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Isatuximab in zweiter Indikation zur Behandlung des rezidivierten multiplen Myeloms zugelassen

Am 15. April hat die Europäische Kommission den CD38-Antikörper Isatuximab (Sarclisa®) in Kombination mit Carfilzomib und Dexamethason für die Behandlung von Erwachsenen mit rezidiviertem multiplem Myelom zugelassen, die mindestens eine vorausgegangene Therapie erhalten haben [1]. Damit kann Isatuximab in der EU nun in Kombination mit 2 Standardregimen eingesetzt werden, nachdem es im Juni 2020 in Kombination mit der Standardtherapie aus Pomalidomid und Dexamethason (POMDEX) für die Behandlung des rezidivierten und refraktären multiplen Myeloms bei Erwachsenen zugelassen wurde, die mindestens 2 vorausgegangene Therapien, darunter Lenalidomid und einen Proteasom-Inhibitor, erhalten haben und unter der letzten Therapie eine Krankheitsprogression zeigten. Die neue Dreierkombination aus Isatuximab plus Carfilzomib und Dexamethason (Kd) bietet Patienten mit rezidiviertem multiplem Myelom jetzt bereits früher im Verlauf der Krankheitsprogression eine weitere Behandlungsoption und hat das Potenzial, eine Standardtherapie bei der Erkrankung zu werden, zumal das Kd-Regime in der Rezidivsituation bereits häufig eingesetzt wird.

Risiko für Krankheitsprogression oder Tod um fast die Hälfte reduziert

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Grundlage für die zweite Zulassung von Isatuximab sind die Ergebnisse der randomisierten, offenen Phase-III-Studie IKEMA [2, 3], an der insgesamt 302 Patienten mit rezidiviertem multiplem Myelom teilnahmen, die nach 1–3 vorangegangenen Therapielinien einen Rückfall erlitten hatten. Die Studienteilnehmer wurde 3:2 auf Isatuximab plus Kd (Isa-Kd; n= 179) und Kd (n=123) randomisiert. Die Isa-Kd-Gruppe erhielt einmal wöchentlich 10mg/kg Isatuximab i.v. für 4 Wochen, danach alle 2 Wochen. Beide Gruppen bekamen 2× wöchentlich 20mg/m2 Carfilzomib an den Tagen 1–2 und danach 56mg/m2 für 3 von 4 Wochen sowie 2× wöchentlich 20mg Dexamethason. Primärer Studienendpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS). Während der Median des PFS, also der Zeit bis zur Krankheitsprogression oder bis zum Tod des Patienten, unter der Behandlung mit dem Kd-Regime 19,15 Monate betrug, war er bei den Patienten, die Isatuximab in Kombination mit Carfilzomib und Dexamethason erhielten, zum Zeitpunkt der vorab festgelegten Zwischenanalyse noch nicht erreicht. Die Isa-KdTherapie verringerte im Vergleich zur alleinigen Standardtherapie mit dem Kd-Regime das Risiko für Krankheitsprogression oder Tod um 47% (HR: 0,531, 99%-KI: 0,318–0,889; p=0,0007). Dieser Vorteil der Triplett-Kombination wurde über alle Subgruppen hinweg beobachtet, auch bei schwer behandelbaren Patienten mit höherem Alter, einer Hochrisiko-Zytogenetik oder Nierenstörungen. Die Tiefe des Ansprechens auf die Therapie wurde mithilfe von sekundären Endpunkten untersucht. Dazu gehörten die Gesamtansprechrate (ORR), eine komplette Remission (CR), eine sehr gute partielle Remission (VGPR) und die Negativität in Bezug auf eine minimale Resterkrankung (MRD). Die ORR war mit 86,6% unter der Isa-Kd-Therapie und 82,9% unter dem Kd-Regime in den beiden Gruppen vergleichbar (p=0,1930). Die CR-Rate betrug in der Isa-KdGruppe 39,7% versus 27,6% in der Kd-Gruppe. Nach Korrektur einer möglichen Antikörperinterferenz bei der Bestimmung der CR-Rate durch massenspektrometrische Verfahren wurde effektiv eine mögliche CR-Rate von bis zu 45,8% im Isa-Kd-Arm bestimmt. Ein deutlicher Vorteil für die Isa-Kd-Therapie zeigte sich hinsichtlich des Erreichens einer mindestens sehr guten partiellen Remission: Die VGPR-Rate war mit 72,6% in der Isa-Kd-Gruppe signifikant höher als in der KdGruppe mit 56,1% (p=0,0011). Auch die minimale Resterkrankung war in der Isa-Kd-Gruppe bei signifikant mehr Patienten negativ (29,6% vs. 13%; p=0,0004). Das bedeutet, dass fast 30% der mit dem Isatuximab-Regime behandelten Patienten ein derartig tiefes Ansprechen zeigten, dass bei ihnen

Isatuximab

Isatuximab (Sarclisa®) ist ein monoklonaler IgG1-Antikörper, der gegen das CD38-Molekül gerichtet ist [1]. Bei CD38 handelt es sich um ein auf den Tumorzellen des multiplen Myeloms durchgängig und in großen Mengen exprimiertes transmembranes Glykoprotein, das sowohl als Rezeptor als auch als Ektoenzym aktiv ist. Dadurch bietet sich das CD38-Molekül als Zielstruktur für Antikörperbasierte Therapieansätze beim multiplen Myelom an. Isatuximab bindet an ein spezifisches Epitop des humanen CD38Oberflächenantigens, d.h. an einen definierten Molekülabschnitt, der eine spezifische Immunantwort triggern kann. Dadurch werden mehrere Folgereaktionen ausgelöst: • die Induktion der Antikörper-abhängigen zellulären Zytotoxizität, der Komplement-abhängigen Zytotoxizität und der Antikörper-abhängigen zellulären Phagozytose, • die Hemmung der ektoenzymatischen Aktivität von CD38, • eine Immunmodulation sowie • die direkte Induktion der Apoptose, d.h. des programmierten Tumorzelltodes.

mittels Next-Generation Sequencing mit einer Sensitivität von 10-5 keine Myelomzellen mehr nachweisbar waren. Die Daten für das Gesamtüberleben waren zum Zeitpunkt der Zwischenanalyse noch nicht vollständig [2, 3].

Daten zur Sicherheit belegen gute Verträglichkeit

Die häufigsten Nebenwirkungen (≥20%) waren Infusionsreaktionen (45,8%), Hypertonie (36,7%), Diarrhö (36,2%), eine Infektion der oberen Atemwege (36,2%), Pneumonie (28,8%), Fatigue (28,2%), Dyspnoe (27,7%), Schlaflosigkeit (23,7%), Bronchitis (22,6%) und Rückenschmerzen (22,0%). Die Rate an schweren (59,3% unter Isa-Kd vs. 57,4% unter Kd) und tödlichen (3,4% vs. 3,3%) therapiebedingten Nebenwirkungen war in beiden Armen ähnlich. Von den mit der Isatuximab-Kombinationstherapie behandelten Patienten brachen weniger die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab als im Kd-Arm (8,5% vs. 13,9%).

Fazit

Obwohl durch die Entwicklung von Immunmodulatoren, Proteasom-Inhibitoren sowie myelomspezifischen Antikörpern bereits erhebliche Fortschritte in der Behandlung erzielt wurden, bleibt das multiple Myelom bislang nicht heilbar. Insbesondere für die Zweit- und Drittlinie besteht ein hoher Bedarf an neuen Therapieoptionen, da intensiv vorbehandelte Patienten oft refraktär gegenüber den Standardtherapeutika sind. Durch die nach der Zulassung der Kombination aus Isatuximab plus Pomalidomid und Dexamethason für die Drittlinienbehandlung nun bereits für die Zweitlinie zugelassene Addition des CD38-Antikörpers zu Carfilzomib und Dexamethason erhöht sich die Chance, das Ansprechen und damit die Prognose der refraktären bzw. rezidivierten Patienten weiter zu verbessern. Da die Kombination von Isatuximab mit Carfilzomib und Dexamethason in der IKEMA-Studie das progressionsfreie Überleben verbesserte und zu tieferen Remissionen führte als Carfilzomib plus Dexamethason, könnte sich diese Triplett-Therapie zum neuen Standard bei rezidivierten/refraktären Patienten mit multiplem Myelom entwickeln.

Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur

1 European Medicines Agency. Sarclisa (isatuximab). Im Internet: https://www. ema.europa.eu/en/medicines/human/

EPAR/sarclisa 2 Moreau P et al. Isatuximab plus carfilzomib and dexamethasone vs carfilzomib and dexamethasone in relapsed/refractory multiple myeloma (IKEMA): Interim analysis of a phase 3, randomized, open label study. EHA25 virtual 2020, Abstract

LB2603 3 Moreau P et al. Isatuximab, carfilzomib, and dexamethasone in relapsed multiple myeloma (IKEMA): a multicentre, openlabel, randomised phase 3 trial. Lancet online first, June 04, 2021. DOI: https:// doi.org/10.1016/S0140-6736(21)00592-4

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