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Cemiplimab erweitert die Therapieoptionen beim fortgeschrittenen Basalzellkarzinom
Die Europäische Kommission hat den ProgrammedCelldeath (PD)-1-Inhibitor Cemiplimab (Libtayo®) jetzt auch beim lokal fortgeschrittenen bzw. metastasierten Basalzellkarzinom) zugelassen. Cemiplimab ist indiziert für Patienten, bei denen eine Krankheitsprogression unter einem Hedgehog-Signalweg-Inhibitor (HHI) aufgetreten ist oder die eine Unverträglichkeit gegen einen HHI aufweisen [1]. Bislang gab es keine etablierte Zweitlinientherapie nach der HHI-Behandlung. Cemiplimab schließt diese therapeutische Lücke und bietet besagten Patienten bei Ansprechen die Chance auf eine anhaltende Tumorrückbildung oder Stabilisierung der Erkrankung bei guter Verträglichkeit [2]. Bereits im Juni 2019 war Cemiplimab beim fortgeschrittenen kutanen Plattenepithelkarzinom zugelassen worden und hat sich dort in den letzten 2 Jahren als Erstlinientherapie etabliert [1].
BCC – ein Tumor mit hoher Mutationslast und hoher Immunogenität
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Das BCC ist der häufigste Tumor bei hellhäutigen Menschen. Kennzeichnend sind ein heterogenes Erscheinungsbild und ein im lokal fortgeschrittenen Stadium oftmals destruierendes Wachstum. Nicht nur metastasierte BCC (mBCC), sondern auch lokal fortgeschrittene BCC (laBCC) sind im klinischen Alltag eine therapeutische Herausforderung, wenn eine chirurgische Entfernung bzw. Radiotherapie nicht mehr infrage kommt [3]. Diese Patienten sind Kandidaten für eine systemische Therapie. Standard für die systemische Erstlinientherapie sind derzeit die HHI, die jedoch von vielen Patienten nicht ausreichend gut vertragen werden [4]. Bei Progression bzw. Therapieunverträglichkeit steht jetzt mit Cemiplimab erstmals eine validierte Zweitlinientherapie zur Verfügung [1, 2]. Die meisten BCC exprimieren PD-L1 und weisen – da sie mehrheitlich durch UV-Licht induziert werden – eine hohe Tumormutationslast (TMB) auf [5, 6]. Dies ist Ausdruck einer hohen Immunogenität und die Rationale für den Einsatz eines Checkpoint-Inhibitors (CPI) wie Cemiplimab [5, 7].
Chance auf ein anhaltendes Therapieansprechen mit Langzeitüberleben*
In der Zulassungsstudie, einer nicht randomisierten Phase-II-Studie, wurden mit einem HHI vorbehandelte Patienten mit mBCC (Gruppe 1) oder laBCC (Gruppe 2) mit Cemiplimab behandelt (350mg Fix-Dosis, alle 3 Wochen; maximal 93 Wochen). Primärer Studienendpunkt war die durch ein unabhängiges zentrales Review (independent central review, ICR) beurteilte objektive Ansprechrate (objective response rate, ORR: komplette [CR]/partielle Remission [PR]) [2]. Trotz Zweitlinientherapie erreichten von den 84 Patienten mit laBCC 31% eine objektive Tumorrückbildung (ORR), darunter 5 Patienten (6%)* mit kompletter Remission. Bemerkenswert ist die lange Ansprechdauer: Nach einem Jahr waren noch 85,2% der ORRPatienten in anhaltender Remission. Das mediane Gesamtüberleben war zum Auswertungszeitpunkt noch nicht erreicht bei einer 1-Jahres-Überlebensrate von 92,3% [2]. Das BCC metastasiert selten, weshalb die Rekrutierungszeit in dieser Patientengruppe länger war und erst 28 von 53 Patienten auswertbar sind*. Über 20% der Patienten mit mBCC erreichten eine ORR. Zuzüglich zur Krankheits-
* Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 15,9 Monaten beim laBCC und 8,5 Monaten beim mBCC liegen mittlerweile aktualisierte Wirksamkeitsdaten zu beiden Kohorten vor. Diese sind der Fachinformation [1] zu entnehmen: Die ORR ist im Therapieverlauf auf 32,1% (laBCC) bzw. 28,6% (mBCC; n=35 auswertbar) gestiegen, bei einer CR-Rate von 7,1% (n=6) beim laBCC und 2,9% (n=1) beim mBCC. Die mediane Ansprechdauer (duration of response, DOR) ist in beiden Kohorten weiterhin nicht erreicht [1].
Cemiplimab
Cemiplimab (Libtayo®) ist ein vollständig humaner monoklonaler Antikörper gegen den Immun-Checkpoint-Rezeptor PD-1 auf T-Zellen. Durch seine Bindung an den Rezeptor verhindert Cemiplimab, dass die Liganden PD-L1 und PD-L2, die auf antigenpräsentierenden Zellen, aber auch auf Tumorzellen und/oder anderen Zellen in der Tumor-Mikroumgebung exprimiert werden können, an PD-1 andocken und die T-Zell-Funktionen wie z.B. Proliferation, Zytokinausschüttung und zytotoxische Aktivität unterbinden. Cemiplimab verstärkt die T-Zell-Antwort, einschließlich der Anti-TumorAntwort, indem es die Bindung zwischen PD-1 und den Liganden PD-L1 und PD-L2 blockiert [1]. Die empfohlene Dosis beträgt 350 mg Cemiplimab alle 3 Wochen und wird als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 30 Minuten verabreicht. Die Behandlung kann bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder bis zum Auftreten einer nicht vertretbaren Toxizität fortgesetzt werden [1]. Fabian Sandner, Nürnberg
stabilisierungen betrug die Krankheitskontrollrate 67,9%, davon 46,4% mit anhaltender Stabilisierung. Die prognostizierte mediane Gesamtüberlebenszeit liegt bei 25,7 Monaten [8].
Gute Verträglichkeit bei Erhalt der Lebensqualität
Hauptnebenwirkungen von Cemiplimab sind das Fatigue-Syndrom bzw. Pruritus, die meist mild/moderat ausgebildet waren und sich mit Bewegung bzw. Harnstoffhaltigen Salben gut behandeln lassen. Autoimmun-Nebenwirkungen sind selten [2]. Eine im Rahmen der Zulassungsstudie durchgeführte Analyse zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQoL) zeige, dass die HRQoL unter der Behandlung mit Cemiplimab erhalten bleibt [9].
Fazit für den klinischen Alltag
Cemiplimab bietet Patienten mit fortgeschrittenem BCC die Perspektive auf ein Langzeitüberleben. Trotz systemischer Vorbehandlung mit einem HHI erreichte Cemiplimab bei einem Drittel der Patienten mit laBCC eine ORR mit langer Ansprechdauer [2]. Aufgrund der guten Verträglichkeit gibt es kein Alterslimit für den Einsatz von Cemiplimab. Die oftmals älteren Patienten mit fortgeschrittenem BCC profitierten genauso gut von Cemiplimab wie jüngere Patienten [2]. Da die deutsche S2k-Leitlinie zur Behandlung des Basalzellkarzinoms noch aus dem Jahr 2017/2018 stammt, gibt es bislang nur eine offene Empfehlung für den Einsatz eines CPIs [4]. Eine Aktualisierung der Leitlinie wird 2022 erwartet. Die europäische Leitlinie empfiehlt den CPI-Einsatz – entsprechend der Zulassung von Cemiplimab – nach HHI [10].
Literatur
1 Fachinformation Libtayo®; Stand: Juni 2021 2 Stratigos AJ et al. Lancet Oncol 2021;22: 848-857 3 Dreier J et al. Br J Dermatol 2014;171: 1066-1072 4 https://www.awmf.org/uploads/tx_ szleitlinien/032-021l_S2k_Basalzellkarzinom-der-Haut_2018-09_01.pdf 5 Lipson EJ et al. J Immunother Cancer 2017;5:23 6 Jayaraman SS et al. J Invest Dermatol 2014;134:213-220 7 Goodman AM et al. Oncoimmunology 2018;7:e1404217 8 Lewis KD et al. Society for Immuntherapy of Cancer (SITS), virtual Congress 2020 9 Stratigos AJ et al. ASCO 2021, virtuell
Scientific Meeting, June 4th–8th 2021; abstract ID: 9566 10 Bichakjian C et al. J Am Acad Dermatol 2018;78:540-559