IXYPSILONZETT Das Magazin für Kinder- und Jugendtheater
02.2018
Kindertheater in China Märkte für Millionen
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SCHWERPUNKT 4
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YIN UND YANG. WIDERSPRÜCHLICHES CHINA Reiseimpressionen aus einem Land mit ganz eigenem Blick auf das Kindertheater Von Stefan Fischer-Fels
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KINDERTHEATER ALS PRIVILEG Eine Gastspielreise des Theaters o.N. nach China Eckhard Mittelstädt im Gespräch mit Vera Strobel
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EDITORIAL
GROSS, FINANZKRÄFTIG UND ETWAS ANDERS Zeit für eine Annäherung an China als Kinder- und Jugendtheaterlandschaft Von Meike Fechner
„WIR EUROPÄER MÜSSEN UNS MEHR AUF DIE CHINESISCHE KULTUR EINLASSEN.“ Wolfgang Schneider im Gespräch mit Ivica Simic über große Opern, buntes Kindertheater und einen Markt für kulturelle Bildung
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JUGENDTHEATER IN RUMÄNIEN Festivalbeobachtungen in Bukarest und zum rumänisch-chinesischen Austausch Von Thomas Lang
ZWISCHENRUF 19
FÜR EINEN WEISSEN JIM KNOPF Und gegen eine Besetzung nach Hautfarbe Von Joscha Schaback
DOKUMENTE 21
DARSTELLENDE KÜNSTE FÜR JUNGES PUBLIKUM: ZUGÄNGE SCHAFFEN, ENSEMBLES STÄRKEN UND STRUKTUREN IMPLEMENTIEREN Eine Stellungnahme des Rates für darstellende Kunst und Tanz im Deutschen Kulturrat zur Studie der ASSITEJ „Zur Lage des Kinder- und Jugendtheaters in Deutschland“
Von
Die Eröffnung war so wie erwartet. Es sprach der Kul-
des ganz großen Selbstbewusstseins diente. China ge-
Wolfgang Schneider
turminister, es freute sich der Theaterdirektor und mit
riert sich auch als Partner Afrikas, was sich leider nicht
ihm eine ganze Sitzreihe vom Polit-Kader. Auf der
in der Teilnehmendenliste niederschlug, dafür aber ein
Bühne immer wieder die gleichen Fotos vom interna-
paar Wochen später als Großereignis mit 50 Ländern
tionalen Engagement und die offiziellen Videos von
des südlichen Kontinents begangen wurde. Und nun
einer prosperierenden Nation. „Die Meerjungfrau im
auch noch China als Global Player in der ASSITEJ. Das
chinesischen Meer“ war bunt wie ein Weihnachts-
alles war sehr staatstragend. Den einzigen unabhängi-
märchen. Das Artistic Gathering der ASSITEJ fand
gen Theatermacher trafen wir im Goethe-Institut, das
Ende August dieses Jahres in Peking statt, zum ersten
wie eine kleine Insel im Arts District nicht nur das Dis-
Mal in ihrer Geschichte, dass die internationalen Verei-
kursive ermöglichte, sondern eben auch die Begegnung
nigung in China tagte. Es war ein Roll Back in die Früh-
ohne Kontrolle. Grund genug, sich mal in diesem Ma-
zeit der „Vereinten Nationen“ des Kinder- und Jugend-
gazin weltpolitisch dem fernen Osten zu widmen, ganz
theaters, nationalistisch und hierarchisch, illusionistisch
subjektiv, auch kritisch, mit Blick aus dem Westen und
und perfektionistisch, Teil einer offiziellen Politik zwi-
auf die Zukunft des Theaters für junges Publikum.
schen Repräsentation und Renaissance, und offensichtlich einer Strategie folgend: China ist wer! Im Gefolge
Danke, Ecki!
der so genannten Brics-Staaten, wurde sogar ein Treffen
13 Jahre, 39 Hefte, ungezählte Seiten, Wörter, Zeichen
von Theaterkünstlern aus Russland, Brasilien, Indien
und Bildunterschriften, lange her, dass IXYPSILON-
und Südafrika organisiert, die als Folie der Inszenierung
ZETT, das Magazin für Kinder- und Jugendtheater erst-
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BEITRÄGE
WEGE INS THEATER
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STARKE PARTNER IN DER PROVINZ Anmerkungen zu einer Tagung am Landestheater Memmingen Von Manfred Jahnke
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„WILLKOMMEN IN UNSEREM SCHAMBEREICH“ Eine feministische Performance mit Mädchen und Frauen aus Bremen Von Carmen Grünwald-Waack
REZENSION 33
THEATER AN SCHULEN WEITER STÄRKEN! Ein Interview mit der baden-württembergischen Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann
GESCHICHTEN VON DER ANGST Von Manfred Jahnke
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WISSENSWERT
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TERMINE | IMPRESSUM
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DEN PLATZ EROBERN UND VERTRAUEN SCHAFFEN Eine theatrale Intervention von Kindern mit dem Jungen Staatstheater Braunschweig Von Iris Kleinschmidt
mals erschienen ist. Heft 1 in 2005 widmete sich dem
aller Autor_innen und Leser_innen für das unermüd-
„Die Meerjungfrau im
Kulturellen Schulrucksack als norwegisches Modell der
liche Engagement, die stete Mahnung zur Qualität, die
chinesischen Meer“ von
Grundversorgung mit Kunst an Schulen – danach wuss-
unendliche Geduld, den Mut zur Kürze und zum Kon-
China National Theatre
ten alle davon und die Stadt Nürnberg und das Land
flikt, die Bereitschaft zur Unbequemlichkeit und die pro-
for Children in der Insze-
Nordrhein-Westfalen praktizieren mittlerweile sogar die-
fessionelle Distanz, die Weitsicht und den Durchblick.
nierung von Zhong Hao.
ses Instrument der Kulturellen Bildung. Heft 1 doku-
Und nicht zuletzt für die freundschaftliche Verbunden-
Foto: Theater
mentierte zudem eine Auseinandersetzung rund um das
heit in all diesen Jahre: ein herzliches Dankeschön! Aber
GRIPS Theater – es war nicht die letzte ihrer Art an
angefangen hat das gemeinsame kulturjournalistische
einem Haus, das in dieser Spielzeit 50 Jahre alt wird.
Zusammentun schon viel früher. Vor IXYPSILONZETT
Heft 1 war aber auch das erste Heft, das ich als Heraus-
gab es den FUNDEVOGEL, denn zum Kinder-Medien-
geber gemeinsam mit dem damaligen Geschäftsführer
Magazin gesellte sich auch die Beilage „Grimm & Grips“
der ASSITEJ und – seit 2007 freiberuflichen – Redakteur
und davor gab es das Jahrbuch der ASSITEJ, das in
des neuen Organs der Internationalen Vereinigung des
25 Ausgaben den Diskurs in der Kinder- und Jugendthea-
Theaters für junges Publikum, Eckhard Mittelstädt, prä-
terlandschaft begleitete und das Eckhard Mittelstadt über
sentieren durfte. Heft 39 ist die letzte Ausgabe, die wir
viele Jahre mitgestaltete. All die Publikationen dokumen-
gemeinsam verantworten und ich möchte dies nutzen,
tieren das redaktionelle Wirken an der Schnittstelle zwi-
um mich ganz herzlich im Namen des Vorstandes, der
schen Kulturpolitik und Kunst und haben die Debatten
Mitglieder und der Redaktion, namentlich Meike Fech-
rund um das Kinder- und Jugendtheater bereichert.
ner und Petra Fischer zu bedanken – auch im Namen
Danke, Ecki, sagt Dein Wolfgang
4 | IXYPSILONZETT | 02.2018 | SCHWERPUNKT
GROSS, FINANZKRÄFTIG UND ETWAS ANDERS Zeit für eine Annäherung an China als Kinder- und Jugendtheaterlandschaft Von Meike Fechner
dung der Nominierung 2014 lesenswert: „Mehr als zehn Jahre sind vergangen, seit China Mitglied der ASSITEJ geworden ist. Ein Fünftel der Weltbevölkerung lebt in China, darunter mehr als 380 Millionen Kinder und Jugendliche. Mit der Unterstützung aller Regierungsebenen entwickelt sich das Kinder- und Jugendtheater in China hervorragend. Aber noch immer sind keine Repräsentant_innen Chinas in den Gremien der ASSITEJ vertreten. Wir schlagen vor, für China mehr Sitze im Exekutivkommittee der ASSITEJ zur Verfügung zu stellen, um das Kinder- und Jugendtheater sowohl international als auch in China zu fördern.“ (Nominierung Yin Xiaodong 2014) Eine Annäherung an China als Theaterland und die Eröffnung eines Dialogs über Marktanteile und technische Entwicklungen, die Freiheit der Kunst und die Vermittlung von Traditionen scheint naheliegend. Investitionen in Theatertechnik Ökonomische Faktoren und Argumentationen sind zentral in unserer Wahrnehmung von China als Produzent, Rohstoffkäufer, Pla-
Mit dem ASSITEJ Artistic Gathering 2018 in Peking
giatszentrale, Marktmacht, Sponsor der Fußball-WM und Bauherr
ist die ASSITEJ China erstmals Gastgeber eines
von Eisenbahnlinien in afrikanischen Ländern. Es wird groß gedacht
großen, internationalen Austauschs der Kinder- und
und das gilt auch für den Theatermarkt. In der Zeitschrift „American
Jugendtheatermacher_innen aus aller Welt und ist
und, jenseits von Demokratie und Menschenrechten, schnell agiert Theatre“ berichtet Jonathan Mandell von seiner Teilnahme am Shanghai International Arts Festival (2017). Zum Programm gehör-
seit einiger Zeit ein boomender Markt für Gastspiele.
ten Veranstaltungen für Investoren und Hang Chen, Chef einer In-
Die ASSITEJ hat auf internationaler Ebene für die Jahre 2018 bis
nesischen Theater vor allem anhand von Innovation in der
vestmentfirma in Peking, beschrieb aktuelle Entwicklungen im chi2020 unter der Überschrift „Towards the Unknown“ eine Pro-
Bühnentechnik, insbesondere im Hinblick auf die Integration vir-
grammatik entwickelt, die in China nicht mit der Gegenwart son-
tueller und erweiterter (augmented) Realitäten, und daran anknüp-
dern mit der Zukunft beginnt. „Imagining the Future“ lautet der
fend auch ein dynamisches Crossover zwischen Bühne, Bildschirm
Auftrag. Tatsächlich ist China als Theaterlandschaft im ASSITEJ-
und Gaming. Auch die Rolle des Internet wurde thematisiert. Zum
Kontext noch ein recht junger Akteur, gestaltet seinen Auftritt je-
einen als Verkaufs- und Kommunikationsplattform und zum ande-
doch ambitioniert. 2014 und 2018 wurde jeweils ein Chinese zur
ren weil Internetfirmen (Internet Companies) in Theater (Theatre
Wahl in den Vorstand der internationalen Organisation für das Kin-
Companies) investieren wollen. Der Begriff „Company“ stellt hier
der- und Jugendtheater nominiert. Zwar blieb dies (bislang) ohne
eine Verbindung her, die bei uns bislang nicht oder selten besteht.
Erfolg, weil der Kandidat in den Diskussionsformaten des Kongres-
Die technischen Entwicklungen der theatralen Räume sind für In-
ses recht unsichtbar blieb und – aufgrund fehlender Englischkennt-
vestoren auf der Suche nach profitablen Zukunftsmärkten ebenso
nisse – auch nicht einfach ansprechbar war, doch ist die Begrün-
interessant wie für Sponsoren, die öffentlich sichtbar werden wollen.
SCHWERPUNKT | IXYPSILONZETT | 02.2018 | 5
linke Seite: Blick aufs Festivalzentrum des 8th China Children’s Theater Festival. Foto: Meike Fechner
oben: „24 Grandmas“ von Creative Folk Theatre for Children In der Inszenierung von Guo Hongho. Mitte: „My Primitive Family“ von Biejing Art Theatre for Children In der Inszenierung von Jeff Peter. unten: „Notre Dame de Paris“ von China Welfare Association Children’s Art Theatre In der Inszenierung von Cai Jinping und Zhu Quifeng. Fotos: Theater
Das schafft Raum für eine neue Dimension der Kommerzialisierung im Theater, aber auch für technische Entwicklungen, die im analogen Live-Moment des Theaters ihren Platz suchen. Nicht nur Technik, auch Gastspiele sind Teil des Marktgeschehens. Dass Shanghai Arts Festival tritt als Messe auf und sucht nach Material für den Export. So wurden Veranstalter_innen aus aller Welt eingeladen, diejenigen chinesischen Theatermacher_innen zu einer Pitch-Session zu bitten, deren Arbeit sie für ein internationales Publikum für geeignet halten. Auf diese Weise lernen die chinesischen Anbieter den Blick der Programmgestalter_innen in aller Welt kennen und können sich diesem anpassen. Auch umgekehrt finden diese Entwicklungen statt, wenn Theatermacher_innen aus Europa ihren Blick nach China wenden und überlegen, was für den dortigen Markt geeignet sein könnte. Schon wird notiert, dass auf den großen Festivals in Belgien und Holland Produktionen gesichtet wurden, die offenbar für den chinesischen Markt gemacht worden seien: bunter, lauter und geeignet für große Zuschauerräume. Dies gilt es in Zukunft zu beobachten und näher zu beschreiben. Dass Theater ein Markt für Investoren sein kann, scheint im heutigen China Normalität zu sein. Dass europäische Beratungsdienstleister insbesondere das Kindertheater als Zukunftssektor herausdeuten, ist (noch) eher ungewöhnlich. BOP, eine Agentur mit Büros in London, Edingburgh, Taipeh und Shanghai, die sich auf Kultur und Kreativwirtschaft spezialisiert hat, beschreibt „China’s booming Children’s Theatre sector“ als Markt der Zukunft und stellt fest, dass „das Kindertheater der am schnellsten wachsende Sektor in der Live-Entertainment-Industrie Chinas“ ist und begründet: „Die Bildungspolitik fördert eine stärkere Integration der Künste [in den Schulalltag], so dass die Zahl der Theater wächst und zugleich steigt das verfügbare Einkommen der Mittelschicht, so dass das Land neue Chancen für Kindertheatergruppen aus Großbritannien bietet.“ Kreativität wird – hier wie dort – als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung betrachtet. Banal, aber nicht trivial, scheint der Hinweis auf die vergleichsweise hohen Ticketpreise, die 2015 bei rund 250rmb (ca. 30 €) lagen. Im Kindertheater ist China Importnation und zeigt viele internationale Produktionen. Es lohnt sich also, so die Experten von BOP, dort gesehen und gebucht zu werden.
Jonathan Mandell „Bridging Cultures at China’s Shanghai International Arts Festival“: www.americantheatre.org/2017/01/11/bridging-cultures-at-chinas-shanghai-international-arts-festival/ „China’s booming Children’s Theatre sector“: http://bop.co.uk/articles/chinas-booming-childrens-theatre-sector Faye Chunfang Fei „Shanghai: A Building Boom, a Youth Revival“: www.americantheatre.org/2017/04/25/shanghai-a-building-boom-a-youth-revival/ „Chinese Young Director brings Black Light to Children’s Theatre“ (Lu Yisha über „The Solar System“): www.womenofchina.cn/womenofchina/html1/people/everyday/1709/1544-1.htm Interview mit Lu Ang: „Chinese Theatre-Maker Lu Ang on Bridging Past and Present, East and West“: http://english.ahram.org.eg/NewsContent/5/35/245074/Arts--Culture/Stage--Street/INTERVIEWChinese-theatre-maker-Lu-Ang-on-bridging.aspx „10. Shanghai International Children’s Theatre Festivals kicks off“: www.globaltimes.cn/content/1058863.shtml Asian Alliance of Festivals and Theatres for Young Audiences (ATYA): http://atyafests.net/
Ein Beispiel ist das Shanghai International Children’s Thea-
ter für Kinder sein und da kann, so Lu Yisha, das Kindertheater aus
tre Festival, das vom China Welfare Institute’s Children’s Theatre
dem Westen in seiner Einfachheit und Ehrlichkeit, in der Balance
(CWICT) veranstaltet wird. Man setzt auf internationale Gastspiele,
zwischen Geschichte und Form und mit seinen guten Schauspie-
um „unsere Kinder verschiedene Kulturen entdecken zu lassen“,
ler_innen, durchaus als Beispiel dienen.
wie Cai Jinping, Leiterin des CWICT, betont. 2017 kamen diese aus
Die Frage, wie Traditionen in die Gegenwart überführt und
Argentinien, Brasilien, Israel, Japan und Libanon. Sie stellt auch
wie das historische Wissen einer Gesellschaft weitergegeben werden
fest, dass dem Publikum durchaus Unterschiedliches geboten wird:
kann, beschäftigt Theatermacher_innen weltweit. Lu Ang (Rektor des
„Die Chinesen sind es gewohnt, einer Geschichte zu folgen, wäh-
Regiestudiengangs an der Theaterakademie in Shanghai) wurde 2016
rend die Ausländer Kreativität und Phantasie betonen“, so Cai, „und
im Rahmen eines Theaterfestivals in Kairo interviewt und stellte fest:
daher möchten wir den Horizont der Kinder erweitern und ihnen
„Unsere Regierung tut viel für den Erhalt und die Unterstützung des
die Begegnung mit etwas Neuem ermöglichen.“ Ihr Anspruch an
traditionellen chinesischen Theaters. Was ich also versuche ist, den
die Stücke ist, dass sie „Wahrheit, das Gute und Schönheit“ zeigen
Staub vorsichtig von unserer traditionellen Kultur zu entfernen und
und dafür unterschiedliche künstlerische Formen wählen. Sie sieht
sie auf eine moderne Bühne zu stellen, damit das Publikum ihre
dies und die Präsentation der internationalen Gastspiele auch als
Schönheit sehen kann.“ Die Künstlerin und Wissenschaftlerin Faye
einen Appell an die Künstler_innen in China, dass sie die darstel-
Chunfang Fei, die im April 2017 in der Zeitschrift „American Thea-
lenden Künste für junges Publikum ernster nehmen sollen als bis-
tre“ die Entwicklungen der Theaterlandschaft in Shanghai beschreibt,
her: Gute Kunst statt Kinderbespaßung in schlechter Qualität lautet
nimmt einen regelrechten Boom wahr, der in der Neuentstehung von
ihr Credo.
Spielstätten ebenso ablesbar sei wie im Zulauf junger Künstler_innen und Zuschauer_innen – 90 % der Zuschauer_innen seien 40 oder
Traditionen und Innovationen
jünger. Den jungen Theaterkünstler_innen in Shanghai wird beschei-
2015 nahm mit Ernan Mao erstmals ein Regisseur aus China am In-
nigt, dass sie wahre Weltbürger_innen und Multitalente seien. So
ternationalen Regieseminar (Directors in TYA – an International Ex-
entstehen, wie Faye Chunfang Fei schreibt, zeitgenössische Insze-
change) der ASSITEJ Deutschland teil. Im Empfehlungsschreiben
nierungen alter Stoffe und formale und inhaltliche Neuinterpretatio-
der China Children’s Dramatic Society wird auf zwei seiner Arbeiten
nen, die an Schulen und Universitäten gezeigt werden. Sie unter-
verwiesen, die Anknüpfungspunkte für weltweite künstlerische Ent-
streicht, dass die Künstler_innen als Individuen auftreten und mit
wicklungen bieten könnten. In der ersten Empfehlung steht die
ihren weltweit erworbenen künstlerischen Fähigkeiten Jugendliche
Technikbegeisterung im Vordergrund, wenn die „perfekte Fusion“
und junge Erwachsene besonders ansprechen.
von Kindertheater und Multimedia gepriesen wird. Ein „Physical Anime Drama“ dagegen kommt ohne Worte aus und erzählt zu-
Schönheit versus Freiheit?
gleich ein altes chinesisches Märchen.
Im bereits zitierten Gespräch mit Lu Ang wird dieser auch gefragt,
Die Faszination für technische Neuerungen zeigt sich auch
wie frei das Theater in China sei: „Meiner Meinung nach ist Theater
im Enthusiasmus über die erste Schwarzlicht-Theater-Aufführung
wie eine Religion. Es will das Gute im Menschen wecken. Das ist der
für Kinder in China. Lu Yisha, eine junge Regisseurin aus Shanghai,
Grund, warum wir Theater machen. Wir sind frei, aber diese Freiheit
hatte diese Art des Theaters in Tschechien kennen gelernt und in
ist nicht absolut. … Ich denke, dass Theateraufführungen, die soziale
einem Stück über das Sonnensystem mit Elementen des Figuren-
Probleme thematisieren, von den Behörden erlaubt werden sollten,
und Objekttheaters verbunden. Im Gespräch mit womenofchina.cn
wenn diese Probleme wirklich existieren und die Aufführung einen
beschreibt sie ihren Blick auf die dynamische Entwicklung im Thea-
guten Zweck verfolgt.“ Das Thema Zensur ist also nach wie vor nicht
ter für junges Publikum in China. Einfach, klar und lustig soll Thea-
aus dem Alltag der Künstler_innen in China wegzudenken.
linke und rechte Seite: Artistic Encounter. Fotos: Meike Fechner
Die Unabhängigkeit des eigenen künstlerischen Ausdrucks
schaft in den Darstellenden Künste für junges Publikum und die
spielt auch in der Arbeit von Nunu Kong eine Rolle, die als Choreo-
Schaffung nachhaltiger Partnerschaften. In einer Region, in der
graphin und Regisseurin einer deutsch-chinesischen Koproduktion
Reichtum und Armut nah beieinander liegen und die Theatertradi-
mit dem Festival „KinderKinder“ in Hamburg zusammen gearbeitet
tionen sehr unterschiedlich sind, beobachten die Gründer eine
hat. Die Ziele ihres Projektes „brand nu dance“ beschreibt sie als
wachsende Anerkennung für das Theater für junges Publikum und
Bewegung weg von einem vorgefertigten Konzept von „Chinese-
stellen zugleich fest, dass es weltweit ein großes Interesse an „TYA
ness“ und Nationalkultur hin zu einem ehrlicheren Ausdruck des
in Asia“ gibt. Das Japan Foundation Asia Center tritt als Ko-Organi-
menschlichen Körpers. Stephan Löwis vom Festival KinderKinder
sator dieses Netzwerks auf, das seine Aktivitäten beim Ricca*Ricca
setzt seit über 10 Jahren Kooperationen mit China um. Das China
Festival in Okinawa konzentriert, Stipendien und Forschungsreisen
Welfare Institute und das Liaison Office der hamburgischen Indus-
ermöglicht. Welche Rollen Länder wie Japan und China in Netzwer-
trie- und Handelskammer sind seine zentralen Partner und wäh-
ken wie diesen künftig für sich in Anspruch nehmen werden, bleibt
rend er die Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen als durch-
nicht nur innerhalb der ASSITEJ eine spannende Frage.
aus anstrengend beschreibt, sieht er viel Potential in partizipativen
Mitglied von ATYA ist auch die China Association of Perfor-
Projekten, die auf Austausch setzen und in der Zusammenarbeit
ming Arts (CAPA) – Children’s Performing Arts Committee mit Sitz
mit Künstler_innen, wie dem Kalligraphen und Buchautor Chen
in Peking. Sie beschreibt sich selbst als Organisation, die mit ihrer
Jianghong, der in „Han Gan und das Wunderpferd“ die Hauptrolle
Expertise mehr als 135 Millionen Kinder anspricht. Produktion, Auf-
in der Bühnenfassung seines Werkes gespielt hat.
führung und Vermarktung von Kinder- und Jugendtheater sind ihr
Asiatische Netzwerke
Die Mitglieder von CAPA spielen jedes Jahr 10.000 Aufführungen
Schon 1998 plädierte Wolfgang Wöhlert in seinem Beitrag über das
und haben damit einen Marktanteil von 90% im „Chinese children’s
Theater für junges Publikum in der Enzyklopädie des Zeitgenössi-
performing arts market“. Internationale Gruppen sind eingeladen,
schen Theaters in Asien und im Pazifischen Raum dafür, in Zukunft
sich für die Teilnahme am CAPA Festival zu bewerben. Die genann-
den Blick nach Asien zu wenden: „In Asia, theatre and performing
ten Kriterien lauten: Die Aufführung soll für ein Publikum von mehr
Auftrag und internationale Zusammenarbeit ist eines ihrer Ziele.
arts have many old, rich and different roots. Therefore, in future, thea-
als 500 Personen gespielt werden können, kreativ und von visueller
tre for young audiences in this region could grow to be the most va-
Schönheit sein und wenig Sprache enthalten.
ried, innovative, creative and stimulating of anywhere in the world.”
In der Recherche zu China sind zwischen Technikbegeiste-
Das Bewusstsein für den Reichtum dieser Theaterlandschaft spiegelt
rung, Neugier, Innovation und internationalem Anspruch immer wie-
sich auch in asiatischen Netzwerken der Kinder- und Jugendtheater.
der die großen Zahlen und dynamischen Entwicklungen der letzten
In der Asian Alliance of Festivals and Theatres for Young Au-
Jahre beeindruckend. „Imagining the Future“ – das scheint vor diesem
diences (ATYA) haben sich seit 2004 die Kinder- und Jugendtheater
Hintergrund ohne China nicht denkbar, braucht aber kritische Refle-
und die Festivals des Theaters für junges Publikum zusammen-
xion und offene Fragestellungen. Das ASSITEJ Artistic Gathering in
getan. Eines ihrer Ziele ist es, das Kinder- und Jugendtheater Asiens
China war eine erste Etappe auf diesem Weg ins Unbekannte.
und seine einzigartigen Kulturen in der Welt bekannt zu machen. Das Asian Children’s Theatre Festival (ACTF) wird von wechselnden
Meike Fechner ist Geschäftsführerin der ASSITEJ Deutschland.
Gastgebern des Netzwerkes ausgerichtet und will vor allem Produktionen aus Asien zeigen. 2016 wurde, ebenfalls in Okinawa, das
Literaturhinweis: Die Zitate und Quellenhinweise in diesem Text stam-
Asian TYA Network gegründet. Die Ziele dieses Netzwerkes, das auf
men aus diversen Artikeln, die online veröffentlicht sind. Eine vollständige
individuelle Mitgliedschaft setzt, sind Qualität und Zeitgenossen-
Linkliste steht unter www.assitej.de zur Verfügung.
8 | IXYPSILONZETT | 02.2018 | SCHWERPUNKT
YIN UND YANG. WIDERSPRÜCHLICHES CHINA Reiseimpressionen aus einem Land mit ganz eigenem Blick auf das Kindertheater Von Stefan Fischer-Fels
China schickt sich an neue Märkte zu erobern und
12 Monate im Jahr. Kindertheater hat kulturpolitisch einen hohen
tut dies stets mit sehr eigenwilligen Strategien.
rung kommen. Das ist offizielle Kulturpolitik des Landes und wird
Das Kindertheater mit seinen internationalen Netz-
mit großem Aufwand finanziell gefördert. Erfahrene Theater-
werken weckt dabei auch Hoffnungen auf inspirierenden Austausch.
Stellenwert. Millionen Kinder sollen mit Kunst und Kultur in Berüh-
macher_innen aus Europa werden eingeladen, die Theaterszene zu beraten, in der Qualitätsentwicklung, beim Programmieren von Gastspielen und Festivals, aber auch bei der Entwicklung von „arts education for children“. Es gibt langfristige Wachstumspläne für das Kindertheater.
Mit China betritt ein Land die Bühne des internationalen Theateraustauschs, das mehr als 1,3 Milliarden Menschen beherbergt. Ein
Kinder mit Schönheit umgeben
Land mit ungeheurer wirtschaftlicher Dynamik; ein Land, in dem
Wie steht es um die Kunst, um das chinesische Kindertheater? Erste
Städte - und auch Theaterbauten - wie Pilze aus dem Boden schie-
subjektive Eindrücke vom „8th China Children's Theater Festival“ im
ßen; ein Land mit Einparteiensystem und Zensur, deren Mechanis-
August 2018: Perfektion – im Sinne von höchstem Anspruch in allen
men nicht einfach zu verstehen sind und meist subtil wirken und
handwerklichen Fragen von Schauspielkunst bis Lichtdesign und Vi-
tief in die Köpfe eingedrungen sind. Ein Land, das, von vielen ver-
deoeinsatz – ist ein beliebter Begriff bei den chinesischen Theaterma-
gessen, gerade eine dramatische 200-jährige Geschichte voller Elend
chern. Musicals, laut und bunt, sind hier gerade schick im Kinderthea-
und Hoffnung hinter sich hat: Opfer kolonialistischer Ausbeutung,
ter, und die chinesische Variante dieses „Westimports“ ist allein durch
Zeuge der Abschaffung feudalistischer Kaiserdynastien durch eine
Größe und Aufwand von Bühne, Licht und Ton beeindruckend. Hel-
kommunistische Revolution, Schauplatz interner „Kulturkämpfe“
dengeschichten dominieren, meist alte Sagen und Märchen. Ein Bei-
mit zahllosen Opfern. Ein Land mit einer eigenartigen neuen Ver-
spiel: „Halibu“ ist ein junger Dorfbewohner, der sich am Ende einer
bindung von autoritärem Sozialismus und Turbokapitalismus, ge-
dramatischen Geschichte gegen sein Mädchen und für die Rettung
steuert von einer Partei mit langfristigen Strategien. Ein Land mit
des Dorfes vor Überflutung entscheiden muss.
dem Plan, China in die Welt(märkte) und die Welt nach China zu
Gefragt nach den Inhalten, die das Theater hinter seiner glän-
bringen. Auch im Bereich des Kindertheaters. Erste Gruppen aus
zenden, spektakulären Oberfläche transportiert, fällt von chinesischer
Deutschland, wie das Theater o.N., sind bereits auf Tour durch
Seite immer wieder der Begriff der „Schönheit“. Kinder sollen mit
China gewesen. Dänemark hat Kulturvermittler in China und ist
Schönheit umgeben werden. Und so stehen im Vordergrund der Pro-
sehr aktiv auf dem Markt. Vor allem mit kleinen Stücken, die mit
duktionen, die beim Festival zu sehen waren, auch mächtige, über-
wenig Sprache auskommen. Auf dem Feld des zeitgenössischen
wältigende Bilder mit heftigem Dauer-Video- und Musikeinsatz und
Tanzes ist China bereits weltweit auf vielen Festivals vertreten.
ganz großem Finale. Dabei spielt der virtuose Einsatz von Puppen,
Wir begegnen in China einer neuen, mir bisher unbekannten
Drachen und Tieren eine große Rolle. Bestens trainierte junge dyna-
Dimension von Kindertheater: Theatersäle mit 1000 und 1500 Plät-
mische Schauspieler_innen können tanzen, singen, Puppenspiel und
zen dominieren, technisch auf einem fast utopisch anmutenden
Stanislawski. Mr. Yin Xiaodong, Vorsitzender der Assitej China und
hohen Ausstattungsniveau. In vielen der „neuen“ Boomstädte gibt
Leiter des National Theater, ein sympathischer, hochgebildeter Thea-
es Riesensäle, aber keine Ensembles; dagegen gelegentlich Gastspie-
termacher, Musiker und Komponist, spricht bei einer „Western and
le. Im „China National Theater for Children“ (CNTC) in Beijing ar-
Eastern Dialoque-Veranstaltung“ von den spirituellen Wurzeln der
beiten 70 Schauspieler_innen, werden vier bis fünf aufwändige Neu-
chinesischen Kultur: Idealistische Konzepte, die auf Konfuzius und
produktionen pro Spielzeit herausgebracht. Spielzeit? Gespielt wird
Laotse zurückgehen, das Ideal der Balance zwischen „Himmel und
„Looking for Halibu“ von Tianjin Children’s Art Troupe In der Inszenierung von Ma Lu. Foto: Theater
Erde“, der Harmonie in Familie, Staat und Weltgemeinschaft und
derten „independent artists“ wie die Freie Gruppe „inside out“
das Prinzip eines weltumspannenden Humanismus. Die chinesische
(Lucas Wang), die auch international kooperieren und touren und
Kultur kennt auch die Begriffe der „Aufklärung“ und des „Rationa-
sich über private Träger und Sponsoren finanzieren. Er spricht
lismus“, vor allem aber spielt die Dialektik, das Yin und Yang als Kon-
davon, dass Kulturschaffende in China sich dem Thema Zensur stel-
zept eine Rolle: dass in jedem Glück auch die Trauer stecken kann
len müssen und dass dies natürlich auch in internationalen Kopro-
und umgekehrt. Diese beiden zentralen Begriffe der chinesischen
duktionen zu berücksichtigen sei.
Philosophie stehen für polar einander entgegengesetzte und dennoch aufeinander bezogene Kräfte oder Prinzipien.
Hoffnung auf inspirierende Partnerschaften Bei den rituellen „Artistic Encounters“, dem kommunikativen Herz-
Entwickelter Gastspielmarkt
stück der jährlichen „Assitej Gatherings“, verabreden wir, in drei
Nebenbei ist zu erfahren, dass alle Studierenden in China im Grund-
„Sessions“ ein gemeinsames „Manifest“ der anwesenden Künstle-
seminar Hegel lesen. Der deutsche Idealismus als Wegbereiter der
rinnen und Künstler zu erarbeiten und bei der „Closing Ceremony“
chinesischen Revolution. Chinesen sind Dialektiker in jeder Bezie-
öffentlich zu verkünden. Ein Balanceakt, ein lustvoller Versuch, eine
hung. Mr. Yin spricht von gleichen Fragen und unterschiedlichen
gemeinsame Sprache zu finden. Wir brainstormen uns beim Thema
Antworten, die westliche und östliche Gesellschaften seit Jahrhun-
„Imagining the Future“ zu einer „Wall of Dreams“, deren Ideen und
derten gegenseitig beeinflussen und erzählt vom Beispiel der Sicht
Vorschläge dann von den anwesenden 200 Teilnehmer_innen zu
auf Geld und des „Geldborgens“: Im westlichen „Hamlet“ rät der
einem kollektivem Dokument gemacht wurden. Zwei Ideen für die
Vater davon ab, weil geborgtes Geld „faul“ machen könne; in einer
Zukunft, die West und Ost vereinen: „Competent politicians for a
chinesischen Fabel rät der Vater zu, weil man damit eine Verbindung
sustainable cultural policy“. Und, durchaus ein Politikum in vielen
mit einem Nachbarn eingehe, die irgendwann für die Familie noch
Ländern dieser Welt, aber auch ein zentraler Traum beim Imaginie-
wichtig werden könne …
ren der Zukunft: „Freedom – We have the responsibility to create
Die Kulturschaffenden, denen wir in Beijing begegnen, zeigen sich sehr offen, ja hungrig nach Austausch, Kooperation und
safe spaces where free expression is possible and ideas and knowledge are openly shared.“
Begegnung. Für die Verantwortlichen des chinesischen Kinderthea-
Bei aller Befürchtung, in China in einen hochkomplexen di-
ters scheint es von großer Bedeutung zu sein, sowohl im Ausland
plomatischen Eiertanz zu geraten, überwiegt doch die Einschätzung,
zu gastieren als auch ausländische Produktionen auf Festivals und
dass hier in Zukunft inspirierende Partnerschaften mit außerordent-
Touren nach China einzuladen und Kooperationen und Koproduk-
lich gutem finanziellen Hintergrund zu entwickeln sein werden. Die
tionen zu lancieren. Von chinesischer Seite geschieht das mit groß-
anregenden Gespräche mit feinsinnigen Künstlern, eine überwälti-
zügiger staatlicher Unterstützung. Was inzwischen auf allen wich-
gende Gastfreundschaft und die Offenheit gegenüber „westlichen“
tigen Kindertheater-Festivals in der Welt zu bemerken ist: „Scouts“
Partnern wie auch die großzügigen finanziellen Möglichkeiten sind
aus verschiedenen Städten Chinas kaufen die Produktionen für den
gute Argumente, den Dialog mit China zu eröffnen!
chinesischen Gastspiel-Markt ein. Bei einem Empfang von Assitej Germany und Goethe Institut begegnen wir auch einigen ausgewählten, staatlich nicht geför-
Stefan Fischer-Fels ist Leiter des Jungen Schauspiels am Düsseldorfer Schauspielhaus.
KINDERTHEATER ALS PRIVILEG Eine Gastspielreise des Theaters o.N. nach China Eckhard Mittelstädt im Gespräch mit Vera Strobel Das Theater o.N. reiste im Sommer 2017 zu Gastspielen nach Beijing und berichtet über Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Herausforderungen. Als ich Vera Strobel vom Theater o.N. Anfang August in einem Café
bau sie gerade begonnen hatte und das je zwei Spielstätten in Shang-
in Berlin treffe, ist es die Hitze dieses langen Sommers, die sie gleich
hai und Beijing sowie zwei weiteren chinesischen Städten umfasst.
an ihre Gastspielreise in die chinesische Hauptstadt im Sommer
Dieses Netzwerk heißt ASK (Art Space for Kids) und man kann es
2017 erinnert. In drei Wochen hatten Uta Lindner, Iduna Hegen und
auch als privates Unternehmen beschreiben, das sich auf die Ein-
Andreas Pichler auf der Bühne und sie hinter der Bühne in Beijing
ladung internationaler Gastspiele für Kinder spezialisiert hat und
mit der Produktion „Kling, kleines Ding“ gastiert und dabei 24 Vor-
dabei völlig ohne staatliche Förderung auskommt. Dort arbeiten fünf
stellungen und 6 Workshops gegeben. Eine anstrengende aber span-
bis sieben Menschen fest, hinzu kommen einige Praktikant_innen.
nende Reise, wie Vera Strobel auch mit einem Jahr Abstand noch
Produktionen, die Chen nach China einlädt, sollen dort
konstatiert. An Wochentagen fanden vor allem Workshops statt, am
sechs bis acht Wochen spielen und das war für das Theater o.N. zu-
Wochenende dagegen waren drei Vorstellungen pro Tag zu spielen.
nächst ein Hinderungsgrund diese Einladung anzunehmen. Natür-
Die Produktion für kleine Kinder ab zwei Jahren ist eigentlich für
lich produziert das im Berliner Prenzlauer Berg beheimatete Theater
höchstens 70 Zuschauer gedacht, auf Wunsch der chinesischen Ver-
so, dass ihre Stücke auf Gastspielreise gehen können. Aber inner-
anstalter wurde die Zuschauerzahl auf 200 erhöht. Diese Zuschauer
halb Europas dauern ihre Gastspielreisen maximal eine Woche und
waren vor allem Eltern mit ihrem einen Kind, das ihnen die chine-
beinhalten höchstens fünf Vorstellungen, erklärt Strobel. „Auf län-
sische Familienpolitik zugesteht.
gere Gastspielreisen sind wir gar nicht vorbereitet und diese Zeit
„Kling kleines Ding“ ist ein Spiel um Ideen und Klänge in einer
finden wir auch nicht in unseren Terminkalendern, da alle ja auch
Steinlandschaft auf der Bühne, die als Naturxylophon fungiert. Also
noch in anderen Stücken spielen oder produzieren.“ Nach langer
nicht gerade das, was zum chinesischen Theater mit seinen opulenten
Zeit liess sich die Veranstalterin auf einen Zeitraum von drei Wo-
Stücken für die große Bühne auf den ersten Blick passen würde.
chen ein. Und das Theater o.N. verband die Reise nach China noch mit Gastspielen auf dem Festival in Okinawa, um dann insgesamt
Internationale Gastspiele als Geschäftsmodell
vier Wochen in Asien zu sein.
Und doch wollten die chinesischen Veranstalter das Stück unbedingt
Eigentlich dauert „Kling kleines Ding“ nur eine gute halbe
einladen. Begonnen hatte alles auf dem wichtigsten asiatischen Kin-
Stunde, dann werden die Zuschauer auf die Bühne eingeladen, um
der- und Jugendtheaterfestival, dem „ricca ricca Festival“ im japani-
selbst das Material und seinen Klang zu erkunden. Um den Zu-
schen Okinawa. Dort hatte die Veranstalterin Forrina Chen das Stück
schauern dennoch eine Begegnung in einem intimen Rahmen zu
gesehen und wollte es gern in ihr chinesisches Netzwerk für inter-
ermöglichen, hatten die Veranstalter den großen Raum geschickt
nationale Kindertheaterproduktionen aufnehmen, mit dessen Auf-
und sehr liebevoll mit viel Podesterie umgestaltet, erzählt Strobel.
„Kling kleines Ding“ von Theater o.N. in der Bernd Sikora in Beijing. Fotos: Zhaohui Huang
Das Theater hatte dann den interaktiven Teil so ausgedehnt, dass das Stück am Ende doch eine Stunde dauert. „Natürlich ist das alles ein Business, ASKA will und muss
einige Probleme, zumal die Pause zwischen den Vorstellungen mitunter nur 90 Minuten betrug. Letztlich wurde sich auf ein Foto des gesamten Publikums mit den Künstler_innen geeinigt.
mit diesen Gastspielen Geld verdienen. Aber sie setzen sich dennoch
Kontakte zu chinesischen Künstler_innen während ihres
mit Leidenschaft und echtem Interesse für die Produktion ein, die
Aufenthalts in Beijing habe es nicht gegeben. Einer anderen Veran-
sie eingeladen haben. Das ist auch der Grund dafür, dass wir ver-
stalterin habe sie Workshops für Künstler_innen zusätzlich zu den
sucht haben alles möglich zu machen“, sagt Strobel.
Gastspielen angeboten, erzählt Strobel. Aber trotz großer Begeisterung für die künstlerische Herangehensweise und für das Angebot
Kindertheaterbesuch hat Prestige
eines Theaters für die Allerkleinsten überhaupt, hätte die Veranstal-
Wie aber funktioniert der Business? Ganz dahinter gekommen ist
terin kein Interesse signalisiert.
Strobel nicht. Neben Reisekosten, Gagen für die Künstler, deren Un-
Eine mögliche Erklärung wäre die eigene Absicherung vor
terbringung und Verpflegung ist ein Saal anzumieten und die Mit-
Konkurrenz. So lassen sich chinesische Veranstalter gern vertraglich
arbeiter_innen von ASK müssen natürlich auch bezahlt werden.
bestätigen, dass das eingeladene Theater mit ihnen exklusiv für
Einnahmen werden vor allem über Ticketpreise erzielt. Für Kinder
einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren zusammenarbeitet, berich-
und Erwachsene sind hier umgerechnet etwa 25 Euro pro Eintritts-
tet Strobel. Für ein Land von der Größe Chinas ein doch etwas un-
karte zu zahlen. Kein Wunder also, dass dafür wenigstens eine Stun-
gewöhnliches Vorgehen.
de Kunstgenuss eingefordert wird. Zumal in einer Stadt wie Beijing
Sie würden es wieder tun, resümiert Vera Strobel die Gast-
der Theaterbesuch aufgrund großer Entfernungen leicht zu einem
spielreise für das Theater o.N. in die chinesische Hauptstadt und
Tagesausflug wird. Im Publikum seien vor allem bessergestellte Fa-
sagt, dass sie sehr gespannt sei wie sich der Austausch weiterent-
milien gewesen, die für ein solches kulturelles Erlebnis bereit sind
wickelt. Das Theater o.N. gehört zu einem Pool europäischer Thea-
solche Ticketpreise zu zahlen.
ter, die von einer Gruppe europäischer Festivalmacher_innen um
Dabei geht es den Eltern schon um kulturelle Bildung für
den Dänen Peter Manscher an chinesische Veranstalter vermittelt
ihr Kind, die einen Wert darstellt und möglicherweise auch ein ge-
werden. Wichtig ist Strobel dabei immer die Frage nach den Inten-
wisses Prestige einbringt, vermutet Strobel. Vor der Reise hätten sie sich schon die Frage gestellt, was
tionen. Etwas zu verkaufen reicht ihr da als Grund für eine Gastspielreise nicht aus. Gilt das deutsche Kindertheater jetzt als Vorbild
von ihnen als Theater erwartet wird, zumal sie sich als Theater o.N.
oder Modell und wird deshalb eingeladen? Diese Frage ist aber auch
eigentlich der Verwertbarkeit ihrer Theaterproduktionen entziehen.
bei anderen internationalen Austauschprogrammen zu stellen. Sich
Gerade in den Workshops, die in Kindergärten und mit Familien
auf die Vorstellungen und Bedürfnisse der Gastgeber einzulassen,
stattfanden, hätten sie sehr frei gearbeitet und waren überrascht,
bleibt eine wichtige Voraussetzung. Und wenn wie bei ihren chine-
wie gut sich die Teilnehmenden auf diese offene Arbeitsweise ein-
sischen Gastgebern Begeisterung und Leidenschaft zu spüren ist,
lassen konnten. Eigentlich hätten sie dabei kaum Unterschiede zu
so Strobel, erscheint vieles möglich.
ihren Erfahrungen in Deutschland feststellen können. Lediglich die Erwachsenen dazu zu bringen, ihr Handy aus der Hand zu legen, mit dem das kulturelle Erlebnis des Kindes stetig festgehalten
Eckhard Mittelstädt leitet das Programm „tanz + theater machen stark“
wurde, und stattdessen selbst mitzumachen, erwies sich als nicht
beim Bundesverband Freie Darstellende Kunste und ist Redakteur von
ganz einfach. Auch das Ansinnen des Veranstalters, nach der Vor-
IXYPSILONZETT.
stellung im Foyer für Fotos der Zuschauer_innen mit den Künstler_innen zur Verfügung zu stehen, stellte das Ensemble vor
Vera Strobel ist Teil der Künstlerische Leitung des Theaters o.N.
12 | IXYPSILONZETT | 02.2018 | SCHWERPUNKT
„WIR EUROPÄER MÜSSEN UNS MEHR AUF DIE CHINESISCHE KULTUR EINLASSEN.“ Wolfgang Schneider im Gespräch mit Ivica Simic über große Opern, buntes Kindertheater und einen Markt für kulturelle Bildung
Wolfgang Schneider: Ivica, du arbeitest nun schon eine Weile in China. Wie steht es mit der chinesischen Sprache?
irritiert. Und das war kein Sprachproblem! Ich erkannte, dass ich mich stärker mit traditionellen chinesischen Werten, der chinesischen Art zu leben und zu denken beschäftigen musste. Ich begann,
Ivica Simic: Gute Frage! Manche sagen, Chinesisch sei die am
mich mit Konfuzius und dem Taoismus zu beschäftigen. Und ich
schwersten zu erlernende Sprache. Bevor ich nach China ging, dach-
begann, meine europäisch geprägte „überlegene“ Weltanschauung
te ich immer, das sei die deutsche Sprache. Nun, ich lerne langsam
(im Original in Deutsch) infrage zu stellen.
zu sprechen, ich lerne die Schriftzeichen und kann inzwischen schon ein paar erkennen – sie sind sehr schön und kostbar. Tausende
WS: Was war der Auslöser, deine Arbeit und dein Arbeitsumfeld so
Jahre Kultur sind ihnen eingeschrieben und es ist faszinierend ihre
radikal zu verändern?
tiefere Bedeutung zu entdecken. IS: 2014 als ich mich nach 15 Jahren Arbeit für die ASSITEJ aus dem WS: Und welche Erfahrungen hast du mit der chinesischen Kultur
Verband zurückzog, begann ich über neue Ziele nachzudenken,
der Gegenwart gemacht?
musste mein privates und mein berufliches Leben neu definieren.
IS: Als ich nach X’ian kam, sah alles aus wie überall auf der Welt.
aber in gewisser Weise ausgereizt. Ich brauchte neue Herausforde-
Ja, das Essen ist anders und alle benutzen Stäbchen, in China trinkt
rungen und Motivationen. Als ich die Einladung aus X’ian erhielt, eine
man warmes statt kaltes Wasser, aber alles andere ist mehr oder we-
Uraufführung zu inszenieren, zögerte ich keinen Moment und im
Mein Theater Mala Scena in Zagreb war gut etabliert und anerkannt,
niger gleich. Die Globalisierung verleiht allen Kulturen ein Einheits-
April 2016 hatte „Terracotta Boy“ Premiere. Im September des gleichen
kostüm und die Technologie gibt allen die gleichen Werkzeuge an
Jahres zog ich nach China, um dort zu leben und zu arbeiten.
die Hand. Aber sehr schnell war ich mit kulturellen Differenzen konfrontiert, die auch die Globalisierung nicht vertreiben konnte. Unsere
WS: Und wurdest Künstlerischer Direktor. Wie kann man sich diese
beiden Kulturen sind sehr verschieden und wir können einander
Position an einem chinesischen Theaters vorstellen?
kaum verstehen. Europäischer Individualismus und der chinesische Respekt vor der älteren Generation passen nicht zusammen. Als ich
IS: Künstlerischer Direktor ist an einem chinesischen Theater nur
das verstanden habe, begann ich die chinesische Kultur zu mögen,
ein Titel. Das Theater wird von seinem Besitzer geleitet, der sich nur
ohne sie immerzu mit unserer europäischen vergleichen zu müssen.
für die geschäftliche Seite interessiert. Die Funktion des Künstlerischen Direktors ist eher symbolischer Natur, hauptsächlich habe ich
WS: Was wusstest du schon und was hast du dort gelernt?
Regie geführt. In einem Jahr habe ich fünf Inszenierungen gemacht. Ich reiste in China herum, um Werbung für das Theater zu machen
IS: Ich hatte ein bisschen Basiswissen über Geschichte und Kultur,
(der Titel Generalsekretär auch mit dem Zusatz „Ex-“ öffnete mir
Philosophie und die politische Situation in China. Das war aber alles
alle Türen in China), zugleich war es mir nicht möglich, die künst-
auf dem Level von Informationen. Als ich begann, an der Universität
lerische oder irgendeine andere Entwicklung des Theaters zu beein-
zu lehren, merkte ich schnell, dass die Studierenden weder mich
flußen. Deshalb gab ich diese Position nach einem Jahr auf und
noch die Konzepte, die ich versuchte zu lehren, verstanden. Ich war
wechselte an die Universität.
„Jorney to the West“ von China National Theatre for Children In der Inszenierung von Calin Octavian Mocanu (Rumänien) und Mao Ernan. Foto: Theater
WS: Was müssen wir über die Unterschiede zwischen europäischem und chinesischem Kinder- und Jugendtheater wissen?
Meine Erfahrungen mit dem chinesischen Publikum waren anfangs niederschmetternd. Es ist nur daran gewöhnt, unterhalten zu werden und so betrachten sie auch das Theater. Dennoch können
IS: Chinesisches Kinder- und Jugendtheater an den großen Staats-
sie künstlerisch hochwertigen Produktionen aufmerksam folgen,
theatern ist vergleichbar mit dem russischen oder auch dem frühe-
falls jemand den Mut hat, ihnen eine solche Produktion zu zeigen.
ren jugoslawischen Kinder- und Jugendtheater: ein klassisches Mär-
Leider folgen die meisten Theater nur den Marktmechanismen und
chenrepertoire, traditionelle Volksmärchen und Geschichten aus der
riskieren nichts.
heldenhafen Vergangenheit (z.B. dem chinesisch-japanischen Krieg), aber mit neuestem ausgefeilten technischem Equipment,
WS: Welche Traditionen sind in den chinesischen darstellenden
LED und Videoprojektionen. Aufgabe des Theaters ist hier die Er-
Künsten vertreten?
ziehung zu den moralischen und ethischen Werten der Gesellschaft. Es geht um Respekt vor Eltern und Lehrern und um die Loyalität ge-
IS: Der Fokus liegt auf der chinesischen Oper. Jede Provinz hat ihr
genüber Familie und Gesellschaft.
Theater, das einen jeweils eigenen Opernstil pflegt und Chines_innen
Wenn hier Märchen inszeniert werden, sind es oft Kopien
sind sehr stolz auf dieses Kulturerbe. Auch traditionelles Puppen-
von Walt Disney-Comics. Schneewittchen und die sieben Zwerge
theater gehört dazu, jedoch nur in einigen Provinzen. Das am besten
mit riesigen Masken auf den Köpfen der Schauspieler ist ein Stan-
erhaltene traditionelle Puppentheater gibt es übrigens in Taiwan.
dard, der überall im Land zu finden ist. Private Theater produzie-
NUO, eine sehr alte traditionelle chinesische Theaterform in enger
ren wenig und was sie produzieren ist oft kommerziell ohne
Verbindung mit Brauchtum aus der das japanische NO-Theater ent-
künstlerische Ambitionen. Oft werden Film- oder Fernsehproduk-
standen ist, war im Kommunismus und vor allem während der Kul-
tionen eins zu eins auf die Bühne kopiert, manchmal sogar Com-
turrevolution verboten und erlebt nun eine neue Blüte.
puterspiele. WS: Welche Rolle spielt das Theater im chinesischen Bildungssystem? WS: Wie ist das Kinder- und Jugendtheater organisiert: in Produktion, Distribution und Rezeption?
IS: Keine. Es gibt keine Verbindung zwischen dem Bildungssystem und dem Theater. Aber jede Schule produziert mit seinen
IS: Das Theaterleben in China findet nur an Wochenenden statt. Die
Schüler_innen Theateraufführungen für den Wettbewerb auf lokaler
meisten Theatersäle sind riesig, mit 500 bis 2000 Sitzplätzen.
sowie Provinzebene bis zur nationalen Ebene. Meist sind
Glücklicherweise werden im Moment neue Spielorte mit 200 bis
Lehrer_innen die Regisseur_innen dieser Aufführungen, aber es
300 Plätzen realisiert. Neueste Tendenz ist der Bau einer „Black Box“
gibt reiche Schulen, die professionelle Künstler_innen engagieren,
in bereits bestehenden Theatern mit nicht mehr als 100 Plätzen. Die
um Preise zu gewinnen. „Drama Education“ wird beliebter seit der
werden insbesondere für ausländische Gastspiele gebraucht, die
Staat hierfür vor einigen Jahren die Türen geöffnet hat, aber es ist
sehr beliebt in China sind.
noch nicht sehr weit in den Klassenzimmern des Landes verbreitet.
Das Hauptproblem für die Produktion neuer Inszenierungen ist der Mangel an Künstler_innen, vor allem an Schau-
WS: Was interessiert das chinesische Kinder- und Jugendtheater am
spieler_innen. Die wichtigsten Theaterschulen befinden sich in Bei-
internationalen Austausch?
jing (Zentrale Dramaakademie) und in Shanghai und dort werden auch die meisten Stücke produziert, dem übrigen Land fehlen daher
IS: Eigentlich gibt es keinen richtigen internationalen Kulturaus-
die qualifizierten Künstler_innen.
tausch, aber jede Menge Business. Die chinesische Regierung un-
14 | IXYPSILONZETT | 02.2018 | SCHWERPUNKT
terstützt vor allem Projekte, die chinesische Tradition, Folklore, tra-
WS: Was wäre dein Vorschlag für die zukünftige Zusammenarbeit
ditionelle Werte und kulturelles Erbe nach außen transportiert. Der-
zwischen dem chinesischen und dem europäischen Kinder- und Ju-
zeit arbeiten Theater bereits an Produktionen, die für die offizielle
gendtheater?
Handelsstrategie Chinas mit der Wiederbelebung der Handelsbeziehungen entlang der Seidenstraße werben. Diese Produktionen
IS: Das chinesische Kinder- und Jugendtheater ist wie ein großes
werden gefördert und ihre Einladung zu internationalen Festivals
Schiff: Es dauert lange, bis es die Richtung wechselt. Aber der Ver-
wird auch finanziell unterstützt.
änderungsprozess hat gerade begonnen und wird von der Regierung
Es werden viele Produktionen aus Europa, Japan und Korea
aktiv betrieben. Europäische Theater könnten mehr tun als nur Gast-
eingeladen. Die meisten dieser Produktionen sind sehr marktorien-
spiele verkaufen, sie könnten sich an der Ausbildung chinesischer
tiert und nicht Bestandteil eines Austausches, sondern diese Einla-
Künstler_innen beteiligen. China braucht zeitgenössische Konzepte,
dungen basieren auf Geschäftsbeziehungen.
für das Kinder und Jugendtheater, aber auch für die Theaterpädago-
Auch das Feld der Theaterpädagogik ist ein guter Markt, eine
gik. Es wäre sinnvoll, Kurse oder Residenzen für chinesische Künst-
große Menge von Theaterlehrern aus dem angelsächsischen Raum
ler_innen in europäischen Theatern anzubieten und Workshops,
macht gute Geschäfte in China. Auf der anderen Seite studieren
Seminare und Koproduktionen zu initiieren. All das würde die Ko-
mehr und mehr Chines_innen Theater in Europa, eine der belieb-
operation und den Austausch befördern.
testen Universitäten hierfür ist Warwick in England.
Aber Europa kann auch von China lernen. Wir Europäer müssen einfach inne halten und beginnen, uns mehr auf die chine-
WS: Welches Curriculum liegt demTheaterstudium in China zu-
sische Kultur einzulassen, jene Kultur, die aus einer Zeit stammt als
grunde?
der Austausch zwischen China und Europa selbstverständlich war und die chinesische Kultur weiter entwickelt als die europäische.
IS: Es ist ein sehr traditionelles Curriculum, das vor allem auf Stanislavsky und Brecht basiert. Zeitgenössische Theaterästhetiken und -formen, Autoren, Schauspieltechniken und Regiekonzepte sind kaum in China bekannt und spielen deshalb im Curriculum auch keine Rolle. Der Fokus des Schauspielstudiums liegt auf den handwerklichen Fähigkeiten. Chinesische Schauspieler_innen, Tänzer_innen und Zirkusartist_innen sind handwerklich sehr gut ausgebildet,
Foto: Heike Soltau
aber dann fehlt die Kreativität zur Innovation. Ein großes Problem
Ivica Simic war künstlerischer Leiter des Kinder- und Jugendtheaters
im chinesischen Theater ist das Fehlen von Regisseur_innen,
„Mala Scena“ in Zagreb, Vorsitzender der ASSITEJ Kroatien und Ge-
Autor_innen und Dramaturg_innen. Zudem gibt es kein Wissen
neralsekretär der Internationalen ASSITEJ und lebt seit 2016 in X’ian,
über zeitgenössische dramatische Literatur, die Entwicklung und
zunächst als Regisseur, danach als Professor an der Eurasia Universität.
die Philosophie des Kinder- und Jugendtheaters. Mit Professor Dr. Wolfgang Schneider verbindet ihn eine lange FreundWS: Und was lehrst du?
schaft insbesondere seit dessen Präsidentschaft in der Internationalen ASSITEJ von 2002 bis 2011. Das Gespräch wurde im Sommer 2018 in
IS: Mein Gegenstand an der Eurasia Universität in X’ian ist Thea-
Veli Losinj an der kroatischen Adria geführt.
terpädagogik und Erzähltheater mit dem Fokus auf praktischer Arbeit.
(Aus dem Englischen von Eckhard Mittelstädt)
JUGENDTHEATER IN RUMÄNIEN Festivalbeobachtungen in Bukarest und zum rumänisch-chinesischen Austausch Von Thomas Lang Von Deutschland aus gesehen liegen sie in der gleichen Richtung: im Osten. Aber die Blick-
Großmarionetten des Bukarester Tandarica-Theaters. Dazu kommen kontinuierliche Kontakte zu dem Ming-Ri Institute for Arts Education in Hong Kong und natürlich zur ASSITEJ China.
Richtung ist eher die entgegengesetzte: Während Initiierung einer Jugendtheaterkultur
wir nur wenig wissen über das, was Theatermacher
Aus Bukarester Sicht soll aber eben auch der Kontakt und der Aus-
in China oder Rumänien umtreibt, richten sich
tausch mit Kinder- und Jugendtheatern vor allem aus Deutschland
deren Blicke sehr viel häufiger nach Mitteleuropa.
vorangetrieben werden. So lud Narcisa Mocanu im vergangenen Jahr gleich mehrere Theatermacher_innen zum jährlich stattfindenden Festival „Fest(in) on the Boulevard“ ein, für dessen Jugendtheaterprogramm die Kultur-Managerin verantwortlich zeichnete. In die-
Es geht um Fragen, inwieweit sich Ästhetiken übertragen lassen
sem Herbst initiiert sie zudem im Namen der ASSITEJ Rumänien
trotz der unterschiedlichen kulturellen Traditionen, es geht um den
einen rumänischen Showcase am Tandarica-Theater. Für das
Wunsch nach Wahrnehmung und sicher auch um die Hoffnung, in
„Fest(in) on the Boulevard“ war es dem Nottara Theater, einem Pri-
nicht allzu ferner Zukunft verstärkt auch Gastspiele in den Westen
vattheater mit zwei Spielstätten (350 Plätze / 99 Plätze), gelungen,
zu schicken, nicht nur von dort einzuladen. Während sich Theater
u.a. etliche Theaterproduktionen zum Thema „Krise der Familie“
in Mitteleuropa bislang eher wenig kooperationswillig gezeigt
aus nahezu allen Theatern des Landes1 zu versammeln. Dazu Ju-
haben, gibt es zwischen Rumänien und China durchaus kooperie-
gendtheatergastspiele aus Argentinien, Kroatien, Südkorea und Ber-
rende Kontakte: Das stattliche Kindertheater „Tandarica“ in Bukarest
lin (Theater Strahl, „Weissbrotmusik“ von Marianna Salzmann). Äs-
beispielsweise betreibt seit Jahren einen regen Gastspielaustausch
thetisch aufgefächert die Bandbreite der rumänischen Beiträge, vom
mit der Performing Arts Company in Guangzhou und realisiert mitt-
betulichen Klassiker über hochprofessionelle Stadttheaterproduk-
lerweile auch zweisprachige und ensembleübergreifende Koproduk-
tionen mit attraktivem zeitgemäßen Medieneinsatz bis zu Produk-
tionen – ein vermutlich einmaliges Crossover einer akrobatisch ritualisierten asiatischen Choreografie mit sympathisch wackelnden
„Homemade“ vom Ungarischen Staatstheater im rumänischen Cluj. Foto: Maria Stefanescu
16 | IXYPSILONZETT | 02.2018 | SCHWERPUNKT
rechte Seite: „Fluturii sunt liberi“ (Schmetterlinge sind frei) von Leonard Gershe am Excelsior Theater Bukarest. Foto: Maria Stefanescu
tionen mit dokumentarischem und autobiografischem Material.
den Amoklauf von Emsdetten zu begreifen, in einem beeindruckenden
Eine eigenständige Kultur des Jugendtheaters ist auf diesem Festival
visuellen wie musikalischen Multimediaspektakel. Der Regisseur
allerdings erst einmal nicht erkennbar, ja im Gegensatz zu der des
Eugen Jebeleanu ist im übrigen in Rumänien ebenso zu Hause ist wie
Kindertheaters wohl kaum existent in Rumänien. Und so wird auch
in Frankreich und hat auch schon am Staatstheater Stuttgart inszeniert.
das Interesse des Festivals an dieser Fragestellung schnell deutlich.
Auf der Suche nach Äußerungen zur rumänischen Gegen-
Der Selbstauftrag zur Aktivierung neuer und anderer Publikums-
wart fiel „Leonce und Lena“ (Theater Braila) auf, eigentlich mit den
gruppen ist wohl bittere Notwendigkeit in einer Theaterlandschaft,
naheliegenden politischen Anspielungen, also der König als durch-
die gespalten scheint zwischen Bewahrung des Traditionellen und
geknallt, der Hofstatt mafiös und Lena als Discogirl, aber mit einem
Öffnungen nach Außen, ästhetisch wie thematisch. In den Debatten
Leonce, der hier nicht als Melancholiker oder Aussteiger daherkam,
am Rande des Festivals prallten diese Positionen schnell aufeinan-
sondern ganz anders, sympathisch, so durch die Welt taumelnd,
der. Ein offener Dialog mit einem jugendlichen Publikum schien
ohne einen Platz für sich, auf einer Suche. Berührend, politisch.
nicht angesagt, eher die Beschwörung des Konventionellen – in
Auch „Homemade“, eine aus der Zusammenarbeit mit Dar-
Form von „gelungener“ Dramatik, konventionellem Stückbau und
steller_innen und Fachleuten aus Pädagogik und Psychologie und
Betonung des philosophischen Überbaus, weniger mit Verbindun-
TheaterautorInnen entstandene Szenenfolge zu verschiedenen ge-
gen zu heute und einer Außenwelt, und auch nicht zu einem neuen
sellschaftlichen Generationenkonflikten vom Ungarischen Theater
Publikum. Bezeichnend, dass die Kritikerin und Festivalmacherin
in Cluj3 erwies sich als durchaus anschlussfähig an eine westliche
Oltiƫ Cîntec sich vor allem über die Haltung der Erwachsenen, auch
der Lehrer_innen, beklagte. Dagegen seien die Jugendlichen moder-
Festivalszene, thematisch wie szenisch als „devised theatre“ mit Improvisationsanteilen und interaktiven Szenen.
nen Ästhetiken und Themen gegenüber häufig viel aufgeschlossener: „Wir müssten die Erwachsenen erziehen, damit sie den Jugendlichen
Bestens vernetzte Kindertheater
den Weg ins moderne Theater weisen. Oder zumindest nicht verbau-
Während eine etablierte rumänische Kritiker- und Theaterszene sich
en.“ Nebenbei bemerkt hat Oltiƫ Cîntec fernab von Bukarest, in Iaşi
in Nordost-Rumänien, ein mittlerweile quantitativ und qualitativ gewachsenes internationales
Kindertheaterfestival2
zu verantworten.
abschotten will, national wie ästhetisch, ist doch auch erkennbar, dass die Theaterszene in Bukarest nicht nur nach Europa strebt, sondern längst dort angekommen ist. Zur gleichen Zeit fanden in Bukarest weitere Theaterfestivals statt. So das „100, 1.000, 1.000.000
Westeuropäisches Repertoire
Stories“ Festival am Ion Creangă Theatre4 mit Aufführungen für die
Dagegen verblieben die meisten Produktionen in Bukarest in einem
Allerkleinsten, über die internationale ASSITEJ und das European
eher moralisierenden Duktus, was sich vielfach schon an den Stück-
Project „Wide Eyes“ bestens vernetzt. Das Festival „TeenFest“ des Ex-
titeln ablesen lies wie „Oskar und die Dame in Rosa“, „Sommer-
celsior Theaters5 war gerade zu Ende gegangen, ein Jugendtheater
nachtstraum“ oder „Der kleine Prinz“. Auch sicher „Schmetterlinge
nach oberflächlichen Eindrücken mit weniger auffallenden Ästhe-
sind frei“ von Leonard Gershe, eine sentimentale Hollywood-
tiken, und das nationale Theatertreffen am Nationaltheater folgte
schmonzette (mit der jungen Goldie Hawn verfilmt, aus den
dann gleich im Anschluss.
1970ern), hier auf die Bühne gebracht mit einer genauen psycholo-
Einen sehr heutigen und öffnenden Blick über Rumäniens
gisch ausdifferenzierten und ganz heutig knappen wie eleganten
Grenzen hinaus bot die mittlerweile 4. Ausgabe der „Platforma In-
Spielkunst. Wie überhaupt die Menge und Qualität absolut heutig
ternationala De Teatru Bucaresti“, kuratiert von der agilen Theater-
agierender junger Schauspielerinnen und Schauspieler auffiel. Ein
macherin Cristina Modreanu6 mit dem bezeichnenden Titel
Interesse am Umgang mit westeuropäischer dramatischer Literatur
„Europa?“. Dort im attraktiven Kulturzentrum Arcub-Gabroveni7
ist erkennbar, Lars Noren etwa mit „20. November“, einem Versuch,
war die beeindruckende Inszenierung „Exit“ des ungarischen Re-
gisseurs Arpad Schilling zu sehen, mehrsprachig, mit mehrsprachi-
Animationstechniken. Im Unterschied zu den aufwendigen Bühnen-
gen Übertitelungen, ein Kaleidoskop der Träume und Ängste euro-
dekors und ausgeführten Gruppenchoreografien im Kinder- und Ju-
päischer Migranten. Und: „Rovegan“, eine Produktion des Jugend-
gendtheater Chinas fand dort das kleine Format und die dadurch in-
theaters REPLIKA, einer Freien Gruppe, die sich dezidiert einen
tensivere Beziehung zum Publikum besondere Aufmerksamkeit.“
politischen und pädagogischen Anspruch gibt, Aufführungen kos-
Sieht man davon ab, dass zivilgesellschaftliche Kontakte in
tenlos anbietet wie mobil in der Provinz, die recherche- und for-
diesen Zeiten der Grenzziehungen von nicht zu unterschätzender
schungsorientiert und partizipativ vorgeht und so etwas wie die Zu-
Bedeutung sind, so darf sich die internationale Aktivität der Kinder-
kunft eines Theaters für ein junges Publikum abbilden kann.
und Jugendtheatermacher in der ASSITEJ nicht als Ausweis eigener Weltläufigkeit erschöpfen oder lediglich als Bestätigung selbst ent-
Intensiver Austausch mit China
wickelter Ausdrucksweisen in Ästhetik und Haltung herhalten. Ein
Das Gastspiel des Theaters Strahl mit dem Text „Weissbrotmusik“,
Interesse am Austausch von Gastspielen und an künstlerischen Ko-
bereits 2015 mit einer Einladung zu Augenblick Mal ausgezeichnet,
operationen über die nationalen Grenzen hinaus schärft schon ein-
stieß bei der Kritikerriege in Bukarest auf ein skeptisches Echo.
mal durch den Außenblick den Blick auf das Eigene neu. Der Blick
Scheint doch dort zeitgenössisches Schauspiel einherzugehen mit
nach China zum Beispiel könnte dazu Fragen aufwerfen, wie nach
expressiven hochpoetischen Setzungen in Ästhetik sowie abstrahie-
der Bedeutung der Kräfte von Ritualisierungen wie Formalisierun-
renden und philosophierenden Textdiskursen im Thema. Feinripp-
gen, nach Entertainmentkulturen im Theater für ein junges Publi-
hafte Alltagsstudien in höchst reduzierter Theatersprache mit wi-
kum auf der großen Bühne, nach dem Artistischem, also auch nach
dersprüchlichsten Figurenzeichnungen wie in dem Salzmann-Text
so etwas wie „Können“ sowie nach erweiterten Ausdrucksstrategien
kommen da nicht so an. Ganz im Gegenteil zum Gewinner des Kri-
des Emotionalen über die Sprache hinaus.
tikerpreises auf diesem Festival: „Heartbeat“, eine koreanische Percussionperformance9, die im Musicalstyle typische Jugendthemen
Mitarbeit: Christian Schönfelder, Dramaturg am Jungen Ensemble Stuttgart.
verhandelt und der es an artistisch-rhythmischen Showelementen nicht mangelt. Das Interesse des rumänischen Kinder- und Jugendtheaters an internationalen Kontakten wird so sichtbar. Die Kuratorin dieses Gastspielprogramms betonte aber auch das Interesse Chinas: „Nach der Unterzeichnung des chinesisch-rumänischen Kulturabkommens 2014 wurde der interkulturelle Dialog verstärkt und der Austausch durch Tourneen, Workshops, Künstlerresidenzen und Gemeinschaftsproduktionen vorangetrieben. Vor allem der handwerkliche Variantenreichtum in der technischen Figurenführung im osteuropäisch-frankophilen Puppentheater wurde studiert, aber auch komplexe Figurengestaltung und neuere, offenere
Thomas Lang ist Theaterlehrer, Regisseur und Vorsitzender des Kuratoriums des Kinder- und Jugendtheaterzentrums in der Bundesrepublick Deutschland. 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Timisoara, Cluj, Chisinau, Braila, Craiova, Sibiu https://luceafarul-theatre.ro http://www.huntheater.ro https://www.teatrulioncreanga.ro/en/festivaluri/the-international-theatre-festival-for-children100-1-000-1-000-0000-stories http://www.teatrul-excelsior.ro/teen-fest/ http://cristinamodreanu.com/cristina-modreanu https://arcub.ro/ Siehe auch XYZ 2013 Donghwa Tree Theatre, Seoul, Korea
18 | IXYPSILONZETT | 02.2018 | SCHWERPUNKT
Zertifikatskurs
Biografisch-dokumentarisches Theater:
REGIE UND DRAMATURGIE
Künstlerische Leitung: Gudrun Herrbold, Amelie Mallmann
9. Feb 2019 – 22. Sep 2019
Tickets: (0251) 59 09--100
von Jens Rasschke • Regie: Thomas Hollaender • ab b 10 Jahren • 7.10.2018
MEISTERDETEK TIV K ALLE BLOMQUIST nach Astrid Lindgren • Regie: Ulrich Peters • ab 6 Jahren • 25.11.2018 von Moritz Eggert und Heiko Hentschel • Regie: Frank Röpke • ab 5 Jahren • 3.2.2019
GESPR ÄCHE MIT A STRONAUTEN von Felicia Zeller • Regie: Gregor Tureček • ab 14 Jahren • 15.3.2019
SCHÖNE NE EUE WELT (BR AVE NEW WORLD) TheaterJugendOr e chester-Projekt • von Achim Gieseler und Volker Ludwig nach Aldouss Huxley • ab 14 Jahren • 28.4.2019
EIN KÖNIG ZU VIEL von Gertrud Pigor • Regie: Frank Röpke • ab 4 Jahr hren • 5.5.2019
RICO, OSK AR UND DIE TIEFERSCHAT TEN von Andreass Steinhöfel • Regie: Angelika Schlagheck hecken • ab 8 Jahren
DA S SPIELZEUG SCHL ÄGT ZURÜCK I Impr othe th atters e tück tü k • Regie: i Nils Petter M Mørland l d • ab b 6 Jahren
HOCH UND HÖHER → UA Ein musikalischer Höhenflug • Regie: Julia Dina He eße • 1 bis 3 Jahren
KR ABBELKONZERT → UA Konzeption: Julia Dina Heße für Eltern un nd Babys von 8 Wochen bis 1 Jahr
→ theater-m uenster.com
Foto: Oliver Berg
WA S DA S NA SHORN SAH, A L S E S AU F D I E A N D E R E S E I T E D E S Z AU N S S C H AU T E
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ZWISCHENRUF | IXYPSILONZETT | 02.2018 | 19
FÜR EINEN WEISSEN JIM KNOPF Und gegen eine Besetzung nach Hautfarbe Von Joscha Schaback
Darf man Jim Knopf mit einem weißen Schauspie-
ein Thai-Restaurant spielt. Ungehört blieb die künstlerische Begrün-
ler besetzen? Birte Werner forderte in der letzten
Drache“ basiert, hat nur fünf Darsteller, die sich in 25 Rollen ver-
Ausgabe mehr Diversität auf deutschen Bühnen.
wandeln, darunter ist ein alter (deutscher) Mann, seine Enkelin, ihr
Nur so spiegele sich die Wirklichkeit im Theater. Joscha Schaback findet diese Haltung gefährlich – im Sinne der Freiheit der Kunst.
dung. Das Stück, das auf Roland Schimmelpfennigs „Der goldene
Freund, eine Ameise, eine Grille, zwei Stewardessen und viele andere. Die Inszenierung thematisiert die Austauschbarkeit der Identitäten. Niemand von den Wortführern aus dem Netz hatte die Produktion gesehen. „Wie kann man einem jungen Publikum gesellschaftliche Vielfalt erfahrbar machen, wenn alle weiß besetzt sind?“ fragt Birte Werner. Ich würde die Fähigkeit von Kindern, zwischen Bühne und
Eines vorweg: Ich würde selber Jim Knopf um alles in der Welt mit
Realität zu unterscheiden, nicht unterschätzen. Wenn mein Sohn
einem schwarzen Schauspieler besetzen. Aus künstlerischen Grün-
(10 Jahre) etwas über Abstammung herausfinden will, fragt er seinen
den. Die Geschichte funktioniert dadurch am besten. Birte Werner
Freund Alex aus Kenia oder seinen Freund Nils, dessen Mutter In-
hat Recht: Michael Ende wollte die größtmögliche Selbstverständ-
derin ist. Diversität ist Alltag. Soll ich meine Kinder ins Theater schi-
lichkeit im Umgang mit dem Jungen aus dem Postpaket. Ich würde
cken, damit sie sich einen Ausländer anschauen können? Das Thea-
aber auch aus politischen Gründen schwarz besetzen. Aus Angst vor
ter ist kein Zoo, in dem es drauf ankommt, dass der Tiger der Tiger
Diskussionen, die nicht ins Weihnachtsmärchen gehören. Damit
ist und der Pinguin der Pinguin, sondern eine Bühne, auf der sich
wäre ich bereits Opfer einer öffentlichen Meinung, die zunehmend
eine Mücke in einen Elefanten verwandeln kann und umgekehrt.
die Bühnen beherrscht. Ich finde das gefährlich. Theater muss das
Theater ist Verwandlung, nicht Authentizität. Ein Türke auf der
Recht behalten, einen weißen Jim Knopf-Darsteller schwarz zu
Bühne soll ein Türke sein? Ein Syrer ein Syrer? Ein Schwarzer bleibt
schminken. Ich finde Blackpainting geschmacklos, aber als künst-
immer ein Schwarzer? Ich möchte, dass meine Kinder im Theater
lerische Entscheidung muss ich es akzeptieren. Mehr noch: Es muss
erleben, dass die Welt veränderbar ist, dass man Dinge durchspielen
auch dann möglich sein, wenn nichts damit beabsichtigt wurde,
kann, dass Identitäten durchlässig sind. Der durch die Diversitäts-
wenn es einfach nur eine dumme Idee gewesen ist. Kunst darf
debatte verzerrte Blick auf Hautfarbe, Akzent oder Haare verbaut
schlecht sein und missfallen.
die Möglichkeit einen Menschen hinter dem Phänotyp zu erkennen.
Das Theater hat lange gebraucht, sich aus der Gefolgschaft
Der Fokus auf die äußeren Merkmale überdeckt wichtigere Diffe-
reicher Fürsten und ihrer Repräsentationsansprüche zu lösen. Es
renzen und lenkt davon ab, was uns verbindet: Gemeinschaft, Kul-
hat lange gebraucht, sich aus der politischen Zensur (bürgerlicher)
tur, Respekt und das Recht sich bescheuert zu finden, ohne sich zu
Regierungen zu befreien. In scheinbar liberalen Zeiten legt es sich
schlagen. Ich finde die Diskussion über Diversifizierung selber ras-
selber die Regeln auf, die viel subtiler wirken. Mit sozialer Ächtung
sistisch, denn sie lädt dazu ein, Schauspieler_innen über ihre Ab-
und dem Zwang zur Selbstzensur. In englischsprachigen Ländern
stammung zu beurteilen. Das ist eine Diskriminierung gegenüber
ist die Situation eskaliert. Im Londoner Stadtbezirk Hackney wurde
ihrer Professionalität und gegenüber dem Reichtum ihres kulturellen
vergangenes Jahr eine Tourneevorstellung von Peter Eötvös’ Oper
Hintergrunds.
„The Golden Dragon“ von den Veranstaltern selber abgesagt, nach-
Ich schlage vor, dass wir wieder über Kunst reden. Kunst ist
dem in den sozialen Medien ein Shitstorm losgebrochen war. Der
ein Schockerlebnis jenseits politischer Korrektheit. Kafka hat dazu
Vorwurf: Die Produzenten hätten einen all-white cast engagiert, es
das Bild der „Axt für das gefrorene Meer in uns“ gebraucht. Die Axt
gäbe keine asiatischen Darsteller_innen, obwohl das Stück rund um
kann dreckig sein, verletzend, sie wirbelt unerwartet auf uns zu.
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Theater ist nicht bloß das, was es ist, sondern das, was es auslöst.
aus Mitleid bunter zu besetzen, kann der künstlerischen Qualität
Auch für Kinder. Ich bin für ein unpädagogisches Theater. Meine
schaden und macht vergangene Schuld nicht ungeschehen. Mittler-
Kinder lernen im Ethikunterricht, wie man sich okay verhält. Im
weile besteht die Gefahr, dass das rechtsextreme Lager die Diskus-
Theater sollen sie erleben, dass die Phantasie der letzte Ort ist, an
sion für sich instrumentalisiert. Theatermacher_innen werden sich
dem man sich nicht okay verhalten muss. Das einzige Theaterstück,
dagegen zur Wehr setzen. Behaupten müssen sie sich aber auch
das mein Sohn akzeptiert, ist „The Rocky Horror Show“. Darin wird
gegen die Anschuldigung aus den eigenen Reihen, sie würden un-
bekanntlich getanzt, gelustmordet, mit Reis geworfen. Kinder haben
gewollt Ressentiments verfestigen. Theater wird von einem Milieu
ein Recht auf diese Gegenwelt. Die Diversitäts-Debatte verlangt Sensibilität, weil sie am of-
bestimmt, das sich bemüht, tolerant und offen zu sein. Sich gegenseitig Rassismus vorzuwerfen ist absurd.
fenen Herzen von Menschen geführt wird, die sich verletzt fühlen.
Der Ruf nach einer authentischen Besetzungspolitik ent-
Mit Recht weisen Betroffene darauf hin, dass europäisches Theater
springt dem Bedürfnis nach Gerechtigkeit. Das ist ein gesellschaft-
aus einer weißen, männerdominierten Oberschicht stammt und
lich löbliches Interesse, für die Kunst ist es Gift. Das Theater braucht
dass Eurozentrismus und Diskriminierung noch immer die Gesell-
faire Arbeitsbedingungen, aber auf der Bühne muss es frei sein. Es
schaft bestimmen. Die Debatte verlangt aber auch Vernunft, denn
gibt keine allerletzte Gerechtigkeit in der Kunst. Wer sie durch die Brille der politischen Gleichbehandlung anschaut, wird ihr nicht gerecht. Die Bühne ist ein entregelter Raum. Die Welt umstellt sie mit genügend Regeln. Ich bin für mehr Darsteller_innen aus aller Welt (die Oper ist ohnehin ein internationales Geschäft), ich bin für mehr Theaterleiter_innen mit Migrationshintergrund und für mehr Mitarbeiter_innen jenseits bildungsbürgerlicher Herkunft und ich wünsche mir ein vielfältiges Publikum. Dass es offenbar nicht genug schwarze Darsteller gibt, die Jim Knopf spielen könnten, sollte uns zu denken geben. Bildungspolitisch, kulturpolitisch, sozialpolitisch und in Bezug auf das schrumpfende Hochkulturpublikum. Aber es darf keine künstlerische Prämisse werden. Quotenpolitik muss vor der Bühne halt machen. Vor 70 Jahren haben weise Gründer den Kunstfreiheitsparagraphen im Grundgesetz verankert. Die Freiheit der Kunst ist keine Sache der Auslegung, sie ist keine Sache von öffentlicher Meinung, sie ist keine Sache von politischer Großwetterlage. Sie gehört zu den wichtigsten politischen Grundsätzen des Landes. Künstler_innen restriktiver Nationen schauen mit Hochachtung darauf. Kunstfreiheit moralisch zu untergraben, können wir uns nicht erlauben. Auch nicht, wenn lautere Vorsätze dahinter stehen. Der Autor war Theaterpädagoge, Musiktheater-Dramaturg und Operndirektor. Er arbeitet für die Bühnenabteilung des Schott Verlags.
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DARSTELLENDE KÜNSTE FÜR JUNGES PUBLIKUM: ZUGÄNGE SCHAFFEN, ENSEMBLES STÄRKEN UND STRUKTUREN IMPLEMENTIEREN Eine Stellungnahme des Rates für darstellende Kunst und Tanz im Deutschen Kulturrat zur Studie der ASSITEJ „Zur Lage des Kinder- und Jugendtheaters in Deutschland“
Die Darstellenden Künste machen Angebote für Kinder und Jugend-
beruflicher Qualifikation und hohen Anforderungen deutlich
liche, Familien und Gruppen von Schüler_innen. Das Kinder- und
geringer bezahlt als Mitarbeiter_innen in anderen Sparten.
Jugendtheater in all seiner künstlerischen Vielfalt und thematischen
—
Breite ist ein wichtiger Bestandteil der Theaterlandschaft in Deutschland. Aufführungen im Schauspiel, Tanz, Musik- und Figurentheater für junges Publikum ebenso wie Performances und Theater im
Die Darstellenden Künste für junges Publikum sind zunehmend auf Projektförderung angewiesen. Dies bedeutet regelmäßig eine strukturelle und personelle Überforderung.
—
Abseits von Metropolen fehlen Spielstätten, Auftrittsmög-
öffentlichen Raum entstehen in Stadt- und Staatstheatern, an Lan-
lichkeiten, Gastspielförderung und Vermittlungsangebote,
desbühnen, in den freien Darstellenden Künsten, im Amateur- und
so dass weder ein zuverlässiges und flächendeckendes, noch
Schultheater. Professionelle Darstellende Künste für junges Publi-
ein für verschiedene Altersgruppen differenziertes Angebot
kum sind per se Kulturelle Bildung. Die künstlerische Arbeit mit
gewährleistet werden kann.
und von Kindern und Jugendlichen findet in professionellen Kon-
—
texten ebenso statt wie im Amateur- und Schultheater. Beide ergän-
Professionelle Produktionen der Freien darstellenden Künste, die (auch) ein junges Publikum ansprechen, sind für die
zen und inspirieren einander. Vermittlungsangebote und Tanz-/
freien Tanz- und Theatermacher_innen in Deutschland von
Theaterpädagogik sowie Projekte im Theaterunterricht an Schulen
zentraler Bedeutung. Das künstlerische Schaffen im Bereich
erweitern die Arbeit der Theater und schaffen Zugänge für Kinder,
der Kulturellen Bildung, oftmals projektfinanziert und mit
Jugendliche, Familien und Multiplikator_innen.
geringen Honorarsätzen, wird dabei jedoch zumeist als zu-
Festzustellen ist aber, dass die vorhandenen Infrastrukturen,
sätzliche Aufgabe wahrgenommen und eher nicht in das
Förderinstrumente und finanziellen Ressourcen dem besonderen Stellenwert des jungen Publikums und dem Engagement und der Pro-
künstlerische Programm integriert. —
fessionalität der dort tätigen Künstler_innen nicht gerecht werden.
Aktivitäten der Amateurtheater sprechen vermehrt Kinder und Jugendliche als Akteure und Publikum an, häufig ohne vor Ort
Aktuelle Statistiken des Deutschen Bühnenvereins, des Ver-
auf professionelle Strukturen (Theater, Produktionshäuser) als
bandes der Kinder- und Jugendtheater (ASSITEJ) und des Bundesver-
Bezugspunkte ihrer Arbeit zurückgreifen zu können.
bandes Freie Darstellende Künste (BFDK) bestätigen aus unterschiedlichen Perspektiven folgende zentrale Ergebnisse, aus denen wir
Der Rat für darstellende Kunst und Tanz im Deutschen Kulturrat
Forderungen an die Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik ablei-
fordert daher:
ten: 1. —
… Tanz und Theater mit Kindern und Jugendlichen sowie
In den Darstellenden Künsten für junges Publikum sind an
für junges Publikum als kulturpolitische Schwerpunktset-
den Stadt- und Staatstheatern im Verhältnis zum Gesamtbe-
zung in der Theaterlandschaft Deutschlands und in allen
trieb wenige Mitarbeiter_innen beschäftigt, die eine hohe An-
Tanz- und Theaterverbänden zu formulieren, auf allen poli-
zahl von Produktionen, Vermittlung und begleitenden Ange-
tischen Ebenen zu konzeptionieren und in allen Praxen der
boten für Kinder, Jugendliche und Multiplikator_innen
Darstellenden Künste umzusetzen, um jedem Kind und
anbieten. Oftmals werden diese Mitarbeiter_innen bei gleicher
jedem Jugendlichen mindestens zwei Mal im Jahr ein Tanz-
22 | IXYPSILONZETT | 02.2018 | DOKUMENTE
und Theatererlebnis zu ermöglichen. Rezeption, Produktion
als künstlerisches Schulfach und der Dialog mit anderen
und Partizipation sind in den Darstellenden Künsten für
Akteuren der kulturellen Bildung vor Ort. Kommunale
und mit Kindern und Jugendlichen eng verbunden!
Strategien und Bildungspläne auf Landesebene müssen die Voraussetzungen schaffen, um jedem Kind und jedem Ju-
2.
… die Schaffung professioneller „Produktionszentren für die
gendlichen in Deutschland mindestens zwei Theaterbesu-
Darstellenden Künste für junges Publikum“, insbesondere
che pro Jahr zu ermöglichen!
auch für den Tanz mit seinen spezifischen Bedingungen! Nur so wird eine weitere Professionalisierung und quantita-
7.
tive Ausweitung dieses sich dynamisch entwickelnden Be-
3.
… den Ausbau der vorhandenen Gastspielförderung des Nationalen Performance Netzes (NPN) insbesondere für Produktio-
reiches ermöglicht. Nur so werden bestehende strukturelle
nen für junges Publikum und die Entwicklung ähnlicher, wir-
Defizite ausgeglichen und Expertise gebündelt.
kungsvoller Instrumente auf Länderebene! Dabei sollen
… dass die Stadt- und Staatstheater sowie die Landesbühnen
Vorgaben für Honoraruntergrenzen ebenso berücksichtigt wer-
ihrer Verantwortung für ein differenziertes, ganzjähriges
den wie eine angemessene Finanzierung für Produktionsdra-
Programm für junges Publikum gerecht werden. Dabei sind
maturg_innen, Organisation sowie begleitende Vermittlung
Tanz, Theater, Performance, Figurentheater, sparten- und
und eigenständige tanz- und theaterpädagogische Formate.
genreübergreifende Formate zu berücksichtigen. Die Rechtsträger der Theater sind aufgefordert, dafür zusätzliche
8.
… die größere fachliche Reflexion der Aufführungspraxis mit
personelle, strukturelle und finanzielle Ressourcen zur Ver-
Kindern und Jugendlichen im Dialog mit der Arbeit profes-
fügung zu stellen.
sioneller Tanz- und Theaterschaffender innerhalb der Theaterlandschaft und ihrer Verbände!
4.
… die verstärkte Förderung von Kinder- und Jugendtheater in allen Förderprogrammen für die freien Darstellenden
9.
Künste!
… die curriculare Verankerung der Darstellenden Künste für junges Publikum in der Aus- und Weiterbildung von Choreograph_innen, Dramaturg_innen, Figurenspieler_innen,
5.
… die Schaffung von Spielstätten in Klein- und Mittelstädten
Regisseur_innen , Schauspieler_innen, Tänzer_innen, Thea-
mit entsprechender finanzieller Ausstattung, die niedrig-
terpädagog_innen und anderen Berufsfeldern!
schwellig für verschiedene Publikumsgruppen zugänglich sind und flexibel bespielt werden können sowie professionell für alle Kunstsparten ausgestattet sind!
10.
… dass die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Darstellenden Künste für junges Publikum und ihres Beitrags zur Theaterlandschaft in Deutschland sich in einer angemesse-
6.
… die Entwicklung kommunaler Konzepte für ganzjährige
nen Bezahlung der Akteur_innen, einer besseren finanziel-
Programme der Darstellenden Künste für Kinder und Ju-
len Ausstattung ihrer Strukturen und einer breiten Anerken-
gendliche verschiedener Altersgruppen! Das Programm
nung ihrer künstlerischen Leistungen abbildet!
muss professionell betreut und kuratiert sein und sollte alle klassischen Sparten sowie interdisziplinäre Spielarten der
Köln, den 2. Mai 2018
Darstellenden Künste zeigen. Damit einhergehen muss eine intensive Zusammenarbeit mit Schulen, die Verankerung in
Rat für darstellende Kunst und Tanz im Deutschen Kulturrat:
den Curricula, die Verankerung der Darstellenden Künste
www.kulturrat.de/ueber-uns/rat-fuer-darstellende-kunst-und-tanz/
BEITRÄGE | IXYPSILONZETT | 02.2018 | 23
STARKE PARTNER IN DER PROVINZ Anmerkungen zu einer Tagung am Landestheater Memmingen Von Manfred Jahnke
Das Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim und das Landestheater Schwaben diskutierten in Memmingen „Künstlerischer Vielfalt und kulturelle Teilhabe als Programm? Perspektiven für Theater in der Provinz“. und welche noch entwickelt werden müssen. „Kulturelle Teilhabe ist ein Menschenrecht, Theater in der Provinz ein kulturpolitischer Auftrag.“, fasste Schneider diese Diskussion zusammen. Es gibt nicht die Provinz, es gibt Räume, die gegenüber den Verdichtungsräumen um die großen Städte im Nachteil scheinen, wie Thomas Renz betonte: „Es besteht die Gefahr, dass die ländlichen Räume kulturell abgehängt werden.“ Dass spezifische Kommunikationsräume erst geschaffen, lokale kulturelle Eigenarten wie Vereinskulturen mit einbezogen werden müssen, wenn künstlerische Teilhabe vor Ort praktiziert werden soll, zeigten Praxisberichte aus dem „trafo“-Programm der Bundeskulturstiftung, das gezielt Kultur im ländlichen Raum fördert. Anschaulich zeigten die Berichte von der Schwäbischen Alb, wie wichtig es ist im Zusammenspiel „Theater ist für alle da! Wo auch immer Menschen leben! Sie haben
mit kommunalen Repräsentanten lokale Strukturen zu nutzen, um
das Recht auf Zugang! So ist das in einer Demokratie!“ Mit diesen
partizipative Möglichkeiten zu schaffen. Natürlich konnte es in den
Imperativsätzen eröffnete Wolfgang Schneider die Tagung. Zwei Im-
Gesprächen nicht ausbleiben, dass insbesondere die Vertreter von
pulsreferate, sowie fünf hochkarätig besetzte Gesprächsrunden,
Landesbühnen sich an der Frage rieben, wie denn sich „Kunst“ ver-
mit Persönlichkeiten aus den unterschiedlichsten Verbänden – u.a.
mitteln lasse. Glücklicherweise blieb die Konfrontation von „Kunst“
dem deutschen Bühnenverein, der Interessengemeinschaft der
und „Soziokultur“ die Ausnahme, wichtiger war allemal die Vernet-
Städte mit Theatergastspielen, dem Bund der Theatergemeinden,
zung der unterschiedlichen Akteure (Verbände) im ländlichen
dem Bundesverband Freie Darstellende Künste oder dem Bund
Raum. Oder, wie es Anna Eitzeroth formulierte: „Wir müssen aus
Deutscher Amateurtheater – klärten Begriffe wie „Provinz“ oder
diesem Abgrenzungsdenken heraus, das meint, dass Soziokultur
„Partizipation“. Zugleich entwickelte sich diese Tagung zu einer Be-
auf keinen Fall Kunst sei.“
standsaufnahme der Aktivitäten im ländlichen Raum, die beeindruckend immer wieder aufzeigten, über welche Potentiale die „Pro-
Sichtbar machen was künstlerisch möglich wäre
vinz“ verfügt, wie vielfältig sie ist, wie wichtig die Vernetzung der
Wenn bei diesem ersten Abtasten der diversen Verbände, die sich
Akteure ist, welche kulturpolitischen Perspektiven schon existieren
allesamt dem Theater und dem ländlichen Raum verpflichtet fühlen, also kulturpolitisch am gleichen Strang ziehen, auch das Kinder-
Fotos: Claudia Herzog-Kaiser
und Jugendtheater im ländlichen Raum nicht im Zentrum stand, so
Fotos: Claudia Herzog-Kaiser
zeigte nicht nur Anna Eitzeroth, die für die ASSITEJ „Wege ins Thea-
sich nicht nur professionelle Theatermacher_innen zusammen
ter“ koordiniert, auf, wie wichtig die Nachhaltigkeit der Programme
getan, um vor Ort mit den unterschiedlichsten, vor allen Dingen
von Bund und Ländern eingefordert werden muss, „um kulturpoli-
aber partizipativen Formaten zu arbeiten und die vorhandenen Ein-
tisch kenntlich und sichtbar zu machen, was künstlerisch möglich
richtungen wie Bibliotheken, Musikschulen und kleine Galerien mit
wäre“. Noch mehr wurde in den Anmerkungen von Naemi Zoe Keu-
einzubeziehen. Ausstellungen wie performative Aktionen finden da
ler vom Landesverband Amateurtheater Baden-Württemberg deut-
gleichermaßen Berücksichtigung, ebenso wie Erzähl- oder szeni-
lich, welches gewaltige Potential hier vorliegt. 2017 waren in diesem
sche Projekte, die sich mit der Geschichte eines Ortes auseinander
Verband 636 Mitgliedsbühnen organisiert, die in ca. 14.000 Vorstel-
setzen. Modellhaft ist diesen Projekten eingeschrieben, dass sie die
lungen ca. 2.095.000 Zuschauer_innen erreichten. 2/3 der Mitglie-
verschiedenen Generationen gemeinsam mit ihren unterschiedli-
der sind im ländlichen Raum verortet. Von den 636 Amateurtheatern
chen Erfahrungen und Perspektiven agieren lassen.
bieten ca. 82 % Aktivitäten für junges Publikum an, in Form von Aufführungen für Kinder oder als Aktivitäten mit, bzw. von Kindern. Naturwüchsig hat sich dabei eine enge Beziehung zu profes-
Wenn Landestheater, Freie Gruppen und Amateurtheater sich wirklich um eine nachhaltige Kooperation bemühen, dann kann das dem Publikum im ländlichen Raum nur nutzen. Schließ-
sionellen Theaterkünstler_innen aus den Bereichen Theaterpädago-
lich ist das Theater für die Menschen vor Ort da. Und das Schöne
gik, Regie, Musik und Schauspiel entwickelt. Ca. 240 – 250 profes-
dabei ist, wenn man sich intensiv darauf einlässt, dann verändern
sionelle Künstler_innen werden jährlich von Amateurtheatern in
sich in den Kooperationen auch die Institutionen selbst. Dazu gehört
Baden-Württemberg engagiert, um in Kursen und Workshops wich-
aber auch, das Wagnis des Experiments einzugehen und Modelle
tiges Knowhow zu vermitteln oder als Gast Regie zu führen. Wenn
einer Kooperation nicht nur zu generieren, sondern auch geduldig
Keuler feststellt, „das Amateurtheater hat eine andere Ästhetik als
auszuprobieren. Wenn es gelingt, eine gleichberechtige Basis zwi-
das professionelle Theater, und zwar bewusst“, ist dem nicht zu wi-
schen den diversen Institutionen und Verbänden in der Arbeit für
dersprechen, aber gilt das auch für das Theater für ein junges Publi-
und mit einem (jungen) Publikum herzustellen, dann ist ein we-
kum? Alle Aktivitäten, die jenseits einer Bespaßungskultur verortet
sentliches demokratisches Prinzip realisiert – eine wichtige Voraus-
sind, gehören gebündelt. Längst können die drei baden-württember-
setzung für die angestrebte Partizipation, die sich nur in einem ge-
gischen Landesbühnen nicht alle Wünsche ihrer Publika im ländli-
meinsamen gleichberechtigen Diskurs herstellen kann.
chen Raum erfüllen, weil es deren Möglichkeiten kapazitätsmäßig
Die Tagung in Memmingen ist ein Anfang. Erstmalig saßen
übersteigt. Da drängt sich eine Kooperation mit den vorhandenen
die Vertreter_innen der verschiedenen Verbände zusammen. Einig
Strukturen vor Ort auf, vor allen Dingen der Aufbau wechselseitiger
waren sich alle in der Notwendigkeit der Kooperation und in der For-
Kommunikation, in der man sich auf gleicher Augenhöhe begegnet.
derung, die Anna Eitzeroth wie folgt formulierte: „Wir müssen Theater wieder als Ort der gesellschaftlichen Aushandlung und des ge-
Kooperieren und partizipative Formate entwickeln
sellschaftlichen Austausches etablieren.“ Ein euphorischer Beginn,
Wenn die Forderung, dass jedes Kind in der Bundesrepublik min-
dem nun Taten folgen sollten.
destens zwei Mal im Jahr die Chance hat, eine Theateraufführung zu besuchen, auch im ländlichen Raum gelten soll, müssen hier die verschiedenen Verbände zusammenarbeiten, um ein entsprechen-
Dr. Manfred Jahnke ist Kritiker und Lehrbeauftragter am Institut für
des Angebot zu schaffen. Das kann nur in der gegenseitigen Ergän-
Theaterwissenschaft an der LMU München (Dramaturgie des Kinder-
zung geschehen: in einer gemeinsam erarbeiteten Konzeption einer
und Jugendtheaters) und an der Staatlichen Hochschule für Musik und
„kulturellen Bildung“, in der zwangsläufig Theater nur ein Teil sein
darstellende Kunst Stuttgart, Abteilung Figurentheater (Dramaturgie des
kann. „trafo“ macht es auf der Schwäbischen Alb vor: Hier haben
Figurentheaters).
Zeitschrift für Theater und Politik
Das Arbeitsbuch zum Figuren- und Objekttheater Wie kaum ein anderes Genre der darstellenden Künste hat sich das zeitgenössische Figuren- und Objekttheater in den letzten Jahrzehnten stets neue ästhetische Felder erobert. „Der Dinge Stand“ legt nun erstmalig konsequent den Fokus auf die vielschichtigen Verbindungen seiner performativen Spielformen und -materialien zu gesellschaftlichpolitischen Phänomenen.
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In ihrer Performance Chicks*United eröffnet das Kollektiv Chicks* eine Debatte um Machtstrukturen, die sich aus Betrachtungen und scheinbaren Gewissheiten über das weibliche Geschlecht ergeben. Eine Debatte die so seit den 1970er Jahren nicht mehr geführt wurde.
„WILLKOMMEN IN UNSEREM SCHAMBEREICH“ Eine feministische Performance mit Mädchen und Frauen aus Bremen Von Carmen Grünwald-Waack Die Tür vor mir öffnet sich. Eine Hand streckt sich mir entgegen und
zen Linien skizziert. Die äußeren Geschlechtsorgane des Mannes sind
geleitet mich in einen dunklen Vorraum. „Willkommen zur Enthül-
präzise abgebildet, die äußeren Geschlechtsorgane der Frau nicht.
lung des unsichtbaren Geschlechts“. Ich werde alleine in einem
Dieses Bild wurde ins All geschickt, in der Hoffnung, dass
engen Gang stehengelassen und taste mich weiter. Von der Decke
möglicherweise außerirdische Intelligenz es irgendwann finden
hängen Vorhänge aus Fäden durch die ich mich schlängele. Der Gang
würde und verstehen könnte, wie es auf der Erde so zuginge. Diese
führt immer wieder um Ecken in denen ich jemandem begegne. Hier
Abbildung sollte stellvertretend stehen für die gängige Version des
wird mir eine Lustperle angeboten, dort führt eine Performerin mei-
menschlichen Lebens? Nicht nur, dass dabei ein ausschließlich paar-
nen Finger in eine aufgeschnittene Kiwi ein. Erst pelzig und dann
weises System vorgestellt wird, in dem die biologischen Geschlech-
weich, eng und matschig. „Willkommen in unserem Schambereich“.
ter von Mann und Frau als Norm vorausgesetzt werden, darüber hi-
Ich bin sofort mit allen Sinnen angesprochen: Ich taste, ich
naus wird das weibliche Geschlechtsorgan als Leerstelle markiert.
schmecke, ich höre. Flüsternde Stimmen bilden einen Klangtep-
Wurde dieses Bild ins All geschickt, ohne dass darüber nach-
pich. Ich sehe einzelne hellere Inseln in einem dunklen Ausstel-
gedacht wurde, dass auch die weiblichen äußeren Geschlechtsorgane
lungsraum. Ich bilde mir sogar ein, dass ich Spaghetti mit Toma-
abbildungsfähig sind? Ein einfacher kleiner Strich, begonnen an der
tensauce riechen kann. Wenn ich etwas wissen will von den geflüsterten Geschich-
Stelle an der die Oberschenkel zusammentreffen, senkrecht nach oben, hätte doch ausgereicht, die Vulva der Frau zumindest anzudeuten. Dar-
ten der Performerinnen, dann muss ich mich ganz nah an sie heran
stellungen aus der Steinzeit oder Antike hätten sogar zahlreiche weitaus
begeben. Dann hocke ich mich neben einen Berg mit Plüschtieren
explizitere Vorlagen für die Darstellung der Vulva geboten…
und halte mein Ohr ganz nah an die kleine Lautsprecherbox, aus
Aber nein. Dieses Bild wurde ins All geschickt. Ein in Alu-
der die Stimme aus dem Inneren des Pelzhaufens verstärkt wird.
minium eingraviertes Bild. Welches Expert_innen-Team hat darüber
„Ich schäme mich dafür, dass ich immer noch nicht abgenommen
nachgedacht, wie diese Platte aussehen sollte? Ein Mann und ein
habe, wenn mein Vater von der Dienstreise nach Hause kommt…“
geschlechtsloser Mensch. Ein Mensch, der etwas Geheimes und Un-
Ja, stimmt. Da war doch was. Ich schäme mich auch. Ich er-
erforschtes, etwas nicht Darstellbares oder gar Unwichtiges anstelle
innere mich. Ich dachte manchmal, dass es nur mir so geht. Ich
eines zu benennenden weiblichen Genitals zu haben scheint. Ein
dachte immer wieder, dass es eine Phase ist, die vorbei geht. Aber
Mensch, dessen Geschlechtsmerkmale unvollständig abgebildet, ge-
nein, da war doch was.
zeichnet und benannt werden. Das haben die Verantwortlichen doch nicht aus Versehen gemacht.
Zum Beispiel diese Geschichte aus der Weltraumfahrt:
Genauso wenig wie John Harvey Kellogg, der sein Interesse
Vor 46 Jahren entsandte die NASA mit der Raumsonde Pioneer 10
für Cornflakes irgendwann verlor und Experimente durchführte,
eine in eine Aluminiumplakette eingravierte Abbildung zweier nackter
um Frauen vom Onanieren abzuhalten, in dem er ihre Vulven mit
Menschen: eine Frau und ein Mann. Beide sind mit einfachen schwar-
reiner Karbolsäure verätzte. Und nein: Masturbation verursacht bei
Fotos: Anja Segermann
Frauen weder Gebärmutterkrebs oder Epilepsie noch allgemeine
fungsakt ironisch kommentierte und Valie Export mit ihrem Tapp
mentale oder physische Instabilität. Oder die vielen Hexenprozesse,
und Tastkino. Die chicks* haben in der Tradition feministischer Per-
in denen die Vulva als Teufelsmal zur Identifizierung von Hexen
formances eine Mission: den Frauen-Unterleib endlich positiv sicht-
„entdeckt“ wurde.
bar zu machen.
Fragen stellen, statt Scham auszulösen
Von der Installation zur Konfrontation
Geschichten, die Schamgefühl auslösen? Geschichten, die erst pas-
Wir werden eingeladen in eine Ausstellung, zu einer Show, zu einem
sieren und dann weiter publik gemacht wurden, damit wir uns schä-
Ritual, zu einem Fest, zu einer Diskussionsveranstaltung, eingeladen
men? Geschichten von vielen, genau wie die, die in Zeitungen und
in ein weibliches Kollektiv. Eingelassen werden wir in sehr intime
diversen Zeitschriften, im Kino, in Biologiebüchern für Schule und
Schambereiche. Die Erfahrung Anderer wird zur Grundlage eines
Alltag, in Werbung, in Interviews, innerhalb wissenschaftlicher
Settings für unsere eigene Erfahrung. Uns werden Mechanismen,
Überlegungen, auf YouTube immer und immer wieder erzählt wer-
Verhaltenskodexe und subtile Gesten präsentiert. Darüber werden
den. Das weibliche Geschlechtsorgan wird nicht nur als Auslöser
ganz perfide Macht- und Kommunikations-Strategien offengelegt:
von Scham betrachtet. Es wird sogar „Scham“ genannt. Die Vulva
Ein provozierender Blick, eine aufrechte Körperhaltung, verschränkte
wird als Loch, als Leerstelle, als Fehlen von etwas beschrieben, wie
Arme, das Kauen einer riesigen Portion Spaghetti mit offenem
von Mithu M. Sanyal sehr anschaulich in der Kulturgeschichte der
Mund, ein allgemein unhinterfragtes Handeln und weitere. Aus einer
Vulva zusammenfasst.
installativen wird eine konfrontative Situation entwickelt, die sich in
Wie konnten all diese an diesen Geschichten Beteiligten davonkommen, fragen die chicks*. Sie machen Schluss mit der
eine interaktive Situation verwandelt. Ein Stück zum Schmunzeln, zum Lernen, zum Schämen,
Sprachlosigkeit. Sie verschaffen sich Gehör. Sie benennen diverse
ein Stück das Mut macht, sich mit anderen zusammenzutun und
Unterschlagungen laut und deutlich. Sie füllen Leerstellen und fin-
die Schulbiologiebücher zu revolutionieren, ein Stück, das wütend
den neue Worte. Denn wie schon die Psychoanalytikerin Harriet Ler-
macht, eines das einlädt, ein Stück das feiert, was lange Zeit unter-
ner kritisiert: Wofür wir keine Sprache haben, dafür haben wir kein
drückt und unsichtbar gemacht werden sollte: die Vulva. Endlich
Konzept. Die chicks* finden sowohl das eine als auch das andere.
ein mutiges Stück. Ein Stück zum Lachen und zum laut Singen. Ein
Dabei haben sie keine absolute Wahrheit für sich gepachtet, sondern
feuchtes Stück. Ein nachdenkliches Stück. Ein Stück, das auch dort
beschreiben stets aus ihrer persönlichen Perspektive. Sie teilen ihre
anfängt, wo von der Torte nichts mehr übrig ist.
Erfahrung und laden ein, Erfahrungen zu teilen. Und sie stellen immer wieder Fragen:
Mit von Sahne und Marmelade verklebten Lippen sitze ich zum Schluss in einer riesigen Vulva zwischen all den anderen Gäs-
„Warum weiß ich nicht, dass das Jungfernhäutchen eine Kon-
ten und merke, wie schön Vulva doch klingt, wenn alle zusammen
struktion ist? Warum lerne ich in der Schule nur etwas über Hetero-
das in den Raum hinein singen. VUUULVAAAAAAA. Ich denke da-
sex? Warum weiß ich nicht, wie die einzelnen Teile meiner Vulva hei-
rüber nach, dass schon viel passiert ist, seit sich die Frauen in den
ßen? Warum weiß ich nicht, dass die Möse unterschiedlich viel
70er Jahren in Selbsthilfegruppen trafen um sich ihre Vulva im Spie-
Schleim produziert? Warum weiß ich nicht, dass Frauen ejakulieren
gel anzusehen. Und darüber, wie viel mehr noch passieren wird…
können? Wen muss ich vor der Menstruation schützen und warum?“ Ihre Vorbilder: Annie Sprinkle mit ihrer Performance Pu-
Carmen Grünwald-Waack ist Gründungsmitglied des Performance-Kol-
blic Cervix Announcement, bei der sie dem Publikum Einblick in
lektivs FräuleinWunder AG und freie Regisseurin, lehrt Darstellendes
ihren Muttermund über ein Spekulum live präsentierte, Carolee
Spiel an der Universität Hannover und ist Jurymitglied des Theatertref-
Schneemann, die mit Interior Scroll den künstlerischen Schöp-
fens der Jugend.
28 | IXYPSILONZETT | 02.2018 | BEITRÄGE
THEATER AN SCHULEN WEITER STÄRKEN! Ein Interview mit der baden-württembergischen Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann
Welche Rolle spielt das Kinder- und Jugendtheater im Schulalltag in Baden-Württemberg? Die kulturelle Bildung an den Schulen wäre ohne Theater nicht vorstellbar. Dabei denkt man zunächst an die klassischen Theater-AGs. Aber auch in anderen Fächern wie Deutsch, Fremdsprachen oder Musik spielen theaterpädagogische Methoden eine Rolle. Die Bedeutung des Theaters lässt sich also nicht groß genug einschätzen. Wir brauchen ein Theater für unsere Jugendlichen, das die Themen aufgreift, die unsere Gesellschaft und damit auch unsere Jugendlichen beschäftigen, eines, das hilft, eine eigene Meinung zu entwickeln und die eigene Stellung in der Gesellschaft zu finden. Insofern werden die Aufgaben des Theaters immer anspruchsvoller und wichtiger – deshalb möchten wir das Thema an unseren Schulen noch weiter stärken. Dazu gehört die finanzielle Förderung von Theaterprojekten, aber auch die Unterstützung von Schulen und Vereinen, die im Amateurtheater zusammenarbeiten. Dort sind es insbesondere die Ganztagsschulen bei denen ich großes Potenzial sehe, Schule und Theater zusammen zu bringen. Wir achten sehr darauf, regelmäßig mit verschiedenen Akteuren aus der Theaterlandschaft ins Gespräch zu kommen. Dafür haben wir beispielsweise einen „Kontaktkreis Theater“ oder die Gesprächsreihe „Schule und Kultur“.
Was sind Ihre Erfahrungen mit dem Theater für junges Publikum und warum sollte es in jedem Schuljahr Begegnungen mit den Foto: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg
Anläßlich der Veröffentlichung der ASSITEJStudie „Zur Lage des Kinder- und Jugendtheaters
Darstellenden Künsten geben? Die meisten Jugendlichen gehen in der Regel mit ihrer Klasse in eine Theatervorstellung. Dort begegnen ihnen Geschichten, in denen sie sich wiederfinden können und sich in ihrer Persönlich-
in Deutschland“ befragte die ASSITEJ Baden-
keit ernstgenommen fühlen. Die Theatermacher entwickeln für
Württembergs Kultusministerin zur Bedeutung
weiter zu bearbeiten. Die Schülerinnen und Schüler werden an-
des Kinder- und Jugendtheaters an den
geregt, sich mit aktuellen gesellschaftsrelevanten aber auch per-
Schulen des Landes.
dabei eine Reihe von Fragen, wie beispielsweise: Wie reagieren
die Schulen vielfältige Ideen und Angebote, das im Theater Erlebte
sönlichen Themen auseinanderzusetzen. Bestenfalls ergeben sich
BEITRÄGE | IXYPSILONZETT | 02.2018 | 29
wir, wenn wir vor lebensverändernde Entscheidungen gestellt wer-
schon früher aktiv mit Theater beschäftigen möchte, kann an Thea-
den? Was gibt uns Halt? Auf wen kann und möchte ich mich ver-
ter-AGs oder Theaterprojekten teilnehmen. Durch das Schulthea-
lassen? Wie gehen wir mit Veränderungen in unserer Welt um?
terprogramm des Landes können Workshops mit Fachleuten aus
Was bedeutet Heimat für uns? Über diese spielerische Auseinan-
der Theaterpädagogik oder ganze Theaterfestivals an den Schulen
dersetzung können sie die Realität erproben. Gerade diese persön-
organisiert werden. Hilfe bei der Umsetzung dieser Projekte er-
lichkeitsbildende Komponente macht eine regelmäßige Begeg-
halten die Schulen von Theatermultiplikatoren, die wir fördern.
nung mit den Darstellenden Künsten wünschenswert. Dennoch
Anregungen und konkrete Beispiele, wie Theater an die Schule
wollen wir den Schulen hier keine Vorgaben machen. Sie sollen
kommen kann, haben wir außerdem in einer Broschüre zusam-
eigenständig entscheiden, in welcher Häufigkeit sie solche Ange-
mengestellt. Und selbstverständlich gibt es auch zum Thema Thea-
bote anbieten und für welche Art der Schwerpunktbildung sie sich
ter ein Seminar- und Fortbildungsangebot für Lehrerinnen und
entscheiden.
Lehrer. Damit können wir die Qualität des Theaters an unseren Schulen stärken.
Theater und Schulen nennen immer wieder organisatorische Schwierigkeiten (z. B. Transport) und Finanzierungsprobleme
Sie haben initiiert, dass sich die Kultusministerkonferenz mit
(Eintritt/Transport), die Theaterbesuchen entgegenstehen.
dem Kinder- und Jugendtheater beschäftigt. Was soll Ihrer
Was raten Sie den Beteiligten?
Meinung nach in einem Positionspapier der Länder kulturund bildungspolitisch formuliert werden?
Die Zusammenarbeit aller am Schulleben Beteiligten stellt immer eine gewisse Herausforderung dar. Am besten ist es, aufeinander zu-
In der Tat wäre ein bundesweiter Zusammenschluss wünschens-
zugehen und die organisatorischen Rahmenbedingungen miteinan-
wert, um Kultur und Theater für Kinder und Jugendliche noch wei-
der abzustimmen. Für Theaterbesuche können im Schulalltag zum
ter voran zu bringen. Die Schule ist der einzige Ort, an dem die kul-
Beispiel Projektinseln genutzt werden, weil sie bei organisatorischen
turelle Bildung alle Kinder und Jugendlichen – unabhängig von
Fragen einen größeren Gestaltungsspielraum zulassen. Eine weitere
ihrer sozialen, ökonomischen oder kulturellen Herkunft – erreicht.
Hilfe sind die Schulfördervereine, die auch finanziell unterstützen.
Hier lernen sie die grundlegenden Kenntnisse und Fähigkeiten,
Hilfreich wäre aber auch eine moderate Preisgestaltung der Theater,
um am kulturellen Leben teilhaben zu können. Deshalb werde ich
damit erst gar keine finanziellen Hürden aufgebaut werden.
mich gerne als Botschafterin für Kultur und Theater im Rahmen der Kultusministerkonferenz stark machen. Gemeinsam wollen wir daran arbeiten, das Theater als Lernort in der Schule weiter zu
Darstellendes Spiel ist in anderen Bundesländern Schulfach.
etablieren.
Was werden Sie tun, um mehr Theater für Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen? Die Theaterarbeit ist als Teil der kulturellen Bildung fest im Schul-
Die Fragen stellten Prof. Dr. Wolfgang Schneider und Brigitte Dethier im
leben verankert. Das beginnt bereits im Deutschunterricht mit der
Anschluss an ein Gespräch kurz vor der Eröffnung des Festivals „Schöne
Lektüre von dramatischen Texten und ihrer Interpretation. Seit dem
Aussicht“ im Jungen Ensemble Stuttgart am 5. Mai 2018.
Schuljahr 2012/2013 bieten wir in Baden-Württemberg zusätzlich das Wahlfach „Literatur und Theater“ in der Oberstufe an. Wer sich
30 | IXYPSILONZETT | 02.2018 | BEITRÄGE
üb über be er 3 30 0 Aufführungen uffüh uff ffü rung gen
Rahm ahmenp menpr prog ogramm ogr amm
Workssh hops
Disku ussionen
Veranstalt a er: Gostnerr Hoft Hofthe eaater Info o-Te elefon: 0911 2615 510
15 5. – 24.10.2019 9 Wir freuen uns auf ein vvie ielfälttiges iges FFest estiv tival mit her herausr ausraage genden enden TTheatergruppen heatergruppen auss dem IIn n- und und A Au usland sland so sow wie ie einem fac einem faacett etttenr enre eiichen ichen Rahmenp R ahmenprrog ogrramm ramm an verschiedenen denen Spielstätt Spielstä ttten en in in Nür Nürn nber berg!
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10. Internat 10. Internationa ionalles es Theater Thea h terffestivva val al ffür ür junges junges Publi Publiku kum m iin n Nür Nürnber rnberg
SPIELZEIT 2018/2019
THEATER FÜR JUNGES PUBLIKUM
BURG.NET
SCHAU BURG SCHAU
WEGE INS THEATER | IXYPSILONZETT | 02.2018 | 31
DEN PLATZ EROBERN UND VERTRAUEN SCHAFFEN Eine theatrale Intervention von Kindern mit dem Jungen Staatstheater Braunschweig Von Iris Kleinschmidt
Mit „Platz da! Eine theatrale Platzeroberung“ ermöglichte die ASSITEJ mit ihrem Programm „Wege ins Theater“ Kindern der, vom Theater aus gesehen, gegenüberliegenden Seite der Stadt eine künstlerische Intervention im öffentlichen Raum und versetzte sie in die Lage, einen Platz für sich zu erobern. Obwohl verkehrsberuhigt und als Spielstraße markiert, spielen hier
Platz da! - Eine theatrale Platzeroberung
selten Kinder. Trotz vieler Einrichtungen von und für Menschen
Innerhalb einer Woche stellten wir das Projekt in jeder Klasse der
bleibt der Frankfurter Platz seltsam anonym. Als Teil eines Wohn-
Grundschule „Hohe Stieg“ und damit allen Kindern des Einzugs-
viertels in Folge der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts
gebietes vor. Mit „Platz da! Es ist noch Platz da!“ komponierte Jörg
entstanden, ist er seit 1999 Ziel von Städtebaumaßnahmen, um
Wockenfuß als Musiker eine Projekthymne, in der alle Elemente,
"die Abwärtsspirale in benachteiligten Stadtteilen aufzuhalten und
die wir verwenden wollten, mühelos eine Form fanden. Nun hofften
die Lebensbedingungen vor Ort umfassend zu verbessern“1. Baulich
wir auf die Euphorie des Auftaktes. Aber die Ernüchterung folgte
verändert sich seitdem sehr viel. Sozial werfen das Viertel und spe-
auf dem Fuße. Es gab unterschiedliche Gründe, warum die Kinder
ziell dieser Platz dennoch Fragen auf. Grund genug für die Autorin,
wegblieben. Die meisten Kinder verbrachten ihre Freizeit auch wei-
als Vermittlerin im Jungen Staatstheater Braunschweig ein Mandat
terhin im Alltag der Nachmittagsbetreuung. ABER: Ein paar waren
der Intendanz zu erbitten und Verbündete (das Quartiersmanage-
doch neugierig. Schließlich setzte sich das Sofa der „VieleSophen“
ment plankontor und der Kunstverein Jahnstraße) zu aktivieren, um
mit einer ersten Horde Kinder in Bewegung. Mit diesem Sofa un-
vor Ort für Kinder aktiv zu werden. Die Idee: Die Verwirklichung
ternimmt das Künstlerkollektiv um Nehar Thakar und Anna-Maria
einer künstlerischen Intervention versetzt sie in die Lage, diesen
Buchgraber Spaziergänge, bei denen es die Teilnehmenden künst-
Platz auch für sich zu erobern. Eine vierwöchige tägliche Arbeit
lerisch mit Themen der Stadt konfrontiert. Vom Sofa aus begannen
macht sie unabhängig vom schulischen Alltag miteinander bekannt
die Kinder, sich ihren Platz zu erträumen. Auf dem Platz entstanden
und provoziert Situationen, deren gemeinsame Bewältigung einen
Einrichtungen aus bunter Kreide auf grauen Mauern. Nach zwei
souveränen Umgang mit diesem Platz stärkt. Sie stiftet Vertrauen in den Platz und seine Menschen.
Fotos: Juliane Kaiser
32 | IXYPSILONZETT | 02.2018 | WEGE INS THEATER
Tagen rollte das Sofa in unsere Zentrale – den Schauraum des Kunst-
kurz vorher noch eine Riesenkrise2 zu bewältigen hatten, die unsere
vereins Jahnstraße, unserem Bündnispartner. Nun begann die Thea-
Aktion hätte sprengen können, dass spontan noch Spielende am Tag
terarbeit. Mit Fabian Cohn, Pantomime und Choreograf, Torben
der Präsentation auftauchten und gerne „doch noch bitte mitma-
Laib, Klangkünstler und Jörg Wockenfuß arbeitete die Gruppe kon-
chen würden“. Und nichts war davon zu merken, dass viele Leute
zentriert trotz Sommerhitze. Aus einfachen Spielen und täglichen
gekommen waren – aber kein einziges Elternteil der Kinder, die mit-
Wegen wurden Choreografien, aus Klängen unterschiedlicher Ma-
gespielt haben.
terialien rhythmische Flächen, die sich quer über den Platz beweg-
„Wege ins Theater“ bedeuten für ein Haus wie das Staats-
ten und aus Stoffen Fahnen. In Gesprächen überlegten wir, was man
theater Braunschweig einen Schritt hinaus aus dem Theater hinein
für eine Platzeroberung braucht und wie so etwas abläuft. Nach und
in die Stadt. Um Kinder und Jugendliche aller Milieus einer Stadt
nach bekamen wir eine Vorstellung davon, wie unsere Eroberung
zu erreichen, wird es immer dringender dahin zu gehen, wo sie
aussehen könnte.
sind. Dies entspricht nicht nur unserem kulturpolitischen Auftrag,
Unsere letzte Probenwoche begleitete ein Satz Funkkopfhö-
sondern konfrontiert uns als Theater mit der Realität vieler Kinder.
rer. Sie waren nicht nur technisch für alle ein Highlight, sondern
Vor Ort gilt es für uns kulturelle Zugänge zu ermöglichen, die Kin-
auch inszenatorisch. Die Konzentration ist auf einem Platz eine an-
der unabhängig von der sozialen Struktur ihres Stadtteils erreichen.
dere als auf der Bühne und die Dynamik einer Eroberung braucht
Programme wie dieses ermöglichen es uns Theatervermittler_innen
ein punktgenaues Timing. In abgesprochenen Pattern konnten die
eine um ein Vielfaches gestärkte Positionierung des Bereiches Kul-
Kinder ihre Spielfreude entwickeln und via Funk waren sie auf dem
turelle Bildung im eigenen Haus.
Punkt, steigerten Tempi oder Lautstärke. Dies ersparte uns eine minutiöse Einstudierung und hielt die Spielfreude auf wunderbare Weise wach.
Iris Kleinschmidt ist studierte Theaterwissenschaftlerin (Leipzig/Brüssel) und Theaterpädagogin (UdK Berlin) und als Vermittlerin für das Junge Staatstheater Braunschweig tätig.
Wege ins Theater Am Ende ihrer Platzeroberung schwenkten sie stolz ihre Fahnen,
1
schmetterten allen, die gekommen waren, ihren Song entgegen und
2
wirkten irgendwie größer. Nichts war davon zu merken, dass wir
Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt – Investitionen im Quartier“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und der Länder, 1999 Eine Szene war mit denen, die regelmäßig kamen festbesetzt, bis auf eine Rolle, die immer wieder wechselnd besetzt war. Hier entbrannte fünf Minuten vor unserem Start ein heftiger Streit zwischen zwei Kandidaten, den wir mit sehr viel Fingerspitzengefühl und dank der Gruppe doch noch entschärfen konnten.
REZENSIONEN | IXYPSILONZETT | 02.2018 | 33
Spielplatz 31. Fünf Theaterstücke über Angst. Thomas Maagh (Hg.). Verlag der Autoren. Frankfurt am Main 2018. 224 Seiten, 15 EUR, ISBN 978-3-88661-386-1
mahnt und damit produktiv das Handeln
adaption von „Märchen von einem, der aus-
eines Menschen bestimmt. Angst kann aber
zog, das Fürchten zu lernen“. Charles Co-
auch lähmen und zur Traumatisierung füh-
penhaver wählt für das vierte Märchen in
ren. Zwischen diesen Polen sind auch die
der Sammlung der Brüder Grimm eine
Handlungen der Stücke verortet. Da bis auf
merkwürdige Dramaturgie der Distanzie-
eine Ausnahme – „Im Herzen tickt eine
rung, um die Geschichte des dümmsten
Bombe“ von Wajdi Mouawad – die Stücke
jüngsten Sohn zu erzählen, der nur das Gru-
sich an ein junges Publikum ab sechs Jah-
seln zu erlernen versucht, aber eigentlich
ren wenden, spielt auch noch eine andere
tumb durch die Geschichte geht.
Form der Angst in diesen Themenkomplex
Für ein junges Publikum ab 13 Jahren ist
hinein: die Lustangst. Eines der meistge-
„Im Herzen tickt eine Bombe“ von Wajdi
spielten Texte dieses Bandes ist sicherlich
Mouawad (2005) gedacht. In diesem Ein-
„Nachtgeknister“ (DE 2012) von Mike Kenny,
mannerzähltheaterstück , das sehr komplex
wo eine alleinerziehende Mutter ihre Kinder
mit den Zeitebenen spielt, rekonstruiert der
Marie und Francois an den Abenden allein
Ich-Erzähler, der auf dem Weg zu seiner
lassen muss, weil sie arbeitet. Marie erzählt
sterbenden Mutter im Krankenhaus ist, die
dabei ihrem Bruder Geschichten, die ihn
Geschichte seiner schwierigen Beziehung
gruseln lassen, aber auch eine so mächtige
zu seiner Mutter, die einmal mit einem
Wirkkraft erhalten, dass Fantasie und Wirk-
brennenden Bus im Libanon begann. Ein
lichkeit miteinander verschmelzen. Aber
Ereignis, das er nun, da er bei seiner nun-
aus jedem (Alp-)Traum geht man in seinem
mehr toten Mutter ist, erst aufzuarbeiten be-
Geschichten von der Angst
Selbstvertrauen gestärkt hervor. Von ähnli-
ginnt. Leitmotivisch klingt die Devise: „Nur
chen Lustängsten erzählt Zoran Drvenkar in
eine Kinderangst kann eine Kinderangst be-
In Dramaturgiebüros und in Bibliotheken
seinem Spiel „Du hast doch keine Angst,
siegen.“ an. Nun befreit von seinen Ängsten –
ist der „Spielplatz“ nicht mehr wegzuden-
oder?“ (2015). Hier versuchen vier Mädchen
im Bild der „Wölfe“ festgehalten – kann er
ken. Als einzige kontinuierlich erscheinen-
der vermeintlich schwächeren Zarah im
sich ganz produktiv seiner bildenden Kunst
de Reihe mit Texten des Theaters für ein
Wald Angst einzujagen. Aber am Ende sind
zuwenden. Mouawad schildert die spannen-
junges Publikum nimmt der vom Verlag der
sie es, die schreiend davon laufen. Auch
de Reise in das eigene Ich, in die Krisenhaf-
Autoren herausgegebene Spielplatz eine
Drvenkar entwickelt ein raffiniertes Spiel,
tigkeit der Identitätsfindung. Auch eine Ge-
wichtige Vermittlungsfunktion zwischen
das zwischen Traum und Wirklichkeit chan-
schichte von der Einsamkeit, die alles
den „jungen“ Theatern und den Schulen
giert und eine unheimliche Kulisse aufbaut.
Schöne vergiftet. Würde dieses Stück gerne
ein. Wenn in den Anfangsjahren dabei eher
Während Kenny seine Protagonisten in der
auf einer deutschen Bühne einmal sehen.
die „Highlights“ einer Spielzeit nachzulesen
Atmosphäre eines Jahrmarktes ihre Ängste
waren, verbinden nun die alljährlich im
ausagieren und Drvenkar den finsteren
Frühjahr erscheinenden Bände Texte unter
Wald als Handlungsort fungieren lässt, ver-
thematischen Schwerpunkten. Thomas
wandeln sich im neuesten Spiel von Inge-
Maagh, der Herausgeber, geht dabei aller-
borg von Zadow, dem Musiktheaterstück
dings nicht so weit wie viele theaterpädago-
„Naomi und die Nacht“ (2017), Alltagsge-
gische Abteilungen an den Theatern, die ihr
genstände wie die Küchenmaschine oder
Thema gleich fest in den Lehrplänen der
der Flokatiteppich in angstmachende Mons-
Schulen integrieren, genau nach Schultyp,
ter. Naomi, die zum ersten Mal eine Nacht
Klassenstufe und didaktischen Hinweisen
alleine zu Hause ist, gelingt es zusammen
gegliedert.
mit ihrem Kuscheltier Herr Fürallefälle –
Der 31. Jahrgang des „Spielplatz“ vereint Stü-
aber manchmal auch gegen es – mit viel
cke für ein junges Publikum zum Thema
Mut und Witz ihre Angst zu meistern. Aus
„Angst“, also jenem Gefühl, das zum einen
dem Rahmen fällt das älteste Stück in die-
als notwendige Warnung zu Vorsicht ge-
sem Band: die 1983 entstandene Märchen-
Manfred Jahnke
34 | IXYPSILONZETT | 02.2018 | WISSENSWERT
wissenswert
(Großbritannien) für seinvergeben Stück „Verschwun„Nah dran“ Stipendien
gendbildung zu (BKJ) hatte im oder MärzFestivals 2018 zueinlaeiner ankündigen, Workshops
den“, THEATERSTÜCKVERLAG, Der Gemeinsam mit dem Deutschen München. Literaturfonds
Tagung dem Themahinweisen, „Perspektiven wechseln. den, aufmit Rezensionen Schauspieler
Auswahl für „Augenblick mal! 2011“ steht
Deutsche Jugendtheaterpreis 2010 ging an: Marvergibt das Kinder- und Jugendtheaterzentrum
Chancen Forschungsergebnisse schaffen – Kulturelle Bildung jugendgesuchen, verlinken oder
Deutscher Kindertheaterpreis und fest! | „Augenblick Mal“ ist die nationale Bien-
tin (Deutschland) für zur seinEntwicklung Stück „Die seitBaltscheit 2009 jährlich vier Stipendien
recht,und kooperativ und ganztägig“ eingeladen. Fotos Videos präsentieren. Angemeldete Fa-
Deutscher Jugendtheaterpreis 2018 nale des Theaters für junge Zuschauer. Es
besseren Wälder“, Verlag für Kindertheater, Hamneuer Stücke für das Kindertheater. Für die Spiel-
Diese ist nun ausführlich dokumentiert cebook-Mitglieder werden wie bei einem
Auf Auswahlliste zumimDeutschen Jugendwirdder bereits im 20. Jahr THEATER AN DER
burg. Die beiden Preisefolgende sind mit Projekte jeweils 10.000 zeit 2019/2020 werden ausge-
| www.bkj.de/tagung2018/rueckblick/ Newsletter über jede neu gepostete Meldung
2018 stehen StückeFolgende folgenderKinderAutoveranstaltet. theaterpreis PARKAUE in Berlin
dotiert. DerHippe Deutsche Kindertheaterpreis Euro Lorenz mit „Bang!“ (AT) in Kozeichnet:
| tagungsbericht-als-pdf.html informiert. Kontakt: Gabi dan Droste, persönlich
rinnen und Autoren: Kevin (USA), theaterproduktionen sindArmento eingeladen: DasKristoPup-
und der Deutsche operation mit demJugendtheaterpreis Theater der Stadtwerden Aalen.
g.droste@ kjtz.de | www.facebook.com |
fer Blindheim Grønskag (Norwegen), pentheater Halle der Theater, Oper undAndréanne Orchester
seit 1996ist alle Jahre vomStück Bundesministerium Geplant einzwei „interaktives über Leben in
Nikola Schellmann ist neu im KJTZ Team
JoubertHalle und Jean-François Guilbault (Kanada),GmbH mit „Aller Anfang – Schöpfungs
für Familie, Frauen und Jugend vergedigitalen undSenioren, realen Welten“. Christina Kettering
Die Mainzer Theaterwissenschaftlerin Nikola Bundesweiter Aktionstag am Welttag des
Rasmus Lindberg Dino Pešut (Kroageschichten“ (UA)(Schweden), von Ines Heinrich-Frank, Lars
ben. Veranstalter derEile Preisverleihung in Frankfurt entwickelt mit „Die der Schildkröte“ (AT) in
Schellmann dem 1. September Theaters fürgehört Kinderseit und Jugendliche | Bei2018 den
tien), und Thomas Olivier Frank UweRichhardt Steinbach,(Deutschland), R: Ines Heinrich-Frank.
am Main istmit dasdem Kinderund Theater Jugendtheater Kooperation Comedia Köln ein-
als Mitarbeiterin für und Diskurs Werkstatt-Tagen derKommunikation Kinder- und Jugendtheater
Sylvestre (Kanada), Jordan Tannahill Das Junges Schauspielhaus Hamburg(Kanada), mit „Das
zentrum derAnnalena Bundesrepublik Stück überinZeit. KüspertsDeutschland. „Jonas Müll-
zum Teamfand des erstmals Kinder- und Jugendtheaterzenin Leipzig ein Treffen der Sprecher
Luc Tartar (Frankreich) und(UA) Marcus (KaBuch von allen Dingen“ von Youssef Guus Kuijer,
|auto“ www.kjtz.de | in Kooperation mit den Städ(AT) entsteht
trums in der Bundesrepublik der der regionalen ArbeitskreiseDeutschland. der ASSITEJ In statt.
nada). Auf von der Auswahlliste zumR:Deutschen Kinbearbeitet Thorsten Wilrodt, Barbara Bürk.
tischen Bühnen Osnabrück. Dokumentarisches
Nachfolge Henning übernimmt sie Dort wurdevon die Idee einesFangauf bundesweiten Aktions-
dertheaterpreis 2018Nürnberg sind genannt: Milena Baisch Das Theater Pfütze, mit „Das Kind der
Ikarus Preis 2010stehen verliehen! | In Stück Berlinfür wurde und Fantastisches in diesem Kin-
vor allem die Neukonzeption derfürKommunikation tages am Welttag des Theaters Kinder und Ju-
(Deutschland), Anna Carlier (Belgien), Fabrice Seehundfrau“ von Sophie Kassies, R: Christopher
der ab IKARUS 2010 des Jugendkulturservice ver8 nebeneinander. Stefan Wipplinger arbei-
sowie die Konzeption von2011 Fachveranstaltungen. gendliche am 20. März diskutiert. In den
Melquiot Jeton Neziraj (Republik Gottwald.(Frankreich), Das Moks Bremen des Theaters Bre-
geben. DabeiSchnuppen prämierte von die den JuryAugen“ erstmalig tet für „Wie (AT)seit in
| www.kjtz.de | nun Ideen entwickelt, welche Regionen werden
Kosovo), Marta Guund niowska (Polen), Christina men mit „Für ewig hundertmillionen Tage“
Bestehen dieser zwei InszenierunKooperation mitAuszeichnung dem Mainfrankentheater Würz-
Aktionen an diesem Tag öffentlichkeitswirksam
Kettering (Deutschland), Placey (Großbri(UA) von Theo Fransz/a. d.Evan Niederländischen von
gen: Preisistging zu gleichen Teilen das burg.Der Geplant ein Stück über Höhen undan Tiefen
… und soll Kunst sein? die großedas kultur-, bildungsund sozialpolitischer
tannien), Roland Monika The, R: TheoSchimmelpfennig Fransz. Das Junge (DeutschEnsemble
Figurentheaterstück von Daniel der Freundschaft und„Rotkäppchen“ die Angst vor dem Einbruch
50 Jahre des Grips Theater Relevanz Kinderund Jugendtheaters sicht-
land), Oliver Schmaering (Deutschland) und Stuttgart mit „Nach Schwaben, Kinder!“ (UA), R:
Wagner vominTheater auf der Zitadelle und des Fremden das Gewohnte.
Das machen Grips Theater Berlin widmet diese Spielzeit bar können. | www.assitej.de |
Herman van de Wijdeven (Niederlande). Die no-Klaus Hemmerle. Folgende Jugendtheaterpro
an die von Sinem Altan komponierte Oper | www.kjtz.de |
seinem Jubiläum und hat u.a. Vassilis Koukalani
minierten unterDas kjtz.co vonTheaden duktionen Stücke wurdenwerden ausgewählt: Junges
„Stadt der Hunde“ von der Neuköllner Oper.
(Regie)für und Mehdi Moradpour (Text) zurTheater NeuerPreis das Theater Metronom | Das
Jurymitgliedern vorgestellt. Die Preise für sindSchaumit je ter Konstanz, i. Z. mit der Hochschule
|Rampenlichter www.jugendkulturservice.de | 2019
findung vonaus „Balle, Malle, Hupe und Artur“ einMetronom Visselhövede war Anfang Oktober
10.000 EUR dotiert. Sie Berlin: werden einzige spielkunst „Ernst Busch“ „Aals Clockwork
Rampenlichter sucht Tanz- und Theaterprojekte
geladen. Gefeiert wird vomheißt 11. bis 15. zum Juni 2019. mit dem Stück „Niemand Elise“ Thea-
Staatspreise der dramatischen Literatur fürOrange“ voninAnthony Burgess/Royal Shakes
Ausschreibung ASSITEJ Preis und Veranstalvon und mit Kindernund Jugendlichen aus Mün-
| www.grips-theater.de | terfestival „100, 1000, 1000000 Geschichten“
junges Publikum vom Bundesministerium fürDer Fapeare Company, R: Hans-Jochen Menzel.
terpreis | Auch 2011 die deutsche ASSITEJ chen, Deutschland undwird der Welt, die gemeinsam
nach Bukarest, Rumänien eingeladen. Die Festi-
milie, Senioren, Frauen und Jugend vergeben und ZWINGER3 Kinder-und Jugendtheater, Theater
wieder den ASSITEJ Preis und den Verdas große Tanzund Theaterfest auf ASSITEJ dem Kreativ-
Wiedereröffnung Theater und o.N.Andreas Goehrt val-Jury hat Karin Schroeder
am NovemberHeidelberg: 2018 im Kaisersaal des Frankund1.Orchester „Frühlings Erwa-
anstalterpreis verleihen. Die Verleihung findet am quartier München gestalten und feiern. Bewer-
Im September wurde dasschauspielerische Theater o.N. in der mit dem Preis2018 für die beste
furter chen!“Römer („Livefeierlich Fast –verliehen. Die Young“) von Nuran
16. Mai sind 2011von im 1.10. Rahmen von Augenblick mal! bungen bis 16.12.2018 möglich.
Berliner Kollwitzstraße wieder eröffnet. Der Spiel-| Leistung geehrt. | www.theater-metronom.de
|David www.kjtz.de | Frank Wedekind, R: Dominik Calis nach
statt. Der ASSITEJ-Preis wird für | www.rampenlichter.com | besondere Leis-
ort war durch das Ende des Mietvertrages gefähr-
Günther. Gintersdorfer/Klaßen, in Kooperation
tungen für das Kinder- und Jugendtheater in
det und konnte mit Unterstützung vonfür vielen SeiWortschatz Rheinland-Pfalz | Auch das Kin-
DIRECTORS IN TYA – Mülheim und Frascati: mit Ringlokschuppen
Next Generation Deutschland verliehen. Der ASSITEJ Veranstalter-
ten nun 2022 gerettetin werden. derundbis Jugendtheater Rheinland-Pfalz wur-
An International Exchange Logobi 05. Das Junge Schauspiel Hannover:
Unterwürdigt dem Label Next Generation findenbei weltpreis herausragende Leistungen der
| www.theater-on.de | den in Speyer Autorenpreise verliehen. Nicole
Die ASSITEJ Deutschland lädtZikrales“ 2019 rund 20 von Re„Trollmanns Kampf – Mer (UA)
weit Förderprogramme für Nachwuchs künstVorbereitung und Durchführung von Gastspielen
Schmidt erhielt für ihr Kinderstück „Die Reise
gisseur_innen B j aus aller ö Welt und r 5 Regisn-
ler_innen im Kinderund Jugendtheater statt. der Kinderund Jugendtheater. Vorschläge
Fachtag „tanz theater machen stark“ nach Afrida“ den+ Preis in der Kategorie Kinder-
seur_innen deutschsprachigen Ländern zumBicker/Marcaus Prätsch, R: Marc Prätsch. Kultur
Das Festival ermöglicht im Next werden bis 31.Starke JanuarStücke 2011 entgegen genommen.
Vom 4. bis 5.Oktober 2018wurde findetfür in Gotha/Thütheater, Daniela Dröscher ihr Jugend-
Austausch Das „Internationale sprünge imein. Ballhaus Naunynstraße,Regieseminar in Koproduk-
Workspace die Zusammenarbeit |Generation www.assitej.de |
ringen ein Fachtag des Bundestheaterstück „Als zum wäreProgramm ich Papier“ geehrt.
für Jugendtheater“ heißt Blut“ jetzt (UA) „DItionKindermit der und Ruhrtriennale: „Verrücktes
einer internationalen Gruppe in mehreren Resi-
verbandes Freie Darstellende Künste Der Beide Preise sind mit je 6.000 EURstatt. dotiert.
RECTORS IN Erpulat TYA – Anund International von Nurkan Jens Hillje Exchange“. – Frei nach
WEBNEWS | Facebook als Treffpunkt Theater denzen und hat das Programm in einerfür Broschüre
findet im Rahmen |des AVANT ART FES|Fachtag www.wortschatz-rlp.de
Gastgebendes 2. bis 9.R:Juni 2019 dem Film „La Theater Journéeistdevom la Jupe“, Nurkan
von Anfang an! Diereflektiert. Facebook-Seite Theater von dokumentiert und
TIVALS statt und bietet Foren für Diskurse (im
das Theater STRAHL Berlin Erpulat | www.kjtz.de | mit der Jugendherber-
Anfang an ist gedacht als virtueller Treffpunkt, | www.starke-stuecke.net/de/projekte/
Fokus dasund Thema Räume), Austausch KinderJugendkulturpreis derund Dr. prakti-
ge am Ostkreuz als Partner und gefördert durch
um lebendig und konstant zu netzwerken. Jeder, nextgeneration/ |
sche zu Antragstellung und der ErstelE. A.Workshops Langner-Stiftung 2010 | Ausgezeichnet
Deutscher Kindertheaterpreis 2010 . Deutdie Senatsverwaltung für Kultur und Europa. Das
der ein ernsthaftes Interesse daran hat, die neue
lung von wurde in Verwendungsnachweisen. Hamburg das Theater Zeppelin mit der
scher 2010 /| Der Deutsche ThemaJugendtheaterpreis des Austauschs ist „Walls Mauern“.
Ganztagsschule kulturellebundesweit Bildung zu Theaterform für dieund Allerkleinsten
| www.darstellende-kuenste.de/de/tanzliebe vollen Inszenierung von Stephanie Grau
Kindertheaterpreis 2010 ging an: Charles Way | www.assitej.de www.theater-strahl.de |
Die Bundesvereinigung Kulturelle Kinderund Juetablieren, kann sich hier einklinken, Premieren
theater-machen-stark.html | „Momo und die Zeitdiebe“. | www.dr-lang-
TERMINE | IXYPSILONZETT | 02.2018 | 35 TERMINE
KINDER- UND JUGENDTHEATER-TREFFEN
2018 TANZTREFFEN DER JUGEND 21. bis 28. September 2018 in Berlin www.berlinerfestspiele.de DEUTSCHES KINDER-THEATER-FEST 27. bis 30. September 2018 in Minden www.kinder-theater-fest.de KINDERKINDER Internationales Theater- und Musikfestival September bis November 2018 in Hamburg www.kinderkinder.de KALEIDOSKOP Kinder- und Jugendtheatertage in der hessischen Region September bis Dezember 2018 www.kaleidoskop-hessen.de JĖGA / COOL International theater festival for children and youth 2. bis 6. Oktober 2018 in Šiauliai, Litauen rasasiauciunaite@gmail.com KINDERTHEATERFESTIVAL ab 3. Oktober 2018 in Heidelberg-Neuenheim www.kulturfenster.de/kinder/kindertheaterfestival MIT: GEFÜHL – INTERNATIONALES FIGURENTHEATERFESTIVAL Produktionen für Kinder ab 2, Jugendliche und Erwachsene 7. bis 18. Oktober 2018 in München figurentheater-gfp.de/festival-18.php SPIELSTARK 17. Kinder-, Jugend- und Familientheaterfestival 13. bis 27. Oktober 2018 in Ottweiler und Saarlouis www.ottweiler.de www.ueberzwerg.de STELLA18-DARSTELLENDER.KUNST.PREIS FÜR JUNGES PUBLIKUM 16. bis 20. Oktober 2018 in St. Pölten (AT) Preisverleihung am 20. Oktober 2018 im Landestheater Niederösterreich www.assitej.at INTERNATIONALES THEATERFEST AM AGORA THEATER 16. bis 21. Oktober 2018 in St. Vith (Belgien) www.theaterfest.net MIT HAND UND FUSS DER NASE NACH Kasseler KinderTanzFestival 2018 19. Oktober bis 4. November 2018 in Kassel www.kindertanztheatertage.de UNIDRAM 2018 25. Internationales Theaterfestival 30. Oktober bis 3. November 2018 in Potsdam www.unidram.de
FRANKFURTER AUTOR*INNENFORUM FÜR KINDER- UND JUGENDTHEATER Deutscher Kindertheaterpreis / Deutscher Jugendtheaterpreis 1. bis 3. November 2018 in Frankfurt am Main www.kjtz.de VERLEIHUNG DES DEUTSCHEN THEATERPREISES DER FAUST 3. November 2018 in Regensburg www.buehnenverein.de IKARUS 2018 7. November 2018 von 18 Uhr bis ca. 20.30 Uhr im Berliner Kabarett-Theater „Die Wühlmäuse“, Pommernallee 2–4, 14052 Berlin https://jugendkulturservice.de/de/theater/ikarus/ ikarus-2018 25 JAHRE THEATER MARABU 10. und 11. November 2018 in Bonn www.theater-marabu.de FLUX SCHAUFENSTER 27. November 2018 in Frankfurt am Main www.theaterundschule.net ASSITEJ MITGLIEDERVERSAMMLUNG 8. Dezember 2018 in Frankfurt am Main www.assitej.de FLUX KÜNSTLERRESIDENZEN 2018 Derniere und Präsentation 8. Dezember 2018 in Gadernheim www.theaterundschule.net „KULTURELLE SCHULENTWICKLUNG IM QUERSCHNITT VON SCHULE, KULTUR UND JUGEND – WAS KÖNNEN VERWALTUNG, FORSCHUNG UND PRAXIS VONEINANDER LERNEN?“ am 18. und 19. Dezember 2018 in Remscheid bkj.nu/schulentwicklung
AUSBLICK 2019
KLANGFEST Musik für Kinder 10. bis 12. Mai 2019 in Hamburg www.klangfest.de THEATERTREFFEN DER JUGEND 24. Mai bis 1. Juni 2019 in Berlin www.berlinerfestspiele.de DIRECTORS IN TYA – AN INTERNATIONAL EXCHANGE 2. bis 9. Juni 2019 in Berlin www.assitej.de HART AM WIND 6. Norddeutsches Festival für junges Publikum 2019 5. bis 9. Juni 2019 in Kiel hartamwind19@theater-kiel.de www.theater-kiel.de IMPULSE THEATERFESTIVAL 13. bis 23. Juni 2019 in Mülheim (Ruhr) www.impulsefestival.de WESTWIND 35. theatertreffen nrw für junges Publikum 15. bis 21. Juni 2019 in Oberhausen www.westwind-festival.de SCHÄXPIR Theaterfestival für junges Publikum in Linz (Österreich) 24. bis 30. Juni 2019 www.schaexpir.at RAMPENLICHTER DAS TANZ- UND THEATERFESTIVAL VON KINDERN UND JUGENDLICHEN 5. bis 18. Juli 2019 in München www.rampenlichter.com SAND FESTIVAL & ASSITEJ ARTISTIC GATHERING 2. bis 7. September 2019 in Kristiansand (Norwegen) www.sand.no
PURPLE – INTERNATIONALES TANZFESTIVAL FÜR JUNGES PUBLIKUM 21. bis 27. Januar 2019 in Berlin www.purple-tanzfestival.de
LICHT.BLICKE 16. bis 20. Oktober 2019 in Nürnberg www.gostner.de
ANTRAGSFRIST „WEGE INS THEATER“ 31. Januar 2019 www.wegeinstheater.de
AUSBLICK / SAVE THE DATE 2020
25. „STARKE STÜCKE“-FESTIVAL Internationales Theaterfestival in der Region Rhein-Main 19. März bis 1. April 2019 in Frankfurt und RheinMain www.starke-stuecke.net KUSS – KUCK! SCHAU! SPIEL! 24. Hessische Kinder- und Jugendtheaterwoche 31. März bis 6. April 2019 in Marburg www.hltm.de FRATZ INTERNATIONAL 3. bis 8. Mai 2019 in Berlin www.fratz-festival.de/startseite AUGENBLICK MAL! 7. bis 12. Mai 2019 in Berlin www.augenblickmal.de
PANOPTIKUM 4. bis 9. Februar 2020 in Nürnberg www.festival-panoptikum.de „JUNGSPUND – THEATERFESTIVAL FÜR JUNGES PUBLIKUM ST.GALLEN“ 27. Februar bis 7. März 2020 in St. Gallen (Schweiz) www.jungspund.ch ASSITEJ WORLD CONGRESS AND FESTIVAL 21. bis 31. Mai 2020 in Tokio (Japan) www.assitej-international.org SCHÖNE AUSSICHT 20. bis 27. Juni 2020 in Stuttgart www.jes-stuttgart.de
IMPRESSUM IXYPSILONZETT Das Magazin für Kinderund Jugendtheater 14. Jahrgang
Erscheint 3x jährlich – im Januar (das Jahrbuch), Mai und Oktober
Redaktionsschluss für dieses Heft: 01.09.2018
Eine Veröffentlichung der ASSITEJ Deutschland Herausgeber: Prof. Dr. Wolfgang Schneider Redaktion: Eckhard Mittelstädt (verantwortlich), Meike Fechner, Petra Fischer ASSITEJ e. V. Schützenstraße 12 60311 Frankfurt/M. assitej@kjtz.de Gestaltung: Grafikdesign Wahrig Verlag: Theater der Zeit GmbH, Berlin www.theaterderzeit.de
IXYPSILONZETT ist Bestandteil der Abo-Auflage von Theater der Zeit sowie für die Mitglieder der ASSITEJ Deutschland Einzelheft-Preis: 6 EUR (print oder digital); Abo-Preis: 22 EUR (Deutschland); 30 EUR (außerhalb Deutschlands) Abo-Bestellung und Einzelheft-Bestellung: Theater der Zeit Winsstraße 72, 10405 Berlin, Germany Tel. +49 (0)30 4435 285-12 abo-vertrieb@ theaterderzeit.de, www.theaterderzeit.de Druck und Bindung: Kollin Medien GmbH
Gefördert durch das
Was wollen wir der jungen Generation erzählen von der Welt ? Geschichtenerzählen für junges Publikum im Theater und den Medien
30. Frankfurter Autor*innenforum für Kinder- und Jugendtheater 1. – 3. November 2018 in Frankfurt am Main Eine Veranstaltung des Kinderund Jugendtheaterzentrums in der Bundesrepublik Deutschland in Kooperation mit dem Theaterhaus Frankfurt
Nominiert für den Deutschen Kindertheaterpreis 2018
Verleihung des Deutschen Kindertheaterpreises 2018 und des Deutschen Jugendtheaterpreises 2018 1. November 2018 im Kaisersaal des Römer in Frankfurt am Main Die Preise werden vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vergeben.
„Die Zertrennlichen“ (9+) von Fabrice Melquiot (Frankreich), aus dem Französischen von Leyla-Claire Rabih und Frank Weigand Felix Bloch Erben Verlag für Bühne Film und Funk, Berlin „Windmühlen. Die merkwürdige Reise der Familie Müller nach Unmikistan“ (10+) von Jeton Neziraj (Republik Kosovo), aus dem Albanischen von Zuzana Finger S. Fischer Verlag Theater & Medien, Frankfurt am Main „Die Biene im Kopf“ (7+) von Roland Schimmelpfennig (Deutschland) S. Fischer Verlag Theater & Medien, Frankfurt am Main Nominiert für den Deutschen Jugendtheaterpreis 2018 „Der (vor)letzte Panda oder Die Statik“ (14+) von Dino Pešut (Kroatien), aus dem Kroatischen von Alida Bremer henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag, Berlin „Das Gesetz der Schwerkraft“ (14+) von Olivier Sylvestre (Kanada) aus dem Französischen (Québec) von Sonja Finck Theaterstückverlag Korn-Wimmer, München „Concord Floral“ (14+) von Jordan Tannahill (Kanada) aus dem kanadischen Englisch von Frank Weigand henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag, Berlin
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