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Vogelbeobachtung mit Pompie: Langsamkeit
Namibia ist ein großes Land, und die Größe spielt in der Tat eine Rolle, aber die Zeit, die man auf der Straße verbringt, gehört zum Spaß am Reisen. Denn dadurch gelangt man zu den verschiedenen Hotspots für die Vogelbeobachtung, sei es mit dem Auto, dem Boot oder zu Fuß. Obwohl ich zugeben muss, dass die meisten Namibier nicht so sehr für „zu Fuß“ zu haben sind.
- Milan Kundera
Wenn Sie mit 200 Sachen durch die Gegend brettern, ist der einzige Vogel, den Sie dabei eventuell sehen können, ein Strauß. Machen Sie das auf eigene Gefahr, wenn das die einzige Vogelbeobachtung ist, die Sie im Sinn haben. Es muss jedoch betont werden, dass es zahllose andere Vögel gibt, die viel beeindruckender und sehenswerter sind als der größte und schnellste flugunfähige Vogel der Welt.
Bei Vögeln, die vom Straßenrand beobachtet werden können, handelt es sich leider (findet manch einer) hauptsächlich um Greifvögel. Davon gibt es in Namibia mehr als 52 verschiedene Arten, so dass Sie als Greifvogelfreund selten enttäuscht sein werden, wenn Sie langsam fahren. Wie die meisten Vogelbeobachter, ob Anfänger oder Profi, wissen, kommt der Jungvogel-Faktor ins Spiel, und wenn Sie mehr als die verbuchten 52 Greifvogel-Arten gesichtet haben, werden Sie einige Jungvögel als neue Arten fehlinterpretiert haben.
Über Namibias Vogelbeobachtungshotspots zu spekulieren, bringt wenig. Deshalb kann es hilfreich sein, sich vorher zu überlegen, worauf man Wert legt. Auf der westlichen Seite des Landes, in der Pro-Namib, können Sie am Sossusvlei beginnen und nach Norden bis zum Kunene fahren. Höchstwahrscheinlich werden Sie dabei alle 13 Arten sehen, die in Namibia endemisch sind. Die einzige wirklich endemische Art, die Dünenlerche, kommt natürlich in den Dünen vor, und die Sossusvlei-Umgebung ist der wahrscheinlichste Hotspot. Wenn Sie ganz unten (weiter südlich) beginnen, begegnet Ihnen östlich und südöstlich von Lüderitz die Langschnabellerche, und entlang der gesamten namibischen Küste vom Oranje bis zum Kunene kommt die Namiblerche vor. Die Damaraseeschwalbe ist auf einige wenige Stellen in Küstennähe begrenzt.
Von der Küste weiter landeinwärts. Die Rüppeltrappe ist recht häufig und wegen ihrer Größe ist es nicht allzu schwierig, sie in ihrem halbwüstenartigen Lebensraum zu entdecken. Im zentralen Hochland sind die verschiedenartigsten endemischen Arten anzutreffen, wie Rüppellpapagei, Rüppellmeise, Damarabaumhopf, Monteiro- und Damaratoko. Der Drosselwürger ist die Ikone unter den endemischen Vögeln. Der Nacktohrdroßling ist am ruffreudigsten. Er ist auf dem Boden unterwegs und stört dabei Blätter, Insekten und Menschen. Der Damara-Felsenspringer und der Hartlaubfrankolin bevorzugen felsige Berggegenden. Zum Glück sind sie sehr ruffreudig und musikalisch, so dass es meistens viel einfacher ist, sie durch ihre Laute zu finden.
Wenn Sie sich bis zum Kunene begeben, gehören Rotkehlfrankolin, Graubrust-Rötelschnäpper und Graufalke unbedingt auf Ihre Speisekarte als Vogelfreund. Der Cinderella Schönbürzel ist in den Wintermonaten offenbar in großer Zahl anzutreffen (ich selbst muss noch einen sehen). Der Höhlenrötel ist irgendwo in der Nähe der Zebraberge zu finden, falls Sie Höhlen mögen (ein professioneller Guide ist empfehlenswert). Das westliche Gegenstück zum Südlichen Karminspint ist der Madagaskarspint, der in diesem Gebiet brütet. Die südlichste Grenze seines Verbreitungsraumes ist Khorixas.
Was Zahlen angeht, dürften der Etosha-Nationalpark und der gesamte Nordosten des Landes, d. h. die Kavango-Regionen und die Sambesi-Region die Hotspots sein. Namibia zu besuchen, ohne nach Etosha zu fahren, ist als würde man nach Südafrika reisen, ohne Betrug oder Plünderung in einem Einkaufszentrum zu erwarten. Abgesehen von den endemischen Vögeln, die im westlichen Teil von Etosha vorkommen, sind Greifvögel im gesamten Park in großer Zahl und Vielfalt vertreten. Halten Sie Ausschau nach Kampfadler, Weißbürzel-Singhabicht (der dunkle kommt in der Sambesi-Region vor), Raubadler, Gabarhabicht, Zwergfalke (zusammen mit seinen Nistgastgebern, den Siedelwebern), Afrikanischem Schlangensperber und SchwarzbrustSchlangenadler. Ich könnte alle 42 Greifvögel aufzählen, die in Etosha heimisch sind, aber das könnte langweilig werden, es sei denn, Sie haben Gelegenheit sie zu beobachten. Natürlich sind Geier häufig, denn Löwen sind häufig. Weißrückengeier und Ohrengeier sind die vorherrschenden Arten.
Die Sambesi-Region ist bekannt für ihre Vielfalt, sei es an Wasservögeln, Greifvögeln oder Waldvögeln. Der Hauptgrund für den Reichtum und die Vielfalt an Vögeln ist die große Anzahl unterschiedlicher Lebensräume. Wasservögel sind überall, weil es viel Wasser gibt. Tun Sie sich den Gefallen und halten Sie Ausschau nach der Zwerggans, der kleinsten Gans der Welt. Braunkehlreiher und Rotbauchreiher scheinen für ausländische Besucher recht außergewöhnlich zu sein, aber für uns Namibier sind sie eher alltäglich. Zu den Raubvögeln, nach denen man Ausschau halten sollte, gehören BandSchlangenadler, Sperberbussard, Schwarzrückenfalke, Fledermausaar und Fleckenadler. Doch der einzige Vogel, den man unbedingt finden muss, ist die Fischeule. Auch hierbei empfehle ich professionelle Hilfe.
Nicht zuletzt befindet sich in der Sambesi-Region der Platz, wo ich meinen persönlichen Lieblingsvogel beobachten kann: den Südlichen Karminspint. Die Brutkolonie am Sambesi bei Mubala ist die größte der Welt und gehört als ein Muss auf Ihre Liste. Die wunderschönen Vögel versammeln sich dort ab Ende August – sie zu Tausenden zu sehen ist ein unvergesslicher Anblick. Spannend, wenngleich nicht für die Vögel, sind dabei auch ihre natürlichen Feinde, wie Rohrweihe, Schwarzer Milan, Schwarze Mamba und mehr. Derweil Sie in der Gegend sind, können Sie auch Ausschau halten nach Weißrückenente, Weißscheitelkiebitz und Grillkuckuck (ein Sommergast). Abgesehen von all den Wasservögeln führt Sie eine Fahrt auf dem Sambesi zu einer weiteren faszinierenden Sehenswürdigkeit: die StrandBrutplätze des Afrikanischen Scherenschnabels.
Auf die Zugvögel werde ich nicht weiter eingehen, weil sie vielleicht auch in Ihrer heimatlichen Umgebung vorkommen und ich Bekanntes unnötigerweise wiederholen würde. Obendrein ist es unmöglich, in knapp tausend Worten all die wundervollen Vogelbeobachtungsplätze und all die wundervollen Vögel zu nennen. Also verzeihen Sie mir (liebe Vögel), wenn ich nicht alle von Ihnen erwähne. Was die Seevögel betrifft, fragen Sie lieber jemanden, der sich besser auskennt als ich.
Langsamkeit, Geduld und Größe sind immer noch die Stützen unseres Landes. Langsamkeit am Grenzübergang, Geduld beim Innenministerium und das Ausmaß Ihrer Begeisterung, all den wundervollen Vögeln von Namibia zu begegnen. TNN
Text & Fotos Pompie Burger