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Es ist an der Zeit, die Sambesi- Region zu erkunden
Wenn Namibia als Reiseziel beschrieben wird, sind Klischees die Norm: „unendliche Weite“, „atemberaubende Aussicht“, „trostlose Wüste“, „sanfte Dünen“ und „der Wüste angepasst“, um nur einige zu nennen. Doch der eigenartig geformte nordöstliche Zipfel des Landes ist wie ein wilder, natürlicher Spielplatz voller verschlungener Wasserwege, Feuchtgebiete, Flussauen, Wälder, Grasland und unzähligen großen und kleinen Lebewesen, die diese vielfältigen Ökosysteme bewohnen. Es ist eine weitgehend unberührte Wildnis, die dennoch überraschend zugänglich ist. Le Roux van Schalkwyk veranschaulicht, was diesen Teil des Landes so einzigartig macht und was Sie bei Ihrem Besuch unbedingt sehen sollten.
Die Sambesi-Region ist nach dem legendären Fluss benannt, der sie im Nordosten ab Katima Mulilo begrenzt. Von dort fließt er südostwärts zum östlichsten Ende des Landes, wo sich die Insel Impalila befindet. Diese Stelle ist das Vierländereck, an dem Namibia, Sambia, Botswana und Simbabwe zusammentreffen. Außerdem mündet dort der Chobe in den Sambesi. Der Chobe, der weiter westlich Linyanti und davor Kwando heißt, bildet die südöstliche Grenze der Sambesi-Region. Namibia hat insgesamt fünf ganzjährige Flüsse, und zwei davon befinden sich im äußersten Nordosten. An diesen Wasserläufen versammeln sich in den trockenen Wintermonaten die großen Elefanten- und Büffelherden, die ein Merkmal der Sambesi-Region sind. Dank der vielfältigen Lebensräume ist sie auch reich an Antilopen und Raubtieren wie Leopard, Löwe und der gefährdete Afrikanische Wildhund. Die üppige Vegetation und das reichlich vorhandene Wasser ziehen unzählige Vogelarten an. In den Gewässern leben Krokodile, Flusspferde und andere Arten.
Die Region ist indes nicht nur ein Wildtier-Paradies, sondern auch reich an kulturellen Traditionen und Bräuchen. Mehrere ethnisch unterschiedliche Stämme sind dort zu Hause. Der größte Teil des Gebietes ist kommunales Land, übersät mit Dörfern und Feldern. Die Mehrheit der Bevölkerung betreibt Subsistenzwirtschaft.
Der westliche Bwabwata-Nationalpark ist der trockene Arm der Region. Er erstreckt sich mehr als 150 km weit zwischen dem Okavango und dem westlichen Ufer des Kwando.
Das Konzept dieses Nationalparks ist ungewöhnlich: der größte Teil seiner 6 274 km2 großen Fläche ist als Gebiet mit Mehrfachnutzung ausgewiesen. Drei Abschnitte sind für besonderen Schutz und kontrollierten Tourismus vorgesehen, nämlich die Kerngebiete Kwando, Buffalo und Mahango. Damit bleiben 4 055 km2 für nachhaltige, gemeinschaftsbasierte Aktivitäten – auch Tourismus – und die Siedlungen der einheimischen Bevölkerung.
Obwohl in Bwabwata 35 Großwildarten leben, darunter Sitatunga, ChobeBuschbock und Leierantilope, sowie zahlreiche Kleinwildarten, versammeln sich die Tiere bevorzugt an den Ufern des Okavango und des Kwando, da es im größten Teil des Parks kein Oberflächenwasser gibt. Deshalb ist bei Besuchern der bekannte Horseshoe Bend im Kwando-Kerngebiet sehr beliebt. Die hufeisenförmige Lagune mit ihrem weißen Strand am Westufer zieht während des gesamten Nachmittags große Elefantenherden zum Trinken und Baden an.
Der Mudumu-Nationalpark ist eines der weniger bekannten Wildschutzgebiete und gehört mit 1 000 km2 zu den kleinsten Parks in Namibia. Er befindet sich beiderseits der Hauptstraße, die nach Sangwali führt, und liegt eingebettet zwischen den kommunalen Hegegebieten
Mashi und Balyerwa. Eine planierte Linie trennt ihn von den benachbarten landwirtschaftlichen Nutzflächen, so dass sich Wildtiere über die Parkgrenzen hinweg frei bewegen können. Mudumu ist ein hervorragender Korridor für die Migration der Tiere zwischen Botswana, Sambia, Angola und Simbabwe – was Probleme mit den Subsistenzfarmern verursachen kann. Die kommunalen Hegegebiete spielen eine wichtige Rolle bei der Entschärfung von Konflikten zwischen Mensch und Wildtier. Auch das macht den Mudumu-Nationalpark zu etwas Besonderem.
Seit der Ausrufung des Parks im Jahr 1990 und dank der Zusammenarbeit seitens der umliegenden kommunalen Hegegebiete sind die Wildtiere nach Mudumu zurückgekehrt, einschließlich einer umfangreichen Elefantenpopulation. Wo vor 30 Jahren nach jahrzehntelanger Wilderei kaum noch Tiere zu sehen waren, haben sich die Bestände inzwischen weitgehend erholt.
Im Westen grenzt der Park über eine Strecke von etwa 15 km an den Kwando. Dank der fast völlig flachen Landschaft hat man von der Fahrspur, die dem Fluss folgt und die Überschwemmungsebene und das Grasland durchquert, großartige Möglichkeiten zur Wildbeobachtung. Während die westliche Seite von Mudumu brillante Ausblicke auf die malerische Flusslandschaft bietet, ist die Ostseite vom versteinerten Flusslauf des Mudumu Mulapo und extrem dichtem Mopanewald geprägt. Zwar ist die Sicht sehr viel begrenzter, aber dennoch ist die Wahrscheinlichkeit größer, Wildtiere wie Elenantilopen, Giraffen oder Zebras zu sichten.
Der Nkasa-Rupara-Nationalpark, das größte Feuchtgebiet in Namibia, das unter Naturschutz steht, ist ein natürlicher Zufluchtsort für Feuchtgebietsfauna.
Nkasa-Rupara, ursprünglich Mamili, wurde kurz vor der Unabhängigkeit am 1. März 1990 zum Nationalpark erklärt. Im Jahr 2012 wurde der 320 km2 große Park nach den beiden, häufig als Inseln bezeichneten Erhebungen im Kwando-Delta, Nkasa und Rupara, umbenannt.
Nkasa-Rupara liegt dort, wo der Kwando zum Linyanti wird. Die beiden Flussläufe bilden die westliche (Kwando) und die südöstliche (Linyanti) Grenze des Parks und sehen wie ein schiefes V aus. Dieser Nationalpark ist ein bemerkenswertes Feuchtgebiet aus zahlreichen Kanälen und Lagunen mit üppigen Sümpfen und hohem Schilf, sowie dicht bewachsener Savanne mit Termitenhügeln. Es ist ein außerordentlich flaches Gebiet. Bis zu 80 Prozent des Parks werden überschwemmt, wenn Wassermassen aus Angola durch den Kwando fluten. Dann ist nur noch Rupara, zur Insel geworden, erreichbar. Der Weg zur Insel Nkasa wird durch tiefe Kanäle versperrt.
Der Park strotzt vor Leben und kann als Namibias OkavangoDelta gelten, wenngleich in viel kleinerem Maßstab. Mehr als 1 000 Büffel leben dort, die größte Konzentration im ganzen Land. Auch andere Wildtierarten sind reichlich vorhanden –besonders zu nennen Impala und Moorantilopen. Nkasa-Rupara ist ein wichtiges Brutgebiet der Wildtiere, von dem sie auch in die benachbarten kommunalen Hegegebiete ausweichen können. Bootsfahrten ermöglichen fantastische Nilpferdbeobachtungen und die Erkundung der Linyanti-Sümpfe. Auch passionierte Vogelfreunde kommen keineswegs zu kurz: mehr als 400 Vogelarten sind in diesem Teil des Landes heimisch.
Zwar gibt es auf der namibischen Seite des Sambesi keine ausgewiesenen Wildparks, dafür aber hervorragende Unterkünfte mit Blick auf den Fluss. Großartige Vogelbeobachtungen sind dort ebenfalls garantiert, erst recht bei Bootsausflügen auf dem Fluss – Afrikanische Scherenschnäbel, Eisvögel, Seeschreiadler… Mit besonders viel Glück erspäht man eine Fischeule. Ab Ende August und bis in den Dezember hinein sind am Sambesi mehrere Brutkolonien von Karminspinten aktiv. Eine der größten Kolonien im südlichen Afrika brütet am Flussufer nahe der Insel Kalimbeza. Nach Schätzungen versammeln sich dort 3 000 bis 5 000 der farbenfrohen Vögel – ein wahrer Augenschmaus!
Die Sambesi-Region wird oft nur als Zwischenstopp auf dem Weg zu anderen Attraktionen wie den Viktoriafällen gesehen. Dabei ist sie ein ganz eigenes Reiseziel. Die ganzjährigen Flüsse und ausgedehnten Überschwemmungsgebiete, die üppige tropische Vegetation und der ungeheure Reichtum an Wild und Vögeln bilden einen überraschenden Kontrast zum übrigen Land. Je mehr Zeit man sich nimmt, desto
intensiver kann man die Schätze der Sambesi-Region wirklich erleben. Bootsfahrten auf den Flüssen bieten die spannende Gelegenheit, Flusspferde und Krokodile sowie Elefanten und zahlreiche Antilopen zu beobachten. Angeln ist eine beliebte Aktivität, bei der es vor allem um den berühmten Tigerfisch geht. In den lebhaften Dörfern und Siedlungen haben Besucher die Möglichkeit, handgefertigte Körbe und Holzschnitzereien zu kaufen, oder Freiluftmuseen zu besichtigen, in denen man mehr über alte und neue Traditionen erfährt. Dieses wilde, Abenteuer verheißende Reiseziel ist erstaunlich leicht zugänglich. Zwei geteerte Fernstraßen führen in bequemer Fahrt zu den Lodges und Sehenswürdigkeiten. Die Nationalparks allerdings sollten nur im Geländefahrzeug besucht werden. Für Gäste ohne Allradantrieb bieten die meisten Lodges Pirschfahrten an, so dass sie die herrliche Tierwelt und Landschaft noch aufmerksamer genießen können.
Die nasse Wildnis der Sambesi-Region ist ein dramatischer Kontrast zum Rest des Landes, und sie ist voller Leben und aufregenden Abenteuern. Jetzt liegt es an Ihnen, das alles selbst zu erleben. TNN