Triumph Magazin 1-2012

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36. Jahrgang / Ausgabe 1/2012

Weiche Schale, harter Kern

TRIUMPH

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DAS MAGAZIN FÜR FREUNDE DER BRITISCHEN ROADSTER TR 2–TR 8 TR Interessengemeinschaft Südwest e. V. c/o Manfred Diehl Rumpfstraße 1 61476 Kronberg im Taunus

TECHNIK

TECHNIK

HISTORY

Telefon: 06173 5192

Panne im Pfälzer Wald

Wie ich unter die Haube kam

Group 44

> Seite 62

> ab Seite 67

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E-Mail: info@triumph-ig.de www.triumph-ig.de


Titelfoto: Markus Nikot Weiche Schale, harter Kern

Auf den Spuren der Nibelungen ….. Unter diesem Motto gibt es eine geführte Ausfahrt durch den sommerlichen Odenwald. Start ist am Samstag den 23. Juni morgens um 10.00 Uhr am Porsche Zentrum Darmstadt, Hilpertstraße 5, 64295 Darmstadt. Clubkamerad Hans-Werner Mattis, Fahrtleiter der Nibelungenfahrt, hat eine schöne Strecke auf kleinen und kleinsten Sträßchen durchs Siegfried- und Krimhild-Land ausgearbeitet. Gefahren wird nach eingezeichneter Strecke oder auch einfach h i n t e r e i n a n d e r h e r, j e d e r w i e e r e s m a g . M i t t a g s g i b t ’s e i n P i c k n i c k auf einer schön gelegenen Wiese – jeder bringt sich selbst was mit. Am späten Nachmittag kehren wir wieder in die Nähe von Darmstadt zurück, wo in einem kleinen Lokal ein paar Tische für uns reserviert sind. Kosten ? Keine ! A n m e l d u n g e n b i s z u m 2 0 . J u n i b e i : H a n s - W e r n e r M a t t i s , Te l . 0 6 1 5 1 65001, oder Fax 06151 65002, oder per mail: mattis@rtce.de

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Wie ich unter die Haube kam

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TRIUMPH

– magazin für freunde der britischen roadster TR2-TR8

TRIUMPH

wird herausgegeben von der TR Interessengemeinschaft Südwest e.V.

TRIUMPH

erscheint 4x jährlich jeweils zu Beginn der Saison 22.3. - 22.6. - 22.9. - 22.12. Geschäftsstelle TR Interessengemeinschaft Südwest e.V. c/o Manfred Diehl Rumpfstraße 1 61476 Kronberg im Taunus Telefon: 06173 / 5192 E-mail: Info@Triumph-IG.de 2. Vorsitzender und Clubkontakte Holger Schlemeier Moreaustrasse 18 84419 Schwindegg Tel.: 08082 / 1671

TRIUMPH Frühling 2012 – 2

Redaktion der Zeitung Redaktionsanschrift Manfred Diehl Rumpfstraße 1 61476 Kronberg im Taunus Telefon: 06173 / 5192 E-mail: Info@Triumph-IG.de Internet: http://www.Triumph-IG.de ständige MitarbeiterInnen Manfred Diehl (Koordination) Birgit + Rainer Habla (Lektorat, Layout, Druck) Karl Hense (Werbung) Jochen Ruppel (Ersatzteile, Technik) Inge+Arthur Williams (Overseas Koordinator) Holger Schlemeier (ADAC Beauftragter) In dieser Zeitung abgedruckte Artikel dürfen unter Angabe der Quelle in anderen Clubzeitungen veröffentlicht werden. Ausgenommen sind Berichte, die vom Autor mit © gekennzeichnet sind. Auflage: 680 Exemplare

Anzeigen Anzeigen sind jeweils vier Wochen vor dem Erscheinungsdatum der kommenden Ausgabe an die Redaktion einzusenden. Kleinanzeigen sind für die Mitglieder kostenlos. Preise für gewerbliche Anzeigen auf Anfrage. Bankverbindung TaunusSparkasse Kontonummer: 55 00 90 58 Bankleitzahl: 512 500 00 Swift/Bic: HELADEF1TSK

36. Jahrgang / Ausgabe 2/2012

36. Jahrgang / Ausgabe 1/2012

in allerletzter Minute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

und das nächste Mal . . .

. . . Alternative Antriebe – Wer gewann die Highland Games ? u.v.m.

Jahresbeitrag Der Jahresbeitrag von € 35,- ist jeweils im 1.Quartal des Jahres auf das Konto der I.G. Südwest e.V. zu überweisen.

Summertime Druck Neu-Isenburg

AUSFAHRT

TECHNIK

HISTORY

Die schönsten Strecken

Schrauberlatein

Alteisen

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TRIUMPH Frühling 2012 – 103


Inhalt

titel impressum inhalt termin unter uns titelstory sport einladung reprint unfall recht adac

ausfahrt technik

ratgeber technik

unter uns

rätsel unter uns history avd stammtisch tr-info ps

1 2 3 4 5 6 7 8 9 14 16 20 21 22 23 24 25 30 33 34 35 36 38 39 41 44 45 48 49 50 51 52 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 74 75 76 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 90 91 94 95 99 100 101 102 103

Frühling 2012 Heft 1 36. Jahrgang

Terminübersicht 2012 Editorial Weiche Schale, Harter Kern

von Frank Schädlich und Markus Nikot

Die TR6 der Group 44 TRiumph-Renngeschichte

Classic Days Schloss Dyck 2012 ADAC-Eifelrennen um den Jan-Wellem-Pokal 2. BRITISCHES KLASSIKER-TREFFEN IN SAARBRÜCKEN Warum fahren Sie nicht mal rüber ? Mit dem Auto durch die DDR

Was tun, wenn es kracht

Vom richtigen Verhalten nach einem Unfall

„Wegelagerei“ eine moderne Erscheinung? Recherchiert von Frank Schädlich

Neue Informationen vom ADAC Bundesrat beschließt Wechselkennzeichen Neue Regelung zum 1. Juli 2012

Kolonne fahren – nein danke Touren mit mehreren Fahrzeugen

Alternative Antriebe

3. Teil: Brennstoffzelle und Stirlingmotor

Wasser marsch !

Es tut sich was bei der Brennstoffzelle

Ein tolles Angebot ...

Das Geheimnis der englischen Verkaufssprache

Panne im Pfälzer Wald

Ein Erlebnisbericht von Marco Zelano

Umbau der Vorderachse: TR4A --> TR5/TR6 Nötig oder unnötig – entscheidet selbst

Wie ich unter die Haube kam Ein Leben mit dem TR

Zu kurze Beine ?

Wir machen aus der Not eine Tugend

Norm-Leistung

Mit genormten Vergleichskriterien zum objektiven Vergleich

Soll ich oder soll ich nicht ?... meine Radschrauben fetten Das Wort zum Sonntag Bericht zur Kassenlage 2011 von Manfred Diehl

Pinnwand

Leserbriefe Rätsel - Rituale für den Winterschlaf - die Lösung ! Rätsel - Ersatzteilbeschaffung - Neu ! Wenn der Adler mit Triumph über uns schwebt ... Autos von gestern auf Straßen von heute „Replica-Autos“

AvD - Pressedienst Stammtischgebabbel Nachrichten rund um den TR Einladung - Auf den Spuren der Nibelungen / Odenwaldtour TRIUMPH Frühling 2012 – 3


termine saison 2012 Interessantes für TR-Fahrer

4. 3.

März

Triumph Spares Day, Stoneleigh Park, GB

21. - 25.3. Techno-Classica, Essen, info: www.siha.dev 22. - 25.3. Retro Classics, Stuttgart, info: www.messe-stuttgart.de/retro (beide Messen zum selben Termin !!!) 31. 3.

VorderpfalzClassic Berg Festival, info: www.vorderpalz-classic-festival.de neues

TRIUMPH magazin

13. - 15. 4. Hockenheim Historic, info: www.hockenheim-historic.de 14. - 15.4. VETERAMA, Ludwigshafen (Auto und Motorrad)

April

21. - 22.4. VETERAMA, Ludwigshafen (Motorrad) 27. - 28.4. Baden-Classic, Gaggenau, info: www.baden-classic-sport.de

29. 4.

Nibelungenfahrt, Darmstadt, info: www.rtce.de

13. 5.

Engländertreffen-Treffen, Rendsburg, info: www.ac-rendsburg.de

17. - 20. 5. Mille Miglia 2012, info: www.1000miglia.eu

Mai

19. - 20.5. Standard Triumph Marque Day, Prescott, GB 19. - 20.5. Beaulieu International Autojumble, info: www.beaulieuevents.co.uk 25. - 28.5. TR Register Deutschlandtreffen, Papenburg, info: www.tr-register.de 3. - 10. 6. 2. Fahrt nach Leogang, A, info: 069-7891116 2. 6.

Juni

Oldtimersternfahrt zum Hessentag Wetzlar, info: www.oldtimerfahrt.de

8. - 9. 6. Eifelrennen, Eifelclassic, Nürburgring, info: www.adac-eifelrennen.de 8. - 10.6. Britisches Fahrzeugtreffen, Bockhorn, info: www.bockhorner-oldtimermarkt.de 23.6. Auf den Spuren der Nibelungen, siehe Seite 103 30. 6.-1. 6. Retro Show, Santa Pod, Wellingborough, GB, info: www.santapod.co.uk neues

Juli

TRIUMPH magazin

6. - 8. 7.

Classic Le Mans 2012

6. - 8. 7.

Veteranentreffen „Rund um das Göttinger Gänseliesel“, info: www.vffg-ev.de

27. - 29. 7. Golden Oldies, Wettenberg, info: www.golden-oldies.de 3. - 5. 8.

August

September

Classic Days, Schloss Dyck, info: www.classic-days.de

10. - 12. 8. TR Register International Weekend, Malvern, GB, info: www.tr-register.co.uk 10. - 12. 8. AvD Oldtimer Grand Prix, Nürburgring 26. 8.

British-Car-Meeting, Mollis, CH, info: www.swisstrclub.ch

16. 9.

Triumph Festival, Fourneau Saint Michel, B, info: www.triumph-belgium.be

14. - 21. 9. European TR Meeting, Schweiz, info: www.swisstrclub.ch 22. - 23. 9. Hockenheim Classics, info: www.hockenheim-classics.de neues

TRIUMPH magazin

Zusammengestellt nach bestem Wissen und Lust und Laune TRIUMPH Frühling 2012 – 4


Editorial

Glücklich ist, wer Freunde hat von Manfred Diehl

Neulich habe ich in der Zeitung gelesen: „Glücklich ist, wer Freunde hat“. Das ist keine neue These, aber sie wurde wieder einmal von einem Soziologen aus Harvard bestätigt. Was hat das mit uns, mit den Triumph‘en zu tun? Glücklich ist also, wer wahre Freundschaft erlebt. Denn Vertrauen, tiefgründige Gespräche sowie die Freude an gemeinsamen Unternehmungen haben starken Einfluss auf unser Wohlbefinden. Spaß haben und sich gemeinsam berauschen, schafft zwar ein momentanes Hochgefühl, aber zu einer nachhaltigen Freundschaft gehört mehr. Ein Freund ist jemand, der die richtigen Fragen stellt und mit dem man wichtige Dinge besprechen kann - jemand vor dem ich mich nicht verstellen muss. Wer jetzt sagt, er hätte keine Freunde und das bedauert, kann das sofort ändern. Komm zu einem unserer Stammtische. Oder nimm an einer unserer Veranstaltungen teil. Verschiedene Nachrichten (siehe Pinnwand) aus unseren Stammtischen zeigen, dass diese leben. OK, in Krefeld hat jetzt Dieter Kempkes das Handtuch geworfen, weil keiner mehr kommen will. Aber das Beispiel Rainer Klocke in Aachen zeigt es tut sich etwas. Ganz zu schweigen von den vielen geplanten Ausfahrten der Stammtische Rheingau, Pfalz und Frankfurt. Gerade bei den beiden zuerst genannten gelingt es durch ein wechselndes Programm die Mitglieder anzuregen. Wechselnde Locations und zusätzliche Veranstaltungen (Go-Kart fahren, Museumsbesuch,..) ergeben einen zusätzlichen Reiz, öfters teilzunehmen. Gefördert durch die inzwischen schon sehr frühlingshaften Temperaturen

macht es wieder so richtig Spaß in der Garage nach dem Rechten zu sehen und die notwendigen alljährlichen Inspektionsarbeiten durchzuführen. Ich hatte vor einer Stunde einen Anruf bei einem Esslinger Mitglied. Es war schon grenzwertig spät, aber wo hole ich ihn her: Nicht aus dem Bett, nein aus der Garage. Zu meinem Glück. Und wenn der TR dann fahrbereit ist, wohin fahren wir? Natürlich zum Stammtisch. Dort gibt es die Freunde und die neusten Nachrichten. Leider sind die alljährlichen Treffen aus früheren Jahren wohl aus der Mode gekommen. Keiner traut sich mehr Mal etwas selbst zu organisieren. So bleiben für dieses Jahr 2012 nur wieder die Highland Games, die Nürburgring Nordschleife (dieses Jahr noch ungewiss), das Treffen zum Oldtimer GP und die Mitgliederversammlung. Einige nutzen die Möglichkeit der von anderen Clubs organisierten Treffen (z.B. Deutschlandtreffen an Pfingsten in Bremen organisiert vom TR Register Deutschland und im September nach Lausanne zum Europatreffen organisiert durch den Schweizer TR Club). Halt, ein „Mutiger“ hatte sich bei der Mitgliederversammlung gemeldet und eine Ausfahrt auf den Spuren der Nibelungen Rallye (allerdings ohne Rallye) durch den Odenwald angeboten. Die Terminsuche und -absprache läuft gerade und wenn ein Termin gefunden wurde, wird es so schnell wie möglich eine Mitteilung an alle geben. Letzte Nachrichten: Wie es im Moment aussieht, läuft es auf das Wochenende 23./24. Juni zu. Näheres per eMail oder auf der Internetsite. Ich frage mich so manches Mal: Was ist los, dass es zum einen so wenige überregionale Treffen gibt

und zum zweiten, wenn es sie denn gibt: Warum kommen so wenige ?? Woran liegt es? am Termin, am Preis, an der Örtlichkeit, am Rahmenprogramm,..... Sind wir übersättigt? Wollen wir den besonderen Kick? Ist das Beiprogramm zu fade? Oder sind wir alle schon so träge und kommen nicht mehr vom Sofa hoch? Auf vielen Veranstaltungen frage und diskutiere ich mit euch. Da das meistens immer nur die Gleichen sind, die, die aktiv am Geschehen teilnehmen, drehen wir uns im Kreis. Mich würde schon interessieren, was die schweigende Mehrheit denkt. Aber ich will ja nicht jammern. Es gibt ja Lichtblicke: Der Odenwald und die vielen kleinen regionalen Ausfahrten aus dem Stammtisch-Umfeld heraus. Aber wissen würde ich es schon ganz gerne worin diese Passivität begründet liegt. Mit einem Wort von Rosa Luxemburg möchte ich schließen und wünsche euch allen ein „freundschaftliches“ Frühjahrserwachen: „Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht.“

Gebet des 1.Vorsitzenden

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Weiche Schale, Harter Kern

Text : Frank Schädlich, Bilder: Markus Nikot

Er war ein Kind seiner Zeit, der Swallow Doretti. Unter der hübschen Aluminium Karosserie des zweisitzigen Sportcabriolets werkelt im Verborgenen solide Triumph TR2 Technik. Es war der kurzlebige Versuch in den USA eine Marktnische zwischen dem Triumph TR2 und dem Jaguar XK120 zu füllen. In einer Zeit des Aufbruchs schossen in den 50ziger Jahre in Großbritannien Fahrzeughersteller fast über Nacht aus dem Boden. Unbegrenzt erscheinenden Möglichkeiten erlaubten es findigen Unternehmern mit Kleinstserien schnell in den Kreis der Fahrzeughersteller aufzusteigen, nur um genau so schnell wieder zu verschwinden. Einem dieser kreativen Konstrukteure, Frank Rainbow, verdanken wir die Entstehung des Swallow Dorreti. Seine Geschichte und die des von ihm entwickelten Fahrzeuges sind typisch für diese

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Jahre. Insgesamt wurden vom Swallow Doretti lediglich 276 Fahrzeuge hergestellt, inklusive zweier Prototypen. Weitere 12 unfertige Exemplare konnten in Teilen noch an interessierte Käufer gebracht werden. Ver-

mutlich wurden diese mit am Markt erhältlichen TR2 Teilen komplettiert. Nach nur knapp zwei Jahren von 1954 bis 1955 endete jedoch die Produktion des Swallow Doretti. Wer heute einem der seltenen Schwalben mit dem Italienisch anmu-


tenden Rufnamen Doretti ein Nest zur Verfügung stellt, gehört zu einer kleinen eingeschworenen Gemeinschaft von Liebhabern. Jeder kennt Jeden und gegenseitige Unterstützung ist hier erste Bürgerpflicht. Aber beginnen wir unsere Geschichte von vorn. Im tiefsten Odenwald nahe am Neckar haben wir die Gelegenheit eines der wenigen existierenden „Schwalbennester“ in Deutschland zu besuchen. Ruheständler Dieter Krämer und seine Frau Margaretha, eine gebürtige Niederländerin, haben hier seit langen Jahren Ihre Zelte aufgeschlagen. Dass seine Frau Margaretha eine gebürtige Niederländerin ist, spielte in der Historie ihres eigenen Doretti eine besonders hilfreiche Rolle.

In einem idyllischen, von Feldern umgebenen Tausend-Einwohner Dörfchen erwarten uns schon Dieter Krämer und seine Frau. Am Kamin ihres Holzhauses in familiärer Runde bei Kaffee und Brezeln kommen wir schnell mit Dieter ins Plaudern. Über sein Oldtimerhobby und seinen ersten Doretti. Ja, mittlerweile steht bereits der Zweite als angefangene Restauration in seiner Garage. Wie in so mancher „Oldtimerkarriere“ hatte es schon einige Vorgänger gegeben. Praktischerweise hier unter anderem ein schwarzer TR3A. Welcher heute angesichts der neuen starken Konkurrenz abgemeldet und etwas verstaubt in der Garage auf seinen nächsten Einsatz wartet. Praktisch, weil der gesamte Antriebsstrang des Doretti vom Triumph TR2 stammt.

Dadurch waren die notwendigen Erfahrungen, bezüglich der Technik, durch das Schrauben am eigenen TR3 bereits ausreichend vorhanden. Trotzdem gingen von 2004, vom ersten „verlieben“ in seinen Doretti und einer langen Restaurationsphase, fast fünf Jahre ins Land bis die erste größere Fahrt anstand. Das es gleich mal eben 3000 km zum International Weekend des Triumph Clubs nach England ging war keine echte Herausforderung. Die robust aufgebaute und mit echter Nehmerqualität aufwartende Triumphtechnik kann das auch heute noch ohne Probleme verkraften. Dabei ruft der Auftritt des eleganten Fahrzeuges bei jedem Treffen von Triumph Liebhabern immer wieder Begeisterungsstürme hervor.

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Die Entstehungsgeschichte des Swallow Doretti ist vielschichtig und verworren; zeugt von unerschrockenem Unternehmertum, vom Beziehungsgeflecht der Autofirmen und von knallharten Managemententscheidungen. Einer der vielen

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Firmen des riesigen verschachtelten stahlverarbeitenden Tube Investments Konzerns in England war die Helliwells Ltd., welcher wiederum die Swallow Coachbuilding Company (1935) Ltd. gehörte. Ursprünglich als Hersteller von Beiwagen wurde die

Swallow Sidecare Company1922 von William Lyons gegründet. Neben Beiwagen stellte Swallow verstärkt Automobile auf technischer Basis verschiedener Fahrzeughersteller her. So auch den legendären S.S. 100 der in Zusammenarbeit mit der


Standard Motor Company entstand. 1935 spalteten sich die Geschäftszweige Auto- und Beiwagenherstellung in Swallow Coachbuilding Company Ltd. und SS Cars Limited auf. Wegen der wenig verkaufsfördernden Namensassoziation SS fand nach 1945 eine Umfirmierung in Jaguar Cars Ltd. statt. Das Projekt „Sportwagen“ entstand aus der Zusammenarbeit zwischen Eric Sanders, dem Geschäftsführer der Helliwells Ltd. und Arthur Andersen von der ROME Cable Corporation, die in Kalifornien geschweißte Stahlrohre im großen Maßstab herstellte. Da beide Unternehmen die Autoindustrie mit Stahlrohren belieferten, welche für die Rahmenherstellung von Fahrzeugen benötigt wurden, lag der Gedanke nicht allzu fern ein Fahrzeug in eigener Produktion zu entwickeln. Als Ziel wurde der amerikanische Markt anvisiert. Hilfreich dabei auch die enge Freundschaft von Eric Sanders zu Sir John

Black dem Direktor der Standard Motor Company mit der eigenständigen Sparte Triumph. Letztendlich kam es zu einer Übereinkunft der Firmenmanager, Sanders, Anderson und Black einen Sportwagen auf Basis der Technik des TR2 zu bauen. Frank Rainbow, welcher bei Helli-

entwickeln. Allerdings mit der Zusicherung das er „vollkommen freie Hand“ bei der Verwirklichung habe. Heute ein unvorstellbares Vorgehen zur Entwicklung eines Neufahrzeuges. Erschwerend kam dabei noch hinzu das Frank Rainbow in seinem Leben noch nie ein Auto konstruiert hatte. Umso erstaunlicher das er Swallow Doretti und sein Miniteam es tatsächHersteller: Swallow Coachbuilding Co. lich schafften von Januar bis Zeitraum: 1954–1955 September 1953 einen ersten Motor: 2,0 Liter, 90 PS fahrbereiten Prototypen auf die Maße: 3962 x 1549 x 1295 mm Räder zu stellen. Radstand: 2413 mm Der per Queen Mary und FlugGewicht: 922 kg zeug nach Kalifornien verbracht Prototyp erfüllte alle Erwartungen des Managements. Von wells bereits einen recht erfolgrei- Frank Rainbow vorgeschlagene kleichen Roller, den Swallow Gadabout, nere Änderungen wurden von Eric entwickelt hatte, wurde mit der Auf- Sanders strikt abgelehnt. Er wollte gabe betraut. In nur neun Monaten den Wagen so schnell wie möglich sollte er mit seinem Team bestehend in die Produktion bringen. Fehlte aus drei technischen Zeichnern, von nur noch ein passender Name. denen auch nur einer vorher Auto- Arthur Andersen kam auf die Idee zeichnungen angefertigt hatte und den Namen seiner Tochter Dorothy einer Sekretärin, einen neuen Wagen in Doretti umzumodeln. Der italie-

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nisch klingende Name sollte den amerikanischen Käufern südlichen Charme und eine gewisse Nähe zu den rassigen Italienischen Sportwagen vorgaukeln. Nach Auskunft des Swallow Doretti International Vehicle Register haben von den hergestellten 276 Wagen tatsächlich184 überlebt, davon allein 6 in Deutschland. Was letztlich nur für die Beliebtheit und Qualität dieses hinreißenden Sportwagens spricht. Selbst in den hintersten Garagenecken werden scheinbar unrettbare Exemplare aufgehoben. Das von Dieter Krämer war so ein hoffnungsloser Fall. Der ursprünglich in den USA beheimatete Wagen wurde dort bereits in seine Bestandteile zerlegt und nach einer erfolglos abgebrochenen Restauration in die Niederlande verkauft. Nur durch Hörensagen entdeckte Dieter den Doretti. Durch die starke sprachliche Unterstützung seiner Frau Margaretha konnten die Verhandlungen mit dem niederländischen Besitzer erfolgreich abgeschlossen werden. Dieser fuhr als Alltagswagen, was sonst, einen weiteren Doretti, aber davon noch später. Eine glückliche Fügung auch bei der Überführung,

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ein gerade verunfallter Alfa Romeo aus dem Dorf sollte an die Niederländische Grenze transportiert werden. Was war einfacher als im Gegenzug den Doretti zu holen. So erreichten nach einem spontanen Sofortkauf die in Kisten verpackten Einzelteile des Doretti die Werkstatt im Odenwald. Natürlich mit den üblichen Schrecksekunden bei Sichten eines neuen Projektes. Das die Kurbelwelle des mitgelieferten TR2 Motors mit einer sechs Zylinderkurbelwelle betrieben werden sollte, ist dabei noch das Harmloseste. Schlimmer wogen fehlende Chromteile. Vor allem der Grill verbrauchte bis zur heutigen Perfektion eine Unzahl von Stunden und viel Geduld. Aus zwei unfallbeschädigten, unrettbaren Exemplaren entstand wieder nach mehreren unbefriedigenden Versuchen ein neuer perfekter Grill. Für Liebhaber der seltenen und schwierig herzustellenden Chromteile bietet er natürlich seine Unterstützung an. Hilfreich dabei der Besitz von Drehund Fräsmaschinen, welche Vater und Sohn Eric meisterlich beherrschen. Weitere fehlende Teile, wie bei-

spielsweise Motorhaubenhalterungen und Scheibenrahmen wurden von befreundeten Doretti Besitzern als Muster ausgeliehen und nachgefertigt. Keine Frage, die kleine Szene hält eisern zusammen. Nur die fehlende Aluminium Motorhaube bereitete einiges an Kopfzerbrechen. Der Vorbesitzer konnte diese einfach nicht auffinden. Eine Kunststoffhaube sollte daher vorläufig als Ersatz dienen. Lediglich durch einen Zufall und über viele Umwege konnte in England tatsächlich eine originale Haube gefunden werden. Die Verblüffung beim auspacken der sehnlich erwarteten Lieferung war dann umso größer. Die gelieferte makellose Haube stellte sich mit höchster Wahrscheinlich exakt zu dem Auto gehörig heraus! Fehlende Embleme lieferte ein Hersteller aus England. Teilweise vergammelte Profile des Rahmens konnte der Dorfschmied nachfertigen. Noch vor Beendigung der Restaurationsarbeiten bot der Verkäufer des ersten Doretti seinen AlltagsDoretti zum Kauf an. Dieser hatte während der Fahrt ein Rad verloren. Entsprechend die Folgeschäden


an der Karosserie. Wieder schlug Dieter Krämer, frei nach dem Motto „eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“, sofort zu. Zusätzlich wechselten dabei viele Einzelteile und auch alte Fotos den Besitzer. Überraschenderweise konnten einige Teile dem zuerst erstandenen Doretti zugeordnet werden. Darunter so seltene Stücke wie die unersetzbaren Steckscheiben. Alte Farbfotos zeigten den ziemlich deformierten aber ursprünglich blauen Wagen. Ärgerlich, der Doretti war nach langer Entscheidungsphase gerade silbergrau lackiert worden. Auf dem amerikanischen Markt sollte der Doretti 3.295 $ kosten. Damit war er um einiges teurer als der kernige TR2. Neben der Aluminiumkarosse bot der Swallow Doretti jedoch eine deutlich komfortablere Serienausstattung mit Ledersitzen und einem echten Cabrioverdeck. Der ausgesprochen stabile Rahmen wurde aus Chrommolybdänstahlrohren hergestellt und gegenüber dem schmalen TR2 verbreitert und verlängert. Dadurch konnte das Karosseriekleid noch um einiges eleganter gestaltet werden. Die Endgeschwindigkeit lag, auf Grund des höheren Gewichtes, dabei aber nur geringfügig um ca. 8 km/h niedriger als seines technischen Teilespenders. Für den amerikanischen Markt ein unerheblicher Wert. Die Einführung des neuen Swallow Doretti erfolgte 1954 in Los Angeles (Kalifornien) gemeinsam mit mehreren Triumph TR2 Modellen. Die von Arthur Anderson initiierte Show lief sechs Wochen lang und war ein durchschlagender Erfolg. Eines der ersten Serienmodelle wurde speziell für Sir John Black gebaut. Dieses Fahrzeug erhielt neben anderen Vorzügen eine verbesserte Geräuschdämmung, rotes Conolly-Leder und

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eine Lackierung in Docker’s Metallic Silver. Das entsprach exakt der Ausstattung und Lackierung von Sir Black’s Bentley. Unglücklicherweise endete die kurze Probefahrt, Ken Richardson Leiter der Rennabteilung steuerte den Wagen, mit einem Totalschaden. In der Toreinfahrt der Standard Motor Company prallte der Wagen bei hoher Fahrt frontal mit einem Lastwagen zusammen. Sir John Black wurde dabei schwer verletzt. Ohne den stabilen Rohrrahmen des Doretti hätte Sir John Black seinen kurz nach dem Unfall angetretenen Ruhestand sicherlich nicht mehr erlebt. Wenn wir heute mit dem Silbergrauen von Dieter Krämers durch den Odenwald fahren, können wir die guten

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Fahreigenschaften nachvollziehen. Der verstärkte Rohrrahmen bietet bezüglich der Verwindungssteifigkeit deutlich mehr Komfort als ein TR2. Ein Blick auf das Armaturenbrett zeigt die bekannten bei Triumph verbauten Instrumente und Schalter. Das Lederinterieur strahlt Komfort und eine gediegene Behaglichkeit aus. Schmale doppelte Lederstreifen über dem Armaturenbrett und auf den Türarmlehnen setzt einen besonderen Design Akzent. Der 2-Liter Triumph Motor mit 90 PS und das knackigen Getriebe lassen hier auf den schmalen, kurvenreichen Straßen keine Wünsche offen. Selbst für längere Strecken bietet der Wagen ausreichend Bequemlichkeit. Das schnell zu schließende Cabrioverdeck und die dicht anliegende Steckscheiben tragen dazu bei. Für die 50ziger Jahre nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit. Unser Eindruck, der Swallow Doretti ist ein ungewöhnlicher Schönling mit starkem Herzen. Der Doretti verkaufte sich, wie von dem Konzept zu erwarten war, in England und Kalifornien ausgesprochen gut. Ironischerweise bedeutete der Erfolg des Doretti auch gleichzeitig sein frühzeitiges Aus. Der Boss der Jaguar Cars Ltd., Sir William Lyons, setzte den Stahllieferanten Tube Investments, den Mutterkonzern der Swallow Coachbuilding Company, unter Druck. Der Verkaufserfolg des Doretti bedeutete für den Jaguar XK120 eine zu starke Konkurrenz. Lyons drohte bei weiterer Produktion des Doretti keine Aufträge mehr an Tube Investments zu vergeben. Die Produktion des Swallow Doretti wurde Ende 1955 daher nach nur 274 hergestellten Exemplaren mit einer harten Management Entscheidung abrupt eingestellt. Frank Rainbow

der bereits intensiv an einem MK II Prototyp arbeitet und einen Rekordversuch in Jabbeke vorbereitet, musste die Arbeiten an dem gesamten Projekt fast über Nacht einstellen. Man könnte jetzt die üblichen „Was wäre geschehen wenn“ Fragen in den Raum stellen. Was wäre wenn der Doretti weiter in der Produktion geblieben wäre? Wie hätte sich Jaguar weiter entwickelt? Hätte der

Doretti vielleicht auch den Triumph Roadstern Konkurrenz gemacht? Alles das sind denkbare Möglichkeiten. Aber Geschichte kann man, bei allem wenn und aber, bekanntlich nicht mehr ändern. Heute können wir uns über dieses schöne Fahrzeug als seltenen Farbtupfer auf jedem Oldtimertreffen freuen, wenn denn mal eines auftaucht.

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Seligenstädter Str. 25 63179 Obertshausen Tel. 06104-799450 - 799451 E-mail: info@pa-classics.de www.pa-classics.de www.classic-carweekend.de

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