Ergonomie-Spezial

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Extra: Ergonomisch Rad fahren Heft 6 / 2011

Spezial www.trekkingbike.com

Was ist Ergonomie? • So sitzen Sie richtig auf dem Rad • Schmerzen vermeiden • Messverfahren • Feintuning


Ergonomie-Spezial Was ist Ergonomie?

die Harmonie von Mensch & Maschine Ergonomen nehmen den Menschen so wie er ist – und passen die Maschine an ihn an. Ihr Ziel ist es, seine Stärken zu nutzen und Schwächen zu kompensieren. Wer auf Tour unter Beschwerden wie Kribbeln, Taubheitsgefühlen oder Schmerzen leidet, findet eine Vielzahl von Produkten, die gezielte Abhilfe versprechen: Multipositionslenker, die einen kurzfristigen Positionswechsel zur Entlastung des Rückens erlauben; Griffe mit Flügelchen, die den empfindlichen

Die Stärken des Körpers nutzen: Leistet der Oberkörper viel Haltearbeit, bildet er am besten einen rechten Winkel zwischen Oberarmen und Oberkörper. Ein Vorbild fürs Rad. 60

Ulnarnerv an der Handaußenseite schonen und Beschwerden im Ringfinger und im kleinen Finger vorbeugen; individuell angepasste Schuheinlagen, die ein Absinken des Fußgewölbes und damit auch Taubheitsgefühle in den Zehen verhindern; Sättel in vielfältigen Formen und mit unterschiedlichen Dämpfungsmaterialien, die mehr Komfort beim Sitzen versprechen. Diese Aufzählung ließe sich noch lange fortführen. Die meisten dieser Produkte machen für Radfahrer durchaus Sinn. Das einzige Problem dabei ist: Wer sie alle an sein Rad schraubt, besitzt noch lange kein ergonomisches Fahrrad. Ob das Velo unter ergonomischen Gesichtspunkten zu seinem Fahrer passt, bestimmen genau drei Punkte und deren Lage zueinander im Raum: Sattel, Griffe und Tretlager. Erst wenn die Winkel und Längenmaße dieses Dreiecks zum Körper des Fahrers passen, kann sich ein Aha-Erlebnis einstellen. „Eine ergonomisch


Interview

Quelle: Dr. Maximilian Meichsner, Matthias Laar: „Radsportspezifische Ergonomie. Ergebnisse zur Umfrage 2010“

In Ihrem Buch unterscheiden Sie „Brötchenholer“ von „Vielfahrern“. Was ist nötig, damit die Zahl der Vielfahrer steigt? Brötchenholer empfinden bereits Tagestouren ab 20 km als anstrengend. Sie klagen nicht etwa über Schmerzen in den Beinen, Juliane Neuß sondern über Probleme im Nacken, am Rücken, in den Handgelenken oder am Gesäß. Alles Anzeichen für ein unpassendes Rad. Muss also jeder Brötchenholer ein neues Rad kaufen? Nein, natürlich nicht. Es kommt selten vor, dass ein bestehendes Rad überhaupt nicht an die körperlichen Vorbedingungen seines Besitzers angepasst werden kann. Aber wer aus gesundheitlichen oder ökologischen Gründen viele Wege per Rad erledigen will, kommt um eine sorgfältige ergonomische Anpassung nicht herum. Wie sieht eine sinnvolle Sitzposition aus? Ich bezeichne sie als anstrengend bequem. Sie berücksichtigt jene Arbeitswinkel, die den Muskeln eine optimale Kraftentwicklung ermöglichen, sowie individuelle körperliche Vorbedingungen wie z. B. Muskelverkürzungen oder Bandscheibenschäden.

Häufige Beschwerden: 140 120 100 80 60 40 20 0

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Viele Radfahrer beklagen Schmerzen am Halteapparat: Sie sind meist die Folge einer falschen Sitzhaltung.

korrekte Sitzposition orientiert sich ausschließlich an den Winkeln, die Rumpf und Gliedmaßen auf dem Rad einnehmen können“, sagt die Ergonomie-Expertin Juliane

Beschwerden im Rücken oder in den Armen zurückzulegen. Wer unter dem Aspekt der Gesundheit Rad fährt, sollte sorgfältig auf eine korrekte Körperhaltung achten. „Die richtige Rahmenhöhe in Verbindung mit einem Multipositionslenker reicht dazu nicht aus“, warnt Juliane Neuß. Vielmehr gehe es darum, die Geometrie des Rades so an seinen Besitzer anzupassen, dass auch auf langen Strecken keine Fehlhaltungen entstehen. „Wer auf einer Tagestour viel Energie in die Abwehrspannung gegen eine unbequeme Sitzposition steckt, wird selten schmerzfrei ankommen“, prophezeit Juliane Neuß. Ein Beispiel: Ist der Abstand zwischen Lenker und Sattel zu kurz, gleichen Radfahrer die fehlende Länge häufig mit einem Rundrücken aus.

„Wer auf einer Tagestour viel Energie in die Abwehrspannung gegen eine unbequeme Sitzposition steckt, wird kaum schmerzfrei ankommen.“ Juliane Neuß Neuß. Weil jeder Körper andere Proportionen besitzt und unterschiedlich kräftig bzw. beweglich ist, muss das Rad an seinen Besitzer individuell angepasst werden. Im Rennsport ist Ergonomie seit langem ein viel beachtetes Thema. Dort zielen ergonomische Überlegungen in erster Linie auf die Kraftübertragung zur Optimierung der Geschwindigkeit. Die Frage, ob der Athlet auch nach seiner Karriere noch über einen gesunden Rücken verfügt, ist eher zweitrangig. Genau das aber ist der Wunsch von Alltags- und Tourenfahrern. Ihnen hilft eine korrekte Sitzposition, lange Strecken ohne

Doch in dieser unphysiologischen Haltung muss die Halswirbelsäule weit überstreckt werden, um nach vorne auf die Straße blicken zu können. Die Folge sind krampfartige Verspannungen und Schmerzen in den zarten Nackenmuskeln. „Das Ziel einer ergonomischen Sitzhaltung ist es, die Arbeit möglichst gleichmäßig auf viele Muskeln zu verteilen“, so Neuß. Dadurch wird jeder einzelne Muskel vor Überlastung geschützt und kann lange Leis­ tung erbringen. Je besser das Rad zu den individuellen Vorbedingungen seines Fahrers passt, umso schmerzfreier verläuft die Tour.

Zum Weiterlesen: Über Jahre hinweg hat sich die Autorin Juliane Neuß aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem Thema Fahrrad auseinandergesetzt: als Radfahrerin (z. B. Trondheim-Oslo), als Verkaufsberaterin in einem Hamburger Fahrradladen und als Entwicklerin des mitwachsenden Kinderrades Skippy, das heute von „Patria“ vertrieben wird. Ihr ErgonomieRatgeber bündelt diese vielfältigen Erfahrungen und veranschaulicht sie mit der Hilfe zahlreicher Bilder, die technische Details leicht nachvollziehbar machen. Ein Gewinn für alle, die besser auf ihrem Rad sitzen wollen – vom Brötchenholer bis zum Vielfahrer. Juliane Neuß: Richtig sitzen – locker Rad fahren; Delius Klasing Verlag; ISBN 978-3-7688-5322-4; 16,90 Euro

Lexikon Ergonomie

ist die Wissenschaft von der Gesetzmäßigkeit menschlicher Arbeit. Der Begriff setzt sich aus den griechischen Wörtern „ergon“ (Arbeit, Werk) und „nomos“ (Gesetz, Regel) zusammen. Ergonomie ist eng verbunden mit der Geschichte der Industrialisierung. Vor der Mitte des 19. Jahrhunderts war es üblich, dass jeder Mensch einen einzigen Produktionsprozess von Anfang bis Ende erledigte. Die industrielle Revolution schuf einzelne Fertigungsschritte, die mit immer denselben Handgriffen erledigt wurden. Die Folge war eine einseitige körperliche Belastung. Je geringer die Abwechslung, desto sorgfältiger musste man auf die Anpassung von Mensch und Maschine achten, um körperlichen Beschwerden vorzubeugen. Ähnliches gilt für lange Touren mit dem Rad. Das Ziel ergonomischer Überlegungen ist, die Arbeitsgeräte für eine bestimmte Aufgabe so zu optimieren, dass das Arbeitsergebnis optimal ist und die arbeitenden Menschen möglichst wenig geschädigt werden. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine.

SPEZIAL Heft 6/2011 Chefredakteur: Tom Bierl (verantwortlich) Art Direction: Hildegard Imping Redaktion: Angelika Urbach Schlusskorrektur: Barbara Merz-Weigandt Fotos: Daniel Simon, Jörg Spaniol, aus Buch: Richtig sitzen–Locker Rad fahren TREKKINGBIKE-Redaktion: Steinerstraße 15 (Haus D), 81369 München, Tel. 089/729602-0, Fax 089/729602-40, info@trekkingbike.com, www.trekkingbike.com

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Ergonomie-Spezial Der richtige Rahmen Sitzlänge

Lenkwinkel Oberrohrlänge

Sitzrohrwinkel

Steuerrohrlänge

Sitzrohrlänge

Radstand Hinterbaulänge

Tretlagerhöhe

Nachlauf

Rahmenbedingungen Auf den Rahmen kommt es an. Seine Geometrie bestimmt die Sitzhaltung auf dem Rad – zum Glück weitgehend unabhängig von den Fahreigenschaften. Die Höhe des Rahmens und die dazugehörigen Winkel bestimmen die Geometrie eines Rades. Plant der Rahmenbauer ein neues Rad am Rechner, verbindet er Winkel, Rohrlängen und Rohrquerschnitte zu einer stimmigen Einheit. Interessant ist dabei, dass er bei seiner Arbeit die Anforderungen an eine ergonomische Sitzposition weitgehend unabhängig vom gewünschten Einsatz des jeweiligen Rades betrachten kann. Das kommt so: Bestimmte Teile der Geometrie-Eigenschaften eines Rades beeinflus-

sen ausschließlich sein Fahrverhalten. Dazu gehören z. B. die Gabelvorbiegung, der Nachlauf, der Radstand und die Länge des Hinterbaus. Ein auf Laufruhe ausgerichtetes Reiserad besitzt hinsichtlich dieser Größen eine komplett andere Geometrie als ein wendiges Fitnessbike. Andere Maße dagegen beziehen sich auf die Ergonomie und sollten möglichst gut zum Körper des Fahrers passen. Dazu zählen die Länge des Sitzrohrs, der Sitzrohrwinkel, die horizontale Oberrohrlänge und die Länge des Steuerrohrs. Lediglich

Lexikon Rahmenhöhe

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Die Größenangabe eines Rades durch seine Rahmenhöhe war beim klassischen Diamantrahmen sinnvoll: Schließlich wollte der Fahrer wissen, ob er über dem Rahmen stehen konnte ohne sich im Schritt weh zu tun. Inzwischen schmälern moderne Rahmenformen und unterschiedliche Definitionen die Bedeutung der Rahmenhöhe als verlässliche Größenangabe von Rädern. Gemeinhin wird die Rahmenhöhe entlang des Sitzrohrs von der Mitte

des Tretlagers bis zur Oberkante des Oberrohrs gemessen; manchmal wird die Rahmenhöhe aber auch mit der Gesamtlänge des Sitzrohrs beschrieben. Für zusätzliche Verwirrung sorgen moderne Slopinggeometrien, bei denen die Höhe des Oberrohrs nach vorne hin ansteigt. Eine einheitliche Regelung wäre hilfreich. In Fachkreisen gibt es zwei neue Maße, die den Abstand zwischen Mitte-Tretlager und MitteOberkante Steuerrohr definieren. Reach = waagerechte Maß und Stack = senkrechte Maß zwischen beiden Punkten“


Drei GröSSen

Volker Dohrmann, Produktmanager

Für die Suche nach einem Rad mit dem richtigen Rahmen sind zunächst einmal dessen Größe und Länge wichtig. Beide Maße müssen zu der idealen Sitzposition des Kunden passen. Wer bereits einmal fachkundig vermessen wurde oder die Maße von seinem „alten“ Rad kennt, kann durchaus eine Internet-Recherche über die Geometrien einzelner Räder als ersten Schritt auf dem Weg zum optimalen Fahrrad unternehmen. Den Gang zum Händler sollte das Internet dennoch nicht ersetzen, warnt Volker Dohrmann. Denn: „Ob die Geometrie eines Rades tatsächlich zur gewünschten Sitzposition passt, lässt sich nur durch eine Probefahrt erfahren.“ Probieren Sie bei Probefahrten immer auch eine größere und eine kleinere Rahmengröße aus – selbst dann, wenn die Berechnung mit der Hilfe einer Formel ein eindeutiges Ergebnis erbracht hat. Der Blick eines erfahrenen Händlers und das eigene Fahrgefühl sagen oft mehr aus als ein Rechenergebnis. Während der Probefahrt kann der Händler beurteilen, ob die Sitzposition in Relation zum Tretlager passt und ob die Sitzlänge eine gerade Haltung des Rückens zulässt. Tipp: Muss die Sattelstütze vor der Fahrt sehr weit herausgezogen werden, ist das ein Zeichen, dass die Höhe des Rahmens – und damit oft auch die Rahmenlänge – zu klein sind. Die Größe eines falsch gekauften Rahmens kann man durch einen neuen Vorbau und eine neue Sattelstütze verändern, aber leider nur in Grenzen. „Mehr als zwei Drittel der Differenz zum nächstgrößeren oder nächstkleineren Rahmen lassen sich durch Anbauteile kaum ausgleichen“, schätzt Volker Dohrmann. Gut beraten sind Radfahrer deshalb mit der Wahl eines Herstellers, der Herrenrahmen in mindestens fünf Größen und Damenrahmen in drei bis vier Größen anbietet. Je feiner die Abstufungen zwischen den einzelnen Größen sind, umso leichter findet der Kunde den passenden Rahmen.

1. Die Rahmenhöhe

2. Die Oberrohrlänge … ist für die ergonomische Passform des Rades entscheidend. Zusammen mit dem Sattelversatz und dem Lenkerversatz muss sie der Sitzlänge des Fahrers entsprechen, also dem Abstand zwischen Gesäß und Händen. Vorsicht gilt bei ansteigenden Oberrohren: Hier entspricht die waagrechte Länge nicht der direkt gemessenen. Die individuell richtige Sitzlänge lässt sich nur an einem fertig eingestellten Rad messen. Sie ist kein fester Wert, der sich aus den Körpermaßen ergibt, sondern auch „typabhängig“. Für eine gemäßigte Sitzposition (Oberkörper und Arme bilden einen 90-Grad-Winkel) gelten folgende Formeln:

Berechnung der Sitzlänge Unter der Vorgabe, dass Oberkörper und Arme auf dem Rad einen 90-Grad-Winkel bilden, dient der „Satz des Pythagoras“ zur Berechnung der Sitzlänge: Armlänge2 + Rückenlänge2 = X Sitzlänge = Wurzel aus X So werden die erforderlichen Maße ermittelt: Armlänge = Vom Ansatz des Schlüsselbeins bis zur Mitte der lockeren Faust. Rückenlänge = Vom Schlüsselbein bis zum Schritt. Bitte beachten: Will man sportlicher sitzen, ist eine größere Sitzlänge als das Ergebnis dieser Berechnung nötig; bei einer aufrechten Sitzhaltung eine kleinere.

3. Der Sitzrohrwinkel

Rückenlänge

Die Ermittlung der Rahmenhöhe anhand der Beinlänge ist der erste Schritt zum passenden Rad. Für Trekking-, Cross- und Reiseräder eignet sich diese Formel: Innenbeinlänge x 0,66 = Rahmenhöhe in Zentimetern Ist die Größe des Wunschrahmens in Zoll angegeben, multiplizieren Sie die errechnete cm-Größe mit 0,3937! Liegt das Rechenergebnis zwischen zwei realen Rahmengrößen, so sind tourenorientierte Radfahrer meist mit dem größeren Rahmen gut beraten. Gut zu wissen: Besitzt das Rad eine gefederte Sattelstütze, sollten vier Zentimeter vom Rechenergebnis abgezogen werden.

Innenbeinlänge

„Ob die Geometrie eines Rades zur gewünschten Sitzposition passt, lässt sich nur durch eine Probefahrt erfahren.“

... müssen zu den individuellen Proportionen des Körpers passen. Dann ist der ergonomische Schnitt perfekt.

Armlänge

die Höhe des Tretlagers, die Form des Lenkers und die Art des Vorbaus nehmen Einfluss auf beide Eigenschaften des Rades: auf sein Fahrverhalten und auf die Sitzposition. Für Radfahrer bedeutet das, dass sie einen Randonneur genauso gut an die spezifischen Anforderungen ihrer individuell richtigen Sitzposition anpassen können wie ein Crossbike. Vorausgesetzt, die Höhe des Rahmens und die für die Ergonomie wichtigen Maße stimmen. Die Sorgfalt bei der Suche nach einem passenden Rahmen macht sich bezahlt. „Wer von vornherein ein gut passendes Rad kauft, spart sich hinterher Zeit und Kosten für aufwendige Umbauten“, betont StevensBrandmanager Volker Dohrmann.

Armlänge (links) und Rückenlänge (rechts) dienen zur Berechnung der Sitzlänge bei gemäßigten Sitzhaltungen.

... beschreibt den Innenwinkel zwischen dem Sitzrohr und der Horizontalen. Er entscheidet, wie effektiv die Beinkraft des Fahrers beim Pedalieren aufs vordere Pedal wirkt. Ein kleiner Sitzrohrwinkel führt dazu, dass die Kraft eher von hinten in die Umdrehung eingeleitet wird und das Körpergewicht weniger zur Kraftentfaltung eingesetzt werden kann. Dafür reicht der Radfahrer beim flachen Winkel mit den Füßen leichter zum Boden. Tipp: Wer ein vorhandenes Rad als Grundlage für einen Neukauf herUnabhängig vom Rohr wird der Sitzwinkel auf nimmt, sollte darauf achten, dass der Basis der Linie durchs Tretlager gemessen. Sitzrohrwinkel am Neurad dem „effektiven“ Sitzrohrwinkel des alten Rades entspricht. Häufig weicht der geometrische Sitzrohrwinkel, der vom Hersteller angegeben wird, vom tatsächlichen Winkel ab.

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Ergonomie-Spezial richtig Sitzen 2

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Haltungsfragen Kaum ein anderes Sportgerät bietet mehr Möglichkeiten zur Anpassung und verursacht so deutliche Beschwerden, wenn es falsch eingestellt ist. So sitzen Sie richtig auf dem Rad: Grundsätzlich schont Radfahren die Gelenke, weil auf ihnen weniger Gewicht lastet als beim Laufen. Dennoch muss sich ein Radfahrer immer auch darüber im Klaren sein, dass seine Position auf dem Rad bestimmte Arbeitswinkel der Gelenke festlegt. Und diese wiederum beeinflussen direkt

Rücken, im Nacken, in den Händen und in den Knien. Lassen sich solche Beschwerden wegtrainieren? „Leider nein“, sagt der Sportmediziner und Orthopäde Dr. Maximilian Meichsner aus Bad Tölz. Im Gegenteil: „Je länger die Ausfahrt dauert, umso schlimmer können

„Durch Fehlhaltungen verursachte Schmerzen lassen sich leider nicht wegtrainieren. Sie werden mit jedem Kilometer schlimmer.“ Dr. Maximilian Meichsner

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oder indirekt die Belastung auf den Bewegungsapparat. Zu den häufigsten Beschwerden, die aus einer ergonomisch unpassenden Haltung resultieren, zählen Schmerzen im

die Schmerzen und Verspannungen aufgrund einer Fehlhaltung werden.“ Für Menschen, die Lust auf Radtouren haben und ein falsch angepasstes Rad besit-


1 Schultern: im 90-Grad-Winkel Bilden die Oberarme und der Oberkörper einen rechten Winkel, dann übernehmen vor allem die kräftig ausgebildeten Anteile der Schultermuskulatur die Haltearbeit. Wird der Winkel dagegen kleiner oder größer, werden mehr zarte Muskeln an der Haltearbeit beteiligt, die eigentlich der feinen Beweglichkeit der Schulter dienen.

2 Oberkörper: eine geneigte Gerade Eine moderate Neigung des Oberkörpers – in Abhängigkeit von der individuellen Kraft der Rückenmuskeln – schützt die Wirbelsäule besser vor senkrechten Stößen als eine ganz aufrechte Sitzhaltung, weil die Rumpf- und Beinmuskulatur optimal fürs Abfedern eingesetzt wird. Darüber hinaus wird beim Treten mehr Kraft aufs Pedal gebracht als mit senkrechtem Oberkörper. Vorsicht: In einer sehr sportlichen Sitzhaltung müssen Hände, Arme und Schultern einen großen Teil der Stützlast übernehmen – es drohen Überlastungsbeschwerden.

3 Wirbelsäule: natürliche S-Form erhalten Ein gerader Rücken ermöglicht es der Wirbelsäule, ihre natürliche S-Form beizubehalten. In dieser Haltung kann die Wirbelsäule Erschütterungen optimal abfedern, gleichzeitig werden viele Muskeln gleichmäßig an der Haltearbeit beteiligt – und somit einzelne Partien vor einer Überlastung geschützt.

4 Arme: leicht einfedern Leicht angewinkelte Arme wirken wie Stoßdämpfer für von unten kommende Stöße. Werden die Ellbogen dagegen ganz durchgedrückt, setzen sich Erschütterungen bis zu den Schultern und zum Nacken fort.

Typologie des Sitzens

Die „Trekkingrad-Haltung“ mit geradem Rücken und vorteilhaftem Arm- und Hüftwinkel.

zen, ist das doppelt schade. Zum einen bleibt ihr Velo viel zu häufig unbenutzt stehen, zum anderen suchen sie die Schuld für Schmerzen oft bei sich selbst bzw. bei ihrem angeblich schlechten Trainingszustand. Der Gedanke, dass das mitunter teure Rad falsch eingestellt sein könnte, kommt oft zuletzt. Richtig aber ist: „Wer regelmäßig Rad fährt und dabei anhaltende oder schlimmer werdende Beschwerden spürt, kann davon ausgehen, dass mit der Ergonomie etwas nicht stimmt“, sagt Dr. Meichsner. Sich mit den Schmerzen zu arrangieren bzw. akute Beschwerden zu therapieren, ist eine Lösung. Der bessere Weg aber wäre, sich Gedanken über eine ergonomisch sinnvollere Sitzposition auf dem Rad zu machen. Die Investition von Zeit und Mühe zahlt sich in den meisten

5 Becken: nach vorne aufrichten Der gerade Rücken beginnt beim Becken. Oder anders gesagt: Die Aufrichtung des Beckens nach vorne ist die wichtigste Voraussetzung für einen geraden Rücken. Kippt das Becken durch eine Rundung des unteren Rückens nach hinten (z. B. um dem Druck eines unpassenden Sattels auszuweichen), setzt sich diese Rundung wie in einer Reihe ineinandergreifender Zahnräder über den gesamten Rücken bis zu den Halswirbeln fort.

6 Hände: in Verlängerung der Arme Die Handachse sollte möglichst in einer Verlängerung des Unterarms verlaufen. Das beugt einer Überlastung des Handgelenks vor.

7 Knie: spitzen Winkel vermeiden Steht das vordere Knie in der 3-/9-Uhr-Stellung genau senkrecht über dem Pedal, wird die Kraft beim Treten senkrecht aufs Pedal gebracht. Achtung: Liegt das Knie vor der Pedalachse, entsteht beim Treten ein zu kleiner Winkel im Knie. Dadurch steigt der Anpressdruck der Kniescheibe und es drohen Schmerzen im Kniegelenk.

8 Füße: vorne aufsetzen Wer den Fuß mit dem vorderen Fußballen anstatt mit dem Mittelfuß aufs Pedal setzt, verschafft dem Knie beim Pedalieren mehr Bewegungsfreiheit nach links und nach rechts. Das beugt Schmerzen im Kniegelenk vor. TIPP: Auf langen Touren muss auch die Haltemuskulatur im Schulter- und Nackenbereich einiges leisten. Eine zusätzliche Kräftigung dieser Partien hilft, damit der Schulterbereich nicht frühzeitig ermüdet und Verkrampfungen entstehen.

Sitzen Sie noch oder fahren Sie schon? Nicht jede Haltung berücksichtigt die Physiologie des Fahrers in gleichem Maß.

Die „Hollandrad-Haltung“: Der Rücken bleibt aufrecht, auf den Händen lastet kein Gewicht.

Fällen aus, verspricht der Sportmediziner: „Viele Beschwerden lassen sich auf diese Weise vermeiden!“ Informationen über die Sitzposition und das Anpassen des Rades liefert ein Blick in die Fachliteratur – oder auch der Gang zu einem Ergonomie-Dienstleister oder einem kompetenten Händler. Vorteil des Händlers: Muss das Rad umgebaut werden, hat dieser meist alle erforderlichen Teile wie Vorbauten, Lenker und Sättel auf Lager. Sind Beschwerden nach dem fachgerechten Anpassen des Rades weiterhin spürbar? Dann sollte ein geeigneter Sportmediziner zu Rate gezogen werden. Gut, wenn dieser mit dem Thema Radfahren möglichst eng vertraut ist. „Viele Radfahrer berichten, dass selbst Ärzte mit der Weiterbildung zum Sportmediziner

Die „Cityrad-Haltung“: Der hohe Lenker hat zur Folge, dass der Rücken in sich zusammenfällt.

kaum auf das Fahrrad als Sportgerät eingehen“, bedauert Dr. Meichsner. Vielleicht kennen Radfahrer aus dem Bekanntenkreis einen Sportmediziner, der selbst Radfahrer ist oder bereits andere Radfahrer als Patienten betreut? Ist dieser gefunden, liegt es am Patienten, den Dialog zwischen seinem Händler und dem Mediziner herzustellen. „Eine Dreieckskonstellation aus Sportmedizin, Patient und Händler ist für alle Seiten das Optimum“, betont Dr. Meichsner. Denn: Nur der Händler besitzt technisches BikeKnow-how und nur der Mediziner kennt die Zusammenhänge zwischen individuellen Beschwerden und ihren möglichen Ursachen. Dr. Maximilian Meichsner arbeitet als Orthopäde und Sportmediziner in der Praxis SportMedizin Oberland® in Bad Tölz; Infos: www.sportmedizin-oberland.de

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Ergonomie-Spezial Rahmen anpassen

Positionswechsel Halten Beschwerden auf dem Rad dauerhaft an, liegt das nicht an mangelnder Gewöhnung. Eine Änderung der Sitzposition kann helfen. Eine ergonomische Sitzposition berücksichtigt zwei Dinge: Größe und Gliedmaßenlänge des Fahrers sowie seine körperliche Verfassung, z. B. geschädigte Strukturen an der Wirbelsäule oder verkürzte Muskeln, die die Beweglichkeit einschränken. Den ersten Aspekt können handwerklich Begabte in der eigenen Werkstatt leicht in die Sitzposition auf ihrem Rad umsetzen. Fürs Schrauben zu Hause gelten zunächst dieselben Regeln wie bei den Profis im Labor: Die Einstellung des Fahrrads beginnt beim Sattel. Schließlich ist dessen korrekte Position zum Tretlager entscheidend für einen effektiven Antrieb. Danach gilt das Augenmerk dem individuell passenden Abstand zwischen Lenker und Sattel. Dieser wird ausschließlich durch Veränderungen am Lenker bzw. Vorbau erreicht – die bereits festgelegte Position des Sattels darf bei diesem Schritt nicht mehr verändert werden! Radfahrer mit gesundheitlichen Vorbelastungen sind bei einem Ergonomie-Spezialisten oder einem erfahrenen Händler, der sich in Sachen Ergonomie weitergebildet hat, besser beraten. Informationen über deren Angebote finden Sie auf den folgenden Seiten.

1. Sattelhöhe einstellen Das Einstellen der Sattelhöhe am Trekkingrad beginnt so: Stellen Sie sich neben das Rad und bringen Sie den Sattel in die Höhe, in der ein Gürtel auf Ihrer Hüfte aufliegen würde. Während einer anschließenden Probefahrt kann ein Partner Ihre Haltung nach der althergebrachten Faustregel beurteilen: Ist das Bein bei unten stehender Pedale nicht ganz durchgestreckt, besitzt der Sattel die richtige Höhe. Wer selbst kontrolliert, stellt bei senkrechter Kurbel den Fuß auf dem unten stehenden Pedal waagrecht; in dieser Haltung sollte das Bein ganz (!) durchgestreckt werden können – ohne dass gleichzeitig das Becken seitlich kippt.

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2. Knielot-Regel anwenden

3. Rückenneigung ermitteln

4. Lenker und Vorbau anpassen

Befindet sich der Sattel in der richtigen Höhe, kann man die waagrechte Position anpassen. Das Ziel dabei: Bei großer Kraftübertragung in der 3-Uhr9-Uhr-Stellung muss das vordere Knie senkrecht über dem Pedal stehen, um die Kraft optimal für den Vortrieb zu nutzen. Die richtige Stellung findet man mit dem Knielot: Bei korrekter Sattelposition zeigt ein Lot von der Vorderseite der Kniescheibe direkt auf die Pedalachse. Zeigt das Lot eher in Richtung Fußgelenk, muss der Sattel nach vorne gebracht werden; zeigt das Lot zu den Zehenspitzen, wird der Sattel nach hinten verschoben.

Ein gesunder Rücken sollte so weit geneigt werden, dass der Fahrer seinen Oberkörper auch ohne Zuhilfenahme der Hände stabilisieren könnte. Guter Test, der nur mit einem kräftigen Partner durchgeführt werden darf: Setzen Sie sich aufs Rad und lassen Sie dieses vom Partner stützen. Können Sie die Rückenneigung für kurze Zeit freihändig beibehalten ohne mit dem Becken eine Ausgleichshaltung einzunehmen? Dann ist die Haltung perfekt. Menschen mit Rückenproblemen sollten einen Sportmediziner zu Rate ziehen. Er wird mitunter eine aufrechtere Haltung empfehlen.

Die im Test ermittelte Rückenneigung und die individuell passende Sitzlänge (s. S. 63) bestimmen die Position des Lenkers. Am Fahrrad sollte der Abstand zwischen Hinterkante des Sattels und Griff der errechneten Sitzlänge entsprechen. Manchmal lässt sich die geforderte Sitzlänge nur durch einen neuen Vorbau und / oder eine andere Lenkerform erreichen. Die Höhe des Lenkers muss so justiert werden, dass sie zur gewünschten Rückenneigung passt und gleichzeitig die Sitzlänge beibehält. Tipp: Die Lenkerhöhe sollte die Sattelhöhe höchstens um zehn Zentimeter überragen.


Körper-analyse

Bike-Fitting vom Profi Wer ein neues (oder altes ...) Rad vom Fachmann anpassen lässt, hat die Wahl zwischen verschiedenen Techniken. Wir zeigen vier Beispiele und ihre Unterschiede. Ein ergonomisches Rad passt wie ein maßgeschneiderter Anzug. Klar, dass erfahrene „Maßschneider“ die Anforderungen des einzelnen Radfahrers besser in eine geeignete Sitzposition umsetzen können als der Radfahrer in Eigenregie. Die Dienstleistungen der Profis verfolgen alle dasselbe Ziel: eine Sitzhaltung, die auch auf langen Strecken komfortabel bleibt und den Körper vor Belastungsschäden schützt. Nur ihr Weg dorthin verläuft auf völlig unterschiedlichen Pfaden. Kunden haben

die Wahl zwischen einem futuristischen 3D-Scanning, Videoanalysen oder dem klassischen Messbock. In der Regel offerieren Fahrradhändler ihre Dienste nicht nur jenen Kunden, die ein neues Rad kaufen wollen, sondern auch anderen Radfahrern, die ihre Sitzposition auf einem bestehenden Rad verbessern wollen. Die Kosten dafür variieren je nach Umfang und Art der Analyse. Dass sich nicht jeder Kunde bei allen Systemen gleichermaßen gut aufgehoben fühlt, versteht sich fast von selbst. Hat man

Beispiel 1:

sich für ein Verfahren entschieden, helfen eine Internetrecherche, oder Gespräche mit erfahrenen Radfahrern aus dem Bekanntenkreis bei der Suche nach einem geeigneten Berater. Neben Händlern, die sich auf ergonomischem Gebiet weitergebildet haben, bieten auch manche Sportmediziner oder spezielle Ergonomieberater ihre Dienste an. Persönliche Empfehlungen sind dabei wertvoll: Jedes noch so hochwertige Messgerät ist nur so gut wie derjenige, der es bedient!

Bodyscanning

Die Premiumversion des Ganzkörperscanners von Bodyscanning CRM ermittelt Körpermaße berührungsfrei – und bildet den Body des Kunden sogar in 3D ab. Echt Wolke! Fahrradhändler alter Schule vermessen ihren Kunden von Hand und testen seine Beweglichkeit mit Übungen, die einer Physiotherapie ähneln. Doch dieser Körperkontakt ist nicht jedermanns Sache. Wer lieber Distanz wahrt, kann sich mit der Hilfe von Lasertechnik berührungsfrei vermessen lassen. Die einfache Version des Messgeräts von Bodyscanning CRM ermittelt in nur drei Minuten vier Messpunkte: Brustbeinköpfchen, Beckenkamm, Fausthöhe und die Körpergröße. Die Premiumvariante des Bodyscanners kann noch mehr: Sie wirft ein 3D-Bild des Kunden in Form einer Punktewolke aus. Dazu zieht man einfach ein weißes Shirt über die eigenen Klamotten und stellt sich in den Ganzkörperscanner – fertig. Für die Anpassung des Rades ist ein 3D-Bild nicht erforderlich, aber die Show ist eindrucksvoll. 2000 Partner verwenden weltweit das System der Bodyscanning CRM, ca. 250 Standorte gibt es in Deutschland (Adressen: www.bodyscanningcrm.de). „Die meisten deutschen Händler setzen auf die einfache Messtechnik mit vier Messpunkten. Unser 3D-Scanner ist vor allem an teuren Standorten in der Schweiz beliebt“, sagt Martina Schuwirth von Bodyscanning CRM. Der Vorteil für Händler: Sie vermessen ihre Kunden einfach und schnell. Die Scanner liefern Messwerte sowie Empfehlungen für die Geometrie des Rades: Oberrohrlänge, Sattelhöhe, Abstand zwischen Sattel und Lenker, Sattelversatz und das Lenkerniveau. Mit diesen Angaben muss der Händler ein geeignetes Rad finden. Dessen Einstellung erfolgt dann traditionell: in Handarbeit.

schnelles und berührungsfreies Messverfahren + für Radfahrer, die Distanz wahren wollen

die Messung nimmt nur Längenmaße auf und berücksichtigt damit keine individuellen körperlichen Vorschäden

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Ergonomie-Spezial

Beispiel 2:

Lasertechnik

Der „Bikescanner“ des Radlabors mischt professionelle Technik und die Nähe zum Kunden.

„Schon mit wenig Mitteln lassen sich erstaunliche Erfolge erzielen. Eine kleine Unterstützung im Schuh, schon läuft der Tritt rund.“ Matthias Laar, Sportwissenschaftler

An ihren Standorten in Freiburg und München verhelfen die Experten der Radlabor GmbH sogar Profis zu einer besseren Sitzposition. Mit ihrer Laser-Messtechnik können sie bis zu 13 Längenmaße am Körper des Sportlers exakt messen. Dazu fährt der Berater mit einem so genannten Kreuz-Laser festgelegte Messpunkte am Körper an, deren Daten per Knopfdruck direkt im Computersystem festgehalten werden. „Wir messen beide Körperhälften getrennt voneinander“, betont Geschäftsführer Dr. Björn Stapelfeldt. So können Ungleichheiten bei der Einstellung des Rades berücksichtigen werden. Aus diesen Körpermaßen errechnet der Computer mit der Hilfe eigens entwickelter Formeln die optimale Sitzposition. Anschließend wird diese am Rad des Kunden eingestellt – und auf der Rolle verifiziert. Die Analyse eignet sich zur Verbesserung der Sitzposition auf dem eigenen Rad und auch zur Ermittlung der eigenen Maße vor dem Kauf eines neuen Bikes. Kosten: je nach Leistungsumfang zwischen 95 und 270 Euro. Die Radlabor GmbH bietet ihr Messsystem inkl. der Berechnungsformeln unter dem Namen „Bikescanner“ auch Fahrradhändlern an. Infos: www.radlabor.de

exakte Messmethode, die beide Körperhälften getrennt voneinander + eine vermisst Berechnung eines Computers ist für den Kunden weniger nachvoll– die ziehbar als andere Analyseverfahren 72


Körper-analyse

Beispiel 3:

Videoanalyse

Beispiel 4:

Messbock

Videobilder lassen sich einfrieren oder in Zeitlupe abspielen. Das erleichtert die Analyse und macht sie für den Kunden nachvollziehbar.

Der Messbock kann nahezu jede Sitzposition auf dem Rad simulieren. Händler (und Kunden!) mit viel Freude am Experimentieren schätzen die feinen Verstellmöglichkeiten.

Zunächst wird der Kunde vermessen und sein Rad auf der Grundlage dieser Maße eingestellt. Zur Kontrolle kommt das Velo dann auf die Rolle und der Fahrer wird während der Bewegung gefilmt: Die Videoaufnahmen erlauben es, einzelne Sequenzen während einer Kurbelumdrehung langsam bzw. als Standbild zu betrachten. Gleichzeitig können Körperwinkel und Geraden direkt ins Bild eingezeichnet werden. Der Vorteil für den Kunden ist die Anschaulichkeit des Verfahrens: Er beobachtet sich selbst beim Pedalieren, während der Berater Fehlhaltungen analysiert und Stück für Stück die Sitzposition verbessert. Steht die Kamera z. B. hinter dem Radfahrer, zeigen die Bilder, ob das Becken beim Treten seitlich kippt oder ruhig bleibt. Von vorne zeigt der Film seitliche Pendelbewegungen des Knies. Seitenaufnahmen verdeutlichen die Beinwinkel und die Haltung des Rückens. Seit Jahren setzt die Fahrradmarke „Specialized“ auf Sitzpositionsanalysen mit ihrer BG Fit Data-Software und schult ihre Händler durch entsprechende Fortbildungen; Infos: www. specialized.com. Die Firma „gebioMized“ ist gerade dabei, ihre Standorte für videogestützte Sitzpositionsanalysen in Deutschland auszubauen; Kosten: 119 Euro; Infos: www.gebiomized.de

Bei Händlern hochwertiger Räder, die mitunter speziell auf Kundenwunsch gefertigt oder ausgestattet werden, erfreut sich der Messbock großer Beliebtheit. So dürfen Radfahrer, die sich z. B. für ein Rad von „Velotraum“ oder „Patria“ interessieren, in der Regel auf der Messmaschine Platz nehmen. Dank seiner breiten Vielfalt an Verstellmöglichkeiten – selbst ein besonderer Sattel oder Lenker sind schnell anzubringen – macht das Gerät überall dort Sinn, wo Fahrräder nicht in allen Größen für eine Probefahrt auf Vorrat gehalten werden können. So funktioniert’s: Hat der Händler seinen Kunden, z. B. mit der Hilfe einer Messlatte vermessen, nimmt er anhand der Daten eine erste Einstellung des Messbocks vor, der den Kunden an seinen drei Kontaktpunkten fixiert: Lenker, Sattel und Pedal. Durch das Verstellen von Sattelhöhe, Sitzlänge und Lenker lässt sich die optimale Geometrie für die zuvor gemessenen Arm- und Beinlängen schaffen. Danach wird der Händler die Sitzposition während des Pedalierens auf dem Messbock beurteilen und weiter optimieren. Dieser Prozess erfordert eine genaue Kenntnis der optimalen Körperwinkel. Darüber hinaus können im Gespräch Vorlieben oder Beeinträchtigungen des Kunden berücksichtigt und direkt in einer neuen Variante der Sitzposition umgesetzt werden. Ist die passende Sitzhaltung gefunden, kann der Händler die notwendigen Maße fürs Rad direkt am Messbock ablesen. Infos: www.patria.net; www.velotraum.de.

Anhand der Videobilder werden die einzelnen Einstellungs+ schritte am Rad für Kunden besonders gut nachvollziehbar.

Anpassung im Dialog mit dem Händler; Wünsche oder körperliche + Beeinträchtigungen des Kunden können sofort berücksichtigt werden.

derart gründliche Analyse ist nicht in drei Minuten – Eine vollbracht. Radfahrer sollten dafür ein wenig Zeit einplanen.

Händler benötigt ein extrem gutes Auge. Im Gegensatz zu Videoana– Der lysen kann die Bewegung auf dem Messbock nicht eingefroren werden.


Quelle. Buch von Juliane Neuß: Richtig sitzen-locker Rad fahren

Ergonomie-Spezial Feintuning

Passt! Auf einem bequemen Sattel bleibt das Becken automatisch in einer geraden Verlängerung der Wirbelsäule.

Passt nicht! Bei Schmerzen weicht das Becken dem Satteldruck aus. Diese unphysiologische Fehlhaltung setzt sich nach oben fort.

Feintuning An einem perfekt eingestellten Rad erhält das Feintuning mit Ergonomieprodukten eine neue Bedeutung. Denn: Das Ganze ist meist mehr als die Summe seiner Teile.

Das Polster

Der Sattel muss zur Sitzhaltung und zur individuellen Form des Beckens passen. Je weiter der Rücken auf dem Rad nach vorne geneigt wird, umso schmaler ist die Auflagefläche des Beckens auf dem Sattel. Deshalb sind Sportsättel z. B. schmaler geschnitten als ein Sattel fürs Cityrad. Die Grenze der Rückenneigung ist erreicht, wenn das Becken mit seiner Unterseite vollflächig auf dem Sattel aufliegt, ohne bereits Druckschmerzen im vorderen Schambereich zu erzeugen. Wer sehr druckempfindlich ist, wird eine geringere Rückenneigung bevorzugen. Menschen, die trotzdem gerne sportlich

sitzen wollen, können die Sattelnase etwas tiefer stellen. Damit wird eine stärkere Beckenkippung möglich. Tipp: Sättel, die im mittleren Bereich etwas stärker nachgeben, haben teilweise denselben Effekt. Ob der Sattel passt, zeigt nur eine längere Probefahrt. Passt er nicht, wird der Fahrer dem unangenehmen Druck des Sattels bald ausweichen und eine unphysiologische Kompensationshaltung einnehmen, die sich vom Becken über die Wirbelsäule bis in den Nackenbereich fortsetzt. Deshalb ist der Sattel von entscheidender Bedeutung für eine ergonomisch korrekte Sitzposition.

SELLE ITALIA Lady Gel Flow Die Aussparung im Mittelteil schützt die feinen Nerven und Blutgefäße des Dammbereichs, gleichzeitig sorgen unterschiedlich feste Gelpolster am Rand der Aussparung für eine gleichmäßige Druckverteilung; 89,00 Euro; Infos: www.paul-lange.de

SQLAB 602active

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Das Stufensattel-Prinzip von SQlab belastet die Sitzhöcker und entlastet den Dammbereich. Die Sättel der active-Linie verfügen über Elastomere, die unter dem Druck der Sitzbeinhöcker leicht zur Seite nachgeben; der 602active kostet 99,95 Euro; Infos: www.sq-lab.com


Das Cockpit

Knickt das Gelenk nach außen, wird der Karpaltunnel eingeengt, über den Daumen, Zeige- und Mittelfinger versorgt werden. Vor allem bei geraden Lenkerformen ist das ein häufiges Problem. Wer eine lange Tour plant, kann an seinen geraden Lenker Hörnchen montieren, die ein zeitweises Umgreifen ermöglichen. Ergonomische Griffe schützen durch ihre breiten Auflageflächen den Ulnarnerv, der für das Empfinden im kleinen Finger und im Ringfinger verantwortlich ist. Tipp: Passt die Neigung des Rückens zur Kraft der Rückenmuskeln, werden die Hände in ihrer Haltearbeit ohnehin so weit entlastet, dass Beschwerden weniger häufig auftreten.

BY.SCHULZ Speedlifter Wird Ihr Rücken auf langen Touren müde? Dann bringt der Speedlifter classic den Lenker mit einem einzigen Handgriff um bis zu 14 cm nach oben; 59,95 Euro; Infos: www.byschulz.de

ERGON GR3 Schutz gegen Kribbeln: Die breiten Flügel ergonomisch geformter Griffe schützen empfindliche Handnerven, der GR3 von Ergon besitzt zusätzlich ein winkelverstellbares Barend; 59,95 Euro; Infos: www.ergon-bikes.com

Der Antrieb

Eine feste Verbindung zwischen Schuh und Pedal verbessert die Übertragung der Kraft während der Kurbelumdrehung. Fans von Klickpedalen sollten die Verbindungselemente so montieren, dass ihr Fuß mit dem Ballen über der Pedalachse steht. Wer unter „eingeschlafenen Füßen“ leidet, kann das Fußgewölbe durch Einlegesohlen stabilisieren und so den Druck auf die feinen Nerven und Blutgefäße mindern.

ERGON PC2 Die große, rutschfeste Standfläche reduziert die Druckbelastung und sorgt für eine gute Kraftübertragung sowie eine gute Fußstellung auf dem Pedal; 69,95 Euro; Infos: www.ergon-bike.com

SHIMANO MT71 Wasserdichter Tourenschuh mit griffiger Vibramsohle. Praktisch: Die Aussparung in der Sohle passt in SPD-Klickpedale und gibt Halt ohne echtes Einklicken, für 149,95 Euro; Infos: www.paul-lange.de

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mehr Infos zum Thema:

www.trekkingbike.com Suche: Sattel


Ergonomie-Spezial XS und XXL

Räder für Kleine Menschen unter 1,60 m haben ein kleines Problem: Der Lenker ist meist weit weg, die Füße reichen nie zum Boden. Was tun? Vor der Suche nach einem passenden Rad sollten kleine Erwachsene ihre Wünsche genau überdenken, rät Fahrradhändler Thomas Just. „Viele kleine Menschen neigen dazu, sich ein zu großes Rad auszusuchen“, weiß er aus zahlreichen Kundenberatungen. Doch die

die gestreckte Sitzhaltung auf dem langen Rahmen das Lenken mühsam und belastet die Handgelenke durch die Haltearbeit. Liebhaber klassischer Diamantrahmen werden ohnehin Abstriche machen müssen. Schließlich ist es wichtig, dass man über dem Oberrohr

„Herrenräder machen bei kleinen Menschen erst dann Sinn, wenn ihr Körpergewicht mehr Steifheit erfordert als ein Damenrad bietet.“ Thomas Just Vorstellung, man könne sich auf einem großen Rad genauso groß fühlen wie hoch gewachsene Menschen, ist natürlich falsch. Vielmehr macht

Die Kurbel Die meisten Räder besitzen Kurbeln mit einer Länge von 1,70 cm. Große Menschen fahren mit 175er-Kurbeln besser, weil sie damit beim Pedalieren einen größeren Winkel in der Hüfte erreichen. Kleine Menschen dagegen schonen mit kurzen Kurbeln (160 cm, 150 cm) das Kniegelenk. Tipp: Die Länge passt, wenn das Bein (Ferse auf dem Pedal) im tiefsten Punkt der Umdrehung ganz durchgestreckt werden kann und in der 10-UhrPosition nicht stärker als 90 Grad angewinkelt ist. 76

stehen kann und noch zwei bis drei Zentimeter Platz nach oben bleibt. Doch bei den meisten Herrenrädern ist bei einer Rahmenhöhe von 46 Zentimetern Schluss. Kleiner geht nicht. Dazu kommt die Sitzlänge, die bei den meisten Herrenrahmen eher lang als kurz ausfällt. Was tun? „Die Lösung ist der Kauf eines Damenrades“, schlägt der Händler vor. Denn: Kleine Frauen und Männer sind meist leicht und ein kleiner Rahmen ist auch dann noch relativ steif, wenn er einen tiefen Einstieg hat. Just: „Herrenräder machen bei kleinen Menschen erst dann Sinn, wenn ihr Körpergewicht mehr Steifheit erfordert als ein Damenrad bietet.“ Beim Bau kleiner Rahmen stößt der Rahmenbauer auf ein Problem: Schrumpft die Länge des Oberrohres, stoßen die Füße in den Kurven an den Reifen oder bleiben am vorderen


Kauftipps XXL

Kauftipps XS

• stabile Felgen und Speichen bewahren schwere Fahrer vor häufigen Pannen • Federelemente sind meist nicht für das Gewicht von großen, schweren Menschen ausgerichtet • viele Gänge helfen, den eher geringen Anteil an Muskelmasse im Verhältnis zur Körpergröße auszugleichen

• 26-Zoll-Räder besitzen meist einem kompakten, kleinen Rahmen • niedrig gebaute Gepäckträger erleichtern das Aufsteigen beim Herrenrahmen • eine niedrige Tretlagerhöhe in Kombination mit kurzen Kurbeln erleichtert kurze Stopps

Schutzblech hängen. Kleinere Menschen tun deshalb gut daran, sich nach einem Rad mit 26-Zoll-Laufrädern umzusehen. Im Vergleich zu den 28ern machen diese das Rad zwar agiler und zappeliger, doch der Rahmen lässt sich durch die kleinen Reifen insgesamt kompakter bauen. Übrigens: Je steiler der Sitzrohrwinkel des Rades ist, desto besser bringt er Menschen mit kurzen Oberschenkeln in die richtige Position zum Tretlager! Ist ein passender Rahmen gefunden, kann dieser – falls nötig – mit einigen Umbaumaßnahmen an die Bedürfnisse kleiner Menschen angepasst werden. „Oft wirkt ein schmaler Lenker Wunder, der in etwa der eigenen Schulterbreite entspricht“, betont Thomas Just. In Kombination mit einem nicht allzu ausladenden Vorbau verfliegt jenes gespreizte Gefühl beim Lenken, das an kleine Kinder auf übergroßen Rädern erinnert.

Räder für GroSSe Wer über 1,90 m groß ist, lebt außerhalb der Dimension eines Standardrahmens. Die Lösung? Bietet nur ein XL-Rahmen. Die meisten Hersteller bauen Rahmen bis zu einer Größe von ca. 62 Zentimetern, das reicht gerade mal bis zu einer Körpergröße von 1,90 Meter. Viele der „Großen“ trotzen diesem Mangel, indem sie einen kleinen Rahmen mit einer langen Sattelstange und einem hohen Lenker ausgleichen. Doch aus ergonomischer Sicht besitzt diese Lösung einen Nachteil: Die in der Länge fehlenden Zentimeter lassen sich auf diese Weise nämlich nicht wettmachen. „Wer größer als 1,90 Meter ist, sollte besser auf Rahmen in Übergrößen bzw. Überlängen zurückgreifen“, rät der Fahrradhändler Thomas Just. Die gibt es z. B. von Utopia, Velotraum, VSF Fahrradmanufaktur oder Patria. In der Regel besitzen die XL-Rahmen insgesamt längere Rohre mit dickeren Rohr-Wandstärken. Damit ist das Rad kein Leichtgewicht, aber einem langen und eher schweren Kunden durchaus angemessen. Große (und schwere) Menschen besitzen viel Körpermasse, mit der sie ihr Rad gewichts- und schwingungstechnisch belasten. „Deshalb sollte der Rahmen möglichst steif in der Kurbel stehen und sich beim kräftigen Tritt wenig Ketten-Schrägzug erlauben“, sagt Thomas Just. Ab einer Rahmenhöhe von 65 cm nutzen viele Rahmenbauer Diagonalstreben, die quer im Rahmen angeordnet sind, um die gewünschte Steifigkeit zu erreichen. Thomas Just ist Fahrradhändler in Düsseldorf. Das Thema Ergonomie liegt ihm bei der Beratung von Alltags- und Reiseradfahrern besonders am Herzen; Infos: www.zweirad-just.de.


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