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Harry Potter und das verwunschene Kind Interview mit dem ausführenden Produzenten Michael Driemler Harry Potter und das verwunschene Kind

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nsere Leserschaft zählt ja eher zu den Menschen, die im Publikum sitzen werden – und hat vielleicht gar nicht so einen tiefen Einblick, was ein ausführender Produzent bei einer großen Theaterproduktion wie dieser eigentlich alles auf dem Tisch hat. Können Sie in ein paar Sätzen erklären, was Ihre Kernaufgaben sind? Im Wesentlichen geht es damit los, dass wir die Lizenzverhandlungen führen. Das ist der allererste Schritt, bevor wir überhaupt in die Position kommen, produzieren zu können. Das heißt: Kontaktaufnahme, erste Verhandlungen führen, parallel dazu – eine der am Ende entscheidenden Aufgaben – Budgetierung. Wenn wir die Lizenz dann haben, ist die zenU

Albus Dumbledore

trale Aufgabe das Zusammenstellen des Teams. In diesem Fall war das besonders spannend, weil wir an diesem Ort, dem Mehr! Theater am Großmarkt, vorher ein Gastspielhaus waren und folglich ein komplett neues, frisches Team zusammenstellen konnten. Das war ein Prozess von ungefähr zwei Jahren, bis wirklich alle in allen Abteilungen besetzt waren. Wenn es erstmal läuft, und immer mehr Abteilungsleiter*innen ihre Arbeit aufnehmen, verschiebt sich mein Aufgabenbereich immer mehr in die Richtung Supervision. In den letzten sechs Monaten heißt das dann eigentlich überwiegend: Gucken, dass alles zeitlich zusammenpasst, hier und da den Finger in die Wunden legen, wenn es mal in einzelnen Bereichen hakt. Es ist ein wenig Marionettenspiel und je näher es an die Premiere geht, desto mehr werde ich selbst eher Zuschauer als Spieler.

Ich fand bei einem der Making of Videos den Satz eines Schauspielers am ersten Probentag sehr schön. Er schaute auf die Probebühne, die Requisiten, das Team und sagte sehr staunend: „Alles groß, alles viel.“ Sie haben ja schon einige Produktionen im Musical- aber auch im Theaterbereich hinter sich: Was macht denn diese Produktion so groß – oder eher gesagt so besonders? Als ich mir das Stück in London zum ersten Mal angesehen habe, war ich ganz schön geflasht und dachte mir: „Wenn du das mal produzieren dürftest, biste eigentlich fertig und kannst an die Frührente denken.“ Von der Herausforderung her ist es zweifelsohne einer der Höhepunkte in meiner beruflichen Laufbahn. Normalerweise hat man bei Musical- und Theaterproduktionen, egal wie groß eine Veranstaltung letztendlich auch ist, gewisse Parameter, um die man sich immer kümmern muss: Schauspieler*innen, Technik, Budgets, so was. Bei „Harry Potter und das verwunschene Kind“ kommen viele Dinge hinzu, die man sonst so nicht hat: Es wird zwar nicht gesungen, es gibt keine Live-Musik, aber dafür zum Beispiel ein wahnsinnig ausgetüfteltes Sounddesign. Da wir dieses Theater völlig neu ausgebaut haben, mussten wir also schauen, dass wir das architektonisch erfüllen können. Im Grunde war es aber auch hier die Zauberei, die das Stück so besonders macht. Unsere teilweise sehr jungen Darsteller*innen sind allesamt tolle Schauspieler*innen, aber sie haben eben noch nie einen Illusionstrick vorführen müssen. Wer professionell auf der Bühne zaubert, braucht Monate oder auch mal Jahre, um einen Trick zu lernen. Bei uns musste das schneller gehen.

Wie funktionieren denn diese Tricks? Ha ha, na ja: Die größte Herausforderung für uns alle in dieser Faszina

Im Kampf gegen die dunkle Macht

tion des Wissens ist auch leider den Mund zu halten. Gerade unsere jungen Darsteller*innen lieben es, sich in den sozialen Medien zu zeigen und Einblicke zu geben. Sich da zu beherrschen, ist für viele nicht ganz einfach, gerade weil sie selbst fasziniert davon sind. Mich haben auch immer wieder Freunde und Bekannte und meine Kinder gefragt: „Ja, wie geht er denn der Trick?“

Und das wird auch nicht besser … … wenn das Stück läuft und sie ihn live sehen, genau.

Harry Potter hat ja durch den Bucherfolg und durch die Filme Millionen Menschen erreicht. Wie ist ihr persönlicher Bezug zu Rowlings Geschichten? Mein Zugang kommt natürlich von meinen Kids. Meine zwei Jungs haben die Bücher sehr früh gelesen und es geliebt, die Potter- Welt mit Lego nachzubauen. Ich habe auch mit ihnen die Filme gesehen. Mein Interesse an „Harry Potter und das verwunschene Kind“ war von Anfang an von der Faszination getrieben, das auf die Bühne bringen zu dürfen. Ich komme vom Theater und deshalb war mein Bezug eben vornehmlich ein theatraler. Bevor wir einen Schritt auf die Produzenten zugingen, habe ich das Stück in zwei Wochen durchgelesen und war gleich voll drin. Es hat die gleiche Sogkraft, die Rowlings Bücher entwickeln: Man wird gleich in diese Welt gezogen. Hier an diesem Spielort gefällt mir besonders, dass er eine Brücke in die Potter-Welt schlägt. Bei Harry Potter geht es durch die Mauer an Gleis 9 ¾ - und mit einem Schritt tritt man von der Realität eines wuseligen Bahngleises in diese wundervolle Welt voller Magie. So kommt es mir hier auch immer noch vor: Wir sind mitten auf einem Großmarkt, hinter uns wird jede Nacht Gemüse verkauft, während wir die Tage und Abende zwischen Zaubertricks und schwebenden Lichtern verbringen.

Sie haben in ihrer Laufbahn mit Theatergrößen wie Robert Wilson gearbeitet, kennen EntertainmentProduktionen ebenso wie sehr spezielles Theater, das eher der Hochkultur zugerechnet wird. Was sagen sie einem Theater-Connaisseur, der sich diesem Stück verweigert, weil er es für trivial hält? Ich würde ihn wohl einfach mal mitnehmen. Wer das Stück gesehen hat, wird das so nicht mehr sagen. Was hier passiert ist mit Worten schwer zu vermitteln – mal völlig losgelöst von den Tricks und Zaubereien. Die Geschichte hat eine sehr besondere Qualität. J. K. Rowling ist schon mal eine faszinierende Grundlage, spannend wird es dann aber im

©Matthew Murphy

WANN UND WO?

Harry Potter und das verwunschene Kind - Teil 1 und Teil 2

Deutschlandpremiere am 15. 03.2020

Vorstellungen: Mittwochs 14.30 Uhr, Teil Eins & 19.30 Uhr, Teil Zwei

Donnerstags 19.30 Uhr, Teil Eins

Freitags 19.30 Uhr, Teil Zwei

Samstags 14.30 Uhr, Teil Eins & 19.30 Uhr, Teil Zwei

Sonntags 14.00 Uhr, Teil Eins & 19.00 Uhr, Teil Zwei

Mehr! Theater am Großmarkt Hamburg

Tickets auf Ticketmaster.de

Albus Potter und Scorpius Malfoy im Zaubertränke-Unterricht

nächsten Schritt, wenn Drehbuchautor Jack Thorne den ganzen Materialschatz aufgreift und zusammen mit J. K. Rowling und dem Regisseur John Tiffany alles in einem Theaterstück umsetzt, das es, zumindest in Deutschland, so noch nicht gegeben hat.

Und was darin erzählt wird, ist eben nicht reiner Schnickschnack und Zauberspaß. Im Stück werden die zentralen Themen der Bücher von Harry Potter wieder aufgegriffen und um neue Konfliktebenen spannungsvoll erweitert. Im Mittelpunkt stehen die Themen Freundschaft und, sehr zentral, sowohl mit Harry und Albus als auch Draco und Scorpius, zwei sehr unterschiedliche Vater-Sohn-Beziehungen. Ich bin wie gesagt auch Vater von zwei Söhnen und es ist schon faszinierend, wie oft einem hier ein Spiegel vorgehalten wird. Es ist also auch Gesellschaftskritik im sozialen und im privaten Kontext drin.

Darüber hinaus geht es um das Prinzip Macht und Gesellschaft, das in den Büchern von J. K. Rowling immer präsent ist. Sie hat diesen kritischen, unerbittlichen Blick auf Machtausübung, den man schon aus ihren Büchern rauslesen konnte. Gerade das fand ich schon immer stark: Es sind Jugendbücher, die auch gut unterhalten, aber der Blick auf die Gefahren von Faschismus wird darin von Anfang an geschult. Das Stück geht auf dieses Thema sehr zentral ein.

Aber ob man etwas als trivial empfindet, hat ja viel mit eigenem Geschmack zu tun. Mir gefällt es, dass die Grenzen zwischen Hochkultur und Popkultur immer mehr verwischen. Überspitzt gesagt, war ja Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ damals im Kontext seiner Zeit auch reines Entertainment. Ich glaube jedenfalls, dass dieses Stück hier sehr wenig Triviales hat und genau darin ein Grund für seinen internationalen Erfolg liegt. Diesem ernsten Anspruch, der eben nicht nur unterhalten will, kann man sich – sei man auch noch so intellektuell geschult - nicht entziehen. Deshalb: Einfach anschauen. Und dann reden wir noch mal drüber.

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