Radguide Umbrien

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Radguide Umbrien

mit GPS-Daten

www.trekkingbike.com

DAS MODERNE FAHRRADMAGAZIN

Reise Spezial

Das grüne Herz Italiens Die 7 schönsten Touren ● Unterwegs auf Pilgerwegen ● Kultur, Natur und beste Küche ● Tipps von Rad-Insidern


Radguide Umbrien Unterwegs auf dem Pilgerweg bei Assisi.

Paradies für Radfahrer Kleine Straßen, uralte Städte, beste Küche – Umbrien, das grüne Herz Italiens, liegt abseits der großen Touristenströme. Gerade deshalb hält es für Radfahrer besondere Überraschungen parat. Umdenken ist angesagt. Wer beim Stichwort „Radfahren in Italien“ nur an forsche Autofahrer, knatternde Vespas und an enge Hauptverkehrsstraßen ohne Radwege denkt, lebt in der Vergangenheit. Italien hat das Fahrrad längst als modernes

Verkehrsmittel der Zukunft entdeckt und reserviert immer mehr Wege und historische Altstädte auch für die Freunde der lautlosen Fortbewegung. Auch immer mehr Italiener schwingen sich selbst aufs Rad und entdecken dabei ihre Heimat neu. Das Resultat dieser neuen Freizeitbewegung: Es werden Radwege gebaut, touristische

Umbrien per Rad – Als Buch und im Internet Kaum eine Region in Italien heißt den Radfahrer mit besseren und umfangreicheren Informationen willkommen. Genaue Tourenbeschreibungen gibt’s kostenlos im Netz und als Buch.

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Professioneller kann ein Land Fahrradfahrer kaum willkommen heißen. Die Region Umbrien hat kräftig investiert, um dem Radfahrer die Urlaubsplanung so leicht wie möglich zu machen. Die Schlüssel dazu sind das Internet oder zwei vom Fremdenverkehrsamt herausgegebene Tourenbücher mit genauen Tourenbeschreibungen und einer Fülle von Radfahrer-spezifischen Informationen. So kann der Trekkingradler, der auf befestigten Wegen bleiben möchte, unter 30 verschiedenen Routen wählen. Diese sind zudem in drei Schwierigkeitsgrade unterteilt. Leichte Touren absolvieren beispielsweise 30 Kilometer mit 300 Höhenme-

tern, auf schweren Runden müssen bis zu 87 Kilometer und 2000 Höhenmeter bewältigt werden. Kartenausschnitte und das genaue Höhenprofil erleichtern die Entscheidung bei der Tourenauswahl enorm. Als besonderen Service gibt es zudem den Tourenverlauf als GPXDatei. Diese kann nicht nur in ein GPS-Gerät geladen werden. Wer Google Earth installiert hat, kann die Tour vorab metergenau und dreidimensional am heimischen Rechner betrachten. Besser geht’s nicht!

Web-Tipp: www.bikeinumbria.it

Tourenbücher für Trekkingradler und Mountainbiker gibt es auf Messen und bei den Fremdenverkehrsämtern vor Ort gratis. Alle Tourenbeschreibungen mit GPS-Daten finden sich zudem im Internet: www.bikeinumbria.it.


Routen ausgeschildert und Fahrradfahrer als Gäste umworben. Der Trekkingbike-Redaktion fielen vor zwei Jahren auf der Tourismusmesse f.re.e in München die besonderen Anstrengungen der Region Umbrien auf. Anders als bislang üblich, wurden hier Radfahrer nicht mit zwölf Kilometer langen „speziellen Küstenradwegen“ gelockt, sondern mit einer Fülle von professionellen Informationen versorgt. Genaue Tourenbeschreibungen, aussagekräftiges Kartenmaterial, eine Liste von bike-freundlichen Unterkünften, die Radfahrer auch gerne nur für eine Nacht beherbergen. Dazu kamen Bilder einer Landschaft von denen jeder Radurlauber träumt. Verwinkelte Altstädte, markante Kulturdenkmäler, üppige Olivenhaine, unberührte Natur. Die verlockenden Speisekarten versteckter Trattorien, deren Geheimnisse man nach einer ausgedehnten, eher sportlichen Radtour durchs anspruchsvolle Hügelland ohne Reue genießen kann, gaben dann den Ausschlag. Wir reisten nach Umbrien und erlebten ein italienisches Wunder. Kultur und Kunstschätze satt. Rast am Piazza del Comune in Montefalco.

Liebe zum Detail: in der Via Porto von Assisi.

Umbrien als unerschöpfliches Tourengebiet. Wir stellen 7 ausgesuchte Routen vor.

Begegnungen mit Tier und Natur. Eine Nebenstraße bei Tordandrea.

SPEZIAL Heft 6/2010 Chefredakteur: Tom Bierl (verantwortlich) Art Direction: Hildegard Imping Redaktion: Tom Bierl Schlusskorrektur: Barbara Merz-Weigandt Fotos: Tom Bierl TREKKINGBIKE-Redaktion: Steinerstraße 15 (Haus D), 81369 München, Tel. 089/729602-0, Fax 089/729602-40, info@trekkingbike.com, www.trekkingbike.com

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Radguide Umbrien: Der Norden

Beweise, warum die Dinosaurier ausgestorben sind? Die Bottaccione-Schlucht birgt viele Geheimnisse. Arbeitspferde an den steilen Hängen des Monte Cucco.

Begegnungen am StraĂ&#x;enrand erinnern an vergangene Zeiten. 62


Wilde Bergkulissen Wer an Umbrien denkt, denkt zunächst an Perugia und Assisi – zwei Städte die touristischen Weltruf genießen. Doch Radfahrer sind im stillen Hinterland weit besser aufgehoben. Hier locken einsame Straßen und mittelalterliche Orte. Für die allgegenwärtigen Steigungen auf dem Rücken des Apennin empfiehlt sich allerdings ein Rad mit guter Übersetzung. Idealer Ausgangspunkt für kulturelle und landschaftliche Entdeckungsreisen gleichermaßen ist Gubbio. Gleich hinter der Stadt erwartet den Radfahrer die wilde Bergkulisse des Naturparks Monte Cucco, die sich vom Bottaccione-Pass bestens bestaunen lässt. Auf der anderen Seite erstreckt sich das obere Tibertal, in dem sich die umbrische Lebensart auch mit weniger Höhenmetern genießen lässt.

Beschützer seit mehr als 700 Jahren. An der Stadtmauer von Gubbio.

Abstecher zum Nachbarn Toskana. Das Castel Reschio darf man auf der Umbertide-Tour nicht auslassen.

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Radguide Umbrien: Der Norden Mittelalterliches Kleinod. Gubbio ist die Stadt der Zünfte.

Ausflug ins Mittelalter Das rhythmische Schlagen tief dröhnender Trommeln macht uns neugierig. Gruppen von Menschen in historischen Kostümen stürmen eiligen Schrittes an uns vorbei. Wir sind am Stadtrand von Gubbio und lassen die Kulisse auf uns wirken. Wie aus dem Bilderbuch ragt der mittelalterliche Schattenriss der Stadt vor uns auf. Trutzige Mauern, prächtige

Palazzi, über allem thronende Kirchen. Durch enge Gassen folgen wir dem Ruf der Trommeln, das Mittelalter saugt uns ein. Es ist Anfang Mai und damit die ideale Zeit für Radfahrer, die Vielfalt von Umbrien zu entdecken. Die Temperaturen sind optimal und es ist die Zeit für den „Wettlauf der Ceri“. Jedes Jahr am 15. Mai verwandelt sich die Altstadt von Gubbio in einen regelrechten Hexenkessel. Das historische Spektakel geht auf ein Gelöbnis aus dem Mittelalter

Slow-Food-Philosophie

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Osterie d’Italia, Slow Food Editore, Hallwag Verlag, 29,90 Euro, www.gu.de

Strangozzi mit Gänsesoße und wildem Spargel, Torello alla Perugina oder ein Risotto ai lupari? Die Auswahl an verlockenden Radlergerichten könnte nicht größer sein. Die Küche Umbriens ist so vielseitig wie die Landschaft. Jede Stadt, ja beinahe jedes Dorf ist stolz auf seine lokalen Gerichte. Radfahrer sind bei der Erkundung der kulinarischen Genüsse dabei klar im Vorteil. Die Hügellandschaft Umbriens fordert tagsüber auch Trainierten viele Schweißtropfen ab. Dementsprechend groß ist der Appetit nach der Tour. Genuss ohne Reue! Wer die umbrische Küche in all seinen Feinheiten erleben möchte, dem sei ein kulinarischer Führer ans Herz gelegt: „Osterie d’Italia“ aus der Edition Slow Food. Die darin in Umbrien aufgelisteten Restaurants stellen zwar nur eine kleine Auswahl lohnenswerter Adressen dar, aber jede einzelne daraus ist etwas besonderes. Denn die Slow-Food-Philosophie bewertet die Restaurants in erster Linie nach ihrem lokalen Charakter und der Erdverbundenheit der Speisen. Wir wurden in Umbrien von keiner Empfehlung enttäuscht.

Tipps aus erster Hand. Informativer Plausch im Feinkostladen.


Umbrien ist für bestes Olivenöl bekannt. Uralte Bäume zeugen von Tradition.

zurück und wird seitdem Jahr für Jahr leidenschaftlich ausgefochten. Die Gruppen einzelner Clans bugsieren dabei abenteuerlich aufgestapelte Kerzentürme in einem Wettlauf durch die engen Gassen. Der Sieger steht von Anfang an fest. Immer gewinnen die Getreuen des Stadtheiligen Sant Ubaldo. Spöttische Nachbarn nennen deshalb den Wettlauf der Ceri auch gerne „Lauf der Verrückten“. Tausende von Besuchern ziehen diese Verrückten alljährlich an. In den Gassen drängen sich dabei die Menschen. Für Radfahrer wäre dann beim besten Willen kein Platz. Wir sind deshalb froh, dass das Spektakel erst in einer Woche starten soll und wir trotzdem Ein absolutes Muss ist der bei den Vorbereitungen das Besuch der Altstadt von Flair des Festes erahnen könGubbio. Architektonisch nen. Ein einzelner Spielmannsrepräsentiert sie ein Meisterzug zieht laut trommelnd durch werk der mittelalterlichen die Stadt, Gestalten in histoKultur und der in Zünfte rischen Kostümen üben einzelne gegliederten Gesellschaft Schritte. Die Zeitreise ist für uns des 13./14. Jahrhunderts. perfekt. Zur Erkundung der engen und Am nächsten Morgen starten wir steilen Gassen ist das Fahrrad bei den Resten des römischen jedoch weniger geeignet. Amphitheaters zu eine Rundtour. Kulinarisch ist Gubbio für Die Bottaccione-Schlucht, der seine weißen Trüffel berühmt. Fuß des Nationalparks Monte Die unterschiedlichsten Cucco und die Reste der antiGerichte werden damit verken Römerstraße Via Flaminia feinert. Unbedingt probieren! sind unsere Ziele. Die Strecke ist leicht zu finden. Alle Straßenschilder weisen nach Rom. Auch die links und rechts aufsteigenden Bergrücken des Apennin lassen dem Radfahrer keine Wahl. Wir bleiben im Tal und können so nicht verloren gehen. Wilde Einsamkeit prägt den Charakter der Tour. Kurz vor Valdorbia bricht plötzlich ein Bauer mit drei Pferden aus dem Unterholz. Schwer bepackt klettern die drei Tiere auf einem schmalen Säumerpfad weiter steil den Berg hinauf. Maschinen hätten da kaum eine Chance, selbst für Mountainbiker sind die Wege zu steil. In Windeseile rollen wir von der Sattelhöhe hinunter nach Fossato. Wir genießen eine Pasta in einer Trattoria bei Cantiano und klettern über den bekannten Bottaccione-Pass wieder zurück. 52 Kilometer und 1000 Höhemeter zeigt das GPS-Gerät. Umbrien erweist sich als sportliche Herausforderung. Doch das haben wir so gewollt.

Tipp

Info Umgebung Gubbio Tourenverlauf + GPS-Daten Charakter

Zwei gegensätzliche Landschaften stoßen in der Umgebung von Gubbio zusammen. Während westlich bei Umbertide die sanften Hügel eher an die Toskana erinnern, ragen östlich von Gubbio monumentale Berge steil in den Himmel. Dazwischen liegt eine landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft mit teils ausgedehnten grünen Wäldern und uralte Ortschaften mit Kunst und Kulturschätzen im Überfluss. Die Kondition des Radfahrers wird überall gleichermaßen auf die Probe gestellt. 1000 Höhenmeter sind auf einer 40 bis 50 Kilometer-Runde schnell zusammen. Touren müssen also genau geplant werden. Auf den ruhigen Nebenstraßen gibt es jedoch so gut wie keinen störenden Verkehr. Einfache Trattorien finden sich in jeder Ortschaft. www.trekkingbike.com

Touren-Empfehlungen Tour 1: Von Gubbio durch die Bottaccione-Schlucht; 52 km, 1070 Höhenmeter, mittel. Das römische Amphitheater ist markanter Startpunkt am Rand der Altstadt von Gubbio. Gleich hinter der Stadtgrenze beginnt der Anstieg zum Bottaccione-Pass, der bei der Rückfahrt noch einmal bezwungen werden muss. In weiter Runde geht es dann von Scheggia über Valdorba und Cantiano über Scheggia zurück. Genaue Tourenbeschreibung und Höhenprofil als Tour Nr. 15 unter www.bikeinumbria.it

Tour 2: Von Umbertide durchs Grenzland zur Toskana; 56 km, 900 Höhenmeter, mittel. Eine Fahrt durch einsame Gegenden. Unberührte Natur und überwiegend bäuerlich geprägte Landschaft bestimmen den Charakter. Das Dorf Niccone etwas nördlich von Umbertide ist idealer Startpunkt. Die Strecke folgt zunächst der schwach befahrenen Asphaltstraße bis kurz hinter Reschio. Hier sind wir bereits in der nachbarlichen Toskana. Pflicht ist der Abstecher zum Schloss von Reschio. Die Burg und die sie umgebenden Zypressenallen sind ein wahres Postkartenidyll. Danach wird die Tour einsam und wild, mit einer teils extrem steilen Abfahrt nach San Leo Bastia. Zur Mittagsrast bietet sich die Dorftrattoria an. In einer Schleife geht es durch landwirtschaftliches Hügelland zurück nach Niccone. Genaue Tourenbeschreibung und Höhenprofil als Tour Nr. 11 unter www.bikeinumbria.it

Übernachtungs-Tipp Das Park Hotel ai Cappuccini in Gubbio war für uns perfekter Ausgangspunkt. Das ehemalige Kloster aus dem 17. Jahrhundert liegt am Rand der Altstadt von Gubbio in einen parkähnlichen Grundstück. Es verfügt über einen Wellnessbereich und ein Hallenbad. Doppelzimmer ab 90 Euro. www.parkhotelaicappuccini.it 65


Farbenrausch am Wegrand.

Der Wallfahrtsort Assisi zieht im Jahr Hunderttausende von gl채ubigen Christen an. 66

Ein Erlebnis f체r sich ist der antike Weg von Spello nach Assisi.


Radguide Umbrien: Das Pilgerland

Land der frommen Pilger Franziskanischer Friedensweg nennt sich eine Pilgerroute quer durch Umbrien, die in den letzten Jahren auch immer mehr für Radfahrer nutzbar gemacht wurde. Von Spoleto nach Assisi verläuft beispielsweise ein 60 Kilometer langer Radweg ohne nennenswerte Steigungen. Der Wallfahrtsort Assisi zieht im Jahr Hundertausende von Pilgern an. Zu den schönsten Radlstrecken Umbriens gehört hier der antike Höhenweg durch die alten Olivenhaine von Assisi nach Foligno und im Tal wieder zurück. 24 einfache Fahrradkilometer vorbei an vielen Zeugnissen tiefen christlichen Glaubens.

Von Fossato di Vico reicht der Blick weit über das Tal.

Kleine Cafés finden sich in jeder Ortschaft. Der „Espresso al Banco“ ist italienische Lebensart.


Radguide Umbrien: Das Pilgerland Frühaufsteher kommen in den Genuss der morgendlichen Frische.

Besinnliche Stille Der Anstieg von gestern steckt uns noch in den Waden. Etwas unbedarft waren wir von unserem Hotel unterhalb der Stadtmauer von Assisi aufgebrochen, um im Sinne des heiligen Franziskus das Bergland im Schatten des Monte Subasio zu erkunden. Schon der Aufstieg in die Altstadt hätte uns stutzig machen können. Eine gute Übersetzung

Der Franziskanerweg 271 Kilometer lang ist der Franziskanerweg in Umbrien, der von Citerna über Perugia und Assisi bis nach Piediluco und dann weiter nach Rom führt. Noch wird der antike Pilgerweg überwiegend von Fußgängern genutzt, doch die Region Umbrien ist mit Nachdruck dabei, immer mehr Abschnitte auch für Radfahrer passierbar zu machen. Ganz neu wurde jetzt im Sommer 2010 eine 290 Kilometer lange Tourenbeschreibung für Radfahrer fertiggestellt. Die Strecke ist in acht Tagesetappen unterteilt und berührt alle wichtigen kirchlichen und spirituellen Sehenswürdigkeiten. Alle Einzelheiten dazu finden sich im Internet unter www.bikeinumbria.it. Dort können auch kostenlos ausführliche Druck-Broschüren angefordert werden. GPS-Fans können sich zudem die genaue Strecke als GPX-Track herunterladen. Der Tourenverlauf lässt sich mit diesen Daten auch metergenau in Google Earth betrachten. Auf der Website findet sich zudem eine lange Liste von bikefreundlichen Hotels. 68

ist zur Erkundung der steilen Gassen Pflicht. Schnell waren wir durch die antike Porta Perlici zunächst etwas abschüssig ins Tal des Tescio gerollt, doch dann ging es immer nur bergauf. Nach 1000 Höhenmetern hatten wir dann endlich genug. Knapp unterhalb des Passes gaben wir unsere Rundtour-Pläne auf. Wir erspähten eine Herberge und hofften auf Stärkung. Doch statt einer Pasta, gab es nur abweisende Worte. Eine Sekte aus den USA hat das ehemalige

Highlight für Radfahrer ist der Franziskanerweg zwischen Assisi und Spello.


Weltberühmt: Die als Doppelkirche gebaute Basilika San Francesco in Assisi.

Gasthaus in Beschlag genommen. Gerade mal einen Schluck Wasser wollten uns die Jünger freiwillig geben. Eifrig wurden uns jedoch Räucherstäbchen, Meditationsbücher oder orangefarbene Gebetstücher zu saftigen Preisen angeboten. Der Geist des heiligen Franziskus schien bei diesen Jüngern trotz der Nähe zu Assisi noch nicht angekommen zu sein. So unchristlich abgefertigt, drehten wir mit unseren Rädern kurzerhand um und waren in Windeseile wieder zurück in Assisi. Hier sind BesuAuch wenn der Touristencher überall willkommen. Auch rummel auf den ersten Blick die Anzahl netter Trattorien ist etwas abschreckend wirkt. groß. Wir sperrten die Räder Den Besuch der Wallfahrtskirsicher ab und erkundeten den che des heiligen Franziskus heiligen Ort zu Fuß. darf man nicht verpassen. Die Heute dagegen legen wir keinen Basilika San Francesco gehört gesteigerten Wert auf Höhenmezu den sieben ranghöchsten Gotteshäusern der Christen. ter. Wir starten am Hotel durchs Als Doppelkirche wurden zwei flache Flusstal in Richtung BevaGotteshäuser eindrucksvoll gna. Das satte Rot üppiger blüübereinander gebaut. Die relihender Mohnblumen steht im giöse Ausstrahlung des Bautollen Kontrast zu saftigen Fel­ werks zieht alle Besucher in dern. Im Flachland steuern wir Bann. Der heilige Franziskus die Altstadt von Spello an. Der liegt hier begraben. berühmte Augustusbogen ist das

Tipp

Zugangstor zur erhöht gelegenen Stadtfestung. Wieder lebt das Mittelalter auf. Gleich hinter der Mauer klinken wir uns jedoch in den Franziskanerweg in Richtung Assisi ein. Der Pilgerweg ist hier perfekt für Radfahrer fahrbar. Kein Auto stört die besinnliche Ruhe. Leicht erhöht schweben wir über der weiten Ebene von Foligno. Uralte Olivenbäume säumen den Weg. Immer wieder laden kleine Kapellen zur Besinnung ein. Wir entdecken für uns die Langsamkeit. Nach 40 Kilometern beschaulichen Tretens kommt dann die Silhouette von Assisi wieder in den Blick. Wir halten an und genießen die Stille. Auf die Hektik der Stadt wollen wir heute gänzlich verzichten, schließlich sind wir auf einem Pilgerweg.

Info Pilgerland Assisi Tourenverlauf + GPS-Daten Charakter Die Ebene von Foligno auf der einen Seite und www.trekkingbike.com

das Hügelland zwischen Monte Subasio und Valfabrica bestimmen den Tourencharakter rund um die Pilgerstadt Assisi. Im Tal lassen sich prima Touren ohne lange Anstiege planen, doch schnell summieren kurze Abstecher ins Hügelland die 50 Kilometer Runde auf 500 Höhenmeter und mehr. Belohnt werden Radler durch meist einsame Nebenstraßen und kleine Bilderbuch-Ortschaften. Richtig sportlich wird dagegen ein Radlerausflug in die Hügel zwischen Assisi und Gualdo Tadino. Manche der kleinen und steilen Bergstraßen sind zudem nicht asphaltiert. Dies erfordert auch bei Bergabfahrten eine gewisse Fahrtechnik. Unter Rennradfahrern beliebt ist die Auffahrt zum Monte Subasio – zehn Kilometer nur steil bergauf.

Touren-Empfehlungen Tour 3: Von Gualdo Tadino ins Hügelland von San Presto; 50 km, 1200 Höhenmeter, schwer. Die Tour beginnt in Gualdo Tadino am Fuß des umbrisch-märkischen Apennin und führt über grüne Panoramahügel in Richtung Assisi. Es sind teils kräftige Steigungen zu bewältigen. Teils schwierige Abfahrten auf steilem Schotterweg. Genaue Tourenbeschreibung und Höhenprofil als „Tour 16“ unter www.bikeinumbria.it

Tour 4: Von Assisi durch die Ebene von Foligno und auf dem Pilgerweg zurück; 52 km, 500 Höhenmeter, mittel. Start in Castelnuovo im Tal bei Assisi. Durch flaches Ackerland über Cannara und Campofondo nach Bevagna. Von dort nach Spello und über den Franziskanerweg zurück nach Assisi und Castelnuovo. Ohne den letzten Anstieg hoch nach Assisi nur 300 Höhenmeter.

Übernachtungs-Tipp Die Trekkingbike-Redaktion wohnte im empfehlenswerten San Crispino Spa Resort. Das großzügige Landhaus liegt wenige Kilometer von Assisi entfernt in der Talebene bei Tordandrea. Eine Besonderheit ist der hauseigene Kräutergarten und eine Sammlung von historischen Rosen. Großer Pool und Wellness-Center. Übernachtung ab 70 Euro. www.assisibenessere.it. 69


Trutzige Mauern sch端tzen die Bewohner von Bevagna. 70


Radguide Umbrien: Todi und der Süden

Abseits vom Rummel Jahrhunderte lang genossen die Bewohner von Todi die Lebensqualität der Stadt völlig unbemerkt von der Weltöffentlichkeit. In den 1990er-Jahren machte ein amerikanischer Professor jedoch damit Schluss. Er behauptete in seiner Studie Todi sei eine perfekte Stadt. Resultat: Die Amerikaner kamen in Massen und die Immobilienpreise schossen nach oben. Mittlerweile hat sich der Rummel jedoch wieder gelegt. Zudem ist Todi seit 1999 Mitglied in der Bewegung „Citaslow“ – einer Bewegung zur Entschleunigung und Erhöhung der Lebensqualität in Städten. Das kommt auch Radfahrern sehr entgegen.

Für viele Amerikaner der vielleicht schönste Ort Italiens: das antike Todi.

Christliche Motive prägen die Andenken an den Souvenirständen in Umbrien.

Abendstimmung über der Altstadt von Todi.

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Radguide Umbrien: Todi und der Süden Malerische Stadtkulissen prägen die Ortschaften Umbriens. Hier Bevagna.

Entspannung pur So haben wir uns Urlaub in Italien vorgestellt. Wir entspannen im Liegestuhl bei angenehmen 25 Grad. Vor uns plätschert ein netter Swimmingpool mit erfrischendem Wasser und im Hintergrund baut sich die mittelalterliche Stadtkulisse von Todi auf. Rings um uns Olivenbäume und Wein. Seit zwei Wochen erkunden wir Umbrien mit dem

Wellness-Hotels Nach einem anstrengenden und erfüllten Tourentag entspannen Radfahrer gerne in der Sauna oder bei einem erfrischenden Bad. Die bei Radlern oft so beliebten „Wellness-Hotels“ waren bislang in Italien eher schwer zu finden. Anders jedoch in Umbrien. Hier haben sich unter dem Schlagwort „Umbria Benessere“ 18 besondere Hotels zusammengeschlossen, die den Gast nicht nur mit herzlicher Gastfreundschaft und typischer Küche, sondern auch mit einem modernen Wellness-Angebot verwöhnen möchten. Die Häuser selbst könnten dabei unterschiedlicher nicht sein und repräsentieren ihre meist Jahrhunderte alte Geschichte in modernstem Gewand. Zum Verbund gehören aber auch ganz neue Häuser, die die traditionsbewusste Lebensart perfekt aufgenommen haben. Wer also Komfort und Tradition gleichmaßen schätzt, wird bei Umbria Benessere sicher fündig.

www.umbriabenessere.eu 72

Rad und jetzt sind wir endlich im wahren Paradies angekommen. Hotel Roccafiore nennt sich das Landgut, dessen Besitzer es sich nicht nur zur Aufgabe gemacht hat, sportlich ambitionierte Gäste zu verwöhnen, sondern auch im Einklang mit der Natur die heimischen Produkte zu fördern. So beherbergt Roccafiore eine exquisite Weinkellerei, man presst das eigene Olivenöl aus biologischer Anbaufläche und kredenzt im Restaurant alle Produkte, die rund

Wellness-Hotels sind unter dem Begriff „Umbria Benessere“ zu finden.


um das Haus gedeihen. Je intensiver wir uns als Radfahrer mit dem Land und seinen kulinarischen Köstlichkeiten befassen, umso besser gefällt uns Umbrien. Auch die Touren rings um Todi sind für uns das echte Highlight. So waren wir vor zwei Tagen durch das Wein- und Hügelland in Richtung Montefalco gestartet. Eine mit 70 Kilometern und 1300 Höhenmetern für uns zwar durchwegs stramme Tour, aber die Erlebnisse unterwegs entschädigten für alle Mühen. Abwechslungsreicher kann eine Radtour nicht sein. Jetzt können wir bestätigen, dass Montefalco zu Recht zum „Club der schönsten Ortschaften Italiens“ zählt. Doch auch der phantastische Rundblick von Giano del Umbria und der Abstecher ins verträumte Nest Viepri werden uns lange in Erinnerung bleiben. Auf ihre Art einzigartig und mit unverwechselbarem Charme war auch gestern die Tour von Todi nach Collepepe durch die mittelalterlichen Dörfer Collazzone, San Terenziano und Frontignano. Heute dagegen waren wir im Süden und starteten von Aquasparta ins einsame Hinterland. Die kleinen Straßen ohne Verkehr sind wie geschaffen für Radfahrer. In jeder kleinen Ortschaft findet sich eine nette Bar oder Trattoria. Weiter im Süden gibt es noch mehr zu entdecken. Umbrien, wir kommen wieder! In jeder Ortschaft findet sich eine verträumte Bar.

Info Umgebung Todi Tourenverlauf + GPS-Daten Charakter Wein und Oliven bestimmen die Landschaft rings um www.trekkingbike.com

das Kulturzentrum Todi, das scheinbar unbezwingbar auf einem steilen Hügel steht. Als stetiges Auf- und Ab gestalten sich deshalb die meisten Touren, die den Radfahrer hier erwarten. Die wenigen flachen Passagen im Tal des Tibers haben nur wenig Reiz.

Touren-Empfehlungen Tour 5: Zu Besuch in antiken Dörfern zwischen Todi und den Monti Martani; 50 km, 900 Höhenmeter, mittel. Traumhafte Rundtour mit flachem Start und kernigen Anstiegen. Start an der Stadtmauer von Todi und auf Nebenstraßen in flotter Fahrt hinunter ins Tibertal. Lange Rollpassage auf mäßig befahrener Straße bis Collepepe. Ab hier beginnen Anstiege und Traumstrecken über Collazzone – San Terenziano – Frontignano zurück nach Todi.

Tour 6: Von Todi durchs Wein- und Hügelland nach Montefalco; 69 km, 1300 Höhenmeter, schwer.

Olivenöl ist nicht Olivenöl, sondern eine umbrische Lebensphilosophie.

Wälder, Weinberge, Olivenhaine und große Sonnenblumenfelder prägen den Charakter dieser sportlichen Tour. Höhepunkte sind der Besuch der Altstadt von Montefalco und der Blick von Giano dell Umbria. Start am Landgut Roccafiore am gegenüberliegenden Talhang von Todi. Zunächst auf einsamen Straßen mit teils kräftigen kurzen Anstiegen über Castel Ritaldi hinauf nach Giano dell Umbria (Traumstrecke!). In flotter Bergab-Fahrt durch Felder und Weinberge bis zum Anstieg nach Montefalco. Durch die Weinberge des berühmten Sagrantino über Vipri zurück nach Roccafiore/Todi.

Tour 7: Von Aquasparta ins Hinterland; 57 km, 900 Höhenmeter, mittel. Beschauliche Rundtour mit mäßigen Anstiegen. Herrliche Weitblicke von einsamen Höhenstraßen. Start in Aquasparta und Anstieg zur Hochfläche bis Casteltodino. Dann gemäßigtes Auf- und Ab auf kleinsten Straßen über Collesecco, Sismano, Aviglano Umbro, Collicello, Sambucetole zurück nach Montecastrilli und Aquasparta.

Übernachtungs-Tipp Empfehlenswerte Adresse ist das Landhotel Roccafiore bei Todi mit Sauna, Hallenbad und Wellness-Bereich. Eigene Weinkellerei und biologisches Olivenöl. Sehr gutes Restaurant. Übernachtung im DZ ab 99 Euro, www.roccafiore.it 73


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