12. Jahrgang
04 2014 B 1645 F Preis 5,90 €
Die starken Seiten unserer Region Titelthema
Starke Marken & echte Originale Schwäbische Sparkassen
Verantwortung für Menschen? Spezial
Landkreis Aichach-Friedberg Veranstaltungen und Termine
66.
SCHWÄBISCHE KUNSTAUSSTELLUNG „Auseinandersetzung mit der Kunst“ Der BBK und die 66. Große Schwäbische Kunstausstellung
MULTIMEDIALES GESCHICHTSBUCH Das neue Fugger und Welser Erlebnismuseum in Augsburg
WILLKOMMEN IM WOHNZIMMER
„Schwäbisches Krippenparadies“ in Mittelschwaben
HILFE AUS KAUFBEUREN Die Hilfsorganisation Humedica
Aktion Deutschland Hilft Das starke Deutschland Bündnis bei Katastrophen Aktion Hilft
Das starke Bündnis bei Katastrophen
Wenn Menschen durch große Katastrophen in Not geraten, helfen wir. Gemeinsam, schnell und koordiniert. Aktion Deutschland Hilft - Bündnis deutscher Hilfsorganisationen. Wenn Menschen durch große Katastrophen in Not geraten, helfen wir. Gemeinsam, Spendenkonto (IBAN): DE62 3702 0500 Hilft 0000- Bündnis 1020 30deutscher Hilfsorganisationen. schnell und koordiniert. Aktion Deutschland Jetzt Förderer werden unter: www.Aktion-Deutschland-Hilft.de Spendenkonto (IBAN): DE62 3702 0500 0000 1020 30 Jetzt Förderer werden unter: www.Aktion-Deutschland-Hilft.de
Edito r ial
Starke Marken & echte Originale
top schwaben
im (Geschenk-) Abonnement ...
Liebe Leserin, lieber Leser,
... für Sie selbst oder als Geschenk, das ein Jahr
Kunst braucht Raum und jemanden, der sie
lang Freude bereitet. Zuverlässig, direkt in den
entfaltet – wie den Berufsverband Bildender
Briefkasten und günstiger als im Handel.
Künstler und die Stadt Augsburg, die der Gegenwartskunst in der Großen Schwäbischen Kunstausstellung mit dem Schaezlerpalais zum zweiten Male einen stilvollen Rahmen gegeben hat. Die Vernissage zeigte deutlich das große Publikumsinteresse und den Hunger nach kultureller, nach geistiger Nahrung in einer durchkommerzialisierten Welt. Bei der Titelplanung dieser Ausgabe war durchaus die Überlegung, eine „starke Marke“ oder ein „echtes Original“ unserer Region in Szene zu setzen – bevorzugt weiblich, jung, blond,
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(Zutreffendes bitte ankreuzen)
Lieferbeginn Ausgabe 1/2015
(Anfang März 2015)
Meine Anschrift: Rechnungsanschrift
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wie von diversen Illustrierten am Zeitungskiosk verkaufsfördernd bekannt. Weil die regionale Kunst jedoch auch medial Raum braucht, haben wir uns entschieden, unser Titelbild der zeitgenössischen Kunst zu widmen, auch wenn BBK-Chef Norbert Kiening – er möge verzeihen – nicht dem gängigen Ideal eines Covergirls entspricht. Dennoch ist der Titel ein Volltreffer zum
Straße / Hausnummer
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Schwerpunktthema: Denn die „Große Schwäbische“ ist im 66. Jahr ihres Bestehens längst zur Marke geworden – und ein schwäbisches Original. Neben der „Großen Schwäbischen“ (Seite 10) haben wir für dieses Heft mal mehr, mal weniger bekannte Persönlichkeiten Schwabens in den Mittel punkt gerückt, die für ihr Thema „brennen“. Neben Porträts aus Kultur, Wirtschaft, Politik und Sport finden Sie in dieser Ausgabe allen voran die hochgradig spannende Lebensgeschichte des Augsburger Ehrenbürgers Kurt Viermetz, dessen kürzlich erschienene Biografie Hanns-Rainer Strobl
Telefon
E-Mail Anschrift Des Beschenkten:
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bereits für Sie gelesen hat (Seite 38). Straße / Hausnummer
In diesem Sinne besinnliche Feiertage, einen guten Jahreswechsel und ein frohes, neues Jahr 2015 wünscht Ihnen
PLZ / Ort
Wolfgang Strobl, Herausgeber, wos@topschwaben.de Telefon
Aus der Redaktion
Kristin Ruckschnat hat sich 2014 als Redakteurin bei top schwaben vor allem sozialen, kulturellen und Bildungsthemen angenommen, für die sie besonderes Herzblut entwickelt hat. Jetzt zieht es sie wieder zurück in ihre Heimat nach Berlin. Wir wünschen an neuer Stelle alles Gute!
Annika Litzel kam am 1. November neu ins top schwaben-Team. Nach ihrem Germanistik-Studium und ersten beruflichen Stationen in einem Startup-Unternehmen und einer Werbeagentur ist die Bobingerin nun bei top schwaben journalistisch tätig und bildet die Schnittstelle zwischen Redaktion, freien Autoren, Fotografen, Illustratoren und unserer Grafik.
E-Mail Der Bezugspreis beträgt für ein Jahr zurzeit € 18,- inkl. Porto Inland und inkl. MwSt. Der Bezug erfolgt für mindestens 1 Jahr und verlängert sich um den gleichen Zeitraum, falls nicht 6 Wochen vor Ablauf des Abonnements gekündigt wird. Sie erhalten eine Auftragsbestätigung von unserem Aboservice zugesandt.
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04 2014 Schwaben ist top! Noch vor zehn Jahren wurde Schwaben als Wirtschaftsraum von vielen als rückständig und nicht mehr zeitgemäß betrachtet. Diesen Kritikern haben wir gerade in letzter Zeit das Gegenteil bewiesen. Bayerisch-Schwaben steht „1 a“ da und kann den Schwung nutzen, um aus den angeschlagenen Märkten kraftvoll herauszustarten. Was die Industrie in Bayerisch-Schwaben auszeichnet, sind die soliden Grundlagen der Unternehmer und die breite Diversifizierung. Weil es keine ausgeprägten Branchenschwerpunkte gibt und damit keine Abhängigkeiten, zum Beispiel von der Automobilindustrie, ist unsere Wirtschaft auch weniger anfällig. Auch für die Zukunft ist Schwaben gut aufgestellt. Maschinenbau und Elektronik sind aus ihrer Tradition heraus stark. Dazu kommt die Faserverbundtechnik, die sich hier konzentriert hat und inzwischen weit in andere Branchen streut. Auch die Luft- und Raumfahrttechnik ist hier fest etabliert. Die Herzstücke des deutschen Flugzeugbaus liegen in Schwaben. Und schließlich – oft übersehen und vergessen – die Lebensmittelindustrie, die heute symbiotisch mit der Verpackungs-
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Willkommen im Wohnzimmer: Schwäbisches Krippenparadies
10 Nummer 66: Die Große Schwäbische Kunstausstellung 13 Das Zentrum Schwabens 14
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Multimediales Geschichtsbuch: Besuch im Fugger- und Welsermuseum Augsburg
Weit gespannte Erinnerungen Das „Musikfest Tonspuren“ in Irsee 2015
18
Walter Althammer: „Verdi liegt mir absolut!“
technik voranschreitet. Es gibt keine Region in Europa, wo beide so eng verbunden sind und sich gegenseitig befruchten, wie in Schwaben. Auch bei der Produktvielfalt sind Schwaben und das Allgäu unschlagbar. Nirgendwo sonst gibt es so viele milchverarbeitende Betriebe wie hier, genossenschaftlich wie privatwirtschaftlich. Bayerisch-Schwaben ist der Feinkostladen Europas! Auch die Umwelttechnik spielt heute in Schwaben eine große Rolle. Das freut mich als Ingenieur, der in dieser Branche aktiv war, natürlich besonders. Heute sind Schwaben und das Allgäu der führende Wirtschaftsraum in Europa. Das ist keine Übertreibung, das lässt sich wunderbar logisch ableiten: Schwaben ist vom Arbeitsmarkt und der Wirtschaftsdynamik her führend in Bayern. Bayern ist führend in Deutschland. Deutschland ist führend in Europa. Ergo: Schwaben ist europäisch gesehen „top“.
Für weitere Informationen: www.markus-ferber.de
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Impressum Verlag und Adresse aller Verantwortlichen: Contrast Marketing-Kommunikation & Verlag GmbH, Eserwallstr. 17, 86150 Augsburg, Tel. 0821/3199950, Fax 0821/31989140 Geschäftsführer und verantwortlich i. S. d. P.: Wolfgang Strobl Copyright: Der Inhalt des Magazins ist in vollem Umfang urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte liegen beim Verlag. Die Verwendung von Texten und Bildern in anderen Publikationen und im Internet bedürfen – auch auszugsweise – der schriftlichen Genehmigung des Verlags. Autoren: Annika Litzel (al), Roswitha Mitulla (rmi), Florian Pittroff (pif), Kristin Ruckschnat (ruc), Hanns-Rainer Strobl (hrs), Wolfgang Strobl (wos) Titelbild: Axel Weiss / www.werbefotografie-weiss.de Verantwortlich für den Anzeigenteil: Birgit und Wolfgang Strobl Fotografen dieser Ausgabe: Moritz Beierlein, Daniel Mühlebach, Roswitha Mitulla, Simon Stöckel, Wolfgang Strobl, Axel Weiss. Weitere Bildnachweise befinden sich direkt auf den Seiten. Korrektorat: KorrekturService Sand, Landsberg Druckvorstufe: Gerd Krautmacher, Thannhausen Konzeption, Layout, Satz: Contrast Marketing-Kommunikation & Verlag GmbH, Augsburg, www.contrast-marketing.de Druck: Appl-Druck, Wemding top schwaben erscheint vierteljährlich, zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 10 vom 1. Januar 2014 Druckauflage/Verteilauflage: 9.000 Exemplare EVP € 5,90, Jahresabo € 18,- (einschl. Postgebühr)
inhaltsverzeichnis 36
Klaus Marschall: „Animationsfilme befriedigen die Fantasie nicht“ 38 Der beispiellose Weg des Kurt Viermetz
42 Bücher 44 Neuer Energieriese? swa & erdgas schwaben auf Annäherungskurs
46 Moritz Beierlein: Natur, so wie sie ist 54 „Gute Jugendarbeit ist keine, von der man nichts hört“ 56 Strom auf Abruf: LEW und SGL FORenergie 58 Der ländliche Raum muss flexibler werden: VVM-Symposium zeigt Möglichkeiten im ÖPNV auf
Spezial: Aichach-Friedberg 62 „Ein Stück Offenheit“ Interview mit Aichach-Friedbergs
20 Hilfsorganisation Humedica:
Landrat Dr. Klaus Metzger
In der Welt zuhause, im Allgäu daheim
23
64 Immer noch Zwangsschwaben. Oder schon zarte Liebe?
26 Umweltnetzwerk KUMAS kürt Leitprojekte 27 Markenbildung ist keine Frage der Größe: Bregenz 28 Bernd Kränzle: „Ich war immer der Jüngste!“ 30 Luis Walter: „I bin halt a Schwob“ 32 Sebastian Priller: „Das Glas ist halbvoll, aber nicht mehr lang“ 34 Nadine Rebel: „Der Sport hat auf dich gewartet“
66 Der Landkreis investiert in die Zukunft 68 Mehrgenerationen-, Wohn- und Arbeitsprojekt Blumenthal 69 „Wittelsbacher Land“ – eine Marke im Aufbruch 70 Tourismus: Entdeckungstour im Wittelsbacher Land 72 Wirtschaft: Von Friedberg aus an die New Yorker Börse 74 Veranstaltungen: Dezember 2014 bis Februar 2015 03 Impressum
Verantwortung für Menschen? Die schwäbischen Sparkassen in schwierigem Wettbewerbsumfeld
Das schwäbische Altbayern
Äusseres Pfaffengässchen 23 | 86152 Augsburg Öffnungszeiten: Di – So | Feiertag 10 – 17 Uhr www.Fugger-und-Welser-Museum.de
CEO
ERLEBE DIE
VORSTÄNDE DER RENAISSANCE
Gefördert durch den Kulturfonds Bayern
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Ko lu m nent itel
Holzschnitzer Arnold Haiß mit Figuren in seiner Werkstatt. Unten: Krippendarstellungen aus dem „Schwäbischen Krippenparadies“
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Ku lt u r
Willkommen im Wohnzimmer Über die Terrasse hinein, zur Wohnungstür wieder hinaus: In Mittelschwaben ist es schöne Tradition, dass Familien und Privatleute wildfremden Menschen im privaten Haus die Türen öffnen, um ihre Krippe zu zeigen. Als Franz von Assisi 1223 im Wald bei
bedeutenden Krippen in den Häusern
Lindenholz und nicht gefasst. Das bedeu-
Greccio mit Tieren und Menschen das
und konnten nicht besichtigt werden.
tet, dass sie nicht farbig bemalt sind. Die
Weihnachtsgeschehen darstellte, begann
Deshalb richteten die Krippenfreunde
meisten der bekleideten Figuren für die
die Historie des Krippenbaues in der
im Winter 1995/1996
einen Krippen-
schwäbische Heimatkrippe hat Vater Al-
christlichen Welt. Die Jesuiten statteten
weg ein. Seitdem ist Edelstetten über
fred Zeman hergestellt. Dann gibt es im
alle ihre Ordenskirchen mit Krippen aus
die Landkreisgrenzen hinaus bekannt
Stadel noch eine dritte Krippe im Naza-
und so entwickelte sich rasch – vor allem
und der Besucheransturm immer grö-
rener-Stil, die mit alten Gipsfiguren aus
in Süddeutschland – eine tiefe Krippen-
ßer geworden. In jeder Saison kommen
Kevelaer bestückt ist.
frömmigkeit. „Die Geschichte der Weih-
rund 20 Busse aus Bayern und Baden-
nachtskrippe in Kirchen und Privathäu-
Württemberg mit bis zu 50 Personen.
Wer in Edelstetten ist, sollte zudem die
sern ist spannend“, schreibt Prälat Dr.
Die Krippenfreunde empfangen sie und
Barockkrippe von 1750 in der Pfarrkir-
Wilhelm Imkamp, Wallfahrtsdirektor von
führen sie zu den Stationen des Krippen-
che St. Johannes Baptist und Johannes
Maria Vesperbild, im Vorwort der aktu-
wegs, der am Kirchplatz beginnt. Große
Evangelist besuchen. Der Krippenweg ist
ellen Krippenbroschüre, welche die Re-
Gruppen werden aufgeteilt.
vom 4. bis 25. Januar 2015 an Sonn- und
gionalmarketing Günzburg als „SchwäKrippenparadies
2014/2015“
Papierkrippe im Gartenhaus
Gruppen können nach telefonischer An-
herausgebracht hat. Spannend war es für
Auf dem Weg liegt das Gartenhaus der
meldung auch an Werktagen kommen.
die Krippenbauer tatsächlich – vor allem
Familie Böck, in dem man Papierfigu-
von 1782 bis 1823, als die öffentliche
ren und lebensgroße bekleidete Figuren
Auch heute wird noch geschnitzt
Darstellung des christlichen Weihnachts-
anschauen kann. Familie Mörz baut im
Dass im Landkreis von Privatleuten
geschehens verboten war. „Wenn es in
Keller die Großkrippe des Landwirts und
Krippenfiguren geschnitzt werden, geht
der Kirche nicht mehr möglich war, dann
Laienschnitzers Josef Zeller auf, die so
laut Peter Zeman auf die Zeit nach der
stellte man zu Hause eben eine Krippe
genannte „Bauernzeller-Krippe“.
großen Pestseuche im Jahr 1634 zu-
auf und sorgte dafür, dass sie auch von vielen gesehen wurde“, erklärt Imkamp.
rück. „Weil so viele Menschen ums LeBei Familie Zeman kommt man heute
ben gekommen sind, haben Tiroler die
nicht mehr in die gute Stube, sie hat einen
Dörfer besiedelt und die Tradition mit-
Das tun die Bürger im Ortsteil Edelstetten
Stadel zum Krippenparadies gemacht.
gebracht“, berichtet er. Auch in Ziemets-
der Gemeinde Neuburg an der Kammel
Eine Besonderheit ist hier die gro-
hausen, das nach Meinung der Bürger
schon seit langem. Krippenfreund Peter
ße orientalische Simultankrip-
durch einen Schwur von der Pest
Zeman erinnert sich daran, dass seine
pe, die entsprechend der Evan-
verschont blieb, begeisterte man
Mutter früher die Gäste in ihr Wohnzim-
gelientexte in sieben Bildern
sich dafür, an Winterabenden
mer ließ. „Die Leute gingen durch die
gleichzeitig das Geschehen von
Krippenfiguren zu schnitzen. Im
Terrassentür rein und durch die Haustür
Maria Verkündigung bis zu Josefs
Ortsteil Vorderschellenbach, in
wieder raus, wer die Krippe ein zweites
Zimmererwerkstatt
Nazareth
der Nähe der Wallfahrtskirche
Mal sehen wollte, musste sich nochmal
darstellt. Die 120 Figuren stammen
Maria Vesperbild, ist Arnold
anstellen“, erzählt er. Bis vor kurzem stan-
vom Holzschnitzer Helmut Reischl,
Haiß aufgewachsen. „Schon
den die meisten der kulturell oft sehr
sind 20 Zentimeter groß, aus rohem
als Kind wollte ich Schnitzer
in
7
Fotos: Regionalmarketing Günzburg, Roswitha Mitulla
bisches
Feiertagen von 13 bis 17 Uhr geöffnet.
Ku lt u r
Krippenausstellung im alten Pfarrhof St. Martin am Kirchplatz 1. Besichtigung mit Führung jeweils donnerstags um 10 und 17 Uhr, samstags um 15 und 16 Uhr und sonntags um 10.30 Uhr. Vom 28. Dezember bis 1. Februar 2015 nur sonntags um 10.30 Uhr oder nach Vereinbarung. Info-Telefon: 08341-16922.
Die lebende Krippe Im Krippenstadel im Märzenburgweg in Kaufbeuren sind Maria, Josef und das Jesuskind, Ochs, Esel und junge Schäfchen zu sehen. Geöffnet am Samstag, 20., und Sonntag, 21. Dezember von 14 bis 19 Uhr. Ansprechpartner: Günther Seydel, Tel. 0171-7850521. Kempten:
Weiß‘sche Krippe Biedermeierkrippe von Ludwig Weiß im Allgäu-Museum, Kornhaus, Großer Kornhausplatz 1. Ansprechpartner: Stadt Kempten, Kulturamt/Museen, Telefon 0831-2525-390. Kempten
oder Bildhauer werden“, erinnert sich
Seine Figuren stehen in Kirchen, Kapellen
der 51-Jährige. Weil er aus familiären
und Privathäusern, auf Friedhöfen und in
Gründen in seinem Heimatort bleiben
Gärten. Vom Trend zu modernen Krip-
musste, absolvierte er in Ziemetshau-
penfiguren, die keine Gesichter haben, ist
sen eine Ausbildung zum Schreiner und
Arnold Haiß nicht begeistert. Er zieht die
eine zweite Ausbildung zum Zimmerer.
traditionellen Formen vor. Am liebsten
Als er an der Augsburger Berufsschule
und am häufigsten schnitzt er Madonnen.
Schnitzerseminare belegte, wurde der
Für eine Kirche in Memmingen hat er
Kindheitstraum wieder lebendig. In
eine Lourdes-Madonna angefertigt, und
Oberammergau, Elbigenalp
und den
in einer Grotte in Ziemetshausen steht
Südtiroler Hochburgen St. Ulrich und
eine Gnadenspenderin in Lebensgröße
Wolkenstein erlernte er in vielen Se-
aus seiner Werkstatt. In den italienischen
minaren das Schnitzerhandwerk. Den
Wallfahrtsort San Giovanni Rotondo hat
Schritt in die Selbstständigkeit wagte
er mehrere Skulpturen des dort verehr-
er 2003. Das Geschäft im eigenen Haus
ten Heiligen Pater Pio geliefert und nach
in Vorderschellenbach, wo sich auch die
Kasachstan einen Barmherzigen Heiland.
Werkstatt befindet, ist nicht nur in der
Auch die Kirchenkrippe in St. Martin in
Adventszeit ein Paradies für Krippen-
Ebershausen stammt von Arnold Haiß.
freunde und Sammler. Sie finden hier rund 70 Markenkrippen und eine große
Damit sich auch ärmere Familien eine
Auswahl an Zubehör.
Hauskrippe leisten konnten, hat man frü-
Bründl-Krippe Die Simultankrippe von Adolf Bründl ist auf 25 Quadratmetern in der Krypta der Pfarrkirche St. Lorenz vor einer Kulisse mit den Allgäuer Bergen aufgebaut. Samstag und Sonntag sowie am 25. und 26. Dezember und 6. Januar von 14 bis 16 Uhr.
Krippen-Visionen Im Rathausfoyer präsentieren die Teilnehmer der Schnitzkurse aus der Krippenbauschule Kempten ihre selbst angefertigten Krippen. Bis 21. Dezember täglich von 12 bis 19 Uhr. Memmingen:
Madleners Weihnachtskrippe Im beleuchteten Innenhof des Antonierhauses mit lebensgroßen Figuren des Memminger Malers Josef Madlener. Im Antoniersaal sind Weihnachtsbilder von ihm zu sehen. Öffnungszeiten: bis 6. Januar von Dienstag bis Sonntag von 14 bis 19 Uhr.
her in Mittelschwaben Gloriawässerle fürs Krippenloben
einfache und kosten-
Dazu gehört seit einiger Zeit auch das
günstige Figuren aus
Gloriawässerle fürs Krippenloben. Da-
Lehm
hinter steckt der vor allem in Österreich
die so genannten
beliebte Brauch, jemanden zu besuchen,
„Bachenen“,
der eine Krippe hat und diese kräftig zu
in Kastenkrippen
loben, um an ein Stamperl Schnaps zu
gestellt wurden. Als
kommen. Statt „Prost“ sagt man „Gloria“
Vorbild für die reliefartigen „Loam-
und versucht es gleich noch einmal, dem
mandl“ dienten die kostbaren Krippen in
Besitzer ein weiteres Gläschen zu entlo-
Kirchen. Bis zum Ende des 19. Jahrhun-
cken. Meist wird Marillenschnaps ausge-
derts entstanden die einfachen Lehm-
schenkt, der beim Krippenloben Gloria-
männlein in Handarbeit, indem man Ton
wasser genannt wird. Arnold Haiß hat
oder Lehm in Modeln geformt, dann ge-
das Getränk schwäbisch umgetauft und
brannt und bemalt hat. Später ermög-
in sein Sortiment aufgenommen.
lichten Maschinen die Herstellung von
hergestellt, die
billiger Massenware, die man auf den Im Grunde seines Herzens aber ist er
Weihnachtsmärkten in der Region und
Holzschnitzer und deshalb freut er sich,
in Augsburg kaufen konnte. Viele Origi-
wenn er im Auftrag von Kunden nach de-
nale sind erhalten geblieben und stehen
ren Wunsch und nach eigenen Ideen reli-
heute in Heimatmuseen und bei privaten
giöse oder profane Kunst herstellen kann.
Sammlern.
Die Broschüre „Krippenparadies – Weihnachts- und Winterhöhepunkte“ der Regonalmarketing Günzburg GbR - Wirtschaft und Tourismus enthält neben detaillierten Beschreibungen der Privat- und Kirchenkrippen auch einen Kalender mit Veranstaltungshöhepunkten im Landkreis Günzburg. Zum Bestellen oder downloaden: www.familien-und-kinderregion.de
8
rmi Fotos: Regionalmarketing Günzburg
Kaufbeuren:
Jesuiten-Krippenfiguren
Wir w端nschen Ihnen eine sch旦ne Weihnachtszeit sowie f端r das Jahr 2015 Gl端ck, Gesundheit und Erfolg. www.lew.de9
Ku lt u r
Nummer 66 In diesem Jahr steht bereits die 66. Große Schwäbische Kunstausstellung auf dem Programm. Altersmüde? „Im Gegenteil“, stellt Norbert Kiening, Vorsitzender des veranstaltenden Berufsverbandes Bildender Künstler BBK fest.
Im altehrwürdigen Schaezlerpalais ist gehängt. Ein schöner, stilvoller Rahmen für 60 aktuelle Arbeiten schwäbischer Künstlerinnen und Künstler, die in der 66. Großen Schwäbischen Kunstausstellung gezeigt werden. Die „Große Schwäbische“ kommt an – besser als in den Vorjahren, als im Schnitt rund 2.000 Kunstinteressierte die Ausstellung besuchten. „Im letzten Jahr kamen 3.500 Besucher. Das ist ein deutlicher Sprung nach oben“, freut sich der Vorsitzende des BBK Schwaben Nord und Augsburg, Norbert Kiening. Und noch etwas Positives gibt es in Sachen Großer Schwäbischer zu vermelden. Es gibt heuer erstmals einen Kunstpreis im Wert von 2.000 Euro für ein von der Jury vorgeschlagenes Kunstwerk, der von der Stadt Augsburg gestiftet wurde. Preisgelder gibt es aber nicht nur bei der Großen Schwäbischen Kunstausstellung.
10
Ku lt u r
„Auseinandersetzung mit der Kunst“
Im Schloss Wertingen und in der städtischen Galerie findet zum Beispiel alle zwei Jahre „Kunst im Schloss“ statt. Die Stadt vergibt zu diesem Anlass Kunstpreise in Höhe von 2.500 Euro. Außerdem haben der Landkreis Dillingen von 1985 bis 2003 und seit 2010 die Gemeinde Buttenwiesen ebenfalls Kunstpreise zur Verfügung gestellt. Eine hohe Strahlkraft besitzt auch die Große Nordschwäbische Kunstausstellung, die kürzlich zum 34. Mal in Donauwörth stattfand. Die Ausstellung gab einen umfassenden Überblick über die Bandbreite künstlerischen Schaffens in der Region. Mit der Ausstellung ist die Verleihung des „Donauwörther Kunstpreises“ verbunden, der mit 1.000 Euro dotiert ist. Die Liste ließe sich noch über Irsee und Krumbach fortführen – um nur einige Kunstpreise herauszugreifen. Norbert Kiening spricht von einer „Kunstpreiskultur“. So ein Preis macht sich gut – für die Biographie und natürlich auch für den Geldbeutel. Dass mit einem Kunstpreis auch Öffentlichkeitsarbeit für die jeweiligen Städte und Sponsoren gemacht wird, ist ein angenehmer Nebeneffekt für den Veranstalter. In erster Linie, so Kiening, „geht es aber um die Auseinandersetzung mit der jeweiligen Kunst. Denn für die Besucher wird dann der Fokus auf ein besonderes Kunstwerk gelegt.“ Auf alle Fälle macht der Preis die vielfältigen künstlerischen Positionen und die Qualität der Kunst ihre Wirkung entfalten, wenn sie wahrnehmbar ist und sich möglichst viele mit ihr auseinandersetzen können.
Eine Frage der Kultur
Unterschiedliche Techniken, unterschiedliche Stile, unterschiedliche Formate: Für die 66. Große Schwäbische Kunstausstellung wurden mehr als 300 Werke eingereicht, 60 Arbeiten sind jetzt im Schaezlerpalais ausgestellt. Foto linke Seite: Norbert Kiening in den Ausstellungsräumen im Schaezlerpalais
Dennoch: Kunst ist in Schwaben ein hartes Brot – zumindest
für die Kunst. Eine besonders treffende Beschreibung hat
für die meisten. Nur wenige Künstler können von ihrer Kunst
der Dichter Jean Paul gefunden. Von ihm stammt der Satz:
leben. „Ich würde mal sagen: Unter zehn werden es sein“, so
„Kunst ist zwar nicht das Brot, aber der Wein des Lebens.“
Kiening, „wenn man davon ausgeht, dass sie ausschließlich
Wie wahr! Der Mensch könnte ohne Kunst zwar überleben,
ihre Einkünfte mit verkaufter Kunst bestreiten.“ Die Grün-
sie bereichert und verschönert das Dasein allerdings unge-
de sind vielfältig. Einer ist mangelnde Professionalität. Aber
mein. Und wie guter Wein braucht auch die Kunst jemanden,
nicht im negativen Sinne, denn viele Künstler wollen sich nicht
der sie entfaltet. „In den vergangenen 20 Jahren hat sich vie-
mit wirtschaftlichen Dingen beschäftigen. Was der Kunst na-
les gewandelt“, bedauert der BBK Chef. „So können wir nicht
türlich grundsätzlich zuträglich ist – dem Portemonnaie aber
wie früher durch den Verkauf eine Ausstellung finanzieren.“
eher nicht. Ein zweiter Grund ist mangelnde Wertschätzung
Am deutlichsten spürte es der Berufsverband bei der Großen
11
Fotos: Axel Weiss, BBK
Arbeiten für ein breites Publikum sichtbar. Nur dann kann
Ku lt u r
Schwäbischen: Waren in den 1990er-Jahren jährliche Ankäufe um 25.000 Euro die Regel, sind seit 2008 gerade noch 6.000 Euro zu verbuchen. „Natürlich ist niemand verpflichtet, Kunst zu kaufen“, so Norbert Kiening, aber es ist für ihn schon auch eine Frage der Kultur. Der Berufsverband Bildender Künstler unterstützt auch Aktionen wie z. B. die geplante Statue des Augsburger Fußball-Idols Helmut Haller. In Zusammenarbeit mit dem BBK wurde ein bayernweiter Ideenwettbe-
Wie wird der BBK „fit für die Zukunft?“
werb ausgeschrieben, vier Bewerbungen
Wie wollen Sie den BBK „fit für die Zukunft machen“, wenn man sich z. B.
kamen in die engere Auswahl. „Wir stel-
die rückläufigen Mitgliederzahlen vor Augen führt?
len unser Know-how zur Verfügung.“ Dies
Natürlich haben wir gerne sehr viele Mitglieder. Aber es ist für unseren Ver-
kommt dann den ausführenden Künstlern
band nicht das Hauptaugenmerk, eine möglichst hohe Mitgliederzahl zu ha-
und den Initiatoren solcher Aktionen zugute.
ben. Wir sind, wie der Name schon sagt, ein Berufsverband. Darum sind wir
Dem Regionalverband Schwaben-Nord und
daran interessiert, dass die professionellen Künstler bei uns organisiert sind.
Augsburg gehören mit rückläufiger Tendenz
Und für diese Klientel bieten wir einiges. Auf www.kunst-aus-schwaben.com
aktuell rund 270 Mitglieder an, dem BBK
sind, neben allen aktuellen Ausstellungen und Informationen, Ausschreibun-
Schwaben-Süd 200. Die Große Schwäbische
gen für Ausstellungen und Wettbewerbe, viele Hinweise für die künstleri-
Kunstausstellung dauert noch bis zum 18.
sche Tätigkeit zu finden. Künstler haben hier die Möglichkeit, sich mit ihrem
Januar 2015 – und findet gleich an zwei Aus-
Werk vorzustellen. Besonders für junge Künstler bieten wir attraktive Förde-
stellungsorten statt. Im Schaezlerpalais und
rungen wie z.B. die Debütantenförderung, die mit einer Ausstellung inklusi-
in den Kabinett-Räumen des H2 (Glaspalast).
ve einer hohen Förderung für die Produktion eines Kataloges verbunden ist.
Dort sind auch erstmals größere Installatio-
Unsere Mitglieder haben in vielen Museen verbilligten oder freien Eintritt.
nen in Augenschein zu nehmen.
pif
Gehört die Große Schwäbische zu den Höhepunkten im Kunstjahr des BBK?
Übrigens: Bis 14. Februar 2015 stellt BBK-
Ja sicher, wiewohl wir mit unserer Ausstellung „Beste Kunst“ in der BBK-
Vorsitzender Norbert Kiening selbst Malerei
Galerie, die parallel zur Großen Schwäbische Kunstausstellung läuft, ein
und Holzschnitt in der Galerie am Fischer-
weiteres Format haben, das sehr viele unserer Mitglieder erreicht.
tor in Augsburg aus. Aber die lange Historie, die Regelmäßigkeit und der Aufschwung, den die Große Schwäbische Kunstausstellung in den letzten Jahren genommen hat, besonders mit den neuen Spielorten im H2 und im Schaezlerpalais, macht
Große Schwäbische Kunstausstellung
diese zu einem Höhepunkt für das Publikum und die Aussteller. Es freut uns sehr, dass Medien und Politik diese Ansicht teilen, wie uns die entsprechenden Reaktionen zeigen. Kommt Kunst eigentlich von Können? Nein, meiner Ansicht nach kommt Kunst von Wahrheit. Denn nur wenn ein Komposition, Aussage, Modernität standhalten. Das klassische Beispiel für wahre Kunstwerke sind die Zeichnungen von noch unverbildeten Kindern,
S c h a ez l er p a la i s + H2 BBK
29.11.14 - 18.1.15
BERUFSVERBAND BILDENDER KÜNSTLER SCHWABEN-NORD UND AUGSBURG E.V.
die uns in ihrer Direktheit und Ehrlichkeit oft überraschen, weil die Werke so ehrlich und direkt sind wie die Kinder in ihrer Entwicklung. Zu dieser Kraft des Werkes muss ein Künstler erst wieder zurückfinden über verschiedene Wege der Ausbildung, der Selbstbefragung, der Reflexion. Und wenn
Kunstsammlungen und Museen Augsburg im Schaezlerpalais · Maximilianstrasse 46 · 86150 Augsburg H2 – Zentrum für Gegenwartskunst im Glaspalast Augsburg · Beim Glaspalast 1 · 86153 Augsburg Infos: www.kunst-aus-schwaben.de Öffnungszeiten: Di. – So. 10 - 17 Uhr — An den Weihnachtsfeiertagen geschlossen am: 24.12.14 und 31.12.14 Veranstalter:
Nichts bietet Berufsverband Bildender Künstler Schwaben Nord und Augsburg e.V. mehr Freiheiten als die Kunst. Berufsverband Bildender Künstler Schwaben Süd e.V. in Zusammenarbeit mit den Kunstsammlungen und Museen Augsburg TREFF PUNKT KUNST Bad Reichenhall Forstinning Alte Saline 14 Römerstraße 5 Tel.: 08651-965 93-0 Tel.: 08121/9304-0 Augsburg Proviantbachstr. 30 Tel.: 0821/567593-0
er oder sie dann im Können, in der geistigen Haltung zum eigenen Tun sehr weit fortgeschritten ist, stimmt die Aussage der Frage doch, weil Kunst dann
Nürnberg Sprottauer Str. 37 Tel.: 0911/98862-0
von „Können“ kommt.
12
pif
Fotos: Axel Weiss, Wolfgang Strobl, istockphoto
Kunstwerk wahr ist, kann es den Fragen der Rezipienten an Ästhetik, Inhalt,
Ko lu m nent itel
Das Zentrum Schwabens So sieht er also aus, der geografische Mittelpunkt Schwabens: ein Stück grüne Wiese, ein paar Schritte südöstlich der Unterallgäuer Gemeinde Eppishausen, 560 Meter über dem Meer und zehn Meter über dem friedlich dahinplätschernden Haselbach, der durch die 1.850-Seelen-Gemeinde fließt. Berechnet wurde der geografische Schwerpunkt anhand der mathematischen Formel der Koordinaten der äußeren Grenzlinie Schwabens.
13
Ku lt u r
Multimediales Geschichtsbuch
Das neue Fugger und Welser Erlebnismuseum in Augsburg ist genau genommen gar kein Museum. Es zeigt fast keine musealen Gegenstände aus der Zeit der Patrizierfamilien. Es wurde vielmehr als multimediales Geschichtsbuch angelegt, in dem der Besucher auf Entdeckungsreise gehen kann.
Für Tourismusdirektor Götz Beck ist es
Wunsch, ein Fugger-Museum einzurich-
Designer Ilja Sallacz von der Liquid Agen-
die richtige und zeitgemäße Form, Men-
ten, hatte Beck bereits vor 15 Jahren. „Es
tur für Gestaltung erarbeite ein erstes
schen Geschichte näherzubringen. Er
war wichtig, den Menschen zu erzählen,
Konzept. Bis zur Verwirklichung war es
nennt es „Storytelling“ und verweist auf
wie es möglich war, Einfluss auf die Kai-
noch ein weiter Weg, auf dem irgend-
Häuser in den USA und in England, wo
ser des Heiligen Römischen Reiches zu
wann klar wurde, dass man nicht nur
solche Konzepte erfolgreich sind. „Man
nehmen und Geschichte zu schreiben“,
die Fugger, sondern auch die Welser als
kann heute bei Museen auch andere Wege
sagt er rückblickend. Als Geschäftsfüh-
bedeutendes Augsburger Wirtschaftsim-
gehen und sie spannend gestalten. Trotz-
rer der Regio Augsburg Tourismus GmbH
perium darstellen muss.
dem ist alles wissenschaftlich absolut
wollte er zudem das Thema Fugger bes-
seriös, denn wir wussten ja, dass man
ser vermarkten, das seiner Meinung nach
Nachdem mit dem Wieselhaus ein idealer
uns kritisch betrachtet“, betont er. Den
damals noch vernachlässigt wurde.
Standort für ein Museum gefunden war,
14
Ku lt u r
wurden die Planungen konkret und von
der Räume sorgte Ullrich Styra, die inter-
Gerd Mordstein, dem damaligen Leiter
aktive Ausstellungstechnik stammt vom
des städtischen Wohnungs- und Stif-
Historiker und Informatiker Dr. Maximi-
Schwerpunkt
tungsamts, unterstützt. Als Kuratorinnen
lian Kalus.
im Museum sind
nahm die Regio Dr. Stefanie von Welser und Angelika Westermann ins Boot. Ihre
Auch Martin Kluger, der schon zwei Mu-
„Goldenes Zeitalter Augsburgs“ genannt
Texte für die Museumsstelen gerieten
seen für die Fuggerei konzipiert hat, ist
werden. Dabei wird nicht nur die Ge-
dann aber bei mehreren Beteiligten in
davon überzeugt, dass das neue Muse-
schichte der Fugger und Welser erzählt,
die Kritik, weil sie Themen wie Kinder-
um dem Zeitgeist und den Anforderun-
sondern auch die lange Zeit blühende
arbeit und soziale Unruhen im Bergbau
gen der heutigen Zeit entspricht. „Es
Wirtschaft in weiten Teilen Deutschlands,
und den Umgang der Europäer mit den
hat Erlebnischarakter und man kann
Italiens und Flanderns beleuchtet. Das
indigenen Völkern Südamerikas ausge-
Spaß haben. Mit den historischen Tex-
Wirtschaftswunder basierte auf Baum-
spart hatten.
ten der Stelen haben wir aber auch den
wollhandel, Barchentweberei, Finanz-
Bildungsauftrag des Museums erfüllt“,
geschäften, Montanwirtschaft, brachte
Auf wenig Begeisterung stieß auch der
meint er. Jeder könne sich ganz indivi-
technische Erfindungen und das Postwe-
Ansatz, die Fugger und Welser bei vielen
duell aussuchen, was er machen möchte.
sen hervor. Die Erforschung neuer See-
Themen
darzustellen,
Dazu erhält der Besucher an der Kas-
wege im 15. Jahrhundert ermöglichte
anstatt die jeweiligen Stärken der bei-
se ein Pfeffersäckchen, in dem sich ein
den Direkthandel der Europäer mit Afri-
den Handelshäuser herauszuarbeiten.
elektronischer Chip befindet. Es erinnert
ka, Indien und Amerika.
Die beiden Damen legten sechs Wochen
daran, dass man die reichen Handelsher-
vor der Eröffnung des Hauses ihre Mit-
ren ironisch „Pfeffersäcke“ nannte. Man
Dass die Fugger nicht allein als Bankiers
arbeit nieder. Die Texte schrieb dann der
legt das Säckchen beim Rundgang an
eine wichtige Rolle spielten, sondern
Fugger-Kenner, Verleger und Buchautor
die multimedialen Erlebnisstationen und
auch beim Abbau von Silber, Kupfer, Blei
Martin Kluger vom Context Verlag Augs-
ruft so informative Inhalte ab. Kinder
und Quecksilber, macht der Gewölbekel-
burg. Als Berater war der Wirtschafts-
bekommen dazu noch ein Handelsbuch,
ler des Wieselhauses anhand eines nach-
historiker und Welser-Experte Dr. Peter
mit dem sie das Haus auf eigene Faust
gebauten Bergwerks deutlich. Hier unten
Geffcken mit dabei. Für die Ausstattung
erkunden und Aufgaben lösen können.
gibt es sogar einige echte Exponate zu be-
gleichgewichtig
staunen. Es sind Manillen, Armringe aus Kupfer, Bronze oder Messing, die einst so genannte Primitivwährung im Handel mit Menschen, Gold und Elfenbein waren.
Im historischen Wieselhaus im Äußeren Pfaffengäßchen befinden sich die Räume des neueröffneten Fugger und Welser Erlebnismuseums, das im ersten Monat nach Eröffnung bereits 5.000 Besucher zählen konnte. Keine klassischen Ausstellungsgegenstände, sondern multimediales „Storytelling“ steht im Mittelpunkt des Museumskonzeptes.
15
Fotos: Liquid Agentur für Gestaltung, Roswitha Mitulla
die Jahre von 1490 bis 1560, die auch
Ku lt u r
Das Wieselhaus Das um 1530 im Stil der Renaissance erbaute Haus am Äußeren Pfaffengässchen 23 grenzt an den Garten der Benediktinerabtei St. Stephan. Es ist nach dem Optiker und Fernrohrbauer Johann Wiesel (1583 bis 1662) benannt, der von 1637 bis 1642 hier gewohnt und gearbeitet hat. Im 17. Jahrhundert wurden die Arkaden zugemauert. Ob das Haus einmal der Familie Welser gehört hat, ist nicht nachweisbar. Sicher ist nur, dass 1583 der Augsburger Humanist, Historiker und Verleger Markus Welser den Garten neben dem Anwesen, den heutigen Stephansgarten, erworben hat.
Ballen zeigen, wie Baumwolle und Seide
beitsbedingungen in den Bergwerken, in
verpackt waren.
denen auch Frauen und Kinder schufteten, hart waren. Der Bogen spannt sich
Originale Objekte aus der Zeit der Fug-
bis in die Gegenwart und führt nach Bo-
ger und Welser werden an anderen Orten
livien, wo heute wertvolle Rohstoffe wie
ausgestellt und aufbewahrt. Für das neue
Zink für Batterien, Karosserien und Sal-
Museum wurde im ersten Obergeschoss
ben oder andernorts Tantal und Wolfram
die Goldene Schreibstube Jakob Fuggers
für Elektronikgeräte gewonnen werden.
des Reichen, die Schaltzentrale seines Unternehmens, nachempfunden. Mit Hil-
Das
dem
fe des Pfeffersäckchens wird ein fiktives
Wirtschaftszentrum Augsburg und der
Erdgeschoss
widmet
sich
Gespräch von Jakob Fugger und Bartho-
Handelsmetropole Venedig, erklärt die
lomäus V. Welser in Gang gesetzt.
Handelswege in Europa und die Seehandelsrouten nach Indien und Südamerika.
Wer mit dem Aufzug oder über die his-
Ein Raum wurde nach Vorlagen aus Bü-
torische Treppe ins oberste Stockwerk
chern wie ein Schiff eingerichtet. In einem
kommt, kann am Augsburger Geschlech-
anderen steht ein Modell des Handels-
tertanz teilnehmen und Patrizier belau-
schiffes Nao Lionarda, das auf der Route
schen, die sich über Wirtschaft, Religion
von und nach Indien unterwegs war und
und Politik unterhalten und den neusten
mindestens 3.000 Zentner Pfeffer an Bord
Klatsch austauschen. Die virtuellen Per-
hatte. Die Säcke in der Ecke ähneln jenen,
sonen in der „magischen Galerie“ sind
in denen man Zimt, Muskatnuss, Pfeffer
wie auf einem Gemälde aus dem 16. Jahr-
und Gewürznelken transportierte, die
hundert gekleidet.
16
rmi
Fugger und Welser Erlebnismuseum Äußeres Pfaffengässchen 23 86152 Augsburg Telefon 0821/50207-0 www.Fugger-und-Welser-Museum.de Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr Eintritt 5 Euro / Familienkarte 10 Euro
Fotos: Liquid Agentur für Gestaltung, Roswitha Mitulla
Nicht verschwiegen wird, dass die Ar-
Mitte des 19. Jahrhunderts fiel das Wieselhaus mit Garten der Stiftung Katholischer Studienfonds zu, die auch das Anwesen Jesuitengasse 12 mit dem Kleinen Goldenen Saal besitzt. Die Stiftung wird seit 1817 von der Stadt verwaltet. Schon lange gab es Konzepte für eine Sanierung und eine neue Nutzung. Während aber ein Plan nach dem anderen verworfen wurde, verfiel das Wieselhaus immer mehr. Um es in ein Museum zu verwandeln, mussten jetzt über 3,6 Millionen Euro in die Hand genommen werden. Weil das Haus künftig öffentlich genutzt wird, gab es Fördergelder. Außerdem halfen Sponsoren mit, das Projekt zu stemmen. Das Museum erstreckt sich auf vier Etagen. Betrieben wird es von der Regio Augsburg Tourismus GmbH, die für den Unterhalt keine Zuschüsse bekommt.
Weit gespannte Erinnerungen Das „Musikfest Tonspuren“ in Irsee zieht 2015 weite Kreise. Mit hohem avantgardistischem Anteil und viel Improvisation durch zeitgenössische Künstler präsentiert es sich im Schwerpunkt als ein Musiktheater, in dessen Zentrum der armenische Mönch und Musiker Komitas Vardapet (1869-1935) und der armenische Genozid durch die Türkei stehen. Eingebunden sind im erneut aufgelegten Jugendprojekt „Spurensuche“ junge Leute mit erster künstlerischer Erfahrung und auch wieder Grundschüler bei den „Kinderspuren“. Das Musikfest
Einstimmung, Vorhang auf: Die Video-
zwischen zerstörten oder missbrauchten
sprechen. Dem „Erinnern im Hier und
Kulisse ist ein karges, weites Feld im
armenischen Klöstern und dem sakralen
Jetzt“ gehen junge Leute mit ersten künst-
ostanatolischen Kars, der armenische
Raum hier in Irsee wie dort in Asien, Be-
lerischen Erfahrungen aus der durch den
Kaukasus am Horizont. Musik von Gi-
züge zur Psychiatrie (Komitat starb in einer
Bezirk getragenen Berufsfachschule für
tarre und Bassklarinette, vielfach elek-
geschlossenen Anstalt in Frankreich) und
Musik in Krumbach und der Staatlichen
tronisch verfremdet, mit Geigenbogen
nationalsozialistischer wie türkischer Ver-
Berufsfachschule für Glas und Schmuck
und Percussions-Stock in langen, ele-
folgung – hier wie dort geschlagene Wun-
in Kaufbeuren-Neugablonz nach. Sie wer-
gischen, sehnsüchtigen, traurigen Ton-
den – bilden für Marc Sinan den Boden, aus
den, auch ein Wagnis und Neuland, mit
reihen schwebend. So ungewohnt wie
dem „Musik von großer Schönheit“ wächst.
älteren Menschen mit psychischen Er-
anrührend legen Marc Sinan und Oguz
Sie wird am ersten Abend in „Tonspuren“
krankungen aus der Kaufbeurer Organi-
Büyükberger erste Tonspuren. Sinan,
zu hören sein, ebenso in kammermusika-
sation „Blaue Blume Schwaben Zentrum
der türkisch-deutsche Gitarrist mit ar-
lischen Miniaturen („Spurenelemente“) an
für seelische Gesundheit im Alter“ zusam-
menischer Großmutter, ist 2015 Compo-
verschiedenen Orten im Kloster und als
menfinden. Aus ihrer gemeinsamen Erin-
ser in Residence und künstlerischer Lei-
großes Musiktheater in der abschließen-
nerung und deren Verortung, an der sich
ter in Irsee, Büyükberger einer seiner
den sonntäglichen Messe „Komitat“. Diese
kulturelle und individuelle Identität zu ori-
Solisten. Zu ihm gesellen sich während
Uraufführung Marc Sinans interpretiert
entieren vermag, soll eine experimentel-
des Musikfestes ein multiethnisches
der auf zeitgenössische Werke speziali-
le musiktheatralische Collage entstehen.
Künstlerensemble, das eine Vorliebe für
sierte Münchener via-nova-chor. Die vom
Als „Katalysator“ ist zum wiederholten
Improvisationen eint. Der Münchner
Solistenensemble untermalte Messe wird
Mal der Wiener Klangkünstler Gammon
Flötist Sascha Friedl, die deutsch-japa-
danach in Berlin und Dresden, Istanbul
beteiligt, zu dem sich für die Regie Pa-
nische Geigerin Ayuni Paul, die Percus-
und Liechtenstein aufgeführt werden.
trick Schimanski und für die Szenografie Stephanie Müller und Klaus Erich Dietl,
sionistin Maria Schneider, die unter anderem mit Zubin Mehta arbeitete, und
Weil das historische Tabuthema vom
München, gesellen. Ebenfalls zum dritten
die türkische Schauspielerin mit arme-
Genozid an den Armeniern allemal und
Mal werden, nun mit der Österreicherin
nischen Wurzeln Sesede Terziyan, fes-
intensiv zur Diskussion anregt, hat Ton-
Veronika Großberger, die „Kinderspuren“
tes Ensemble-Mitglied des kürzlich zum
spuren-Intendantin
Tau-
mit Irseer Grundschülern wieder ins Pro-
„Theater des Jahres“ gekürten Maxim-
benberger erstmals einen Dialog ins
gramm der „Tonspuren“ einbezogen. hrs
Gorki-Staatstheaters in Berlin.
Programm aufgenommen, der die Ausei-
Dr.
Martina
nandersetzung mit dieser geschichtlichen Parallelen zwischen dem 1915 depor-
Ebene und ihre künstlerische Vermittlung
tierten Mönch Komitat – Debussy und
fördern soll. Von Tradition lässt sich hin-
Tschaikowsky rühmten seine Musik –,
gegen bereits beim Projekt „Spurensuche“
Mehr über Programm und Akteure unter www.tonspuren.de Bild oben: Marc Sinan, Gitarre, und Oguz Büyükberger, Bassklarinette: Einführung in die Irseer Tonspuren.
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Foto: Hanns-Rainer Strobl
„Tonspuren“ will vom 10. bis 12. April 2015 Impulse geben.
Ku lt u r
„Verdi liegt mir absolut!“
Foto: Simon Stöckel
Es atmet Italien im ersten Renaissance-Prunkhof Deutschlands. Mit einem kleinen Haydn-Orchester dirigiert ein 22-Jähriger in den lauen Nächten des Sommers 1984 im Augsburger Damenhof den „Apotheker“, den seine Regisseurin im Commedia-dell’Arte-Stil an diesen wunderbaren Raum angepasst hat. Jetzt, 30 Jahre später, und um die Erfahrung eines halben Dirigentenlebens reicher, ist Walter Althammer in seiner Heimatstadt zurück – zumindest für ein Wochenende. Ein Porträt. „Die Idee war, in der opernlosen Zeit im August in Augs-
Heute dirigiert Walter Althammer Lohengrin am Teatro Real in
burg eine Oper unter freiem Himmel aufzuführen“, erin-
Madrid, gibt in Lehrtätigkeit den Rosenkavalier an der Indiana
nert sich Walter Althammer zurück in seine Studienzeit. Die
University/USA, hat Verpflichtungen für die musikalische Ein-
Fugger’schen Stiftungen gaben ihr okay, der damalige Inten-
studierung an der Mailänder Scala, der De Nederlands Opera/
dant Helge Thoma unterstützte die jungen studentischen Mu-
Amsterdam, der Bayerischen Staatsoper in München oder an
siker mit Licht, Maske und Kostümen – und Petrus wie auch
der Opera Bastille in Paris. „Ich wusste schon mit zehn, elf Jah-
das Augsburger Publikum dankten den jungen Künstlern mit
ren, dass Musik mein Leben ist und ich Musik machen will“,
regenlosen und komplett ausverkauften Opernabenden im
erzählt der gebürtige Augsburger, der im Stadtteil Hochzoll auf-
atmosphärisch-intimen Rahmen des Augsburger Damenhofes
gewachsen ist. Mit sechs Jahren ging er bereits zur Singschule,
im Fuggerpalais an der Maximilianstraße.
im Gymnasium St. Stephan förderte Pater Anselm sein Talent
18
Ku lt u r
am Klavier und an der Violine. Bald war
auch das phänomenale Arbeitspensum
er auch Solostimme im Chor. Klar, dass es
und tiefe Verständnis eines Wolfgang Sa-
direkt nach dem Musikabitur zum Diri-
wallisch ist für mich vorbildhaft“, erinnert
gierstudium an die Hochschule für Musik
sich Walter Althammer, „ich habe alle
nach München ging.
sehr, sehr bewundert.“ Seinen eigenen Weg hat Walter Althammer schnell ge-
„Man lernt, das Geheimnis des Dirigenten zu verstehen“
funden. Als Repetitor hatte er seine erste Festanstellung 1985 an der Bayerischen Staatsoper. „Die beste Lehrstunde“, wie er sagt, „man kann alles lernen – und
Das Examen mit Auszeichnung ermög-
gleichzeitig Geld verdienen.“ Im Prinz-
lichte es ihm, den ganz Großen in der
regententheater gab er mit Henzes Mär-
„Meisterklasse“ über die Schulter zu
chenoper Pollicino 1988 sein Debüt an
sehen. Leonard Bernstein, für den er
der Bayerischen Staatsoper.
Beethovens Leonoren-Ouverture Nr. 3 dirigieren durfte, Sergiu Celibidache, Kurt Masur, Carlos Kleiber – und Wolfgang Sawallisch, der lange vor seiner Zeit als Bayerischen Staatsoper auch am Augs-
Nach festen Anstellungen als Solorepe-
burger Stadttheater wirkte. Die Möglich-
titor in Dortmund und Studienleiter und
keit, bei den Proben dabei zu sein, hat er
Kapellmeister an den Städtischen Büh-
gern wahrgenommen. „Ich denke, dabei
nen Münster wurde er Chefdirigent an
lernt man das große Geheimnis zu ver-
der Hoofdstad Operette Amsterdam, des
stehen, was die Persönlichkeit eines Di-
Stravinsky Ensembles Amsterdam und
rigenten ausmacht und wie er auf seine
der Internationalen Donauoper, mit der
ganz persönliche Art Musik gestaltet.“
er auf Tourneegastspielen in Westeuropa
Später assistierte Althammer bei Welt-
Opern von Bizet, Verdi und Puccini auf-
stars: Riccardo Chailly, Simon Rattle,
führte. Besonders mit Stravinsky jedoch
Kent Nagano, Hartmut Haenchen und
wollte er sich intensiver befassen.
anderen klangvollen Namen der Klaszu erkennen, die absoluten Stärken, die ein Dirigent ans Pult bringt – das sind die
Als Dirigent und künstlerischer Leiter des Festivals zeitgenössischer Musik startete in Marktoberdorf 2005 eine Konzertreihe mit zehn Uraufführungen. Gastspiele und unterwegs sein – das ist das musikalische und berufliche Leben, wie es sich Walter Althammer vorstellt. 2002 hat das Amsterdamer Concertgebouw-Orchester angefragt, eine Amerika- und Kanarische-Inseln-Tournee mit Mahlers 2. Symphonie als Dirigent des Fernorchesters
„Die beste Lehrstunde als Repetitor“
Intendant und Generalmusikdirektor der
sikwelt. Das Besondere an der Person
Deutsches Repertoire gefragt
mitzumachen.
Dabei
lernte er Riccardo Chailly kennen und dessen Interpretationen von Puccinis Turandot und Tosca. „Das ist unübertroffen für mich.“ Auch wenn Walter Althammer als Deutscher im Ausland vor allem für das deutsche Repertoire gefragt ist – er hat mittlerweile fast den kompletten Strauss und Wagner dirigiert –, begeistert ihn ein italienischer Komponist sehr: „Verdi liegt mir absolut“, sagt er.
„Ich gehe Arbeit offen an“ „Ich gehe meine Arbeit ganz offen an und schaue, was kommt.“ Zuletzt war
„Ich habe alle sehr, sehr bewundert“
wesentlichen Punkte, die Walter Altham-
das eine Vertretungsprofessur als musikalischer Leiter der Gesangsabteilung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. „Ich
mer dabei halfen, seinen eigenen Weg zu
„Am Gymnasium hat Pater Anselm ‚Le
habe vorher noch nie etwas Pädagogi-
finden, selbst Musik wahrzunehmen und
sacre du printemps‘ über Schallplatte
sches gemacht. Da stecke ich im Moment
zu interpretierten.
vorgestellt und wir durften die Partitur
ganz fest drin, das finde ich spannend.“
mitlesen“, sagt er. Sein Interesse war
Und wie ist der Blick auf Augsburg,
geweckt und Grund dafür, warum er in
wenn man nur selten in der Stadt ist?
Amsterdam
Stravinsky-Ensemble
„Ich lebe mit meiner Familie seit 2007 in
gegründet hat. „Das lag mir am Herzen.
Berlin“, sagt er, „da pulsiert das Leben.
Wir haben mit 15 bis 20 Musikern jedes
Wenn man sich in Augsburg so umsieht,
„Ich hatte das Glück, mit den unterschied-
Jahr zwei Programme gemacht – ein
ist im Hochsommer kulturell recht we-
lichsten Charakteren zusammenarbeiten
Stück von Stravinsky und Uraufführun-
nig los“ – was auch damals so war, Mitte
zu dürfen. Kleiber war derart spontan
gen von jungen, unbekannten Kompo-
der 80er-Jahre, als er in der opernlosen
und genial, Celibidache lieferte eine ein-
nisten. In der Blüte von Hollands Ensem-
Zeit zwischen Ende der Freilichtbühne
malig philosophische Erklärung von Mu-
ble-Kultur war dies eine wahnsinnig tolle
und Start der Theatersaison als Dirigier-
sik, Chailly ist hochgradig impulsiv – ex-
Zeit“, die ihn auch wieder ins heimische
student das Augsburger Publikum mit
tremer können Personen nicht sein. Und
Schwaben geführt hat.
Haydns Oper verzauberte.
„Carlos Kleiber war spontan und genial“
das
wos
19
Fotos: humedica e.V.
Sc hwe rpun kt : starke M arken & echte Or iginale
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Sc hwe rpunk t : starke M arken & echte Or iginale
In der Welt zu Hause, im Allgäu daheim Ebola, Taifun Haiyan, Flüchtlingsströme in Syrien: Die Hilfsorganisation Humedica aus Kaufbeuren ist international für ihre schnelle Reaktion im Katastrophenfall bekannt. Mit allein 300 ehrenamtlichen Helfern aus der Umgebung ist das Allgäuer Unternehmen fest in der Region verwurzelt und steht für christliche Werte wie Nächstenliebe.
Fährt man durch das ruhige Wohngebiet im Norden von
medizinisches Personal in Liberia, um der Ausbreitung von
Kaufbeurens Stadtteil Neugablonz, taucht in der Goldstraße
Ebola entgegenzuwirken; Solarmodule, die in ein Kranken-
überraschend eine moderne, rot-weiße Lagerhalle zwischen
haus nach Niger gehen, weil es dort viele Stromausfälle gibt.
den Häusern auf. Über der Einfahrt steht in großen Buchsta-
Wenn neben den Bedarfsgütern noch Platz im Container ist,
ben „humedica“ und „internationale Hilfe“. Vor dem Lager ist
schickt Humedica zudem weitere Güter mit, in diesem Fall
nicht viel los und auch drinnen ist es still. „Das ändert sich
eine Nähmaschine mit Fußantrieb. Der Umfang des Engage-
bald“, erklärt Pressereferentin Lina Koch. „Wir machen das
ments ist überwältigend: Jährlich versendet Humedica bis zu
Lager gerade frei, damit wir genug Platz für die Geschenke
800 Tonnen Hilfsgüter und ist in über 90 Ländern aktiv.
haben.“ Für das Projekt „Geschenk mit Herz“ sammelt die Organisation jedes Jahr im November Geschenke ein, die
Neben der Hilfsgüterlieferung gibt es drei weitere Kernberei-
Weihnachten an Kinder in Armut verteilt werden. Schulen,
che der internationalen Projekte und Programme: die Not- und
Kindergärten, Unternehmen und Privatpersonen in ganz
Katastrophenhilfe, das Familienpatenschaftsprogramm und
Bayern beteiligen sich an der Aktion. Der Inhalt der schuh-
die Entwicklungszusammenarbeit. „Für die Not- und Kata
kartongroßen Päckchen ist vorgeschrieben, damit es bei der
strophenhilfeprojekte ist Humedica besonders bekannt, weil
Verteilung gerecht zugeht. Dazu gehören beispielsweise ein
wir zu den schnellsten Organisationen in Deutschland gehö-
Kuscheltier, ein paar Süßigkeiten oder ein Zahnputzzeug, da
ren“, erklärt Pressereferentin Koch. „Wir waren zum Beispiel
viele der Kinder nicht einmal eine eigene Zahnbürste haben.
nach dem Taifun Haiyan auf den Philippinen die schnellste
„Unsere ehrenamtlichen Kräfte schauen in jeden Karton hin-
internationale medizinische Organisation vor Ort.“ Geplant
ein, ob alle Komponenten da sind. Wenn nicht, ergänzen sie
werden die Einsätze in einem Bürogebäude gegenüber der
das Geschenk“, erklärt Koch. 2013 konnten durch Geld- und
Lagerhalle. An den Wänden hängen Fotos von den Einsätzen
Geschenkspenden insgesamt 86.724 Kinder zu Weihnachten
und die internen Regeln. Regel Nummer zwei: „Jeder Mitar-
beschenkt werden.
beiter soll spüren können, dass er/sie ‚dazugehört’.“ Regel Nummer drei erklärt, dass damit nicht nur die 38 hauptamt-
„Viele Kinder haben nicht einmal eine eigene Zahnbürste“ Lina Koch, Pressereferentin Humedica
lichen Mitarbeiter gemeint sind, sondern gleichermaßen die Ehrenamtlichen. Dazu zählen einerseits gut 300 Personen aus der Region, die etwa die „Geschenke mit Herz“ überprüfen, sowie rund 600 Freiwillige, die ein einwöchiges Einsatztraining absolviert haben und für Humedica ins Ausland gehen
Dort, wo die Helfer jedes Jahr die Geschenke überprüfen, ste-
(können). Es ist zu einem großen Teil medizinisches Personal,
hen sonst Hilfsgüter in den deckenhohen Regalen. Am Ein-
aber auch Menschen anderer Berufsgruppen unterstützen die
gang der Lagerhalle warten fertig verpackte Paletten auf ihre
Einsätze als Koordinatoren. Für die Not- und Katastrophen-
Reise in die Welt: Untersuchungshandschuhe für Ärzte und
hilfe arbeiten die Teams in der Regel für zwei bis drei Wochen
21
Sc hwe rpun kt : starke M arken & echte Or iginale
im Einsatzgebiet. „Danach tauschen wir die Teams aus, weil
Vertrauen der lokalen Bevölkerung in Humedica hoch: „Die
die Einsätze psychisch und physisch sehr anstrengend sind“,
Menschen sagen immer wieder, dass sie lieber eine Organisa-
so Koch. „Viele Leute entscheiden sich für Humedica, weil wir
tion aus der Region unterstützen, zu der sie hinkommen und
diese Kurzeinsätze anbieten. Sie haben im Urlaub drei Wochen
sie anschauen können“, erklärt Koch. Firmen und Schulklas-
Zeit und möchten helfen. Außerdem ist es in vielen Organisati-
sen haben die Möglichkeit, Führungen bei Humedica mitzu-
onen nicht so einfach, in den Einsatz zu gehen, weil viel mehr
machen, zudem kommen immer wieder Privatpersonen vor-
Background verlangt wird.“
bei, um die Projekte und Menschen hinter Humedica kennen zu lernen. „Wir müssen natürlich schauen, wie wir das bei
Christlicher Glaube als Basis, aber nicht als Pflicht
steigendem Arbeitsaufwand stemmen können“, sagt Koch. „Aber die Leute schätzen diese Nahbarkeit.“
Hilfsorganisation zum Anfassen Der Gedanke „Da muss man doch was tun!“ prägt Humedica von Beginn an. Der heutige Geschäftsführer Wolfgang Groß kennt die Not in der „Dritten Welt“, als er 1979 den Verein „humedica e. V.“ gemeinsam mit seinem Bruder gründet. Der Marktoberdorfer sammelt erste Spendengelder im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung. Einige Jahre später erkennt er, dass nicht nur sein Idealismus seine Arbeit trägt, sondern auch der christliche Glaube. Auf der Website der Organisation beschreibt Groß: „Seit ich Christ bin, rückt für mich der einzelne Mensch viel stärker ins Blickfeld. Und trotzdem lasse ich mich von der Not nicht erdrücken.“ Die Organisation entwickelt sich kontinuierlich weiter; im Jahr 1999 leistet das erste Ärzteteam nach einem schweren Erdbeben in Kolumbien schnelle medizinische Hilfe. Die christlichen Werte sind bis heute die Basis der Hilfsorganisation, der Glaube aber keine Pflicht, so Koch: „Es gibt das Angebot, morgens eine Andacht zu besuchen, und der Glaube prägt die Arbeit vieler Mitarbeiter. Aber nicht von allen. Es ist keine Voraussetzung, praktizierender Christ zu sein, um
Die Finanzierung der Hilfsorganisation läuft über zwei Säulen. „Das sind zum einen institutionelle Geber, also das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit“, sagt Koch. Zum anderen kämen gerade in der Weihnachtszeit viele Geld- und Sachspenden von Privatpersonen. Auf das ganze Jahr gesehen hinge die Spendenbereitschaft stark von Typus des Ereignisses ab, so Koch: „Für Naturkatastrophen wird grundsätzlich sehr viel gespendet. Bei kriegerischen Konflikten, wie beispielsweise dem Syrienkonflikt, wo es jetzt große Flüchtlingsprojekte im Libanon gibt, ist die Spendenbereitschaft viel, viel geringer. Ebola liegt dazwischen; da fehlt einfach das Momentum. Beim Taifun kann man sagen: ‚Das ist der Tag, an dem die Katastrophe passierte.’ Ebola streckt sich jetzt aber schon über viele Wochen.“ Wichtig seien daher für die Organisation gerade auch zweckungebundene Spenden, die etwa für Flüchtlingsprojekte oder medial weniger beachtete Ka-
hier zu arbeiten. Wir missionieren auch nicht.“
tastrophen eingesetzt werden können.
300 lokale Mitarbeiter, Standort Kaufbeuren, christliche Wer-
Spendeninfo: humedica e.V., IBAN: DE35 7345 0000 0000 0047 47, BIC: BYLADEM1KFB, Sparkasse Kaufbeuren
te: Trotz der internationalen Ausrichtung sind der Hilfsorganisation ihre bayerischen Wurzeln wichtig. Umgekehrt ist das
Humedica bittet darum, bei der Überweisung die vollständige Adresse des Spenders anzugeben. Zudem kann entweder ein Spendenstichwort genutzt werden, um ein bestimmtes Projekt zu fördern, oder eine allgemeine Spende getätigt werden.
Am Mittleren Moos 48 86167 Augsburg Telefon +49 821 450781-0
www.kumas.de 22
ruc
Sc hwe rpunk t : starke M arken & echte Or iginale
Verantwortung für Menschen? Die schwäbischen Sparkassen in schwierigem Wettbewerbsumfeld Das rote „S“ mit dem Punkt oben drauf ist nach dem Mercedes-Stern das bekannteste Logo Deutschlands. Es steht für die Sparkassen. Otl Aicher, ein gebürtiger Ulmer, der zu einem der prägendsten Designer des 20. Jahrhunderts wurde, hat das Logo und das Erscheinungsbild für die Sparkassen-Organisation 1972 durchgängig gestaltet – ein Meilenstein in Zeiten, als der Begriff „Corporate Design“ in den Chefetagen mittelständischer Unternehmen noch kaum bekannt war. Zu dieser Zeit gab es in der Bundesrepublik 766 einzelne Sparkassen, 165 in Bayern und 24 in Schwaben – und jede führte ein Eigenleben in Sachen Geschäftspolitik und Erscheinungsbild. Mit Otl Aicher wurde erstmals sichtbar, dass jede noch so kleine Sparkasse Teil eines großen Ganzen war, ein Glied in einer flächendeckenden Organisation. 40 Jahre lang wurden die Farbe Rot und das signifikante „S“ kaum angefasst, nur äußert behutsam modernisiert, sodass das Zeichen unbeschädigt und praktisch unverändert die Zeit überstanden und drei Generationen Sparer begleitet hat – in Zeiten von Banken- und Finanzkrisen sowie dem Haifischbecken einer globalisierten Finanzwelt ein wichtiger Punkt, Solidität und Vertrauen zu symbolisieren. Zu Recht?
Die Sparkassen liegen nicht auf der „Insel
sen, um einen Euro Rohertrag zu erzielen
der Glückseligkeit“. Sie befinden sich im
(Cost-Income-Ratio), liegt das Verhältnis
knallharten Wettbewerb mit konditions-
bei einer Direktbank wie der ING-DiBa
aggressiven Direktbanken, den großen
wesentlich günstiger: Dort mussten 2013
Geschäfts- und Privatbanken sowie den
nur 46 Cent eingesetzt werden, um einen
ebenfalls flächendeckend operierenden
Euro zu verdienen. „Der Unterschied ist
Genossenschaftsbanken, die im Großen
der“, so Walter Pache, „dass eine Spar-
und Ganzen dieselben Probleme plagen
kasse nicht auf Gewinnmaximierung
wie die Sparkassen. Der Markt wird en-
für die Shareholder ausgerichtet ist. Die
ger, vor allem auch durch die niedrigen
Sparkasse gehört allen und ist daher
Zinsmargen, die seit der Lehman-Pleite
dem Gemeinwohl verpflichtet.“ Zumin-
Ende 2008 auf die Bilanzen der Geldin-
dest die Zahlen zeigen eindeutig in diese
stitute drücken. „Unser Geschäftsmodell
Richtung: Während die ING-DiBa 2012
ist, dass wir das Geld unserer Sparer in
mit nur 3.198 Mitarbeitern eine Bilanz-
unserem Geschäftsgebiet wieder an pri-
summe von 120,3 Mrd. € und ein Ergeb-
vate, geschäftliche und kommunale Kre-
nis von 486 Mio. € erzielte, sind bei den
ditnehmer ausleihen“, sagt Walter Pa-
schwäbischen Sparkassen mit 6.162 Mit-
che, Obmann des Bezirksverbands der
arbeitern fast doppelt soviele im Einsatz,
elf schwäbischen Sparkassen. Die Frage
für ihr Erspartes gutgeschrieben werden.
um eine Bilanzsumme von lediglich 25,4
ist, ob und wie lange dieses Geschäftsmo-
„Gerade darin kommt zum Ausdruck, dass
Mrd. € und ein Ergebnis von 37 Mio. € zu
dell in Zeiten des Niedrigzinsniveaus und
die durch die Finanz- und Staatsschulden-
erreichen (2013) – eklatante Unterschie-
kostenintensiver Regulierungen (Pache:
krise verunsicherten Kunden den Qualitäts-
de, die jedoch „unmittelbar der Region
„Basel III ist ein Regulierungs-Tsunami“)
anbieter Sparkasse als ‚sicheren Hafen’ für
zugutekommen“, wie die Schwäbischen
so noch funktioniert. Die schwäbischen
die Anlage ihrer Ersparnisse wählen“, stellt
Sparkassen zuletzt auf ihrer gemeinsa-
Sparkassen selbst sprechen zwar von ei-
Walter Pache fest. Die Pro-Kopf-Quote blieb
men
nem „in dieser Höhe nicht erwarteten gu-
in Schwaben bei den Einlagen im vergan-
Nicht nur, dass die Sparkassen als Arbeit-
ten Ergebnis“, das sie noch 2013 erreicht
genen Jahr übrigens gleich – bei 10.395 €,
geber, Ausbildungsbetriebe, Steuerzahler
haben. Die Bilanzsummen stiegen leicht,
die jeder Schwabe durchschnittlich bei ei-
und wichtiger Finanzierer des Mittelstan-
das Kreditgeschäft erzielte ein deutliches
ner Sparkasse „auf der hohen Kante“ hat.
des eine tragende Rolle im wirtschaftli-
Plus und die Kundeneinlagen wuchsen –
Dennoch: Die Zeiten sind hart. Während
chen Leben Schwabens spielen, auch die
trotz niedrigster Zinsen, die den Kunden
die Sparkassen 63 Cent aufwenden müs-
direkte Projektförderung und Spenden
Bilanzpressekonferenz
betonten.
23
Sc hwe rpun kt : starke M arken & echte Or iginale Der Vorstand des Sparkassenbezirksverbandes Schwaben: (v. l. n. r.) Landrat Leo Schrell (Dillingen), Richard Fank (Kreissparkasse Augsburg), Landrat Hubert Hafner (Günzburg), Walter Pache (Bezirksobmann, Sparkasse Günzburg-Krumbach), Dr. Ivo Holzinger (Oberbürgermeister Memmingen), Thomas Munding (Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim) und Dr. Ulrich Netzer.
Konsequenz beweist die Neu-Ulmer Sparkasse auch in puncto Baumaßnahmen: Mit dem Brückenhaus entsteht in Neu-Ulm derzeit an markanter Stelle direkt auf der Donauinsel die neue Hauptgeschäftsstelle, die auch einen städtebaulichen Akzent für NeuUlm setzen soll. Auf dem ca. 2.500 Quadratmeter umfassenden Areal werden auch zwei Wohngebäude mit insgesamt 17 qualitativ hochwertigen Eigentumswohnungen erstellt. Das 30 Mio. €-Projekt soll größtenteils durch den Verkauf der Wohnungen fi-
sind im Bereich der Geldinstitute in die-
„Meine Zinsen helfen“ ist das Motto,
ser Form einmalig. So flossen 2013 5,8
unter dem Geldanleger seines Hauses
Mio. € der Sparkassen-Erträge als Spen-
seit kurzem einen Sparkassenbrief ab
Wahrer Kraftakt in Kaufbeuren
den vor allem in die schwäbische Kultur,
2.500 € zeichnen können, dessen kom-
Einen wahren Kraftakt meisterte auch die
Umwelt, Forschung und Wissenschaft,
pletter Zinsertrag nicht dem Sparer, son-
Sparkasse Kaufbeuren. Sie zeigte Verant-
den Sport und Soziales. 2,5 Mio. € gingen
dern direkt einem Hospiz in Illertissen
wortung in einer Situation, in der es für
nanziert werden.
ins Sponsoring. 415.000 € verwendeten
zukommt – praktisch gedacht und mutig
die Stadt Kaufbeuren nicht einfach gewe-
die Sparkassen für ihre eigenen (Bürger-)
gemacht. „Viele Kunden denken doch
sen wäre zu reagieren. Das alte „Park-
Stiftungen, sodass insgesamt 9,4 Mio. €
so“, erläutert Armin Brugger, „wenn ich
haus Süd“, ein wichtiger Faktor in der
auf diesem Weg wieder zurückflossen.
eh kaum Zinsen für mein Erspartes be-
Infrastruktur der südlichen Altstadt Kauf-
„Das sehen wir auch als Verantwortung
komme, gebe ich das wenige doch gleich
beurens, war marode, musste abgerissen
für die schwäbische Region“, so der Spar-
für einen guten Zweck“ – Gemeinwohl-
werden. Der Stadt waren die Hände ge-
kassen-Bezirksverband Schwaben. Diese
orientierung konsequent zu Ende gedacht
bunden: Sie hätte als Bauherr und Betrei-
Besonderheit versuchen die Sparkassen
und in den Markt getragen.
ber den Neubau des Parkhauses europa-
aktuell mit ihrer Kampagne „Der Unter-
weit ausschreiben müssen. Das hätte Zeit
schied beginnt beim Namen“ herauszu-
gekostet, viel Zeit, die Kaufbeuren nicht
stellen – und dabei den Mensch in den
hatte. Die Sparkasse, die selbst gerade den
Mittelpunkt zu rücken.
Umbau ihrer Hauptstelle plante, sprang ein. „Es gehört zwar nicht zu unseren
„Meine Zinsen helfen!“ – einem Hospiz
Kernaufgaben, jedoch ist ein Parkhaus
Wie tief die gesetzlich festgeschriebene
im Süden auch für die Erreichbarkeit un-
Gemeinwohlorientierung geht, legt jede
serer Hauptstelle elementar“, beschreibt
Sparkasse für sich selbst fest. „Wir sind
Vorstandsvorsitzender Winfried Nusser
den Menschen verpflichtet“, heißt es bei der Stadtsparkasse Augsburg. Die Kreissparkasse verspricht „Verantwortung für den Menschen“. Andere gehen einen deutlichen Schritt weiter und entwickeln sogar komplett neue und bisher ungewohnte Produkte. Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Neu-Ulm – Illertissen selbst, Dr. Armin Brugger, nutzt die Niedrigzinsphase dafür, seiner Sparkasse ein echtes Alleinstellungsmerkmal
Foto: privat
zu verschaffen. Er ist wohl der Erste, der seine Kunden aktuell dazu ermuntert, auf die Guthabenzinsen komplett zu verzichten – für einen guten Zweck.
24
Dr. Ulrich Netzer
die damalige Situation. Kurzerhand über-
Am 1. Mai wurde Dr. Ulrich Netzer (59) Präsident des Sparkassenverbandes Bayern und damit oberster Repräsentant der 71 bayerischen Sparkassen. Der gebürtige Allgäuer war von 1996 bis 2014 Oberbürgermeister der Stadt Kempten (Allgäu).
jektierung des 4,5-Mio.-€-Projektes mit
Finanzpolitische, steuerliche und betriebswirtschaftliche Inhalte prägten seine Laufbahn als Leiter des Ministerbüros im Finanzministerium von Mecklenburg-Vorpommern wie auch als Oberbürgermeister und damit Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkasse Allgäu. Netzer war zudem zwölf Jahre Verbandsverwaltungsrat des Sparkassenverbandes Bayern und Vorstandsvorsitzender des Sparkassenbezirksverbandes Schwaben.
wurde. Mittlerweile hat sich die Sparkasse
nahm die Sparkasse Kaufbeuren die Proknapp 500 Parkplätzen auf zehn Ebenen, das schließlich in nur knapp zehn Monaten zwischen Abriss des alten und Inbetriebnahme des neuen Hauses realisiert daran gewöhnt, dass das Immobilien- und Parkhausmanagement mit zu den Aufgaben gehört. „Jetzt sieht man, wie wichtig diese Entscheidung war“, so Winfried Nusser, „denn über unser Parkhaus erhalten wir auch Frequenz in der südlichen Altstadt.“ Dort hat die Sparkasse einen
S c hwe rpun kt: s tarke Marke n & e c h te Or iginale
weiteren städtebaulichen Akzent gesetzt
kommt, ganz so, wie es von Beginn an die
und ihre Hauptstelle in offener Gestal-
Aufgabe der Sparkassen gewesen sei. „Die
tung in die Zugangspassage zur Kaiser-
200 Jahre alte Sparkassenidee basiert auf
Max-Straße – der „guten Stube“ der Stadt
Solidarität, Subsidarität, Regionalität und
– integriert. Erst im November wurde die
Gemeinwohlorientierung“, so der neue
„Sparkassen-Passage“ als eines der größ-
Präsident des Sparkassenverbandes Bay-
ten Bauprojekte der letzten Jahrzehnte in
ern, Dr. Ulrich Netzer. Wie tief die „Verant-
Kaufbeuren kompett fertiggestellt und er-
wortung für Menschen“ unter derzeitigen
öffnet – eine Maßnahme, die der Altstadt
Rahmenbedingungen reichen wird – da-
und damit dem Gemeinwohl sehr zugute-
rauf darf man gespannt sein.
wos
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Sc hwe rpun kt : starke M arken & echte Or iginale
Umweltnetzwerk KUMAS kürt Leitprojekte Was in der Region exemplarisch für die Umwelt geleistet wird, bilanziert das Umweltnetzwerk KUMAS Jahr für Jahr mit seinen Leitprojekten. Sie sind zu einer wichtigen Marke für den Umweltschutz geworden. Auch heuer wurden Entwicklungen ausgezeichnet, die nachhaltig Ressourcen schonen und Energie effizient einsetzen.
Die Bioabfallvergärungsanlage, integriert in der
ausgezeichnet. Drei Partner haben sich ver-
thermischen Abfallverwertung der Augsburger
bündet, um in dreijähriger Projektlaufzeit
Abfallverwertung AVA ist ein Vorzeigeprojekt.
„CogSYS“ zu entwickeln, der Druckmaschi-
Es war nur folgerichtig, dass diese Anlage zum
nenhersteller manroland websystems, die Dru-
KUMAS-Leitprojekt 2014 gekürt wurde. Die In-
ckerei Baumann und Wissenschaftler des iwb
vestitionssumme von 17,4 Millionen Euro zeigt,
Anwenderzentrums Augsburg, ein Transfer-
welcher Kraftakt ohne öffentliche Fördergelder gestemmt wurde. Die seit einem Jahr laufende Anlage kann jährlich 55.000 Tonnen Bioabfälle aus der Region schlucken. Daraus werden 30 Millionen Kilowattstunden Biogas – genug für den jährlichen Wärmebedarf von 3.000 Haus-
Bioverwerter: AVA-Aufbereitungsanlage (rechts oben), Presse (rechte Seite) und Nutzung des Flüssigdüngers in der Landwirtschaft.
Ableger der Technischen Universität München. Sie rüsteten eine Druckmaschine auf, die hohe Papiermengen verarbeitet und relativ viel Zeit braucht, bis die geforderte hohe Druckqualität eingestellt ist. Durch künstliche Intelligenz mittels eines neuronalen Netzes gelang es, die
halten oder Strom für 3.700 Haushalte oder
Anfahrmakulatur, also den Abfall bis zur ge-
den Kraftstoffverbrauch von 3.000 gasbetrie-
wünschten Druckqualität, um bis zu 80 Prozent
benen Pkws mit einer gesamten Jahresleistung
zu verringern. Das macht bei einer mittelgroßen Druckmaschine im Jahr mehr als 100.000
von 45 Millionen Kilometern. Außerdem werden pro Jahr rund 12.000 Tonnen Kompost und 14.000 Tonnnen Flüssigdünger produziert. Die Bedeutung dieses Projekts für die Region liegt auf der Hand: Sie kommt voran auf dem Weg zu Energieautarkie und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende, zum Klima- und Ressourcenschutz. Und sie stärkt die Bedeutung Augsburgs als „Umweltkompetenzzentrum“. Maschinen können lernen, mit Ressourcen so effektiv wie möglich umzugehen – wenn sie mit intelligenten Steuerungssystemen ausgelastet werden. Ein derartiges Projekt für Druckmaschinen wurde jetzt als KUMAS-Leitprojekt
26
▲
Euro weniger Papierkosten oder etwa 150 Ton-
Sparhelfer: optimiertes Kupplungsgetriebe
nen Papier aus. Dazu addiert sich eine jährli-
Künstliche Intelligenz in der Druckmaschine: Weniger Makulatur, geringerer Stromverbrauch.
stunden. Auf 857.980 Euro kam das gesamte
▲
che Stromersparnis von rund 200 MegawattProjektvolumen, das die Firmenpartner und Fördergelder aus einem Forschungsprogramm
Sc hwe rpunk t : starke M arken & echte Or iginale
des Freistaats je zur Hälfte tragen. Als ökologische und ökonomische Vorteile für die Region schlagen Wettbewerbs-
Markenbildung ist keine Frage der Größe: Stadt Bregenz – Stadtmarke des Jahres 2014
vorsprung auf dem Weltmarkt, höhere Wirtschaftlichkeit der Druckereien und damit auch Arbeitsplatzsicherheit zu Buche. Hinter dem KUMAS-Leitprojekt „mechatronisches System zur geregelten und
energiesparenden
nasslaufender
Betätigung
Lamellenkupplungen“
steckt eine innovative Entwicklung für die Autoindustrie. Sie stellt einen weiteren Schritt dar, die CO2-Emissionen in Autos um immerhin mehrere Gramm pro Kilometer durch Einsparung von bis zu 3,6 Prozent Kraftstoff zu reduzieren. Ein Stück weit mehr Optimierung zugunsten der Umweltschutzziele wird damit erreicht. BeJuroren die Bedeutung des Projekts der Partner BMW, Kirstein Technische Systeme Augsburg und der Augsburger Forschungsstelle für Zahnräder
Das kleine Bregenz ist der große Sieger: Die österreichische 28.000-Einwohner-Stadt am Bodensee ist „Stadtmarke des Jahres 2014“ und ein Musterbeispiel dafür, wie sich eine Kleinstadt gegen größere Mitbewerber aus dem deutschsprachigen Raum durchsetzen kann.
und Getriebebau FZG der Technischen Universität München für die Region. Schwabens Industrie mit vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen mit
Antriebsteil-Know-how
komme
als Entwickler, Hersteller und Zulieferer für dieses Konzept in Frage: ein Wettbewerbsvorzug. Gefördert wurde das Projekt mit fast 250.000 Euro im Programm „Mikrosystemtechnik“ des bayerischen Umweltministeriums. hrs
Der Preis zeichnet die Strategie, den Gesamtauftritt oder eine erfolgreiche Kampagne aus, die das kulturelle Potenzial einer Stadt oder einer Region in den Mittelpunkt stellt. Ausschließlich Städte aus dem deutschsprachigen Raum waren aufgerufen, sich zu beteiligen. Die Jury entschied sich dann eindeutig für Bregenz, weil die Stadt zwar klein, aber sehr bekannt ist, auch im europäischen Ausland. Bregenz hat es verstanden, sich und sein Angebot an Kunst, Kultur und einzigartiger Landschaft als Marke zu präsentieren. Das Stadtmarketing hat gezielt die Kulturmarke nicht nur aktuell gehalten, sondern weiterentwickelt, wie durch eine Verkleinerung von Veranstaltungen aus qualitätstechnischen Gründen oder durch veränderte Nutzung von bestehenden Plätzen. Auch wurden neue Zielgruppen erschlossen und Qualitätskriterien für Festivitäten definiert. „Wir haben alle öffentlichen Veranstaltungen hinterfragt und verbessert. Wir haben längst überfällige Veränderungen getroffen und folglich auch Widerstände ausgelöst, die es in gemeinsamen Gesprächen zu lösen galt, und das ist uns sichtbar gelungen“, so Christoph Thoma, Geschäftsführer des Stadtmarketings in Bregenz. Hans-Conrad Walter, Geschäftsführer des Veranstalters des Kulturmarken-Awards, erläutert,
dass die Bregenzer Festspiele und die größte Seebühne der Welt die Stadt bekannt machen, aber dass auch andere Aktionen aus dem Kulturbereich, wie das Statisten-Casting für den Bond-Film „Ein Quantum Trost“ von 2008 oder das Stellen der Hintergrundkulisse für das ZDFSportstudio ein Jahr später, dazu beigetragen haben, Bregenz den Preis zu verleihen. Die Beliebtheit der Kleinstadt wird auch an der direkten Rentabilität abgelesen: An steigenden Übernachtungen und Touristenzahlen, die durch die Markenkraft der Stadt Bregenz nach vorn getragen werden. Auf die Frage, warum sich bislang keine Stadt aus Bayerisch-Schwaben beworben hat, antwortete Walter: „Das ist schwierig zu sagen, vielleicht ist der Award noch nicht so bekannt.“ Der Preis für die Stadtmarken wird zudem erst seit 2010 vergeben. „Das Potenzial ist aber auf alle Fälle vorhanden!“, macht Walter Mut. Fragt man Christoph Thoma, warum er und seine Stadt an diesem Wettbewerb teilgenommen haben, so erklärt er: „Hier geht es nicht um eine Auszeichnung, sondern vielmehr darum, sich immer wieder kritisch zu hinterfragen, wie laufen die aktuellen Projekte, wo gilt es anzusetzen, intern zu reflektieren und schlussendlich auch wettbewerbstaugliche Aufbereitung zu erstellen, wo die Stärken und Qualitäten dargestellt werden.“ Weitere Ziele des Stadtmarketings sieht er darin, weiter und konsequent das kulturelle Angebot der Stadt zu optimieren und natürlich auch wirtschaftliche Steigerungen verzeichnen zu können. al
27
Fotos: Kumas, Bregenzer Festspiele
sonders hoch bewerten die KUMAS-
Sc hwe rpun kt : starke M arken & echte Or iginale
„Ich war immer der Jüngste!“ Mittagessen? Fehlanzeige! „Heute ist es ein bisschen eng“, sagt
Eigentlich ist er schon fast wieder weg. Gerade von einer Sitzung bei den Stadtwerken gekommen, ist er schon wieder „auf dem Sprung“. In München tagt das Präsidium des Bayerischen Landessportverbands BLSV, dessen Vizepräsident er ist. Bernd Kränzle hat keine Zeit. Er muss sie sich nehmen.
Bernd Kränzle beim Blick auf die Uhr. Doch wer dem Augsburger CSU-Politiker öfter begegnet ist, weiß, dass „heute“ eigentlich „immer“ ist. Dabei könnte es der 72-Jährige durchaus geruhsamer angehen lassen – wie andere seiner Altersgenossen auch. Bernd Kränzle ist als ältester CSU-Abgeordneter des Bayerischen Landtags Mitglied im Ältestenrat – nur Peter Paul Gantzer von der SPD im Landtag ist älter. 1962 Abitur mit 20, Wehrdienst, 1964 bis 1969 Studium Jura, Volkswirtschaft und politische Wissenschaft, Regierungsrat im Staatsdienst, Oberlandesanwalt und 1975 berufsmäßiger Stadtrat in Augsburg. „Ich war immer der Jüngste“, schaut Bernd Kränzle auf die
Foto: Silvio Wyszengrad
Zeit zurück, die ihn im Eiltempo geprägt hat. „Als ich Perso-
28
Sc hwe rpunk t : starke M arken & echte Or iginale
nalreferent bei der Stadt Augsburg mit über 6.000 Mitarbei-
obersten Ebene der CSU seit den Zeiten der Jungen Union mit
tern wurde, hat die Zeitung 1975 geschrieben: Wie kann ein
Theo Waigel, Edmund Stoiber oder Horst Seehofer immer eine
33-Jähriger Personalreferent werden? Wie geht das gut? – Ich
sportliche Grundphilosophie gab. „Sicher hat der eine mehr
wäre damals gern ein bisschen älter gewesen.“
von einem Alphatier, der andere weniger“, sagt Kränzle, „aber eines ist allen klar: In einem Team, in einer Partei braucht jeder
Doch Zeit gab er sich schon damals nicht. „Ich habe immer
jeden“ – vor allem in verantwortlichen Positionen, wie sie „BK“
versucht, gut aus den Startblöcken herauszukommen“, erin-
inne hatte: Er ist seit 1972 im Augsburger Stadtrat, Fraktions-
nert er sich zurück an die Zeit seines Aufbruchs: Beide Groß-
vorsitzender der CSU, war Bezirksrat, Bezirksvorsitzender der
väter waren „extrem politische Köpfe“, beide Gewerkschaftler,
Augsburger CSU und von 1993 bis 1998 erst Staatssekretär im
„alte Gewerkschaftsschule, wo der Klassenkampf zwischen
Bayerischen Kultusministerium, dann im Justizministerium.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber das zentrale Motiv war.“ Eine
Dazu ist er vielerorts ehrenamtlich engagiert: im Personalaus-
Klassenfahrt 1961 nach Berlin, dem Jahr des Mauerbaus, gab
schuss des Städtetages ebenso wie seit 1972 beim BLSV – dort
dann den Ausschlag, sich in der Politik engagieren zu wollen.
seit 2000 als Vizepräsident und Vorsitzender in Schwaben.
Doch warum nicht bei der gewerkschaftsnahen SPD? „Weil ich geprägt war durch Menschen, die der CSU nahestehend waren“, sagt er. Schon früh war Kränzle in der Evangelischen
„Die Auseinandersetzung wird ausgefeilter“
Kirche engagiert – und das wohl Entscheidendste: Er lernte Dr. Ludwig Kotter kennen, Studienrat an einem Augsburger Gymnasium und engagiert in der Augsburger CSU. „Ludwig
Der Sport, das ist neben – oder besser gesagt gemeinsam mit –
Kotter war ein exzellenter Biologie- und Chemielehrer. Und
der Politik Bernd Kränzles Lebenselixier. „Ich habe viel mehr
jemand der politisch sehr aktiv war. Er war ein junger, dy-
Wahlen und Abstimmungen verloren als gewonnen“, sagt er,
namischer Mann mit einer unglaublichen Ausstrahlung – der
„das reizt.“ Das sei genau das, was Demokratie so interessant
Shooting-Star der 60er-Jahre in der Augsburger Politik.“ Im
und stark macht. Wenn er sagt, dass er nicht der „Leiseste“
Abiturjahr 1962 trat er mit 20 Jahren in die Junge Union bei,
sei, „in der Debatte schon mal poltert“ und „sehr hart, aber
ein Jahr später der CSU.
auch versöhnlich“ sein kann, glaubt man ihm das sofort. „Im Alter wird die politische Auseinandersetzung immer ausgefeil-
„Ich habe mich angelegt“
ter und das Fairplay wird in der Politik genauso wichtig wie im Fußball“, vergleicht er. Der Erfolg heißt Anerkennung – ein wichtiger Punkt, der ihn treibt, weiter politisch tätig zu sein. „Wer das erlebt hat in der Demokratie und in der Politik, kann
„Wenn du als junger Mann mit Schwung und Elan in die Politik
es eigentlich nicht lassen“, erklärt er seine Motivation, auch
gehst, kommst du nicht an allen Ecken und Kanten geräusch-
mit Anfang 70 neben drei Generationen jüngerer Abgeordne-
los vorbei. Ich habe mich damals mit den führenden Leuten
ter im Landtag noch im politischen Ring zu stehen.
angelegt“, sagt er und zieht durchaus Parallelen zwischen seinen Anfängen auf der politischen Bühne und denen des Augs-
Überhaupt: die Jüngeren. Wie oft musste Bernd Kränzle in den
burger Bundestagsabgeordneten Volker Ullrich, „der auch so
letzten Jahren hören, er könne nicht loslassen, solange er da-
manche Klippe überwinden musste, bis er angekommen ist“.
bei sein kann. „Das kann ich so nicht gelten lassen“, sagt er
Dass ein gewisses Maß an Ehrgeiz für das politische Geschäft
bestimmt, „ich stehe lange nicht mehr in vorderster Front und
Voraussetzung ist, daran lässt Bernd Kränzle keinen Zweifel.
denke, es ist gut, wenn man mit seiner Erfahrungen guten Leu-
„Ohne Ehrgeiz geht gar nichts. Ich bin 100 Meter in 11,4 Se-
ten Tipps geben, sie fördern und unterstützen kann.“ Sein im-
kunden gelaufen, war stark im Weitsprung und mir ist das Stu-
mer noch jugendlicher Elan hilft ihm dabei sicher. „Ich tue eini-
dium leichtgefallen – da ist es klar, dass man auch in der Politik
ges dafür, dass man mir mein hohes Alter erst auf den zweiten
schnell etwas erreichen will.“ Dennoch: So wichtig der Begriff
Blick ansieht“, schmunzelt er – „ich passe heute noch in itali-
der „Leistung“ für Bernd Kränzle ist, ohne Mannschaftsgeist
enische Sakkos der Größe 50.“ Einen guten, wenn auch nicht
geht es für ihn auch nicht – wieder so eine Parallele zum Sport,
ernst gemeinten Rat gab Kränzle auch einer Landtagskollegin
die das Denken und Handeln des schwäbischen CSU-Granden
aus Unterfranken, die ihn bei einem gemeinsamen Fototermin
prägt. „Wo viele Menschen mitwirken, muss man so weit kom-
nicht auf 71, sondern auf 60 Jahre geschätzt hätte. „Ich habe
men, dass jeder ein Stück zum Gesamten beiträgt. Wer sich
ihr gesagt: Sag das ja nie laut, sonst ist deine politische Karri-
da ausklammert, hat die Gesetzmäßigkeiten der Demokratie
ere zu Ende, weil die sagen: ‚Das ist das System Kränzle’ – er
nicht verstanden“, gibt er einen Einblick, dass es auch in der
versucht wirklich jeden zu beeinflussen.“
wos
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Sc hwe rpun kt : starke M arken & echte Or iginale
„I bin halt a Schwob“ Luis Walter ist Werkzeugmacher, Bürgerreporter, Heimatdichter, Blogger, Herausgeber, Trachtenfan – und als Hausmeister in einem der ältesten Schlösser Bayerns in der Stadt Krumbach mittlerweile eine Institution.
Luis Walter ist in Krumbach fest verwur-
ten Menschen, dem das Leben mehr
heraus und ließ die Leser an seinen Ge-
zelt und obendrein stadtbekannt. Aber
Lach- als Sorgenfalten ins Gesicht ge-
fühlen Anteil nehmen. In den folgenden
geboren wurde er 1957 in Ichenhausen,
zeichnet hat. Aber er hat auch schwere
Jahren flossen noch viele Mundartge-
sein Elternhaus steht in Ellzee. Der Liebe
Zeiten hinter sich. Einen Tiefpunkt gab
dichte und Liedtexte aus seiner Feder.
wegen zog es ihn 1980 in die mittelschwä-
es, als seine Ehe in die Brüche ging. Das
„Ich schreibe am liebsten im Dialekt,
bische Stadt an der Kammel. Den erlern-
Verfassen von Gedichten hat ihm damals
i bin halt a Schwob“, sagt Luis Walter
ten Beruf des Werkzeugmachers hängte
geholfen. 2005 brachte er sein erstes
und lächelt verschmitzt. Trotzdem hat er
er gleich an den Nagel, weil er ihn nie so
Buch „Gedichte, die das Leben schrieb“
fünf Bücher mit Erzählungen und Versen
recht gemocht hat. Stattdessen arbeitete
in Hochdeutsch auf den Markt gebracht.
er zehn Jahre lang als Lagerverwalter bei
Sein neuestes Werk heißt „Weihnachten –
der Tuchfabrik Strobel. Dann wurde er
ein Fest der Liebe und des Friedens“.
Hausmeister beim Bezirk Schwaben und war zuständig für die Berufsfachschule
Weil man auf schwäbisch so schön
für Musik im ehemaligen Englischen Ins-
schimpfen und über die Leut’ herziehen
titut sowie für die Volksmusik- und Trach-
kann und der Luis Walter das auch ger-
tenberatung und das Archiv für Volksmu-
ne macht, bekam er 2005 eine eigene
sik im Hürbener Wasserschloss.
Kolumne im Krumbacher Wochenblatt. „So denkt der Baschte“ stand über sei-
Das macht er noch immer. Luis Walter hat heute eine Teilzeitstelle beim Bezirk
nen philosophischen Betrachtungen, die
Schwaben, die ihn aber ganz ausfüllt.
Hürbener Wasserschloss
Mit Engagement und Herzblut küm-
Das Wasserschloss in der Karl-Mantel-
mert er sich um das Hürbener Wasser-
Straße 51 wurde 1478 als gotisches
schloss, das Landauer Haus, das alte
Weiherhaus errichtet. 1580 wird
Rathaus und um die technischen Dinge
erstmals ein Wassergraben erwähnt,
beim Schlossfest, beim Trachtenmarkt,
1750 ein Teich. 1780 wurde das Haus
bei der Kunstnacht und vielen anderen
umgestaltet und mit einer Malerei ver-
Veranstaltungen und Festen des Bezirks.
ziert. 1977 erwarb die Stadt Krumbach
Für offizielle Anlässe schlüpft er in eine
das Wasserschloss. Nach zehnjähriger
schwäbische Festtagstracht oder in ei-
Renovierung mit einem Kostenaufwand
nen einfachen Bauernkittel. Einmal ist
von rund 2,4 Millionen Mark zogen 1990
er sogar als tapferes Schneiderlein auf
die Volksmusik- und Trachtenberatung
einer Veranstaltung der Trachtenbera-
sowie das Archiv für Volksmusik ein.
tungsstelle aufgetreten.
1999 übersiedelte die Trachtenberatung in das Landauer Haus, das Archiv für
Die Krumbacher kennen Luis Walter als
Volksmusik 2002 in das Alte Rathaus
heimatverbundenen, meist gut gelaun-
am Marktplatz.
30
den Bürgern gut gefielen. „Ein Jahr später habe ich dann wohl zu viel Pfeffer hineingeben“, denkt er. Weil einigen, die Einfluss haben, die eine oder andere Kritik nicht gepasst hat, wurde die Kolumne eingestellt. Aber der Luis Walter findet immer einen Ausweg. Er wurde Bürgerreporter und schrieb regelmäßig auf der Internetplattform myheimat seine Gedanken nieder. Die Berichte erschienen auch in der gedruckten Ausgabe der Plattform. „Zwei Drittel der Artikel über Krumbach stammten von mir“, weiß er noch. Aber dann wurde das Blatt eingestellt und Luis Walter musste sich wieder ein neu-
Sc hwe rpunk t : starke M arken & echte Or iginale
es Medium suchen. „Freunde sagten, ich solle doch eine eigene Zeitung machen“, erzählt er. Und das tat er dann auch. Im Juli 2010 erschien die erste Ausgabe von „s’Krumbacher und drum rum“. Am Anfang waren noch drei weitere Blattmacher dabei, mittlerweile macht er alles allein. Er arbeitet am Abend zu Hause, schreibt die meisten Texte selbst, kümmert sich um Anzeigen, Druck und Vertrieb. Reich wird er damit nicht. „Ich mache es aus Idealismus“, sagt er. Zuerst war das Magazin nur für Krumbach und Umgebung gedacht. Mittlerweile wird die Auflage von monatlich 5.000 Exemplaren zwischen Pfaffenhofen und Günzburg, Babenhausen und Illertissen, in Roggenburg und außerhalb des Landkreises gelesen. In Krumbach wird sie in Briefkästen gesteckt, andernorts liegt sie in Geschäften aus. Man kann die Zeitung auch in digitaler Form im Internet lesen oder als Datei bestellen. „s‘Krumbacher und drum rum“ hat 16 Seiten, ist kostenlos und soll laut Luis Walter keine Konkurrenz zur Tageszeitung oder zum Wochenblatt sein. Er sieht es vielmehr als Ergänzung zu beiden (www.luis-walterskrumbacher.de). Sein Fazit dabei: „Ich schreibe, was die Leute lesen wollen und nicht, was die Leute lesen sollen.“ Und er greift Themen auf, über die andere Autoren nicht schreiben. Das macht den Erfolg des Heftes aus, in dem man aktuelle Termine, Mundartgedichte, Sport- und Kulturberichte, Interessantes über Bräuche und Traditionen, Kunst, Kultur, Natur, einen Buchtipp und natürlich die Ecke „Schwäbisch g’schwätzt!“ findet. Bei der Gesundheitsseite, den Rezepten und dem Heilpflanzen-Tipp bekommt Luis Walter Unterstützung. Gerne bloggt er via Facebook Neuigkeiten und druckt auch Artikel ab, die der Bezirk Schwaben, das Landratsamt Günzburg oder Professor Dr. Hans Frei liefern, der Interessantes über Sitten und Bräuche zu erzählen hat. rmi
31
Fotos: Roswitha Mitulla
Über 50 Ausgaben des Magazins „s’Krumbacher und drum rum“ hat Luis Walter seit 2010 heraus- und unter die Leut gebracht.
Sc hwe rpun kt : starke M arken & echte Or iginale
„Das Glas ist halb voll, aber nicht mehr lang“ „Zum Biertrinken muss der Anlass passen, Das Genussmoment muss passen. Und dann muss auch das richtige Bier für diesen Genussmoment da sein“, so Sebastian Priller, der mit feiner Nase für Bierspezialitäten 2011 Biersommelier-Weltmeister wurde. Für den Pessimisten ist das Glas halb leer,
die Geschäftsleitung des Unternehmens
de bereut. Jetzt mache ich endlich das,
für den Optimisten ist das Glas halb voll.
vor. Nach dem Betriebswirtschaftsstudi-
was wirklich meine Leidenschaft ist.“ Bei
Für Sebastian Priller als optimistischen
um an der privaten Universität WHU Otto
seiner Leidenschaft geht es aber nicht
Brauer geht der Spruch so: „Das Glas
Beisheim School of Magement in Koblenz
um das Biertrinken an sich, sondern um
ist halb voll – aber nicht mehr lang“. Die
war er bei der Unternehmensberatung
gute Qualität. „Bier steht weltweit für Ge-
Verbundenheit mit Bier wurde ihm qua-
Boston Consulting Group, wo er in seinen
nuss und Lebensfreude.“ Nach und nach
si in die Wiege gelegt. „Ich bin praktisch
Projekten in Frankreich, Italien und Eng-
wurde die Brauerei umgekrempelt, das
mit dem Bierschnuller groß geworden“,
land Banken, Logistikunternehmen und
Produkt rückte in den Mittelpunkt. 2009
schmunzelt er. Zum anderen war er von
Konsumgüterproduzenten beriet.
wurde Sebastian Priller Biersommelier-
frühester Kindheit an überall dabei – bei gesellschaftlichen Verpflichtungen musste man halt mit. „Im Nachhinein geht das
Vizeweltmeister, zwei Jahre später wur-
„Jeder muss mal raus“
unseren Töchtern nicht anders.“ Schon als
de sein immer feiner werdender Sinn für Gerstensaftnuancen schließlich in Anif bei Salzburg mit dem Weltmeistertitel be-
Schüler wollte Priller immer selbststän-
Jeder in der Riegele-Familie muss mal
dig arbeiten und gründete deshalb „Die
raus. „Jede Generation soll Erfahrungen
Heinzelmännchen“. Wir haben das nicht
außerhalb
Familienunternehmens
Als gekürter Biersommelier-Weltmeister
gemacht, um viel Geld zu verdienen –
sammeln, egal als was“, erzählt Priller.
folgte dann die Tour durchs Fernsehen.
wir wollten nur so viel Geld verdienen,
„Das Leben als Berater hat mir durchaus
Es ging u. a. zu TV total mit Stefan Raab,
um in Kneipen gehen zu können. Mit ei-
Spaß gemacht.“ Man kam viel rum in der
in den Fernsehgarten, zum ARD- und
nem Freund kellnerte er in Faschingszel-
Welt, man saß viel im Flugzeug – mehr
ZDF-Morgenmagazin und in die NDR Talk
ten, machte den Ausschank und vermit-
als hundert Flüge pro Jahr standen auf
Show mit Barbara Schöneberger. Dort
telte Aushilfskräfte an Unternehmen.
dem Programm. Nicht Augsburg, son-
hat der frischgebackene Titelträger dann
dern Berlin wurde als Lebensmittelpunkt
sein Können präsentiert – eigentlich ein
auserwählt. Aber 2006 war dann Schluss.
Männertraum: beruflich Biertrinker zu
Sebastian Priller kam zurück nach Augs-
sein. Doch Bierbauch? Fehlanzeige. „Bier
burg, und – auch das war bei Riegele üb-
macht nicht dick! Bier hat weniger Kalo-
„Ich bin mit dem Bierschnuller groß geworden“
des
lohnt.
lich – wollte man in der Firma arbeiten,
rien als Wein“, sagt der 39-Jährige. „Wie
„Als ich mich dann zum ersten Mal bei
gab es ein Vorstellungsgespräch. Und so
beim Wein muss zum Biertrinken der
uns in der Brauerei beworben habe, sag-
fragte eines Tages Sebastian Priller seni-
Anlass passen. Das Genussmoment muss
te man mir, dass man als Privatperson 15
or seinen Sohn Sebastian Priller junior,
passen. Und dann muss auch das richtige
D-Mark in der Stunde verdient – als Firma
was er denn so gehaltstechnisch für Vor-
Bier zu diesem Moment da sein.“ So wie
aber 30 D-Mark abrechnet.“ Für ihn als
stellungen habe. Da zog der Rückkehrer
bei einer feuchtfröhlichen Silvesterfeier
Betriebswirtschaftler gab es da nichts zu
seine Verdienstbescheinigung der Unter-
vor einigen Jahren. Jeder seiner Freunde
überlegen. Sebastian Priller gründete eine
nehmensberatung aus der Tasche. Der
brachte „Biere aus aller Welt“ mit. „Und
GbR und rechnete seine Stationen in der
Vater warf einen Blick drauf und sagte
die haben wir dann fast alle getrunken an
Brauerei vom Fahrer bis zum Braumeis-
dann ganz trocken: „Halbes Gehalt – dop-
Silvester in Augsburg“ – ganz im Riegele-
ter als Firma ab – und bereitete sich so auf
pelter Spaß.“ „Ich habe es keine Sekun-
Sinne von „Schönes Leben hier!“
32
pif
Foto: Axel Weiss
Sc hwe rpunk t : starke M arken & echte Or iginale
33
„Der Sport hat auf dich gewartet“
Im Studio ist es still. Es ist eine ehemalige Schleckerfiliale neben einem Eiscafé in AugsburgHaunstetten, in der Nadine Rebel ihre „Schule“ gestaltet hat. Sieben chrombeschichtete Poles, also Stangen, stehen mitten im Raum, mindestens zwei Meter voneinander entfernt. Die gegenüberliegende Wand ist auf rund sieben Metern von oben bis un-
Die Unternehmensberaterin Nadine Rebel unterrichtet Pole-Dance und ist Autorin des umfassendsten Buches über diesen Nischensport.
ten mit rechteckigen Spiegeln beklebt. Am hinteren Ende es Raumes stehen zwei Stühle an einer Bar, gegenüber der Spiegelwand befindet sich hinter vier Billy-Regalen ein Raum zum Umziehen. Nadine Rebel unterrichtet hier eine Sportart, die leicht und elegant aussieht, in Wirklichkeit aber harte Arbeit ist: Pole-Dance. Ihre Schülerinnen und Schüler lernen Drehungen und Haltefiguren an der Stange. Für den Halt auf der glatten Oberfläche sorgt nur die Haut, weshalb in knapper Kleidung trainiert wird. Rebel, hauptberuflich selbstständige Unternehmensberaterin, verliebte sich auf den ersten Blick in Pole-Dance: „Ich habe im Februar 2011 ein Video von den ersten Wettkämpfen gesehen und sofort gesagt: Ich probiere das.“ Das stellte sich als schwieriger heraus als gedacht. „Beim ersten Kurs, zu dem ich mich anmeldete, kamen nicht genug Teilnehmer zusammen. Beim zweiten Kurs fiel die Trainerin aus. Dadurch kam ich mit dem Besitzer des Fitnessstudios ins Gespräch und erfuhr, dass der Zuspruch immer mehr wird und dass sie jemanden bräuchten, der sich als Trainer ausbilden lässt. Da hab ich gesagt: ‚Ist mir egal. Ich will das machen, ich lass mich gleich ausbilden.’“ So war Rebels erste Pole-Stunde im April 2011 auch ihre erste Ausbildungsstunde als Trainerin. „Hardcore“ sei die Ausbildung gewesen, denn obwohl Rebel zu diesem Zeitpunkt schon zehn Jahre als Fitnesstrainerin arbeitete, konnte sie sich anfangs vor lauter Anstrengung nach dem Training kaum bewegen. Danach trainierte sie allein weiter und testete ihr Trainer-Können an ihrer Tochter Sophie. Mit Erfolg: Bereits im Juni unterrichtete sie ihren ersten Grundkurs. „Wenn man merkt, wie es einem gut tut, will man es nicht mehr hergeben“, beschreibt Rebel die Anziehungskraft des Sports. Nur zur Profi-Pole-Stunde in ihrem Fitness-Studio traut sie sich anfangs noch
34
Der Kampf gegen Vorurteile
nicht. „Die war immer Mittwochabend, da liefen meine Lieblingsserien im Fernsehen, so hatte ich eine Ausrede, nicht hinzugehen. Dann habe ich mit mir gesprochen und gesagt: ‚Mehr als erkennen,
Es gibt kaum einen Sport, der sich mehr gegen Vorurteile und Klischees wehren muss, als PoleDance. Trainerin Nadine Rebel erlebte nicht nur Unmut in der Nachbarschaft, als sie ihre Schule in Augsburg-Haunstetten eröffnete. Auch Verleumdungen über das Internet kommen vor.
dass du noch nicht so weit bist, kannst du nicht.’ Deshalb habe ich mich dann doch angemeldet. Nur genau an diesem Tag wurde ich angerufen, die Stunde sollte ausfallen, Trainerin verletzt. Und ich weiß noch, wie ich das Gefühl hatte, neben mir zu stehen und mich zu mir sagen hörte: ‚Soll ich die Stunde geben?’“ Beiden Seiten war klar, dass es sich um einen Versuch handelte. Doch Rebel wuchs in ihre neue Auf-
Was haben die Leute für ein Problem mit Pole-Dance?
gabe hinein und mietete bald selbst Räumlichkeiten
„Der Sport an sich ist noch recht frisch, obwohl es ihn eigent-
in Studios an. Nachdem es dort schwierig wurde,
lich schon seit Menschengedenken gibt. In irgendeiner Form
die Trainingszeiten zu behalten, fand Rebel im Mai
hat man immer schon um Stangen getanzt oder Figuren ge-
2014 eine ehemalige Schlecker-Filiale neben einem
macht. Das Aufleben hier wird stark mit dem Rotlichtmilleu
Eiscafé in Haunstetten und richtete den Raum lie-
in Verbindung gebracht, mit Strip-Schuppen, was eigentlich
bevoll ein. Schülerinnen von 13 bis 55 Jahren und
ein Schlag ins Gesicht von jedem Sportler und jeder Sport-
auch männliche Interessenten kommen seitdem in
lerin ist. Daraus resultiert einerseits der Versuch, alles was
ihre Schule, um Drehungen und Haltefiguren zu
sinnlich und weiblich ist, aus dem Sport zu verdrängen. Und
lernen. Insbesondere im Winter ist die Nachfrage
es gibt die anderen, die sagen: Sexyness is back und tatsäch-
nach Schnupperstunden und Grundkursen hoch,
lich in Richtung Popo-Wackeln unterrichten. Für mich ist
danach siebe sich schnell aus, wer dabeibleibt und
Pole-Dance eine Mixtur dazwischen.“
wer nicht. „Pole fordert einen ganz“, sagt Rebel. „Man vergisst alles um sich herum. Man muss un-
Mit einem Augenzwinkern: Muss so viel Haut denn wirklich sein?
glaublich konzentriert sein, weil man es sonst nicht
„Ja, das Einzige, was uns an der Stange hält, ist unsere Haut.
hinkriegt.“ Neben körperlicher Fitness und vielen
Übrigens gibt es im Beach-Volleyball Vorschriften, dass die
kleinen Erfolgen liegt darin auch ein Reiz der Sport-
Höschen an der breitesten Stelle 5 cm nicht überschreiten
art: den Alltag vergessen können.
dürfen, obwohl es dort keine Notwendigkeit ist. Da regt sich keiner darüber auf.“
Rebel hat in nur dreieinhalb Jahren Pole-Dance erlernt, zahlreiche Auftritte absolviert, an Wettbewer-
Und es gibt ja auch Vorhänge, die man zuziehen kann ...
ben teilgenommen. Sie hat die wenigen Trainingsmög-
„Wenn es gewünscht ist, machen wir im Training Vorhänge
lichkeiten in der Region vervielfältigt und ihre eigene
und Rollos zu. Die Wenigsten lernen Pole-Dance, um damit
Schule eröffnet. Mit einem Team hat die Powerfrau
auftreten zu können. Die machen das aus Spaß und lernen
ein 576 Seiten starkes Buch herausgebracht, das ers-
hier in einem geschützten Raum. Sonst lassen wir die Vorhän-
te umfassende Buch über den Pole-Dance überhaupt.
ge auf, dann können die Leute sehen, dass hier keine roten
Täglich wird Rebel nach der englischen Übersetzung
Plüschsofas stehen und dass hier nichts Schlimmes passiert.“
gefragt. Eine Freundin von ihr beschrieb treffend: ruc
Fragen auch welche nach? Fotos: Christina Bulka (2), Nadine Rebel
„Der Sport hat auf dich gewartet.“
„Ich wünschte, sie würden fragen. Mich regt es gar nicht auf, dass die Leute Vorurteile haben. Denn seien wir mal ehrlich: Pole-Dance kommt auch aus ‚dieser’ Richtung. Was mich ärgert, ist, dass die Leute nicht versuchen, ihre Vorurteile auszuräumen und uns stattdessen verurteilen. Eine Mutter brachte mal ihre Tochter zum Unterricht und fragte: ‚Sie machen hier schon Sport, oder?’ Aber sie wollte später nicht bleiben und zuschauen, wie und was unterrichtet wird.“
ruc
35
Sc hwe rpun kt : starke M arken & echte Or iginale
„Animationsfilme befriedigen die Fantasie nicht!“ Klaus Marschall und der Kasperl – zwei Originale für die starke Marke „Augsburger Puppenkiste“.
„Die heute 40- und 50-Jährigen beglei-
senz in der breiten Öffentlichkeit“, sagt
in der SGL Arena keinen Wimpel, wie
tete sie durch ihre Kindheit, die 30-Jäh-
Klaus Marschall. „In der heutigen Zeit
sonst üblich, sondern eine Marionette
rigen kennen das Lied von Jim Knopf als
muss man andere Wege suchen, um im
der Augsburger Puppenkiste. Wer hatte
Dance-Hit, die 20-Jährigen wissen im-
Gespräch zu sein und zu bleiben. Oder
die Idee? Kein Augsburger, sondern ein
mer noch um den Kult – und die Kinder
anders gesagt – man muss was tun.“
Rheinländer. „Der damalige Manager des
von heute kommen in die Puppenkiste in
FCA, Andreas Rettig, war es, der auf uns
der Innenstadt, um die Marionetten live
zukam“, erzählt Klaus Marschall. Rettig
zu sehen.“ Das schrieb kürzlich die Bild-
Immer wieder Innovationen
zeitung über die Augsburger Puppen-
dachte sich, es solle zusammenkommen, was seiner Meinung nach zusammen
kiste. Und wahr ist: Über nunmehr 66
gehört. Und so kam es zur Zusammen-
Jahre hat sie nichts von ihrer Anziehung
Bevor er 1992 die Leitung der Augsbur-
arbeit von Augsburger Fußballern und
verloren. Für 420 Vorstellungen im Jahr
ger Puppenkiste in dritter Generation
Augsburger Puppenkiste.
öffnet sich die Kiste. „Wir sind zu 96 Pro-
übernahm, zeigte Klaus Marschall viele
zent ausgelastet“, sagt Klaus Marschall.
Jahre sein Können als Puppenspieler.
16 festangestellte Puppenspieler gib es
Seiner Lieblingspuppe Kasperl gibt er
mittlerweile und insgesamt arbeiten 80
noch heute die Stimme. Zu seinen größ-
Menschen in der Spitalgasse. „1982,
ten Erfolgen als Theaterleiter und Regis-
als ich in der Puppenkiste angefangen
seur zählen der Umbau des Augsburger
Noch mal zurück zum Artikel in der
habe, waren dort acht Puppenspieler
Puppentheaters und die damit verbun-
Bildzeitung und der Präsenz in der Öf-
beschäftigt – die Garderobendamen
dene Neueröffnung des Museums „Die
fentlichkeit. So eine Geschichte wird na-
liefen damals noch über das Theater
Kiste“. Mit dem amerikanischen Film-
türlich gelesen und die Folge war, dass
Augsburg“, erzählt Klaus Marschall,
studio Warner Bros. drehte er 1997
auch gleich ein Radiosender aus Berlin
Leiter
Puppenkiste.
den Kinofilm Monty Spinnerratz. Der
bei der Puppenkiste anrief, um ein Inter-
Aus der beschaulichen Puppenkiste in
Film erreichte über eine Million Kino-
view mit dem Leiter zu machen, wieso
den 60er- und 70er-Jahren ist also ein
besucher und gewann den Bayerischen
und weshalb das „Urmel“ in Rente geht.
richtig großes Unternehmen geworden.
Filmpreis. 2003 rief er gemeinsam mit
„So was erhöht natürlich den Bekannt-
der HEXAL Foundation die Kliniktour-
heitsgrad der Puppenkiste immens“, so
nee „Das kleine Känguru und der Angst-
Marschall.
der
Augsburger
Aktuell 80 Mitarbeiter Das hat natürlich seine Gründe. Vor 30
„Wieso ist Urmel in Rente?“
hase“ nach dem Buch von Paul Maar ins Leben. Mit diesem Projekt engagiert
Die Augsburger Puppenkiste in der Spi-
sich Klaus Marschall – selbst dreifacher
talgasse 15 in Augsburg zählt mittlerweile
Vater – für schwerkranke Kinder.
zum nationalen Kulturgut. Im Jahre 1940
Jahren war die Puppenkiste einmal im
wurde der Soldat Walter Oehmichen, der
Jahr im Fernsehen, und zwar mit Weih-
Klaus Marschall beweist, dass auch
Großvater von Klaus Marschall, in einer
nachtsvierteilern wie Bill Bo, „Der Löwe
nach über einem halben Jahrhundert
Schule bei Calais einquartiert. Dort ent-
ist los“ und dem Evergreen „Urmel aus
noch Innovationen möglich sind und
deckte er ein kleines Puppentheater und
dem Eis“. „Mit dem, was man damals
sein müssen. Die Bundesliga-Fußballer
unterhielt damit seine Kameraden. 1943
produziert hat, gäbe es heutzutage keine
des FC Augsburg zum Beispiel über-
baute er zusammen mit seiner Frau Rose
TV-Präsenz, geschweige denn eine Prä-
geben an die Gegner beim Heimspiel
und den Töchtern Hannelore und Ulla
36
Sc hwe rpunk t : starke M arken & echte Or iginale
sein eigenes Marionettentheater, genannt der Augsburger Puppenschrein. Ein Jahr später allerdings verbrannte der Puppenschrein bei einem Bombeneinschlag im Augsburger Stadttheater. Nach Ende des Krieges begann Walter Oehmichen ein neues Augsburger Puppentheater zu planen, welches am 26. Februar 1948 Premiere mit dem Stück „Der gestiefelte Kater“ feierte. 2014, also 66 Jahre später, gab es einen ganz besonderen Preis für die Puppenkiste: den „Schwäbischen Lindwurm für herausragende Leistungen für die Fantastik“. So weit, so gut. Klaus Marschall kannte den Preis bis dato nicht, war aber umso erfreuter, als er die Begründung der Jury gelesen hatte. „Darin hebt sie nämlich genau das hervor, was aus unserer Sicht die Augsburger Puppenkiste so einzigartig macht: die Fantasie, die hinter dem Figurentheater steckt. Das Puppentheater befriedigt die Sinne eben ganz anders. Wir liefern ein unvollständiges Bild, das mit Fantasie ergänzt werden muss. Heutzutage gibt es immer perfektere Animationsfilme, die befriedigen die Fantasie aber nicht.“ Die Puppenkiste ist in Augsburg verwurzelt geblieben – wofür allein schon der Kasperl mit seiner typisch „augschburgerischen“ Aussprache steht. Trotz der scheinbaren Schwerelosigkeit der Puppen hat die Puppenkiste die Bodenhaftung nicht verloren – die enge Verbindung zu Augsburg ist geblieben. Es gibt Ferienangebote für Kinder, Vorstellungen bei Familientagen in Firmen, Märchenstunden in der Kiste, eine Zusammenarbeit mit anderen Puppentheatern in der Region, einen Puppenkistenspielplatz in der Altstadt. Jim Knopf, Lukas der Lokomotivführer, Urmel, die Preußler-Figuren Hotzenplotz, Mikesch und verzauberten Kinder und bis heute alle, die sich gerne in „Lummer”-Länder der Fantasie entführen lassen.
pif
37
Foto: privat
der kleine Wassermann und viele mehr
Sc hwe rpun kt : starke M arken & echte Or iginale
Der beispiellose Weg des Kurt Viermetz Von der Banklehre in Augsburg zum Mitglied der obersten Führungsriege einer der weltweit bedeutendsten Banken: Kurt Viermetz beschreibt seine Karriere und die Entwicklung der Finanzmärkte über einen Zeitraum von mehr als 40 Jahren. Hanns-Rainer Strobl hat die Neuerscheinung „Magie der Märkte“ für top schwaben gelesen.
38
Sc hwe rpunk t : starke M arken & echte Or iginale
Eine Neuerscheinung auf dem Buch-
machen wesentlich den (Miss-)Erfolg im
markt, die unter dem Titel „Magie der
Aktienhandel aus. Zweitens: Probleme
Märkte“ die globale Bankenwelt behan-
und Exzesse müssen durch Marktricht-
delt, könnte durchaus ins Genre der
linien kontrolliert werden, der Handel
Thriller gehören. Heißt sein Autor je-
mit außerbörslichen Derivaten bedarf
doch Kurt Viermetz, so erweist sich die
rasch verstärkter Transparenz. Den-
Magie als Faszination des Bankers, der
noch, drittens, haben die Börsen nur mit
als Lehrling bei der Filiale der Deutschen
innovativen Produkten (den Hochfre-
Bank in Augsburg anfing und mit allen
quenz-Computerhandel etwa rühmt er
Ehren, die einem Vorstandsmitglied von
als „Meisterleistung“) Zukunftschancen.
JP Morgan Chase, New York, kurz JPM, gebühren, im Jahr 2000 seine berufliche Laufbahn abschloss. Eine gut 30-jährige
Kurt Viermetz‘ Karriere ist beeindruckend: vom Lehrling der Deutschen Bank in Augsburg zum Vorstandsmitglied bei JPM in New York.
steile Karriere beim weltweiten Banken-
Überzeugt ist Viermetz übrigens davon, dass die Frankfurter Börse AG dazugehöre, er ist ihr ja als ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender verbunden.
primus JPM (siehe Kasten „Die Bank“) beschreibt Kurt Viermetz so distinguiert wie diplomatisch, hin und wieder lässt
anekdotische Episoden sind nicht Vier-
Die Liste der (Aufsichtsrats-)Mandate
er aufblitzen, wie dramatisch es hinter
metz´ Anspruch: Zwei ineinander ver-
von Kurt Viermetz ist lang und beein-
geschlossenen Türen herging. Ganz in-
wobene Fäden ziehen sich durch seine
druckend. Vom Who’s who der Indus-
ternationaler Banker mit angelsächsi-
Autobiografie: Der eine ist die Beschrei-
trie (Höchst AG, Metro, E.on, Grosve-
scher Bankenwelt-Sozialisation, setzt er
bung seines Berufswegs, mit Ergänzun-
nor Estate Holdings London) und der
hin und wieder dennoch Sottisen. Etwa
gen um einen Freundeskreis namhafter
Finanzwelt (New York Stock Exchange,
die Beschreibung des Besuchs eines
Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur, Po-
Federal Reserve Bank of New York)
neu bestellten Vorstandsvorsitzenden
litik und Wirtschaft. Der andere Faden
reicht sie über Kulturinstitutionen wie
eines führenden Konzerns Europas bei
lässt im Kern Selbstverständnis und
dem Board of Trustees der New Yorker
JPM-Chairman Preston: „Elegant, mit
Ethik des Bankers und der Finanzmärk-
Philharmoniker, Engagement in Wissen-
Geschick und eloquent“, formuliert der
te erkennen. Viermetz´ Plädoyer ist ein-
schaftsgremien
Autor unüberhörbar sarkastisch, habe
deutig, wohl auch unter dem Eindruck
der Universität Augsburg) bis zum Vor-
der Mann eine Stunde lang doziert, dann
der enormen Verwerfungen, die seit sei-
stand der von ihm und seiner verstor-
eine Frage zu JPMs Geschäften gestellt
ner Verabschiedung von JPM die Welt
benen Frau Felicitas Viermetz gegrün-
und sich verabschiedet. Viermetz zitiert
erschütterten: Erstens, Intuition und
deten gleichnamigen Stiftung. Seit rund
Prestons treffsichere Bewertung „dieser
gesunder Menschen-
Mann wird sein Unternehmen in den
verstand
zehn Jahren wurden bei einem Stiftungskapital von acht
so weit“. Der Name bleibt ungenannt, weil besagte Person noch lebt. Doch
Das „Corporate Office“, die Spitzenbanker im engeren Vorstand von JPM 1989 (v. l.): Chairman Lewis T. Preston, Kurt Viermetz, Sandy Warner, Roberto Mendoza, Dennis Weatherstone und Jack Raffle.
39
Fotos: privat, Fotolia
Ruin treiben“ und ergänzt „fast kam es
(Hochschulratsvorsitz
Sc hwe rpun kt : starke M arken & echte Or iginale
Vice Chairman Kurt Viermetz in einem der drei großen Händlersäle von JP Morgan in der New Yorker Wallstreet.
Millionen Euro bereits fünf Millionen Euro für 350 Projekte aus Kunst und Wissenschaft verwendet. Ein beispielloser Weg führte Kurt Viermetz, der dieses Jahr seinen 75. Geburtstag beging, in solche Positionen. Der
Die Systembank schlechthin Die Bank JP Morgan Chase finanziert Großmächte und gilt als Haus- und Hauptbank von Ölmultis
Augsburger, dessen Vater nicht aus dem Weltkrieg heimkehrte, macht Abitur im Donauwörther Heilig-Kreuz-Gymnasium und wird 1956 Banklehrling. Weil er die Ausbildung bei der Deutschen Bank als „Klassenbester“ beendet, darf Kurt Viermetz in den Devisenhandel der Frankfurter Zentrale wechseln – macht 1963 eine Weiterbildung in New York bei der damaligen Morgan Trust Company und erhält damit die hauseigene „Morganisierung“. Drastisch formuliert, wird ihm jener „Stallgeruch“ verpasst, der für die höheren Weihen bei JPM unabdingbar ist. Konsequent ist der Wechsel zur neugegründeten Niederlassung des USHauses in Frankfurt zwei Jahre später,
40
Ob die Nummer eins in der Welt oder, nach anderen Kennzahlen, „nur“ die weltweit zweitgrößte, das ist für eine Bank wie JP Morgan Chase JPM ein nachrangiges Kriterium. Das New Yorker Unternehmen ist die Systembank schlechthin, das heißt, ihr Ausfall gilt als so riskant, dass er ein besonders hohes Risiko für die Finanzmärkte bedeuten würde. Traditionell Finanzier selbst von Großmächten, Haus- und Hauptbank beispielsweise der Ölmultis, hat JPM voriges Jahr eine Bilanzsumme von 2,4 Billionen Dollar ausgewiesen. Die gesamte Verschuldung der Bundesrepublik Deutschland beläuft sich umgerechnet auf etwa 2,7 Billionen Dollar. Mehr als 259.000 Mitarbeiter beschäftigt JPM. 2013 verdiente die Bank rund 18 Milliarden Dollar (nach Steuern), obwohl durch Fehlspekulationen über 6 Milliarden verzockt wurden, was einen Handelsskandal in London hervorrief. Aus einem Nebensatz in der Biografie ihres einstigen Vorstandsmitglieds Kurt Viermetz geht übrigens hervor, dass sich JPM eine eigene Yacht mit dem sinnigen Namen „Corsair“ hält.
Sc hwe rpunk t : starke M arken & echte Or iginale
mit dem legendären Hermann Josef Abs
Kunst der Kalligrafie, die Küche, die Far-
als Gast und Glückwunsch-Überbringer
benpracht der Wüstenblume in den ers-
(!). Fünf Jahre später nimmt er das An-
ten morgendlichen Sonnenstunden …
gebot an, als Vice President zur Banque Morgan nach Paris zu gehen, die füh-
So rar Ausflüge ins Private in der Bio-
rende ausländische Bank in Frankreich,
grafie des Bankers sind, sein Metier und
und betreut mit rund 500 Mitarbeitern
seine rasante Entwicklung beschreibt er
das internationale Finanz-, Devisen- und
umso eindringlicher. In seiner Position
Geldgeschäft, aber auch Kunden wie den Herzog und die Herzogin von Windsor. Die Buchführung der Bank damals, vor gerade einmal etwas mehr als 40 Jah-
Kurt Viermetz, Magie der Märkte. Meine Geschichte als internationaler Banker, Murmann Publishers, Hamburg, 2014, 320 Seiten, Preis 24,99 Euro.
an der „Systembank“ schlechthin standen ihm Türen etwa zu maßgeblichen Akteuren der Politik in allen Erdteilen offen. Auf der Basis dieser Erfahrungen stellt Kurt Viermetz Banking, Finanz-
ren: tagtäglich jede Menge Einträge von Hand. Viermetz´ trockener Kommentar:
anderem das Euro-Finanzmanagement
märkte und Finanzpolitik in große stra-
heute gar nicht mehr vorstellbar.
(Treasury), wechselt nochmals in die Li-
tegische Zusammenhänge. Es liest sich
nie, nach Frankfurt, um das kontinen-
einfach spannend! So energisch er dabei
Eng sind die Morgan-Beziehungen in
taleuropäische Geschäft zu führen, wird
für Wirtschaft und Börsen „in einem ei-
die Politik hinein. Wegmarken: Mit Fi-
1990 in den Vorstand berufen und 1998
nigermaßen freien Marktwirtschaftsum-
nanzminister Giscard d`Estaing konfe-
Director of the Board. Daneben pflegt
feld“ eintritt, so deutlich spricht er sich
riert Viermetz in den späten 1960er-
Viermetz seit 1988 als Board-Mitglied
für die Grundregel des gesunden Men-
Jahren – mit Chinas Staatschef Deng
der New Yorker Philharmonic Socie-
schenverstands, „Risiken von oben nach
Xiaoping Mitte der 1980er. Sensible Auf-
ty seine kulturelle Neigung, die in eine
unten zu managen“, aus. Meldepflichten
träge führen ihn in den Nahen Osten und
Freundschaft mit Kurt Masur, dem Chef-
und geschickte Trennung der Verant-
zu einem wohl für jeden Banker nach-
dirigenten des renommierten Ensembles,
wortung hält Viermetz für unabdingbar,
gerade märchenhaften Projekt: Für JPM
mündet. Er kann ihm bei Proben zuhö-
um Fehler im System früh zu entdecken.
gründet Kurt Viermetz mit einem Kolle-
ren, ihn auf Konzertreisen begleiten. In
Das legitimiert ihn, „unverantwortli-
gen als General Manager in London die
Paris schon hat er im bildenden Künstler
ches, rechtswidriges“ Verhalten in der
Saudi International Bank. Er hat sich
André Hambourg einen bewunderten
Finanzkrise 2008 mit „signifikanten
einerseits das Vertrauen der saudischen
Freund gefunden, eine Anzahl seiner Bil-
Fehlern“ der Überwachungs- und Auf-
Königsfamilie und der führenden Ban-
der schmückt Viermetz´ private Samm-
sichtsratsinstitutionen weltweit anzu-
ken des Landes erworben, andererseits
lung. Zu seinem Freundeskreis zählt auch
prangern. Die Erinnerungen von Kurt
gilt es, die mit der ersten Ölkrise ange-
Ernst Cramer, wie er Augsburger Ehren-
Viermetz aus kompetenter Warte taugen
schwemmten Petrodollars klug in die
bürger und seinerzeit als „Gewissen Axel
allemal, einen unvermindert rasant aus-
internationalen Geldmärkte zu verteilen.
Springers“ bekannt. Bis heute bewundert
greifenden Finanzmarkt ein Stück weit
Viermetz bewährt sich als General Mana-
Viermetz Saudi-Arabien, die islamische
vertiefter zu sehen.
hrs
ger, der tatkräftig selbst das Besteck für die Bank-Kantine aussucht. Spätestens jetzt wird er als Spitzenbanker mit Perspektiven für die höchsten Ränge in JPMs New Yorker Machtzentrum gehandelt. 1977 ist es so weit: Als Senior Vice PreFotos: Barbara Klemm/FAZ, Archiv
sident verantwortet er in New York für die weltweite Unternehmensgruppe unter Zum Dank für das langjährige Engagement bei der New York Stock Exchange durfte Kurt Viermetz das offizielle „Closing“ am 21. Januar 1998, 16.30 Uhr, vornehmen.
41
lesenswer t
Bücher
„Alles lebt immer von ganz bestimmten engagierten Menschen“
aus, von & über Schwaben
Schwarzkopf & Schwarzkopf, ISBN: 978-3-934113-12-1, 13,50 EUR (D) Im Handel oder direkt bei der Bezirksheimatpflege des Bezirks Schwaben, Prinzregentenstraße 8, 86150 Augsburg, Telefon: 0821 3101-309, E-Mail: heimatpflege@bezirk-schwaben.de.
Jan Hoffmann
Tod in Augsburg,
emons-Verlag, ISBN 978-3-95451-270-6 Euro 10,90 Mal wieder ist Augsburg Schauplatz für ein Buch, genauer gesagt für einen Krimi: „Tod in Augsburg“ heißt die Geschichte, aber ist in dem Augsburg-Krimi auch Augsburg drin? Jawohl! Oberhausen kommt vor, die Ackermannstraße, das Zentralklinikum, aber auch der Dom und natürlich die Fuggerei. Und worum geht`s? Eine Erbenermittlerin sucht in Augsburg nach den Nachkommen eines Verstorbenen. Was als einfache Recherchearbeit beginnt, wächst sich zu einer gefährlichen Suche aus. Der alte Mann führte ein erstaunliches Doppelleben, und je weiter Anne in der Vergangenheit des Toten gräbt, desto klarer wird, dass diese mit ihr selbst zu tun hat – und dass sie ihre Nachforschungen womöglich mit dem Tod bezahlt. Das Buch ist gut geschrieben, man muss sich nicht durch die Zeilen quälen. Die Geschichte ist spannend, es kommt zu etlichen Verwirrungen, Wendungen und Verwicklungen. Aber zwei kleine Kritikpunkte gibt es doch: Die Erbenermittlerin Anne Karg ist, besonders zu Beginn der Geschichte, etwas unangenehm, unsympathisch und besserwisserisch. Und der Schluss passt nicht ganz zum übrigen Plot. pif
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42
Am 27. Juli 1953 wurde die Bezirksordnung für den Freistaat Bayern bekannt gegeben, am 28. November 1954 fanden dann die ersten freien Wahlen zu den Bezirkstagen in Bayern statt: Damit wurden vor 60 Jahren im Freistaat die Bezirke neu gegründet. „Der Bezirk Schwaben hat in diesen sechs Jahrzehnten eine enorme Entwicklung gemacht, sowohl in politischer als auch in verwaltungstechnischer Hinsicht, was seine Aufgaben und Zuständigkeiten des Bezirks anbelangt“, resümiert Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert. Das ist jedoch nicht nur allein eine Sache der politischen Rahmenbedingungen. Denn: „Alles lebt immer von ganz bestimmten Menschen.“ Dieses Zitat ist Titel eines Buches, das der Bezirk Schwaben nun zu seinem 60-jährigen Bestehen publiziert. „Bei den Planungen zu unseren Jubiläumsaktivitäten ist uns bewusst geworden, dass es interessant und wertvoll wäre, die Akteure der früheren Zeiten unmittelbar zu Wort kommen zu lassen und von ihnen quasi aus erster Hand zu erfahren, wie es in den Anfängen war“, so Reichert. Professorin Dr. Sarah Scholl-Schneider führte unter Mitarbeit von Jennifer Stahl mehrstündige Interviews mit neun Zeitzeugen durch, so mit ehemaligen Bezirksräten wie Rupert Reitberger, Karl Kling und Albert Graf Fugger von Glött sowie Ewald Schmid, der langjährigen Personalleiterin des Bezirks, Edeltraud Fischer, Chefsekretärin Gerlinde Schmid und weiteren „Urgesteinen“ der Bezirksverwaltung. Das Buch entspringt der Idee, Bezirksgeschichte quasi „von unten“, aus dem Blickwinkel langjähriger Akteure, zu betrachten. Es geht dabei nicht um eine lückenlose Darstellung der Geschichte, vielmehr kristallisierten sich aus den persönlichen Erinnerungen unterschiedliche Themenbereiche wie die Arbeit der Bezirksverwaltung, des Bezirkstags, das Aufgabenspektrum des Bezirks, seine Partnerschaften mit Frankreich und der Bukowina oder der technische und personelle Wandel heraus, die durch persönliche Anekdoten, die sonst unbekannt blieben, erzählt werden. So berichtet Rupert Reitberger, mehr als 30 Jahre lang als Bezirksrat aktiv, von den erschütternden Eindrücken, die er von den ersten Fahrten in die rumänisch-ukrainische Partnerregion Bukowina mitbrachte, Gerhard Mayr, lange Jahre geschäftsleitender Beamter in der Sozialverwaltung, erinnert sich, wie die Einführung des Bundessozialhilfegesetzes 1962 die Arbeit in der Verwaltung für Menschen mit Behinderung wesentlich änderte, und Elmar Sedlmayr berichtet unterhaltsam und lebendig von kulturellen Höhepunkten, so beispielsweise der Rettung des Chorgestühls der Kartäuserklause Buxheim. „Diese vielen persönlichen Erinnerungen machen das Buch zu etwas Besonderem - denn all diese Erzählungen und Anekdoten sind aus anderen Quellen nicht zu schöpfen, sind weder in Sitzungsprotokollen noch in Verwaltungsakten zu finden“, so Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl, der das Buchprojekt mit seinen Mitarbeitern Christine Böhm und Georg Abröll betreute. Das Buch ist bislang eines der ersten Werke zur jüngeren Bezirksgeschichte.
lesenswer t
Markus Hilpert
Beliebtes Brauchtum in schwäbischen Wallfahrtsorten
111 Gründe, den FC Augsburg zu lieben – Eine Liebeserklärung an den
ISBN 978-3-86357-100-9, Preis 5,00 €
Endlich: Es gibt nicht nur 111 Gründe Real Madrid, den FC St. Pauli oder den FC Bayern zu lieben. Jetzt gibt es auch 111 Gründe für den FCA. Das brandneue Fanbuch liefert auf 288 Seiten 111 Geschichten rund um den Verein, viel Hintergrundwissen, witzig geschrieben und gut zu lesen. Viele denkwürdige Episoden mit schillernden Protagonisten – von Helmut Haller über Mourad Hdiouad bis Ernst Middendorp – sind keine aufpolierten Marketing-Anekdoten, sondern tatsächlich noch richtige „Gschichta“ vom FCA. Da kann man dann auch gleich beim Lesen in Erinnerungen schwelgen über das Rosenaustadion und die Spiele in der Bayernliga gegen Kempten, Helmbrechts oder gar im Derby gegen Schwaben Augsburg. Darüber hinaus geht es um das Stadionheft, das schon immer von den Fans gemacht wurde, um den offiziellen Zuschauerrekord, den der FCA für die zweite Liga hält, und darum, dass der FC Augsburg gegen den großen FC Bayern gewinnen konnte. Sehr spannend, sehr gelungen. Macht Spaß, darin zu verweilen. pif
Verfassungsfeindliche Symbole in einer Wallfahrtskirche? Ein rätselhafter Fleck auf dem Mond? Ein Supermodel bei einer Maiandacht? Professor Dr. Markus Hilpert stellt in diesem amüsanten Büchlein Traditionelles und Kurioses rund um die wichtigsten Wallfahrtsorte in Bayerisch-Schwaben vor, zeigt ungewöhnliche Bräuche auf und fast vergessene Riten.
Weihnachten daheim
Mit „Weihnachten daheim“ hat Mundartdichter Hermann Wächter seine letzte CD herausgebracht. Zu hören sind darauf heitere und besinnliche Geschichten und Gedichte zur Advents- und Weihnachtszeit, die von der Inninger Saitenmusik musikalisch umrahmt werden. Weil er in zwei Jahren achtzig wird und alles gesagt hat, was zu sagen war, möchte Wächter keine Bücher und keine CDs mehr machen. Nur bei Lesungen kann man ihn noch erleben. Am liebsten trägt er die „Schwäbische Weihnacht“ von Arthur Maximilian Miller vor. Am 28. Dezember liest er das Stück um 19 Uhr im Heilbad Krumbad. rmi
Foto: Roswitha Mitulla
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Neuer Energieriese? Als Klaus-Peter Dietmayer im August Geschäftsführer bei den Stadtwerken Augsburg wurde, rieben sich manche verwundert die Augen. Denn der 55-Jährige blieb gleichzeitig auch Geschäftsführer von erdgas schwaben und leitet im Moment beide Unternehmen – die Stadtwerke Augsburg gemeinsam mit Dr. Walter Casazza. Mittlerweile ist klar, warum. Die Stadtwerke Augsburg und erdgas schwaben überprüfen, ob und wie intensiv sie im Energiesektor zusammenarbeiten können.
Dr. Walter Casazza,
Klaus-Peter Dietmayer,
Geschäftsführer
Geschäftsführer
Stadtwerke Augsburg.
Stadtwerke Augsburg und erdgas schwaben
Ende November hat auch der Augsburger Stadtrat „grünes
Mio. Euro um, die Stadtwerke Augsburg Energie wiesen in
Licht“ gegeben, die Kooperationsmöglichkeiten ergebnisoffen
ihrem zuletzt veröffentlichten Jahresabschluss 2012 mehr als
zu prüfen. Augsburgs Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl: „Durch
500 Mio. Euro Umsatzerlöse aus. Dennoch: Es geht um mehr.
die detaillierte Prüfung wird darauf hingearbeitet, dass wir im
„Unser Ziel ist es, aus einer Position der Stärke heraus auf ei-
Stadtrat zu einer Entscheidungsreife kommen.“ „Entschei-
nem veränderten Markt zu agieren“, sagt Dietmayer. Vor al-
dungsreife“, das heißt, dass es der Stadt Augsburg im Falle der
lem die Liberalisierung des Marktes, die Regulierung durch die
Stadtwerke vor allem darum geht, „Herr im eigenen Haus“ zu
Regierung wie auch die Energiewende drücke auf die Margen.
bleiben. Denn ohne die Gewinne im Energiesektor funktionieren
„Wir müssen uns nach vorne entwickeln und unseren Kunden
die sog. „Inhouse-Geschäfte“ bei den Stadtwerken nicht mehr,
pfiffige Produkte und einen echten Mehrwert bieten“, fordert
z. B. die Querfinanzierung des ÖPNV durch die Energiesparte.
Dietmayer von seinen beiden Unternehmen ein. Gemeinsam
Doch genau eine Fusion bräch-
habe man die Möglichkeit, wirt-
te die größten Potenziale, wie
schaftlich unabhängig vielleicht
das
Beratungsunternehmen
sogar in der „ersten Energie-
A.T. Kearney im Auftrag der
Liga“ zu spielen. Bis März 2015
beiden regionalen Energiever-
soll nun die favorisierte Form
sorger in seiner Untersuchung
der Kooperation ausgearbeitet
festgestellt hat – jährliche fusi-
sein. Im April entscheidet der
onsbedingte Kosteneinsparun-
Stadtrat, ob das Konzept dann
gen bzw. ein Gewinn von 9,5
tatsächlich so umgesetzt wird.
bis 11,3 Mio. Euro seien ab
„Ob ich von der Kooperation
2019 möglich. Das scheint nicht
überzeugt bin, weiß ich erst im
viel angesichts der Umsatzzah-
April“, sagt Oberbürgermeister
len: erdgas schwaben setzte im Geschäftsjahr 2013 rund 350
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Dr. Gribl. Die Zentrale der Stadtwerke Augsburg am Hohen Weg.
wos
Qu er du r ch die Regio n
Ganz in Weiß
Bis 1. März läuft die Foyerausstellung im Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg. Die ausdrucksstarken Fotografien der in Havanna geborenen Künstlerin Elvira Rodriguez Puerto nehmen den Betrachter unmittelbar in Beschlag. Mit ihren Bildern gelingt es Puerto, die Würde und Individualität der in weißes Papier gekleideten Frauen einzufangen. Mit dieser Würde und Integrität macht die Künstlerin zugleich die einzigartige Schönheit der Frauen sichtbar, die
sich jenseits überlieferter Schönheitsideale offenbart. Dabei stellen die Fotografien selbst nur ein Stadium des groß angelegten Performance-Projektes dar, in dem Puerto in mehreren Städten Europas über 1.000 Frauen in weißes Papier gehüllt hat – im Sinne eines Designs für den Augenblick. Indem die Künstlerin schließlich für jedes ihrer Fotomodelle ein individuelles Kleid geschaffen hat, akzentuiert sie damit die Einzigartigkeit der menschlichen Person. Der Eintritt ist frei.
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„Die Finanzfachhochschule in Kauf beuren wächst: Wir mieten zwei neue Lehrsäle für 60 zusätzliche Studenten“, sagte Dr. Markus Söder, Staatsminister der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, Anfang November bei der Mietvertragsunterzeichnung für die neuen Lehrsäle der Finanzfachhochschule Kaufbeuren. „Wir investieren in unsere Finanzverwaltung und machen sie so effektiver und besser das beginnt schon bei der Ausbildung“, so Söder weiter. Aufgrund steigender Einstellungen steigt in den kommenden Jahren auch der Bedarf an Ausbildungsplätzen. Derzeit studieren rund 230 Studenten in Kaufbeuren, einer Außenstelle des Fachbereichs Finanzwesen der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern. In den nächsten Jahren werden knapp 300 Studenten in Kaufbeuren ausgebildet. „Damit setzen wir ein klares Zeichen für Kaufbeuren als Hochschulstandort und die Förderung des ländlichen Raums“, betonte Söder.
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Natur, so wie sie ist Moritz Beierlein liebt Landschaften und die Natur
Moritz Beierlein ist mit seiner Kamera am liebsten draußen in der Natur – auch eisige Kälte kann ihn davon nicht abhalten.
Vor allem Landschaften und die Natur haben es Moritz Beierlein angetan, und die nähere Umgebung auf dem Lechfeld oder im Naturpark Augsburg bietet dem Oberottmarshausener sehr viel. Häufig findet er Motive vor der Haustür – und entdeckt sie immer wieder neu. Die stetige Veränderung der Umgebung und die Witterungseinflüsse üben einen starken Reiz aus. „Man geht niemals in den gleichen Garten, auch wenn es immer derselbe ist“, zitiert er ein Sprichwort, das in puncto Fotografie gleichzeitig sein Credo ist. Das Echte, das Authentische, das sucht der 27-Jährige. Dazu passt, dass er auch analog fotografiert. „Erst habe ich nur digital fotografiert“, erzählt er, „400 bis 500 Bilder pro Motiv waren keine Seltenheit“ – Fotos, die im digitalen Nirwana verschwinden. Das hat er eingedampft. „Aus 500 Bildern wurden erst 10 oder 20, die ich ganz bewusst fotografiert habe.“ Das Spiel mit Blende, Schärfe und Belichtungszeit rückte mehr in den Fokus – und wurde mit dem Kauf einer Analogkamera konsequent weitergetragen. Die Sinar 4x5-Zoll-Großbildkamera hat seine Art der Fotografie nochmals massiv verändert. Diamaterial ist rar und teuer – und setzt das richtige Handwerkszeug, Können und Geduld voraus. Nicht selten steht auch die Frage im Raum, ob sich der Aufwand für ein Bild lohnt. Er will einmalige Aufnahmen und möglichst moderate Eingriffe im Nachhinein. Die Bilder sollen so authentisch wie möglich sein. „Das Lechfeld zeigt sich so, wie es ist, und nicht so, wie ich es gerne hätte.“ Andere retuschieren Strommasten oder Autos. In seinen Bildern bleibt alles bestehen. Weil er einen enormen Anspruch an sich selbst hat – zu wissen, zu lernen und es anders zu machen als andere – gründete der Jurist den „Fotostammtisch Augsburg“, um Erfahrungen auszutauschen. Sein nächstes Ziel: die Vollmitgliedschaft bei der GDT (Gesellschaft Deutscher Tierfotografen e. V.), die – wie er – hohen Wert auf fotografische Qualität legt. Aufnahmen hat er noch keine eingereicht, seine Ansprüche sind hoch. Fotos gibt es auf seiner Website www.moritzbeierlein.com, Fototipps in seinem Blog: www.lanpho.de
al/wos
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Blick bis zum Bodensee: auf dem Hochgrat im Naturpark „Nagelfluhkette“ in Oberstaufen in den Allgäuer Alpen.
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Eintauchen in eine andere Welt: Nebelbank bei Hardt / Reinhartshofen.
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Winter auf dem Lechfeld – bei Oberottmarshausen, Landkreis Augsburg
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Bezirk S chwaben
„Gute Jugendarbeit ist keine, von der man nichts hört!“ Der Bezirk Schwaben engagiert sich für die Jugend. Ausbildung, offene Jugendarbeit und politische Bildung gehören zu seinen Aufgaben.
Jugend und Bildung wird im Bezirk Schwaben großgeschrieben: Bereits 1986 hat der Bezirk als erster Bezirk überhaupt ein Jugendprogramm aufgelegt, das die Situation der Jugendlichen, die Rechtsgrundlagen und das Selbstverständnis sowie die Strukturen der Jugendarbeit thematisiert. 2003 wurde dieses erneuert und soll auch im kommenden Jahr wieder aktualisiert werden. Auch bietet der Bezirk im Bereich der Bildung verschiedene Möglichkeiten: Zum einen stellt er Ausbildungsplätze in der eigenen Verwaltung sowie in den bezirkseigenen Einrichtungen bereit und bietet somit Jugendlichen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Die Bezirkskliniken Schwaben unterhalten Berufs-
Adressen auf einen Blick: Bezirk Schwaben Hafnerberg 10 86152 Augsburg
organisiert und betreut außerschulische Filmsowie Medienprojekte. Bekannt ist diese auch für die Ausrichtung des Jugend-Film-Festivals-JUFINALE, in Zusammenarbeit mit der Medienstelle Augsburg des JFF e.V. Auch im politischen Be-
Bezirksjugendring Schwaben Holbeinstraße 12 86150 Augsburg Medienfachberatung Schwaben Prinzregentenstr. 9 86150 Augsburg Jugendbildungs- und Begegnungstätte Babenhausen Am Espach 7 87727 Babenhausen
reich engagiert sich der Bezirk: So wurden 2002 mit dem Projekt „Politische Bildung Schwaben“ des Bezirksjungendrings die Weichen für ein regionales Netzwerk mit Akteuren der politischen Bildung gestellt. Ziel ist es mit den erschienenen Publikationen, Politik und Demokratie für junge Menschen erfahrbar zu machen. Nicht nur das politische Bewusstsein ist für Jugendliche notwendig. Renate Deniffel ist seit 2008 Jugendbeauftragte und Mitglied im Jugendausschuss und kümmert sich auch um die wirkungsvolle
fachschulen für Gesundheit- und Krankenpflege, Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie. Zum anderen wird auch der kulturelle Bereich gefördert: So können angehende Ensembleleiter für alle Bereiche der Laienmusik an der Berufsfachschule für Musik in Krumbach ihre Ausbildung beginnen und fortführen. Zudem werden begabte Nachwuchsmusiker auf weiterführende Studien an Hochschulen und Universitäten
Fotos: Andreas Lode, Bezirk Schwaben, Peter Wrba
vorbereitet. Ein weiterer Bereich ist die offene Jugendarbeit: Mit einem Jahresbudget von aktuell über 233.000 Euro fördert der Bezirk die Finanzierung des Bezirksjugendrings Schwaben und trägt gemeinsam mit diesem die Jugendbildungs- und Begegnungsstätte Babenhausen. Für diese beiden Bereiche der Jugendarbeit stellt der Bezirk fast eine Dreiviertelmillion Euro in seinem aktuellen Jahreshaushalt bereit. Die Medienfachberatung Schwaben, ein weiteres gemeinsames Projekt des Bezirks und des Bezirksjugendrings,
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Links: Renate Deniffel, Mitglied des Bezirkstags und im Jugendausschuss, gleichzeitig Jugendbeauftragte des Bezirkstags. Unten: Die Jugendgruppe Wertingen präsentiert ihren Film über die Jugendaktivitäten in ihrer Gemeinde.
Bezirk S chwaben
Ein neues Gesicht bei der Medienfachberatung Schwaben: Roman Linzenkirchner (rechts) verstärkt das Team um Daniel Beiter bei der Beratungsstelle, In Zusammenarbeit mit dem Bezirk Schwaben und dem Bezirksjugendring werden Projekte organisiert und betreut.
städte. Passend hierzu veranstaltete der Bezirk gemeinsam mit dem Bezirksjugendring ein Jugendforum unter dem Motto „Was macht eine Kommune für junge Menschen attraktiv?“ Bereits im Jahr davor war zum selben Thema ein Jugendempfang eingerichtet worden. 130 Teilnehmer kamen zum Forum: Jugendbeauftragte aus ganz Schwaben, der Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert, Manfred Gahler, Vorsitzender des Bezirksjugendrings Schwaben sowie Vertreter aus Gemeinden und Politik. Dass die Jugendarbeit in Schwaben sehr wichtig ist, kann Jürgen Reichert nur bestätigen. Früh lernte man zu verhandeln und für etwas zu kämpfen, wenn es einem wichtig war. „Jugendarbeit ist ein Lernfeld für später!“, betont Reichert. Das erste Highlight des Nachmittags stellte der selbstgedrehte Film der Jugendgruppe Wertingen dar: Diese haben sich intensiv mit dem Thema Gemeinde, Heimat sowie Jugend auseinandergesetzt und ein liebevolles Portrait ihrer Stadt entworfen. Dr. Uwe Brandl, Präsident des Bayerischen Gemeindetags war begeistert von der Kreativität der Jugendlichen und von ihrem Filmbeitrag, wurde aber bei seinem Impulsvortrag sehr ernst: „Nicht jede Gemeinde kann alle StrukOben: Die Jugendbildungsstätte in Babenhausen bietet ein reichhaltiges pädagogisches Programm. Mitte: Die Medienfachberatung Schwaben unterstützt Kinder und Jugendliche in außerschulischen Filmprojekten. Unten: (v. l. n. r.) Manfred Gahler, Jürgen Reichert und Uwe Brandl tragen sich ins Buch der Begegnung des Bezirks ein, im Rahmen des Jugendforums.
turen bieten“, erklärte er. Vor allem brauche es engagierte Menschen verschiedenen Alters, die zusammen agieren – ein wichtiges Plus von Landgemeinden gegenüber der Großstadt. Im Anschluss konnten die Jugendbeauftragten aus Schwaben im Austausch mit anderen ihre Arbeit vorstellen und ihre Sor-
Umsetzung von Jugendarbeit. Sie versteht sich als Bindeglied
gen und Bedenken loswerden.
zwischen Bezirkstag Schwaben und Bezirksjugendring. Woher das Engagement für die Jugend kommt? „Ich gestehe Jugend-
Dass dem Bezirk Schwaben die Jugendarbeit sehr am Her-
lichen uneingeschränkt zu, selbst herauszufinden wo ihr Platz
zen liegt, ist deutlich, und er zeigt es auch aktiv: Die po-
in der Gesellschaft ist. (...) Diese brauchen Raum und die Mög-
litische Bildung wird nun zur festen Aufgabe des Bezirks-
lichkeiten, sich entfalten zu können um Ideen zu entwickeln,
jugendrings. „Damit geben wir ein wichtiges Signal an die
wie sie sich ihre Zukunft vorstellen.“
Wähler von morgen“ erklärt Jürgen Reichert. Nur durch solch eine Bildungsarbeit sei es möglich Jugendliche stärker
Gleichzeitig stehen die Kommunen vor dem Problem der Ab-
in politische Prozesse einbinden und einen Wählerrückgang
wanderung von jungen Menschen und Familien in die Groß-
vermeiden zu können.
al
55
Wir t schaf t
Strom auf Abruf Die „energieflexible Fabrik“ ist Ziel eines Pilotprojekts im bayerischen Forschungsverbund FOREnergie. Vor allem die Energie aus erneuerbaren Quellen soll optimiert einbezogen werden. LEW als regionaler Stromvermarkter und das Meitinger Werk der SGL Group mit seiner stromintensiven Produktion von Graphitkomponenten gehen die Optimierung gemeinsam an.
Der Stromverbrauch im SGL-Werk Meitingen ist enorm. Ein
lumina von regenerativer Energie ins Stromnetz ist dies ein
Graphitofen verbraucht in einer Nacht so viel Strom wie 58
ständig komplexerer Prozess über den ganzen Tag hinweg.
Haushalte im ganzen Jahr. Und SGL hat im Betrieb nördlich
Thomas Reitemann, Leiter Energiebeschaffung bei LEW,
von Augsburg acht bis zwölf solcher Öfen im Einsatz. Das
spricht von der „Minutenreserve“, die der Netzbetreiber im
geht ins Geld. Was liegt also näher, als die „energieflexible
täglichen Vermarktungsprozess an der Strombörse Leipzig
Fabrik“ zur Optimierung der Energiekosten? Für den SGL-
bedarfsgenau beschafft. Umgekehrt bietet er überschüssige
Energiemanager Dr. Thomas Müller heißt das Tag für Tag,
Energie an. Er erhält sie von Strompartnern in der Region,
Strom sowohl zum günstigsten Preis einzukaufen als auch
vom Betreiber eines im Moment nicht benötigten 400-Kilo-
alle nicht gebrauchten Megawatt mit Gewinn zu verkaufen.
watt-Stromaggregats bis zum 40-Megawatt-Kraftwerk eines
Was allerdings gar nicht so einfach ist, sondern eine hoch-
Industriekunden und natürlich den zigtausend Photovolta-
komplizierte Steuerung erfordert.
ikanlagen in Schwaben. Also viel Energie, wenn die Sonne strahlt, doch bescheidene Mengen bei trübem Wetter oder in
Zur Umsetzung dieser Strategie haben sich konsequenterwei-
Wintermonaten.
se der regionale Stromlieferant und der zehntgrößte von etwa 900 deutschen Verteilnetzbetreibern, die LEW in Augsburg,
In der Theorie scheint das eine einfache Regelung zu sein.
und SGL in Meitingen im Forschungsprojekt „FOREnergy“
Weil Strom in einem modernen Industrieland einer der we-
verbündet. Gemeinsam wollen sie „Innovationen der Ener-
sentlichen Innovationstreiber sei, gelte es, etablierte Struk-
giewende in Schwaben vorantreiben“, gibt der Technik-Vor-
turen und Prozesse in Frage zu stellen und neue Wege
stand von LEW, Norbert Schürmann, vor.
einzuschlagen,
macht
Bayerns
Wirtschaftsstaatssekretär
Franz Pschierer der heimischen Industrie Mut. Das Projekt Der technische Ansatz liegt auf der Hand, es geht um „Regel-
FOREnergy versteht der Schwabe Pschierer denn auch als
leistung“. Weil Stromverbrauch und Stromeinspeisung sich
Modell, wie Unternehmen die Energiewende angehen und
zwingend die Waage halten müssen, wird zum Ausgleich Re-
zukunftsweisend realisieren – konkret den Ausgleich zwi-
gelenergie eingesetzt. Angesichts steigender Einspeisungsvo-
schen Angebot und Nachfrage von Strom in der betrieblichen
56
Wir t schaf t
Produktion steuern zu können. Der Freistaat fördert die wis-
Die Marke SGL
senschaftliche Begleitung dieses Pilotprojekts deshalb mit zwei Millionen Euro. Die Praxis hat es freilich in sich. Vor Ort bei SGL in Meitingen rechnet ein vierköpfiges Planungsteam dafür haarscharf. So fließt beispielsweise der Wetterbericht von der einwöchigen Prognose bis zur taggenauen Vorhersage maßgeblich in die Steuerung der Graphitöfen ein. Damit hat man das Energievolumen aus regenerativen Quellen im Visier. Denn heute kommen in Bayern bereits 36 Prozent Strom aus erneuerbarer Energie, zitiert Staatssekretär Pschierer die Statistik.
Schwäbische Fußballfans kennen die SGL Group: Das Stadion des Bundesligaclubs FC Augsburg trägt den Namen „SGL Arena“. Der Konzern ist als starke Marke weltweit ein Global Player. Zur SGL Group gehören Unternehmen von den USA bis Malaysia, von Shanghai bis Meitingen bei Augsburg. Weltweit zählt die Gruppe zur Handvoll Produzenten des „Schwarzen Goldes“ Karbon, dem Werkstoff des 21. Jahrhunderts. Mit 43 Produktionsstandorten, rund 6.300 Beschäftigten und etwa 1,5 Milliarden Euro Umsatz spielt die SGL Group in der globalen Spitzenklasse.
Bei einer Leistung von zehn bis 25 Megawatt je Graphitofen
fördert. Der Kühlprozess nimmt acht Tage in Anspruch. Die
lässt sich durch Optimierung ihrer Fahrzeiten eine Menge
Abwärme der Ringofenkammer geht allerdings nicht in die
Energiekosten sparen. Dr. Hermann Berwe, Geschäftsführer
Luft, sondern wird zum Vorheizen des nächsten Ofens ab-
der SGL Carbon GmbH, hält sich zwar aus Wettbewerbsgrün-
geleitet. „Auch das gehört zur Optimierung“, erklärt Diana
den über das Einsparvolumen bedeckt, betont jedoch, „die
Windele. Rund 150 Beschäftigte sind in diesem Arbeitsbe-
technischen Herausforderungen dieses Lastmanagements
reich eingesetzt.
passen ideal in den Prozess bei uns“. Das Endprodukt Graphitelektrode wird vor allem im größDie Planer verschieben das Anfahren eines Graphitofens schon
ten Recyclingprozess eingesetzt, den es überhaupt gibt, der
mal um eine „Zeitscheibe“, wenn der Strompreis aufgrund
Stahlerzeugung, erläutert Geschäftsführer Dr. Hermann
hohen Energieangebots absackt, die Produktion also kosten-
Berwe. Auf den durch das Recycling von Schrott gewonnenen
günstiger gefahren werden kann. Dieses nachgerade peni-
Elektrostahl entfallen etwa 30 Prozent der weltweiten Stahl-
ble Fahrplan-Jonglieren lohnt sich auch aus einem weiteren
erzeugung. In einem weiteren stromintensiven Geschäftsbe-
Grund. Denn quasi gesparter Strom wird dem Netzbetreiber
reich der SGL-Group, den Kohlefaser-Komponenten, macht
als Minutenreserve angeboten, sprich ins Netz zurückverkauft.
der Konzern hohes Wachstumspotenzial aus. „Wenn bei zehn Millionen Autos nur je fünf Kilogramm Karbon verarbeitet
In einer riesigen Werkshalle ist beeindruckend das Ergebnis
werden, ist der Absatz gigantisch“, rechnet SGL-Vorstands-
dieser Optimierung des Lastmanagements zu sehen. Diana
chef Jürgen Kohler vor. 2013 wurden weltweit rund 47 Mil-
Windeler, die Leiterin der Graphitierung, lässt einen über-
lionen Tonnen des „Schwarzen Goldes“ hergestellt und nur
dimensionalen Portalkran loslegen: Er greift einen mehrere
ein Bruchteil geht bislang an Fahrzeugbauer. Die Luftfahrt
Meter langen, dicken, rotglühenden und Funken sprühenden
(Airbus, Boeing) ist dran, ganze Flugzeuge aus diesem Mate-
Graphitzylinder aus dem Ofen und transportiert ihn auf eine
rial zu bauen, selbst als Baustoff hat es gute Aussichten. Das
Lore. Von dort wird das Material zum Abkühlen weiterbe-
Manko: der noch hohe Preis. Die Graphit-Leute von SGL in Meitingen gehen die Herausforderung in der energieflexiblen Fabrik an. Technisch stecke noch etliches Potenzial mehr zur Optimierung drin, sind die Fachleute bert Schürmann, für die zukünftige Energieversorgung aus erneuerbaren Energien sei dieses „ein wichtiger Baustein“.
hrs
Innovationsstrategen (v. l.): SGL Carbon-Geschäftsführer Dr. Hermann Berwe, Staatssekretär Franz Pschierer, LEW-Vorstand Norbert Schürmann und SGL-Managerin Diana Windeler.
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Bild: SGL Group/Michael Hochgemuth, Fotolia
überzeugt. Und, so LEW-Vorstandsmitglied Nor-
Po lit ik
Der ländliche Raum muss flexibler werden Das VVM-Symposium im Unterallgäu zeigt der Politik und Kommunen innovative Möglichkeiten auf, attraktiven und erfolgreichen ÖPNV für den Bürger zu entwickeln. Der Verkehrsverbund Mittelschwaben VVM lud zum ersten
grad der ländlichen Bevölkerung in Bayern ansprach. Auch
Symposium „Chancen und Herausforderungen für den ÖPNV
die steigenden Anforderungen an die Barrierefreiheit stehen
im ländlichen Raum“ – und fast 120 Zuhörer kamen. Die zen
im Fokus. Fregin wies auf die Regierungserklärung des Mi-
tralen Fragen des Symposiums lauteten: „Wie sieht die Zu-
nisterpräsidenten Horst Seehofer vom 12.11.2013 hin, in der
kunft des öffentlichen Personennahverkehrs im ländlichen
er versprach: „Bayern wird in zehn Jahren komplett barrie-
Raum aus? Wie gehen wir mit den Folgen der demografischen
refrei – im gesamten öffentlichen Raum, im gesamten ÖPNV.“
Entwicklung, den stark rückläufigen Schülerzahlen und den
Ein Punkt, den Cornelia Hesse, Referentin des Bayerischen
wachsenden und verän-
Gemeindetags, gerne auf-
derten
Mobilitätsbedürf-
griff. Hierbei können fle-
nissen älterer Menschen
xible ÖPNV-Systeme eine
um? „Es geht darum, den
wichtige Rolle spielen, so
ländlichen Raum nachhal-
Hesse, die dem VVM klar
tig attraktiv und lebens-
attestierte: „Hier haben
wert für seine Bürgerinnen
die Schwaben die Nase
und Bürger zu gestalten“,
vorn.“
sagt VVM-Geschäftsführer Dr. Josef Zeiselmair, der
Die speziellen Anforde-
die
an
rungen an den ÖPNV er-
acht Fachleute weitergab,
läuterte Brigtte Herkert,
die in ihren Impulsvor-
die sich mit gerontologi-
trägen und Best-Practice-
schen Fragestellungen zur
Beispielen
Einzelaspekte
Versorgung älterer Men-
aus der Thematik in der
schen und Menschen mit
Sontheimer
Behinderung beschäftigt.
Fragestellungen
„Dampfsäg“
vorstellten.
Sie verdeutlichte, dass vor allem auf die Gruppe der Senioren eingegangen werden müs-
Carsten Fregin, Ministerialrat der Obersten Baubehörde im
se, da diese mit dem Wegfall der Infrastruktur in ländlichen
Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Ver-
Regionen zu kämpfen hätten und oftmals auf den ÖPNV an-
kehr, beleuchtete die Rolle und die Aktivitäten des Freistaats,
gewiesen seien.
der 2013 knapp 1,2 Mrd. Euro für Leistungen des ÖPNV aufgewendet hat. „Die ältere Generation will heute länger und
Einen Blick nach Großbritannien lieferte ÖPNV-Berater Dirk
flexibler mobil sein und verfügt zunehmend noch selbst über
Dannenfeld. Er erläuterte am Beispiel der englischen Graf-
einen Führerschein und ein eigenes Fahrzeug“, so Fregin, der
schaft Lincolnshire, wie bedarfsgerechter ÖPNV durch pri-
den mit 70 Prozent sehr hohen individiuellen Motorisierungs-
vate Betreiber sehr erfolgreich dort aufgefangen wurde, wo
58
Po lit ik
sich der Staat aus Beför-
Richtung zielen“, so Dobe-
derungsleistungen
schinsky.
Ehrenamtliche
rückgezogen hatte. „Das
Fahrer sitzen am Steuer
funktioniert
über
des Bürgerbusses, der für
Markenbildung“, so Dan-
die Mobilität in der Alb-
nenfeld, „nicht das Bus-
Gemeinde sorgt. Ein wei-
unternehmen
der
teres Beispiel für flexible
Verkehrsanbieter: Die Li-
Angebotsformen im ÖPNV
nie ist gleichzeitig die er-
stellte Thomas Mügge, Ge-
folgreiche Marke im Fahr-
schäftsführer der D.I.N.G
nur
oder
gastangebot“, ist er sicher.
(Donau-Iller-Nahverkehrs-
Ein Thema, das der Krumbacher Verkehrsunternehmer Josef
verbund-GmbH) vor: den so genannten Pfiffibus, der im süd-
Brandner in Schwaben bereits seit einiger Zeit sehr erfolg-
lichen Landkreis Neu-Ulm seit Ende 2013 im Einsatz ist. Der
reich spielt. Seine Marke „Flexibus“ ist in ÖPNV-Kreisen in
Bus wird ab Weißenhorn-Bahnhof eingesetzt, um weniger
aller Munde. Die anwesenden Landtagsabgeordneten, Bür-
lukrative und befahrene Strecken für die Nutzer des ÖPNV
germeister, ÖPNV-Beauftragte aus Städten und Landkreisen
erreichbar zu machen. Auch hier wird dieses Angebot von
Schwabens staunten, als Brandner die neuesten Zahlen des
der Bevölkerung dankbar angenommen: „Wir haben bereits
Flexibus vorlegte. In Krumbach schnellten die Zahlen von der
jetzt durchschnittlich mit mehr als vier Personen pro Fahrt
Umstellung des Krumbacher Stadtbusses auf den Flexibus
mehr Fahrgäste als erwartet“, so Mügge. Die vorbildliche
von ursprünglich nur 2.500 Fahrgästen im Jahr auf aktuell
Art, wie ganzheitliche Fahrplanauskunft für die ländlichen
65.000 hoch – im gesamten Landkreis Günzburg, wo der
Räume umgesetzt werden kann, erklärte Dr. Hans-Joachim
Flexibus als flächendeckendes Pilotprojekt für ganz Bayern
Mentz, Inhaber der Mentz Datenverarbeitung, am Beispiel
getestet wird, werden heuer 150.000 Fahrgäste erreicht.
des Verkehrsverbunds Mittelschwaben. Die lebhafte Podi-
„Wir würden uns wünschen, dass der Fahrgast im ländli-
umsdiskussion zum Schluss des Symposiums zeigte, dass alle
chen Raum vom Freistaat ebenso bezuschusst wird wie der
Beteiligten – Anbieter, Politik und Bevölkerung – die Einfüh-
Fahrgast auf der Schiene“, sagt Brandner in Richtung Mi-
rung von flexiblen Systemen als sehr sinnvoll erachten. VVM-
nisterialrat Fregin – die Bahn erhält für jeden Fahrgast von
Geschäftsführer Dr. Josef Zeiselmaier bedankte sich zum
der Staatsregierung 2,31 Euro Förderung. Weil die ÖPNV-
Schluss des Symposiums bei den Referenten sowie beim Mo-
Förderung im ländlichen Raum davon weit weg ist, braucht
derator Dr. Georg Bayerle, der durch den mit Informationen
es neue Ideen, um attraktive Verbindungen für den Fahrgast
prall gefüllten ÖPNV-Tag in Sontheim führte: „Ich bin sicher,
zu schaffen. Eine davon stellte Fabian Dobeschinsky vor, der
dass mit innovativen ÖPNV-Angeboten der ländliche Raum
mit seinem Vater im baden-württembergischen Salach den
im Wettbewerb der Regionen auch zwischen den Metropolen
Bürgerbus initiierte. Mittlerweile ist der „Bürgerbus Salach“
München und Stuttgart attraktiv gehalten werden kann“, so
elf Jahre in Betrieb. „Das Modell ist nur möglich, weil Bür-
Zeiselmair, „und freue mich, dass der VVM hierzu mit dem
ger, Verkehrsunternehmen und politischer Wille in die gleiche
Symposium einen weiteren Impuls setzen konnte.“
wos
Großes Interesse bei Lokal- und Landespolitikern: Rund 120 Gäste informierten sich beim 1. VVMSymposium in der Sontheimer Dampfsäg‘, wie ÖPNV im ländlichen Raum attraktiver gemacht werden kann. Links: Diskussionsrunde mit allen Referenten und Unterallgäus Landrat HansJoachim Weirather, der das Symposium eröffnete.
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Foto: Wolfgang Strobl
zu-
top schwaben
Sp e z i al
Ko lu m nent itel
aben top schw
e i r e S ise und
dkre Die Lan en Städte i kreisfre bens Schwa – – Teil 4 is e r Landk rg -Friedbe Aichach
s r a l p
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top schwaben
Spezial
Landkreis AichachFriedberg Das bayerische Schwaben umfasst vier kreisfreie Städte und zehn Landkreise. top schwaben stellt in jeder Ausgabe eine dieser Gebietskörperschaften vor.
Rechtsseitig des Lechs und an der Grenze zu Oberbayern liegt der Landkreis AichachFriedberg. Hier leben knapp 129.000 Einwohner auf einer Fläche von 783 Quadrat Ranking von Städten und Landkreisen, laut Magazin Focus. Zwei Seelen schlagen hier in einer Brust: schwäbisch und oberbayerisch. Das hört man, das schmeckt man und das sieht man auch. Einst war die Region Stammsitz des bayerischen Herrschergeschlechts der Wittelsbacher. Daher nennt man den Landkreis auch Wittelsbacher Land. Sonst eher ländlich geprägt, ist die Wirtschaft des Landkreises auch durch technisch innovative, mittelständische Unternehmen gekennzeichnet.
Von Wolfgang Strobl, Annika Litzel und Florian Pittroff
Foto: Fotografie Holger Weiss / Stadt Aichach
kilometern mit hoher Lebensqualität: Der Landkreis belegt Platz 11 im bundesweiten
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Interview mit Aichach-Friedbergs Landrat Dr. Klaus Metzger Interview: Wolfgang Strobl und Kristin Ruckschnat
offenes Ohr für die Bürgerinnen und Bürger. Lässt sich
top schwaben
Spezial
„Ein Stück Offenheit“
dieser Ansatz auch im nächsten Jahr durchhalten? Klaus Metzger: So wie man startet, muss man auch durchhalten können. Es wäre fatal, wenn man erst einen großen Aufwand betreibt und es dann nach einem halben Jahr langsam auslaufen lässt. Nein, nein, das ist nicht meins. Also das Niveau – dessen bin ich sicher – wird so gehalten. Lässt sich das gut mit der Familie vereinbaren? Klaus Metzger: Ja, es lässt sich vereinbaren, weil beide Kinde ja schon erwachsen und aus dem Haus sind. Ich habe natürlich im Vorfeld lange mit meiner Frau gesprochen und es war klar, dass die Wahl zum Landrat viel Arbeit mit sich bringen wird. Wir waren uns jedoch einig, dass das mit dazugehört. Und das Interessante ist – denn ich hatte gestern erst gerade meinen ersten Tag Urlaub –, dass die Intensität mit der Familie eine andere ist als vorher. Was ich mir nicht vorstellen konnte: Ich bin gestern nicht ans Telefon gegangen. Der Tag war privat. Herr Dr. Metzger, Sie führen auf Ihrer Homepage seit
Was sind Ihre Kernthemen für das Jahr 2015?
Amtsantritt am 1. Mai 2014 Woche für Woche eine Art
Klaus Metzger: Die drei Kernthemen liegen auf der
Online-Tagebuch. Für wen machen Sie das? Für sich
Hand: Das eine ist der Teilneubau des Krankenhauses
selbst? Für Ihre Wähler? Für die Bürger?
in Aichach, der nun so richtig startet und für den wir
Klaus Metzger (lacht): Für alle drei. Bei der Fülle der
im März eine stolze Vergabesumme im achtstelligen
Termine und Veranstaltungen war es mir wichtig, dass
Bereich im Kreistag zu verabschieden haben. Da wird
ich später einmal wirklich zurückblicken kann. Ich
sich im nächsten Jahr ganz viel tun. Im Zusammen-
möchte gern sehen, was da alles passiert ist. Das war
hang damit wird natürlich die Haushaltsfrage interes-
der Impetus für mich. Für die Bürgerinnen und Bür-
sant. Dann hatten wir noch im November die Grund-
ger mache ich das deswegen, damit sie sehen, dass ein
steinlegung für das Gymnasium in Mering, das nächste
Landrat neben der Verwaltungsarbeit, die er hier im
große Bauprojekt. Und was uns 2015 sicher in ganz
Büro gerne tut, natürlich auch mit vielem konfrontiert
hohem Maße beschäftigt, ist das Thema Asyl.
ist, das ihn sehr viel Zeit kostet. Und für die Wählerinnen und Wähler, da denke ich dann mal in fünfeinhalb
Das Gymnasium Mering kostet 30,7 Mio., das Kranken-
Jahren nach, ob das wichtig sein könnte. Aber es ist
haus in Aichach 47,5 Mio., die Realschule in Affing ca.
schon so, dass jeder wissen sollte: Wo ist der Landrat?
7,2 Mio. Euro. Das schränkt Ihr Budget ganz schön ein.
Was tut der Landrat? Das ist für mich so ein Stück Of-
Klaus Metzger: Ja. Wir müssen nachdenken. Es gibt
fenheit, die ich in allen Bereichen pflege.
ein paar Dinge, die sind einfach Pflicht. Kinder- und Jugendhilfe ist ein Bereich, der vom finanziellen Bedarf
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Diese Chronik zeugt von einer großen Arbeitsintensi-
her enorm steigt, aber da können Sie als Landkreis
tät, zudem haben Sie am Telefon oder persönlich ein
nicht sagen: Da tun wir nichts. Und entsprechend wer-
den sich der Haushalt und die Schulden – das wusste
Klaus Metzger: Aber Sie sehen ganz viele Biogas- und
man vorher – entwickeln. Da muss man Schwerpunkte
Photovoltaik-Anlagen. In Bezug auf die Windkraft wird
setzen. Wir werden etwas zurückhaltender sein, was
im Landkreis in größerem Maße geplant. Zwei Stand-
unsere Kreisstraßen und die Infrastruktur betrifft, weil
orte sind bereits genehmigt, vier werden es wohl sein:
wir da gut aufgestellt sind. Da hat mein Vorgänger al-
bei Aichach, Friedberg, Pöttmes und Baar. An den
les perfekt eingefädelt, sodass uns das ein bisschen Luft
Standorten planen private Investoren Windräder in
schafft.
unterschiedlicher Anzahl.
Wie ist geplant, mit den steigenden Asylbewerberzah-
Bis 1972 war Friedberg schwäbisch, Aichach ober-
len umzugehen?
bayerisch – eine Besonderheit innerhalb der schwä-
Klaus Metzger: Es gibt eine Gemeinschaftsunterkunft
bischen Landkreise. Gibt es Mentalitätsunterschiede
in Aichach, ansonsten setzen wir ausschließlich auf
zwischen den Schwaben und den Altbayern?
dezentrale Unterbringung, weil wir da die Chance ha-
Klaus Metzger: Was die Altbayern in Schwaben aus-
ben, unsere Asylbewerber gut betreuen zu können.
zeichnet, ist ein hohes Maß an Traditionsbewusstsein.
Je kleiner die Gruppe ist, umso besser klappt das und
Das ist etwas, das ich hier im Landkreis völlig anders
umso weniger Auseinandersetzungen gibt es vor Ort.
erlebe als in Gersthofen. Hier schaut man auf die eige-
Deshalb haben wir Ruhe im Landkreis. Wie die an-
ne Tradition und hat ein ganz großes Zusammengehö-
deren Landkreise und kreisfreien Städte auch haben
rigkeitsgefühl, gerade im Norden. Das zeichnet diesen
auch wir unseren Notfallplan abgeliefert. 300 Asylbe-
altbayerischen Teil aus.
werber in eine Turnhalle zu verfrachten, sehen wir als ultima ratio an und haben einen Plan B, der – sollte
Tut man sich als Gersthofer schwer? Gibt es die Gren-
es dazu kommen – den Asylbewerbern in einem ganz
ze in den Köpfen: „Jetzt haben wir einen Landrat, der
anderen Maße die Unterbringung zusichert, die sie im
ist gar nicht von hier?“
Winter auch brauchen. Ich stehe zu dem Begriff der
Klaus Metzger: Ja, die gab’s. Vor allem in der Zeit vor
menschenwürdigen Unterbringung. Das ist der Maß-
dem Wahltermin. Mir ist das oft auch gesagt worden:
stab, den wir auch halten.
Na ja, falsche Lechseite. Was ich aber auch verstehe ist, dass die Bevölkerung einen Landrat haben will, der
Das Thema Klima scheint Ihnen auch am Herzen zu
mit im Landkreis lebt. So war es auch mit meiner Fa-
liegen. Strebt der Landkreis bestimmte Klimaziele an?
milie verabredet: Sollte es etwas werden, dann werden
Klaus Metzger: Der Kreistag hat sich vor meiner Zeit
wir selbstverständlich in den Landkreis ziehen. Wir
schon Klimaziele gegeben. Die zu realisieren ist es auch,
suchen bereits, sind aber noch nicht fündig geworden.
Wir haben hier im Landkreis mit meinem Amtsantritt
Ist die Marke Wittelsbacher Land auch ein Vehikel, um
die Voraussetzungen geschaffen, dass wir das tatsäch-
die Landkreis-Einheit stärker nach vorne zu bringen?
lich nicht nur auf dem Papier haben, sondern auch in
Klaus Metzger: Ja, natürlich. Das steckt dahinter.
der praktischen Politik umsetzen können. Wir haben
Wenn Sie auf der A 8 entlangfahren, lesen Sie auf dem
einen neuen Ausschuss gebildet, der den Klimaschutz
braunen Kulturschild nicht „Landkreis Aichach-Fried-
ausdrücklich auch im Titel trägt: „... für Umwelt, Klima
berg“, sondern „Wittelsbacher Land“ – auch um ein
und Energie.“ Es ist nun so, dass sich Bauausschuss und
Zusammengehörigkeitsgefühl zu erzeugen. Wir haben
Klimaausschuss einigen müssen, wenn es z. B. um Neu-
ja nicht nur Aichach und Friedberg, sondern auch den
bauten geht. Nur wenn beide Ausschüsse sich einigen,
Süden, also drei Teilregionen, die sich sehr selbstbe-
werden die Dinge vorangebracht. Sollte das nicht der
wusst aufstellen. Der Wittelsbacher-Land-Verein und
Fall sein, dann muss der Kreistag in die Pflicht genom-
das Gütesiegel „Wittelsbacher Land“ sollen in der Tat
men werden. Dann ist die Frage: Tendieren wir eher
dazu beitragen, dass dieser Landkreis, der „zwangs-
dahin oder dorthin? Daran lässt sich dann auch Politik
verheiratet“ wurde, tatsächlich in sich Identität fin-
messen, die sich Umwelt und Klima oder auch eine ver-
det. Das heißt nicht, dass man die Tradition vergessen
nünftige Energiepolitik auf die Fahnen geschrieben hat.
muss. Aber wir wollen das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken. Und deshalb machen wir uns jetzt auch
Und wie sieht es im Bereich der regenerativen Ener-
auf den Weg zur Bildungsregion. Und die wird eben-
gien aus? Man sieht im Landkreis keine Windräder.
falls „Bildungsregion Wittelsbacher Land“ heißen.
Foto: Landratsamt Aichach-Friedberg
worum sich das Sachgebiet in hohem Maße kümmert.
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Spezial top schwaben
Zwei Zentren plus zwei starke Orte Sie sind zwei Wittelsbacher Schwestern. Die eine, in diesem Jahr 750 Jahr jung, ist Friedberg. Die andere – Aichach – kann auf eine mehr als tausendjährige Geschichte zurückblicken. Weil in beiden Kreisstädten ein Wittelsbacher Schloss steht, könnte man annehmen, dass auch die Verbindungen eng sind – doch das ist so einfach nicht. Der Reihe nach: Als am 16. April 1970 das Bayerische Staatsministerium des Innern unter Minister Bruno Merk den „Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“ vorlegte, war der bis dato selbstständige Landkreis Friedberg schon seit 1944 bayerisch-schwäbisch. Der Landkreis Aichach dagegen gehörte zu Oberbayern. Als dann am 1. Juli 1972 die Gebietsreform in Kraft trat, wurde aus den beiden Landkreisen einer – und komplett dem Regierungsbezirk Schwaben zugeordnet. Auch wenn die Fläche des Landkreises sich damals in etwa verdoppelt hat – die alten Bezugspunkte sind geblieben. Wohl weil sich die Attraktivität der beiden Landkreisstädte als Mittelzentren die Waage hält, orientiert man sich im Landkreissüden nach Friedberg, im Norden nach Aichach. „Die Tradition und das Zusammengehörigkeitsgefühl in und um Friedberg und in und um Aichach sind sehr ausgeprägt“, stellt Landrat Dr. Metzger fest, „das zeichnet die zwei Landkreiszentren aus.“ Wie stark der Lokalbezug ist, bringt eine alteingesessene Friedbergerin, die angeblich noch nie in Aichach war, auf den Punkt. „Was soll ich in Aichach?“, sagt eine 70-Jährige, die wir am Friedberger Marienplatz danach fragen, „ich bekom-
me doch in Friedberg alles, was ich brauche.“ In der Tat: Die 29.000-Einwohner-Stadt hoch über dem Lechrain verfügt neben der Außenstelle des Landratsamtes über Einkaufsmöglichkeiten, Fachärzte, Krankenhaus, Hallenbad – ebenso wie die 20.000-Einwohner-Stadt Aichach, die für ihre Bürger und die Umlandbewohner ebenso attraktiv ist wie Friedberg für die Bewohner im Süden. Apropos Attraktivität: Entlang der Bahnstrecke Augsburg–München wachsen die Gemeinde Kissing und der Markt Mering kräftig an. Die gute Wohnlage für Pendler in die Landeshauptstadt einerseits und in die Bezirkshauptstadt andererseits macht’s möglich. „Mit dem Zug bin ich in einer halben Stunde im Herzen Münchens und in einer Viertelstunde in Augsburg“, lobt ein Familienvater seinen Wohnstandort in Mering, wo im Moment auch kräftig in das Gymnasium investiert wird. Die exzellenten Bahnverbindungen rückt die Marktgemeinde auch auf ihrer Internetseite in den Mittelpunkt – in der heutigen Zeit, da Mobilität in der Arbeitswelt gefragt ist, ein zentrales Thema. Weil auch die Infrastruktur mit Schulen, Bad und noch moderaten Miet- und Baulandpreisen in Mering passt, zählt die 14.000-Seelen-Gemeinde zu einem der beliebtesten Ansiedlungsziele im Großraum Augsburg – ebenso wie Kissing, das mittlerweile auch bereits über 11.000 Einwohner aufweist. Auch Kissing hat einen eigenen Bahnhof, von dem die Regionalbahn im Takt nach Augsburg und München fährt. wos
Die schwäbischen Altbayern
Immer noch Zwangsschwaben? Oder nach 42 Jahren zarte Liebe? Als mit der Gebietsreform Adelzhausen, Affing, Aichach, Aindling, Inchenhofen, Kühbach, Petersdorf, Pöttmes, Obergriesbach, Rehling, Schiltberg, Sielenbach und Todtenweis gemeinsam mit einem Teil des Landkreises Aichach dem Regierungsbezirk Schwaben zugeordnet wurden, war der Aufschrei groß. Immerhin gab es im Altlandkreis mit Altomünster, Hilgertshausen und Tandern auch Gemeinden, die oberbayerisch blieben – sie wurden dem Landkreis Dachau zugeordnet. Für die Bevölkerung Grund genug, mit der Gebietsreform, die nun bereits 42 Jahre zurückliegt, lange Zeit zu hadern. Das ist vor allem bei der älteren Bevölkerung so, die die Gebietsreform erlebt hat. Der Landrat stellt einen starken Zusammenhalt vor allem im Landkreisnorden fest. „Was die Altbayern in Schwaben auszeich-
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net, ist ein hohes Maß an Traditionsbewusstsein“, sagt Landrat Dr. Metzger, „man schaut auf die Tradition.“ Und die ist im Landkreis sehr lebendig – und individuell: Leonhardiritte, Oxenfest oder das Programm für Häuser in bäuerlicher Tradition sind sichtbare Zeichen für gelebte Tradition – die auch für die Jüngeren wichtig sind und ein Kennzeichen der regionalen Identität darstellen. „Ich möchte hier nicht weg“, sagt eine 37-jährige Aichacherin, „ich bin hier aufgewachsen und liebe Aichach – aber es ist auch selbstverständlich, dass ich jeden Tag nach Augsburg zur Arbeit fahre. Für mich ist die Beziehung von Aichach in Richtung Augsburg ganz normal.“ Das stellt auch der Landrat durch seine Gespräche mit den Bürgern fest. „Bei den Jüngeren spielt die Thematik heute nur noch eine untergeordnete Rolle“, sagt Landrat Dr. Metzger, „man ist mobil und in alle Richtungen hin unterwegs.“ wos
Ein Landkreis, zwei Dialekte!
„Mit Dialekt kann man sich ein Stück Identität bewahren. Er zeigt, wo man herkommt und wo man daheim ist.“ Siegfried Bradl, Dialektexperte im Landkreis Aichach-Friedberg
die Mundart besonders in SMS-Nachrichten beliebt macht“, so Bradl. Und wer kennt sie nicht, die Regionalkrimis von Augsburg über Altbayern bis ins Allgäu. In denen wird der regionale Klang als Markenzeichen benutzt. Der hauptsächlich oberbayerische Dialekt des Landkreises war schon immer mit schwäbischen Einflüssen durchsetzt. Typisch ist hierbei die generell oberbayerische Aussprache der Wörter. Bei den meisten Verben wird in der zweiten Person Singular jedoch das für das Schwäbische typische „-sch“ angeschlossen, „konnst“ spricht man somit „konnsch“ aus oder „host“ wird zu „hoscht“, „bist“ zu „bischt“ und „muasst“ zu „muascht“, was für Personen aus anderen Sprachräumen oft den Eindruck erweckt, man hätte es mit einem „echten“ Schwaben zu tun. Die alteingesessenen Bewohner des Wittelsbacher Landes legen allerdings großen Wert auf ihre Zugehörigkeit zu Altbayern. pif
Foto:s Wolfgang Strobl, privat
Rathausturm (vorn) und der Kirchturm von St. Jakob in Friedberg.
Hochdeutsch sprechen nicht alle Deutschen. In ländlichen Regionen, aber auch in der Stadt, unterscheiden sich Betonung, Wortwahl, Grammatik zum Teil erheblich von dem, was man so um 20.00 Uhr in der Tagesschau hört. Im Landkreis AichachFriedberg zum Beispiel kann man gleich zwei verschiedene Dialekte hören, wenn man hinhört! Nämlich Lechrainisch und Altbayerisch (mit schwäbischem Einschlag). Und das kam so: Der Landkreis Aichach-Friedberg entstand im Zuge der Gebietsreform in Bayern 1972 aus Großteilen der bisherigen Landkreise Aichach und Friedberg sowie aus Einzelgemeinden der damals bestehenden Landkreise Fürstenfeldbruck, Neuburg an der Donau und Schrobenhausen. „Das heutige Landkreisgebiet ist also keine historisch gewachsene Region bzw. kein Kulturraum, sondern eine künstlich geschaffene politische Verwaltungseinheit, in der sich auch zwei verschiedene Dialekte wiederfinden“, so Siegfried Bradl, 2. Vorstand im Förderverein für Bairische Sprache und Dialekte e. V. und nebenamtlicher Volksmusikberater beim Bezirk Schwaben, zuständig für den Landkreis Aichach-Friedberg. Die Bevölkerung des Wittelsbacher Landes ist überwiegend bayerischen Ursprungs (ca. zwei drittel), weshalb der Kreis auch als der altbayerische Landkreis in Schwaben bezeichnet wird. Die unterschiedlichen Mentalitäten im eher schwäbisch geprägten Süden des Kreises und die altbayerischen Teile im Norden werden immer wieder als trennend empfunden. „Das Lechrainische ist eine Mischung aus Alemannisch, Altbayerisch und Tirolerisch, das von den Wanderarbeitern kam“, erklärt der Dialektexperte. „Es wird im Lechrain zwischen Friedberg, Landsberg und Schongau gesprochen.“ Die Grenze für diese Mischform zwischen Bayerisch und Schwäbisch waren der Lech und die Ammer. Heute werden im Landkreis AichachFriedberg beide Dialekte noch gesprochen und vor allem auch gelebt. Da legt Bradl besonderen Wert darauf: „Mit dem Dialekt kann man sich nämlich ein Stück Identität bewahren.“ Denn der Dialekt zeigt, so Bradl weiter „wo ich herkomm‘ und wo ich daheim bin“. Und das ist insbesondere in Zeiten der Globalisierung sehr wichtig für die Menschen. „I hob di liab“ klingt für viele verliebte Teenager besser als „Ich liebe dich“. Oft ist der Dialekt zudem kürzer als der gleiche Satz auf Hochdeutsch, „was
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Spezial top schwaben So wird das Gymnasium in Mering später einmal aussehen
Der Landkreis investiert in die Zukunft Bildung und Schulen, Krankenhäuser und Klima
Es tut sich was in der Region! In den letzten Jah-
Erhalt des Zertifikats beginnt die Arbeit erst rich-
ren hat sich der Landkreis Aichach-Friedberg
tig“, stellt Klaus Metzger allerdings fest. Dazu
weiter sehr positiv verändert. „Es gibt ein paar
wurden fünf Arbeitskreise ins Leben gerufen, die
Dinge, die sind einfach Pflicht“, antwortet Land-
sich dieser Thematik annehmen, um jungen Men-
rat Klaus Metzger auf den Ausbau der schulischen
schen bestmögliche Perspektiven bieten zu kön-
Infrastruktur. So wurde bereits 2012 ein neues
nen: Übergänge zwischen Kindergärten und Schu-
Gymnasium für Mering auf den Weg gebracht
len organisieren, Vernetzung von schulischen und
und mittlerweile bewilligt. Im August 2016 soll es
außerschulischen Bildungsangeboten, Einbezug
bezugsfertig sein. Dafür investiert der Landkreis
von Schülern mit Migrationshintergrund, Behin-
30,7 Millionen Euro.
derung oder schwierigen Lebensphasen, ehrenamtliches Engagement junger Menschen und die
Zunehmende Schülerzahlen machen auch eine
Herausforderungen des demografischen Wandels.
Erweiterung der Realschule Affing-Bergen not-
Die Arbeitskreise ermitteln den Bedarf, schlagen
wendig. Ein hohes Ziel hat sich der Landkreis
Verbesserungen vor und errechnen die Kosten.
auch gesetzt, was seine Bildung im Allgemei-
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nen angeht: 2015 soll die Region das Zertifikat
Ein weiteres Bauprojekt im Landkreis startete
„Bildungsregion Wittelsbacher Land“ des baye-
dieses Jahr und wird bis Mitte 2017 abgeschlos-
rischen Kultusministerium erhalten. „Nach dem
sen sein: der Neubau des Krankenhauses in
Angebote für Schulen, Gemeinden, Privathaushalte und Unternehmen geschaffen. Das Projekt „Energie macht Schule im Wittelsbacher Land“ wird sogar durch die EU gefördert. Damit Funktion und Nutzen eines energiesparenden Verhaltens erlebbar werden, bietet Aichach-Friedberg einen Energielehrpfad, bestehend aus 19 Anlagen oder Gebäuden mit erneuerbaren Energien. Auch Spatenstich am 19. September 2014 für das neue Krankenhaus in Aichach - Fertigstellung bis Mitte 2017.
Broschüren und Unterrichtsmaterialien können erworben werden. Letztere sind Bestandteil der so genannten „Energiekisten“. Vor allem Grund-
Aichach. Bürgermeister Klaus Habermann freute
und Hauptschulen werden dazu angehalten, sich
sich über das „große Jubiläumsgeschenk“, denn
in der Medienzentrale Aichach-Friedberg diese
die Klinik feiert aktuell ihren 150. Geburtstag. Der
auszuleihen, um den Schülern einen ressourcen-
Landkreis stand vor der Frage, ob man das alte
sparenden Umgang beizubringen. „Das Ausleih-
Krankenhaus sanieren oder ein neues Gebäude
verhalten ist ganz unterschiedlich“, erklärt die
errichten sollte. Letztendlich entschied man sich
Medienzentrale. Beliebt sind vor allem die Kisten
bewusst für den Neubau für 47,5 Millionen Euro,
zum Thema Sonnenenergie, Wind und Wasser.
da die Vorteile klar zu erkennen waren: Eine Verbesserung
der Arbeitsabläufe und die Zeit als
Auch die nächsten Jahre bleiben zukunftsgerich-
solches. Eine Sanierung würde zehn Jahre be-
tet und spannend – eine Weiterentwicklung des
nötigen und die Arbeit wäre stark eingeschränkt.
Landkreises ist daher positiv zu betrachten. An-
Zudem erhält der Landkreis Aichach-Friedberg
dere können sich gerne ein Beispiel an Aichach-
einen finanziellen Zuschuss vom Staat. Wie mit
Friedberg nehmen.
Oben: Spatenstich für das Gymnasium Mering. Unten: Viel zu tun für den Landkreis: Ab 2015 hoffentlich dann „Bildungsregion Wittelsbacher Land“.
al
dem Altbau verfahren werden soll, ist noch nicht klar. Der kaufmännische Direktor Peter Schiele meinte hierzu, dass es „unterschiedliche Ansätze gibt, zum Beispiel eine Tagesklinik und weitere Arztpraxen dort anzusiedeln“. Dafür müsste
Erleben und genießen im Wittelsbacher Land
das Objekt dann saniert werden, wäre aber nicht mehr Teil des Krankenhauses. Auch das Thema Klima steht im Landkreis ganz
Rad- und Wanderstrecken, Hofläden, Biergärten, Wirtshäuser
oben auf der Agenda. Aichach-Friedberg ist Teil des regionalen Klimaschutzkonzepts der Regio Augsburg Wirtschaft GmbH und verpflichtet sich zu einer Stärkung und einem Ausbau eines Kli-
Nach und nach wurden daher mobile Beratungsangebote, kostenlose Energiesprechstunden und
In den herrlichen Biergärten im Wittelsbacher Land kann man sich wunderbar für die nächste Etappe einer Rad- oder Wandertour stärken. Heimisches Bier und gepflegte altbayerisch-schwäbische Kochkunst bieten auch die vielen Wirtshäuser, allen voran die elf „Spezialitätenwirte“. Wittelsbacher Land e. V. Münchener Str. 9 • 86551 Aichach • Tel. 08251/92-259 www.wittelsbacherland.de • info@wittelsbacherland.de
Podiumsdiskussion: Aichach-Friedberg will die nächste „Bildungsregion in Bayern“ werden, wie andere Landkreise zuvor.
Gefördert durch das Bayerische Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER).
Foto: Landratsamt Aichach-Friedberg
ma- und Energienetzwerkes und vielem mehr.
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Mehrgenerationen-, Wohn- und Arbeitsprojekt im Schloss Blumenthal jeder Bewohner von Schloss Blumenthal wird angehört und darf und soll mitreden.
top schwaben
Spezial
Gesellschaftsprojekt im Schloss
Die Neugier der Interessenten und die Beliebtheit des Projekts sind groß, denn alle zwei Monate werden Informationsveranstaltungen durchgeführt. Will man ein Teil dieser Gemeinschaft sein, durchläuft man einen Annäherungsprozess über verschiedene Stationen, bis man dann für sechs Monate probewohnen darf und letztendlich ganz einzieht. Zudem ist das dauerhafte Wohnen nicht kostenfrei: Man muss je Quadratmeter eine Ein-
Ein Großteil der Gemeinschaft
lage von 1.400 Euro bereitstellen und in die KomWenn sich eine Gruppe aus Jung und Alt zusam-
manditgesellschaft einzahlen. Die Gemeinschaft
menschließt und in ein Schloss auf dem Land ein-
zahlt an sich selbst Miete sowie Pacht und trägt
zieht, kann das gewisse Skepsis auslösen. Schnell
somit die Kredite ab, die sie aufgenommen hat,
sind Vorurteile ausgesprochen, die eine Kommu-
für Renovierungen und andere Projekte.
ne, einen Kibbuz (ländliche Kollektivsiedlung in Israel) oder wenigstens eine große WG vermuten
Mehrere Generationen leben auf dem Schlossgut
lassen. Mittlerweile sind aber sowohl Schlossbe-
zusammen. Jung und Alt werden in die Gemein-
wohner als auch Einheimische mit der Situation
schaft eingebunden. Vor allem für Familien soll
sehr zufrieden.
dieses Wohnkonzept attraktiv sein. Langfristig ist sogar eine Kinderbetreuung in Planung sowie ein
Im Landkreis Aichach-Friedberg, genauer gesagt
Kindergarten und betreutes Wohnen.
im dörflichen Teil Aichach-Klingen, findet sich das ehemalige Fuggerschloss Blumenthal. Hier
Seit 2007 wird die schlosseigene Gaststätte unter
leben im Grünen 39 Erwachsene und zehn Kin-
Eigenregie weiterbetreut. Das Schlosshotel mit 80
der in einer großen Gemeinschaft zusammen, die
Betten wurde umgebaut zum Abhalten von Semi-
nicht religiös motiviert ist oder auf eine bestimme Weltanschauung besteht. Die Grundidee dieses Zusammenlebens fußt auf vier Säulen: der sozialen, der ökonomischen, der kulturellen und der ökologischen. Das ist auch der größte Unterschied: Man hat es hier mit einem richtigen Unternehmen zu tun und genauso Fotos von oben nach unten: Das alte Fugger-Schlossgebäude, jetzt Hotel, vom Park aus gesehen; Die Lounge des Hotels; Blumenthal, Gesamtansicht
wird auch agiert. „Soft Skills“ wie Teamfähigkeit, Kommunikation und Gruppenintelligenz werden hier großgeschrieben. Aber auch eine Streitkultur ohne Gewalt ist erwünscht. „Vielfalt ist wichtig, wie auch in der Biologie“, bemerkt Martin Horack, einer der beiden Geschäftsführer von Blumenthal. Viele Entscheidungen dauern dann zwar wesentlich länger, als es sonst der Fall wäre, aber
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naren und Hochzeiten, aber auch Ferienaufenthalte sind hier möglich. Viele der Bewohner arbeiten allerdings nach
Vom Siegel zur Marke zur Gemeinschaft und Identität.
wie vor in ihren eigentlichen Berufen und helfen dann in ihrer Freizeit auf dem Schloss. Blumenthal sorgt mit ca.
Eine Marke im Aufbruch
1.000 Übernachtungen pro Monat in ristischen Effekt: „Damit hat sich die Anschauung der Bewohner aus dem Ort und dem Umland gewandelt“, sagt Martin Horack. Auch die Bereiche Kunst und Kultur fehlen nicht: Vor allem in den Themen Musik, Tanz, Malerei und Theater engagieren sich die Blumenthal-Bewohner
und es wurde ein detailliertes
künstlerisches Konzept auf die Beine gestellt. Bis zu 20 Konzerte pro Jahr können Besucher im Schloss, in der Kirche oder auf dem Gelände genießen. Eine der Säulen der Gemeinschaft ist die ökologische Landwirtschaft, die natürlich biologisch und ökologisch unbedenklich sein muss und ist. 17 Hektar werden zukünftig bewirtschaftet. Ein Ausbau ist geplant, doch die steigenden Grundstückspreise haben bislang den Kauf von weiterer Fläche zunächst verhindert. Idee ist es, sich auf Dauer mit Gemüse, Obst, Eiern und Milch selbst versorgen zu können. Interessenten des Projekts können auf der Homepage von Schloss Blumenthal die Zeiten der Informationsveranstaltungen finden sowie die aktuellen kulturellen Highlights. Martin Horack erklärt, dass man folgende Eigenschaften mitbringen sollte, wenn man sich dieser Gemeinschaft anschließen möchte: „Man sollte die Bereitschaft haben, sich mit Menschen auseinanderzusetzen, unterschiedliche Standpunkte aushalten können und offen sein für andere Ansätze.“ Akzeptanz und Toleranz spielen für die Blumenthaler eine wichtige Rolle, aber auch Streit sieht man eher sportlich.
al
Das Wittelsbacher Land steht für Qualität: Auch dieses Jahr wieder konnte der gleichnamige Verein zwei Betrieben in der Region das Qualitätssiegel überreichen. Ausgezeichnet wurden die Imkerei Haile und die Hofmetzgerei Franz Ottillinger. Letztere bereits zum zweiten Mal. Mit den Jahren entwickelte sich aus dem Siegel eine Marke, die für qualitativ gute Produkte steht und mit der heute nicht nur Nahrungsmittel aus regionaler Herstellung beworben werden, sondern auch Dienstleistungen. Klaus Metzger, Landrat im Landkreis Aichach-Friedberg, erklärt, dass die Marke und das Siegel auch identitätsstiftend sind, „um ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu erzeugen.“ Voraussetzung für den Erhalt eines Siegels ist der Firmensitz im Landkreis Aichach-Friedberg, die Mitgliedschaft im Wittelsbacher Land e. V. und die Erfüllung der Richtlinien. So heißt es im Informationsflyer zum Qualitätssiegel: „Die Kriterien lassen sich kurz mit den Schlagworten Regionalität, Qualität und Umweltschutz zusammenfassen. Nach einem festgelegten Punktesystem prüft der Vergabeausschuss das Unternehmen oder das beantragte Produkt auf Herz und Nieren und entscheidet über die Verleihung des Qualitätssiegels. Im Mittelpunkt steht dabei die Vermarktung regionaler Erzeugnisse, da hier eine direkte Wertschöpfung für den Landkreis erfolgt. Bereits bekannte Namen wie die Weinkellerei Kunzmann – Verbrauchern wird das Mineralwasser Albertusquelle bekannt sein – und die Brauerei Kühbach haben dieses Siegel erhalten. Durch die Förderung von regionalen Vermarktungsinitiativen profitieren Land-
wirtschaft und Gastronomie vor Ort. In den letzten Jahren erhielt der Verein Wittelsbacher Land e. V. Gelder der Förderprogramme „Leader in ELER“ (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) und „LEADERplus“: Hierbei werden ländliche Regionen zur selbstbestimmten Entwicklung unterstützt. Ein bürgerorientierter Ansatz und die Partnerschaft zwischen kommunalen, wirtschaftlichen und sozial engagierten Akteuren stehen dabei im Vordergrund. Auch für die nächste Generation wird etwas getan: Im Projekt „Na(h) gut“ wird Kindern im Kindergarten oder jungen Menschen im schulfähigen Alter gesunde Ernährung mit regionalen Produkten nähergebracht. Das geschieht durch Geschmacksschulungen, Betriebsbesuche und durch Kinderkochkurse. Ziel des Siegels und der Marke ist es, ein nachhaltiges Vertrauen zur Nahrungsversorgung für Speisen aus dem Umland zu schaffen. Im Zuge dessen haben sich zehn Spezialitätenwirte gefunden, die sich verpflichtet haben, regionale und bodenständige Esskultur anzubieten, mit Hilfe von einheimischen Produkten und mit dem Anspruch einer hohen Qualität. Fritz Kühner ist Mitbegründer und Sprecher dieser Gemeinschaft: „Eigentlich sind wir eine Marketinggemeinschaft, die das Ziel hat, überregional wahrgenommen zu werden und in der Gruppe mehr erreichen zu können.“ Einige Wirte können steigende Kundenzahlen vermerken und haben diese zum Anlass genommen, weiter an sich zu arbeiten und ihre Küche weiter auszubauen. Für das kommende Jahr sind auch wieder Feste und Aktionen geplant wie das Laurentiusfest in Mering. al
Vorteile der Marke „Wittelsbacher Land“ auf einen Blick: • nachhaltige Vertrauensbildung zu Produkten aus der Region • Steigerung der Bekanntheit • Förderung, Steigerung des Gastronomie-Tourismus • Unterstützung der Imageförderung der Region Wittelsbacher Land
Fotos: Wolfgang Strobl, Gemeinschaft Schloss Blumenthal
der Region für einen tatsächlichen tou-
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Spezial top schwaben (v. l. n. r.) Karl-May-Festspiele in Dasing, Radlziel Schloss Blumenthal und Schloss Scherneck
Das Wittelsbacher Land hat weit mehr zu bieten als zwei Städte Wittelsbacher, Sisi, der Bairische Hiasl und Old Shatterhand sind neben Fußballgolf touristische Anziehungspunkte der Region Was haben Sisi, Karl May und der Jakobsweg
das Schloss herum die ausgeschilderten Rad- und
gemeinsam? Das Wittelsbacher Land.
Wanderwege. Nordöstlich, in Kühbach, findet sich ein weiteres Schloss, das Sisis Vater gehör-
Doch der Reihe nach: In Oberwittelsbach begin-
te, mit der gleichnamigen Kühbach Brauerei. Von
nen wir unsere Tour durch das Wittelsbacher
dort führt die Sisi-Straße weiter nach Possen-
Land. Wer sich über das Adelsgeschlecht Wittels-
hofen, Wien und Budapest.
bach informieren möchte, ist hier genau richtig.
Oben: Ochsenkarren beim Ochsenfest. Unten: Fußballgolfanlage in Rehling
70
Auf dem Burgplatz stand früher die Stammburg
Schloss Blumenthal (Seite 68) und Schloss
der Wittelsbacher. Heute ist nur noch die Burgka-
Scherneck im Westen des Wittelsbacher Landes
pelle erhalten, denn die Steine der Burg dienten
sind als beliebte Ausflugsziele bekannt. Einhei-
im 13. Jahrhundert der Errichtung der Aichacher
mische zieht es häufig
Stadtmauer. Eingefleischte Fans kennen in Un-
und Kabarett hinauf auf den Schlossberg nach
terwittelsbach das Sisi-Schloss. Der Vater Herzog
Scherneck. Erstmals erwähnt wurde Scherneck
Max in Bayern erwarb 1838 das Wasserschlöss-
im 14. Jahrhundert, heute ist das Schloss ein
chen als Sommerresidenz, und seine Tochter Eli-
Gutshof mit den Schwerpunkten Landwirtschaft,
sabeth Amalie Eugenie (genannt Sisi) verbrachte
Forstwirtschaft und Brauerei. Zudem bietet es
ebenfalls ihre Sommertage dort. Heute befindet
auch sportliche Aktivitäten wie einen Kletter-
sich eine Ausstellung in den Räumen, in der Ge-
wald. Von den Schlössern im Landkreis führt
schichtsinteressierte und Fans der österreichi-
meist kein Weg an Kirchen und Klöstern vorbei.
schen Kaiserin sich breit informieren können.
Hat man sich in Blumenthal das Fuggerschlöss-
Wer auf Sisis Spuren wandeln möchte, findet um
chen angesehen, sieht man bereits von weitem
zu Kulturfesten, Musik
der bayerischen Gegenwart in den „Wilden Westen“ entführen. In der Gemeinde Kissing wurde dem „Bayerischen Hiasl“ ein Denkmal gesetzt. Die vom „Förderverein Bayerischer Hiasl“ initiierte Gründung eines „Erlebnis-Museums“ im ehemaligen Kornspeicher auf Gut Mergenthau wurde von der Gemeinde ebenfalls unterstützt.
Fotos: LRA Aichach-Friedberg (3), W. Strobl (3), Archiv (1), Dr. Hubert Raab (1)
Western-City in voller Pracht und lässt sich von
Auch eine Teilstrecke des bayerischen Jakobswegs befindet sich im Wittelsbacher Land. 54 Kilometer ist der Weg lang und führt von Schrobenhausen nach Hollenbach, Haunswies und Friedberg bis nach Augsburg. Ein weiterer besonderer Weg ist der Altbaierische Oxenweg, der durch „Leib und Magen“ geht. Dieser war ursprünglich ein Ochsentriebweg, der quer durchs Wittelsbacher Land ging und Teil der ehemaligen Handelsroute von
Die Wallfahrtskirche Maria Brinbaum bei Sielenbach: Die Wallfahrt um das Gnadenbild besteht bis heute.
Ungarn bis Augsburg war. Heute ist die letzte Etappe des transnationalen Oxenweges ein 25 km langer Rad- und Wanderweg. Passend dazu wird den Sakralbau Maria Birnbaum. Im 17. Jahr-
in den angesiedelten Gastwirtschaften Ochsen-
hundert entwickelte sich um ein Gnadenbild in
fleisch in unterschiedlichs-
einem hohlen Birnbaum eine Wallfahrt, die bis
ten Variationen angeboten.
heute besteht. Der Bau wirkt mit seinen byzantinisch anmutenden Türmen und Kuppeln wie ein
Apropos
orthodoxes Kirchengebäude und gilt als originelle
Wittelsbacher Land sind zehn
bayerische Baukunst. Ein Teil des Birnbaums be-
Restaurants aufgelistet, deren
findet sich immer noch im Hochaltar.
Besitzer sich „Spezialitäten-
Gastronomie:
Im
wirte“ nennen. Diese GastwirtIn Inchenhofen kommt man zur Kirche St. Leonhard,
schaften im Landkreis haben
in der während des Mittelalters eine der bedeu-
es sich zur Aufgabe gemacht,
tendsten christlichen Wallfahrten stattfand. Genauso
regionale und bodenständige
bekannt ist der Leonhardiritt in den ersten Novem-
Esskultur zu etablieren – und
bertagen, der mehrere tausend Besucher anzieht.
das mit Hilfe von einheimischen Produkten und hoher Qualität.
Neben kirchlicher Architektur widmet man sich
(Siehe hierzu Seite 69 – „Eine
auch weltlichen Dingen: Winnetou und Old Shat-
Marke im Aufbruch“.) Und noch
terhand sind jedem Leser von Karl-May-Büchern
etwas Spezielles: In Rehling ent-
ein Begriff. In Dasing kann man daher die „Süd-
stand eine Fußballgolfanlage – ein
deutschen Karl-May-Festspiele“ im Sommer live
interessantes Freizeitprojekt für
erleben und seine Bucherinnerungen wahr wer-
Alt, Jung, Einheimische und Gäste.
den lassen. Von Mai bis Oktober erlebt man die Die Region Wittelsbacher Land hat also viel zu bieten für Groß Weitere Informationen und Reiseführer: Wittelsbacher Land, context verlag Augsburg, 8,90 € www.wittelsbacherland.de/schloesser-und-burgen.html www.augsburg-tourismus.de
und Klein und für unterschiedliche Interessen. Über 105.000 Übernachtungsgäste im Juli dieses Jahres beweisen das sehr eindrucksvoll.
al
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Starke Unternehmen im Landkreis Aichach-Friedberg 3-D-Drucker produziert, von denen der größte vier
top schwaben
Spezial
Von Friedberg aus an die New Yorker Börse mal zwei Meter verarbeiten kann – mehr als das sechsfache Volumen des nächstgrößten kommerziell verfügbaren 3-D-Druckers. Mittlerweile haben sich Anleger blutige Nasen geholt – und der Hype ist verebbt. Bei Redaktionsschluss dieser top schwaben-Ausgabe lag der Börsenkurs bei nur noch 10.30 US-Dollar – weniger als der Ausgabekurs. Dennoch: Das Geld aus dem Börsengang und einer Kapitalerhöhung vom April 2014 ist da und wird in Materialentwicklung, ins Marketing und in den Vertrieb gesteckt, wie Finanzchef Rudolf Franz im April 2014 in einem Interview mit „Focus-Online“ sagte: „Wir investieren in Wachstum.“ Doch Voxeljet ist als Technologieunternehmen eher die Ausnahme in der Wirtschaft des Landkreises Aichach-Friedberg. Mit Segmüller sitzt ebenfalls in Friedberg ein „Möbelriese“, der mit seinen Standorten bei München, Frankfurt, Stuttgart, Nürnberg,
Bei Voxeljet in Friedberg werden die größten 3-D-Drucker der Welt gebaut.
Produktion bei Juzo Aichach (links). Mitte: Haimer in Igenhausen. Rechts: Segmüller
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Als das deutsche 3-D-Unternehmen Voxeljet am
Mannheim und Weiterstadt einer der ganz großen
23. Oktober 2013 an die New Yorker Technologie-
bekannten Namen in Süddeutschland ist. Das Un-
Börse Nasdaq ging, zog es weltweite Aufmerk-
ternehmen ist seit mehr als 40 Jahren erfolgreich
samkeit auf sich. Mit 13 US-Dollar pro Aktie ging
tätig – ebenso wie eine Reihe weiterer ebenso nam-
es in den ersten Handel, zwei Wochen später lag
hafter wie erfolgreicher Traditionsunternehmen:
der Kurs des 3-D-Printer-Unternehmens bei 34
Juzo in Aichach z. B. ist seit 1912 ein mittelständi-
US-Dollar, schoss kurz vor Weihnachten 2013 auf
sches Unternehmen in der Kompressionstherapie.
70 US-Dollar nach oben. Die Fachpresse rieb sich
Die Firmengruppe beschäftigt heute weltweit mehr
verwundert die Augen: „Die Gesellschaft, die im
als 800 Mitarbeiter und wird in vierter Generati-
dritten Quartal (2013) lediglich einen Umsatz von
on nach wie vor als reiner Familienbetrieb geführt.
3,5 Mio. Euro erzielte, war an der Börse zwischen-
Familienbetriebe sind auch die Getränkeherstel-
zeitlich mehr als eine Milliarde US-Dollar wert!“
ler im Landkreis – die Brauerei Kühbach ebenso
Voxeljet ist nicht etwa ein hippes Start-up aus Si-
wie die Schlossbrauerei Unterbaar und die Firma
licon Valley, sondern im Friedberger Businesspark
Kunzmann, die als Weinkellerei, Mineralbrunnen
beheimatet – in bescheidener Nachbarschaft zwi-
und Fruchtsaftproduzent seit mehr als 50 Jahren
schen einem VW-Händler und Aldi. Dort werden
erfolgreich im Markt agiert. „Wir sind stolz darauf,
als älteste Glühweinkellerei Deutschlands ein echter Spezialist für Glühwein, Punsch und winterliche Heißgetränke zu sein“, verlautbart Kunzmann, der sich in diesem Segment „unbestritten zu einem der führenden Anbieter“ zählt. Auch die metallverarbeitende Industrie spielt im Landkreis eine tragende Rolle. Federal Mogul – die früheren Goetze-Werke – in Friedberg ist ein global tätiger Hersteller von Komponenten, Modulen und Systemen für die Automobilindustrie. In Friedberg werden Kolben, Dichtungen, Systemschutzprodukte, Kolbenringe und Zylinderlaufbuchsen und viele weitere Dinge rund ums Auto produziert. Wurzer in Affing dagegen produziert seit 65 Jahren Dachentwässerungssysteme und setzt auf höchste Standards bei Profiliertechnik für Dach und Fassade. „Revolutonäre Joint-Technologie“ liefert die Haimer GmbH in Igenhausen. In 36 Jahren ist sie vom Ein-Mann-Unternehmen zum Global Player mit mehr als 300 Patenten und Gebrauchsmustern
Filetstück fürs Gewerbe: Acht300 Hinter „Acht300“ verbirgt sich der Name eines der großen Flächenangebote im Landkreis Aichach-Friedberg. In der Nähe des Autobahnanschlusses Dasing an die A 8 und südlich der B 300 – daher der Name – stehen gewerblichen Investoren 26 Hektar Fläche im Zentrum der Metropolregion München-Augsburg-Ingolstadt zur Verfügung. Großflächige Gewerbegrundstücke von 10.000 bis 100.000 Quadratmetern wie auch Grundstücke kleineren Zuschnitts für Handwerksbetriebe und kleinere Gewerbeunternehmen sind verfügbar. Das Besondere: „Acht300“ wird als „Interkommunaler Gewerbepark Wittelsbacher Land“ von der Stadt Aichach und der Gemeinde Dasing gemeinsam angeboten.
aufgestiegen und beliefert heute 20.000 Kunden in 80 Ländern der Erde. Hier geht es um innovative, hochpräzise Produkte auf dem Gebiet der Werkzeugspanntechnik. Mechanische Werkzeugaufnahmen in allen gängigen Schnittstellen und Längen, Werkzeugauswuchtmaschinen, 3-D-Taster, Zentriergeräte und Zubehör zählen zu den Produkten. Auf dem Gebiet der Werkzeugspanntechnik ist Haimer nach eigener Aussage Markt- und Technologieführer in Europa.
wos
Bei der Entwicklung des „Acht300“-Gewerbeparks Aichach Dasing wurde ein Hauptaugenmerk auf eine ausgewogene Balance zwischen optimal geschnittenen Gewerbeflächen und der Einbindung des gesamten Areals in die Landschaft gelegt. „Die gegebene Topografie wurde planerisch exzellent aufgegriffen, und optimal geschnittene Gewerbeflächen wurden in die Landschaft eingepasst“, so die Verantwortlichen. Auf die Anlage öffentlicher Grünflächen, die Raum für Erholung und Entspannung in den Arbeitspausen bieten, wurde größter Wert gelegt. wos
Handschuhe, Schals und Kopfbedeckungen Die „Nitzsche International Accessories GmbH & Co. KG“ hat ihren Standort in Aichach – und lässt in China produzieren. In der Geschäftsführung sitzen Claudia Redder, Friedrich August und Bruder Dieter Nitzsche. Letztgenannter (54) ist bereits seit 30 Jahren im heimischen Betrieb in der Robert-Bosch-Straße 6 in Aichach tätig. Und während die Berufswünsche anderer Kinder eher zu Lokomotivführern oder Fußballprofis tendierten, wollte Dieter Nitzsche schon immer in den elterlichen Betrieb. Schmackhaft hat es ihm der Vater gemacht. „Er hat den Betrieb immer mit großer Leidenschaft geführt“,
erinnert er sich. Das Unternehmen Nitzsche existiert seit 1827 und beschäftigte sich damals mit Handschuhen, Schals und Kopfbedeckungen. Es gehörte zu den ersten Firmen, die sich in Deutschland mit industrieller Fertigung beschäftigten. Heute besteht der Betrieb aus drei Firmen in Deutschland und dem Mutterhaus in Aichach, in dem 30 Mitarbeiter beschäftigt sind, sowie aus drei Firmen in China. Warum China? Dieter Nitzsches Vater ließ Ende der 1950er-Jahre probeweise Häkelhandschuhe in China produzieren und nahm selbige dann auch gleich ins Programm auf. 1971 wurde dann die
Produktion in Deutschland aufgegeben und komplett nach China verlegt. Heute kooperiert Nitzsche mit 40 Produktionsstätten in sechs chinesischen Provinzen. Insgesamt beliefert der Betrieb fast 3.800 Kunden. „Wir sind Mitglied der BSCI, der ‚Business Social Compliance Initiative’“, erklärt der Geschäftsführer. Diese zertifiziert Produktionsstätten und definiert die sozialen Minimalstandards. „Das ist uns sehr wichtig.“ Nitzsche ist im „Noname“ Bereich tätig – und stellt Hausmarken für den Handel her. „Unser Kundensegment reicht vom Discounter bis hin zum Einzelhandel.“ pif
Fotos: JUZO, Daniel Mühlebach, Haimer GbmH
Nitzsche in Aichach ist seit 1827 mit Winteraccessoires erfolgreich
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Veranstalt u ngen
Veranstaltungen
Dezember 2014 bis Februar 2015 ranstaltung – Laufende Ve
en –
Bis Mi., 7. Januar 2015
Bis So., 25. Januar 2015
Sa., 27. Dezember 2014
„Von Abgründen, Geistern und Zwergen – Kunstwerke aus der Sammlung“ und „60 Jahre Bezirk Schwaben“
Jaume Plensa – The Secret Heart – Das Geheimherz
Blues und Silach
Ausstellung
Kaminwerk Memmingen Nach dem Erfolg der letzten Jahre können sich die Besucher auf eine Neuauflage der Blues und Silach Veranstaltungen im Kaminwerk freuen.
Ausstellung
Bis Ende Dezember 2014 Weihnachtsmärkte in Allgäuer Städten Weihnachten
Immenstadt, Leutkirchen, Isny, Kaufbeuren, Kempten, Füssen, Marktoberdorf, Memmingen, Mindelheim und Wangen
Bis So., 1. Februar 2015 Warten auf’s Christkind. Adventskalender von ihren Anfängen bis zur Gegenwart Ausstellung
Stadtmuseum Kaufbeuren, Kaufbeuren
Bis So., 1. Februar 2015 „Kleine Welten – Spielzeug in alten Zeiten“ Ausstellung
Maximilianmuseum Augsburg Auch dieses Jahr präsentiert das Maximilianmuesum zur Advents- und Weihnachtszeit ab 29. November altes Spielzeug. Was Kinder einst erfreute, kann wieder bestaunt werden: Puppen in prächtigen Kleidern, zierliches Geschirr aus Kuper, Zinn und Mesing, eine Ritterburg und fein möblierte Stuben.
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Schwäbisches Volkskundemuseum Oberschönenfeld Doppeleröffnung beider Ausstellungen. Präsentiert werden Bilder aus eigenen Beständen der Schwäbischen Galerie und die Wanderausstellung „60 Jahre Bezirk Schwaben“, anlässlich des 60. Jubiläums.
Bis So., 11. Januar 2015 Haitzinger, Karikaturen & Gemälde Ausstellung
Mindelheimer Museen Mindelheim Anlässlich des 75. Geburtstags von Horst Haitzinger bieten die Mindelheimer Museen einen Überblick über das Werk des großen Karikaturisten von den 70er Jahren bis in die Gegenwart; ab Anfand des neuen Jahres sogar Sonderführungen.
Bis So., 18. Januar 2015 Nachrichten zum Nutzen und Vergnügen
Gaswerk Augsburg, Gaskessel, Schaezlerpalais H2 – Zentrum für Gegen wartskunst im Glaspalast, Augsburg
KonZERT
Mo., 29. Dezember 2014 Unter dem Regenbogen Kino
Veranstaltung – Kommende
en –
Sa., 20. Dezember 2014 Alt-Russische Weihnacht
Kaminwerk Memmingen Toller Abschluss des Kinojahres mit einer wunderbaren französischen Komödie. Ab 19 Uhr wieder Sushi und Suppe.
Weihnachten
Kurhaus Göggingen Augsburg Gesang, Tanz, Artistik und Bräuche aus dem weihnacht lichen Russland.
Brecht Festival Augsburg
30. Januar bis 10. Februar 2015 Informationen und Programm: www.brechtfestival.de
Ausstellung
Grafisches Kabinett im Höhmannhaus Augsburg Die Ausstellung thematisiert auch mit der Stadt Augsburg verbundene Zeitungsgeschichte vom Beginn des 17. Jahrhunderts. bis in die Gegenwart.
Termine ohne Gewähr
Veranstalt u ngen
agentur-richter.com / Stand: 12.14
Sa., 3. Januar 2015 Kreativkurs „Perlendrehen vor dem Brenner“ BASTELN/HANDWERK
Werkstadl Pfronten-Ried Glas wird heiß gemacht und über einen Edelstahldraht gewickelt. Die Form und Größe der Perlen können selbst bestimmt werden. Anschließend kreiert jeder Teilnehmer (ab 13 Jahren) seine eigene Halskette. Dauer ca. 3 Stunden. Anmeldung bis Freitag im „Haus des Gastes“.
NEU: Doppel-CD TONSPUREN 2014
AUSSTELLUNG
Museum für Zeitgenössische Kunst Marktoberdorf Daniel Spoerri ist Sammler und „Jäger“, Flohmärkte sind sein Revier. Dort erbeutet er Knochen und Tierfelle sowie außergewöhnliche, oft einst alltägliche und heute in Vergessenheit geratene Gegenstände, die er in seinen Arbeiten zu neuem Leben erweckt. In Hara Walters Leben und Werk bilden Kunst und Falknerei eine untrennbare Einheit.
DIAVORTRAG
Haus des Gastes Pfronten
6. Januar 2015 Haitzinger, Karikaturen & Gemälde AUSSTELLUNG
Sonderführun
Gutscheine und Festivalpässe für die TONSPUREN 2015
Jäger und Gejagte – Daniel Spoerri und Hara Walter
„Ferienträume im Allgäu – unterwegs im Pfrontener Land“
henken!
Ihre Geschenkidee:
17. Januar bis So., 15. März 2015
Di., 6. Januar 2015
Erinnerungen sc
INFO und BESTELLUNG unter www.tonspuren.de
Schwäbisches Tagungs- und Bildungszentrum Gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)
Eine Einrichtung des Bezirks Schwaben
gen
Offene Führungen durch die Sonderausstellung Museen im Colleg Mindelheim Die Sonderausstellung zeigt noch bis 11. Januar 2015 Arbeiten des deutschlandweit renommierten Karikaturisten Horst Haitzinger.
Fr., 13. Februar 2015 Sebastian Fitzek: „Der Seelenbrecher“ LESUNG
Theater im Hofgarten Immenstadt
Drei Frauen verschwinden spurlos. Nur eine Woche in den Fängen des Psychopathen, der „Seelenbrecher“: Dann sind sie verwahrlost, psychisch gebrochen – wie lebendig im eigenen Körper begraben
So., 22. Februar 2015
GROSSE KUNST IM KLEINEN FORMAT
…DEIN MAX KÜNSTLERPOSTKARTEN DER EXPRESSIONISTEN AUS DER SAMMLUNG DES ALTONAER MUSEUMS HAMBURG
Max Pechstein, Varieté-Tänzerin, Postkarte an Erich Heckel, Altonaer Museum
31. JANUAR BIS 26. APRIL 2015
Edwin Scharff Museum Petrusplatz 4 89231 Neu-Ulm www.edwinscharffmuseum.de Öffnungszeiten Di, Mi 13-17 Uhr Do, Fr, Sa 13-18 Uhr So 10-18 Uhr Mo geschlossen
Edwin Scharff Museum Kunstmuseum. Kindermuseum. Erlebnisräume
Funken VERANSTALTUNG
Viehmarktplatz Immenstadt Der Fasching ist beendet und zugleich ist der erste Sonntag der Fastenzeit. An diesem Tag soll nach einem alten alemannischen Brauch durch ein Funkenfeuer der Winter ausgetrieben und die Hexenpuppe verbrannt werden, zur Verabschiedung der dunklen Jahreszeit.
Bis So., 27. September 2015 „Im Sommer brach der Krieg aus“ AUSSTELLUNG
Edwin Scharff Museum Neu-Ulm Neueste Forschungen zu Edwin Scharff mit über 900 Zeichnungen und Druckgrafiken aus den Jahren 1914 bis 1918. Gezeigt wird aus diesem Zeitraum neben unveröffentlichten Zeichnungen und Dokumenten auch eine Skulptur Scharffs.
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