The race
10. Jahrgang • 1/2009 • Nr. 33 (März) 7 EUR/10 SFr (Einzelpreis)
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Hunger Mit was stopfst du dich voll? Verhungert oder ermordet Hunger, Globalisierung und Entwicklungshilfe hinterfragt // Seite 26
Strategien, satt zu werden Unsere ungestillten Bedürfnisse // Seite 42
Reich Gottes und Dualismus Wie unsere Betrachtung des Reiches Gottes von unserem Weltbild beeinflusst ist // Seite 58
dein gesicht auf seite 2
Was würdest du nie essen?
Bettina, 23, Altensteig Kakerlaken ... aber sag niemals nie :-)
Chrissy, 25, Fellbach Mais, weil der in der Mitte so eklig süß ist.
Samuel, 17, Aalen Ich würde nie Kiwis essen, weil mir davon kotzübel wird und ich da eine Allergie gegen habe.
Corinna, 25, Ibbenbüren Menschenfleisch und Stopfleber
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Linda, 29, Berlin Balut (angebrütetes Ei mit Küken-Embryo): Der bloße Gedanke daran lässt mich erschaudern.
Daniela, 28, Carlsberg Nieren – schon von dem Geruch wird mir ganz schlecht.
Daniel, 27, Siegen Kohlrouladen, weil ich da schlechte Kindheitserinnerungen hab und die einfach nicht schmecken.
Myrielle, 23, Fellbach Fleisch von Tierkindern wie z.B. Kalb. Weil ich finde, dass Tiere groß werden dürfen.
Juliane, 27, Güstrow Man kann alles essen was vier Beine hat, außer Tisch und Stuhl, alles was fliegt, außer ein Flugzeug und alles aus dem Wasser, außer ein Boot. (Chinesisches Sprichwort)
Lydia, 17, Altensteig Katzensteak
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Marco, 34, Westoverledingen Gegessen hab ich schon vieles: Geröstete Insekten, Meerschweinchen... Aber Kohlrabi mag ich überhaupt nicht.
Melanie, 21, Calw Grundsätzlich alles, das aus dem Meer kommt... Außer Algen – die schmecken schön salzig.
Lisa-J, 19, Metzingen Schnecken und andere Glibber-Scheiße, vor allem so Zeug aus‘m Meer.
Susanne, 23, Altensteig Balut!!! Das ist ein halb ausgebrütetes Küken.
Ben, 25, Weil im Schönbuch Ich würde nie Maden, Kakerlaken oder sowas essen.
Peter, 27, Bonn Ich würde niemals Austern essen. Sie sehen so ekelig aus.
Claudia, 23, Tübingen THE RACE – auch wenn sie sehr gehaltvoll ist ;-)
Esther, 23, München Ich würde nie im Leben Leber essen.
Micha, 25, Stefan, 34, Köln Lüdenscheid Pilze und Bisher ist mir noch Calamaris nichts begegnet, was ich nicht essen würde. Zu oft das Gleiche ist allerdings nicht mein Ding. Ich habe mal 16 Mahlzeiten hintereinander Reis mit Bohnen gegessen.
Rosalie, 21, Freudenstadt Menschenfleisch. Igitt, ich will gar nicht dran denken.
Lena,20, Ansbach Ich würde niemals den Löwenzahn aus Nachbars Garten essen.
Markus, 23, Stuttgart Blutwurst – weil Jesu Blut für alle Zeiten reicht und mir beim Abendmahl genügt!
David, 21, Braunschweig Ich würde niemals Hundefleisch essen. Nicht aus Ekel – der ist überwindbar – sondern weil Hunde schöne und intelligente Tiere sind.
Kathinka, 25, SchönenbergKübelberg Ich würde nie zu viel Tabasco, Hundefutter und Insekten essen.
Désirée, 20, Durrweiler Ich würde niemals ›Hase‹ essen, weil ich selbst einen süßen besitze und ich die armen Tiere schonmal mit dem Kopf nach unten an einem Türrahmen baumeln sah.
Thorsten, 27, Aalen Balut! Das ist ein angebrütetes, gekochtes Entenei, das auf den Philippinen als Delikatesse gilt.
Veri, 55, Bad Gandersheim Gekochten Pudding
Petra, 21, Freudenstadt Broccoli. Ich hasse Broccoli.
Christine, 23, Bonn Glibschiges oder vor Fett Triefendes
Andreas, 36, Pfalzgrafenweiler Als Bayer in Schwaben bekomme ich Linsen mit Spätzle einfach nicht runter.
Jedida, 23, Berlin Sushi, weil es so eklig riecht. Ich muss immer auf die andere Straßenseite gehen, wenn ich an einem Sushi-Laden vorbeilaufe.
Olli, 21, Freudenstadt Meeresfrüchte. Die sind das Schlimmste.
Andreas, 31, Carlsberg Im Zweifelsfall würde ich alles essen.
Bianca, 23, Felix 21, Oeffingen Fleisch!
Janina, 25, Herborn Ich würde nie Krokodilaugen essen. Wenn ich mir nur vorstelle, sowas rundes glitschiges im Mund zu haben und dann draufzubeißen ... schön matschig im Mund. Bäh!
Editorial
Das Redaktionsteam von links nach rechts: Nadja, Alja, Michael, Jörg, Anneke, Anne, Benjamin, Daniel
anstrengend Pod cast Das geht ins Ohr Du sitzt hinterm Steuer, bist unter der Dusche oder bügelst deine Socken und würdest viel lieber einen THE RACE Artikel lesen? Mit dem THE RACE-Podcast ist nun beides möglich. Ab sofort findest du hier einige Artikel auch als Audioversion. Einfach auf www.therace-online.de klicken, Artikel auswählen und gleich anhören oder den vertonten Artikel kostenlos auf deinen MP3-Player runterladen. Na, das hört sich doch gut an.
Deine Meinung Im Internetz
Ab sofort kannst du zu jedem Heft-Artikel online im Internetz deine Meinung sagen und auf andere Meinungen reagieren. Einfach auf www.therace-online.de den richtigen Artikel suchen und dort laut werden, mitreden oder etwas ergänzen. Wir lieben dich doch.
// Hast du schon mal wirklich Hunger gehabt? War das neulich gegen 23 Uhr, nachdem das Abendessen ausgefallen ist? Oder vorgestern, als für das Frühstück keine Zeit blieb, weil du verschlafen hattest? Der Magen hat geknurrt – du hast wirklich Hunger gehabt. Verständlich. Dieser offensichtlich falsche, uns aber wohl bekannte Trugschluss öffnet die Gedanken für einen anderen Fokus – was ist denn wirklicher Hunger? Unsere Situation lässt sich kaum vergleichen mit der von Menschen, die wirklich bedürftig sind und aufgrund existenzieller Nöte um ihr Morgen ringen. Täglich gut gesättigt ziehen wir des Weges und wenn uns etwas fehlt, haben wir doch eine Vielzahl an Alternativen, um unsere Bedürfnisse zu stillen. Ist klar. Aber berührt uns das? Dieses Heft hinterfragt, ob wir unserer global gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. Und das ist keine plumpe Tour, sondern Ausdruck unserer eigenen Unzufriedenheit. So oft abgefüllt mit den Nebensächlichkeiten des Lebens verpassen wir darüber hinaus den Blick für den Vater, der sich eine persönliche und intime Beziehung wünscht. Hunger nach Gott oder seinem Wort? Anstrengend. Unbequem. Mühsam. Kein echtes Interesse. Come on. Wirklichen Hunger nach Gott hatten wir in unserer euphorisierten Teenager- und Jugendzeit, als Ideale uns prägten. In der harten Realität des Lebens angekommen, ist das mit dem Hunger nach Gott irgendwie anders, die Reise ist weitergegangen. Doch auch wenn sich Verhaltensnormen oder Glaubensformen verändert haben, meinen wir, dass der Hunger nach Gott und die Sehnsucht nach einem erfüllten Leben mit ihm der Antrieb unseres Lebens sein muss. Es ist das Höchste ihn zu kennen und zu lieben. Und mit dieser Gewissheit kann in unseren Herzen ein echtes Bedürfnis nach Gemeinschaft mit ihm entstehen. Auch wenn wir uns viel zu oft mit anderen Dingen vollstopfen. Inspirierende Gedanken und Impulse bei der Lektüre wünschen wir dir. ///
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Inhalt
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Schwerpunkt: HUNGER // Eine vergessene Leidenschaft Gottes • Hunger nach Gerechtigkeit Haben wir im Blick, dass Ungerechtigkeiten die Leben vieler Menschen bedrohen? Mein Beitrag ist an der Stelle sicher nicht erforderlich, ich muss mich gegen die ungerechte Praxisgebühr wehren. // Judith Suhre Kraftlos oder energiegeladen? • Das Wort Gottes in dir Das Wort Gottes: Langweilige Pflichtlektüre oder lebenswichtiger Energieversorger? Der Autor berichtet über seine Erfahrungen mit dem Wort Gottes und den daraus gewonnenen persönlichen Erkenntnissen. // Michael Wieler Du hast die Wahl • Eine Revolution der Nachhaltigkeit Wählen heißt, die gesellschaftliche Entwicklung mitzubestimmen, zum Beispiel beim Einkaufen. Der Trend der Nachhaltigkeit ist eine Revolution in kleinen Schritten. Entdecke die Möglichkeiten. // Daniel Trebien Warum ich wieder faste • Kevins Reise Nach den euphorischen Zeiten von Fastentagen und Nasiräertum. Was ist nun mit Fasten? Wie praktizieren wir das Fasten im Alltag? // Martin Preisendanz Hunger nach Gott in vier Teilen
Hunger nach Gott – was bedeutet das eigentlich? Vier Autoren, vier Ansätze, vier Inspirationen ... Das Ende des Junkfood // Anja Kirschner Es geht nicht ohne // Gernot Elsner Na dann Mahlzeit! // Marcus Hausner Raus aus dem frommen Druck // Matthias Hoffmann Verhungert oder ermordet?
Hunger, Globalisierung und Entwicklungshilfe hinterfragt. // David Coronel Vom Geben und Nehmen • Die Armen und wir Christen Was hat Gott nur mit Armen, Waisen und Witwen zu tun? Der Autor schreibt über Armut damals und heute – und was das Ganze mit uns zu tun haben kann. // Martin Schumann
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Infos
Artik Ratinel g
QIM.Chart Artikel-RAting
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Quergedacht // Unterwegs
Kolumne. Die meisten Menschen reiten ein oder mehrere tote Pferde in ihrem Leben. Was die viel bessere Alternative wäre. // Axel Brandhorst Das H-und-H-Prinzip
Gesellschaft. Millionen von Menschen sind gerade jetzt auf der Suche nach Gott. Von einem Schlüssel, sie zu erreichen, erfährt man hier. // Peter Wenz Für Momente wie diesen • Gib der Kunst Raum Kolumne. Wie ein einfacher Slogan den Lebenstil umkrempeln kann. // Linda Zimmermann Strategien, satt zu werden • Unsere ungestillten Bedürfnisse Kolumne. Physischer Hunger mag uns nicht unbedingt plagen, doch wir alle haben Bedürfnisse, die gestillt werden müssen – und das oftmals von anderen. Wie kann das zufrieden stellend geschehen? // Kerstin Hack Individualität contra Einheit
Beziehung. Individualität contra Einheit in der Ehe – zwei Gegensätze? // Sabine und Emmerich Adam Du fehlst
Lyrik. Für den Vater. Für die Tochter. // Franziska Arnold Die Lieblingsverheissung • Mein Freund Gott und ich Kolumne. Eine Unterhaltung über das himmlische Jerusalem und darüber, wie die Verheißung desselben schon im Diesseits hilft. // Mickey Wiese
Jahresthema: Reich Gottes //
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Schon jetzt – noch nicht • Wie sich das Reich Gottes ausbreitet
Über das Reich Gottes, das Zentrum unseres Christseins und der Grund für die Existenz der Gemeinde. // Martin Bühlmann Wie sollen wir denn leben?
Jesus lebt! Wenn wir das der Welt beweisen wollen, müssen wir anfangen anders zu leben. // Rodney Friend Reich Gottes und Dualismus
Warum wir mit unserer Brille das Reich Gottes anders sehen als es ist und welche Auswirkung das auf unser Leben hat. // Jörg Schellenberger
Details //
02 Dein Gesicht auf seite 2: Was würdest du nie essen? 03 Editorial • Podcast • Kommentarfunktion im netz 61 Impressum 62 Leserbriefe
Mit Hilfe unseres QIM.Charts kannst du auf einen Blick erkennen, was dich in einem Artikel erwartet: Geht es um das Q für qualifizierend, also das Vermitteln von Wissen, das dich hoffentlich schlauer macht? Oder ist der Artikel eher I für inspirierend, eine Horizonterweiterung, die dich lebendiger macht? Möglicherweise ist der Artikel auch M für mobilisierend, so dass du aktiver wirst? Alle Artikel haben Q, I und M. Aber so kann man vorab wenigstens ein bisschen zuordnen, wo die Schwerpunkte des jeweiligen Artikels liegen. Die folgende Liste schlüsselt auf wie viel QIM in einem Artikel vorhanden ist: 1 – so gut wie gar nicht 2 – kaum 3 – wenig 4 – durchschnittlich 5 – recht viel 6 – sehr viel 7 – außerordentlich viel 8 – fast nur Achtung: Das Rating ist nicht als Benotung der Inhalte zu sehen, sondern als Hilfe, den Artikel schon vor dem Lesen ein wenig einzuordnen.
Häufige Fragen
FAQ
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Hunger
Das bin ich.
Warum ich wieder faste Kevins Reise
Text: Martin Preisedanz
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// Fürbitte ist wichtig! Fasten bewegt Gottes Herz! Kevin wiederholte es gebetsmühlenartig. Noch immer konnte er nicht glauben wie sein Professor voller Überzeugung sagen konnte: »Wenn es irgendwo auf der Welt einen geistlichen Aufbruch gab, wird danach in den Gemeinden gelehrt, dass Gebet und Fasten die Vorläufer waren. Natürlich haben diese Menschen zuvor gebetet, kennst du etwa Christen, die nicht beten? Also ich treffe mich auch jede Woche mit Freunden und wir beten für unseren Ort. Sollte dann die Erweckung kommen, war es unser Gebet. Und wenn sie nicht kommt, tja, dann haben wir wahrscheinlich zu wenig gebetet.« Peng!! Kevin hatten diese Worte hart getroffen. Nein, so etwas kann er nicht einfach so sagen. Gebet und Fasten mit einem Schlag als doch nicht ganz so wichtig zu bezeichnen, schließlich steht das Leben so vieler Menschen auf dem Spiel, die ohne unser Gebet verloren gehen. Jetzt, in einer Zeit, in der man endlich von einem Gebetsaufbruch sprechen kann. Die Gemeinden fangen verstärkt an zu beten, mit dem Wächterruf wurde das 24-Stundengebet in Deutschland wieder eingeführt, neue Gebetsinitiativen sprießen aus dem Boden, siehe 24-7. Und nun will er einem weismachen ... Kevin wollte sich von diesen Gedanken nicht kleinkriegen
HUNGER
Mein Lieblingsrezept Nadja (29) aus Düsseldorf Hähnchen-Gurkenpfanne Zutaten für 2 Personen: Halbes gebratenes Hähnchen Creme fraiche Brühe Salatgurke Petersilie Reis als Beilage
lassen, schließlich hatte er vor, Großes mit Gott zu erleben. Jetzt musste er sich erstmal wieder beruhigen. Aufgewühlt fläzte er sich auf sein Bett, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und dachte an alte Zeiten. Alles fing mit dieser Einladung an: Gebetsund Fastentag für die junge Generation. Intuitiv spürte er Gottes Ziehen. Das war sein Ding. Gefastet hatte er noch nie, keine Vorstellung, keine Ahnung, machte auch nichts. Naiv, aber voller Leidenschaft fuhr er mit zwei Mitstreitern zu besagtem Treffen, das natürlich nicht irgendwo stattfand – nein, auf dem eigens dafür eingeweihten Gebetsberg. Es sollte ein Tag werden, der Deutschland verändert und er war dabei, wie geil! Gut, der Fastentag lockte nicht gerade die Massen an. Als mathematisch versierter Schüler konnte er auch gleich den Prozentsatz ausrechnen, um welchen er und seine Begleiter die Gesamtzahl der Teilnehmer erhöhten. Doch das entmutigte ihn nicht. Der Tag war eigentlich super. Durchgehalten hatte er, dem Magenknurren getrotzt, nicht einmal an einen Döner gedacht. In der Folgezeit packte Kevin das Verlangen, weiterzubeten und mehr zu fasten. Ja, er wollte ein Hesekiel sein, der in den Riss trat, an ihm sollte es nicht liegen, dass in diesem Land zu wenig gebetet wird. Er sog alles auf, was er zum Thema Gebet
Gebratenes Hähnchen (von der Imbissbude) in kleine Stückchen schneiden. In die Pfanne geben und mit Wasser und Brühe auffüllen. Gurken in Scheiben schneiden, dazugeben und garen bis die Gurken durch sind. Creme fraiche und die Petersilie einrühren. Dazu Reis servieren. Warum das mein Lieblingsrezept ist Ich mag das Rezept weil es schnell geht, gut schmeckt und irgendwie nicht das typische ›Schnelle Küche‹ Gericht ist.
und Fasten an Impulsen finden konnte. Und er zog sich in sein Kämmerlein zurück und rief den Herrn an. Kein Gebetstreffen fand mehr ohne ihn statt. Die aufkommende Gebetsbewegung bestätigte ihn. Er sah viele seiner Gebete beantwortet. Immer mehr Menschen entdeckten die Dringlichkeit von Fürbitte. Gleichzeitig fing er an, öfter zu fasten. Anfangs einen Tag im Monat, später einmal pro Woche, dann auch mal zwei bis drei Tage am Stück. Beim Bibellesen konzentrierte er sich auf Stellen wie Joel 1, 13 oder Joel 2, 12-17 sowie auf die radikalen Gebetskämpfer. Doch nach und nach vernahm er deutlicher als je zuvor eine Gebetsmüdigkeit unter den Christen und wenn er ehrlich war, auch bei sich selbst. Aber eine neue Initiative machte ihm Hoffnung – ›die Nasiräer‹. Das werden die Historymaker der neuen Generation sein. Er selbst ein
Ich wurde vom überzeugten Beter und Faster zum Zweifler.
Nasiräer? Noch bevor er sich intensiver damit beschäftigen konnte, irritierte ihn der Professor mit seiner Aussage. Ihr wisst schon, der vom Anfang. Und diese Worte hinterließen Spuren. Langsam und zaghaft schürten sie die ersten Zweifel und bahnten sich einen Weg in sein Herz. Die Zweifel durchsetzten sein Denken. Zweifel an seiner Theologie. Zweifel, die ihn zum Fragenstellen führten. Was bewirkt Gebet und Fasten überhaupt? Bringt Gebet wirklich die ersehnte Erweckung? Geht es vielleicht gar nicht darum, mehr zu beten? Was wäre, wenn die Christenheit nur beten und fasten würde? Zweifel, die ihm zu schaffen machten, denn in der Fürbitte hatte er einen wichtigen Teil seiner Berufung gesehen. Je länger Kevin auf seinem Bett lag, desto nachdenklicher wurde er. Anflüge von Melancholie wechselten sich ab mit ›aber-in-der-Bibel-stehtdoch‹-Durchhalteparolen. Kevin suchte nach einer Lösung, die ihn weiterbrachte. Er stand auf, ging entschlossen zum Schreibtisch, nahm sich ein Blatt Papier und schrieb eine To-Do-Liste: 1. Bibel lesen, 2. mit anderen Christen im Austausch sein, 3. weiter beten und fasten, 4. sich hinterfragen lassen, 5. Tagebuch führen.
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Hunger
Warum ich wieder faste
7. April Ich war heute mit einem in der christlichen Szene bekannten Propheten und Beter unterwegs. Wir fuhren durch die Gegend und beteten an geschichtsträchtigen Stellen für unser Land. Fragte ihn zwischendurch nach seinem Fastenleben. Zu meiner Überraschung fastet er eigentlich kaum. Wie es scheint, gebraucht Gott auch Männer des Gebets, die nicht fasten!
13. Juni Heute sollte ein bedeutender Tag werden. Ein großer Gebets- und Fastentag war ausgerufen worden. Ich folgte Zehntausenden in die Hauptstadt. Voller Erwartungen begab ich mich unter die Menge und betete kräftig mit. Wenn ich ehrlich bin, wechselten sich Langeweile, Befremdliches und geistlich tiefe Momente ab. Obwohl ich solch ein Treffen in meinen Träumen schon immer ersehnt hatte, verlief der Tag für mich erstaunlich emotionslos. Hatten meine allgemeinen Zweifel schon so überhand genommen? Oder bin ich zu routiniert geworden? Nachtrag: Von diesem Tag hieß es, er habe unser Land verändert – zumindest nach Meinung der Organisatoren. Stimmt das wirklich? Wie kommen die da drauf? Messen kann man das ja nicht. Am Ende heißt es wahrscheinlich, in der unsichtbaren Welt habe sich was getan und irgendwann werden wir die Ergebnisse auf der Erde erleben. Ich bin mir da nicht mehr ganz so sicher. Außerdem, war es nicht wieder eines dieser Events ohne Langzeiteffekt? Mal einen Tag gebetet und danach ist alles verpufft. Die Nasiräer geraten in ...
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12. Juli Bekam von einem Freund eine PredigtCD über Gebet geschenkt. Ein Satz hat mich besonders angeregt: »Es geht nicht darum so viel wie möglich zu beten oder zu fasten, sondern gezielt.« Die Formel viel Gebet gleich viel Frucht scheint mir nicht aufzugehen. Hat Jesus gebetet? – Ja. War er im Dauergebetseinsatz? – Nein. Schließlich hatte er noch ganz anderes zu tun. Lehren, heilen, seine Jünger ausbilden, einfach leben ...
7. August Las heute Lukas 5, 30-39. Die Pharisäer beklagten sich bei Jesus, dass seine Jünger zu wenig fasteten. Tja, die Pharisäer, die waren wie ich zu anderen Christen. Ich war ja immer schon der Meinung, dass die zu wenig beten und fasten. Doch beim Nachdenken und Studieren des Textes gingen mir mehrere Lichter auf. Wie ich in Erfahrung bringen konnte, fasteten die Pharisäer regelmäßig zweimal die Woche. Der Grund ihres Fastens war das Bestreben, eine Umkehr der Menschen und damit eine Reform des Judentums zu erzielen. Eigentlich eine gute Sache, doch im Fasten verpassten sie zu erkennen, dass die ›Erfüllung‹ vor ihnen stand. Sie beteten und fasteten für den Bräutigam (um das Bild aus dem Gleichnis des Textes zu verwenden) und als er kam, sahen sie ihn nicht und beteten und fasteten weiter. Das pharisäische Streben war schlicht und einfach nutzlos. Wahnsinn! Die Jünger Jesu, die sich an diesem eifrigen Fasten nicht beteiligten, handelten dagegen korrekt. Daraus lerne ich: Es gibt für alles seine Zeit. Schussendlich geht es darum, zur richtigen Zeit das Richtige zu tun!
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14. August Heute sprach Gott zu mir: »Kevin, ich will nicht, dass du jetzt in die Fürbitte gehst, sondern dich von mir berühren lässt. Weißt du, dein ständiger Fokus auf Fürbitte verhindert mein Wirken an dir, denn ich will dir in Zeiten von Ruhe und Besinnung begegnen.« Das war ein Schock für mich, dennoch befreiend. Ich setzte Gottes Anweisung gleich um. Es fiel mir schwer, still zu sein. Daran muss ich mich wohl erst gewöhnen. 15. September Bin dabei neue Zugänge zu Gott zu entdecken. Ich gehe öfter spazieren und Gott spricht zu mir durch die Natur. Ich genieße es, von ihm zu empfangen. 9. November Ich fühlte mich von Gott geführt an diesem historischen Tag zu beten. Und wow! Es war eine geniale Zeit. Seit langem habe ich nicht mehr so intensiv für unser Land gebetet. Dabei spürte ich Gottes Kraft. Ja, ich wurde das Gefühl nicht los, dass meine Gebete nicht abprallten, sondern Gottes Herz bewegten. Reine Gefühlsduselei? Mir kam es nicht so vor! Ich bekam seit längerer Zeit wieder mal Lust zu fasten.
12. Dezember Habe heute das erste mal wieder gefastet. Eine gute Bekannte liegt nach einem schweren Autounfall im Krankenhaus. Ich entschied mich deshalb, ihr meinen heutigen Tag zu widmen. Nutzte meine Essenszeiten zum Gebet für sie. Fand es gut, einen konkreten Grund fürs Fasten zu haben. Ich wollte Gott damit meine Ernsthaftigkeit und Sorge ausdrücken, wohlwissend, dass ich ihn nicht manipulieren kann. Je mehr man betet, desto enttäuschter kann man werden. Dennoch will ich mich nicht herausziehen und die Welt Welt sein lassen. Ich will erleben, wie Gott übernatürlich eingreift. Ich will ehrlich sein mit meinem Frust. Ich will aber auch an Gottes Kraft festhalten. Das ist ein unglaublicher Spagat. Doch es lohnt sich.
21. Januar Zeit für ein Zwischenfazit. Ich wurde vom überzeugten Beter und Faster zum Zweifler – und nun? Es fühlt sich an, als ob die Zweifel mich reifen ließen. Ich bete, ab und an faste ich auch. Ich bin nicht mehr so verbissen. Verstehe mehr, was es heißt eine spezielle Berufung zum Fürbitter zu haben. Ich glaube weiterhin, dass Gebet die Welt verändert, doch nicht allein. Gebet darf nicht losgelöst von konkretem Handeln sein. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, gezielt zu beten und natürlich, dass es für alles Zeitfenster gibt. Ich werde auch weiterhin fasten und beten und glauben, dass Gott mich erhört. Ich werde mich weiter mit Freunden treffen, um für Menschen, Städte und Länder zu beten. Ich werde hinhören was Gott von mir will und wenn er meint, dass ich schweigen und essen soll, werde ich es auch tun. Bin mal gespannt wie die Reise weiter geht ... ///
Martin Preisendanz (29) wohnt mit seiner Frau Rebekka in Meiningen. Nach seiner Ausbildung als Werkzeugmechaniker hat er Theologie studiert. Er ist Theologe, Mitarbeiter bei Destiny Design und Teil von People Movement. Mehr Infos auf seinem Blog: www.martinpreisendanz.de
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Verhungert oder ermordet?
Hunger, Globalisierung und Entwicklungshilfe heute Text: David Coronel
// Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. Das sind im Jahr um die fünf Millionen verhungerter Kinder. Sie sind nicht Opfer eines Krieges, einer Naturkatastrophe, einer unheilbaren Krankheit oder eines Sexualverbrechens – nein, sie verhungern. Eine solche Information hören wir nicht zum ersten Mal. Wir haben es in der Schule gelernt, in einem Fernsehrbericht gesehen oder wurden von einer Hilfsorganisation mahnend daran erinnert. Meistens bewirken solche Zahlen, Daten und Fakten nur eine kurze Fassungslosigkeit. Zu weit weg sind die betroffenen Menschen, zu emotionslos sind die Zah-
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len und zu erschütternd ist die Wahrheit, vor der wir uns zu schützen versuchen, um nicht gänzlich unseren Glauben an die Legitimation unseres Lebensstils und unserer Gesellschaftsstruktur zu verlieren. Manche von uns konnten nicht vermeiden, dass eine solche Information vom Kopf direkt in die Magengegend wanderte. Manche von uns haben über ein solches Leid nicht nur gelesen, sondern waren auf einem Missions- oder Hilfseinsatz ihrer örtlichen Kirche in Zentralafrika, in Südamerika oder irgendwo in Asien. Die ›fünf Sekunden‹ bis zum nächsten Hungertod haben vielleicht Na-
men und das Elend einen Gestank erhalten. Aus einer Information wurde eine Erfahrung. Wir haben unterschiedliche Strategien mit einer solchen Erfahrung und Wahrheit umzugehen. Sie gänzlich zu ignorieren fällt schwer. Eher versuchen wir nach Erklärungen zu suchen, um zu verstehen, warum heute im Jahr 2009 Menschen nicht genug zu Essen haben. Warum leiden über 800 Millionen Menschen auf der Welt an Hunger? In den sogenannten ›Entwicklungsländern‹ und sogar in reichen Industriestaaten gibt es Menschen, denen das seit 1948 festgeschriebene Grundrecht auf ausreichende
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Mein Lieblingsrezept Jörg (26) aus Ansbach Nussecken Zutaten Teig: 230 g Mehl 70 g Speisestärke 1 TL Backpulver 3 TL Vanillezucker 2 Eier 130 g weiche Butter Zutaten Belag: 400 g gemahlene Haselnüsse 100 g Aprikosenkonfitüre 200 g Butter 200 g Zucker 2 TL Vanillezucker 75 ml Wasser 200 g Schokoladen-Kuvertüre Backofen auf 180° C vorheizen. Teigzutaten mit Knethaken zu einem gleichmäßigen Teig verarbeiten und auf einem mit Backpapier ausgelegten Backblech ausrollen. Aprikosenkonfitüre in der Mikrowelle leicht erwärmen und auf dem Teig verstreichen. In einem Topf Butter, Zucker und Vanillezucker für den Belag unter Rühren schmelzen, Nüsse und Wasser dazu rühren. Auf dem Teig verstreichen. Nussecken ca. 30 Minuten backen bis die Nussmasse an der Oberfläche fest, aber nicht hart ist. Danach in Dreiecke schneiden, erkalten lassen und mit Schokoguss verzieren. Warum das mein Lieblingsrezept ist Weil ich Nüsse zu jeder Tages- und Nachtzeit essen kann, die Schokolade beim Reinbeißen knackt, sie sehr handlich sind und ich sie als Adventskalender von meiner Frau bekommen habe – 24 Tage Genuß.
Woher kommt der Hunger? Sozialgeografen unterscheiden heute verschiedene Theorien und Deutungsansätze für die Ursachen von Unterentwicklung und dem Fehlen einer materiellen Grundversorgung. Eines haben alle diese Theorien gemeinsam: Sie sind nicht wertneutral und wurden stets politisch ge- und missbraucht. Selbst der Begriff ›Entwicklungsland‹ oder ›unterentwickeltes Land‹ geriet in Kritik, da er impliziert, dass unser westliches Werte-, Politik, Kulturund Wirtschaftssystem das entwickelte und erstrebenswerte Gesellschaftsmo-
sisch-geografischen Ungunstfaktoren vieler Regionen auf der Welt dar. Labile Ökosysteme wirkten schon immer entwicklungshemmend. Karge Böden, extreme Temperaturen und Niederschlagsvariabilitäten machten vielen Menschen in bestimmten Ländern dieser Erde das Leben schon immer schwer. Die klimatischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte zerstörten weitere Lebensräume und erhöhten den ohnehin schon großen Druck auf die Landwirtschaft. Sicher spielen auch Naturkatastrophen, wie Erdbeben, eine große Rolle, wenn man verstehen will, dass die natürlichen ökologischen und geologischen Lebensbedingungen auf dieser Erde völlig unterschiedlich sind. Es wäre aber falsch, einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen Natur und Wohlstand herzustellen, denn es ist meist eine Frage des Geldes, welche Mittel den Menschen zur Überwindung georäumlicher Ungunstfaktoren zur Verfügung stehen.
dell sei. Spätestens seit der beginnenden ökologischen Kritik in den 1980ern und unserer aktuellen ökonomischen Krise wächst ein großer Zweifel daran, ob unser Verständnis von Moderne und Entwicklung das der Welt Glück bringende Modell sein kann. Um zu verstehen woher der Hunger kommt, können diese Theorien helfen. So genannte Geodeterministische Theorien (ökologische Theorien) stellen die phy-
Auch die Modernisierungstheorien suchen die Ursachen für Unterentwicklung in den Ländern selbst. Man vergleicht den Entwicklungsstand der betroffenen Länder mit dem der westlichen Gesellschaften im 19. Jahrhundert, also der Zeit der Industriellen Revolution. Dieser zugegeben sehr beschönigende Ansatz fordert eine Modernisierung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche. Die unterentwickelten Länder müssten also
Nahrung nicht zuteil wird. Die Ursachen für Armut, Hunger und Unterentwicklung sind vielfältig und die globalen ökonomischen und sozialen Zusammenhänge so kompliziert, dass wir skeptisch sein sollten, wenn so mancher Politiker, Menschenrechtler, Entwicklungshelfer oder Gutmensch simple Antworten suggeriert.
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Verhungert oder ermordet?
nur das ›nachholen‹, was wir schon hinter uns haben. Diese Theorie liegt einem Großteil der Entwicklungshilfearbeit zugrunde. Demnach müssen diese Staaten aus eigener Kraft Disparitäten überwinden und ihre Korruption bekämpfen. Sie erhalten dabei Unterstützung der westlichen Welt meist durch die Stärkung und den Ausbau der Infrastruktur, des
lichen Welt steht damit im direkten Zusammenhang mit der Unterentwicklung der Dritten Welt. Weil teure Grundnahrungsmittel und Konsumgüter importiert und billige Güter (z. B. Rohstoffe) exportiert werden, könnte eine Überwindung der Unterentwicklung nur durch eine Abkoppelung des Weltmarktes erfolgen. Da die Ursachen externe Faktoren sind, die die traditionelle Wirtschafts- und Sozialstruktur zerstört haben, müssen auch die Lösungen die sein, die Strukturen der Weltwirtschaft zu verändern. Die klassische Arbeit der Entwicklungshelfer bleibt demnach ein Tropfen auf den heißen Stein – gut gemeint, aber ohne nachhaltigen Effekt zur Überwindung von Armut und Hunger. Die Verantwortung für Veränderung obliegt der politischen und ökonomischen Elite und dem kleinen Mann bleibt nicht viel, außer dem bewussten Konsum von ›fair trade‹ Gütern. Es ist leicht nachvollziehbar, dass das Wissen um solche strukturellen Zusammenhänge vielerorts zu einer Radikali-
Die Weltlandwirtschaft könnte problemlos zwölf Milliarden Menschen ernähren. Das heißt, ein Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet. Bildungsbereichs und einer stützenden Wirtschaftspolitik. ›Hilfe zur Selbsthilfe‹ wurde in diesem Zusammenhang zu einem geflügelten Wort in der Entwicklungshilfepolitik. Einen ganz anderen emanzipatorischen und vor allem kritischen Ansatz verfolgt die Dependenztheorie. Unterentwicklung ist kein zu durchschreitendes Stadium, sondern ein strukturbedingtes, durch Abhängigkeitsbeziehungen in der Weltwirtschaft verursachtes Phänomen. Durch die Effekte der Globalisierung hat diese Theorie zur Erklärung sozialer Ungleichheiten in der Welt weiteren Aufwind erfahren. Die Ursprünge dieser Abhängigkeitsbeziehungen liegen im Kolonialismus der vergangenen Jahrhunderte und den vorkolonialen entwicklungshemmenden Strukturen. Die Entwicklung der west-
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sierung der Debatte geführt hat. Globalisierungsgegner und politische Aktivisten sehen in ihrem neokommunistischen Kontext hinter jedem Großkonzern und jedem Wirtschaftspolitiker den Feind. So einfach sollten wir es uns aber nicht machen. Und dennoch fühlen die so genannten Globalisierungsgegner den westlichen Gesellschaften auf den Zahn und decken auf, wo wirtschaftliche Interessen vor soziale und ökologische Notwendigkeiten gestellt werden. Wer ist für den Hunger verantwortlich? Es gibt auf der Welt genügend Nahrungsmittel. Jean Ziegler, UN-Sonderberichterstatter für das Menschenrecht auf Nahrung spitzt es so zu: »Die Weltlandwirtschaft könnte problemlos zwölf Milliarden Menschen ernähren. Das heißt, ein
Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet.« Immer noch sind ein Großteil des Restmülls in den westlichen Metropolen unverbrauchte und noch für den Verzehr geeignete Lebensmittel. Wir schützen unsere westlichen Märkte durch massive Subventionen. Dadurch soll unser Wohlstand erhalten bleiben – der faire Wettbewerb auf dem Weltmarkt ist eine Heuchelei. »Wenn Sie im Senegal auf den Markt gehen, können Sie europäische Früchte zu einem Drittel der einheimischen Preise kaufen. Also hat der senegalesische Bauer keine Chance mehr, das Auskommen zu finden.« (Jean Ziegler). Ein Großteil der finanziellen Stützen für die Landwirtschaft der westlichen Welt sind Exportsubventionen: Überschüssige Agrarerzeugnisse, die auf den Inlandsmärkten nicht abzusetzen sind, können so auf dem Weltmarkt günstiger verkauft werden. Diese künstliche Verbilligung macht durch das Drücken der Weltmarktpreise die Landwirtschaft in vielen Gebieten dieser Erde unrentabel. Auch die durch die Weltwirtschaftskrise notwendig gewordenen Subventionen und ›Konjunkturpakete‹ im Industrieund Dienstleistungssektor der westlichen Länder verzerren den Wettbewerb und könnten zu einer Verschlimmerung der Situation in vielen Regionen führen. Ich finde es erstaunlich, wie die momentane Weltwirtschaftskrise, die unbestritten ihre Ursachen auch in der Maßlosigkeit, der Gier und einem verschwenderischen Konsum hat, ausgerechnet durch denselbigen – also den Konsum – wieder überwunden werden soll. Ich frage mich, warum so selten die Botschaft zu hören ist, dass Verzicht, Opfer und Mäßigung von Nöten sein muss. Die Alternativen zum Hunger Natürlich brauchen die Menschen in den Hungergebieten unserer Erde Solidarität. Es ist gut zu spenden und direkt etwas vom Kuchen abzugeben. Es wäre aber schäbig, uns mit Almosen freikaufen und unser Gewissen beruhigen zu wollen. Es ist gut, wenn gerade junge gläubige Menschen die Vision haben ins Ausland zu
HUNGER gehen, um mit ihrem privilegierten sozialen, ökonomischen und kulturellen Kapital aktive Entwicklungshilfe zu leisten. Es wäre aber naiv, darin allein die Lösung der Probleme zu sehen und die Augen vor den strukturellen Abhängigkeiten und der systematischen Benachteiligung der Dritten Welt auf dem Weltmarkt zu verschließen. Wir sollten vielmehr darüber nachdenken, ob wir auf lange Sicht bereit wären, unseren Lebensstil und unser Konsumverhalten in Frage zu stellen. Uns westlichen Gesellschaften bleiben vermutlich wenig Alternativen. Wir können uns weiter abschotten, unsere Märkte und den Wohlstand subventionieren, unsere Grenzen vor Wirtschaftsflüchtlingen verschließen und die Ungerechtigkeit in der Verteilung von Wohlstand ignorieren. Oder wir stellen uns darauf ein, dass wir lernen müssen zu verzichten und wirklich zu teilen. Gemeint ist nicht dieses Teilen, wenn wir aufgetragene Kleidung statt in den Müll,
in den Sammelcontainer des Hilfswerkes werfen. Gemeint ist auch nicht der Verzicht auf wohltuende Konsum- und Luxusgüter. Wenn eine Firma in Deutschland ihre teure Produktion ins Ausland verlagert und tausende Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit schickt, dann ist der Aufschrei (auch der Kirchen) groß. Niemand käme auf die Idee, in diesem Zusammenhang von Entwicklungshilfe zu sprechen. Und dennoch sollten wir uns fragen, wie ernst es uns mit dem Teilen, dem Verzicht und der Bereitschaft, unseren Lebensstandard zu senken, ist. Vielleicht haben wir global die Grenzen des ökologisch und ökonomisch Machbaren erreicht. Vielleicht steht uns eine radikale Abkehr unserer westlichen Entwürfe von Konsum und Wohlstand bevor. Vielleicht nutzen wir Christen diese Chance, um näher zusammen zu rücken. Vielleicht hilft es uns, Jesu Botschaft vom Reichtum und dem Reich Gottes neu zu verstehen. //
David Coronel (31) ist mit Kerstin verheiratet und zweifacher Vater. Er war Mitbegründer der Holy Spirit Night (überregionaler Jugendgottesdienst in Süddeutschland) und langjähriger Lobpreisleiter. Er studierte unter anderem Geografie, wobei er sich mit Fragen der Entwicklungspolitik und Migration beschäftigte. Heute ist er stellvertretender Schulleiter einer Förderschule bei Stuttgart und arbeitet dort mit benachteiligten Jugendlichen.
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Quergedacht
Wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab. Sprichwort der Dakota-Indianer
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Quergedacht
Unterwegs
Über das reiten toter Pferde Text: Axel Brandhorst // Kolumne
// Tote Pferde haben eine Eigenschaft, die sie extrem attraktiv macht: Sie lassen sich prima reiten. Weder sind sie bockig, noch nerven sie einen mit diesem komischen Gehoppel, sie werden nicht müde, brauchen kein Futter und keine besondere Pflege. Aber eine essentielle Eigenschaft fehlt ihnen: Sie bringen einen nicht vorwärts. Aber dazu sind sie da.
wirklicher Freiheit; das sind zeitfressende Hobbys, die keinen Spaß und keine Entspannung bringen, Süchte, Ängste und Zwänge, Krankheiten, Behinderungen und Störungen; das sind nicht zu selten auch Kommunikations- und Verhaltensformen, Projekte oder Unternehmungen. Wir reiten tote Pferde in unseren Beziehungen, bei der Arbeit, in der Politik und
Wir Menschen beschäftigen uns einen Großteil unserer Zeit damit, tote Pferde zu reiten. (Sicher, ja: Sie sind auch dazu da, mit wehender Mähne durchs spritzende Wasser der Camargue zu galoppieren und dabei unheimlich wild und romantisch auszusehen. Und das tun sie ja auch. Aber die anderen gibt es schließlich auch, und die werden gefüttert und versorgt. Und für regelmäßiges Einkommen, gesicherte Rente und Krankenversicherung kann man doch was erwarten, oder?) Ich habe kein Pferd. Die meisten derer, die das lesen, sicher auch nicht. Jedenfalls keins im Stall; keins, das wiehert, wenn wir kommen und in uns diese BlackBeauty-Western-Nostalgie auslöst. Dennoch, das haben die Dakota-Indianer sehr richtig erkannt: Wir Menschen beschäftigen uns einen Großteil unserer Zeit damit, tote Pferde zu reiten. Allegorische tote Pferde, versteht sich. Tote Pferde, das sind unbrauchbare oder unbrauchbar gewordene Transportmittel; das sind leere, leblose Hüllen – das sind zum Beispiel Liberte-toujours-Zigaretten statt
ganz allein für uns selber. In Massenmails, auf Blödelseiten im Internet und an schwarzen Brettern in Firmen taucht immer mal wieder die Liste der Maßnahmen auf, wie wir auf die Entdeckung des tote-Pferde-Reiten reagieren: Wir besorgen uns eine stärkere Peitsche. Wir sagen: »So haben wir das Pferd schon immer geritten.« Wir gründen einen Arbeitskreis, um das Pferd zu analysieren. Wir besuchen andere Orte, um zu sehen, wie man dort tote Pferde reitet. Wir erhöhen die Qualitätsstandards für den Beritt toter Pferde. Wir bilden eine Task-Force, um das Pferd wiederzubeleben. Wir kaufen Leute von außerhalb ein, die angeblich tote Pferde reiten können. Wir schieben eine Trainingseinheit ein, um besser reiten zu können. Wir stellen Vergleiche unterschiedlicher toter Pferde an.
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Unterwegs
Mein Lieblingsrezept Daniel (26) aus Berlin Lasagne für 6 Personen 500 g Rinder-Hackfleisch kräftig mit Salz, Pfeffer, Butter und Olivenöl in der Pfanne bei hoher Hitze knusprig durchbraten. Parallel dazu 6 Scharlotten und 4 Zehen Knoblauch fein hacken. Zum Hackfleisch geben und bei mittlerer Hitze und geschlossenem Deckel glasig dünsten. 5 gehäufte EL Mehl in der Pfanne verrühren und mit 1 Glas Wasser ablöschen, gut umrühren. Etwa 800 g gehackte Tomaten zugegben, mit Oregano, Basilikum, Zucker, Salz und Pfeffer abschmecken (mit Salz und Zucker nicht zu sparsam sein). Backofen auf ca. 220 Grad vorheizen. In einem Topf bei mittlerer Hitze 100 g Butter schmelzen. 3-4 gehäufte EL Mehl verühren (ergibt eine dicke Masse, die nicht klumpig sein sollte). Nach und nach etwa ½ l Milch mit einem Schneebesen unterrühren. Köcheln lassen bis die Bechamelsoße sämig wird, 100 g Schmand beigeben und mit Salz abschmecken. Eckige Form einfetten, zuerst die Hackfleischsoße, dann kommen so viele Schichten mit Lasagne-Nudeln, Hackfleischsoße und Bechamelsoße bis die Zutaten verbraucht sind. Etwa 1 cm Rand nach oben freilassen, da die Lasagne noch aufgeht. 150-200 g geriebenen Emmentaler drüber streuen. Etwa 20-30 Minuten backen. Warum das mein Lieblingsrezept ist Weil die Kombination von Bechamel- und Bolognesesoße einfach lecker ist. Gelernt habe ich das von meiner Mutter.
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Wir ändern die Kriterien, die besagen, dass ein Pferd tot ist. Wir schirren mehrere tote Pferde gemeinsam an, damit wir schneller werden. Wir erklären: »Kein Pferd kann so tot sein, das wir es nicht mehr reiten können.« Wir machen eine Studie, um zu sehen, ob es bessere oder billigere tote Pferde gibt. Wir erklären, dass unser Pferd besser, schneller und billiger tot ist als andere Pferde. Wir bilden einen Qualitätszirkel, um eine Verwendung von toten Pferden zu finden. Wir richten eine unabhängige Kostenstelle für tote Pferde ein. Wir vergrößern den Verantwortungsbereich für tote Pferde. Wir entwickeln ein Motivationsprogramm für tote Pferde. Wir erstellen eine Präsentation, in der wir aufzeigen, was das Pferd könnte, wenn es noch leben würde. Wir strukturieren um, damit ein anderer Bereich das tote Pferd bekommt. Es gibt also etliche Maßnahmen (und sicher ist dies nur ein kleiner Ausschnitt), die ergriffen werden können, damit alles so bleibt, wie es ist. Aufwendige Maßnahmen, finde ich. Und Aufwand wird normalerweise dort getrieben, wo er sich lohnt. Meine Frage ist also: Warum mag ein Mensch das tun? Die Antwort ist simpel: Unterwegs zu sein ist anstrengend. Es ist entbehrungsreich, kostenintensiv, ungewiss, unsicher, ja, gefährlich, es verlangt Flexibilität, Neugier, Motivation, Mut und Bereitschaft zum Risiko. Wenn diese Faktoren größer sind als der Gewinn, den wir uns vom Unterwegssein versprechen, werden wir es vermeiden, die Reise anzutreten. Nur, warum setzen wir uns denn überhaupt auf ein totes Pferd, schreien ›hüa‹ und tun so, als würden wir vorwärts kommen? Es gibt eine Sehnsucht nach Leben, die in uns liegt. Nach Tiefe in Beziehungen, nach Echtheit im Umgang, nach Frieden und Sinn bringenden Beschäftigungen. Jeder Mensch weiß das. Auch weiß jeder, inwiefern ihm das fehlt. Und irgendwo wissen wir auch, dass der Verdacht, allen anderen ginge es da besser als uns, nicht
stimmt. Deswegen wissen wir, wie gut es wäre, wenn wir uns auf den Weg machten. Und alle anderen wissen es auch. Jeder über sich und jeder über die anderen. Das Unterwegssein ist eine Notwendigkeit, und das ist uns klar. Dennoch: Es kostet. Wenn wir nun die Kosten scheuen, uns aber weder vor uns selbst noch vor anderen dem Vorwurf ausgesetzt sehen wollen, faul in der Sonne zu liegen, suchen wir nach Ersatz: Etwas, das mit weniger Aufwand und Schmerz verbunden ist, aber den sozialen Status dennoch erhält. Das ist die Geburtsstunde des toten Pferdes. Ich wünsche uns den Mut, tote Pferde als solche zu erkennen und vor allem abzusteigen. ///
Axxl (35), eigentlich Axel Brandhorst, ist in zweiter Ehe verheiratet und Vater einer bezaubernden Tochter. Er lebt im Kanton Bern in der Schweiz und ist im deutschsprachigen Raum in Seelsorge und psychologischer Beratung unterwegs. Sein Herz schlägt dafür, Menschen zu befähigen, eine gute Beziehung mit sich, ihrem Schöpfer und anderen Menschen leben zu können. Sein Blog: www.axxl.wordpress.com Sein Business: www.axelbrandhorst.org
© Axel Brandhorst
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THE RACE ist die Zeitschrift für Menschen, die etwas bewegen und den Dingen auf den Grund gehen wollen. Sie will qualifizieren, inspirieren, mobilisieren – manchmal auch provozieren und hinterfragen. Ein Anliegen von THE RACE ist, dass Christen mehr Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen und ihr Umfeld aktiv mitgestalten.
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Quergedacht
Für Momente wie diesen Gib der Kunst Raum
Text: Linda Zimmermann // KOlumne
// Ich bin eigentlich gar keine klassische Jahreslosungsverfechterin. Warum soll genau ein Vers vielen Menschen Wegweiser sein, die an völlig unterschiedlichen Punkten in ihrem Leben stehen? Ist der Anspruch nicht ein bisschen übertrieben, Millionen Erdenbürger unter einen Hut bzw. Vers zu bekommen? Sogar vermessen?! Und doch mag ich sie, die Herrnhuter Jahreslosungen. Oft haben sie in mir Hoffnung angestoßen, die sich für das vorliegende Jahr schon in mir regte. Okay, so schwer ist das nicht, es regt sich viel in mir. Persönlichkeitstyp ›hoch initiativ‹. Nun denn. Aber dieses Jahr ist es passiert. Rechtzeitig, ungeplant, ich nenne es mal: vom Himmel gefallen. Ich habe ein Jahresmotto. Ein ganz persönliches. Schon vor einiger Zeit hatte ich mir auf einer Fotodatenbank ein Bild heruntergeladen. Cooler Spruch an einer weißen und gleichzeitig abgeramschten Hauswand. Als ich es jetzt die Woche auf mattem Fotopapier vor mir liegen sah, machte es in mir so laut ›klick‹, dass meine Nachbarn es hätten hören müssen. Schlagartig war ich überzeugt: »Gib der Kunst Raum.« Alles klar, bin dabei. Danke, das Jahr ist (positiv) gelaufen! Als eine der vielen, die sich ein Kunststudium trotz riesigem Interesse leider nicht zutraut, hätte ich zerknirscht reagieren können. Ja, immer schön rein in die Wunde. Das Gegenteil fand statt. Ich gebe zu – bin immer noch aufgeregt. Denn der Slogan tickt in mir an, was ich ohnehin in mir trage. Er gibt meinem Wunsch den freundlichen Tritt in den Hintern, mein Leben in einer Art und Weise zu leben, die mit Funktionalität, ›Augen zu und durch‹ und ›grad mal so‹ nicht viel zu tun hat. Verschiedenartige Musik muss her, die Spiegelreflexkamera wird mit
einer neuen Batterie startklar gemacht, der Bibliotheksausweis für den Zugang zu inspirierender Literatur verlängert. Anstatt auf gute berlinerische Art und Weise von A nach B zu hetzen, bewundere ich die wunderschönen und gleichzeitig verwirrten, weil im Winter blühenden, Kirschbäume vor der Haustür. Anstatt die Dinge auf mich zukommen zu lassen, trage ich an einem Tag in zwei Monaten
Er gibt meinem Wunsch den freundlichen Tritt in den Hintern, mein Leben in einer Art und Weise zu leben, die mit Funktionalität, ›Augen zu und durch‹ und ›grad mal so‹ nicht viel zu tun hat. heimlich in den Timer meiner Freundin das Wort ›Fotoausstellung‹ ein. Und anstatt meine mir in Fleiß und Schweiß antrainierte Fähigkeit Noten zu lesen zu verlernen, mache ich mich nach Jahren wieder daran, diese genial kombinierten Hieroglyphen in Töne zu verwandeln. Wunderbar zwecklos, die Schönheit feiernd. Erinnert mich an Gott, der sich eigens ein Seeungeheuer namens ›Leviatan‹ erschuf, um mit ihm zu spielen. Habe fest bei ihm angemeldet, mir dieses Spiel in ferner Zukunft mal mit ihm gemeinsam mit der Tüte frischem Popcorn auf Großbildleinwand anzuschauen. Vielleicht kann ich ihm ja anschließend noch einige Lieblingsszenen meiner künstlerischen Versuche zeigen. Wie ich ihn kenne, werden dabei seine Augen leuchten. Vielleicht legt er dann seinen Arm um mich und sagt: »Hach, für Momente wie diesen habe ich euch in meinem Ebenbild gemacht … Hast du eigentlich ’ne Idee, wie man Ebenbild auf Deutsch ’n biss’l zeitgemäßer ausdrücken kann? Ich nicht.« ///
Linda Zimmermann (29) lebt mit ihrem Mann Michael in Berlin-Prenzlauer Berg. Hauptamtlich arbeitet sie als koordinierende Erzieherin im verlässlichen Halbtagsbetrieb einer Grundschule. Sie ist dabei ein kleines Label für Textile Unikate »ewig und immer« zu entwickeln.
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rEICH GOTTES
Reich Gottes und Dualismus
Wie unsere Betrachtung des Reiches Gottes von unserem Weltbild beeinflusst ist Text: Jörg Schellenberger
// Ich lege das gerade zu Ende gelesene Buch beiseite und lehne mich voller Begeisterung zurück. In dem Buch ging es um Geschichten und Gedanken über »Reich Gottes in der Stadt«. Davon kann ich im Moment nicht genug bekommen. Geschichten von Christen, die eine eigene christliche Disko betreiben. Oder auch die Geschichte von dem christlichen Fußballverein, der sogar den Aufstieg geschafft hat. Eine Gemeinde eröffnete in
Eine Weltanschauung beeinflusst, was wir sehen, nicht das, was es zu sehen gibt. ihrer Stadt ein christliches Café ... Dieser Traum über die Christianisierung der Stadt liegt inzwischen einige Jahre zurück. Mittlerweile habe ich eine andere Vorstellung über die Ausbreitung des Reiches Gottes in der Stadt. Diese findet nicht nur mittels christlichen Vereinen, Kneipen und christlichen Irgendetwas statt. Beim Nachdenken über andere Formen, Reich Gottes zu bauen, begegne ich in Zeitschriften, Blogs oder neuveröffentlichen Büchern immer wieder den Begriffen ›Dualismus‹ und ›ganzheitliche Schöpfung‹. Zum Beispiel sind diese Begriffe auch eine der drei Leitgedanken in dem momentan vielbeachteten Buch ›Die Zukunft gestalten‹ von Alan Hirsch und Michael Frost. »Die missionarische Kir-
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che ist in ihrer Spiritualität nicht dualistisch, sondern messianisch. Das bedeutet, dass sie sich der Weltsicht Jesu verpflichtet, nicht der griechisch-römischen, die in der Antike die Welt in einen heiligen (religiösen) und einen profanen (nichtreligiösen) Bereich aufteilte; Messianische Spiritualität sieht – wie Jesus – die ganze Welt als Wohnort Gottes.«1 Über diese Worte liest man schnell hinweg und man landet gleich bei den Umsetzungen. Weil wir ja so aktionsorientiert sind und neue gute Programme brauchen. An Stelle von Evangelisationsabenden machen wir jetzt verschiedene Interessengruppen, in denen dann Menschen zum Glauben kommen können. Und weil wir die Schöpfung ganzheitlich sehen, reden wir jetzt über soziale Gerechtigkeit. Zwei unterschiedliche Brillen Bei den Worten ›dualistisches Denken‹ und ›ganzheitliche Schöpfung‹ geht es um mehr als neue Evangelisationsprogramme oder die Beschäftigung mit sozialer Gerechtigkeit. Hier geht es um eine andere Weltanschauung. Konkret geht es um zwei unterschiedliche Weltanschauungen, und zwar um das griechische und das hebräische Weltbild. Die Hebräische Weltanschauung, in der Jesus zu Hause war, wurde in den letzten 2000 Jahren von einer hellenistischen Sicht der Theologie abgelöst. 1 Michael Frost; Alan Hirsch: Zukunft gestalten. Innovation und Evangelisation in der Kirche des 21. Jahrhunderts. Glashütten: C&P Verlag, 2008, S. 31
Am besten lässt sich ein Weltbild mit einer Brille vergleichen. Menschen aus unterschiedlichen Weltanschauungen können eine gleiche Sache unterschiedlich wahrnehmen. Darrow L. Miller sagt es passend: »Eine Weltanschauung beeinflusst, was wir sehen, nicht das, was es zu sehen gibt.«2 Somit können Menschen die gleiche Bibelstelle lesen und aufgrund ihres Weltbildes Unterschiedliches verstehen. Sie lesen die Bibelstelle mit verschiedenen Brillen. Ein großer Unterschied zwischen der hebräischen und hellenistischen Weltanschauung ist das dualistische oder ganzheitliche Weltbild. Hier sind erneut die zwei Begriffe, denen wir immer mal wieder über den Weg laufen. Was ist denn ein griechisches dualistisches Weltbild? In der griechischen dualistischen Denkweise gibt es die sichtbare materielle Welt und die unsichtbare geistige Welt, wobei die materielle Welt nur ein Schatten oder Abglanz der unsichtbaren Welt ist. Dies bedeutet, dass die unsichtbare geistige Welt einen viel höheren Stellenwert als die sichtbare Welt hat. Über die unsichtbare Welt schreiben die Griechen auch, dass sie in einem vollendeten, ewigen und nicht vergehenden Zustand ist, den es anzustreben gilt.3 Bei den Hebräern gibt es keine Unterscheidung zwischen zwei 2 Darrow L. Miller: Wie sollen wir denn denken? Leitfaden für eine christliche Weltanschauung. Edition Jugend mit einer Mission, 1. Aufl., Lüdenscheid: Asaph-Verlag 2004, S. 33. 3 Thorleif Boman: Das hebräische Denken im Vergleich mit dem griechischen. 7. Aufl., Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1983, S.41
rEICH gOTTES Hellenistisch-dualistisches Weltbild
Die Welt
Reich Gottes
Hebräisch-ganzheitliches Weltbild
Die Welt
Das Reich Gottes ist in Bewegung und ist überall dort, wo Menschen, die von Gott regiert werden, in Aktion sind.
Welten, sondern die Welt wird als dynamische Einheit gesehen. Die Welt ist für die Hebräer von Gott geschaffen und gut, obwohl sie gefallen und unerlöst ist.4 Die materiellen, sichtbaren, geistigen und unsichtbaren Elemente haben bei den Hebräern den gleichen Stellenwert. Das dualistische Weltbild Wie wirken sich diese Weltbilder nun auf die Betrachtung des Reiches Gottes aus? Für den Griechen ist das Reich Gottes wie ein Staatsgebiet, welches klar definiert, was oder wer dabei ist und was oder wer nicht. Das Reich Gottes wird im dualistischen Weltbild klar der unsichtbaren geistigen Welt zugeschrieben. Der Aufenthalt in der unsichtbaren Welt wird im hellenistischen Denken so beschrieben: »Hier befinden wir uns im Reiche des wahren Seins …«5. Dem Reich Gottes gegenüber befindet sich die ›Welt‹, welche nur ein Abglanz des Reiches Gottes ist. Die Welt ist der Bereich, wo nichts ›Geistliches‹ stattfindet. Das ganzheitliche Weltbild Bei dem ganzheitlichen hebräischen Weltbild ist das Reich Gottes in Bewegung und überall dort, wo Menschen, die von Gott regiert werden, in Aktion sind.6 4 Marvin Wilson: Our Father Abraham. Gran Rapids: Wm. B. Erdmans Publishing Company, 1989, S. 168 5 Thorleif Boman: Das hebräische Denken im Vergleich mit dem griechischen, S. 41 6 David Bivin; Roy Blizzard: Was hat Jesus wirklich gesagt. 2. Aufl., Erzhausen: Leuchter Edition, 2001, S. 72
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rEICH GOTTES
Reich Gottes und dualismus
Um den Unterschied zwischen dem ganzheitlichen und dem dualistischen Weltbild zu verdeutlichen werden nun ein paar Fragen beantwortet. Bei dieser Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Weltbildern geht es mir nicht darum zu sagen, dass die eine Betrachtungsweise falsch und die andere richtig sei, sondern darum, Ansichten über das Reich Gottes, die wir aufgrund unserer hellenistischen Prägung als unerschütterlich gesehen haben, zu hinterfragen.
seinem Umfeld zu leben. Es ist egal, ob du Pastor bist, ein Jüngerschaftsjahr machst oder bei Mercedes in der Fabrik arbeitest.
Wer ist ein Arbeiter im Reich Gottes? Nach der Schule oder nach der Ausbildung überlegen sich viele junge Christen, was sie denn jetzt machen wollen. Manche wollen noch mal für das Reich Gottes arbeiten bevor sie einem ›weltlichen‹ Beruf nachgehen (erkennst du die Unterscheidung in die hochwertige geistliche Welt und den unbedeutenden Abglanz, näm-
Wann machen wir etwas für das Reich Gottes? Diese Frage geht in eine ähnliche Richtung wie die vorhergehende. Deswegen betrachte ich es gleich von einem ganzheitlichen Weltbild. Ein Fußballtrainer für die D-Jugend kann genauso ein Reich Gottes Arbeiter sein wie ein Jungscharleiter. Der Fußballverein muss dafür auch kein christlicher sein.
Bei dem ganzheitlichen hebräischen Weltbild ist das Reich Gottes in Bewegung und überall dort, wo Menschen, die von Gott regiert werden, in Aktion sind. lich die Welt? – ein Merkmal der dualistischen Weltanschauung). Dies äußert sich meistens dadurch, dass sie ein FSJ bei einer christlichen Organisation machen oder ein Jüngerschaftsjahr einlegen. Nach dem ganzheitlichen Weltbild jedoch ist man dann ein Reich Gottes Arbeiter, wenn man von Jesus regiert wird und versucht, das in
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Wie messen wir Erfolg im Reich Gottes? Wie beurteilen wir, welche Auswirkung unsere Gemeinschaft auf die Stadt hat? Wie beurteilen wir den Erfolg eines Gottesdienstes? In meiner ersten Zeit als Leiter beurteilte ich Erfolg, in dem ich zählte, wie viele Leute zu dem Jugendabend gekommen waren. Während den Ansagen oder
einem anderen unbedeutenden Part zählte ich die besetzten Stühle. Wenn dann am Ende die Frage kam »… und wie war euer Jugendabend?«, dann erzählte ich z. B. stolz »Heute waren doppelt so viele wie das letzte Mal da.« Nach dem dualistischen, territorialen Weltbild ist der Jugendabend ein Teil des Reiches Gottes, und wenn dann wachsende Besucherzahlen zu verzeichnen sind, war es ein Erfolg, ist ja logisch, oder? Man könnte demnach sogar sagen, das Reich Gottes sei gewachsen. Den Erfolg bei einem hebräischen Weltbild zu messen ist nicht so leicht wie bei dem griechischen. Das Weltbild ist ja nicht statisch, sondern hier geht es um das Dynamische. Ein Hebräer sagt zu einer Quelle, die kein Wasser gibt, dass sie lügt.7 Die Quelle ist für ihn kraftlos und leer. Man könnte auch sagen, dass eine Quelle, die kein Wasser bringt, keine Frucht bringt und somit nicht erfolgreich ist. Bei Erfolg geht es also mehr darum, was dabei 7 In Jesaja 58,11 wird auch dieses hebräische Bild verwendet. In der deutschen Fassung steht meistens versiegen statt lügen. Aber in der hebräischen Fassung wird das Wort hebräische Wort für ›lügen‹ verwendet.
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Qualifizieren. Inspirieren. Mobilisieren. Nummer 33 • 1/2009
rauskommt. In diesem Zusammenhang versteht man auch Johannes 7, 38: »Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus seinem Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.« Also wie beurteilt man den Erfolg im Reich Gottes? Ich denke, die Frucht bzw. was dabei rauskommt ist ein wichtiger Faktor. Um das Dynamische zu verdeutlichen passt auch die Frage »Wie viel Einfluss hast du mit dem was du machst?« Was hält mich im Reich Gottes? Zugegeben, bei der Beantwortung der Frage kann man sich schnell auf dünnes Eis begeben. Ich versuche es trotzdem. Wenn man durch die dualistische Brille schaut, würde man als Antwort »die Gemeinde« geben, weil man sich, wenn man sich dort aufhält, im Reich Gottes befindet. Aus der ganzheitlichen Perspektive betrachtet geht es weniger um Aufenthaltsorte. In einer Weltansicht, in der nicht durch Institutionen definiert ist, wann man drin ist und wann nicht, geht es mehr um die Beziehungen. In diesem Fall spielt klar die Beziehung zu Gott die entscheidende Rolle. Sie ist es, die einen fest ins Reich Gottes verankert. Des Weiteren spielen auch die gelebten Beziehungen zu anderen Jesusnachfolgern eine wichtigere Rolle als die Institution Gemeinde. Dies alles bedeutet, man muss nicht in die Gemeinde gehen um im Reich Gottes zu sein. Aus dieser Perspektive muss man auch neu überdenken, was für uns Gemeinde ist.
Wie auch die letzte Frage sind die Fragen teilweise nur angeschnitten beantwortet, bzw. es sind Gedanken die du gerne weiterdenken kannst. Wenn ich jetzt über Reich Gottes nachdenke, sehe ich nicht nur christliche Organisationen, Vereine usw., sondern ich sehe, dass es viele andere kreative Möglichkeiten gibt, wie man Reich Gottes bauen kann. Mich begeistert es, Geschichten von Leuten zu hören die ihre Stadt, ihren Beruf etc. als ihren Auftrag sehen. Sie sehen die Schöpfung als ihren Gestaltungsraum. Das sind Geschichten von Unternehmern, Kellnern, Schuhverkäufern, Erziehern ... ///
ISSN 1864-2012 Herausgeber: JMS Altensteig e. V. Redaktionsleitung: Benjamin Finis, Michael Zimmermann (info@therace-online.de) Redaktionsteam: Anne Coronel, Benjamin Finis, Daniel Knauft, Nadja Gail, Anneke Reinecker, Alja Renk, Jörg Schellenberger, Michael Zimmermann Redaktionsassistenz: Ilona Tempel (Lektorat), Christine Zimmermann (Statements) Redaktionsbeirat: Klaus-Peter Foßhag, Gerhard Kehl, Gernot Rettig, Stefan Waidelich, Michael Winkler Vertrieb: Sebastian Schenk, Jens Kiefer THE RACE, JMS Altensteig e. V., Bahnhofstraße 45, D-72213 Altensteig, bestellung@therace-online.de, www.therace-online.de Gestaltung: Michael Zimmermann –> www.michaelzimmermann.com Johannes Schermuly –> www.ideen-und-medien.de Druck: rollerdruck, Turmfeldstraße 23, 72213 Altensteig Copyright: JMS Altensteig e. V. (wenn nicht anders vermerkt) Erscheinungsweise: März, Juli, November Abonnement: Ein Abonnement verlängert sich automatisch um ein weiteres Bezugsjahr, wenn es nicht bis zum 30.11. gekündigt wurde. Das gilt nicht für Geschenk-Abos, die automatisch nach einem Bezugsjahr enden. Heftpreise: Abo THE RACE: 15,- € (D), 29,- SFr (CH), 19,- € (A), Abopreise inkl. Porto. Einzelpreis: 7,- € bzw. 10,- SFr + Porto Bei allen Preisangaben innerhalb dieser Ausgabe von THE RACE gilt: Änderung und Irrtum vorbehalten. Bankverbindung: Konto Deutschland: Volksbank Nordschwarzwald, BLZ 642 618 53, Konto-Nr. 620 49 003 • Konto Schweiz: Postfinance, Konto-Nr. 6039394-6 (IBAN: DE 92 6426 1853 0062 049 003, BIC: GENODES1PGW) JMS Altensteig e. V. ist ein gemeinnützig anerkannter Verein und daher berechtigt Zuwendungsbescheinigungen auszustellen. • Das Jugend-, Missions- und Sozialwerk (JMS) Altensteig e. V. in Altensteig/ Nordschwarzwald versteht sich als ein freies Werk und ist dabei einerseits eine evangelikal charismatische Gemeinde und andererseits ein nationales und internationales Missionswerk. Zu unserer Berufung gehört untrennbar die Schulung, Ausbildung und Lehre im christlichen Bereich. Wir fördern THE RACE, weil es unser Wunsch ist, junge Leiter mit gutem und zeitgerechtem Input auszustatten und ihnen Mut zu machen, ihren Platz in der Gesellschaft einzunehmen. Vorstand: Klaus-Peter Foßhag, Helmut Hauser, Andreas Claus, Hermann Riefle (Ehrenvorsitzender) Geschäftsführer: Rainer Taigel © Jugend-, Missions- und Sozialwerk Altensteig e. V. Bahnhofstr. 43-47 • 72213 Altensteig
Bildnachweis Jörg Schellenberger (26) lebt mit seiner Frau Kerstin in Ansbach. Er liebt seine Stadt und mit Menschen unterwegs zu sein. Er studiert an der Pionierakademie (Theologie) und ist Leiter und Gründer von verschiedenen Projekten, u.a. Grillanzuendar » www.grillanzuendar.de.
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Leserbriefe
Leserbriefe 03/2008 Was kostet die Freiheit? von Axel Bradhorst Oliver Kröger Die Passage aus dem Artikel von Axel Brandhorst zum Thema Tabubruch hat mich überrascht: »Unsere Werte lösen sich auf – die Postmoderne war weder vom Papst noch vom Pietismus aufzuhalten; und so müssen wir feststellen, dass von all dem, was wir noch vor 20 Jahren als feststehende Tatsachen vorausgesetzt haben, fast nichts überdauert hat.« Nach einem einleitenden Abschnitt der gut ins Thema führt, plötzlich dieser pauschale, undifferenzierte Kracher. Ab dieser Zeile war der Bericht für mich disqualifiziert. Weiter unten konnte man dann noch lesen, woher möglicherweise diese simplifizierte Ausführung kam – aus dem fundamentalistischen Selbstverständnis des Autors vielleicht? Von jemandem, der eine solche Weltsicht preisgibt möchte ich nicht inspiriert werden. Das atmet Angst, Rückwärtsgewandheit und diffuse Wahrnehmung der Realität. Axels Antwort dazu findet ihr im Internet. Reaktion zu Seite 2 »Tabubruch« Annika Lampmann aus Ludwigsburg Ich muss schon sagen »Armes Deutschland«, wenn ich die Statements zum Thema »Tabubruch« auf Seite 2 lese. Wir sollten doch die sein, die etwas zum Positiven in unserem Land bewegen. Wenn nicht wir – die wir doch Gott kennen – wer dann? Ich denke, dass wir auch für die nachfolgenden Generationen Verantwortung haben. Und wenn ich dann mein Leben so ansehe, dann sehe ich viele Scherben und auch viele Verletzungen, auch gerade durch Gemeinden, ein falsches Gottesbild etc. Ich lese zwischen den Zeilen der Statements viel Rebellion (auch gegen Gott), Resignation und viel Frust und Enttäuschung heraus. Mir fällt auch das Lied von »Petra« ein: »Lord, send revival, start with me«. Bei Erweckung – passt wohl eher zur vorletzten Ausgabe – denke ich nicht an Manifestationen und Lachsalbung, sondern vor allem an aufwachen
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THE RACE 01/ 09
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und umdenken. Und das fängt bei mir an, wenn ich mir ehrlich die Scherben meines Lebens ansehe und erlebe, wie ich mich immer wieder an ihnen verletze und sie auch anderen schaden. Bitte Leute, lasst uns ehrlich werden, umdenken und aufstehen! Wenn nicht wir – wer dann?! Allgemeines Feedback Heike Schulz aus Hamburg Vor zwei Wochen bekam ich ein kostenloses Probeexemplar eurer Zeitschrift. Genial! Ich möchte diese super Sache unbedingt weiterbekommen. Dickes Lob – ich hab die Zeitschrift förmlich verschlungen. Feedback zu den letzten beiden Ausgaben Markus Till aus Weil im Schönbuch Die letzten beiden Ausgaben waren wieder einmal angefüllt mit vielen wertvollen Beiträgen und Gedanken. Herausragend waren dabei für mich vor allem die Beiträge von Johannes Kleske und die Analyse des Konzepts Leiterschaft von Johannes von Stern – wenn auch seine etwas resignierende Frage, ob es überhaupt möglich sei, dass unsere Gemeinden Raum bieten können für Suchende und Zweifelnde bei mir ein etwas schales Gefühl zurückließen. Wie wenn mir ein Arzt eine klare Diagnose stellt, aber bei der Frage nach der Therapie nur mit den Schultern zuckt. Unglücklich fand ich allerdings die beiden Hefttitel. Wenn ein Heft den Titel »Erweckung – Wo ist sie geblieben?« trägt und der erste Artikel mit »Das Märchen vom Erweckungsland – Warum ich nicht mehr an Erweckung glaube« überschrieben ist, dann vermittelt mir das den Eindruck, dass es hier hauptsächlich um die Verarbeitung des »postcharismatischen Syndroms« (»PCS«) geht, wie Daniel Knauft es genannt hat. Das ist zwar ohne Zweifel ein wichtiges Thema, das ich selbst schon in verschiedener Weise und z. T. äußerst schmerzhaft durchbuchstabieren musste. Aber damit wurde das Heft meiner Meinung nach doch zu sehr auf ein (ex-) charismatisches Zielpublikum fokussiert.
Außerdem fühle ich mich durch so einen Titel oder auch das Editorial (»Erweckuwas?«) schon fast komisch, wenn ich trotz all meiner negativen Erfahrungen immer noch an Erweckung glaube. Glücklicherweise waren die Beiträge im Heft wesentlich vielfältiger als der Titel befürchten ließ. Und auch Haso, der Autor des o.g. ersten Artikels glaubt ja immer noch an Erweckung. [...] Auch der Titel »Tabubruch« wirkte auf mich erst einmal negativ. Zerbruch ist ja etwas schmerzhaftes. Und es gibt auch wertvolle Tabus – wie im Heft dann auch richtig festgestellt wurde. Dabei finde ich es total wichtig, eingefahrene Denkweisen, Verkrustungen, Gesetzlichkeiten und blinde Flecken in der christlichen Szene zu hinterfragen, offen zu legen, aufzubrechen, quer zu denken und sich einmal ganz anderen Sichtweisen und Erfahrungen auszusetzen. Das Ziel von all dem ist ja etwas Positives, nämlich dass Neues wachsen kann. Da fände ich es besser, die Sache vom positiven Ziel her anzugehen als primär auf den Zerbruch zu fokussieren. In den Artikeln war das dann ja erfreulicherweise auch oft so. […] Die provokanten Titel haben wir natürlich bewußt so gewählt und uns dann um Ausgewogenheit bemüht, wie du auch gemerkt hast.