Figur, sondern die Situation, durch die die Figur mithilfe der Puppe konstruiert wird.

Damit diese Konstruktion durch Puppe und Literatur (wenn man letztere denn überhaupt dazu verwenden will) entsteht, muss im Schreibprozess zumindest ein Material angedacht werden. Dazu muss Platz sein in den Texten; Raum, in dem sich das Material ereignen und reagieren kann. Die atmosphärische Beschreibung im Text ist damit auch die Manifestation einer wahrnehmbaren Umgebung für die Puppe. Damit sorgt der Text für die Belebung des Materials, das dadurch zur verlebendigten Puppe wird, die mit ihrer Reaktion auf diese Umgebung zur Figur wird: „Spielmaterialien brauchen einen eigens für sie kreierten Raum, in dem sie sich zu ihrer Umgebung in Beziehung setzen können. [ … ] Entscheidend für das Auge des Betrachters ist die körperliche Reaktion des Spielmaterials auf imaginäre oder reale Reize innerhalb eines Bühnenvorgangs und sein Erfahren der Welt über die Sinne.“4 Das Material wird durch seine Reaktion auf eine Umgebung verlebendigt und in der Art der Reaktion ergibt sich die Situation, die ich in das Verhalten der Puppe projiziere. Dieses Verhalten setzt die Puppe in einen räumlichen Kontext, einen zeitlichen und schließlich auch in einen sozialen. Das ist, was die Puppe zur Figur macht. Text und Puppe sind also keine Materialien, sondern Prozesse zum Erschaffen einer Figur.

Die Sprache der Puppe Anders herum wird die gesprochene Sprache durch die Puppe beeinflusst. Die Sprache der Puppe ist die Sprache eines Symbols.

Dadurch erhält sie eine zwangsläufige Zeichenhaftigkeit, der sich aufgrund des inhärenten Widerspruchs der Form nicht zu entziehen ist. Jeder sprachlichen Entäußerung der Puppe kommt dadurch eine verstärkte Bedeutung zu. Das zwingt die Texte des Puppentheaters zu einer höheren Dichte und ist wohl auch einer der Gründe, warum oft Lyrik als Ausgangsmaterial für Inszenierungen verwendet wird. Ohne das Mitdenken des formalen Widerspruchs des Puppentheaters kann zwar Theater entstehen, vielleicht sogar ein bildhaftes. Aber solange das Produktivmachen dieses Widerspruchs nicht stattfindet, wird es schwierig, einen wirklichen Puppentheatertext zu schaffen.

Der Text sollte nicht auf das Material fixiert sein, sondern auf dessen Verlebendigung.

Das Material zu animieren bedeutet, es handeln zu lassen, bedeutet Bewegung und schöpferisches Tätigsein der Spielenden, bedeutet Interesse an der Ausdruckskraft der Puppe.

Ich steige aus dem Zug und schaue hinauf zu den Felsen über der Stadt, zur Brücke, die die Schlucht überspannt. Und ich denke: Es geht nicht um die Fantasie, sich vorzustellen, dass die Brücke abgerissen wird, diese Felsen ins Tal stürzen, nicht um Brückentrolle und sprechende Fische im Bach. Es geht darum, die Dinge zum Leben zu erwecken, es geht um die schöpferische Kraft der Puppenspielkunst.

1 Vgl. Knoedgen, Werner (1990): Das Unmögliche Theater. Zur Phänomenologie des Figurentheaters. Stuttgart. S. 20.

2 Vgl. Wagner, Meike (2003): Nähte am Puppenkörper. Der mediale Blick und die Körperentwürfe des Theaters. Bielefeld. S. 18.

3 Mehr zum Wettbewerb ab Seite 15 in diesem Heft.

4 Menzel, Regina (2016): Puppenführungstechnik. In: Joss, Markus / Lehmann, Jörg (Hg.): Theater der Dinge. Berlin. S. 328.

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VERWANDLUNG ODER REIBUNG Textwirklichkeiten im Figurentheater Wie kommt der Text ins Figurentheater? Wo bringt sich Literatur ins Figurentheater ein, wo verlässt die Figur die Literatur wieder?

Frank Soehnle beschreibt seine Perspektive auf Literatur im Figurentheater und seine eigene Autorenschaft.

V o n F r a n k S o e h n l e /// „… also mit tausend Armen die Sprache locken heranlocken etwa, Schulter an Schulter“ (Friederike Mayröcker) Die Konvention der Text sprechenden Theaterfigur findet man selten in meiner Theaterarbeit. Klang, Geräusch und Musik erscheinen mir meist stimmiger als Sprache für eine animierte Theaterfigur, die in einer anderen Realität existiert. Oder erzählendes Textmaterial, das musikalisch auf das visuelle Spiel der Figuren trifft. Trotzdem sind Texte häufig die Grundlage meiner Kreationen, mit „tausend Armen herangelockt“ und am Ende nicht immer hörbar.

Und natürlich Stille. Die stumme Theaterfigur kommt dem Geheimniszustand, den ich besonders suche, am nächsten.

Ly r i k s tat t D r a m a Von den drei literarischen Gattungen Lyrik, Epik und Dramatik scheint mir die Lyrik eine besonders geeignete Grundlage für Figurentheater zu sein.

Hier erzählen Form und Inhalt gemeinsam, was eine Idealvorstellung von Figurentheaterinszenierungen für mich darstellt.

Existieren die Theaterfiguren doch in einer anderen Wirklichkeit und erzählen durch Rhythmus, Bildlichkeit und Form von anderen Welten: Träumen, Erinnerungen, Visionen. „Die Poesie steht dem Ideal der Surrealisten, der écriture automatique, am nächsten. Sie schöpft stark aus dem Unbewussten und Halbbewussten, aus Bildern, Träumen – aus einem inneren Urwissen. Poesie ist die denkbar radikalste und persönlichste Äußerung von Literatur. Poesie ist Neuland! Gerade das ist die Qualität!“1 Gilt nicht dasselbe fürs Figurentheater?

Inszenierungsbeispiele Die meisten meiner Inszenierungen basieren auf einer literarischen Vorlage. Sie bildet die Grundstruktur, das Thema, das Motiv für eine Komposition aus verschiedenen theatralischen Sprachen. Die Grundfrage ist dabei immer, die Notwenigkeit der Theaterfigur.

Während der Inszenierungsarbeit wird die Verbindung von Text und Bild permanent untersucht und in Frage gestellt. Braucht das eine das andere? Evoziert ein Teil eventuell den jeweils anderen im Zuschauenden und wird dadurch überflüssig?

Bei einigen Inszenierungen fällt die Entscheidung gegen einen hörbaren Text und für ein wortloses Spiel („Nachtgesichter“ nach Gedichten von Max Jacob, „salto.lamento“ nach Totentänzen verschiedener Quellen). Plötzlich übernehmen Bilder, Atmosphären und Choreografien die Bühnenerzählung und werden stärker als eine Verbindung aus Wort und Spiel. Oder ist es gar keine Entscheidung, sondern eine Verwandlung?

Bei anderen Inszenierungen bleibt die Textvorlage unumstößlicher Mittelpunkt und Grundrhythmus („Rothschilds Geige“ von Anton Cechov, „company“ von Samuel Beckett, „Das Zweite Ich“ von Walter Benjamin, „Oktavhefte“ von Franz Kafka u. a.). Hier entstand gerade aus der Reibung von Wort und Bild ein neuer Denk- und Freiraum und ein Vielfaches als nur die Summe aus beidem.

Eigene Dichtung In den letzten Jahren gab es immer mehr Text-Eigenkreationen, die den assoziativen Bildertheaterkompositionen einen roten Faden lieferten („night.flowers“, „anima mundi“ u. a.).

Zu jeder Inszenierung lege ich eine Sammlung an dokumentarischem Material, Betrachtungen aus verschiedenen Bereichen und subjektiven Assoziationstexten an. Eine Collage aus diesem Textmaterial bietet oft eine Klammer, einen Rahmen, einen Prolog und Epilog und schafft dadurch einen Eingang für alle Publikumsschichten. Von einem durch Text konkretisierten Ausgangspunkt lässt sich die Reise ins Unbewusste besser antreten.

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Unhörbare Texte Als Figurenspieler stummer Figuren locke ich die Sprache in den Subtext. Ob narrativ oder poetisch, wir sprechen stumm miteinander während der Vorstellung. Im Falle einer nacherzählbaren Handlung, um die Deutlichkeit der Sprache im Spiel nicht zu verlieren, sind es Fragen und Kommentare. Im Falle einer seelischen Zustandsbeschreibung sind es Gedichte, Fragmente und Lieder, die der Bewegung der Figuren Rhythmus und Konzentration verleihen.

Hörbare Gedanken In unserer letzten Inszenierung „kafkabagage“ nach Texten der Oktavhefte Franz Kafkas, existieren Stimmen im Raum, die alle Texte sprechen. Die agierenden Personen und Figuren werden automatisch zu „Textdenkenden“. Es entsteht der Eindruck, die Objekte und Theaterfiguren denken diese Texte. Plötzlich werden die Gedanken hörbar. Schulter an Schulter. Und die Bedeutungen lösen sich auf und gehen neue Verbindungen ein. Texte werden zu Figuren und Menschen zu Gedanken. Hier hat für mich das Figurentheater seinen magischen Raum in der permanenten Metamorphose gefunden. – „… mit allem/ was darin Raum hat/ auch ohne Sprache“.

(Paul Celan) – www.franksoehnle.de 1 Höllrigl, Sigrun (2015): poesie als geheimniszustand zwischen sprache und wirklichkeit. poetry.or.at URL: https://www.yumpu.com/de/document/ read/39618694/poesie-als-geheimniszustand-zwischen-sprache-und-wirklichkeit-von- [20.02.2025]

Figurentheater Tübingen, kafkabagage. Foto: Julia Pogerth

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DIE DINGE, DIE DIE WELT BEDEUTEN Vier Schreibaufträge für „100 Sekunden“ am Puppentheater Magdeburg Zu Beginn der ersten Spielzeit der neuen Intendantin Sabine Schramm am Puppentheater Magdeburg wurden vier Stückaufträge an Autor*innen vergeben, aus denen am 6. Oktober 2023 der gemeinsame Abend „100 Sekunden“ entstand. Dramaturgin Sofie Neu sprach noch einmal mit den Beteiligten darüber, was Texte für Puppentheater kennzeichnet.

V o n S o f i e N e u /// Kürzlich meldete sich bei uns in der Dramaturgieabteilung des Puppentheaters Magdeburg eine Lektorin eines größeren Verlags. Sie hätte bei einem neuen Stück, das zur Uraufführung offen ist, an die Umsetzung durch Figurentheater gedacht. Wir waren alle überrascht und erfreut – selten denken Dramatiker*innen beim Schreiben oder Lektor*innen beim Lesen nicht ans Schauspiel.

Wir lasen und verstanden den Impuls, teilten die Einschätzung aber nicht. In dem Text treten nicht menschliche Akteur*innen auf – Tiere, aber auch unbelebte Dinge wie Schuhe, die handeln und sprechen. Die Darstellung durch animierte Objekte liegt also nahe. Aber nicht wer oder was auftrat, sondern wie, machte für uns den Unterschied: Der Text funktionierte dialogisch, die Situationen waren meist statisch, wenig passierte oder veränderte sich. Man hätte auf der Bühne also animierte Dinge, die sehr viel miteinander sprechen. Aber es gab wenig Assoziationsräume für eigene visuelle Ideen, wenig Spielraum für mehrere Bedeutungsebenen.

Es ist kein Zufall, dass im Puppentheater so oft Bilderbücher adaptiert werden.

Der österreichische Autor Andreas Jungwirth ist sich sicher: Die meisten Kolleg*innen wissen gar nicht um die immensen Möglichkeiten des Figurentheaters. Jungwirth ist einer von fünf Autor*innen, die für „100 Sekunden“, das Eröffnungsprojekt der Spielzeit 2023/24, der ersten der Intendantin Sabine Schramm, einen Schreibauftrag des Puppentheaters Magdeburg erhielten.

Puppentheater Magdeburg, 100 Sekunden / Schrödingers Familie. Foto: Viktoria Kühne

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Der Titel nimmt Bezug auf die Doomsday Clock, eine Uhr, die 1947 in einer Gruppe Atomwissenschaftler*innen um Albert Einstein an der Universität Chicago entstand. Die Uhr soll symbolisch vor der Gefahr der Selbstauslöschung der Menschheit warnen und wird je nach aktueller Weltlage umgestellt. Bisher 26 Mal bewegt, stand die Uhr zum Zeitpunkt des Projektstarts auf 100 Sekunden vor Mitternacht (seit Januar 2025 steht sie auf 89 Sekunden).

Drei Autoren – Andreas Jungwirth, Ulrich Hub und Christian Mitko Hoffmann – sowie das Autor*innenduo Sokola//Spreter wurden beauftragt, je ein Kurzstück von circa 15 bis 20 Minuten Spielzeit, also circa 6 DIN-Seiten Text, zu schreiben zu der Frage: Wie leben, wie spielen, wenn die Uhr auf 100 Sekunden vor Mitternacht steht? Die Auswahl der Autor*innen kam durch Vorschläge aus der künstlerischen Leitung und Dramaturgie zustande: Manche waren dem Theater schon verbunden oder hatten durch andere Texte Interesse am Genre Figurentheater bekundet.

Bewusst offengehalten, entstanden so vier sehr verschiedenartige Texte, die auch sehr unterschiedlich deutlich auf Puppentheater bezogen waren. In der Inszenierung von Alvaro Schoeck setzte dann auch das gesamte Ensemble (Richard Barborka, Luisa Grüning, Florian Kräuter, Linda Mattern, Lennart Morgenstern, Sabine Schramm, Leonhard Schubert, Kaspar Weith, Anna Wiesemeier, Freda Winter) jeden Teil des Abends mit anderen spielerischen Mitteln um, ergänzt um einen Prolog und Epilog mit einem partizipativen Gesprächsteil.

Vier Autor*innen, die zuvor nicht für Puppentheater geschrieben hatten, also vier ganz eigene Herangehensweisen, sich auf das Genre einzulassen:

Objekte vergrÖSSern den Text „Wir kamen eher über Objekte ins Denken“, erzählt Jona Spreter und beschreibt, dass er normalerweise beim Schreiben für Theater Körper vor sich sähe, die sich zueinander verhalten. Im Falle des Textes „Schrödingers Familie“ standen an dieser Stelle zwei Steine. Am Ende des Textes verwandelt sich der Stein auf dem Schoß der Sprecher*in in einen Dackel, der eine Polka summt.

Und es ziehen sich auch noch sehr viel mehr Gegenstände durch den Text, die im Kleinen für private Kindheitserinnerungen stehen, im Gesamten aber für Menschheitserinnerungen an sich: das Modell eines Segelfliegers im Technikmuseum, ausgestopfte Tiere, Schokoriegelpapier – sozusagen die Dinge, die bleiben, selbst wenn die Menschen schon gegangen sind.

Jona Spreter meint, er hätte nicht absichtlich versucht, so viele Objekte in den Text zu schreiben, aber es entspräche sowieso dem gemeinsamen Stil mit Ivana Sokola: „Unbelebte Dinge zu beleben hat eine eigentümliche Poesie. Das Ding hält erst mal alles aus, was ich hineingebe, ohne dass ich mir zu viel Gedanken machen muss über die Figur.“ Über symbolische Bedeutungen, Archetypen entstehe eine Freiheit im Schreiben. „Die Hochebene verschwimmt, verweht, verwandelt sich: In eine Aue, grün und voller Nebel, sie steht dort eine Weile – dann löst sie sich auf im Dunst, wird zur Steppe, ein Wind geht hindurch und lässt die Gräser rascheln. Der Wind wird stärker und weht die Gräser davon wie die Haare vom Kopf, und die Steppe wird zur Wüste. Die Sonne scheint auf die Dünen, die unter ihr schmelzen wie falsch geratene Eisberge, bis da nicht mehr ist als ein See, dessen Wellen sich von der Sprecher*in und ihrem Vater fortbewegen, bis man nicht einmal mehr erahnen kann, dass sich an dieser Stelle eine Hochebene, eine Aue, eine Steppe, eine Wüste, ein See befunden hat. Auf all das Werden und Vergehen und auf das Nichts schaut die Sprecher*in mit einem Kopfschütteln.“ Auch Verwandlungen sind im Figurentheater allgegenwärtig. Die atmosphärischen Regieanweisungen bei Sokola//Spreter lassen eine Fülle von Spielideen zur Umsetzung zu. Text fürs Theater der Dinge zu schreiben kann eben auch bedeuten, Bilder, Situationen ohne gesprochene Sprache zu beschreiben.

Puppentheater Magdeburg, 100 Sekunden / Bruce Willis kommt nicht. Foto: Viktoria Kühne

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Könnte man dieses Stück auch im Schauspiel umsetzen? „Für mich ist das jetzt ein Text fürs Objekttheater.“ Die Vater-Tochter-Szenen im Schauspiel wären vielleicht dann zu platt, zu eindeutig: „Es würde den Text kleiner machen, die Objekte machen den Text aber größer.“ Wenn es um Figurentheater und Dramatik geht, geht es ja auch immer um die Frage: Wie viel Text kann eine Puppe (ver)tragen? Ein schöner Gedanke also, dass die visuelle Logik des Theaters der Dinge den Text gar nicht unbedingt in den Hintergrund rücken lässt, sondern ihn durch seine zusätzlichen Bedeutungsebenen hervortreten lassen kann, wenn er selbst genug Spielraum hat.

Der Tod der Dinge Auch der Text „Bruce Willis kommt nicht“ von Andreas Jungwirth spart nicht mit Worten, denn er ist rein dialogisch. Von allen vier Kurzstücken ist er am eindeutigsten fürs Puppentheater geschrieben, denn die beiden Figuren sind „Spieler“ und „Puppe“. Ein dem Puppentheater inhärentes Thema wird durchgespielt: Wer manipuliert eigentlich wen und was bedeutet der Tod für eine Puppe?

PUPPE SPIELER PUPPE SPIELER PUPPE SPIELER PUPPE PUPPE SPIELER

Wie du schaust. Ich kenn das. Lacht. Ich kenn dich schon so lange.

Ich weiß genau, was du denkst. Lacht. Wie lange kenne ich dich schon?

Was denke ich?

Wie lange kennen wir uns?

Ich weiß genau, was du gerade machst.

Was mach ich denn?

Was denke ich?

Du denkst, du weißt, was ich mache.

Der Eierwecker klingelt. kichert Gibt’s jetzt weiche Eier? stellt, ohne zu antworten, erneut den Eierwecker, er tickt, plötzlich richtet der Spieler die Pistole auf den Kopf der Puppe. Also pass auf: Du hast noch exakt 100 Sekunden Zeit zu leben. Dann bist du tot. Was tust du?

Über die Puppe verhandelt der Spieler seine eigene Existenzangst und die Frage nach dem, was wirklich zählt im Leben. Und ähnlich wie bei Sokola//Spreter überlebt am Ende das Nicht-Menschliche.

Andreas Jungwirth war dem Puppentheater Magdeburg schon durch Nis Søgaards Inszenierung (2020) seines Theaterstückes „Schonzeit“ verbunden und hatte für „100 Sekunden“ Lust, etwas ganz Puppentheater-spezifisches durchzuexerzieren. Auch wenn er wie immer dialogisch arbeitete, beschreibt er, dass die Puppenfigur weniger psychologisch, viel archetypischer oder holzschnittartiger funktionieren würde. „Ich sehe, dass Dinge gezeigt werden im Figurentheater und nicht gespielt“, auf eine Art und Weise mache es das echter. Die Umsetzung mit einer Klappmaulpuppe war für den Autor naheliegend, aber er sei überrascht gewesen, dass es eine ältere, weiblich gelesene Figur war und nicht ein dem Puppenspieler (Lennart Morgenstern) ähnlich sehender Charakter.

Ein Bogen von Puppenspiel zu visuellem Labor Die beiden Texte von Ulrich Hub und Christian Mitko Hoffmann sind nicht speziell aufs Figurentheater ausgerichtet. Hier liegt die Nähe eher inhaltlich begründet: Ulrich Hub arbeitete für „100 Sekunden“ eine Situation aus seinem Buch „Füchse lügen nicht“ um: Puppentheater Magdeburg, 100 Sekunden / Ersatzlos gestrichen. Foto: Viktoria Kühne

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Ente, Affe, Fuchs und Hund sind plötzlich an einem verlassenen Flughafen auf sich gestellt … wie immer bei Hub treten Tiere auf, die clownesk agieren. Sie geben ihm die Möglichkeit, schamloser und gnadenloser agieren zu können, ohne dabei für Kinder problematisch zu sein. Erfahrungen wie der Tod würden so für Kinder zugänglich gemacht – ein Potenzial, das die Puppe für ihn ebenso hat.

HUND

Wohin man auch sieht – überall nur Betrug. In der Zukunft werden Pilze die Erde bewohnen. Die werden es besser machen. Es ist allerhöchste Zeit, dass wir von der Erde verschwinden.

Christian Mitko Hoffmann beschreibt in „Verschmelzung“ eine postapokalyptische Welt, in der archaische Rituale zurückgekehrt sind, um Regen zu bringen. Für ihn war ein Kammerspiel interessant, um einen Fokus auf das handwerklich starke Puppenspiel zu richten und eine düstere Sci-Fi Geschichte, um dem Klischee entgegenzutreten, im Puppentheater würden vor allem lustige Geschichten für jüngere Zuschauende erzählt. Für ihn sei das Wichtigste gewesen, „dass in einem Satz viele Möglichkeiten zur Handlung stecken“. Obwohl die Texte so unterschiedlich sind, ergaben sich Bezüge. Auch in „Verschmelzung“ geht es um gefundene Dinge und die Unechtheit von Erinnerungen: DIE ALTE Einmal, als ich ein Kind gewesen bin, haben meine Brüder und ich im Wald etwas gefunden.

Es war ein Tier oder eine Pflanze, ich erinnere mich nicht. Woran ich mich erinnere, ist die ungeheure Freude darüber, dass wir es gefunden hatten. Alles andere existiert nicht mehr.

Das ist das merkwürdige am Erinnern. Es birgt in sich keinen Kern. Erinnerungen sind Erinnerungen an Erinnerungen. So geht es immer weiter. Und wir sind wie der Waschbär, der versucht ein Stück Zuckerwatte abzuwaschen. Was war das gleich wieder, Zuckerwatte?

Ich kann mich nicht erinnern.

Für den Regisseur Alvaro Schoeck und das gesamte Team bestand die größte Herausforderung darin, so unterschiedliche Texte nicht auseinanderfallen zu lassen. Das Publikum saß auf Kisten inmitten des Bühnenraumes und drehte sich jeweils auf unterschiedliche Bühnenseiten zum Geschehen hin. Die Reihenfolge der Kurzstücke war inhaltlich, aber auch formal begründet: So entwickelte sich der Abend von klassischem Puppenspiel zu offeneren Formen wie Objekttheater hin, die Form löste sich immer stärker auf. Das entsprach jeweils den Anforderungen der Texte und ihrem Stil. Bei Hub z. B. humorvoll, wenn Kuscheltiere als symbolische Attribute für die im Schauspiel dargestellten Tierfiguren genutzt wurden. Oder bei Sokola//Spreter, für deren experimentell-poetischen Text in einer laborhaften Situation visuelle Effekte per Live-Kamera vergrößert wurden.

In Gesprächen mit Zuschauer*innen zeigte sich Faszination, genauso wie Überforderung gegenüber der Breite und Fülle des Gesehenen. Vielleicht war die Unterschiedlichkeit der Texte und die der Mittel konsequent, aber für viele auch überfordernd? Alle Autor*innen zeigten sich nach der Uraufführung fasziniert von der visuellen Kraft des Puppentheaters. Was braucht es mehr? Andreas Jungwirth beschreibt die Situation ähnlich wie für das Genre Hörspiel: „Es werden viele Fremdtexte für das Genre adaptiert, aber wenige Autor*innen spielen dezidiert mit seinen Prinzipien.“ Dafür müssten Autor*innen um die Funktionsweisen dieser Kunstform wissen, Kontakte zu Puppentheatern oder – künstler*innen haben, bestenfalls nicht nur Schreibaufträge erhalten, sondern in gemeinsamen Laboren mit Puppenspieler*innen experimentieren können. Für manche der Autor*innen lag in diesem Projekt aber auch schon der Erkenntnisgewinn, dass die Dinge, die die Welt bedeuten, in ihrem Schreiben bereits da sind. www.puppentheater-magdeburg.de Puppentheater Magdeburg, 100 Sekunden / Verschmelzung. Foto: Viktoria Kühne

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DAS POST- POCCI-THEATER Über die Notwendigkeit eines dramatischen Texts im Puppentheater Die Konvention, dass das Theater meist an einen dramatischen Text gebunden ist, wird im Puppentheater viel weniger als selbstverständlich erachtet. Was passiert in Bezug auf den Text, wenn an Schauspielhäusern mit hohen Produktionsbudgets mit Puppen inszeniert wird? Große Bühne, große Puppen, großer Text, große Kunst. Mittels einer Auswahl von Inszenierung rund um das Künstlerkollektiv peaches&rooster versucht Florian Rzepkowski dem Phänomen auf den Grund zu gehen, warum der Text in Bezug auf zeitgenössische Puppentheaterszenen oder -inszenierungen oft irrelevant wirkt. Liegt es daran, dass es keinen Text braucht oder, weil es keinen guten zeitgenössischen Text für die Puppe gibt? Und was könnte mit dem Genre noch passieren, wenn es einen Text für die Puppe gäbe?

V o n F l o r i a n R z e p k o w s k i /// Bei der ersten Oscarverleihung im Jahre 1928 gab es die Kategorie „Bester Zwischentitel“.

Der erste und einzige Gewinner, der den Academy Award in dieser Kategorie erhielt, war der amerikanische Drehbuchautor Joseph Farnham.

Er schrieb Zwischentitel wie: „This ain’t no collage you’re going to, lady … It’s a goof garage!“. Das ist alles auch im Bild zu sehen. Die Studios aber vertrauten nicht allein auf die Kraft der Bilder und montierten Texttafeln in ihre Filme, um Verständnisproblemen vorzubeugen. Künstlerisch wertvoll waren diese Titel selten. (Ausnahmen bestätigen die Regel!) Der Text war da. Vielen war der Text wichtig. Gebraucht haben ihn die Wenigsten.

Die Puppe will gar keinen Text In „Oh Schreck!“ an den Münchner Kammerspielen sprechen die Puppen nicht. Obgleich sie Text haben. In stummfilmartigen Zwischentiteln wird ihnen die Sprache hinterhergeschoben. Das passt ästhetisch, ganz im Geiste des Stummfilms des frühen 20. Jahrhunderts. Aber was damals schon nicht gewinnbringend war, wird es hundert Jahre später ebenfalls nicht.

Das ist aber auch gar nicht intendiert. Die Puppen funktionieren ganz ohne Text. Die tranceartige Atmosphäre, die die Puppen (vor allem durch ihre Stummheit) auf der Bühne entfalten, genügt zum Verständnis. In „Oh Schreck!“ erahne ich: Am Anfang der Proben stand auf der Bühne ein Mensch und eine Puppe und dann kam da irgendwie noch Text. Hat sich dazwischengetitelt.

Hauptverantwortlich für die Puppen und ihren Einsatz auf der Bühne sind Jan-Christoph Gockel und Michael Pietsch (peaches&rooster). Für peaches&rooster stehen die schauspielenden Personen im Zentrum ihrer Arbeiten. Diese führen die Puppen aus toter Materie. Nur die Menschen auf der Bühne sind verantwortlich für das Sein der Puppe, ihre Möglichkeiten und auch ihren Text. Dieser ist entweder zeitgenössische Dramatik oder Text, der während des Produktionsprozesses entsteht.

Zweites Beispiel: Die Inszenierung „eure paläste sind leer (all we ever wanted)“ von Thomas Köck. Inszeniert 2021, ebenso von Jan-Christoph Gockel, ebenso mit Puppen von Michael Pietsch.

Die Puppen sind Konquistadoren. Eine eigene Stimme oder Text haben sie nicht wirklich. Ihr Text geht unter in der Enge eines VW Golf. Eine koloniale Masse, die nach Lateinamerika drängt und alles überrollt. Großartiges Bild. Der Text der Puppen, der hier im Gegensatz zu „Oh Schreck!“ schon existierte, wird aus dem Auto, aus der Inszenierung gedrängt.

Ein letztes Beispiel: Im Jahr 2017 inszenieren peaches&rooster den Staatsakt zum Tag der deutschen Einheit. Sie bauten Vater Rhein als Marionette. Im ersten Teil reist die Marionette in einem Film durch Rheinland-Pfalz. Wir sehen das Bundesland mit den Augen der Puppe. Die Puppe hat keinen Text. Aber alle in dem Film verstehen die Puppe. Alle, die den Film sehen, verstehen die Puppe. Im zweiten Teil ist die Marionette auf der Bühne und trifft auf die Lorelei. Obacht: Jetzt hat die Puppe Text. Erst zitiert sie Heinrich Heine. (How obvious!) Und dann kommt ein belangloser Text von Harald Martenstein. (Und das sag’ ich nicht nur, weil auch das obvious wäre …). Das Schönste: Für mich ist bereits alles offensichtlich. Das Melancholische, das Hadern. Ich kannte den Text, bevor die Puppe auch nur einmal ihren hölzernen Mund öffnete. Der Text merkt das auch und verschwindet leise auf die Hinterbühne. Die Szene endet textlos.

Außerdem: Es gibt in „Oh Schreck!“ noch eine Waschbär-Puppe. Natürlich ohne Text. Und in „eure paläste sind leer“ gibt es noch ein Kind. Es wirkt wie eine dämonische Weissagung. Auch ein wiederkehrendes Motiv bei den Arbeiten von Gockel und Pietsch. Die Dämonen (sogar mehr als einmal kleine Kinder …), die anklagen mit stummen Stimmen. So auch in „Die Ratten“ am

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Staatstheater Mainz oder „Grimm“ am Staatstheater Kassel. Und ich stelle fest: Die Puppen wollen ihren Text gar nicht. Egal, ob er schon da war oder später entsteht oder von Martenstein ist.

T e x t u n d P u p p e . F e h lt d a wa s ?

Zwischen 2009 und 2015 durfte ich immer mal wieder Teil des Produktionsteams um Jan-Christoph Gockel sein. In den Proben entstand in einem intensiven Fluss von Ideen und Gedanken ein Gesamtbild. Mal stand am Anfang Text, mal entstand der Text während der Probe, mal in der Nacht zwischen den Proben. Leider war ich nie Teil einer Produktion, in welcher auch Puppen auftraten.

Daher zitiere ich Michael Pietsch: „Die Proben sind ein lebendiger Prozess. Da kommuniziert alles miteinander. Die Puppen mit dem Bühnenbild, das im Entstehen ist, mit der Textfassung, mit den Filmen. Und mir scheint, es brauchte nie genau die zeitgenössische Dramatik oder genau jene Texttafeln. Entweder hat die Puppe sich den Fokus bereits im Text gesucht und lässt ihn dann liegen. Oder der Text hat die Puppe hingeführt und verschwindet dann.“ Es gibt nur Wenige, die mit solch hohen Produktionsbudgets so gutes Theater mit Puppen und zeitgenössischen Texten in Deutschland machen. (Gibt es überhaupt Andere?) Und da frage ich mich, warum bei den Produktionen immer wieder Bilder und Situationen entstehen, in welchen die Puppe ihren Text ablehnt. Und fehlt mir deswegen eigentlich was?

Braucht die Puppe gar keinen Text?

Ich könnte Nein sagen und jetzt alles beenden, indem ich mich darauf berufe, wie stark eben die Puppe als Mittel auf der Bühne und als Mittel der Projektion funktioniert. Aber das wäre zu kurz gegriffen und vor allem lässt es uns innerhalb des Genres stagnieren.

Zurück also zu den Zwischentiteln. Die waren eben nur Zwischentitel. Nichts von ihnen ist geblieben. Zu keinem Zeitpunkt (Ja ich weiß, Ausnahmen ...) hat es der Text im Stummfilm geschafft, dem Bild eine zusätzliche Ebene zu geben und erinnerungswürdig zu bleiben.

Ich glaube, das ist ähnlich mit dem Text im Puppentheater. Es gibt keine Person, die erfolgreich für Puppentheater schreibt (glücklicherweise muss ich nicht ausführen, was das heißt …) und daher der Puppe eine relevante Stimme geben könnte. In der gesamten Geschichte des Puppentheaters (Glatteis!) kenne ich kein Beispiel eines Textes, der explizit mit dem Fokus auf die Puppe geschrieben wurde, überdauert hat oder Teil eines Kanons geworden ist, der es wert wäre, ihn heutzutage noch zu spielen.

Mein Plädoyer wäre also: Wir brauchen einen Text, den eine Puppe nicht ablehnen kann. Einen Text, der explizit für sie geschrieben wurde. Einen Text, der ihre Sichtweise einnimmt.

So könnten wir dem Genre des Puppentheaters noch einmal richtig neue Impulse geben. Barocktheater, Episches Theater, Postdramatisches Theater. Gerade im Sprechtheater gab es immer wieder Evolutionen, die auch mit der Art zu schreiben entstanden sind.

Im Puppentheater gibt es auf dieser Ebene unendlich viel Potential, welches bisher nicht ausgeschöpft wird. Das Post-Pocci Theater.

Ich freue mich jetzt schon auf die peaches&rooster Produktion, die – an der Schnittstelle von Schauspiel und Puppenspiel – Puppen und Text gemeinsam und emanzipatorisch auf der Bühne agieren und dort bis zum Schlussapplaus verbleiben lässt. Und dann weiß ich auch, ob mir und unserem Genre etwas gefehlt hat.

Anika Baumann, Die Ratten. Foto: Bettina Müller

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FESTIVAL DER BESESSENEN Theater der Dinge in Berlin gab dem Unheimlichen und rational wenig Zugänglichem Raum Das internationale Festival des zeitgenössischen Figuren- und Objekttheaters der Schaubude Berlin „Theater der Dinge“ blickte vom 6. bis 10. November 2024 mit der Figur der Geister auf verschiedene gesellschaftliche Felder und Problemstände. Da das Festival zum Erscheinen dieses Heftes schon fünf Monate zurück liegt, ist der von Theater der Zeit und double beauftragte Festivalbericht von Tom Mustroph bereits am 12. November 2024 online bei tdz.de erschienen.

V o n T o m M u s t r o p h /// Dämonen, Geister und andere Spukgestalten ergriffen im November 2024 Besitz vom klassischen Figuren- und Objekttheaterfestival Theater der Dinge. Das ließ sich bereits am Schaufenster der gastgebenden Schaubude erkennen. Überlange weiße Arme mit Fingern, die in Krallen endeten, hingen dort von der Decke herab und schienen nach allem zu greifen, was sich ihnen nur zu nähern wagte. Die Objekte wurden von der Szenografin Neïtah Janzing entwickelt, die auch einen Raum in der installativen Performance „Geisterhaus“ in der Schaubude gestaltete.

Schaubude wurde zum Geisterhaus Darin erzählte sie anhand von Spielkarten eine düstere Geschichte vom Verschwinden im Walde. Andere Kabinette des „Geisterhauses“ beschworen die imaginären Leitgestalten der Wayuu, einer indigenen Bevölkerungsgruppe in Südamerika. Sie leben in Venezuela und vor allem in Kolumbien, auch in unmittelbarer Nähe der riesigen Steinkohlengrube Cerrejón. Die Bagger dort

KMZ Kollektiv, Warm wie die Kohle. Foto: Lea Röwer

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tragen den Berg ab, um Steinkohle auch nach Deutschland zu bringen. Und damit gelangten, so jedenfalls die These des KMZ Kollektivs, das eine Garage auf dem Hof der Schaubude mit schwarzen Briketts bespielte, die Götter und Geister der Wayuu eben auch nach Deutschland. Und möglicherweise vermischen sie sich hier mit den Berggeistern des Prenzlauer Bergs, an dessen Fuße sich ja die Schaubude befindet.

Das sind natürlich alles hochspekulative Ideen. Aber der Kern von Puppen- und Objekttheater ist schließlich nichts anderes, als tote Materie, eben Puppen, Marionetten und Objekte, zu animieren, ihnen Leben einzuhauchen, sodass sie zu Gestalten werden, an deren Bewegungen sich die Einbildungskraft entzünden kann. Die meisten der insgesamt neun eingeladenen Produktionen aus sieben Ländern beschäftigten sich dann auch ganz explizit mit immateriellen Wesen und der Kommunikation mit ihnen.

Ton- und Bildzeremonie mit Dämonen Bot „Geisterhaus“, entwickelt von der Schaubude selbst mit sechs verschiedenen Künstler*innengruppen, vor allem den Zugang zu den eher zarten, sanft im Traume erscheinenden Spukgestalten, so behandelte die katalonische Gruppe cabosanroque mit ihrer Produktion „Dimonis – Dämonen“ das Thema von der gefährlichen Seite her. Denn hier ging es, folgte man den Liedern und Schreien eines auf mehrere Monitore fragmentierten Mundes, um die Austreibung eines als bedrohlich empfundenen Geistes. Die Struktur der Installation war bemerkenswert. Neben der Monitoranlage bot sie unter anderem ein Wasser-Mobile, einen zarten Wald von Miniaturlautsprechern, die Klangwolken erzeugten und eine Rhythmusabteilung aus aufgeblasenen Tieren.

Grundlage waren Texte des katalanischen Dichters, Priesters und Weltreisenden der Renaixença Jacint Verdaguer, die sich in recht wilder Verknüpfung mit sozialen Beziehungen, Körpererfahrungen und -entfremdungen sowie Exorzismus beschäftigten. „Dimonis“ wirkt wie eine Messe, in der der Priester mittels Objekten predigt.

Echtzeit-Rekonstruktion eines Terroranschlags Als Schlüsselinszenierung des Festivals erwies sich die mehr als dreistündige Performance „03:08:38 – States of Emergency“ des Transiteatret-Bergen aus Norwegen. Mit im Laufe der Performance selbst entwickelten Utensilien wie Zeichnungen, aus Papier gebauten Autos und Schiffen sowie einer nach Minuten strukturierten Timeline wurden die Ereignisse um das Doppelattentat

Neïtah Janzing, Hands and Skin and Us. Foto: Lea Röwer

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von Anders Breivik, der am 22. Juli 2011 zunächst Bomben im Regierungsviertel Oslos hochgehen ließ und danach auf der nahe gelegenen Insel Utøya Mitglieder der sozialdemokratischen Nachwuchsorganisation Norwegens in einer Schussorgie tötete, nachgestellt.

Grundlage bildete das Radioprogramm jenes Tages. Popsongs von Michael Jackson und Sting wechselten sich ab mit immer dramatischer werdenden Berichten von den Ereignisorten. Mit einer Livekamera wurde der Weg von Breiviks Auto erst durch die Osloer Innenstadt und dann nach Utøya aufgenommen. Minutengenau wurden die Ereignisse wiedergegeben, teils durch handgeschriebene Zettel auf dem mehrere Meter langen Spielbrett, über das die Kamera fuhr, teils durch die originalen Radiobeiträge. Die an sich simplen spielerischen Vorgänge erzeugten eine überraschend dichte Atmosphäre. Regen auf der Windschutzscheibe von Breiviks Auto wurden durch Spritzer aus einer Wasserflasche produziert. Die Miniaturversion einer Seilfähre wurde per Faden über eine Glasscheibe gezogen und dabei von der Kamera verfolgt. Die vielen Toten waren entweder einfache schwarze Kreuze, die live auf Papier gemalt wurden oder es handelte sich um Silhouetten menschlicher Körper aus Papier, die durch eine Handdruckmaschine geschwärzt und dann auf der Spielfläche platziert wurden. Durch die Originalzeit – der Timecode lief ständig mit – entfaltete sich ein Raum des Schreckens.

Geisterhafte Zukunft?

Die neueste Ausgabe von Theater der Dinge stellte einen mutigen Schritt noch weiter weg vom tradierten Umgang mit Puppen und Objekten dar. Nicht jede vorgestellte Position allerdings war vom Gelingen geprägt. Die ungarische Produktion „reburn a cathedral“ etwa zeichnete sich durch interessante skelettartige Objekte aus, die dann jedoch eher ungelenk bespielt wurden. „Typen“, die Neuproduktion des Theater Strahl, dessen Haus fester Bestandteil des Festivals ist, fiel als Maskentheater etwas aus dem Programm.

Weil hier durch interaktive Einbeziehung des Publikums aber immer neue Charakterzüge auf die vier präsentierten Jungmänner aufgebracht wurden, konnte man eine Art Geistereffekt dennoch feststellen. Denn mit jeder Neuzuschreibung schienen sich die an sich starren Masken doch tatsächlich zu verändern.

Die Geisterausgabe von Theater der Dinge rückte die immateriellen Qualitäten des Spiels in den Fokus. Das entzückte und erfreute, auch als kongeniale Gegenbewegung zur Realität der politischen Zustände, die selbst immer mehr ins Geisterhafte zu entrücken scheinen. Ob im Geisterspiel eine leuchtende Zukunft des Objekt- und Puppentheaters liegt, darf allerdings trotz des Schwerpunkts des Festivals bezweifelt werden. Viele Formate waren nur für kleinere Gruppen gedacht. Und der Charakter einer Messe, einer spirituellen Überwältigung, wie sie den gelungeneren Arbeiten eigen war, lässt wenig Platz für kritischen Geist. Den aber braucht es gerade in den Reichen der Geister, Dämonen und Spukgestalten. – schaubude.berlin – theaterderdinge.com Transiteatret-Bergen, 03:08:38 – States of Emergency. Foto: Lea Röwer

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DOBER DAN, L JUBL JANA! Drei Tage und hundert Eindrücke vom Puppentheaterfestival LUTKE Vom 22. bis 28. September 2024 fand in Ljubljana das 17. Internationale Festival für zeitgenössisches Puppentheater LUTKE statt.

Gislinde Nauy war drei Tage dort und lässt uns an ihren Festivalerlebnissen teilhaben.

V o n G i s l i n d e N a u y /// Wer von München aus in die slowenische Hauptstadt Ljubljana fährt, hat es eigentlich recht einfach: abends in den Nachtzug steigen und morgens frisch ausgeschlafen aus dem Zug treten. Und selbst wenn das Schlafen auf Schienen nicht reibungslos klappt: Wer das LUTKE-Festival besucht, der wird auf Trab gehalten. Bei der Dichte und Fülle der gezeigten Inszenierungen ist wenig Raum für Leerlauf. Wer sich ranhält, kann in drei Tagen an die 25 Produktionen sehen. Dank der gut aufeinander abgestimmten Organisation durch den Veranstalter – das Ljubljana Puppet Theatre – stürzt man sich mühelos in ein abwechslungsreiches Programm für alle Altersgruppen.

Neben zahlreichen slowenischen Produktionen gab es im September 2024 Gastspiele aus Deutschland, Tschechien, Japan, Spanien, Italien, UK, Frankreich, Norwegen, Polen, Nordmazedonien, Portugal und Litauen auf insgesamt sieben Bühnen zu sehen.

Grosse Bandbreite an Ästhetiken m i t H i g h l i g h t s f ü r a l l e A lt e r s g r u p p e n Ein kuscheliger Start in den Tag gelingt auf der „Stage under the Stars“ im obersten Stockwerk des Puppentheaters im Stadtzentrum mit „Pomelo’s in Love … With the Frog, Rain and More“ des Fraktal Theatre aus Polen. Das Stück für Kinder ab zwei Jahren funktioniert wie ein klingendes Bilderbuch: Frosch und Elefant begegnen sich auf Augenhöhe. Die Figuren musizieren gemeinsam per Body-Percussion oder indem sich die Brückensegmente, die über den Bach führen, als Klangstäbe entpuppen. Hauptthema sind dabei die Jahreszeiten: Das Wetter ändert sich, ein Löwenzahn wird zur Pusteblume, wird kahl und ist plötzlich wieder grün. Fasziniert von all diesen Farben und Klängen folgt das ganz junge Publikum sehr aufmerksam der Handlung. Und als großer Mensch muss man anerkennen, dass der Kreislauf der Jahreszeiten durchaus ein kleines Wunderwerk ist, das man nicht missen möchte.

Auf der nächsten Bühne geht es am späten Vormittag weiter mit dem Gastspiel „Little Stories without words“ der Compagnie L’Alinea aus Frankreich. Auch hier funktioniert Theater ohne Sprache. Mit drei kleinen Geschichten präsentiert sich ein Pulcinella mit Jugendfreigabe. Der Puppenspieler agiert meisterhaft und bildet mit dem hervorragenden Musiker (Kontrabass und E-Bass) eine eingespielte Einheit. Das Publikum folgt gebannt der ganz speziellen Situationskomik, die sich im Wechselspiel von Figuren und Raum entspinnt und immer haarscharf die Grenzen zum Klamauk umschifft. Auch wenn aller guten Dinge drei sind, wäre

links: Compagnie L’Alinea, Little Stories without words. Foto: Carlo Giesa rechts: Fraktal Theatre, Pomelo’s in Love … With the Frog, Rain and More. Foto: HaWa

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dieses Stück mit den ersten beiden Geschichten gut ausgekommen. Bei einer so intensiven und für die Darsteller anspruchsvollen Performance genügen auch 30 Minuten, um dem Publikum ein vollwertiges Theatererlebnis zu bieten.

Nachmittags beginnen die Stücke für Jugendliche und Erwachsene. Die Produktion „Transport Cargo“ des Maribor Puppet Theatre wird ab 15 Jahren empfohlen und geht in nur 40 Minuten auch in einem vollkommen überbuchten Theatersaal mächtig unter die Haut. Es werden die letzten 48 Stunden vor einem Autounfall gezeigt. Ein LKWFahrer muss eine Lieferung in Rekordzeit ausfahren. Das Publikum ist live dabei, wie dem Mann immer wieder neue Hindernisse in den Weg gelegt werden und man am Ende zu dem Schluss kommt, dass die Katastrophe ziemlich unausweichlich war.

Gespielt wird mit Modellautos und Figuren, wie man sie aus Landschaften von Modellbahnen kennt. Was auf den ersten Blick wie ein Kinderspiel wirkt, bei dem kleine Männchen hin- und hergeschoben werden, macht den bitteren Ernst prekärer Arbeitsbedingungen und sozialpolitischer Dringlichkeiten unübersehbar deutlich. Bilder wie etwa die Verwüstung der Ladung im Inneren des LKWs durch Beamte an Grenzübergängen oder Mautstellen, die keines erklärenden Kommentars bedürfen, zeigen die Stärken des Figurentheaters auf: Ohne aufwändige Dekorations-Schlachten und großes Personal-Aufgebot trifft diese Bildsprache wunde Punkte auf direktem Weg. Durch scheinbare Mühelosigkeit überzeugt das Tangram Kollektiv aus Deutschland/Frankreich mit „Schattenwerfer“. Auf großer Bühne und in einer Mischung aus Schauspiel und Schattenspiel stellen sie die Frage: Was war zuerst – der Schatten oder das Original? Und wie agieren die beiden miteinander? Gegenstände und deren Schatten werden in Bezug gesetzt zu Personen und umgekehrt. Groß und Klein gibt sich fasziniert einem Zauber hin – und dabei ist es egal, ob er durchschaubar ist oder nicht. Die Leichtigkeit, mit der den Spielerinnen diese Performance von der Hand und aus der Hüfte geht, verweist auf minutiöse Einstudierung und herausragende Virtuosität. Und wieder fehlen einem Worte nicht, um niveauvoll unterhalten zu werden.

Der ebenso wortlose „Terror“ von Les Yeux Creux aus Frankreich kommt sehr laut daher. In nur 30 Minuten werden menschliche Abgründe durchleuchtet: in Gestalt einer bedrohlich wirkenden Puppe. Laute, aufwühlende musikalische Untermalung trifft auf exzellentes Puppenspiel. Inmitten präziser Ausleuchtung von Puppe und Spieler, die miteinander ringen und sich zu verschlingen scheinen, drängt sich dem Publikum das Gefühl auf, in einer vertrauten Situation gelandet zu sein. Grübelzwang, Alpträume, traumatische Erinnerungen oder ein Migräne-Anfall – alles was die menschliche Seele zu terrorisieren weiß, wird assoziiert. Nichts für schwache Nerven – aber gerade deshalb sehenswert. oben: Maribor Puppet Theatre, Transport Cargo. Foto: Boštjan Lah unten: Tangram Kollektiv, Schattenwerfer. Foto: Florian Feisel

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B i l d g e wa lt i g e r A b s c h l u s s v o r g r o S S e m P u b l i k u m Für das große Finale trifft man sich auf großer Bühne. Bereits die Pressebilder von „The Donkey’s Mass“, einer Regiearbeit von Olivier de Sagazan, präsentiert von „Ipsul“ (Frankreich) lassen ein Spektakel vermuten.

Mit einer kurzen Dankesrede wird das Festival-Team gelobt und das Programm gepriesen. Ein voller Saal applaudiert dem gelungenen Großprojekt.

Was dann als Programmabschluss folgt, ist eine Schlammschlacht mit dem offensichtlichen Ziel der Provokation. Mittels großer Mengen an Modelliermasse, die auf Gesichtern und Körpern verteilt wurden, tauchten die Darsteller*innen mit den Händen tief in die eigenen Körper und die ihrer Kolleg*innen. Da sich die Inszenierung aber eher im Schauspiel und Tanz mit viel Maske und Dekoration verorten lässt, funktioniert sie technisch auf jeden Fall ausgezeichnet auf der großen Bühne. Nach mehreren Tagen durchgängigen künstlerischen Inputs dürfte es allerdings fraglich sein, inwieweit das Publikum noch aufnahmefähig ist für derart „schwere Kost“. Alle, die pünktlich zum Nachtzug mussten, haben das Ende und den Schlussapplaus leider auch verpasst.

An Schlaf auf der Heimfahrt ist so oder so nicht zu denken. Die vielen Eindrücke wollen verarbeitet werden. Und dabei hallt vor allem das gute Gefühl nach: In Slowenien wird die Sparte Figurentheater hochgehalten und für die internationale Verständigung bietet sie auch unbestritten das adäquateste Medium. Denn wer Geschichten mit Bildern, Figuren, Gegenständen, Material, Licht und Schatten sowie plüschigen Stoffen und diversen Klängen zu erzählen weiß, der macht sich mit oder ohne Worte einem internationalen und diversen Publikum verständlich. Die nächste Ausgabe ist für September 2026 geplant. – www.festival-lutke.com/en Les Yeux Creux, Terror. Foto: Fabien Legay

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BEWEGEN, ZEICHNEN, ÜBERZEICHNEN Eindrücke von der Imaginale 2025 in Stuttgart Ein Streifzug durchs Stuttgarter Programm der diesjährigen Imaginale – Internationales Theaterfestival animierter Formen, die vom 30. Januar bis 9. Februar 2025 stattfand.

V o n M a n f r e d J a h n k e /// „Eindrücke sammeln“, „spannende Produktionen“ finden, neuen Formen und jungen Künstler*innen „Räume geben“, „langjährige künstlerische Beziehungen“ pflegen – so beschreibt die „Imaginale“-Macherin Katja Spiess den Sichtungs- und Auswahlprozess für das Programm des „Internationalen Theaterfestivals animierter Formen“. Die Besonderheit der Imaginale ist ihr Netzwerkcharakter, Aufführungen werden nicht nur in Stuttgart, sondern auch in Mannheim, Heilbronn, Eppingen, Ludwigsburg und Schorndorf gezeigt: ein überregionaler Verbund mit ganz unterschiedlichen Veranstaltern, Spielräumen und mit eigens zusammengestellten Spielplänen für jeden Festivalort. Die während der Imaginale vom französischen Kultusministerium als „Chevalière de l’ordre des arts et des lettres“ ausgezeichnete Festivalmacherin hat aber vor allen Dingen ein Ziel: das Publikum für

Michal Svironi, Carte Blanche. Foto: Gerard Alon

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die Formenvielfalt des zeitgenössischen Figurentheaters zu begeistern. Eine Platzausnutzung von 97 % bei den Stuttgarter Veranstaltungen 2025 spricht für sich, verdeutlicht auch die Neugierde eines Publikums auf die aktuellen Entwicklungen in der internationalen Figurentheaterszene. Bei aller Vielfalt der unterschiedlichen Ästhetiken der einzelnen Gruppen zeigen sich Trends weit über Stuttgart hinaus.

Neuer Zirkus und Figurentheater Als auffällige Entwicklung drängt sich die Begegnung zwischen Zeitgenössischem Zirkus und Figurentheater vor (vgl. dazu auch „double“ Nr. 49). Welche Magie den Dingen anhaften kann, wenn sie mit intensiver Konzentration in Bewegung gebracht werden, führt Alexis Rouvre von der Compagnie Modo Grosso aus Belgien in „Tout/Rien“ mustergültig vor. Hier werden Ketten, Steine, Perlen auf klassische Weise animiert. Dabei entsteht eine faszinierende Welt des schönen Scheins voller Poesie. Die Performance „Materia“ von Andrea Salustri (Italien/Deutschland), in der Objekte aus Polystyrol in verschiedenen Formen und Größen per Ventilatoren „bewegt“ werden und der „Wind“ für die Objekte einen weiten Raum schafft, spiegelt die Materialforschung im Figurentheater.

Darragh McLoughin arbeitet in „Stickman“ mit einem Stock. Zu den Anweisungen aus einem Fernsehgerät schafft er mit diesem Stock immer neue Spielsituationen, sodass am Ende Wirklichkeit und Fiktion durcheinandergewirbelt werden. Chiara Marchese macht in „The Weight oft he Soul – Everything is tempory“ das Seil zum wichtigsten Material. Diese vier Inszenierungen erzählen dem Publikum von der Nähe zwischen Neuem Zirkus und Figurentheater. Die Ansätze sind in beiden Genres ähnlich: es geht um die Animation der Dinge und um das Setzen von Bewegungsimpulsen. Dabei gelingt es dem neuen Zirkus nicht immer, Materialien und Artistik in eine dramaturgisch gebaute Geschichte zu integrieren. Die Imaginale führte jedoch eindringlich vor, wie wichtig der Austausch über experimentelle Formate der Materialuntersuchung in beiden Genres ist. Im Festival-Talk „Eine andere Form der Puppe. Begegnungen zwischen Neuem Zirkus und Figurentheater“ wurde dafür ein Forum geschaffen.

Persönliches und Politisches Auf eindrucksvolle Weise präsentierte die Imaginale 2025 darüber hinaus eine Reihe von Inszenierungen, in denen biografisches Material, politisches Theater, Mittel der bildenden Kunst und der Figurenspielkunst einander durchdringen. In „Carte Blanche“, konzipiert und gespielt von der israelischen Künstlerin Michal Svironi und Auftaktproduktion der diesjährigen Imaginale, beginnt die Performance mit einer weißen Leinwand. Nach und nach bemalt Sivroni die vor ihrem Körper befestigte weiße Bildfläche mit ihren Händen. Sie lässt ein Herz, Blutbahnen, Haut, eine Körperform entstehen – eine herbeigemalte Verkörperung gewissermaßen. Diesem Prinzip weiter folgend, beschwört sie mit gemalten, gestempelten und gerissenen Portraits Figuren und Situationen aus ihrer Familiengeschichte. Hierbei entwickeln sich mal zarte, mal groteske Bilder, die jedoch durch die zunehmende Textlastigkeit und den überhasteten Sprachduktus der Performerin zu wenig Raum bekommen und das Bühnengeschehen in unverbundene Einzelaktionen zerfasern lassen. Warum beispielsweise ein Mann aus dem Publikum geholt wird – um seine Konturen an eine Leinwand im Hintergrund der Bühne zu malen –, bleibt im erzählerischen Kontext unklar. Am Ende des Abends findet die Inszenierung zur bildnerischen Kraft des Anfangs zurück. An vielen roten Schnüren befestigt, ersteht auf der Bühne ein Ensemble aus Figuren, in das sich die Performerin wie in ein großes Familienbild einfügt.

Diese Verbindung von Privatheit, politischer Geschichte und gegenwärtiger Politik wirkt auch in „Untitled Document“, wobei diese Produktion sich zunächst eher im Privaten zu verorten scheint. Ari Teperberg sitzt am Tisch und tippt den ganzen Abend in seinen Laptop. Die Texte werden auf eine große Leinwand übertragen, zur Illustration wird Bildmaterial und Musik (u. a. Elvis, Rossini) von Google heruntergeladen. Aus der Mimik des Spielers mit kurzen Nachdenkpausen, der ständigen Eingabe von Text (einschließlich der Bedienung der Löschtaste) und den Bildern entsteht – ohne dass ein gesprochenes Wort fällt – ein spannender Theaterabend. Er erzählt von seiner Großmutter, die an Alzheimer erkrankt ist, von der Tante Dorit, die stirbt, von den Eltern und von den Stationen des eigenen Lebenswegs. Am Ende spult Teperberg die Texte im Schnelldurchlauf zurück: ein starker Moment.

La Fille Du Laitier, Macbeth Muet. Foto: Doubleregard

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Faszinierend wirkt bei „Untitled Document“ nicht nur, wie hier ein Laptop zum Objekt wird, sondern ebenso, wie sich in die Privatheit einer Familiengeschichte die Zeit einschleicht und die Schicksale der einzelnen Familienangehörigen mit formt.

In der Aufführung von „Bär. Ein Zeitzeuge erzählt“, produziert an der Schaubude Berlin, wird die Biografie der Holocaust-Überlebenden Irene GrumachShirun aus der Perspektive ihres mittlerweile über 100 Jahre alten Teddys erzählt: eine Geschichte der Judenverfolgung im dritten Reich, von der Deportation der Großmutter, von Flucht. In einem vorwiegend in Weiß gehaltenen Raum, der Möglichkeiten zu einem intensiven Schattenspiel schafft, entwickelt Josephine Hock mit sanften Tönen ein ritualhaft wirkendes Spiel. Man spürt als Publikum, wie nah sie an der Geschichte ist.

Beim anschließenden Publikumsgespräch holt sie aus einer kleinen Aluminiumkiste den Originalbär – eine Leihgabe von Grumach-Shiruns Biografin Jill Levenfeld – und zeigt ihn vorsichtig dem Publikum.

Eigelb und Kunstblut Ein langer Tisch, mit einer weißen Decke bedeckt, darauf kleine Leuchter und kleine aus weißem Papier geformte Accessoires, dazu später Pappteller mit ausgeschnittenen Augenöffnungen: Was Marie-Hélène Bélanger Dumas und Jérémie Francoeur als Objekttheater und ohne Worte mit Shakespeares „Macbeth“ in „Macbeth Muet“ machen, ist grandios. Kunstblut fließt, rohe Eier werden zerquetscht, flüssiges Eigelb mischt sich mit Eiweiß. Dieser „Macbeth“ ist mehr als Trash, weil Bélanger Dumas und Francoeur grandiose Komödianten sind, mehr noch, weil ihnen das Kunststück gelingt, – ohne Worte – die Geschichte von „Macbeth“ so zu erzählen, wie sie bei Shakespeare steht: eine Geschichte von politischen Ambitionen, die sich nur mit Gewalt realisieren lassen. Das wirkt beklemmend aktuell. Deshalb wirkt bei aller comichafter Überzeichnung ihre Darstellung so überzeugend: ein Ei zu zerquetschen wird zu einem brutalen Akt, der auch als solcher für den Augenblick stehen bleibt, sich aber in einem befreienden Gelächter auflöst und deutlich macht, wie nah in einem symbolischen Akt Komik und Tragik liegen.

Was hier als zwei Schwerpunkte im Programm der Imaginale 2025 beschrieben wird – und noch mit weiteren Inszenierungen belegt werden könnte –, sind zugleich Trends, die sich in den letzten Jahren in der nationalen und internationalen Figurentheaterszene selbst herausgebildet haben: Zum einen neue Formen und Formate auszuprobieren, zum anderen gesellschaftlich relevante Themen zu verhandeln, zu zeigen, wie Figurentheater mit seinen spezifischen Formensprachen politisch Stellung beziehen kann. Beide Trends sind Teil einer Szene, die vielfältig mit Formen und Sujets experimentiert. Von den Stuttgarter Auftritten möchte ich hier zum Abschluss meines Beitrags noch drei ganz verschiedene Aufführungen herausgreifen: Wie beispielsweise Ariel Doron mit seiner umwerfenden Komödiantik in der Lecture Performance „Mitzis Mensch“ das Medium des Puppenspiels mit „Schrödingers Katze“ und Quantenphysik zusammenbringt, ist virtuos. Oder die Freundlichkeit eines Tristan Vogt, der in „Sind wir Freunde?“ selbstversunken – wie Kinder, die sich in ihrem Spiel vergessen – mit kleinen Objekten eine ganze Welt baut. Schließlich ist der clowneske Kampf zu nennen, den Olivier Rannou in einem Restaurant zu führen hat mit einem ganz besonderen Objekt: Roboter, die die Funktionen der Kellner übernommen haben. Was diese Figurenspieler gemein haben, ist eine wunderbare Komödiantik, die sich an den Dingen reibt – und dabei den Blick auf andere, auf magische Welten öffnet. – www.imaginale.net oben: Compagnie Modo Grosso, Tout | Rien. Foto: Véronique Lesperat unten: Schaubude Berlin, Bär. Ein Zeitzeuge erzählt. Foto: Constantin Rieß

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DIE MAGIE DER BUCHSTABEN „Zauberzeichen“ von theater katinkaspringinsfeld V o n A n n i k a G l o y s t e i n /// „Abrakadabra“ – mit dieser Zauberformel lässt die Spielerin den Buchstaben A in ihrer Hand erscheinen, stößt einen verwunderten a-Laut aus, der allmählich zu einem krächzenden Rabengeschrei wird. Sie dreht das braune Pappmaché mit der Spitze zur Seite, formt mit der anderen Hand einen Flügel und bewegt sich in Richtung des Spieltischs. Das A purzelt kopfüber, begleitet von einem verzweifelten Laut des Fallens, durch den Schlitz des Holzhockers in die darunter stehende Kiste. Sich mit einem unsicheren o-Laut windend, greift die Spielerin in den Kragen und – oohh! Überraschung – findet ein O. Mit einem bewundernden Laut schaut sie durch die Öffnung des Buchstabens, ruft hindurch und erhält, das O ans Ohr haltend, ein Echo.

Begleitet von einem Geräusch, das nichts Gutes ahnen lässt, dreht sie den Buchstaben auf die schmale Seite. Nun passt er durch die Öffnung im Hocker und landet erstaunt in der Kiste. Erst zwei Buchstaben und schon so viele unterschiedliche Möglichkeiten diese zum Klingen zu bringen. Die Spielerin lässt nun S, H, W und Z auf ihre je eigene Weise auftreten, untersucht, wie sie sich bewegen und anhören.

Am 21. September 2024 feierte „Zauberzeichen“ von theater katinkaspringinsfeld Premiere in der Tafelhalle in Nürnberg.

Hinter dem Namen verbirgt sich die freischaffende Figurenspielerin Kathrin Blüchert. Regie führte Tristan Vogt, beide haben das Stück zusammen entwickelt. „Ein Buchstabentheater für Neugierige ab 5 Jahren“, so der Untertitel des 40-minütigen Solos, beleuchtet spielerisch das Alphabet.

Mal steht ein einzelner Buchstabe im Mittelpunkt: Mehrere A’s in unterschiedlichen Größen vollführen, begleitet von anerkennenden Lauten, akrobatische Kunststücke.

Mal liegt der Fokus auf der Kombination zweier Buchstaben: Ein kleines A weint, ein M beruhigt, daraus wird ein zaghaftes „Ma“ und irgendwann ein begeistertes „Mama“.

Mal wird es lautmalerisch: I und A geben Eselslaute von sich. M und U verbinden sich zu einem Muhen. U und H klingen nach Eule. K, R und I toben umeinander, bis sich daraus ein Hahnenschrei entwickelt.

Mal entstehen kurze Wörter und Szenen: Das I legt sich neben das M und bewegt sich wie der Schwanz einer Katze, dazu ertönt ein „Miau“. Nun tun sich A und U zusammen und kläffen die Katze an. Das K betritt die Szenerie und fährt seine Krallen aus, das R kommt gefährlich rollend dem AU zu Hilfe. Das M dreht sich um zum W, baut sich neben dem AU auf und wird zum bellenden Wesen. Ein H betritt hechelnd die Bühne, hebt sein Bein und pinkelt gegen das S, dies tauscht mit dem W den Platz: „Sau“. Das R kommt hinzu, das S springt ans Ende: „Raus“.

Mal geht es allzu menschlich zu: Zwei I’s streiten. Ein weiteres kommt hinzu, bezeichnet die anderen als „ihr“ und nimmt das „ich“ für sich in Anspruch. Es beginnt ein Reigen aus Abgrenzung und Zuschreibung, der nach einigem Hin und Her bei „wir“ gegen „ihr“ landet.

Doch bei aller Unterschiedlichkeit – egal ob mit Rundungen, ob was absteht, ob geknickt – alle wollen am Ende eine GuteNacht-Geschichte hören. Die Spielfreude Kathrin Blücherts und ihre neugierige Sicht auf die Buchstaben überträgt sich auf die Zuschauer*innen. Für das junge Publikum, das erste Berührungspunkte mit dem Alphabet hat, ist die Lust geweckt, die Buchstaben selbst zu erkunden – diese zauberhaften Zeichen, die Worte formen und Geschichten erzählen können. Und wer Buchstaben als Mittel zum Zweck bereits verinnerlicht hatte, verlässt das Theater mit einem frischen Blick. Dieser fällt auf den riesigen Schriftzug über der Eingangstür: TAFELHALLE. Das erste E ist ja falsch rum! Was es wohl mit dem F zu besprechen hat? – www.katinkaspringinsfeld.de E theater katinkaspringinsfeld, Zauberzeichen. Foto: Jutta Missbach

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the right moment to flower in defiance „Turn the P/Age“ von Eva Meyer-Keller Was bedeutet es, als Frau* zu altern, in einer Zeit, in der das Streben nach ewiger Jugend zur kulturellen Norm geworden ist? Eva Meyer-Kellers neueste Produktion feierte am 13. Februar in den Sophiensælen Berlin Premiere, beständige Transformation und die Menopause.

V o n A l m u t W e d e k i n d /// Eine Manege, das Publikum sitzt im beinahe geschlossenen Kreis um die sechs sterilen Podesttische. Auf zweien davon stehen Einmachgläser, Luftpumpen, Pipetten, Safttetrapacks, diverses Obst und viele andere medizinisch bis experimentell assoziierte Objekte bereit. In der Mitte eine vielleicht zwei mal drei Meter große Leinwand, die dem Geschehen auf der Bühne zwei Seiten verleihen kann, zu Projektionsphasen (Andrea Keiz) aber auch immer wieder hochfährt und den Raum damit vereint. Ein dringlicher, treibender, zugleich melancholischer Klangteppich (Rico Lee) begleitet Übergänge zwischen den Einzelszenen, Reflexionstexte über das eigene Sein, die eigene Verfasstheit, Textpassagen aus feministischer Literatur und Erzählungen über patriarchal zugerichtete Frauen*gruppen aus der Geschichte. Gemüse und Obst, sowie deren Säfte werden von den vier Performer*innen (Lisa Densem, Claudia Splitt, Rhyannon Styles, Laurie Young) genutzt, um als Referenz für den weiblichen Körper Schmerzerfahrungen und Misshandlungen anschaulich, vielleicht sogar erfahrbar zu machen. Den passiven Gemüse- und Obst-Objekten stehen die agierenden Frauen*körper gegenüber, eingehüllt in grünlich-bläulichen Stoff, der an OP- oder aber Patient*innenkittel erinnert (Sara Wendt). In einzelnen Szenen werden nacheinander Objekte genutzt, um Obst zu be- und misshandeln. Beispiele:

Die Tomate Zwei Performer*innen sitzen an einem der Tische, die Kamera filmt von oben auf die Fläche. Eine der beiden bearbeitet eine Tomate, die andere hält sie fest und erzählt uns in lockerem Plauderton, sie habe im Zuge der hormonellen Umstellung zur Menopause so starke Blutungen und Beschwerden gehabt, dass ihre Gynäkologin ihr vorgeschlagen hätte, einfach ihre Gebärmutter zu entfernen, da sie ja ohnehin keinen Kinderwunsch mehr hege. Sie habe dieses Vorgehen zunächst nicht in Frage gestellt. Erst durch Gespräche mit Freund*innen habe sie erkannt, wie krass sie diesen Eingriff finden würde und schlussendlich nicht machen lassen. Rückwirkend sei sie schockiert, wie ihr Uterus so funktionalistisch betrachtet werden konnte und dass nicht zur Sprache gekommen sei, dass ihre Leiden als Symptome der hormonellen Umstellung wahrscheinlich nur temporär andauern würden. Dabei wird die groß projizierte Tomate zunächst von Händen in Latexhandschuhen gestreichelt und zärtlich umspielt. Dann mit einem kleinen Rundskalpell punktiert. Anschließend dringt zunächst ein Finger vorsichtig über das entstandene Loch in die Tomate ein. Das flüssige Fruchtfleisch und die Samen quellen heraus. Die Penetration wird stärker, der Daumen kommt ins Spiel, mehrere Finger, bis die Tomate schließlich aufplatzt und zerrissen vor uns liegt. Erotische und Gewalterfahrungen liegen in der weiblichen Erfahrungswelt dicht beieinander. – Wird dies durch die Visualisierung auch für Menschen ohne diesen Erfahrungshorizont physisch fühlbar?

Der Radicchio Die Szene ist dunkel. Nur zwei Performer*innen werden schwach beleuchtet. Sie sitzen an einem der Tische. Die Leinwand zeigt uns einen Radicchio, der vor schwarzem Hintergrund liegt. Die Erdkugel im unendlichen Kosmos? Es ist still. Vier Hände nähern sich von zwei Seiten – dieses Mal tragen sie keine Handschuhe. Sie streicheln und umspielen den Kohl, beginnen langsam die erste Blattschicht, die bereits etwas schlapp und faltig wirkt, abzuschälen. Sie reißen die Blätter jedoch nicht ab, sondern öffnen sie nur und entfalten so einen Blätterkreis. Schicht um Schicht arbeiten sie sich weiter vor. Die Blätter werden fester und rosiger. Die Berührungen bleiben sanft, die Finger müssen jedoch zunehmend mehr Kraft anwenden, um die Blätter öffnen, auseinanderziehen zu können.

Der Blätterkranz um den Kohlkern wird voller und dicker. Das Öffnen der Blätterschicht erinnert irgendwann an einen sich öffnenden Muttermund aus dem heraus der Kohlkern tritt. Dazu hören wir eine weitere Textfläche, die Kurzzitate der Performer*innen wiedergibt, in denen sie ihre Selbstwahrnehmung beschreiben. Es fallen Sätze wie: „I feel my skin.“, „Ich werde die Person, die ich

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immer sein wollte.“, „Die ganzen Hormone, die mich möglichst umgänglich gemacht haben sind verschwunden. Stattdessen gibt es Hormone, die sich heftig gegen jeden Angriff auf meine Autonomie wehren.“ Es erstrahlt eine volle, prächtige Radicchioblüte, die umarmt wird von den Händen und ein wenig in die Höhe gehoben. Dann wird sie aus dem Bild getragen. Zeigefinger von acht Händen suchen und finden sich, berühren sich, die Hände greifen nacheinander, streicheln sich, bilden einen leidenschaftlichen Händeknoten. Wir hören über die Vorzüge der neuen Selbstwahrnehmung: „Ich vertrete eine klare Haltung, ob mir etwas gefällt oder nicht.“, „I am warm and honest.“, „I am together, I have the ability to balance my openness and boundaries.“, „How we think about aging women depends on the image we hold of them.“ Unter „We are change. Wir werden“ blendet das Bild der sich haltenden Hände ab ins Dunkle. – Applaus.

Der Umgang mit Materialien und Objekten scheint mir hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich, von der visuellen, illustrativen Perspektive beprobt und gedacht – die Objekte werden eher funktional genutzt, um das Material zu bearbeiten, das selbst keine eigenständige erzählende Kraft entfaltet, sich entwickelnde Autonomie oder Dominanz durch Vorgangs- oder Formvorgabe, während der Text uns viele Dimensionen und Ebenen des Themas „Menopause“ vermittelt: Wir erfahren von der Erfindung der Hysterie im antiken Griechenland, über geburtshelfende Godsibbes (Gottesschwestern), deren Wissen von Shakespeare zu Gossip degradiert wird und über die zu Hexen deklarierten Hebammen des Mittelalters. Erzählungen von physisch und emotional verletzenden Begegnungen mit Gynäkologen*innen stehen Textteppiche aus Selbstverortungen und Gefühlsbekundungen zur Seite, die eine weibliche Stärke, eine selbstermächtigende Potenz vermitteln. Über Szenen wie die Metalperformance mit harten Gitarren und kräftigem Gesang der ältesten Performerin der Gruppe schaffen sich die Frauen* auf der Bühne einen Ort, an dem sie ihre Körperlichkeit kraftvoll ausstellen und ausleben können. Hier schließe ich mich Theresa Schütz auf nachtkritik an: ein Abend „bei dem sich still das Frausein genießen lässt“1.

Auf Objekt- und Materialebene vermisse ich jedoch eine Emanzipation: Als Referenten für den weiblichen Körper finden wir leider nur behandelte, verletzte, stumme und wehrlose Materialien vor. Demgegenüber die Körper der Performer*innen, die die Gewalt oder Penetrationen ausüben, somit phasenweise zu Repräsentant*innen für die patriarchalen Wirkmächte werden. Eine wirkliche Überwindung der sexualisierten und gendernormierten Bildwelten, die in Assoziation zum weiblichen Körper vorherrschen, kann ich leider nicht erkennen. – www.evamk.de 1 https://www.nachtkritik.de/nachtkritiken/deutschland/berlin-brandenburg/berlin/sophiensaele-berlin/turn-the-p-age-sophiensaele-berlin-eva-meyer-keller-erforscht-das-aelterwerden-des-weiblichen-koerpers

Eva Meyer-Keller, Turn the P/Age. Foto: Mayra Wallraff

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AUSSTELLUNG

ANDERS AUFGEHÄNGT – BEGEGNUNGEN ZWISCHEN BILDENDER KUNST UND PUPPE „Cutting the Puppeteer's Strings“ in der Sammlung Philara Die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf hat neben Altbier, Rheinkirmes und Königsallee auch einige Kunsthighlights zu bieten. Eines davon befindet sich aktuell in der Sammlung Philara, die noch bis zum 1. Juni 2025 zeigt, wie man Figurentheater in die Bildende Kunst überführt.

V o n C h r i s t o f e r S c h m i d t /// Ein unscheinbar wirkender Hinterhof in Düsseldorf-Flingern beherbergt seit 2016 herausragende Positionen zeitgenössischer Kunst.

Dass ausgerechnet hier, in einer ehemaligen Glasfabrik, die der Sammlungsgründer Gil Bronner zu rund 1700 m² Ausstellungsfläche hat umbauen lassen, nun Puppen ausgestellt werden, mag überraschen. Kuratorin Hannah Niemeier erklärt, dass es sich bei „Cutting the Puppeteer's Strings“ sogar um die erste Ausstellung handelt, die die gesamte Sammlungsfläche bespielt. Im Handout zur Präsentation heißt es: „Besonders in jüngster Zeit erfahren das Traditionshandwerk des Puppenmachens und das Spiel mit ihnen eine besondere Aufmerksamkeit in der zeitgenössischen Kunst“. Die Puppe als Trend in der Kunstwelt? Für diese Beobachtung sprechen auch die jüngst gefeierten Gisèle-Vienne-Ausstellungen in Berlin.

Was aber wird in Düsseldorf präsentiert und wie? Es handelt sich um sehr unterschiedliche Exponate aus der Sammlung von Gil Bronner, um Leihgaben und um eigens für die Ausstellung angefertigte Arbeiten. Diese stammen von über 30 Künstler*innen, darunter bekannte und weniger bekannte Namen. In der geräumigen Eingangshalle sitzen überlebensgroße Stabfiguren von Dardan Zhegrova auf dem Boden und warten darauf, von den Besucher*innen bespielt zu werden. Weniger geräumig geht es nebenan zu: Hier sind die Marionetten aus Eva Kot’átkovás titelgebender Arbeit dicht an dicht an der Wand drapiert. Ein Arrangement, das an die berühmte Petersburger Hängung erinnert – wobei zur Decke hin noch etwas Platz für weitere Marionetten wäre.

Auch filmische Arbeiten, die durch Objekte aus den jeweiligen Filmen ergänzt werden, sind Teil des Rundgangs. Bei Kara Walker treffen statische Scherenschnitte auf einen bewegenden Schattentheaterfilm, mit dem sie Rassismus und Sklaverei in den USA anprangert, während in Wael Shawkys Filmserie „Cabaret Crusades“ Marionetten aus Muranoglas die Geschichte der Kreuzzüge aus einer Perspektive beleuchten, die sich deutlich von der westlichen Narration unterscheidet. Wer Gemälde liebt, wird bei Florian Meisenbergs „old master praying for a young republic“ fündig. Es zeigt einen knienden Pinocchio, der mit langer Nase andächtig vor dem Hintergrund einer fiktiven Nationalflagge betet – ein Bild, das sofort zahlreiche Assoziationen hervorruft. Mikołaj Sobczaks Installation „Lutzi Puppe Wutzi“ präsentiert den kleinen Bruder des Österreichischen Kaisers Franz Joseph melancholisch dreinInstallation „Archiv der Sorgen“ vom Künstlerinnenduo „Fort“. Foto: Kai Werner Schmidt, 2024

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AUSSTELLUNG

blickend auf einer Schulbank. Im Rahmen einer Performance, die der Künstler mit seiner Puppe ursprünglich für den Steirischen Herbst 2023 entwickelt hat, kommt er an ausgewählten Terminen in die Sammlung Philara und spricht mit Lutzi-Wutzi über queere Rechte in der Vergangenheit und Gegenwart. Eine spannende Auseinandersetzung, die beim bloßen Betrachten der Installation leider fehlt.

Wenn Puppen philosophieren Die kanadische Künstlerin Lili Huston-Herterich hat mit „Meeting of a Linden Tree / Ein Lindentreffen“ eine Auftragsarbeit mit Einbindung des lokal verankerten Düsseldorfer Marionettentheaters geschaffen. Sie versammelt vier von Anton Bachleitner aus Lindenholz geschnitzte Figuren zu einem philosophischen Tête-à-Tête. Momo, Molly und Gmork aus den Erzählungen Michael Endes sowie ein diabolisches Doppelwesen aus der Faust-Inszenierung des Theaters scheinen in ein geheimes Gespräch vertieft: „Als Objekte sind wir zum Glück frei von dem ‚gesunden Menschenverstand‘, in dem diese Subjekte gefangen sind“, heißt es konspirativ. Die Stimmen der Marionetten kommen vom Band, kleine LED-Lampen an ihren Körpern leuchten in dem dunklen Raum auf, wenn eine von ihnen spricht. Eine unheimliche und doch charmante Vorstellung von der Gedankenwelt der unbelebten Dinge.1 Nur auf den ersten Blick unheimlich ist die Installation „Archiv der Sorgen“ vom Künstlerinnenduo „Fort“ – bestehend aus Jenny Krop und Alberta Nieman. Sie gibt Einblick in die Sorgen von Bürger*innen der Stadt Siegen, die mittels dokumentarischer Verfahren gesammelt wurden. Um die Anonymität der Menschen zu wahren, wurden ihre Sorgen von Schauspieler*innen wie Sophie Rois oder Lilith Stangenberg eingesprochen. Auch hier kommen die Stimmen vom Band und werden in Bezug zu den fünf schwarzen Raben gesetzt, die auf Müllsäcken platziert ihre Schnäbel mechanisch öffnen und schließen. Nachvollziehbare Sorgen werden hier mit naturalistisch anmutenden Animatronics gepaart, die man so schnell nicht vergisst.

Die Bandbreite der Themen, die durch die verschiedenen Exponate angesprochen werden, ist enorm. Auch wenn manch ein Diskursfaden eher locker sitzt, zeigt diese Ausstellung auf wunderbare Weise, dass Puppen nicht nur auf die Theaterbühne gehören. Es bleibt zu hoffen, dass auch andere Sammlungen und Museen der Bildenden Kunst diesem Beispiel folgen, ihre Puppen aus den Beständen holen, neue Arbeiten erwerben und diese in ebenso faszinierenden Ausstellungen zugänglich machen. www.philara.de 1 Das Skript zur Arbeit ist auf Deutsch und auf Englisch auf der Website der Künstlerin veröffentlicht: https://www.lilihustonherterich.com/projects/2024/2024lindentree.php oben: Installation „Lutzi Puppe Wutzi“ von Mikołaj Sobczak. Foto: Kai Werner Schmidt, 2024 unten: Glasmarionette aus „Cabaret Crusades“ von Wael Shawky. Foto: Kai Werner Schmidt, 2024

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SEITENBLICK

BÜRGER*INNEN TREFFEN DEPOT Einblicke in das 4PS-Fellowship Das Projekt der 4 Puppentheater Sammlungen (4PS) in Bochum, Dresden, München und Lübeck zielt darauf ab, durch Citizen Science – ein Ansatz, der Bürger*innen in Forschungsvorhaben einbezieht – Sammlungen als Wissensorte zu aktivieren. 2025 erkundet eine Fellow im Rahmen eines halbjährigen Stipendiums, wie Citizen Science bisher unbearbeitete Forschungsfelder erschließen und die Sichtbarkeit der Sammlungen erhöhen kann.

V o n A n n i e E c k e r t /// Im Oktober letzten Jahres erreichte mich die E-Mail, dass ich für das 4PS-Fellowship angenommen wurde. 4PS steht für den Zusammenschluss aus vier Sammlungen – in Bochum, Lübeck, Dresden und München – zum Puppen- und Figurentheater, die sich unter dem Dach des Bündnisses „KompleXX Figurentheater“ zusammengefunden haben. Die FellowshipStelle soll Möglichkeiten einer Öffnung der Sammlungs- und Ausstellungsorte für breitere Öffentlichkeiten wissenschaftlich erschließen. Diese Öffnung wird in kleinen Projektgruppen mit interessierten, aber fachfremden Zivilpersonen erprobt, die gemäß des Citizen Science-Ansatzes eigene Fragen zu den Beständen der Sammlungen stellen und Ideen und Bedarfe der jeweiligen lokalen Öffentlichkeit einbringen dürfen und sollen.

Die Offenheit und der experimentelle Charakter der Ausschreibung haben mich sofort angesprochen. Als junge promovierende Kulturwissenschaftlerin überschnitt sich die im Projektcharakter angelegte Wertschätzung für das Wissen und Engagement von zivilen Akteur*innen sehr mit der mir und meiner Fachdisziplin eigenen Haltung zu diesen Belangen. In Zeiten wachsender Wissenschaftsskepsis und einer Zersplitterung der Zivilgesellschaft halte ich Versuche, den Wissenschaftsbetrieb zu öffnen und neue, wertschätzende Formen der Zusammenarbeit zu finden, für eine gute Antwort der Institutionen.

Die Vorstellung, auf kreative Weise mit Menschen zusammenzuarbeiten sowie gemeinsam miteinander zu lernen und zu forschen, weckt Vorfreude und Hoffnung in mir. Außerdem bin ich dankbar, in der Zeit des Fellowships mein Wissen über Museums- und Sammlungspraxis sowie über Puppen-, Figuren- und Objekttheater auszubauen. Besonders mit dem letzten Themenfeld hatte ich bisher keinerlei Berührungspunkte und bin gespannt, in diese Welt einzutauchen. Puppen allerdings begeistern mich spätestens seit meiner Masterarbeit sehr. Für diese habe ich knapp ein Jahr lang die Welt von Reborn-Puppen empirisch und theoretisch zu durchdringen versucht. Die so gewonnene Faszination für Puppen als biographische Objekte und belebte Interaktionspartner*innen wird mich sicher auch in der kommenden Zeit begleiten.

Meine Zeit in den Museen und Sammlungen wird von der Frage geleitet sein, was es braucht, um ein funktionierendes Citizen Science-Projekt an den jeweiligen Orten zu etablieren. Dabei stehen sowohl die strukturellen und institutionelIm Frühjahr 2024 trafen sich Dr. Antonia Napp (KOLK 17), Dr. Kathi Loch (Staatliche Kunstsammlung Dresden), Mascha Erbelding (Münchner Stadtmuseum) und Mareike Gaubitz (Deutsches Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst) zusammen mit Prof. Dr. Meike Wagner (Theaterwissenschaft München), um Ideen für das 4PS-Bündnis zu entwickeln. Foto: 4PS und KompleXX-Figurentheater

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SEITENBLICK

len Bedingungen der 4PS-Einrichtungen als auch die Bedarfe der Bürger*innen im Fokus. Ich werde vor Ort nach individuellen und standortgebundenen Fragen suchen, die helfen sollen, Ideen zu entwickeln, wie Citizen Science die zukünftige Praxis von Puppenund Figurentheatersammlungen beeinflussen kann.

Aus „Wie kann Bürger*innenforschung in Bochum, Lübeck, Dresden und München gelingen?“ wird so „Was birgt Bürger*innenwissenschaft für Potenziale in der Gestaltung der Zukunft des Puppen- und Figurentheaters?“.

Citizen Science ist im Rahmen des 4PS-Fellowships somit ein Untersuchungsgegenstand. Gleichzeitig wird Bürger*innenforschung als Methode erprobt und als ethische Haltung innerhalb des Projekts stark gemacht. Damit ist gemeint, dass die beteiligten Bürger*innenforschenden nicht als „bloße Hilfswissenschaftler*innen und Datensammler*innen“ gesehen und adressiert werden.

Ihnen kommt eine große Freiheit in der Gestaltung des Prozesses zu: Welche Fragen und Themen wollen sie bearbeiten? Welchen Umgang wünschen sie sich miteinander? Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten wollen sie mit professioneller Hilfe ausbauen oder erkunden?

Begleiten werde ich die geplanten praktischen Erprobungen der Citizen Science mit einem methodischen Ansatz, den ich aus meiner Ausbildung als Kulturwissenschaftlerin kenne: Um möglichst viele Facetten dessen einzufangen, was ein Gelingen vor Ort begünstigt, wird der ganze Forschungsprozess von meiner Seite auch als Action Research verstanden. Das Motto ist also „learning by doing“. In konkreter Zusammenarbeit mit Bürger*innen vor Ort wird zum einen eine erste Pilotphase für ein Citizen Science-Projekt angeregt. Gleichzeitig wird der gemeinsame Prozess, durch qualitative Forschungsgespräche, dokumentierte Reflexionsrunden und teilnehmende Beobachtungen analysiert. Damit werden die Bedingungen für ein gelingendes partizipatorisches Forschen näher ausgeleuchtet.

Herausforderungen als Lernmöglichkeiten Durch den offenen, praxisorientierten Ansatz des Vorhabens ergeben sich einige Herausforderungen, für die situationsgebunden Herangehensweisen gefunden werden müssen: Zum einen ist es – auch auf Grund der kurzen Zeit in den jeweiligen Sammlungsorten – schwierig, viele Menschen vor Ort zu erreichen. Dieser Problematik wird durch im Vorfeld gesetzter Werbung für die Aktionen begegnet. Dennoch wird es kompliziert bleiben abzuschätzen, wie viele Interessierte sich melden werden. Damit verbunden fordern Fragen Aufmerksamkeit, die sich auf die Zusammensetzung der Gruppen beziehen: Wie kann eine möglichst heterogene Gruppe von Akteur*innen gewonnen werden? Kann „zu viel“ Heterogenität ein harmonisches Arbeiten gefährden und Entscheidungsprozesse verzögern? Wie können Bedarfe und Fähigkeiten von ganz verschiedenen Personen unter einen Hut gebracht werden?

Gleichzeitig sehen sich alle Citizen Science-Projekte oft dem Vorwurf ausgesetzt, die in ihnen erarbeiteten Ergebnisse würden nicht den sonst üblichen wissenschaftlichen Standards genügen. Zu diesem Sachverhalt müssen sich auch die Projekte im Rahmen des Fellowships positionieren.

Deshalb muss ein Augenmerk auf eine wechselseitige Kommunikation gelegt werden und Angebote zur Vermittlung von Wissen und Skills von Seiten der Einrichtungen und mir gemacht werden.

Es wird wichtig sein, dass die gebildeten Gruppen auch nach der Fellowship-Zeit bestehen bleiben.

Hierfür müssen nachhaltige Strukturen geschaffen werden und das Selbstbewusstsein der teilnehmenden Bürger*innen-Gruppen gestärkt werden.

Letztlich bietet die Offenheit des Projekts aber auch den Vorteil, dass selbst Fehler und Herausforderungen als Lernmöglichkeiten für weitere Arbeit im Feld genutzt werden können. Wirklich scheitern kann das Projekt also nicht. Allerdings wird sich ein „Erfolg“ der Unternehmung sowohl an etwaigen ersten Ergebnissen aus den Forschendengruppen messen lassen sowie an der hoffentlich erfolgenden Verstetigung der Projekte und der Qualität der gewonnenen Einsichten. – www.linktr.ee/4ps_puppentheatersammlungen – www.instagram.com/4ps_puppentheatersammlungen Annie Eckert. Foto: Annie Eckert

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PORTRÄT

DOPPELSPITZE IN BOCHUM Das Deutsche Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst e. V. bekommt neue Leitung Die Nachfolge von Annette Dabs steht fest: Ab 1. Juli 2025 werden Helene Ewert als Geschäftsführerin und Christofer Schmidt als Künstlerischer Leiter das Deutsche Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst e. V. (dfp) in Bochum gemeinsam leiten. Was haben die beiden vor? Für double sprach Annika Gloystein mit dem designierten Leitungsduo über ihre Visionen fürs Figurentheater in Bochum und darüber hinaus.

Ihr seid in Bochum keine Unbekannten. Helene, du warst von 2020 bis 2023 als Produktionsleiterin für das FIDENA Festival und von 2015 bis 2023 für den Fritz-Wortelmann-Preis tätig und Christofer, du bist seit 2021 am dfp engagiert und hast als Dramaturg die FIDENA-Ausgabe 2024 co-kuratiert. Wie fühlt es sich an, an die frühere Wirkungsstätte zurück zu kommen bzw. vor Ort bald in einer neuen Position zu wirken?

Helene E we r t : Die Vorfreude ist groß, besonders auf die Kolleg*innen. Wir waren immer ein tolles Team und haben gemeinsam schon viele schöne Momente erlebt. Das wird uns für die kommenden Herausforderungen sehr helfen.

C h rist o fe r S chmidt : Für mich ist der Übergang gerade total spannend. Für die neuen Aufgaben bin ich schon recht autonom unterwegs, gleichzeitig arbeite ich noch in meiner alten Funktion. Durch diese beiden Rollen können manchmal auch Reibungen entstehen, die ich aber ganz produktiv finde.

Ihr habt bereits zusammengearbeitet und wisst also, was ihr aneinander habt. Wie kam die Idee, euch als Leitungsduo zu bewerben?

Helene E we r t : Schon vor meinem Weggang 2023 haben wir manchmal darüber spekuliert, weil wir schnell gemerkt haben, dass es einfach passt. Wir sind ein sehr kreatives Team, und es macht uns großen Spaß, gemeinsam Ideen zu entwickeln und umzusetzen.

Als dann die Ausschreibung veröffentlicht wurde, rief Christofer mich sofort an.

C h rist o fe r S chmidt : Ich wusste natürlich nicht, ob Helene wirklich bereit wäre, sich darauf einzulassen – schließlich war sie erst kürzlich weggegangen und hatte bei ihrem neuen Arbeitgeber einen guten Start. Doch beim gemeinsamen Brainstormen über mögliche Bewerbungsinhalte waren die Zweifel schnell weg.

Zu zweit hat man immer jemanden zum Besprechen, muss sich aber auch viel abstimmen. Welche Vorteile und welche Risiken seht ihr in der Aufteilung eurer Aufgaben?

C h rist o fe r S chmidt : In unserer Bewerbung haben wir klare Aufgabenbereiche definiert, die wir sowohl alleine als auch gemeinsam betreuen. Wir ergänzen uns in unseren Schwerpunkten hervorragend und können uns gegenseitig gut vertreten.

Helene E we r t : Der größte Vorteil dabei: Auch wenn wir beide nicht Vollzeit arbeiten, haben wir als Leitungsduo deutlich mehr Kapazitäten als eine Einzelperson. Das ermöglicht uns, vielseitig und breit aufgestellt zu agieren. Das Ganze funktioniert aber nur auf der Grundlage von Vertrauen – eine Basis, die uns besonders wichtig ist. Konflikte sind unvermeidbar – da machen wir uns keine Illusionen – deshalb planen wir von Beginn an, uns regelmäßig von einem*r Supervisor*in begleiten zu lassen.

Das dfp veranstaltet alle zwei Jahre das Figurentheater der Nationen, kurz FIDENA, und den Fritz-Wortelmann-Preis, verfügt über ein Dokumentations- und Forschungszentrum, gibt die Fachzeitschrift double heraus und präsentiert auf www.fidena.de Nachrichten, Kritiken und Informationen für und über die Figurentheaterszene. Viele verschiedene Aufgaben warten auf euch. Wie werdet ihr die Arbeit und die Ausrichtung des dfp, das Annette Dabs seit 1997 geleitet hat, mit neuen Impulsen und Perspektiven weiterentwickeln?

Helene E we r t : Wir werden einen Schwerpunkt auf den Ausbau des Bereichs Wissenschaft legen. Das dfp soll stärker als Ort der Forschung wahrgenommen werden. Um das zu erreichen, kooperieren wir mit renommierten Partnerinstitutionen und streben eine zusätzliche Stelle an. Zudem planen wir, unser Residenz-Programm zu überarbeiten, und sowohl unsere Sammlung als auch das VR-Museum weiterzuentwickeln.

C h rist o fe r S chmidt : Ein weiterer Fokus wird die Etablierung eines FIDENA-Gastspielprogramms sein. Als Auftakt dazu wird die FIDENA 2026 – neben unserer Heimatstadt Bochum – auch in mehreren neuen Städten stattfinden. Wir erhoffen uns, dass

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PORTRÄT

dadurch langfristig neue Partnerschaften entstehen, die es uns ermöglichen, über das Jahr hinweg regelmäßig Figurentheaterproduktionen in ganz NRW zu präsentieren. So möchten wir der Szene zu mehr Sichtbarkeit verhelfen und sicherstellen, dass Produktionen auch über die FIDENA hinaus häufiger gezeigt werden können. Dafür braucht es natürlich viel Überzeugungsarbeit bei den Partnerstädten und -bühnen sowie zusätzliche finanzielle Mittel, um die wir uns bemühen. Außerdem möchten wir die Zusammenarbeit mit den anderen Verbänden weiter ausbauen. Durch das Förderprogramm „Verbindungen Fördern“ sind wir bereits viel enger zusammengerückt und auf einem sehr guten Weg. Sollte der Bundesverband Freie Darstellende Künste (BFDK) eine Fortsetzung dieser Kooperationen ermöglichen, sind wir hochmotiviert, diesen Weg weiterzugehen.

Ab 1. Juli tretet ihr euer Amt offiziell an. Im September richtet das dfp den 49. Wettbewerb um den Fritz-Wortelmann-Preis aus, 2026 ist das nächste Festival. Was passiert schon jetzt, wie bereitet ihr euch vor?

He l e n e E we rt: Aktuell arbeiten wir gemeinsam mit einer Agentur an einer neuen Corporate Identity und kommen damit noch in diesem Jahr raus. Auch die Überarbeitung der Homepage steht auf unserer To-DoListe. Für die FIDENA 26 sichtet Christofer bereits viele Stücke, wir schreiben gemeinsam Anträge und es finden Gespräche mit verschiedenen Kooperationspartnern und Förderern statt.

C hr ist o fe r S chmid t: Der Fritz-Wortelmann-Preis 2025 wird derzeit noch genauso vorbereitet, wie in den vergangenen Jahren, und findet im September statt. Das übernimmt das aktuelle Team des dfp, Helene wird hier erst ab Juli aktiv werden. Ab der 50. Ausgabe wird der Preis jedoch eine Neuausrichtung erfahren, die wir gerade konzipieren und in Gesprächen mit der Stadt Bochum weiterentwickeln. – www.fidena.de Helene Ewert und Christofer Schmidt. Foto: Jörg Gröger

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SCHWEIZER FENSTER

DIE ZERLEGUNG EINES TEEBEUTELS Grünschnabel 2024 an Moritz Praxmarer Moritz Praxmarer gewann 2024 mit seiner Produktion „The Story of Larry“ den Aargauer Förderpreis für junges Figurentheater „Grünschnabel“, welcher im Rahmen des Figura Theaterfestivals zum elften Mal verliehen wurde. Die Regisseurin Sibylle Heiniger sprach mit Moritz Praxmarer über seine Arbeit.

Objekte, Gegenstände, Materialien ... Ich weiss gar nicht genau wieso, aber mich haben diese Dinge schon immer irgendwie magisch angezogen. Ich schaue, was ein Gegenstand alles kann, woran er mich erinnert, was er mir erzählt. Außerdem höre ich zu. Stories, Anekdoten, absurde Alltagsmomente, Situationskomik, Antihelden – gute Geschichten faszinieren mich. Dass ich jetzt Objekttheater mache, folgt nicht einer langjährigen Planung – sondern der Logik einer künstlerischen Entwicklung.

Früher habe ich noch viel mehr mit Video gearbeitet. Mit einem Auge nahe an etwas herangehen, mein Auge anderen zugänglich machen, das interessiert mich. In meinem B.A. in Prozessgestaltung in Basel entstand das Kollektiv „Hotel Regina“. Wir machen viele Performances im öffentlichen Raum und versuchen die Menschen zu einem Perspektivwechsel auf ihre Umgebung einzuladen.

Danach habe ich in Frankreich Schauspiel studiert, alles andere habe ich mir selbst beigebracht.

Moritz Praxmarer, The Story of Larry. Foto: Michal Hancovsky

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SCHWEIZER FENSTER

Im Masterstudium „Expanded Theatre“ an der Hochschule der Künste Bern hoffte ich, all meine vorherigen Kunstformen zu verbinden. Der Studiengang ist sehr offen, drängt einem keine Richtung auf und so fand ich diese Verbindung im Objekttheater.

Hier erlebe ich die Grenzen zwischen verschiedenen Disziplinen fliessender und deshalb auch offener für Generalist*innen wie mich.

Objekttheater folgt weniger einer Tradition, das klassische Schauspiel hat eine längere, verbindlichere Geschichte.

Den Dingen auf den Grund gehen Über längere Zeit in meinem Leben hatte ich immer einen Leatherman dabei. Ein multifunktionales, handliches Werkzeug, mit dem ich alles aufschrauben oder entzweischneiden konnte. Das gab mir ein Gefühl von Kompetenz – ich konnte mit der Umgebung, den Dingen interagieren.

So entdecke ich die Welt um mich: durch Anfassen, Ausprobieren, Spielen, Testen. Über Prokrastination vielleicht auch.

Das Material lügt nicht, es verhält sich; es tut, was es eben tut. Und so fängt es an, zu spielen, etwas zu erzählen, mit eigenen Regeln und Qualitäten. Ich kann seine physikalischen Eigenheiten nicht manipulieren. Aber ich kann mich dazu verhalten und dadurch entsteht ein Dialog. Mir liegt dieses „Sprechen“ mit dem Material. Ich beobachte. Wann bricht es? Verbiegt es sich? Brennt es? Wo ist der Balancepunkt?

Wir alle haben einen Bezug zu Material, ich würde es als einen nicht-intellektuellen Zugang beschreiben. Wenn etwas mit dem Material auf der Bühne geschieht, haben alle einen körperlichen Bezug dazu. Jede*r weiss, wie es sich anfühlt.

Bei „The Story of Larry“ sitzt das Publikum mit mir an einem Tisch und trinkt Tee. So wie ich, als ich die Geschichte zum ersten Mal hörte, denn es ist eine wahre Geschichte. Drei Uhr morgens, alle kommen zurück nach einer durchzechten Nacht, man trinkt am Tisch noch einen Tee und dann kommen die Geschichten. In so einen Abend wollte ich das Publikum führen.

Wenn ich an einem Tisch sitze, dann spiele ich mit allem, was da rumliegt. Larry sitzt am Tisch und will fliegen. Wenn man an den Teebeutel bläst, dreht er sich und klingt wie ein Hubschrauber, das passt.

Gyula Molnàr sagte mal, dass du einem bestimmten Gegenstand folgen musst, um ihm auf den Grund zu gehen. Also zerlege ich den Teebeutel: Da ist eine Schnur, das Teepulver, ein Stück Stoff. Daraus entsteht unter anderem das Figürchen, Larry. Und vollgesogen mit Tee, verdreht sich sein Körper, das konnte ich mir nicht im Voraus ausdenken.

Aber wir alle hatten schon mal einen Teebeutel in der Hand – der Logik der Bilder, die daraus entstehen, können alle folgen.

Ich denke, dadurch wird Objekttheater für Kinder wie für Erwachsene interessant. Wir gehen alle vom Gleichen aus. Und ab da übernimmt die individuelle Fantasie.

Sehgewohnheiten hinterfragen Wieso ist ein Teebeutel so gebaut? Das ist für mich auch eine politische Frage. Ich untersuche mit meiner Arbeit die Dinge und fordere dazu auf, ein zweites Mal hinzusehen und sich zu fragen, was sehe ich noch? Ich möchte sagen: Schaut hin, lasst uns die Dinge nicht einfach so akzeptieren, wie sie sind, bloss weil sie so offiziell daherkommen. Ordnet neu an, lasst uns schauen, ob es nicht auch anders geht.

Objekttheater ist für mich ein Appell. An den Wandel. An neue Blickwinkel. Eine Erinnerung, dass alle menschlichen Dinge und Strukturen einmal gestaltet wurden und immer wieder neu gestaltbar sind.

Dieser Blick, dieses Anliegen, steckt in allem drin, was ich tue. Was ist der Sinn von dieser Regel? Warum ist das so gemacht?

Es sind immer diese kindlichen Warum-Fragen dahinter, obwohl ich heute natürlich nicht mehr ganz so ahnungslos bin, wie ich es als Kind war. Deshalb ist mein Humor wohl auch abgründiger.

Und dann erzähle ich die Geschichte. Larrys Geschichte ist tragisch und tiefgründig, aber sie kommt mit viel Leichtigkeit und Humor daher, sodass sie für jede*n zugänglich wird. Bei Larry funktioniert das viel über Slapstick. Er fliegt los mit seinem Stuhl, schiesst auf Wetterballons, verliert seine Brille, seine Knarre … der klassische Antiheld. Jede Überlegung, jeder nächste Schritt ist nachvollziehbar. Larry will etwas Besonderes sein, etwas Ausserordentliches erschaffen – das kennen wir alle. Das ist extrem menschlich und doch unerreichbar.

Gute Geschichten verbinden uns. Wie zuvor das Material: Wir gehen vom Gleichen aus, alles Weitere ist dann individuell.

Die Reduktion ist unglaublich spannend. Mit wenig und konsequent etwas umsetzen – das fasziniert. In meiner Schauspielausbildung lernte ich „to stay with the problem“. Das gehört zum Prozess. Du fängst an und plötzlich kommst du nicht mehr weiter.

Und da wird es spannend. Wenn ich es schaffe weiter zu gehen, entstehen daraus die stimmigen Momente in einem Theaterabend.

Den Grünschnabel-Preis zu erhalten, ist eine Ehre und ein tolles Gefühl. Für mich, der viel autodidaktisch gelernt hat und sich als Generalist und weniger als Spezialist versteht, ist eine solche Anerkennung eine Bestätigung. Sie macht noch mehr Lust auf diesem Weg weiterzuarbeiten. Das tut gut. – www.moritzpraxmarer.ch

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SCHWEIZER FENSTER

cOACHING ALS FÖRDERMASSNAHME Migros-Kulturprozent unterstützt Berufsanfänger*innen Mit „Double“ hat die Stiftung Migros-Kulturprozent – eine der wichtigsten Kulturförderinnen der Schweiz – vor zwei Jahren ein neues Programm gestartet. Kern ist das Coaching von Nachwuchskünstler*innen durch Berufskolleg*innen. Annina Mosimann und Marius Kob berichten von ihren Erfahrungen.

Marius Kob und Annina Mosimann haben im Zeitraum 2022 bis 2024 im Rahmen des Schweizer Förderprogramms „Double“ der Stiftung Migros-Kulturprozent gemeinsam an der Produktion von Annina Mosimanns Inszenierung „Bestiarium“ gearbeitet. Als Mentor hat Marius Kob das Projekt bei Konzeption, Budgetplanung und Kooperationspartnersuche unterstützt und es in Produktions- und Dramaturgiefragen bis zur Premiere im September 2024 begleitet. „Double“ bringt erfahrene Expert*innen mit jüngeren Berufskolleg*innen zusammen für einen ein- oder mehrjährigen Austausch in den Sparten Literatur, Tanz, Theater, Pop, Kleinkunst, Klassische Musik, Jazz, Kunst und Film. Das Coaching von Annina Mosimann durch Marius Kob fand in der Sparte Kleinkunst statt (ob Figurentheater sich in diese oder in andere Schubladen stecken lässt, sei eine andere Geschichte …). Während regelmässig stattfindenden Treffen sowie einer gemeinsamen Residenz in Kooperation mit dem Förderprogramm und dem Schlachthaus Theater Bern, hat Marius Kob die Entstehung der Inszenierung von der Konzeption bis zur Produktion unterstützt und begleitet. Was waren die Eindrücke von diesem Förderprojekt und welches Ergebnis kam dabei heraus?

Mentee: Annina Mosimann Nach meiner Rückkehr in die Schweiz, nach dem Studium in Stuttgart, waren die ersten Schritte in die Freiberuflichkeit – wie für die meisten Absolvent*innen – ein wackliger Weg, der viel Durchhaltevermögen und Geduld erforderte – und immer noch fordert.

Dass unser Abschluss in den Pandemiejahren war, hat es natürlich nicht einfacher gemacht. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich nach der Bachelorinszenierung wieder Mut gesammelt hatte, ein neues Projekt in Angriff zu nehmen. Auch musste ich mir mein Netzwerk in der Schweiz erst noch aufbauen. Kaum hatte ich mich über die Fördermöglichkeiten hierzulande ein bisschen informiert und ein kurzes Konzept für das neue Projekt geschrieben, hatte ich mich bereits im Administrations- und Anträgegewirr verlaufen und war ziemlich überfordert.

Als ich über die Vielzahl meiner abonnierten Theater-Newsletter vom Double-Förderprogramm erfahren habe, schien es mir eine tolle Gelegenheit, mich genau in diesen ersten Schritten der Einfädelung einer Theaterproduktion von einer Person begleitet zu wissen, die einige Jahre mehr an Berufserfahrung hat.

Die Coaches werden von Seiten der Förderstelle ausgewählt und bei der Ausschreibung publiziert. Als sogenannter Mentee bewirbt man sich beim Double-Mentoring mit einem Projekt oder einer Idee, und wählt schon bei der Bewerbung direkt die Coachingperson aus, mit der man gerne zusammenarbeiten würde. Beide Seiten – Mentee und Coach – erhalten von Migros-Kulturprozent ein Honorar beziehungsweise einen Förderbeitrag. Schliesslich legen die zusammenarbeitenden Doubles die Inhalte und Ziele des Coachings individuell fest.

Marius hat mich in der Anfangsphase der Produktion begleitet: Wir arbeiteten gemeinsam an der Konzeption, am Finanzplan und an der Kooperationspartnersuche für „Bestiarium“. Vor allem die Suche nach Koproduktionsmöglichkeiten war sehr herausfordernd, denn es war das erste Mal, dass ich als freischaffende Künstlerin mein Projekt verschiedenen Institutionen und Theatern in der Schweiz vorstellte. Marius konnte mir dank dem Coaching einen genauen Überblick über die Möglichkeiten in der Förder- und Produktionswelt der Schweiz verschaffen und bestärkte mich, weiterzumachen und das Vertrauen ins Projekt nicht zu verlieren.

Trust the process!

Coach: Marius Kob Die Möglichkeit, meine Erfahrung an eine talentierte Person aus dem Figurentheater weiterzugeben, war für mich etwas ganz Besonderes. Dabei fühlte ich mich an meine eigenen Anfänge erinnert und daran, wie dankbar ich damals für die Unterstützung war, die

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SCHWEIZER FENSTER

ich erhalten habe. In der Schweiz ist die professionelle Figurentheaterszene recht klein, was es umso schöner machte, Annina beim Einstieg ins Berufsleben begleiten zu dürfen. Durch Anninas Engagement kamen wir schnell voran und legten eine solide Basis für die Produktion. Es war beeindruckend zu sehen, wie sie dadurch ihre künstlerische Vision verwirklichen konnte. www.anninamosimann.com – www.double-mentoring.ch

Annina Mosimann, Bestiarium. Foto: Yoshiko Kusano

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ENGLISH SUMMARIES

S U M M A RIE S OF D OUB LE 51:

He takes us on a train journey that never happened and to doubts about his convictions. He concludes that the text on stage does not have to be material, as he had long believed, but is rather part of the process of bringing it to life and that the nature of the text must therefore be dependent on its ability to animate.

W O RD S FORM S – O n th e r elat ion sh ip b e t ween th e p u ppet a n d t h e t e x t

Transformati on or fri cti on

TH E R E PERT OIRE OF T H IN GS

Textual realities in puppet theatre (p. 20–21) How does the text come into puppet theatre? Where does literature enter puppet theatre, where does the puppet leave literature again? Frank Soehnle describes his perspective on literature in puppet theatre and his own authorship. In particular, he wonders why poetry in particular seems to be so well suited to puppet theatre.

Texts for the puppet theatre – a historical overview (p. 6–9) Throughout its history puppet theatre has been considered both a poor and a rich theatre – rich in theatrical means and poor in its overall economic situation.

In the past this has had an impact on text production for the genre and it still does today. Lars Rebehn, head curator of the Puppet Theatre Collection at the Dresden State Art Collection, provides a historical classification and shows that there have always been interfaces between puppets and literature, but that these have never led to the establishment of common working methods.

The thi ngs that si gni fy the world Four writing commissions for “100 seconds” at the Magdeburg Puppet Theatre (p. 22–25) At the start of the artistic director Sabine Schramm's first season at the Magdeburg Puppet Theatre four commissions were awarded to authors, from which the joint evening “100 Seconds” was created on 6 October 2023. The dramaturg Sofie Neu spoke once more with the participants about the characteristics of texts for puppet theatre. They concluded that puppet theatre literature has just as many different types of text as puppet theatre forms.

O N LY TH E SPIRIT H OVE RS B E TW E E N WORD S A N D FORM Four ways of reading a text (p. 10–11) There is no definition of what makes a (good) text for the theatre of things.

Nevertheless, in the search for suitable texts certain selection criteria are used to determine which are suitable for bringing theatre to life and which are not. Puppeteer, author, director and lecturer Hans-Jochen Menzel identifies four ways in which a text can be read: 1. according to the intensity of emotional involvement with a text; 2. according to your own technical ability to deal with it; 3. according to the reaction of an imaginary audience and 4. according to the context in which the text was created and in which it can be placed at present.

Post-Pocci TheatRE On the need for texts in puppet theatre (p. 26–27) The convention that theatre is usually bound to a dramatic text is much less taken for granted in puppet theatre. What happens in relation to the text when puppets are used in theatre productions with high production budgets? A large stage, large puppets, large text, large art. Using a selection of productions by the artists’ collective “peaches&rooster”, Florian Rzepkowski tries to get to the bottom of the phenomenon of why the text often seems irrelevant in relation to contemporary puppet theatre scenes or productions. Is it because there is no need for a text or because there are no good contemporary texts for puppet theatre?

And what else could happen to the genre if there were such texts for puppets?

M ate r i a l – WorD s a n d M at eria l On the open and closed in the encounter between contemporary puppet theatre and contemporary drama (p. 12–14) On 18 October 2024, the results of the project “Puppen&Stifte – Neue Stücke!” were shown at the Schaubude Berlin – a cooperation between the Scenic Writing Department of the UdK Berlin and the Puppetry Department of the HfS Ernst Busch. Mona Schlatter (the host) asked Cecilia De la Jara (Puppets), Almut Schäfer-Kubelka (Director) and Leah Luna Winzely (Pens), who took part in the evening in three different groups, about their thoughts on the joint creative process.

SUMMARY OF THE SECTI ONS The theme section is followed by three festival reports: Tom Mustroph visited the “Theatre of Things” festival at the Schaubude in Berlin, which looked at various social fields and problems with the figure of ghosts in November 2024.

In September 2024, the 17th International Festival for Contemporary Puppet Theatre LUTKE took place in Ljubljana; a report by Gislinde Nauy. Manfred Jahnke provides impressions of the Imaginale from Stuttgart, which took place from 30 January to 9 February 2025.

Papier-mâché letters are the protagonists in the production “Magic Signs” by theatre katinkaspringinsfeld. Annika Gloystein writes about the show for curious children aged 5 and up.

Almut Wedekind reports on “Turn The P/Age” by Eva Meyer-Keller, which premiered at the Sophiensäle in Berlin in mid-February.

Christofer Schmidt visited the exhibition “Cutting the Puppeteer's Strings” at the Philara Collection in Düsseldorf, which is showing encounters between visual art and puppets until 1 June 2025.

As part of her 4PS Fellowship Annie Eckert is exploring how Citizen Science can open up previously unexplored fields of research and increase the visibility of puppet theatre collections.

From 1 July 2025, Helene Ewert (Managing Director) and Christofer Schmidt

N e W D r a m a M E ET S PUPPE T T H EA T RE An interview with the nominees for the FIDENA Play Prize (p. 15–17) On 4 May 2025 the FIDENA Play Prize will be awarded for the first time at the Heidelberg Play Market. This prize aims to strengthen the connection between new drama and puppet theatre. It was established by the German Forum for Puppet Theatre and Puppetry Art in collaboration with the Musiktheater im Revier Gelsenkirchen. The winning text awarded by the FIDENA Play Prize will receive its first or second performance in the puppet section of the music theatre in the 2025/2026 season. Christofer Schmidt sent questions to the six nominated authors by email; five of them responded.

L i f e b et ween t h e lin es Texts as part of the process of bringing the theatre to life on stage (p. 18–19) After studying contemporary puppetry and literary writing Moritz Schönbrodt assumed that texts for puppet theatre should always be regarded as material.

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ENGLISH SUMMARIES

(Artistic Director) will jointly manage the German Forum for Puppet Theatre and Puppetry Art (dfp). Here they talk about their visions for puppet theatre in Bochum and beyond.

In the “Swiss Window”, Sibylle Heiniger introduces Moritz Praxmarer and his work. He won the Aargau “Grünschnabel” award for young puppet theatre in 2024 with his production “The Story of Larry”.

Annina Mosimann and Marius Kob report on their experiences with the Migros Culture Percent Foundation’s “Double” support programme, in which up-andcoming artists are coached by professional colleagues.

Compagnie Modo Grosso, Tout | Rien. Foto: Angela Malvasi

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NOTIZEN

FESTIVALS AUGENBLICK MAL!, das Theatertreffen für junges Publikum findet vom 6. bis 11. Mai 2025 in Berlin statt. Das Festival präsentiert je fünf herausragende Inszenierungen für Kinder und Jugendliche. Gerahmt wird das Festivalprogramm von zahlreichen Diskurs- und Gesprächsformaten, die Interessierte dazu einladen, aktuelle Fragestellungen im und um das Kinder- und Jugendtheater zu diskutieren.

– www.augenblickmal.de Vom 17. bis 25. Mai 2025 veranstaltet das HELIOS Theater in Hamm ein internationales Theaterfestival für junges Publikum. Hellwach schafft Theatererlebnisse aus Bereichen wie Schattentheater, Performancekunst und Figurentheater für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Wir tauchen wir ein in die Welt der Farben und Formen, sprechen über das Schweigen, entdecken ferne Länder und sehen einem Roboter beim Tanz mit seinem Doppelgänger zu. Das ganze Festivalprogramm ist zu finden unter www.helios-theater.de.

Das 24. internationale figuren.theater.festival findet vom 23. Mai bis 1. Juni 2025 in Erlangen, Nürnberg, Fürth und Schwabach statt. 60 Compagnien präsentieren in 140 Vorstellungen zeitgenössisches Figuren-, Bilder- und Objekttheater im Städtedreieck. Die Biennale zählt zu den größten und bedeutendsten Festivals dieses Genres in Europa und zeichnet sich durch einen betont spartenübergreifenden Ansatz aus, der auch zeitgenössischen Tanz, Performance, Videokunst und neue Medien einschließt. Zuletzt wurde das Programm um globale Perspektiven erweitert, auch in diesem Jahr sind u. a. Künstler*innen aus Indien und der Elfenbeinküste im Programm. – www.figurentheaterfestival.de Zum ersten Mal findet vom 30. Mai bis 7. Juni 2025 die Feministische Figurentheaterwoche in München statt.

Wunder Women widmet sich Geschichten über die Bedeutung der eigenen Stimme, Widerstand in einer patriarchalen Gesellschaft und Female Empowerment. Internationale packende Produktionen, die Figurentheater mit Zirkus und Malerei verbinden, laden dazu ein, die Welt aus den Augen von Frauen zu sehen. Begleitet wird das Festival durch ein Rahmenprogramm. – www.figurentheater-gfp.de Vom 4. bis 8. Juni 2025 richtet das Puppentheater Magdeburg unter dem Titel Kasper? Kasper! ein Festival aus.

Die Veranstaltung unterstützt die Bestrebungen, dem europäischen Spielprinzip Kaspertheater eine Anerkennung in Form einer Nominierung für die Repräsentative UNESCOListe des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit zukommen zu lassen. Das fünftägige Festival umfasst eine Reihe von Gastspielen aus dem europäischen Ausland, ein Rahmen- und Vermittlungsprogramm, Netzwerkarbeit, Ausstellungen und ein Fachsymposium am 8.6.2025.

Weitere Informationen gibt es auf www.puppentheatermagdeburg.de Das internationale Netzwerktreffen mit Showcase FIGURE IT OUT! findet vom 18. bis 22. Juni 2025 am Westflügel Leipzig statt. Gezeigt werden internationale Produktionen aus Frankreich, Indien, Polen, Argentinien und Leipzig. Das Netzwerktreffen fokussiert sich auf das Thema Internationale Kooperationen. An vier Tagen sind Inputs und Diskussionen zu den Mitteln sprachübergreifenden Inszenierens, den Herausforderungen interkultureller Zusammenarbeit und dem Einfluss politischer Konflikte auf den Kulturbetrieb angesetzt. – www.westfluegel.de Vom 16. bis 19. Oktober 2025 präsentiert SpielFormen – Festival für bewegte Figuren die ganze Bandbreite des Figurenspiels in Esslingen am Neckar. Dort wurde vor 70 Jahren der Puppenspielertreff gegründet – ein Jubiläum, das gefeiert werden soll! Zu erleben gibt es professionelles

Objekttheater aus ganz Deutschland, Produktionen des Amateurtheaters aus Baden-Württemberg und inspirierende Workshops für das Fachpublikum. Runde Tische bieten Gelegenheit zum Vernetzen und zum Austausch. – www.spielformen-festival.de

WORKSHOPS / AUSBILDUNG Unter dem Titel „Forschen Vernetzen Erkunden“ wird vom 16. bis 22. Juni 2025 am Westflügel Leipzig die erste Summerschool Figurentheater ausgerichtet. Unter Einbezug renommierter Dozierender aus Theorie und Praxis erhalten Stipendiat*innen unterschiedlicher wissenschaftlicher und künstlerischer Disziplinen Einblicke in Figurentheater als Forschungsfeld. – www.komplexx-figurentheater.de Vom 28. Juli bis 23. August 2025 findet am Figurentheater-Kolleg Bochum Modul 2 der Grundausbildung Figurenspieler*in statt. In einem kompakten vierwöchigen Kurs wird der Fokus im Sommer 2025 auf das Material Papier gelegt. Unter der Anleitung der Dozierenden Seta Guetsoyan und Emilien Truche erproben die Teilnehmenden Umgangsformen und Spielweisen mit dem Bühnenmaterial und erarbeiten ein kurzes Figurentheaterstück.

Die Inszenierung wird im Rahmen des Sommerfestes am 23. August 2025 öffentlich gezeigt. Weitere Infos unter www.ft-k.de/ausbildung.

Der seit 2024 neu implementierte Ausbildungsgang Figurenspieler*in startet am Figurentheaterkolleg Bochum am 1. September 2025 mit dem Fokus Handpuppe. Als berufsbegleitendes Angebot über ein Jahr richtet sich die Ausbildung an Anfänger*innen, professionelle darstellende oder bildende Künstler*innen, die sich im Bereich Figurentheater spezialisieren wollen, sowie an Pädagog*innen etc., die das Figurenspiel im Beruf einsetzen möchten. – www.ft-k.de/ausbildung

KONFERENZEN Vom 26. bis 30. Mai 2025 lädt der 24. Kongress der UNIMA nach Chuncheon, Südkorea, ein. Im Mittelpunkt steht die 37. Ausgabe des Chuncheon Puppet Festival, Asiens ältestes und größtes Puppentheaterfestival. Als besonderes Highlight findet am Sonntag der Puppenkarneval statt, der unter anderem eine Parade mit über 1.000 Teilnehmer*innen vorsieht. Das internationale Symposium zum Thema „Borders: The Puppetry Unborders“ mit Beiträgen von Akteur*innen und Forschenden unterschiedlicher Felder kann vor Ort oder online besucht werden. – www.unima.org Vom 11. bis 14. September 2025 findet am Figurentheaterkolleg Bochum ein Symposium zur Figurentheaterpädagogik statt. Impulsvorträge und Best-Practice-Beispiele laden (inter-)nationale Akteur*innen dazu ein, sich auszutauschen, um eine strukturelle Analyse und Dokumentation der Vielfalt der Figurentheaterpädagogik zu erstellen.

Das Symposium ist ein Teilprojekt von KompleXX Figurentheater, organisiert vom Figurentheater-Kolleg und dem Arbeitskreis Figurentheater und Pädagogik der UNIMA Deutschland mit dem Figurentheater Osnabrück. – www.figurentheater-paedagogik.de

PUBLIKATIONEN Im Juni 2024 feierte das Puppentheater Halle mit zahlreichen Künstler*innen und über 30.000 Besucher*innen im Rahmen der Festwoche „Gulliver“ sein 70-jähriges Bestehen. In der Herausgabe von Christoph Werner und Andreas Hillger ist nun unter dem Titel „Gullivers Welten“ eine Publikation zum Jubiläumsfestival erschienen, die eine ausführliche Fotostrecke der einzelnen Inszenierungen und Gastspiele mit Texten der Initiator*innen und Mitwirkenden des Open-Air-Spektakels verbindet. – www.mitteldeutscherverlag.de „Making Meaning in Puppetry“, herausgegeben von Dassia N. Posner, Claudia Orenstein und Alissa Mello, entwickelt ein Vokabular, um zu verstehen und zu artikulieren, wie die bedeutungsgebenden Systeme der Puppe funktionieren. Der Sammelband skizziert die Entwicklung einer Puppe von ihren Rohmaterialien über ihre Aufführungsmöglichkeiten bis hin zum Moment, in dem sie zum Leben erwacht. Dabei schlagen die siebzehn Kapitel unterschiedlicher Autor*innen Brücken zwischen Puppenspiel und verwandten Bereichen wie Robotik, Phänomenologie, Kognitionswissenschaft und Queer-Theorie. – www.routledge.com In „GESCHNITZT GEFORMT GESTALTET“ präsentiert der Pukinello Verlag eine Auswahl von Figuren des Bildhauers und Szenographen Jürgen Maaßen. Es gibt Einblicke in seine Arbeitsweise, stellt unterschiedliche Möglichkeiten des Figurenbaus vor und lässt nicht zuletzt langjährige Wegbegleiter*innen zu Wort kommen. – www.ambrella.de

AUSSTELLUNGEN Ab dem 1. März 2025 eröffnet das Museum für PuppentheaterKultur der Stadt Bad Kreuznach mit Landesfigurensammlung Rheinland-Pfalz seine Pforten nach der Winterpause. Sein 20-jähriges Jubiläum begeht das Museum unter anderen mit Festival und einer Sonderausstellung zum Figurenbildner Jürgen Maaßen. – www.bad-kreuznach.de Nach fast sieben Jahren Bauzeit und über fünf Jahren Gastspiel im Europäischen Hansemuseum kehrt KOLK 17 Figurentheater & Museum ab dem 28. März 2025 zurück ins neue alte Zuhause im Kolk. Die neue Spielzeit hält zum einen ein buntes Programm für Erwachsene und Kinder bereits sowie die Eröffnungsausstellung Figurentheater – Spiel des Lebens, die sich mit grundlegenden Fragen rund um Formen und Funktionsweisen von Figurentheater beschäftigt. – www.kolk17.de

JUBILÄUM

Die neue Sonderausstellung „Zeit für Geister“ am Augsburger Puppentheatermuseum spiegelt anhand von Leihgaben aus nationalen und internationalen Puppentheatern die Vielfalt der Geister-Arten und ihre Repräsentation im Puppenspiel wider. Neben einem interdisziplinären Exkurs zum Ahnen- und Totenkult in unterschiedlichen Kulturen werden in einer KI-animierten Ahnengalerie bedeutende Vorfahren aus der Stadt Augsburg wieder zum Leben erweckt. Die Ausstellung samt umfangreichem Begleitprogramm läuft noch bis 14. September 2025. – www.diekiste.net

Kooperation und Solidarität, Zusammenhalt und Empowerment hat sich der Bundesverband Freier Darstellender Künste (BFDK) von Anfang an auf die Fahnen geschrieben. Wir gratulieren herzlich zum 35. Geburtstag des Verbands, der in diesem Jahr mit unterschiedlichen Veranstaltungen dazu einlädt, in die Geschichte und die Zukunft des Verbandes zu schauen. – www.darstellendekuenste.de

Das Puppentheater Magdeburg eröffnet am 22. Mai 2025 in der Figurensammlung der villa p. die Sonderausstellung Erzählende Objekte – digitale Grabungen im Puppenspiel-Fundus. In Zusammenarbeit mit dem Medienkünstler Fabian Raith werden Figuren, Objekte und Bühnenbildelemente aus vergangenen Inszenierungen durch Augmented Reality so erweitert, dass die Besucher*innen mithilfe von Tablets die Räume und Objekte eigenständig

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NOTIZEN

animieren und auf diese Weise erforschen können, welche Geschichten, Techniken und Spielprinzipien sich in immer neuen Kombinationen hinter diesen verbergen. – www.puppentheater-magdeburg.de Die Düsseldorfer Sammlung Philara präsentiert noch bis 1. Juni 2025 die Gruppenausstellung Cutting the Puppeteer’s Strings, die sich mit Marionetten(theater), Schatten- und Puppenspiel sowie Aspekten um Bühne, Display und Figur in zeitgenössischer Kunst beschäftigt. – www.philara.de

AUSZEICHNUNGEN /WETTBEWERBE Bei der Gala zur 23. Ausgabe des IKARUS-Theaterpreis im ATZE Musiktheater wurden die Berliner Artisanen für ihre Produktion „OHNE DICH – das geht doch nicht“ in der Kategorie Kindertheater mit dem Preis der Fachjury ausgezeichnet. Ein weiterer der insgesamt vier mit 2.500 € dotierten Preise in der Kategorie Kindertheater ging an Minouche Petrusch für „‫ ةينج‬Dschinniya“. In der Kategorie Jugendtheater kürten beide Jurys dasselbe Stück zum Sieger: „Wir holen uns die Nacht zurück“ vom Theater Strahl. Mit dem IKARUS setzt der JugendKulturService im Theaterbereich einen besonderen Akzent. Schon seit 2002 werden mit diesem Preis jährlich herausragende Inszenierungen von Berliner Bühnen für Kinder und Jugendliche ausgezeichnet.

Für seine darstellerische Leistung in der Puppentheaterinszenierung „Mein ziemlich seltsamer Freund Walter“ wurde Tobias Weishaupt als erster Puppenspieler mit dem Deutschen Theaterpreis DER FAUST in der Kategorie „Darsteller Theater für junges Publikum“ ausgezeichnet. „Puppenspieler Tobias Weishaupt am Theater Altenburg Gera, wo das Puppenspiel schon eine lange Tradition hat, zelebriert diese besondere Kunst in dieser Inszenierung mit Herz und handwerklichem Können auf hohem Niveau“, lautete die Begründung der Jury. Eine Aufzeichnung der 19. Preisverleihung des FAUST am Theater Altenburg Gera steht bis zum 16. November 2025 in der 3sat-Mediathek zur Verfügung. – www.3sat.de/kultur/ theater-und-tanz/faust-livestream-102.html Katja Spiess, die Leiterin des FITZ – Theater animierter Formen, wurde am 1. Februar für ihr langjähriges Engagement im Kulturaustausch mit Frankreich zum Ritter im „Ordre des Arts et des Lettres“ ernannt. Die Verleihung erfolgte im Anschluss an die Vorstellung der deutschfranzösischen Produktion „Re-member“ im Rahmen des Festivals IMAGINALE. – www.institutfrancais.de Am 4. Mai 2025 wird zum ersten Mal der FIDENA Stückepreis im Rahmen des Heidelberger Stückemarkts vergeben. Ziel des Preises ist es, die Verbindung zwischen Neuer Dramatik und Figurentheater zu stärken. Vgl. dazu den Artikel auf S. 26/27. – www.theaterheidelberg.de Zum 49. Mal richtet das dfp, beauftragt von der Stadt Bochum vom 18. bis 21. September 2025 den Wettbewerb um den Fritz-Wortelmann-Preis aus. Der Wettbewerb findet in drei Kategorien, professioneller Nachwuchs, erwachsene Amateure sowie Jugendclubs und Schultheater, statt. Alle Informationen und Bewerbungsmodalitäten finden sich online. – www.fidena.de

PERSONELLES Ab Juli 2025 werden Helene Ewert als Geschäftsführerin und Christofer Schmidt als Künstlerischer Leiter das Deutsche Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst e. V. (dfp) in Bochum gemeinsam leiten. Siehe Interview ab Seite 42. – www.fidena.de

SONSTIGES Seit Mitte Februar hat die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HMDK) Stuttgart eine neue Webseite.

Vollständig überarbeitet ist der informative Webauftritt mit spannenden Einblicken in Studiengänge und Modulangebote sowie Informationen über Dozierende und Ausrichtung zu finden unter: www.hmdk-stuttgart.de/studiengang/bachelor-figurentheater

FESTIVALKALENDER 3.–7.4.2025 New Orleans (USA) Giant Puppet Festival www.neworleansgiantpuppetfest.com 4.–6.4.2025 Kaufbeuren (Deutschland) 4. FigurenTheaterFestival der Amateure amateurtheater-bayern.de 5.–12.4.2025 Gernsbach (Deutschland) Gernsbacher Puppentheaterwoche www.gernsbacher-puppentheaterwoche.de 1.–4.5.2025 Berlin (Deutschland) PULS & PEILUNG. Studentisches Festival der HfS Ernst Busch, Puppenspielkunst www.hfs-berlin.de 6.–11.5.2025 Stuttgart (Deutschland) 32. Internationales Trickfilm-Festival www.itfs.de 6.–11.5.2025 Berlin (Deutschland) AUGENBLICK MAL! Das Festival des Theaters für junges Publikum www.augenblickmal.de 12.–18.5.2025 Palma (Mallorca, Spanien) Festival Internacional Teatre Teresetes www.festivalteresetesmallorca.cat 14.–18.5.2025 Ravenna (Italien) Festival Internazionale dei Burattini e delle Figure Arrivano Dal Mare! www.arrivanodalmare.it 17.–25.5.2025 Hamm (Deutschland) hellwach – Internationales Theaterfestival für junges Publikum www.helios-theater.de 22.–30.5.2025 Hohenems (Österreich) Homunculus 34 www.homunculus.info 23.5.–1.6.2025 Erlangen, Nürnberg, Fürth, Schwabach (Deutschland) internationales figuren.theater.festival. www.figurentheaterfestival.de

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23.5.–1.6.2025 Chuncheon (Südkorea) 37. Chuncheon Word Puppet Festival www.cocobau.com/kr 4.–8.6.2025 Magdeburg (Deutschland) Kasper? Kasper! Ein Festival www.puppentheater-magdeburg.de 18.–22.6.2025 Leipzig (Deutschland) FIGURE IT OUT! Internationales Figurentheatertreffen mit Showcase www.westfluegel.de 19.–22.6.2025 Kloster Haydau, Morschen (Deutschland) 12. Figurentheaterfestival Blickfang www.kultursommer-nordhessen.de 19.–29.6.2025 Hannover (Deutschland) Festival theaterformen www.theaterformen.de 21.–27.7.2025 Saguenay (Quebec, Kanada) FIAMS. Festival International des Arts de la Marionette www.fiams.com 10.–14.9.2025 Basel (Schweiz) BAFF! Internationales Basler Figurentheaterfestival www.figurentheaterfestival.ch 16.–24.9.2025 Charleville-Mézières (Frankreich) Festival Mondial des Théâtres de Marionettes www.festival-marionnette.com/en/ 18.–21.9.2025 Frankfurt/Oder (Deutschland) Osthafen XI. www.theaterdeslachens.de 19.–28.9.2025 Braunschweig (Deutschland) WEITBLICK – 8. Internationales Festival mit Figuren www.weitblick.fadenschein.de 31.10.–5.11.2025 Berlin (Deutschland) Theater der Dinge. Internationales Festival des zeitgenössischen Figuren- und Objekttheaters – Autonome Objekte – www.schaubude.berlin

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IMPRESSUM

AUTOR*INNEN Cecilia De la Jara, Schauspielerin und Studentin der zeitgenössischen Puppenspielkunst, Berlin / tjg. Dresden Annie Eckert, Kulturwissenschaftlerin, 4PS-Fellow und Doktorandin an der Uni Marburg Helene Ewert, designierte Geschäftsführerin dfp, Bochum Annika Gloystein, Theaterwissenschaftlerin und Kulturmanagerin, Erlangen Sibylle Heiniger, Regisseurin, Biel/Bienne Manfred Jahnke, freier Theaterkritiker und Juror, Elchingen Marius Kob, Figurenspieler, -bauer, künstl. Co-Leitung BAFF! und teamKURT, Basel Hans-Jochen Menzel, Puppenspieler, Autor, Regisseur und Dozent, Berlin Annina Mosimann, Figurenspielerin, Performerin, bildende Künstlerin, Bern/Zürich Tom Mustroph, freier Autor und Dramaturg, Berlin Gislinde Nauy, Theaterwissenschaftlerin und Mitarbeiterin der Gesellschaft zur Förderung des Puppenspiels e. V., München Sofie Neu, Dramaturgin am Puppentheater Magdeburg Moritz Praxmarer, Schauspieler und Objekttheatermacher, Bern Lars Rebehn, Kulturhistoriker, Oberkonservator der Puppentheatersammlung Dresden Florian Rzepkowski, Kulturhistoriker, Co-Leitung Figurentheater Osnabrück.

Almut Schäfer-Kubelka, Studentin, freischaffende Puppenspielerin, Festivalorganisatorin, Wien / Berlin Mona Schlatter, Dramaturgin, kulia Kollektiv, Berlin Christofer Schmidt, Dramaturg und designierter Künstlerischer Leiter dfp, Bochum Moritz Schönbrodt, Puppentheaterschaffender und Autor, Markkleeberg Frank Soehnle, Figurenspieler, Autor, Regisseur, Dozent, Figurenbauer, Leiter figuren theater tübingen, Tübingen.

Almut Wedekind, freie Dramaturgin und Kulturvermittlerin, Berlin Leah Luna Winzely, Autorin, Berlin Übersetzungen Summaries: Roy Kift Korrektorat: Christofer Schmidt

Impressum double. Magazin für Puppen-, Figuren- und Objekttheater – Herausgegeben vom Deutschen Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst, Bochum – www.fidena.de Das Magazin erscheint in redaktioneller Verantwortung des Vereins zur Förderung der Kunst und Kultur des Puppen-, Figuren- und Objekttheaters (V.i.S.d.P.) und in Zusammenarbeit mit dem Verlag „Theater der Zeit“.

Redaktion: Mascha Erbelding, Annika Gloystein (verantw.), Christofer Schmidt, Moritz Schönbrodt (Thema), Dr. Petra Szemacha, Prof. Dr. Meike Wagner Redaktionsbüro: Jessica Hölzl Redaktion Schweizer Fenster: Franziska Burger, Jaqueline Surer Beirat: Silvia Brendenal, Christoph Lepschy, Anke Meyer, Christina Röfer, Tim Sandweg, Katja Spiess, Dr. Gerd Taube Redaktionsanschrift: Redaktion double, Deutsches Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst, Hattinger Str. 467, 44795 Bochum, Telefon: 0234.477 20, redaktionsbuero@double-theatermagazin.de Gestaltung: Robert Voss, Halle (Saale) Verlag: Theater der Zeit, Berlin – www.theaterderzeit.de Bezug: double ist erhältlich und hat seit dem 1. Januar 2025 neue Preise!

– als Beilage der Abonnenten-Auflage von „Theater der Zeit“ – als gesondertes double-Abonnement: zwei Ausgaben double und zwei Ausgaben Theater der Zeit für 20 EUR pro Jahr (Ausland zzgl. 12 EUR Porto) – als Einzelausgabe für 8 EUR, gedruckt oder als pdf-Datei Abo-Service: 030.4435 285-12 oder über www.theaterderzeit.de Anzeigen: Deutsches Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst, Hattinger Straße 467, 44795 Bochum, Telefon: 0234.477 20, anzeigen@fidena.de Druck: Druckhaus Sportflieger, Berlin Alle Rechte bei den Autor*innen und der Redaktion, Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion. Für unaufgefordert eingesandte Bücher, Fotos und Manuskripte übernimmt die Redaktion keine Haftung. Bei Nichtlieferung infolge höherer Gewalt oder infolge von Störungen des Arbeitsfriedens bestehen keine Ansprüche gegen den Herausgeber oder den Verlag. Die double-Redaktion bemüht sich um gendergerechte Sprache, belässt dabei aber den Autor*innen ihre individuelle Form der Umsetzung. Die Artikel der Rubrik „Schweizer Fenster“ folgen der Orthografie des Schweizer Hochdeutschs.

Redaktionsschluss für das vorliegende Heft war der 31. Januar 2025. double 52 erscheint im November 2025. Redaktionsschluss für diese Ausgabe ist der 31. August 2025. Das Thema des nächsten Hefts ist „Kasper“. www.double-theatermagazin.de – www.fidena.de – www.theaterderzeit.de

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