Führer Palast Het Loo

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Paleis Het Loo Entdecke

Inhalt Willkommen auf Paleis Het Loo 5 Das Schloss im Wandel der Zeit Das Gebäude und der Garten im Überblick 9 Fürstliche Pracht Verborgene Geschichten im Schloss und Garten 33 Bei den Oraniern zu Hause Wohnen und arbeiten im Schloss 49 Fernab der Haager Politik Leben im Freien auf Paleis Het Loo 71 Historisches Schloss, Museum der Gegenwart 91 Impressum 96
< Orangenbaum, Detail vom goldenen Tor an der Gartenseite des Schlosses.

Willkommen auf Paleis Het Loo

Das königliche Schloss Paleis Het Loo liegt mitten in der Veluwe, einem ausgedehnten Naturgebiet in der Provinz Gelderland. Dieses Schloss war drei Jahrhunderte lang ein beliebter Landsitz der Oranier. Sie weilten hier mit ihrem Hofstaat als Statthalter, Könige und Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen. Seit über vierzig Jahren ist Paleis Het Loo ein öffentliches Schloss, in dem alle willkommen sind.

Paleis Het Loo ist nicht nur ein historisches Schloss, sondern auch ein modernes Museum. Es atmet die Geschichte der Niederlande und Europas, gleichzeitig ist es quicklebendig, denn es zeigt auch, wie sich unser Blick auf diese Geschichte ständig ändert. Diese Verbundenheit zwischen Alt und Neu ist auch an der unterirdischen Erweiterung erkennbar, die die ikonische Symmetrie des Schlosses aus dem 17. Jahrhundert widerspiegelt. Vom Vorplatz fällt Licht durch ein teilweise verglastes Dach ein, durch das wir auf die Fassade des Schlosses blicken.

Die unterirdische Erweiterung und die Neugestaltung des Vorplatzes bilden den Abschluss des tiefgreifenden Umbaus und der Erneuerung, die zwischen 2018-2023 durchgeführt wurden. Am 21. April 2023 wurde das erneuerte Paleis Het Loo von König Willem-Alexander feierlich eröffnet. Durch die Erweiterung können wir jetzt mehr Besucherinnen und Besucher empfangen. Darüber hinaus bietet der Neubau auch Raum für eine Dauerausstellung über die Oranier und

< Detail vom Grand Foyer in der unterirdischen Erweiterung.

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für Wechselausstellungen mit neuen Perspektiven auf die Vergangenheit und Zukunft des Königshauses. Im Westflügel des Schlosses wurde für Kinder das Juniorpalast eingerichtet. Die beiden Touren durch die Räume des Schlosses zeigen, wie die verschiedenen Generationen der Oranier hier lebten und arbeiteten. Die Inneneinrichtungen der Räume aus dem 17., 19. und 20. Jahrhundert vermitteln einen Eindruck vom Geschmack ihrer Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch von historischem Design und handwerklicher Meisterschaft.

Paleis Het Loo steht allen offen. Einrichtungen wie Aufzüge, eine Rampe bei den Kolonnaden im Garten und ein Shuttlebus machen das Gebäude und die Gärten leicht zugänglich. Es gibt Audioführungen für individuelle Besucherinnen und Besucher und Familien sowie Führungen für Gruppen mit besonderen Bedürfnissen.

Der Innen- und Außenbereich von Paleis Het Loo sind voneinander nicht zu trennen. Die Liebe zu Blumen und zum Leben in der freien Natur waren für die ersten Bewohner entscheidend, um gerade hier ein Schloss zu bauen. Und auch jetzt kann man sich in den Schlossgärten das ganze Jahr an Vielem erfreuen. Denn wenn sich etwas immer wieder erneuert, dann ist es die Natur. Das berücksichtigt auch die Programmierung, die sich von den Jahreszeiten anregen lässt.

Mit diesem Buch stellen wir Ihnen das Schloss, die Gärten, die Menschen, die hier wohnten und arbeiteten und das Museum von heute vor.

> Detail der Kaskade mit Narziss, der in sein eigenes Spiegelbild im Wasser verliebt ist.

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Schnabelkanne aus dem 19. Jahrhundert, geblasenes Glas mit vergoldeter Bronze-Montur aus dem Toilettenzimmer von Königin Sophie.

Das Schloss im Wandel der Zeit

Das Gebäude und der Garten im Überblick

‘Alles ist nach den Regeln der modernen Architektur gebaut, mit Schiebefenstern: An der Vorderseite befinden sich die Appartements, und in den Seitenflügeln die Büros und Ställe, übersichtlich und praktisch.’

Joseph Shaw, ein englischer Rechtsgelehrter in einem Brief, um 1700

Ein Besuch im Schloss beginnt in der Gegenwart, in der großzügigen unterirdischen Erweiterung. Wer dann weitergeht, begibt sich in die Vergangenheit. In eine Welt voll prachtvoll ausgestatteter Innenräume, symmetrischer Gärten, fürstlicher Pracht. Als ob sich nichts geändert hätte, seit Willem III., Prinz von Oranien, und seine Frau, die englische Prinzessin Mary II., sich hier im 17. Jahrhundert niedergelassen hatten. Aber in mehr als drei Jahrhunderten ist viel geschehen. Die Zeiten ändern sich und mit ihnen auch Paleis Het Loo.

< Das Grand Foyer bildet das Herz der unterirdischen Erweiterung. Durch das verglaste Dach fällt natürliches Licht ein.

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Häuser der Oranier

Schon im 16. Jahrhundert, als die Oranier noch Statthalter waren, hatten sie mehrere Wohnsitze. Der Statthalter war der Stellvertreter des spanischen Königs auf niederländischem Grundgebiet. Willem von Oranien, der Urgroßvater des späteren König-Statthalters Willem III., wohnte abwechselnd am ‘Prinsenhof’ in Delft, im Schloss Breda und im Schloss Buren (Provinz Gelderland). Sein Sohn Maurits hielt sich am liebsten im Statthalter-Quartier in Den Haag auf, dem heutigen Binnenhof (Sitz des niederländischen Parlaments). Maurits‘ Bruder, Frederik Hendrik und seine Frau Amalia von Solms, verliehen der Statthalterschaft fürstliches Flair. Sie ließen im 17. Jahrhundert verschiedene Palais bauen, unter anderem Palais Huis ten Bosch in Den Haag, wo auch der heutige König Willem- Alexander mit seiner Familie wohnt. Die Geschichte von Paleis Het Loo beginnt im Jahr 1684. In diesem Jahr hatten Statthalter Willem III. und seine Frau Mary ein Auge auf diesen Ort geworfen.

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Mary II. Stuart, porträtiert von Willem Wissing um 1686 (Detail). Mary war eine englische Prinzessin, die im Jahr 1677 ihren Cousin, Prinz Willem III., heiratete. König-Statthalter Willem III., porträtiert von Hofmaler Jan Hendrik Brandon 1698 (Detail). Paleis Het Loo war Willems Lieblingsschloss.

Lichtung im Wald

1672 wurde Willem Statthalter der meisten Provinzen der Republik der Vereinigten Niederlande. Zusammen mit seiner Frau Mary suchte er einen passenden Ort für ein eigenes Schloss mit Gärten, das ihrem Status entsprach und im formellen Stil der damaligen Mode gebaut war. Sie suchten auf der Veluwe. Ganz zufällig war das nicht. Die Veluwe war damals ein ausgezeichnetes Jagdgebiet, für das Willem, ein leidenschaftlicher Jäger, die Jagdrechte besaß. In diesem Gebiet gehörte ihm bereits der ‘Hof Dieren’, ein Landsitz, den er von seinem Vater geerbt hatte. 1684 kauften Willem und Mary das mittelalterliche Schloss Het Oude Loo in der Umgebung von Apeldoorn. Neben dem Schloss ließen sie ein Jagdhaus, das sie auch ‘Het Loo’ nannten, errichten. Am 7. Mai 1685 legte Mary den Grundstein. Es war die gemeinsame Liebe zur Gartenkunst, die die Wahl für diesen Ort bestimmte. Het Loo bedeutet ‘Lichtung im Wald’. Das Gelände liegt niedriger als die umgebenden Hügel, sodass viel Wasser dorthin fließen kann. Dieses Wasser konnte für einen üppigen Garten mit eindrucksvollen Springbrunnen gut gebraucht werden.

11 Das Schloss im Wandel der Zeit
Dieser Druck von Schloss Het Oude Loo stammt von Romeyn de Hooghe, um 1695. Zwischen den Bäumen ist das neue Schloss zu sehen.

Symmetrie

Das Schloss und der Garten wurden im Stil der damaligen Zeit, dem niederländischen Barock, gestaltet. Die Fassade, mit einer deutlich regelmäßigen Einteilung, besteht aus rotem Backstein, nüchtern und streng. Im Gegensatz dazu sind die Dekorationen im Schloss und die Parterres im Garten - mit kleinen Hecken eingefasste Blumenbeete - elegant und üppig. Das wichtigste Element eines Barockgartens ist die Mittelachse. Links und rechts dieser Achse wird der Grundriss von Haus und Garten gespiegelt. Diese Symmetrie kann man gut vom Dach des Schlosses aus sehen. Von dort ist an der Vorderseite des Gebäudes auch der später hinzugefügte ‘Gänsefuß’ zu erkennen, die Stelle, an der die drei Straßen zum Schloss zusammenkommen. Der ganze Komplex entstand in zwei Phasen. In der ersten Phase, die kaum zwei Jahre dauerte, wurde das rechteckige Hauptgebäude oder ‘corps de logis’ mit den Seitenflügeln und den einander gegenüberliegenden Privatgärten für das Ehepaar errichtet. Direkt hinter dem Haus wurde der Untergarten angelegt. Als Willem und Mary im Jahr 1689 zum König und zur Königin von England, Schottland und Irland gekrönt wurden, entstand der Wunsch, Haus und Garten zu vergrößern, um so den neuen königlichen Status zu unterstreichen. Von 1690-1694 wurden die beiden Kolonnaden, die im ursprünglichen Entwurf die Verbindung zwischen dem Hauptgebäude und den Seitenflügeln bildeten, durch zwei Pavillons an beiden Seiten ersetzt. Auch der Garten wurde Richtung Norden mit dem Obergarten vergrößert. Die Kolonnaden wurden an beiden Seiten der zentralen Achse wieder aufgebaut und schlossen so den Obergarten ab.

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Die Kolonnaden wurden um 1692 vom Bassecour in den Garten verlegt, wo sie die Grenze des Obergartens markieren.

Bauen im Eiltempo

Wir wissen nicht, wer Paleis Het Loo entwarf. Der ausführende Architekt war jedenfalls Jacob Roman. Hans Willem Bentinck, Freund und Vertrauter von Willem III., spielte eine entscheidende Rolle als Koordinator für den Bau. Er berichtete Willem und Mary, die oft auf Reisen waren, über den Fortschritt der Arbeiten, sodass sie immer informiert blieben. Der Bau war straff organisiert. Es wurden spezialisierte Handwerker in die Veluwe geholt, und Feldöfen für die Herstellung von Backstein gebaut. Der Sandstein kam aus Willems eigenen Steinbrüchen in Deutschland. In der zweiten Bauphase wurde der Franzose Daniel Marot als Innenarchitekt angestellt. Er gestaltete die Räume vom Boden bis zur Decke. Seine reichen, eleganten Dekorationen mit Blumenmotiven fügen sich gut in die strenge Wandgestaltung ein: ein Gesamtkunstwerk, wie es der damaligen Mode entsprach. Auch die Gemälde im Großen Saal und rund um die Große Treppe gehen auf ihn zurück. Sie zeigen Durchblicke zu idyllischen, täuschend echten Landschaften. Wer hier steht, erfährt wie eng Innen und Außen miteinander verbunden sind.

13 Das Schloss im Wandel der Zeit
Daniel Marot entwarf die Wandmalereien entlang der Großen Treppe. Diesen Druck fertigte er 1692 von der Ostwand an.

Funktionell

Paleis Het Loo war nicht als ständiger Wohnsitz gedacht, sondern vor allem als Ausgangspunkt für Jagden und für Empfänge im kleinen Kreis. Das zeigt auch der Grundriss. Im Untergeschoss gelangten das Königspaar und seine Gäste in ein weitläufiges Vestibül, den sogenannten ‘voorsael’, an dessen Ende sich der Durchgang in den Garten befand, der durch das goldene Gittertor sichtbar war. Vom Vestibül begaben sie sich über die reich dekorierte doppelte Treppe in den ersten Stock mit dem großen Saal. An beiden Seiten dieses Empfangsraumes hatten Willem und Mary ihre Privatgemächer, in denen sie wichtige Gäste empfangen konnten. Weitere repräsentative Räume waren der neue Speisesaal, in dem diniert wurde, und die Galerie, in der Willem die schönsten Gemälde aus seiner Sammlung zeigte. Eine Kunstsammlung gehörte nicht nur zu seinem fürstlichen Stand, Willem war auch ein leidenschaftlicher Kunstsammler. ‘Der König war freundlich und zeigte mir die neuen Gemälde in den Zimmern im ersten Stock und auf der Treppe,‘ schrieb sein Sekretär Constantijn Huygens jr.1693 in einem Brief.

Die Bibliothek war ursprünglich als Porzellankabinett gedacht. Daran erinnert der Spiegelplafond.

> Der neue Speisesaal war der offizielle Speisesaal von Willem III. Hinter einer Balustrade konnten die Leute zusehen, wie er mit seiner Gesellschaft speiste.

In der Galerie zeigte Willem III. seine schönsten Gemälde.

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Niederländischer Barockgarten

Das neue Schloss erregte bald große Aufmerksamkeit. Für niederländische Begriffe war es grandios. Augenzeugenberichten zufolge waren Gäste aus dem Ausland jedoch nicht immer sehr beeindruckt. Viele Schlösser in Europa waren größer und prunkvoller eingerichtet. Aber die Gärten entschädigten für Vieles. Willem und Mary übertrafen damit sogar andere Fürsten in Europa. Ganz besonders den französischen Sonnenkönig Ludwig XIV. Die Gärten seines berühmtem Schlosses Versailles inspirierten Willems Gartenarchitekten, die eine eigene Variante, den niederländischen Barockgarten, entwickelten. Wie das französische Vorbild waren auch die Gärten auf Het Loo auf einer strengen Symmetrie aufgebaut. An den langen Sichtachsen befanden sich Skulpturen und Wasserspiele wie Springbrunnen und Kaskaden (künstliche Wasserfälle).

Den Höhepunkt dieser Wasserspiele bildete der ‘Koningssprong’, der Königsbrunnen auf der zentralen Achse. Mit natürlichem Wasserdruck konnte er eine gut dreizehn Meter hohe Fontäne sprühen und damit die Springbrunnen von Versailles übertreffen. Und noch etwas unterschied diesen Springbrunnen

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von Versailles: Dort wurde verschmutztes und übel riechendes Wasser umgepumpt, hier frisches, sauberes Wasser aus der Veluwe.

Nicht nur der Architekt Roman und der Koordinator Bentinck, auch Daniel Desmarets war an der Anlage der Gärten beteiligt. Daniel Desmarets war der Hauptaufseher aller Gärten von Willem III. Der Künstler Romeyn de Hooghe arbeitete an der Gestaltung der Skulpturen und dem Gesamtentwurf des Gartens mit, in dem die zahlreichen Statuen und Springbrunnen auch eine symbolische Bedeutung hatten. Der Garten wurde als Außensaal (buitensael) betrachtet, ein öffentlicher Bereich des Schlosses, in dem sich die Gäste amüsieren konnten. Das von Willem und Mary geschaffene königliche Paradies spiegelte ihren Status und Macht bis ins kleinste Detail wider, von kostbaren exotischen Pflanzen in den Beeten bis zu den Skulpturen mythologischer Figuren

19 Das Schloss im Wandel der Zeit
Der Obergarten mit dem Königsbrunnen und der Kolonnade.

Das weiße Loo

Willem und Mary blieben kinderlos. Nach dem Tod Willems III. im Jahr 1702 entbrannte daher ein Streit um das Erbe. Schließlich wurde Paleis Het Loo Prinz Johan Willem Friso zugewiesen. Im 18. Jahrhundert diente es ihm und seinen Nachfolgern, den Statthaltern Willem IV. und Willem V., als Sommerschloss. Obwohl die Innenausstattung der Räume und die Gärten etwas dem Geschmack der Zeit angeglichen wurden, blieb der Entwurf größtenteils unverändert. Das änderte sich jedoch nach dem Einmarsch der französischen Truppen in die Republik im Jahr 1795. Statthalter Willem V. flüchtete nach England, und die Niederlande wurden ein Satellitenstaat von Frankreich. Im Jahr 1806 erhielten sie einen König: Louis Napoleon, den Bruder des französischen Kaisers Napoleon. Das vernachlässigte und geplünderte Château Royal du Loo wurde sein Sommerschloss. Und damit begann eine neue Ära für das Schloss. Louis Napoleon ließ es zu einem komfortablen und modernen Landsitz umgestalten. Die Umgestaltung begann im Sommer 1807. Die charakteristische Fassade aus rotem Backstein wurde nach französischem Geschmack verputzt und mit neuen Fenstern ausgestattet. Auch die Gemälde im Treppenhaus verschwanden hinter einem Verputz. Die Innenausstattung erfolgte im französischen

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Besuchende im Garten auf einer Zeichnung von Jan de Beyer aus 1744.

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