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Kongresse

Gar nicht übel:

Therapie der Emesis gravidarum mit Cariban®

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Übelkeit ist oft eines der ersten Anzeichen, mit dem Frauen ihre Schwangerschaft wahrnehmen: Im ersten Drittel leiden 80% aller Frauen an Übelkeit und Erbrechen (Emesis gravidarum). Beim FOKO Fortbildungskongress 2021 diskutierten Experten aus Klinik und Praxis Sicherheitsdaten und praktische Erfahrungen beim Einsatz von Cariban®, der spezifischen Wirkstoffkombination aus 10mg Doxylamin (als Doxylaminsuccinat) und 10mg Pyridoxin (als Pyridoxinhydrochlorid), die weltweit seit mehr als 50 Jahren in mehr als 33 Millionen Schwangerschaften eingesetzt wird und seit September 2019 in Deutschland verfügbar ist.

„Mehr als eine Belästigung“

Der Blick auf Inzidenzdaten zeigt, dass viele Schwangere betroffen sind: „Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft sind mehr als eine Belästigung“, erläuterte Dr. Matthias Krick, Moers. Bei etwa 10% der Frauen dauern die Beschwerden während der gesamten Schwangerschaft an. „Emesis gravidarum ist trotz der Häufigkeit noch nicht im Fokus“, konstatierte der niedergelassene Frauenarzt. Er grenzte Emesis gravidarum klar von der selteneren Hyperemesis gravidarum (Inzidenz 0,3–3%) ab: „Die Hyperemesis-Patientin gehört klassischerweise stationär behandelt. Die Mehrzahl der Frauen mit Emesis gravidarum wird in der Niederlassung mit einer Vielzahl an Therapieansätzen behandelt. Es gibt keine echte deutsche Leitlinie – jeder macht was er will.“ Seit September 2019 ist mit Cariban® eine neue Therapieoption in Deutschland verfügbar. Krick beschrieb die Kombination aus Doxylamin, einem Antihistaminikum der ersten Generation, und Pyridoxin, einem wasserlöslichen Vitamin B6: „Cariban® ist für uns eine neue Therapiemöglichkeit, letztendlich aber eine alte, im besten Sinne des Wortes – eine bekannte und langjährig überprüfte Therapieoption.“ Mit Cariban® haben Mediziner im Praxisalltag nun ein zugelassenes Therapeutikum an der Hand, das in klinischen Studien eine bestätigte Wirksamkeit gezeigt hat.

Welche Therapieleitlinien gibt es?

Ein wichtiges Ziel all der Maßnahmen bei Schwangerschaftsübelkeit ist es, die schwere Form der Hyperemesis gravidarum zu verhindern, erläuterte Dr. Wolfgang Paulus, Ulm: „Die Empfindlichkeit des Embryos gegenüber toxischen Einflüssen hängt von seinem Entwicklungsstadium ab. Die empfindlichste Phase der Organogenese ist ausgerechnet die Phase, in der wir mit dem Problem der Hyperemesis zu kämpfen haben und in der wir die Schwangeren mit Übelkeit betreuen und behandeln müssen. Deshalb ist es genau die Phase, für die wir besonders kritisch hinterfragt werden.“ In Deutschland gibt es hier aktuell keine Leitlinie. Paulus berichtete, dass eine Übersichtsarbeit zur Arzneimittelsicherheit im Jahr 2015 Medikamente zum Einsatz bei Übelkeit in der Schwangerschaft analog zu den damals üblichen US-amerikanischen FDA-Kriterien eingestuft hat: Doxylamin und Pyridoxin (Cariban®) wurden in der Kategorie A aufgeführt, bei der aus kontrollierten Studien weder Hinweise eines Risikos für den Fötus im ersten Trimenon noch in späteren Schwangerschaftsphasen vorliegen. Dimenhydrinat, Diphenhydramin, Meclozin wurden mit Kategorie B als tolerabel eingestuft – allerdings auf deutlich geringerer Datenbasis. Für die Anwendung von Metoclopramid und Ondansetron gibt es von den Zulassungsbehörden inzwischen Vorbehalte. Wie Paulus ausführte, empfiehlt die Leitlinie der US-amerikanischen Fachgesellschaft ACOG (American College of Obstetricians and Gynecologists) die Kombination aus Doxylamin und Pyridoxin als First-Line-Präparat bei persistierender Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft, wenn nichtpharmakologische Methoden keinen ausreichenden Erfolg haben. „Damit sind wir jetzt in der Lage, leitliniengerecht – was die amerikanischen Leitlinien betrifft – vorzugehen.“ Die Arzneimittelsicherheit von Doxylamin wird in 12 Kohorten- und 5 Fall-KontrollStudien mit uber 200.000 Patientinnen dokumentiert.

Der PUQE-Score – Unterstützung in der täglichen Praxis

Die Schwangerschaftsübelkeit könnte in der Frühschwangerschaft ein Warnsignal für Frauen sein, auf ihre Ernährung zu achten und potenziell schädliche Speisen zu meiden, vermutete Dr. Susanne Hampel, Berlin. „An sich ist es ja ein gutes Zeichen, dass ihnen übel ist. Sie merken am steigenden Schwangerschaftshormon, dass

ihre Schwangerschaft gut verläuft.“ Hampel appellierte an die niedergelassenen Kollegen, die Schwangerschaftsübelkeit auch zu dokumentieren: Die ICD-10-Codierung O21.- beschreibt „Erbrechen, das die Schwangerschaft verkompliziert“ bis hin zu „übermäßige[m] Erbrechen während der Schwangerschaft“. Eine weitere Möglichkeit ist, Schwangerschaft und Übelkeit separat zu codieren. Weil Beschwerden rund um Übelkeit und Erbrechen sehr subjektiv wahrgenommen werden, kann es schwierig sein, den Schweregrad der Symptomatik zu erfassen. „Viele der betroffenen Frauen haben nicht nur am frühen Morgen Symptome, sondern sind über den gesamten Tag damit belastet“, sagte sie. Zur Diagnostik nutzt sie im Praxisalltag auch den von kanadischen Gynäkologen entwickelten PUQE-Score (Pregnancy Unique Quantification of Emesis and Nausea), den Schwangere schon im Wartebereich ausfüllen können: Mit 3 einfachen Fragen werden die Symptome Übelkeit, Erbrechen und Würgereiz in 3 Schweregraden abgefragt und ergeben einen Score von leicht über mittelschwer bis schwer. An 2 Fallbeispielen verdeutlichte Hampel ihre positiven Erfahrungen mit Cariban® bei mittelschwer bis schwer betroffenen Patientinnen: „Wir sehen bereits nach einer Woche der Einnahme eine Abnahme des PUQE-Scores.“

Individualisierte Therapie – für Schwangere rezeptierbar auf rosa Kassenrezept

Dank der Retardformulierung von Cariban® lässt sich mit der abendlichen oder morgendlichen Gabe der Wirkzeitraum steuern und die individuelle Dosierung bedarfsgerecht auf die Symptomatik der Patientin im Tagesverlauf einstellen. „Je nach Ausprägung der Beschwerden kann man bei einer Besserung etwa die nachmittägliche oder abendliche Kapsel langsam ausschleichen“, erläuterte Hampel und ergänzte: „Wenn es den Frauen besser geht, kann man sagen, sie freuen sich jetzt über den glücklichen Verlauf.“ Auch Dr. Erwin Göckeler-Leopold, Geseke, betonte, wie wichtig es ist, herauszufinden, wo eine Patientin gerade steht, um sie auf ihrem Weg zu begleiten: „Beim Angebot von Hilfestellungen müssen wir ihr die Wahl lassen, auch Widersprüche aufzeigen und sie immer wieder motivieren.“ „Hier gibt die spezifische Zulassung von Cariban® in der Indikation vor allem niedergelassenen Ärzten eine Verordnungssicherheit“, fasste Krick zusammen. „Cariban® ist das einzige Arzneimittel mit der Zulassung zur symptomatischen Behandlung von Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft bei erwachsenen Frauen, die nicht auf konservatives Management reagieren. Das heißt, wir können es ganz normal mit einem rosa Kassenrezept verordnen, müssen uns keine Sorgen machen, dass es aus dem Ausland kommt, dass es off label ist, dass es einen Rote-Hand-Brief gibt. Das gibt Sicherheit für den Arzt und die Patientin.“ Cariban® ist im Rahmen der GKVVerordnung erstattungsfähig: Basis ist hier das Sozialgesetzbuch (SGB V). Das Medikament fällt unter den § 24 c – Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft –, der explizit Leistungen bei Schwangerschaft und hier auch Arzneimittel einschließt. Martina Freyer, München

IncobotulinumtoxinA zur Behandlung der pädiatrischen Sialorrhö

IncobotulinumtoxinA, das aufgereinigte, komplexproteinfreie Botulinum Neurotoxin Typ A, wird in der Praxis zur Behandlung von Bewegungsstörungen, z.B. aufgrund von Spastik oder Dystonien, sowie der chronischen Sialorrhö bei Erwachsenen eingesetzt. Auf einem virtuellen Symposium im Rahmen des Kongresses für Parkinson und Bewegungsstörungen stellte Professor Steffen Berweck, Vogtareuth, neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Anwendung von IncobotulinumtoxinA (Xeomin®) bei Kindern und Jugendlichen mit chronischer Sialorrhö aufgrund neurologischer Grunderkrankungen und/oder geistiger Behinderung vor, die dessen Wirksamkeit und gute Verträglichkeit auch in der Therapie der pädiatrischen Sialorrhö bestätigen.

SIPEXI-Studie liefert neue Erkenntnisse

Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-IIIStudie SIPEXI wurde mit dem Ziel durchgeführt, Wirksamkeit und Sicherheit von IncobotulinumtoxinA zur Behandlung der chronischen Sialorrhö bei Kindern und Jugendlichen zur Reduktion der Speichelflussrate und Verbesserung der Symptomatik zu untersuchen. In die Studie eingeschlossen wurden 256 Kinder und Jugendliche im Alter von 2–17 Jahren, die aufgrund einer neurologischen Erkrankung (z. B. Zerebralparese oder Schädel-Hirn-Trauma) und/oder einer geistigen Behinderung eine seit mindestens 3 Monaten bestehende Sialorrhö aufwiesen. Die Schwere

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