THE RACE 38 • KRIEG

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11. Jahrgang

3/2010 • Nr. 38 (November) 7 EUR/10 SFr (Einzelpreis)

Die christliche Zeitschrift zum Weiterdenken

KRIEG

LASS MICH in FRIEDEN

Die Friedensstifter Menschen, die mehr tun als nur reden

// Seite 18

Was Jesus von Scheidung hält Ein Thema, das vor der ­Gemeinde­tür nicht halt macht // Seite 38

Wir ändern unseren Namen Wie unser neuer Name lautet und was wir 2011 noch verbessern // Seite 37


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Flaggschiff

Spielanleitung:

Auf Seite 29 ist das Spielfeld des Gegners. Die Blätter zwischen den Spielfeldern (Seite 2 und 29) werden hochkant aufgestellt und während des Spiels von einem der Spieler als Sichtschutz festgehalten.

Als Vorbereitung auf das Spiel trägt jeder in das obere Feld seine Schiffe ein. Die Schiffe dürfen dabei nicht aneinander stoßen und müssen immer in einer Linie hochkant oder quer – nie diagonal – platziert werden. Zunächst wird ausgelost, wer zuerst schießen darf. Der Schießende gibt eine Koordinate an, auf die er feuert, zum Beispiel C3. Der Beschossene sieht auf seinen Flottenplan und antwortet mit Wasser, Treffer oder versenkt. Ein Schiff gilt dann als versenkt, wenn alle Felder des Schiffes getroffen wurden. Der Schießende notiert dies in seiner Trefferliste. Der Beschossene muss die Treffer ebenfalls markieren um zu sehen, wann ein Schiff versenkt wird. Man darf so lange schießen bis man ins Wasser trifft. Wer zuerst alle Schiffe versenkt hat, hat gewonnen und kriegt vom Gegner ein Eis ausgegeben.

Die Spielzeit beträgt etwa 15–30 Minuten.

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eigene Flotte Trefferbild Gegner


Editorial

Das Team von links nach rechts: Jörg, Anke, Anne, Anneke, Michael

Statistisch // Weltfrieden – das wärs doch. Alle Völker dieser Erde in Harmonie und gerechtem Miteinander an einem großen Tisch vereint. Das würde auch so nach Gott klingen, irgendwie. Wobei: Wer vergleicht, wie oft die Wörter »Krieg« und »Friede« in der Bibel vorkommen, wird feststellen, dass »Krieg« so ziemlich überlegen ist. »Krieg« erhält 325 Treffer, »Friede« gerade mal 267 Treffer (Elberfelder Übersetzung). Was sagt uns das? Zunächst einmal, dass in der Bibel öfter von Krieg als von Frieden gesprochen wird. Aber Quantität sagt nicht unbedingt etwas über die Qualität. Deswegen halten wir einen genaueren Blick darauf, ob Gott nun ein lieber oder ein böser Gott ist, für lohnenswert (S.6). Auch haben wir zwei Experten schlaue Fragen über den Jihad gestellt (S.11) und präsentieren euch eine Reportage über drei Friedensinitiativen zwischen Christen und Moslems (S.18). Wie man nach einer kriegerischen Auseinandersetzung dauerhaft positiven Frieden erreichen kann – darüber schreibt fachkundig eine Studentin für Friedensforschung (S.24). Einer der Höhepunkte in der thematischen Reise dieses Heftes ist zweifelsfrei der Artikel über das Reizthema »Geistlicher Kampf« (S.30). Die Autorin berichtet offenherzig von ihren Lernschritten auf dem Weg vom geistlichen Pazifismus hin zu einer realistischen Sichtweise der Spannungen in der unsichtbaren Welt. Unsere Beleuchtung des Krieges ist zu unserer eigenen Überraschung übrigens fast doppelt so weiblich wie männlich: Wenn man die beiden Kurzberichte (S.17 und 33) und die Gast-Illustration über die Krisenherde der Welt (S. 26) von Anja Brunsmann mitzählt, so kommen wir auf insgesamt sieben Beiträge von Frauen und »nur« vier Beiträge von Männern. Und das bei einem so scheinbar männlichen Thema! Weitere Anstöße zum Weiterdenken gibt uns eine Predigt von Rob Bell über Scheidung (S.38) sowie ein Interview mit der Regisseurin Wendla, die sehr offen über ihre größten Herausforderungen und Kämpfe auf dem Weg ins Filmbusiness erzählt (S.50). Aber das sind nur zwei Beispiele. Klar ist: Die Tage sind gezählt. Bald heißen wir oora. Und nächstes Jahr gibts für den gleichen Abopreis 4 statt 3 Ausgaben. Mehr darüber auf Seite 37. Und hier noch ein kostenloser Rat, der bestimmt viel zu neun-malklug rüberkommt: Lass dich nicht von Facebook und der ganzen YouTubeAblenkung davon abhalten, dich konzentriert lesend auf die Themen in diesem Heft einzulassen. Du bist es wert! Und wenn dir etwas nicht passt oder dich besonders anspricht, schreib es bitte der Anne: anne@theraceonline.de. Wir lieben Rückmeldungen. Und dich. Dein THE RACE Redaktionsteam

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INHALT

Schwerpunkt: Krieg // 6 Lieber Gott, böser Gott

Sind Katastrophen eine Strafe Gottes?

Gofi Müller

11 Krieg im Namen Gottes

Meinungs-Synopse zum Thema Jihad

Dr. Christine Schirrmacher + Carl Medearis

Friedensstifter

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Wir Christen sind eher bekannt dafür, dass wir die Angst vor dem Islam in der westlichen Welt schüren. Dieser Artikel portraitiert Christen, die genau das Gegenteil tun. Auf verschiedene Art und Weise treten sie als Friedensstifter in der Öffentlichkeit auf. Sie sind alle dazu bereit, Vorurteile über Bord zu werfen und den friedvollen Umgang von Christen und Muslimen in den Mittelpunkt zu stellen.

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Miguels Auftrag

Was ist der innere Frieden?

Martin Preisendanz

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Die Friedensstifter

Menschen, die mehr tun als nur reden

Cosima Stawenow

22 Anleitung zum Streiten

Hilfestellungen, den eigenen Weg zu finden

Ursula Hauer

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Was ist los mit unserer Welt?

Krieg und Frieden

Janina Coronel

30 Unsichtbare Auseinandersetzungen

Lernstationen zum Reizthema »Geistlicher Kampf« Gerti Strauch

Geistlicher Kampf

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In der Bibel finden wir Hinweise darauf, dass es zwischen Himmel und Erde mehr gibt als das, was wir sehen können – zum Beispiel in Epheser 6, 12. Wir entdecken Aussagen darüber, dass es eine geistliche Welt in einer anderen Dimension gibt und dass dort zwei Pole existieren – Gut und Böse – die in einer unsichtbaren Auseinandersetzung miteinander stehen. Lange Zeit hielt die Autorin das nicht für ihr Metier.

Häufige Fragen Deine Adresse hat sich geändert? Bitte schicke uns sobald wie möglich deine neue Adresse und gib dabei deinen Namen, deine alte Anschrift und ergänzend auch deine Telefonnummer und dein Geburtsdatum mit an. Einfach an service@therace-online.de. Du möchtest, dass andere THE RACE kennen lernen? Wir senden dir gerne kostenlos THE RACE Flyer

zu, die du weitergeben oder auslegen kannst. Nenne uns einfach die gewünschte Stückzahl und wie du sie loswerden willst. Du willst THE RACE abonnieren? Oder verschenken? Am besten du bestellst THE RACE direkt in unserem Online-Shop auf www.theraceonline.de/shop. Telefonisch unter 089/858 53 552 oder 4

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Quergedacht //

34 Der Tigerstreifen

Neues aus dem Hinterhof der Geistlichkeit

Kolumne: Axel Brandhorst

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Was Jesus von Scheidung hält

Ein Thema, das vor der Gemeindetür nicht halt macht

Rob Bell

FAQ

per E-Mail an bestellung@therace-online.de geht genauso. THE RACE erscheint viermal im Jahr (März, Juni, September, Dezember) und kostet insgesamt nur 16,50 EUR in Deutschland bzw. 22,50 EUR in anderen europäischen Ländern. Bei allen Preisen sind Mehrwertsteuer und Versandkosten bereits enthalten! Du willst mit einem der Autoren Kontakt aufnehmen? Unsere Autoren freuen sich über jedes Feedback. Schicke deine Nachricht an info@therace-online.de und wir leiten diese gerne weiter. Du willst einen Artikel nachdrucken? Da gibt es leider ein paar rechtliche Dinge zu beachten: Das Kopieren/Ausdrucken/Nachdrucken eines Artikels ist bis zu einer Auflage von 15 Stück für nichtkom-

merzielle Zwecke (z. B. Jugendgruppe oder Hauskreis) ausdrücklich gestattet, allerdings nur, wenn die Rechte beim oora verlag GbR liegen. Am Ende des kopierten Artikels muss dann jeweils der Quellennachweis (z. B. »aus THE RACE Nr. 38«) und das Copyright angegeben werden (© oora verlag GbR). Bitte sende uns eine Kopie des betreffenden Artikels mit allen zugehörigen Angaben: Wer hat den Artikel kopiert? Wie oft? Für welche Gruppe? Liegen die Rechte nicht bei oora verlag GbR, so ist direkt unter oder neben dem Artikel ein anderes Copyright angegeben. Hier musst du die Kopiergenehmigung beim Rechteinhaber selbst einholen. Wenn du dabei Hilfe brauchst, wende dich einfach an uns.


Inhalt

42 Leben und gelebt werden

Unter der Oberfläche

Kolumne: Linda Zimmermann

44 Eintauchen in das Mysterium

Das Abendmahl neu entdecken

Dr. Peter Aschoff

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Geld stinkt nicht

Nett-Sein darf bezahlt werden

Johanna WeiSS

50 Mit anderen Augen sehen

Interview mit Regisseurin Wendla Nölle Interview: Debora Ruppert

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Pixelperfekt Franziska Arnold

56 FuSSball, Rache und Vergebung

Mal ehrlich

Scheidung

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Stadtarbeit

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Eine ausgewogene Message über Scheidung und was Jesus davon hält? Jesu Aussagen im Kontext der rabbinischen Auseinandersetzung der damaligen Zeit? Angemessene Ratschläge an diejenigen, die mit Scheidung in ihrem Umfeld konfrontiert sind? Hier wirst du fündig. Rob Bell hat diese Predigt vor einigen Monaten in seiner Gemeinde hoch oben im Norden der USA gehalten. Wir haben sie transkribiert und übersetzt, weil sie wirklich zum Weiterdenken anregt, finden wir.

Kolumne: Kerstin Hack

58 Raus in die Stadt

Wie wir Nächstenliebe mit Leben füllen

Pascal Bewernick

62 Im Hier und Jetzt

Leserporträt Silvia Blum

Christine Zimmermann

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Zurückgeliebt

Mein Freund Gott und ich

Kolumne: Mickey Wiese

Details //

2 + 29 Schiffe versenken 37 Zwei Dinge, die wir 2011 weiterentwickeln werden 66 Impressum • Leserbriefe

Sozial-missionarisches Engagement bewegt sich oft nur innerhalb unserer Gemeinderäume. In diesem Artikel stellt Pascal Bewernick die Stadt in den Mittelpunkt. Es ist ein Appell raus in die Stadt zu gehen und vor Ort Nächstenliebe zu praktizieren, auch wenn die Menschen erstmal nichts von Gott wissen wollen. Er plädiert für ehrenamtliches aber auch professionelles Engagement von Christen in ihren Städten.

THE RACE Info Fehlerkorrektur letzte Ausgabe

Auf Seite 16 der Kind-Ausgabe (2/2010) haben wir einen mittelschweren Fehler beim Layouten gemacht. Die Hervorhebung unten links wurde beim Layouten aus Versehen aus dem Text ausgeschnitten und nicht kopiert. So haben wir einen Satz des Autors Axel Brandhorst kurzerhand zu einem Erich-Kästner-Zitat gemacht, was aber falsch ist. Richtig ist folgender Text: Erich Kästner sprach in den fünfziger Jahren die bedeutungsvollen Worte: »Die meisten Menschen legen ihre Kindheit ab wie einen alten Hut. Sie vergessen sie wie eine Telefonnummer, die nicht mehr gilt. Früher waren sie Kinder, dann wurden sie Erwachsene, aber was sind sie nun? Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch.« Geht das? Kann man wirklich erwachsen sein – das heißt, angemessen im Hier und Jetzt denken, fühlen und handeln – und darüber das Kind, das wir mal waren, nicht verlieren, sondern leben und atmen lassen? ...

Weiterentwicklungen 2011

Ab der kommenden Ausgabe in März kommen wir 4 x im Jahr zu euch und unser Name wird sich ändern. Wie der Name lautet und alle weiteren Details findest du auf Seite 37.

Artikel, die mit dem Lautprecher gekennzeichnet sind, gibt es als Audioversion in iTunes und auf www.therace-online.de. Die vorgelesenen Artikel sind ideal für eine lange Autofahrt oder zum einfach nur Zuhören auf dem heimischen Sofa.

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Lieber Gott, böser Gott Sind Katastrophen eine Strafe Gottes? Text: Gofi Müller

Der Gott des Alten Testaments, der das kanaanäische Volk vernichtet, ist uns unheimlich. Wir sprechen lieber nur vom lieben Gott. Greift Gott heute noch strafend ein? // Im Anschluss an die Loveparade-Katastrophe von Duisburg, bei der 21 Menschen starben, sorgte Eva Hermann mit einem Artikel für den Kopp-Verlag für großes Aufsehen. Nur einen Tag nach dem Vorfall, als einige der Opfer noch mit dem Tod rangen, konnte sie dem schrecklichen Ereignis durchaus etwas Gutes abgewinnen. Denn vielleicht, so meinte sie, hätte eine höhere Macht genug gehabt von dem unmoralischen Treiben und ihm auf drastische Weise Einhalt geboten, so dass zukünftig niemand mehr auf die Idee käme, eine weitere Loveparade zu veranstalten. Die Empörung über diese Sätze war groß. Die Medien warfen Hermann vor, sie verhöhne die Opfer, weil sie ihnen zwischen den Zeilen vorwerfe, selbst Schuld an ihrem Tod zu sein. Aber noch etwas anderes erregte die Gemüter und fand sogar Platz in den Kommentaren diverser Zeitungen: Das Gottesbild, das Hermann vertrat. Ging Eva Hermann tatsächlich davon aus, dass Gott das Treiben auf der Loveparade nicht mehr ertrug und in seinem Zorn 21 Menschen zerquetschte? Die Zeitungskommentatoren zeigten sich von dieser Vorstellung angewidert. Der eine oder andere Christ jedoch mag nach-

denklich mit dem Kopf gewackelt haben, weil ihm so etwas Ähnliches selbst schon durch den Kopf gegangen war.

Der unheimliche Gott Biblische Beispiele dafür, dass Gott richtend ins Zeitgeschehen eingreift, gibt es en masse: die Vernichtung der kanaanäischen Völker durch Israel, die ausdrücklich von Gott angeordnet worden war. Oder die Zerstörung Jerusalems 70 nach Christus. Jesus selbst hatte sie vorhergesagt und keinen Zweifel daran gelassen, dass es sich dabei um ein Strafgericht Gottes handeln würde. Oder nehmen wir die Geschichte von Hananias und Safira: Als sie der Gemeinde etwas spendeten, mogelten sie dabei ein wenig, um besser dazustehen. Und diese Mogelei bezahlten sie auf der Stelle mit ihrem Leben. Von dieser Seite Gottes reden wir nicht gerne. Sie ist uns unangenehm. Und außerdem verstehen wir sie nicht. Ich gestehe offen: Ich verstehe sie auch nicht. Der Gott, an den ich gerne glaube und zu dem ich täglich bete, ist der Gott, der sich mir in Jesus zugewandt hat, der mein Freund sein will und meine Lage versteht, egal wie verfahren sie ist. Dagegen ist mir der richtende Gott fremd und unheimlich. Mich beschäftigen zwei Fragen: 1. Habe ich eine Chance, das Handeln dieses richtenden Gottes zu verstehen? Und 2. Hatte Eva Hermann Recht, als sie reichlich salopp andeutete, die Katastrophe von Duisburg sei ein Strafgericht Gottes?

Da ich, ehrlich gesagt, keine Chance sehe, auf die erste Frage in einem so kurzen Artikel wie diesem eine zufriedenstellende Antwort zu finden, fange ich mit der zweiten an.

Unerklärliche Katastrophen Wir sind versucht, hinter allem, was geschieht, eine ordnende Hand oder einen Zweck zu vermuten – vor allem, wenn es sich um tragische Ereignisse handelt. Wenn geliebte Menschen sterben, wenn ein Kind, das geboren wird, behindert ist, wenn ich mein Auto zu Schrott fahre, stelle ich schnell die Frage: Warum passiert das ausgerechnet mir? Wir können es anscheinend nicht glauben, dass Dinge einfach so passieren, weil sie eben passieren oder dass sie geschehen, weil es Menschen gibt, deren gewissenloses Handeln sie verursachen. Das würde ja bedeuten, dass wir ein hilfloser Spielball widriger Umstände sind! Diese Vorstellung ist furchterregend. Da fällt es dem einen oder anderen immer noch leichter, im Einzelfall an einen richtenden und rächenden Gott zu glauben, der die Sünder bestraft, als daran, dass Menschen unschuldig das Opfer von Gier oder Planungsfehlern werden. So geht es auch den Zeitgenossen von Jesus, die ihm berichten, dass der Gouverneur Pilatus Pilger aus Nordisrael abschlachten ließ, während sie im Tempel das Opfer darbrachten (Lukas 13, 1-5). Sie sind überzeugt, dass dieser drastische

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Lieber Gott, böser Gott

Den Gott, der die Vernichtungskriege gegen die Völker Kanaans befohlen hat, hat Jesus »Vater« genannt. Und er hat gesagt: »Ich und der Vater sind eins.«

Vorfall irgendeinen nachvollziehbaren Grund haben muss. Möglicherweise waren die Pilger schlimme Sünder und wurden bestraft? Wären sie unschuldig, könnten sie doch nicht während eines Gottesdienstes massakriert werden! Hätte Gott dann etwa tatenlos zugesehen? Jesus kontert kühl. Nein, sagt er, die Pilger waren nicht sündiger als alle anderen auch. Und dann führt er noch ein Beispiel an, um seinen Punkt klar zu machen: Erst vor kurzem ist ein Turm zusammengebrochen. 18 Menschen wurden darunter begraben und starben. Waren sie schlechter als alle anderen, mussten sie deshalb sterben? Na jedenfalls, sagt Jesus, waren sie nicht schlechter als ihr. Und fügt dann hinzu: Aber wenn ihr nicht zu Gott umkehrt und euer Leben ändert, wird es euch ebenso ergehen! Wenn ich Jesus richtig verstehe, sagt er: Oft passieren Dinge, weil sie passieren. Sie haben nicht immer einen nachvollziehbaren Grund. Sie sind das Ergebnis von irgendwelchen Umständen oder den Taten böser Menschen. Und es ist nicht zulässig, in jeder Katastrophe ein Strafgericht Gottes zu sehen. Als die Zeitgenossen Jesu nach der Schuld der Opfer suchen, zeigt Jesus unmissverständlich auf sie und sagt: Denkt lieber über euer eigenes Leben nach! Doch dann kündigt er ein tatsächliches Strafgericht Gottes an, nämlich die bevorstehende Zerstörung Jerusalems durch die Römer. Kehrt

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um, sagt er, es ist noch nicht zu spät. Aber wenn ihr nicht umkehrt, werdet ihr der Strafe Gottes nicht entgehen.

Der weinende Richter Hier begegnet uns ausgerechnet in Jesus, der doch die personifizierte Barmherzigkeit Gottes ist, der richtende Gott. Von diesem nämlich hat Jesus niemals Abstand genommen. Den Gott, der die Vernichtungskriege gegen die Völker Kanaans befohlen hat, hat Jesus »Vater« genannt. Und er hat gesagt: »Ich und der Vater sind eins.« Tatsächlich ist Jesus, von dem es im Neuen Testament heißt, dass er der zukünftige Richter der Welt ist, kein triumphierender Revanchist, sondern er weint, als er sein Urteil über Jerusalem spricht (Lukas 13, 34-35), weil er es, obwohl es ihn schmerzt, für unausweichlich hält. Insofern verbietet sich jeder Triumph und jede selbstgerechte Genugtuung der sogenannten Frommen, selbst wenn sie es vorziehen sollten, nicht bei Straßen-Mega-Parties nackt und besoffen durch die Gegend zu tanzen. Insofern finde ich die Empörung über Eva Hermanns Sätze absolut gerechtfertigt. Sie hatte Unrecht.

Liebender, strafender Gott Aber dennoch bleibt die grausame Tatsache im Raum stehen, dass – jedenfalls nach biblischer Aussage – Gott von Zeit zu Zeit eingreift und richtet. Wie kann das sein, wenn er doch ein Gott ist, der

zwar die Sünde hasst, aber den Sünder liebt und dessen Rettung will, wie es auch an diversen Stellen in der Bibel heißt? Die­se Frage ist ein Dschungel, in den wir höchstens einige Schneisen schlagen können, um uns ein Stück hineinzubewegen. Ich versuche es einmal: Die Vorstellung, mich einem richtenden, vielleicht sogar kriegerischen Gott gegenüber zu sehen, schockiert mich, weil mir sofort ein gewisses Gottesbild vor Augen steht: Ich sehe einen gleichgültigen, rechthaberischen, machthungrigen, jähzornigen, ungerechten Gott, der nichts auf einzelne Schicksale gibt. Ich denke an die unschuldigen Kinder der Kanaaniter, die zusammen mit Männern, Frauen, Alten und den Tieren auf göttlichen Befehl hin getötet wurden. Oder an die Babys, die im belagerten Jerusalem von ihren Eltern gegessen wurden. Welcher liebende Gott könnte so etwas wollen?

Sehnsucht nach Gerechtigkeit Die Frage ist berechtigt. Möglicherweise gibt es eine Antwort. Angenommen, die Bibel hat Recht, und Gott ist tatsächlich dennoch gerecht. Was wäre, wenn er die Ungerechtigkeit der Menschen nicht mehr ertrüge und ihr, weil es keinen anderen Ausweg mehr gibt, ein Ende machte? Wir alle wissen, wie schwer Ungerechtigkeit zu ertragen ist. Das sieht man an Duis­burg: Wir alle wollen, dass die, die die Verantwortung für dieses Unglück haben, zur Rechenschaft gezogen werden. Macht das die Toten wieder lebendig? Nein, aber es würde etwas zurück ins Gleichgewicht bringen. Ein Ungleichgewicht ist entstanden, das wir kaum aushalten können. Wir sagen dazu: »Das ist ungerecht!« Was, wenn es Gott genauso ginge? Ja, aber muss er dann gleich so zuschlagen, dass dem Schuldige wie Unschuldige gleichermaßen zum Opfer fallen? Es gibt ein historisches Beispiel, wo etwas Ähnliches passiert ist. Und obwohl die Folgen dieser »Strafaktion« grauenhaft waren, scheuen wir doch davor zurück, sie »bösartig« oder »schlecht« zu nennen: Ich mei-


Krieg

ne den Krieg gegen Nazi-Deutschland. Furchtbares wird darüber berichtet. Es heißt, dass im brennenden Hamburg die Menschen vor den Flammen in die Alster flohen und dort lebendig gekocht wurden, so heftig war die Feuersbrunst. Auch im Rückblick sehen wir noch immer keine Alternative zu diesem Krieg, obwohl viele unschuldige Menschen einen grausamen Tod fanden. Die Politik des Ap-

peasements war gescheitert. Das Dritte Reich musste gestoppt werden. Was sonst hätten die Alliierten Mächte tun können? Ich bin nicht der Anwalt Gottes, und es ist nur ein Vorschlag. Aber möglicherweise könnten wir Gottes Gerichte in einem ähnlichen Licht betrachten: Könnte es sein, dass, um das Grauen zu beenden, es manchmal wirklich nur diesen einen schrecklichen Weg gibt?

Kosmische Bedeutung Noch ein Versuch, eine Antwort zu finden: Die – wie ich glaube: seltenen – Zeitpunkte, an denen Gott richtend ins Weltgeschehen eingreift, haben kosmische Tragweite. Ich glaube: Es sind nicht die Affekthandlungen eines allmächtigen Wesens, dem der Geduldsfaden reißt. Wenn Gott derartig massiv eingreift, steht viel auf dem Spiel. Und wenn ich

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Krieg

Lieber Gott, böser Gott

Wenn Gott derartig massiv eingreift, steht viel auf dem Spiel. Und wenn ich den Aussagen der Bibel Glauben schenken darf, dann geht es immer auch um das Wohl des Menschen, selbst wenn Gottes Handeln punktuell gegen Menschen gerichtet zu sein scheint.

den Aussagen der Bibel Glauben schenken darf, dann geht es immer auch um das Wohl des Menschen, selbst wenn Gottes Handeln punktuell gegen Menschen gerichtet zu sein scheint. Es geht darum, dass das Leben auf diesem Planeten weitergeht. Das gilt sogar für einen Einzelfall wie den von Hananias und Safira. Denn so entschuldbar ihre kleine Mogelei für uns auch aussehen mag (in unseren Gemeinden passieren stellenweise wesentlich schlimmere Dinge!) – für die frisch sich im Aufbau befindliche Gemeinde in Jerusalem hätte das möglicherweise den Anfang vom Ende bedeutet. Dabei sollte diese Gemeinde den Verlauf der Weltgeschichte positiv auf den Kopf stellen.

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Prinzip Gemeinschaft Was mir die größte Mühe bereitet, ist die Tatsache, dass bei den Gerichten Gottes immer auch Unschuldige betroffen sind. Gerecht wäre es, wenn der Schuldige bestraft und der Unschuldige verschont wird. Leider übersehe ich dabei allzu schnell, dass wir Menschen immer in Schicksalsgemeinschaften eingebunden sind. So werde ich zum Beispiel die Folgen der Klimaerwärmung mittragen müssen (oder tue es bereits). Dabei ist es doch nicht meine Schuld! Ich habe nicht das Auto erfunden. Ich könnte auch im Pferdewagen reisen. Dass ich dennoch die Umwelt schädige, ist vielleicht die Folge meiner sozialen und gesellschaftlichen

Prägung, aber doch keine Absicht! Doch selbst wenn ich ab heute einen streng ökologischen Lebensstil pflegen sollte, würde es mir dennoch nichts nützen. Denn wenn das Leben auf diesem Planeten so weiter geht wie bisher, sind wir irgendwann alle dran. Einzelne sind immer eingebunden in Schicksalsgemeinschaften. Wir erleiden alle die Folgen, die die Taten einzelner nach sich ziehen. Umgekehrt sind auch unsere Taten immer für die Gemeinschaft, zu der wir gehören, von Belang, selbst wenn wir es gar nicht beabsichtigen. So ist das Leben. Kein Mensch ist eine Insel. Das heißt: Wenn Gott richtet, betrifft das immer alle Mitglieder einer Schicksalsgemeinschaft. Vielleicht tut er es deshalb so selten.

Richtet nicht … Von einer übergeordneten Ebene aus können das drei Ansätze sein, Gottes hartes Handeln ein wenig nachzuvollziehen. Wenn du aber mit dem Leid einzelner Menschen konkret konfrontiert bist, bringen sie dich auch nicht weiter. Wenn das der Fall ist, ist jede theologische Fachsimpelei überflüssig. Dann bleibt nur noch das zu tun, was mein Bekannter Flo und mehrere seiner Freunde in Duisburg auf der Loveparade gemacht haben: helfen, trösten, beten, dienen, so wie es Jesus auch getan hätte. Das Spekulieren über Gottes Strafen und Gerichte sollten wir lieber den Pharisäern und Moralaposteln überlassen. ///

Gofi Müller (39) ist Redner und Autor. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Marburg.


THE RACE einblicke

Zwei Dinge, die wir 2011 weiterentwickeln werden Ab der kommenden Ausgabe im März kommen wir 4 x im Jahr zu euch, und unser Name wird sich ändern. Diesen Entschluss haben wir beim letzten Redaktionstreffen in Michaels Wohnzimmer gefasst. Wir freuen uns sehr, dass wir als selbstständige Zeitschrift diese Schritte gehen können. Die Beweggründe dafür sind folgende:

1.) Wir ändern unseren Namen Ab der ersten Ausgabe 2011 nennen wir uns: oora – Die christliche Zeitschrift zum Weiterdenken Wir haben uns als Redaktionsteam für den Namen »oora« entschieden, weil ...  er Tradition und Spiritualität (»ora et labora«) mit der Postmoderne verknüpft (die zwei oo erinnern an Web 2.0: google, yahoo, doodle).  der Name frisch, entspannt und offen klingt.  man bei unserem bisherigen Namen nicht wusste, ob »das Rennen« oder »die Rasse« gemeint ist und wir deshalb manchmal im Spamfilter gelandet sind.

2.) Wir kommen 4 mal im Jahr zu euch Und zwar erscheinen wir dann in den Monaten März, Juni, September und Dezember Wir haben uns als Redaktionsteam für eine vierte Ausgabe entschieden, weil ...  wir dadurch alle drei Monate statt bisher alle vier Monate bei euch im Briefkasten landen.  wir so viele Heftideen haben, die wir gerne mit euch teilen wollen.  wir einen Weg gefunden haben, den Jahresabo-Preis von 16,50 EUR zu halten.  wir mit vier Ausgaben im Jahr einen günstigeren Porto-Tarif nutzen können.

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Krieg

Junge Christen und Muslime, die acht Tage gemeinsam bei der »Walk the Peace« Aktion unterwegs waren. Sie besuchten 20 Schulen und Gemeinschaften und übernachteten in Schulen und in einem muslimischen Internat.

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Krieg

Die Friedensstifter

Menschen, die mehr tun als nur reden Text: Cosima Stawenow

Audioversion unter www.therace-online.de

Viele Christen haben Angst vor dem Islam. Dass es auch konstruktivere Wege gibt, Moslems zu begegnen, zeigen Projekte wie »Peace Catalyst«, »Peace Generation« und »Stark ohne Gewalt«. // Seit dem 11. September 2001 reagieren immer mehr Menschen in der westlichen Welt ängstlich bis feindselig auf den Islam. Man muss an dieser Stelle nicht einmal das Beispiel des Pastors Jones aus Florida nennen, der in seinem narzisstisch-verblendeten Glaubens-Übereifer kurz davor war, eine Koranverbrennung zu inszenieren. Er erklärte sein Vorhaben mit dem Protest gegen ein geplantes muslimisches Zentrum in New York. Aber auch wenn die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung nach einer Umfrage der New York Times nicht für eine Koranverbrennung zu haben ist, sperrt sie sich doch gegen eine islamische Einrichtung in der Nähe der Gedenkstätte Ground Zero. Was die Gegner des Islam umtreibt, ist nicht allein der verständliche Hass auf AlQaida, die für das Attentat vom 11. September 2001 verantwortlich ist. Die Angst vor Überfremdung lässt sich viel weiter fassen und macht auch vor Europa nicht Halt. Ex-Bundesbank-Manager Thilo Sarrazin ist im Moment nur der prominenteste Vertreter der These, der Islam – wohlgemerkt nicht der Terrorismus – werde uns früher oder später überrollen. Also: Eine Kultur mit seltsamen Bräuchen, eine Kultur, an der auch noch das Manko schwer integrierbarer Unterschicht klebt, wird uns bald alles nehmen, was uns noch vertraut ist. Die Entwicklung der Gesetzgebung gibt selbst ernannten Propheten wie Sarrazin Auftrieb. In der Hälfte der Bundesländer

ist es Lehrerinnen mittlerweile verboten, ein Kopftuch bei der Arbeit zu tragen. In Frankreich gilt seit diesem Jahr das BurkaVerbot, in der Schweiz dürfen seit letztem Jahr keine neuen Minarette gebaut werden. Überall in Europa haben islamkritische Parteien Wahlerfolge.

Christen haben zur Fremdenfeindlichkeit beigetragen Christen nehmen in der aufgeheizten AntiIslam-Stimmung eine besondere Position ein. Einige sehen die erhöhte Sensibilität für Islam-Themen als einen Wink Gottes, die Muslime verstärkt zu missionieren, jedoch ohne sich mit den kulturellen Besonderheiten ihrer Nachbarn auseinanderzusetzen. Wieder andere betonen, wie Jones, das genuin »Böse« des Islam. Doch auch wo es sich nicht einmischen will, ist das Christentum ein wichtiger Repräsentant der westlichen Welt. Was eine solch exponierte Stellung mit sich bringt, ist vielen Gemeinden wohl noch gar nicht bewusst. Können Christen überhaupt Vermittler zwischen beiden Religionen sein? Wie können sie zum Frieden beitragen, wenn sie mit ihrem Bekenntnis zu Jesus immer nur eine der beiden Seiten repräsentieren? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Rick Love. Der gebürtige Kalifornier war Jesus Freak und Vineyard-Pastor der ersten Stunde, erwarb später einen Doktortitel in Interkulturellen Studien. Er hat einiges zum Thema Friedensarbeit aus biblischer Sicht publiziert und nach vielen weiteren Stationen die Initiative »Peace Catalyst International« (auf Deutsch »Friedens-Beschleuniger«) gegründet, die sich um ein besseres Verständnis zwischen Christen und Muslimen bemüht.

Rick Love erklärt den Hass auf Muslime in seinem Land damit, dass Politiker, um Wählerstimmen zu gewinnen, immer wieder auf eine negative Rhetorik zurückgreifen. Viele Amerikaner, die sich nicht näher mit den tatsächlichen Umständen des Konflikts befasst haben, gehen fälschlicherweise davon aus, dass der Islam im Kern Gewalt verherrlichend sei. Gerade die Christen (oder sich christlich nennende Parteien und Institutionen) hätten das Liebesgebot Jesu nicht verstanden und so entscheidend zur Fremdenfeindlichkeit beigetragen. Und nicht zuletzt spiele die menschliche Neigung, das Unbekannte, besonders den »Anderen« zu fürchten, eine Rolle.

Nicht missionieren, nicht säkularisieren – sondern mit Respekt begegnen Peace Catalyst hat – ausgehend von dem Gebot der Nächstenliebe – ein Event entwickelt, das »Love Your Neighbor Dinner« heißt und abwechselnd in christlichen und muslimischen Einrichtungen stattfindet. Bei den Treffen wird gemeinsam gespeist und über Themen wie die Liebe Gottes, die Nächstenliebe, die Liebe zu den Armen diskutiert. Ziel der Initiative ist es, Muslimen zu vermitteln, dass gerade Christen aufgrund ihres Glaubens bereit sind, Vorurteile über Bord zu werfen. Peace Catalyst dient aber auch anderen Friedens-Initiativen als Ratgeber. »Wir repräsentieren Jesus, nicht Amerika«, heißt eine der Regeln auf der Webseite des Vereins. Ein Ratschlag, der bei dem stark ausgeprägten chauvinistischen Sendungsbewusstsein mancher Gemeinden sicher sinnvoll ist. Mit Hilfe einer Art Knigge für den Umgang mit Muslimen versucht Peace Catalyst Peinlich-

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Krieg

die friedensstifter

Der gebürtige Kalifornier Rick Love hat einiges zum Thema Friedensarbeit publiziert und die Initiative »Peace Catalyst International« gegründet, die sich um ein besseres Verständnis zwischen Christen und Muslimen bemüht.

Ziel der Initiative ist es, Muslimen zu vermitteln, dass gerade Christen aufgrund ihres Glaubens bereit sind, Vorurteile über Bord zu werfen. keiten vorzubeugen. Zum Beispiel heißt es da: »Zeige Respekt und Ehrerbietung, indem du die Regeln [der Gastgeber] befolgst«, oder »Lächle viel und sei freundlich«. Außerdem gibt es Tipps für angemessene Kleidung und den Umgang mit dem anderen Geschlecht. Diese ehrerbietige Art der Begegnung steht in scharfem Kontrast zu der Politik, wie sie in Europa zunehmend verfolgt wird. Kopftuch-, Burka- und Minarett-Verbot suggerieren: »Wir können euch erst gegenübertreten, wenn ihr säkularisiert seid«. Aber gerade die Betonung der Unterschiede zwischen den Religionen ist eine Stärke, auf die sich Christen berufen können. Dieser Ansatz könnte letztlich der wahre Schlüssel zum Integrationserfolg sein, glaubt man dem Religionsprofessor Kambiz Ghanea Bassiri:

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Beim Verein »Stark ohne Gewalt« arbeiten junge Christen und Muslime gemeinsam an der Seite von Polizisten, um die Gewalt im Berliner Bezirk Spandau einzudämmen.

»Nicht der Schmelztiegel ist der Schlüssel zur Integration, sondern der Aufbau starker Institutionen.«1

»Muslime und Christen müssen jetzt zusammenkommen« Wie weit man aufeinander zugehen kann, wenn man eigene Vorstellungen über Bord wirft, zeigt eine Friedensinitiative namens »Peace Generation« in Indonesien – dem zahlenmäßig größten islamischen Land. Dort kam es in den letzten Jahren in einzelnen Regionen des Landes immer wieder zu Gewalt von Fundamentalisten gegen Christen. Eric Maxey, ursprünglich Drogenberater aus Chicago, begann 2006 Englisch in einem muslimischen Verlag in Bandung zu unterrichten. Heute gibt er zusammen mit dem Chefredakteur Irfan Amalee eine Lehrbuchreihe zum Thema Frieden heraus. Die zwölf Lektionen richten sich an muslimische Mittel- und Oberstufenschüler und sind voll mit Comics, Rätseln, Geschichten und Gebetstipps. Das Ziel von »Peace Generation« ist es, mit Hilfe der Lektionen und weiterer Aktionen einhunderttausend Jugendliche in Indonesien zu Friedensstiftern zu machen. 20.000 Lern-Sets wurden bereits verkauft. Auch eine Lehrbuchreihe für christliche Teenager ist geplant. Dass 1 DIE ZEIT Nr. 37, 9. September 2010, »Die Welle«

die christlich-muslimische Verständigung nicht selbstverständlich ist, zeigen die Startschwierigkeiten, die Eric und Irfan hatten. Als sie sich im Verlag begegneten, hielt Eric seinen Kollegen für einen radikalen Islamisten. Irfan hingegen hatte einen Hass auf Amerikaner wegen des IrakKriegs. Maxey kann es bis heute kaum glauben, dass diese Vorurteile Vergangenheit sind und er heute das Privileg hat, als Christ Schulbücher für muslimische Jugendliche zu entwickeln, die von den staatlichen Bildungsstellen positiv aufgenommen werden. Und das in einem Staat, in dem immer wieder Anschläge auf Kirchen und deren Mitarbeiter verübt werden. »Muslime und Christen müssen gerade jetzt zu Themen zusammenkommen, über die beide einer Meinung sind, nicht über die Themen, die noch mehr Spaltung bringen«, sagt Maxey. Einer seiner Leitsprüche ist »So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen« (Matthäus 5, 16).

Gemeinsam gegen Gewalt Dass man weder ein Friedensveteran – wie Rick Love – noch ein Abenteuerer – wie Eric Maxey – sein muss und natürlich auch nicht unbedingt US-Amerikaner, zeigt das Engagement von Jörg Gerasch. Er ist Pastor der charismatischen Josua-


Krieg

Gemeinde in Berlin und engagiert sich seit zehn Jahren in der Spandauer »Stadtteilkonferenz«. Hier ist 2007 »Stark ohne Gewalt« entstanden, ein Verein, der Kirche und Politik, Polizisten und Jugendlichen, Christen und Muslimen gleichermaßen eine Plattform bietet. »Stark ohne Gewalt« operiert von Spandau aus, einem Kiez, der im Vergleich mit anderen sozia­ len Brennpunkten in der Stadt vielleicht nicht das härteste Pflaster ist. Doch auch hier kommt es immer wieder zu Gewalt auf den Straßen. Die Idee von »Stark ohne Gewalt«: Den überforderten Polizisten Jugendliche an die Seite zu stellen, die gemeinsam mit ihnen auf Streife gehen. Viele der Schlägereien werden zwischen jungen Migranten ausgetragen – Türken oder Russlanddeutschen. Für die Polizisten ist dieses Milieu zwar ihre berufliche Welt, aber nicht ihr Zuhause. Ihre jungen Helfer aber stammen aus genau diesem Paralleluniversum, in das sie nur gerufen werden, wenn es Ärger gibt. Seitdem das Projekt läuft, hat die Kriminalität in Spandau spürbar abgenommen. Viele Christen, sagt der Vereinsvorsitzende Gerasch, träumen von der Transformation ihrer Gesellschaft. Er aber wollte nicht nur träumen. Mit »Stark ohne Gewalt« ist seine Gemeinde im Stadtteil präsent und kann dem Verein eine gute Infrastruktur bieten. Gerasch kennt die Imame in seinem Stadtteil und hat mit den muslimischen Jugendlichen seines Vereins das Fastenbrechen während des Ramadan gefeiert. Was für den Pastor vielleicht gar nicht so spektakulär ist, ist in den meisten (gerade freien) Gemeinden in Deutschland noch undenkbar. Aber Gerasch liegt sein Stadtteil mindestens genauso am Herzen wie seine Gemeinde. Sein Motto: »Suchet der Stadt Bestes (…) und betet für sie zum Herrn, denn wenn‘s ihr wohlgeht, so geht‘s auch euch wohl« (Jeremia 29, 7). Über das Missionieren sagt Gerasch: »Wir haben zwar die gute Botschaft. Aber wir haben nicht die Kraft, diese Botschaft durchzusetzen.« Das klingt vielleicht resigniert, ist aber genau der Punkt, an dem in

christlichen Gemeinden ein Umdenken anfangen kann. »Peace Catalyst«, »Peace Generation« und »Stark ohne Gewalt« sind drei Projekte, die mindestens zwei Dinge gemeinsam haben: Sie stellen den friedvollen Umgang von Christen und Muslimen in den Mittelpunkt. Und sie stehen, wenn überhaupt, nur oberflächlich mit einer klassischen Gemeinde in Kontakt. Das ist kein Aufruf, unsere Gemeinden zu verlassen, aber wir können Versöhnung nicht nur predigen. Zumindest einige von uns müssen auch den praktischen Schritt tun und vor der eigenen Tür mit der Friedensarbeit beginnen. ///

Cosima Stawenow (29), freie Journalistin, hat Romanistik und Slavistik studiert und lebt und arbeitet in Heidelberg. Sie ist verheiratet und hat eine kleine Tochter. Ab und zu gibt sie Schreib-Workshops im Action House: www.actionhouse.org

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Was Jesus von Scheidung hält Ein Thema, das vor der Gemeindetür nicht halt macht Predigt: Rob Bell // Transkript + Übersetzung: Anneke Reinecker

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Auch unter Christen ist Scheidung keine Ausnahme mehr. Grund genug, sich damit auseinanderzusetzen. Rob Bell beleuchtet das Thema ganzheitlich und zeigt auf, was in der Bibel dazu steht. // »Ihr habt gehört, dass es im Gesetz von Mose heißt: ›Ein Mann darf sich von seiner Frau scheiden lassen, wenn er ihr einen Scheidungsbrief ausstellt.‹ Ich aber sage: Wenn ein Mann sich von seiner Frau scheiden lässt – es sei denn, sie war untreu –, macht er sie zur Ehebrecherin. Und wer eine geschiedene Frau heiratet, begeht ebenfalls Ehebruch« (Matthäus 5, 31+32). Wenn man diese Verse aus dem Matthäusevangelium liest, wird schnell klar, dass man tiefer graben muss, um zu verstehen, wovon Jesus hier spricht. Das Wort, das Jesus hier für »sich scheiden« gebraucht, ist im Griechischen apoluo, was verlieren, losbinden oder wegschicken bedeutet. Besonders wichtig ist, dass es sich bei der Wurzel des griechischen Wortes nicht um einen gegenseitigen Vorgang handelt, sondern, dass einer den anderen wegschickt. Als Jesus über Scheidung sprach, trat er damit in eine große Debatte ein, die zu jener Zeit in seiner Kultur über dieses Thema geführt wurde. Mittelpunkt der Diskussion war 5. Mose 24. Gehen wir einmal 3000-4000 Jahre zurück, in den Nahen Osten der Antike. Zu dieser Zeit wurde eine Ehefrau wie ein Besitzgegenstand behandelt, dessen sich der Ehemann zu jeder Zeit aus jedem ihm beliebigen Grund entledigen konnte. Wenn eine Ehefrau von ihrem Mann

weggeschickt wurde, hatte sie keine Rechte, keine Würde, keinen Schutz und keine Versorgung. Sie wurde nicht nur aus dem Zelt, sondern auch aus dem Clan und dem Stamm verstoßen – sie hatte nichts mehr. Sie war eine ledige, ausgestoßene Frau in einer barbarischen, primitiven Welt ohne Möglichkeit sich selbst zu versorgen. Und in welchem Beruf endeten wohl die meisten von ihnen? In der Prostitution. Jetzt kommt Moses und sagt, – nicht weil Scheidung etwas Gutes wäre, aber die Rea­ lität von Scheidung vor Augen – wenn ein Mann seine Frau wegschicken will, muss er ihr einen Scheidebrief ausstellen. Der Mann musste ab jetzt ein offizielles, rechtsgültiges und anerkanntes Scheidungszertifikat verfassen. Mal abgesehen davon, dass mancher Mann es sich angesichts dieses Aufwands, den er betreiben musste, womöglich noch einmal überlegt hat, wurde durch dieses Scheidungsdokument die Ehre, Würde und der Wert der Frau in einer Welt, in der sie nichts hatte, wiederhergestellt. Wir im Jahr 2010 denken vielleicht, dass das trotzdem noch ziemlich primitiv und barbarisch sei, aber zu jener Zeit an jenem Ort war 5. Mose 24 ein gigantischer, revolutionärer, progressiver Schritt für die Rechte der Frauen. Nun kommen wir in die Zeit Jesu: In den 50 Jahren vor Jesus traten zwei große Rabbiner auf, die die jüdische Diskussion darüber, wie man Gott in rechter Weise nachfolge, dominierten. Sie hießen Hillel und Schammai. Beide waren so bedeutend, dass jeder von ihnen seine eigene Schule hatte, in der er seine jeweiligen Anhänger ausbil-

dete. Kurz nach der Geburt Jesu starben diese beiden mächtigen Rabbis, die das jüdische Denken dominiert und geprägt hatten. Hillel hatte ein eher offenes, tolerantes Schriftverständnis, während Scham­mai enger und konservativer war. Und diese zwei leidenschaftlichen Rabbiner interpretierten 5. Mose 24, 1 unterschiedlich. »Angenommen, ein Mann heiratet eine Frau. Später gefällt sie ihm nicht mehr, weil er etwas Anstößiges an ihr findet. Er stellt ihr einen Scheidebrief aus ...« Die Frage war: Was bedeutet »etwas Anstößiges«? Was genau gibt dem Mann das Recht, seine Frau wegzuschicken? Wörtlich übersetzt bedeutet die hebräische Phrase: »Nacktheit einer Sache«. Was aber genau war damit gemeint? Darum drehte sich die Diskussion. Schammai fokussierte sich auf »Nacktheit«, was bedeutet, dass ein Mann seine Frau nur wegen Ehebruchs entlassen darf. Hillel konzentrierte sich auf »einer Sache«, was so ausgelegt wurde, dass ein Mann seine Frau wegschicken darf, selbst wenn sie beispielsweise nur sein Essen verkocht hatte. Als Jesus nun über Scheidung sprach, berührte er eines der spannungsgeladensten, kontroversesten Themen seiner Zeit. Die Frage bezüglich Scheidung war: Auf wessen Seite stellt sich Jesus? Entscheidet er sich für die enge, konservative Interpretation oder für die lockere, offene Interpretation? Manchmal denken wir, dass Jesus über allem stand, weil er Gott war, aber Jesus war ein Rabbi im ersten Jahrhundert und ganz in einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort, in einer bestimmten Kul-

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WAS JESUS VON SCHEIDUNG HÄLT

tur zu Hause. Meinem Verständnis nach hat sich Jesus, wann immer er sich zwischen der Richtung Hillels und Schammais entscheiden musste, Hillel – den Progressiven – gewählt. Außer in diesem einen Punkt: Scheidung. Hier stellt er sich auf die Seite von Schammai. Der Ehemann darf seine Frau also nur wegschicken, wenn sie Ehebruch begangen hat, sonst nicht. Und wenn er es tat, musste er ihr ein angemessenes Zertifikat ausstellen, was bedeutete, dass er ihr Ehre, Würde und Wert geben muss und sie zu keiner Zeit wie einen Besitzgegenstand behandeln darf. Man schickt seine Frau nicht weg, weil ihr die Nudeln verkocht sind. Das ist Jesu Position. Wenn wir uns mit Matthäus 5, 31+32 auseinandersetzen, müssen wir uns den Hintergrund dieser spezifischen Debatte, in die Jesus hineinsprach, bewusst machen.

Was sagt die Bibel noch dazu? Scheidung war niemals einfach. Wir binden Menschen einen Bären auf, wenn wir daraus eine nette, niedliche, saubere Sache machen. Das ist sie nicht. Was ist mit den Menschen, die sich fragen: »Wie lange muss ich in dieser Ehe bleiben? Wann ist es ein echter Fehler zu gehen und wann ist es einfach die allerletzte Möglichkeit?« Was ist, wenn einer der beiden untreu war und die betreffende Person sich reuig zeigt und sagt, es werde nie wieder passieren und alles nach Wiederherstellung aussieht – und dann passiert es wieder?! Was passiert, wenn das Vertrauen durch physischen Missbrauch erschüttert wurde? Und wenn es erstmal »nur« zur Tren-

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nung kommt: Für wie lange? Zwei Monate? Sechs Monate? Zwei Jahre? Gibt es eine Grenze? Und wenn drei Jahre vergangen sind und sich an der physischen Aggressivität dieses Menschen nichts verändert hat – wie lange warte ich auf ihn? Wann bleibt man zusammen wegen der Kinder und wann ist der Punkt, dass man sagt: Dieses Zusammenleben ist für die Kinder nur noch schrecklich?! Wie viele Kinder sind daran kaputt gegangen, dass ihre Eltern sich haben scheiden lassen? Und wie viele Kinder, deren Eltern sich scheiden ließen, sagen: »Endlich war Frieden im Haus.« Seit Jahrtausenden setzen sich Menschen mit den Fragen und Spannungen von Scheidung auseinander. Sogar in der Bibel können wir sehen, wie mit diesen Spannungen gerungen wird: »Wenn aber der Ungläubige sich scheiden will, so lass ihn sich scheiden. Der Bruder oder die Schwester ist nicht gebunden in solchen Fällen. Zum Frieden hat euch Gott berufen« (1. Korinther 7, 15). Aus Jesu und Schammais Sicht ist Ehebruch das einzige, was Scheidung rechtfertigt. Paulus erweitert hier nun diesen Grundsatz und sagt: Wenn ein Christ mit einem Nicht-Christen verheiratet ist und der Ungläubige will die Ehe lösen, dann darf der Bruder oder die Schwester den anderen gehen lassen. Paulus endet aber nicht einfach mit »Sie sind nicht gebunden«, sondern fügt hinzu: »Zum Frieden hat euch Gott berufen.« Das hebräische Wort für Frieden ist Schalom. Das bedeutet Ganzheit, Gesundheit, alles am rechten Platz. Paulus gibt also nicht einfach

ein weiteres Okay für Scheidung, nämlich Verlassenwerden durch einen ungläubigen Ehepartner. Er fügt ein höheres Prinzip als Grundlage hinzu: Gott hat uns berufen, in Frieden zu leben. Also sage ich: Als Gläubige sind wir immer für Treue. Sei deinem Partner gegenüber treu! Betrüge ihn nicht! Es ist gemein, es ist zerstörerisch, es ist Sünde, es ist absolut schrecklich und lässt Ehen zu Bruch gehen. Wir sind immer für Wiederherstellung. Wenn Untreue stattgefunden hat oder Missbrauch, ist unsere erste Absicht immer Wiederherstellung. Wir wollen Ehen geheilt sehen. Unser Interesse ist immer Langlebigkeit. Wir wollen sehen, dass Ehen halten. Aber wir fügen auch dies hinzu: Frieden – so weit er möglich ist. Wir leben in diesem grundlegenden Respekt für die Heiligkeit der Ehe, aber gleichzeitig mit der Realität und Ehrlichkeit, dass manche Dinge sterben und wir dies anerkennen müssen.

Wie gehen wir damit um? In jeder Ehe gibt es grundsätzlich zwei Personen. Und damit zwei Versionen einer und derselben Geschichte. Wenn dann noch andere ihren Senf dazu geben, haben wir noch mehr Meinungen. Die verschiedenen Sichtweisen stechen sich gegenseitig aus, und ich als unbeteiligter Zuschauer habe ständig das Gefühl, Partei ergreifen zu müssen. Wir tun gut daran, nicht schnell zu urteilen. »Wie kann sie es wagen, ihn zu verlassen?« Aber vielleicht ist er in alle möglichen dunklen, zerstörerischen Aktivitäten verwickelt und sie geht


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Scheidung ist auch ohne die Kritik und die Verurteilung anderer schmerzhaft genug. seit 20 Jahren durch die Hölle auf Erden – und sie hat sich dennoch entschieden, seine privaten Sünden nicht in der Öffentlichkeit hinauszuposaunen. Also wirkt sie wie eine grausame, herzlose Frau, aber indem du sie verurteilst gehst du mit den falschen Worten auf die falsche Seite los und machst alles nur noch schlimmer. Wenn man nicht selbst durch etwas hindurch gegangen ist, ist es immer leicht, dem anderen zu sagen, was er tun soll. Scheidung ist auch ohne die Kritik und Verurteilung anderer schmerzhaft genug. Wenn du das dringende Bedürfnis verspürst, in eine Situation hineinzusprechen, solltest du dich vorher fragen: Habe ich Autorität? War ich lang genug mit ihnen unterwegs? Bin ich ein solcher Freund und Weggefährte gewesen, dass ich mir das Recht verdient habe, meine Meinung kundzutun? Zu viele machen ihren Mund auf, ohne Autorität in der Sache zu haben, und rufen bei der betroffenen Person nur hilflose Fragen hervor: »Wer bist du denn? Wo warst du die ganze Zeit?«

Ratschlag für von Scheidung Betroffene Wenn du selbst von Scheidung betroffen bist, dann habe ich eine wichtige Wahr-

heit für dich: Jesus lädt dich ein, dich der Verletzung zu stellen. Es heißt, Ehe sei die Vermischung zweier Seelen. Durch Scheidung werden diese zwei Seelen auseinander gerissen. Scheidung ist der Tod einer Ehe. Darüber sollte man trauern, wie über den Tod eines Freundes. Jesu Einladung an dich ist, den Schmerz zu benennen, ihn zu verstehen, ihn auseinanderzunehmen und seine Einzelteile zu betrachten. Schau dir an, welche Dynamiken deines Elternhauses dich geformt haben und dazu führten, dass dein Ehepartner und du auf eine bestimmte Art miteinander umgegangen sind. Wenn du das tust, wird das, was dich geprägt hat, nicht länger ein dunkles Mysterium sein. Du erringst Licht und Freiheit. Und wenn du dann eine Beziehung mit jemand anders eingehst, bist du dir der Dinge, die du wiederholen könntest, bewusst. Jesus lädt dich ein, dich dem Schmerz zu stellen, um darin dem Retter dieser Welt zu begegnen, der dir den Schmerz nimmt, ihn heilt und dir Verständnis darüber schenkt, wo du vergeben musst. Es ist eine schwierige Einladung Jesu, aber wenn du sie annimmst, kannst du sicher sein, dass dir nichts als Gnade begegnen wird.

fließt zu uns anderen. Deswegen lieben wir Hochzeiten. Deswegen kommen selbst harten Kerlen die Tränen, wenn die Braut den Gang zum Altar hin schreitet. Deswegen kann Scheidung so traumatisch sein, weil an dem Ort, an dem Licht und Leben sein sollte, Dunkelheit und Tod herrschen. Als Ehemann seine Frau öffentlich bloßzustellen ist kein Licht. Als Ehefrau den Mann vor anderen runterzumachen ist kein Licht. Vor den Kindern von den Schwächen des Ehepartners zu reden ist kein Licht. Es gibt Christen, die über die Heiligkeit der Ehe reden und sich darüber ereifern, dass Scheidungen heute viel zu leichtfertig vollzogen werden – und ja, es gibt Gemeinden, in denen sich die Leute scheiden lassen und einfach in ihrem Dienst weitermachen, und Gemeinden, wo Leute ihre Partner wie Pullis wechseln. Aber wenn es dir mit der Heiligkeit der Ehe wirklich ernst ist, dann fang in deiner eigenen Familie mit deinem eigenen Partner an. Mach deine Sache gut! Dann wird das Licht hinaus scheinen und die Menschen an Gott erinnern. ///

Die Schönheit der Ehe Die Welt kann ein sehr dunkler, manchmal tot wirkender Ort sein. Die Idee hinter der Ehe ist, dass zwei Menschen einander mit einer solchen Leidenschaft, Hingabe und Aufrichtigkeit lieben, dass in dieser dunklen Welt ein kleines Licht erstrahlt und von dieser Liebe etwas über-

Rob Bell (40) ist Pastor der Mars Hill Bible Church in Grand Rapids, Michigan, USA. Er ist außerdem Autor mehrerer Bücher und Sprecher in der Video-Reihe »NOOMA«.

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Geld stinkt nicht Nett-Sein darf bezahlt werden Text: Johanna WeiSS

Audioversion unter www.therace-online.de

Gern nehmen wir freundschaftliche Dienste selbstverständlich kostenlos in Anspruch. Wieso eigentlich? // Ich bewundere die Menschen, die auf vielen Gebieten wahre Profis sind. Sie können Haare schneiden, Kleider nähen, sind fähig, Computer wieder zum Leben zu erwecken oder wissen, wie man Autos repariert. Mit ihren Fähigkeiten sitzen sie gerne stundenlang in den Wohnungen und unter den Autos der Freunde. Sie haben immer gerne – auch spontan und kurzfristig – Zeit für einen Gefallen übrig, gegen ein strahlendes Was-täte-ich-nur-ohne-dich-Lächeln. Wirklich, ich bewundere das sehr. Und ich kann mir vorstellen, dass das ein Zeichen der Nächstenliebe ist. Und doch frage ich mich manchmal: Warum verbringen manche Leute regelmäßig ihre freie Zeit mit Haare schneiden, Kleider nähen etc. zum Nulltarif? Vor allem dann, wenn sie selber wenig Geld haben? Ist es die Angst der Begabten, nicht nett zu sein? Oder vielleicht die Angst davor, sich mit dem »diabolischen« Geld zu verunreinigen?

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Die Angst nicht nett zu sein Scheinbar sind es oft die Christen, die besonders freundlich gestimmt sind und für ihre »kleinen« Dienstleistungen kein Geld verlangen. Doch ist das reine Freundlichkeit oder stellen sie die Qualität ihrer Arbeit zu sehr in Frage, um dafür Gegenleistungen anzunehmen, geschweige denn, sie zu verlangen? Das wäre dann falsche Bescheidenheit oder Geringschätzung der eigenen Fähigkeiten unter dem Deckmantel des Nett-Seins. Der Beschenkte denkt sich wohl: »Warum sollte man nicht dankbar annehmen, was einem angeboten wird?« Aber was wiederum spricht dagegen, seine Dankbarkeit materiell auszudrücken? Nebenbei bemerkt geht es ja hierzulande eher um »Will ich mir das leisten?« statt »Kann ich mir das leisten?« Verzichte ich einmal auf Kino, um die Arbeit meiner Freundin wertzuschätzen, die mir einen neuen Reißverschluss in die Hose genäht hat?

Die Angst vor dem teuflischen Geld Geld ist ein Tauschmittel, nicht mehr und nicht weniger. Ein Medium, das man we-

gen seines hohen Abstraktionsgrades (die Sprache des Geldes wird fast überall verstanden) universell einsetzen kann. Dank des Geldes kann ich mit dem Trinkgeld, das ich im Café nebenan verdient habe, in Spanien ein Eis kaufen und muss nicht anfangen, dort erst eine Stunde lang Kaffee zu servieren, bevor ich mein Eis schlecken kann. Tauschmittel sind zur Ressourcenverteilung da. Die Fähigkeit meiner Bekannten die Haare zu schneiden, ist genauso eine Ressource wie mein Geld. Abgesehen davon, dass Geld streng genommen nur so lange eine Ressource darstellt, wie seiner Tauschbarkeit vertraut wird. So gesehen ist die Haareschneid-Ressource wertvoller als die Euros. Warum sollte man nicht Ressourcen gegen Ressourcen tauschen? Oder wie oft kommen wir auf die Idee, jemanden zu bitten, uns Geld zu schenken? Warum sollte man gerade seinen Freunden und Bekannten diese universell eintauschbare Ressource vorenthalten und nur den Steuerberater, Arzt oder Anwalt entlohnen, den man nicht einmal persönlich kennt?


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Möglicherweise wirkt auch deswegen im christlichen Kontext vieles wie ein (im wahrsten Sinn des Wortes) billiger Abklatsch dessen, was »die Welt« zu bieten hat. Weil man bei Ausübung seiner Gabe kein Geld bekommt und sich keine Ressourcen erschließen kann, um in seine Gaben zu investieren. Ich will nicht dazu aufrufen, jedes Babysitten bei Freunden finanziell abzurechnen. Aber anstatt zu fragen »Warum muss alles etwas kosten?« könnte man öfter fragen »Warum darf nichts etwas kosten?« Von der Inflation dieser Frage sind wir weit entfernt. Geld ist nicht vom Teufel, es ist schlichtweg ein Tauschmittel – genauso wie die Kauri-Muscheln in der Südsee oder die Zigaretten und Nylonstrumpfhosen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Wenn wir Geld aber als Mysterium behandeln, das man so wenig wie möglich anfassen und mit dem man sich so wenig wie möglich

auseinandersetzen sollte, kann es tatsächlich eine Kraft entwickeln, die über seinen eigentlichen Sinn hinausschießt. Wem das Bezahlen freundschaftlicher Dienste immer noch zu schnöde erscheint, der mag sich vielleicht auf andere Weise erkenntlich zeigen. Wie wäre es, die Freundin nach dem nächsten Haare schneiden zum Pizza essen einzuladen? ///

Johanna Weiß (24) hat im Sommer ihr duales Studium aus Bank-und Betriebswirtschaftslehre abgeschlossen. Sie mag Reisen, Musik, Tanzen, Natur und inspirierende Städte und genießt es, sich von Gott und Menschen überraschen lassen. Sie interessiert sich für Wirtschaft und Soziologie. Im Moment lebt sie in Amsterdam.

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Raus in die Stadt Wie wir N채chstenliebe mit Leben f체llen Text: Pascal Bewernick

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Die Kirche lebt vom Ehrenamt. Dabei geht es um den Dienst an der Gesellschaft, auch wenn die erstmal nichts von Gott wissen will. Ein Plädoyer für professionelle Nächstenliebe. // Begriffe wie soziale Verantwortung und ökologische Nachhaltigkeit sind schon lange keine Schlagworte in den Kampfparolen einer links-ökologischen Fraktion mehr. Sie gehören vielmehr zum guten und allgemeinen Ton einer aufgeklärten und zivilisierten, westlichen Gesellschaft. Der fair gehandelte Kaffee landet selbstverständlich auf unseren Kaffeetischen und unsere Körper überziehen wir mit Textilien, die das Fair-Trade-Logo tragen. Wir sind informiert und in irgendeiner Weise auch engagiert. Wer was auf sich hält, kauft »bio« im Discounter oder besser noch im Biomarkt nebenan. Ökologische und soziale Nachhaltigkeit ist hip. Die Nachfrage steigt, der Markt wächst. Wir erleben bereits seit einigen Jahren einen Trend des sozial-ökonomischen Verantwortungsbewusstseins. Und bevor jemand auf die Idee kommt diese Zeilen misszuverstehen: Es ist definitiv einer von den guten Trends. Vielleicht hat er in den Medien, Foren und Diskussionsplattformen seinen Zenit vor einiger Zeit überschritten, aber seine Auswirkungen sind immer noch zu spüren und längst hat er natürlich auch Einzug in unsere Gemeinde- und Kirchengebäude gehalten. Aber ist damit unserem Auftrag der sozialen Verantwortung genüge getan? Was ist mit den Kindern und Jugendlichen aus

unserem Stadtteil? Der Hauptschule neben unserem Gemeindehaus? Wo beginnt unsere »soziale« Verantwortung ... und (wenn überhaupt irgendwo) wo endet sie? Ich bin überzeugt, dass Gemeinden und Kirchen von dem Grundsatz der sozialen Verantwortung durchdrungen sein müssen. Dem ganzen Menschen zu dienen ist kein separater Arbeitszweig. Es ist auch keine besondere Aktion im Rahmen unserer Gemeindearbeit. Die christliche Nächstenliebe ist kein Label, das wir uns anpappen. Sie ist gelebter Gottesdienst. Sie ist ein Lifestyle, der sich durch alle Bereiche des Kirchenlebens ziehen muss. Sie ist Ausdruck unserer Liebesbeziehung zu Gott. Denn was wir für einen »dieser geringsten Brüder« tun, das tun wir für Jesus (vgl. Matthäus 25, 31ff). Mich fasziniert dieser Gott, der nicht damit zufrieden ist, sich in kulturrelevanten Gottesdiensten feiern zu lassen, sondern der den Dienst an den Armen, Kranken, Verwirrten und Gebrochenen zu seinem zentralen Gottesdienstprojekt macht. Seitdem die Kirche atmet, ist die Diakonie ein alles durchdringender Bestandteil ihrer Kultur. Und so waren die Diakone die ersten Amtsträger einer noch jungen Glaubensbewegung (vgl. Apostelgeschichte 6), die vor allem durch ihre guten Werke für viel Aufsehen gesorgt haben. Es führt kein Weg dran vorbei. Teil dieser Kirche zu sein, bedeutet sich auf diesen Spirit, den Jesus mit Worten und Taten geprägt hat, einzulassen. Meine Beobachtung ist jedoch, dass wir noch viel zu häufig zwischen sozialen und missionarischen

Aktivitäten unterscheiden und trennen. Wir haben die sozialen Projekte, in denen wir Kaffee an Obdachlose verteilen und die missionarischen Projekte, in denen wir stylische Jugendevents an den Start bringen. Soziales Engagement ist jedoch in sich ein durch und durch evangelistisches Engagement. Und Evangelisation ist, wenn ich das Neue Testament richtig verstehe, durch und durch ein Dienst an dem ganzen Menschen. Wenn wir ernsthaft der Frage nachgehen wollen, wie wir unseren sozial-missio­ narischen Auftrag als Gemeinden leben können, müssen wir in zweierlei Hinsicht weiterdenken oder vielleicht sogar umdenken. Wir müssen uns fragen, wie unser soziales Engagement bedeutungsvoll für den Ort sein kann und wie es nicht als separate Größe einiger Aktivisten in unserem Gemeindealltag zum Rand(gruppen) projekt wird.

Kirche bist du Die Kirche ist ein wilder Ort. Voller Leben und Kreativität. Nach wie vor gibt es kein besseres Bild dafür, als das des lebendigen Körpers, das Paulus ins Spiel gebracht hat (vgl. 1. Korinther 12ff). Wenn ich vor einigen Jahren an das »Ihr-seidein-Leib-Ding« dachte, hatte ich immer diese große Plastikpuppe der AnatomieLektionen im Biologieunterricht im Kopf. Einen Körper, den man auseinanderpflücken kann und dessen Teile man fast alle betrachten und anfassen darf. Mittlerweile hat sich das Bild in meinem Kopf verändert. Wenn ich jetzt an die

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Raus IN DIE STADT

Kirche als »ein Leib« denke, sehe ich einen Freerider, der sich auf seinem Mountainbike mit wildesten Trails ins Tal hinabstürzt. Oder einen Parcours-Läufer, der wie eine wilde Katze durch unsere Städte schießt.

Die christliche Nächstenliebe ist kein Label, das wir uns anpappen. Sie ist gelebter Gottesdienst. Das Potential unseres Körpers ist unglaublich. Er steckt voller explosiver Kraft, Kreativität und Wachstumspotential. Und genau so sehe ich uns als Kirche. Du kannst nicht Teil der Kirche sein, ohne engagiert zu sein. Zumindest nicht von einer Kirche, die mehr sein will als eine Schaufensterpuppe, die man im Vorbeigehen betrachtet und die nur interessant ist, weil coole Klamotten an ihr hängen. Es geht darum, lebendig zu sein. Real. Aktiv. Mit anderen Worten: Die Kirche lebt vom Ehrenamt. Von Menschen, die aktiv werden und das nicht allein in den eigenen vier Wänden, sondern die gemeinsam überlegen, wie man die Barmherzigkeit und Liebe unseres Gottes so lebt, dass es andere sehen und verstehen. Jeder von uns ist ohne Ausnahme zur Barmherzigkeit verpflichtet. Denn wir repräsentieren als Gemeinden und

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Kirchen den Vater und Ursprung der Nächstenliebe. Hier liegt jedoch derzeit der Hund begraben. Denn in unserer Gesellschaft ist das Ehrenamt im Begriff zu sterben. Das merken die Sportvereine, die sozialen Projekte und auch die Kirchen und Gemeinden. Zu komplex ist das Leben geworden. Wir sind mit Beruf und Familie viel zu ausgelastet, als dass wir noch Zeit fänden uns kontinuierlich und dauerhaft zu engagieren. Wir verlagern unser Engagement auf das finanzielle Unterstützen und bewusste Konsumieren unter der Flagge der Nachhaltigkeit. Alles gut, aber ich glaube auch, dass wir als Christen herausgefordert sind, hier einen entschiedenen Unterschied zu machen. Wir sind herausgefordert ein neues inspiriertes Denken zu prägen und zu leben. Indem wir uns beispielsweise gegen den Trend unserer Zeit entscheiden und nur noch so viel arbeiten, wie (finanziell) nötig, um genügend Zeit zu haben engagiert zu sein. Ich weiß selber, dass das nicht immer geht. Das kann nur eine von vielen guten Ideen sein, aber Engagement hat immer etwas mit Opfer zu tun, worüber wir in unseren kultur-relevanten Gottesdiensten übrigens nicht mehr so gerne predigen. Aber Engagement lebt von Hingabe. Und ich glaube, dass es genau diese Art des Engagements ist, das für Aufsehen sorgen wird, das neue Türen und Möglichkeiten öffnet und zu einem zentralen Bestandteil unserer Stadt werden wird. Es braucht mutige Entscheidungen von Einzelnen, um die Dinge neu in Bewe-

gung zu setzen und als Kirche, als »ein Leib«, lebendig und kraftvoll zu agieren. Denn soziale Verantwortung ist so viel mehr als der »faire Kaffee« auf unseren Stehtischen. Ohne das Engagement des Einzelnen geht es nicht. Und trotzdem möchte ich gerne noch einen Schritt weiter gehen, der über das ehrenamtliche Aktivsein hinaus geht, denn ...

Wir lassen uns die Brötchen doch auch nicht vom Maurer backen Keiner von uns käme auf die Idee, sein kaputtes Auto zum Metzger zu bringen. Oder sein Haus von einem Netzwerkadministrator bauen zu lassen. Wir wollen, dass die, die unser Land führen, politisch gebildet sind und dass unsere Pastoren theologisch was auf dem Kasten haben, wenn sie auf unseren Kanzeln stehen. Denn wir brauchen Fachleute, die wissen, was sie tun. Menschen, die vorausschauend planen können und in schwierigen Situation die richtigen Entscheidungen treffen, weil sie das nötige Fachwissen besitzen. Und weil sie Erfahrung und Überblick haben. Mit anderen Worten: Wir haben einen Qualitätsanspruch, der sich vor allem in den Dingen zeigt, die für uns einen besonderen Wert haben. Vor einigen Jahren saß ich in einem Ausschuss mit Sozialarbeitern, in dem es um regionale und kommunale Jugendarbeit ging. Es ging darum den Status Quo zu analysieren und Wege in die Zukunft zu definieren. Eine Aussage, die während


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unserer Diskussionen fiel, machte mich nachdenklich und blieb mir bis heute im Gedächtnis. Sie lautete: »Eine der wenigen Gruppierungen, die heute noch Jugendarbeit machen, sind die Christen. Leider machen sie die schlechteste.« Ich will mir nicht anmaßen diese Aussage zu bestätigen und mit Sicherheit ist sie pauschal so nicht haltbar. Aber ich fühle mich auch nicht in der Lage sie zu widerlegen. Kinder- und Jugendarbeit in unseren Gemeinden sind viel zu häufig Selbstzweck. Es geht darum die Gemeindekids »bei der Stange zu halten« und das »evangelistische Potential« der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu nutzen. Die Frage, die sich dahinter verbirgt, ist: Wozu brauchen Gemeinden Kinder- und Jugendarbeit? Die Frage, die wir uns jedoch stellen sollten, ist: Wozu brauchen die Kinder und Jugendlichen unsere Gemeindearbeit? Bedienen wir mit unseren Kinder- und Jugendgruppen nur die Bedürfnisse unserer Gemeinde, oder sind sie relevante Größen unseres Stadtteils und der Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen? Oder anders gefragt: Laden wir ein oder sind wir präsent? »Relevanz« ist ein Begriff, der in den letzten Jahren dermaßen inflationär gebraucht wurde, dass wir dahinter eher einen Style verstehen als das wahre Potential des Begriffs. Diskutiert wurden vor allem »kultur-relevante« Gemeindearbeit und neue Gottesdienstformen mit künstlerischem Anspruch. Nichts davon ist verkehrt. Aber ich glaube, dass es wichtig ist, unseren sozialen Auftrag als eine für un-

seren Stadtteil relevante Größe zu verstehen und zentral zu diskutieren. Kinder- und Jugendarbeit muss sich an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen orientieren. Sie brauchen einen Ort, an dem sie ernst genommen werden, wo sie Raum haben sich auszuprobieren. Wo sie ihre Persönlichkeit entwickeln können. Sie kommen nicht in erster Linie, weil sie bei uns von Jesus hören, sondern weil sie Lebensräume brauchen um sich zu entfalten. Sozial-missionarisches Arbeiten bedeutet für mich die Einhaltung der Reihenfolge. Zuerst sind wir sozial und dann missionarisch. Es geht darum, Kinder und Jugendliche zu fördern. Sie mit Liebe nach vorne zu schießen. Ihnen zu helfen mit geraden Rücken erwachsen zu werden. Und wenn sie mit unserem Gott nichts zu tun haben wollen, ändert das nichts an unserem Auftrag, ihnen zu dienen. In diesem Zusammenhang finde ich es spannend, in unseren Gemeinden und Kirchen über Konzepte nachzudenken, wie wir nicht nur Pastoren finanzieren, sondern darüber hinaus Sozialarbeiter. Fachleute, die relevante Konzepte für Kinder- und Jugendarbeit entwickeln. Denn in Zeiten leerer öffentlicher Kassen haben wir eine Chance als Kirchen und Gemeinden, in unserem Dorf, unserer Stadt oder unserem Stadtteil einen Unterschied zu machen. Die Wurzel der professionellen sozialen Arbeit, wie wir sie heute kennen, ist die »christliche Nächstenliebe«. Es war die Kirche, die Strukturen entwickelte,

um die Armen, Witwen und Waisen zu versorgen. Erst im Laufe der Professionalisierung von sozialer Arbeit löste sich die Armenfürsorge vom Gedanken der Nächstenliebe und wurde mehr und mehr verstaatlicht und professionalisiert. Sie wurde zu einem Beruf wie jeder andere. Da, wo im sozialen Bereich immer mehr gekürzt und gestrichen wird, käme es einer kleinen Revolution gleich, wenn wir Christen neben dem ehrenamtlichen Engagement das Feld der professionellen sozialen Arbeit – inspiriert und motiviert von der Liebe Gottes – zurückerobern würden. Spannend, wenn wir kompetent und engagiert nicht nur über Veranstaltungen nachdenken, sondern das Beste für unseren Stadtteil suchen. Spannend, wenn dies zum zentralen Element von Gemeindearbeit wird. ///

Pascal »Lütt« Bewernick (34) arbeitet als Diplom-Sozialpädagoge beim Verein anorak21 und lebt mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern zusammen mit anderen Mitarbeitern des Vereins in einer Lebensgemeinschaft. anorak21 ist ein sozial-missionarisches Projekt in Wabern bei Kassel, das sich auf vielfältige und kreative Weise um »Dorfkids« kümmert. Mit diesem Projekt lebt er seinen Traum. Er liebt wilde Outdoorsportarten in den Bergen oder im heimischen Wald und gute Fantasy-Romane.

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Allgemeines Feedback Miriam, Biologie-Studentin, Erlangen

Nummer 38 • 3/2010 ISSN 1864-2012 Herausgeber: oora verlag GbR Jörg Schellenberger und Michael Zimmermann, Pfarrstr. 12, 91522 Ansbach • www.oora.de Redaktionsleitung: Jörg Schellenberger, Michael Zimmermann (info@therace-online.de) Redaktionsteam: Anne Coronel, Anneke Reinecker, Jörg Schellenberger, Michael Zimmermann Anzeigen: Anke Philippi (anke@therace-online.de), Johanna Weiß (johanna@therace-online.de) Redaktionsbeirat: Klaus-Peter Foßhag, Gerhard Kehl, Gernot Rettig, Stefan Waidelich Gestaltung: Büro Klaus, www.büroklaus.de Druck: rollerdruck, Turmfeldstraße 23, 72213 Altensteig Abonnement: THE RACE erscheint viermal im Jahr (März, Juni, September, Dezember) und kostet 16,50  EUR in Deutschland bzw. 22,50 EUR in anderen europäischen Ländern. Darin sind Mehrwertsteuer und Versandkosten bereits enthalten! Das Abo kann immer bis sechs Wochen vor Bezugsjahresende gekündigt werden. Eine E-Mail an service@theraceonline.de genügt. Das gilt nicht für Geschenk-Abos, die automatisch nach einem Bezugsjahr enden. Einzelpreis: 7 EUR/10 SFr. Bei allen Preisangaben innerhalb dieser Ausgabe von THE RACE gilt: Änderung und Irrtum vorbehalten. Bankverbindung: Sparkasse Ansbach, BLZ 765 500 00, Konto-Nr. 836 89 38 • IBAN: DE18 76550000 0008 3689 38, BIC: BYLADEM1ANS Leserservice: THE RACE Leserservice, Postfach 1363, 82034 Deisenhofen Telefon: 089/858 53 - 552, Fax: 089/858 53 - 62 552 service@therace-online.de, www.therace-online.de © 2010 oora verlag GbR

Bildnachweis Titelbild: Kallejipp - Photocase; S.3, 6-10: Schermuly; S.11: Beth Rankin - Flickr; S.14: Jsome1 - Flickr; S.17: isafmedia; S.22: goenz - Photocase; S.24: The U.S. Army - Flickr; S.30, 34: Schermuly; S.33: pischare - Photocase; S.34: Schermuly; S.38: Dragon30- Photocase; S.42: Pellegrina - Photocase; S.44: MKocuva - istock; S.48: FrankDietel, mrQM - Photocase; S.56: shdyva Photocase; S.58: 103113, Cydonna - Photocase; S.64: Schermuly; Alle weiteren soweit nicht anders vermerkt von privat oder THE RACE.

Ich lese eure Zeitschrift sehr gerne und finde sie echt interessant und herausfordernd. Am Besten gefällt mir, dass Menschen mit unterschiedlicher Meinung, Prägung, Vorstellung und Herkunft zu Wort kommen und man über jeden Artikel eine Zeit lang nachdenken kann, um herauszufinden, wie man selbst dazu steht. Ich freue mich immer, wenn eine neue Ausgabe in meinem Briefkasten liegt.

Jannis Marticke, Wirtschaft- und ­Politikstudent, Münster Danke für eure Arbeit. Die Zeitung ist echt super und die erste christliche, die auch mal vernünftigen Inhalt hat.

Leserbrief zur Ausgabe 1/2010 Irmi Bloch, Hausfrau und Englisch­ lehrerin, Freudenstadt Hallo, ich hab´ mich auf und über das neue THE RACE echt gefreut. Das Querdenken gelingt Euch. Ihr habt eine breite Palette anzubieten zum The-

ma Sünde. Ganz besonders haben mich zwei Artikel berührt: Der von Christa Lüling über Hochsensibilität. Ich bin hochsensibel, finde es oft wahnsinnig anstrengend, freue mich aber auch sehr bewusst darüber, dass dadurch mein Leben intensive Farben hat. Was mir hilft, die schweren Seiten auszuhalten, sind meine drei, nicht nur räumlich, sehr nahen Freundinnen: Die erste ist selbst hochsensibel, lebt höchst intensiv und versteht, wie ich fühle; die zweite ist einfühlsam aber auch stark, und einige Lasten tragen wir gemeinsam, die dritte hat bei allem Tiefgang einen unbeschreiblichen Humor – sie hilft mir, über mich selbst zu lachen und mich leicht zu nehmen – welch Medizin! Der andere Artikel ist von Markus Hoffmann: Angeschautsein. Ich hab's einfach wieder frisch erlebt, wie es ist, mich anschauen zu lassen (nicht im Rahmen einer Therapie) von Gott, vor Geschwistern – wenn wir es aushalten, ist es so heilsam. Danke, dass Ihr weitermacht mit THE RACE.

Das Förderabo

Eine Möglichkeit uns zu unterstützen Mit dem Förderabo haben wir eine Möglichkeit geschaffen, mit der ihr uns dabei unterstützen könnt, den Weg als unabhängige Zeitschrift weiterzugehen. Unser finanzielles Fundament soll dabei wie bisher in erster Linie unsere Leserschaft sein. Das Förder­abo ist ein reguläres Abo, bei dem wir das Komma um eine Stelle verschoben haben: Es kostet 165,00 EUR statt 16,50 EUR im Jahr.

In diesem ersten Jahr unserer Unabhängigkeit wünschen wir uns 25 Förderer. Wenn du dein normales Abo in ein Förderabo umwandeln oder ein neues abschließen ­möchtest, dann schreib uns eine E-Mail an info@therace-online.de. Wir kümmern uns dann persönlich darum. Selbstverständlich kannst du – wenn sich beispielsweise deine finanzielle Situation ändert – das Förderabo wieder in ein reguläres Abo zurückwandeln.

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#38 Krieg

#37 Kind

#36 Sünde

#35 Wandel

#34 Mann/Frau (Wendeheft)

#33 Hunger

#32 Tabubruch

#31 Erweckung

#30 Karriere

#29 Toleranz

#28 Emotionen

#27 Lebenskonzepte

Ein Einzelheft kostet 7 EUR. Wenn du  Geld sparen  willst, kannst du eines unserer  Paketangebote  wahrnehmen:

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THE RACE Drei-auf-einmal-Paket: 18 EUR statt 21 EUR Du bekommst drei THE RACE Ausgaben für nur 18 EUR inkl. ­Versandkosten. Stell dir dazu einfach dein individuelles 3er-Pack zusammen.

2.

THE RACE Alle-auf-einmal-Paket: 48 EUR statt 84 EUR Hol dir alle noch lieferbaren THE RACE Ausgaben auf einmal. 12 Hefte. Umgerechnet kostet ein Heft dich dann nur 4 EUR!

Mengenrabatt für GroSSabnehmer: Du möchtest für deine Gemeinschaft oder Freunde mehrere Ausgaben bestellen? Dafür haben wir folgenden Mengenrabatt eingerichtet: ab 10 Hefte: 5,50 EUR pro Heft (inkl. Versand) ab 20 Hefte: 5,00 EUR pro Heft (inkl. Versand)

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Aufklärer

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U-Boot

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Schiffe versenken

eigene Flotte

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Drei Gröhlparolen für die gute Laune zum Aufwärmen vor dem Spiel: 1.) »Jetzt gehts los! Jetzt gehts los!« 2.) »Du kannst nach Hause fahrn, du kannst nach ­Hause fahrn ...« 3.) »Jippieh, ein Spielchen. Ich bin die Gute!«

Als Vorbereitung auf das Spiel trägt jeder in das obere Feld seine Schiffe wie oben dargestellt ein. Die Schiffe dürfen dabei nicht aneinander stoßen und müssen immer in einer Linie hochkant oder quer – nie diagonal – platziert werden. Die ausführliche Spielanleitung befindet sich auf Seite 2 dieses Heftes.

Flaggschiff


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