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Mit Ausdauer und Engagement | Über Ehrenamt, Planung, Finanzierung und Organisation

KLAUS HOHEISEL

Klaus Cohnert (Becker) – ehemaliger Vorsitzender

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Ehemalige Vorsitzende Klaus Cohnert (Becker) und Susanne Adelmann

The Tiptons – Gruppenfoto mit Klaus Hoheisel Vor einem kleinen Einblick und Überblick über all das, was mit der Planung und Durchführung von Veranstaltungen zusammenhängt, zunächst ein kleines Spiel zur zeitlichen Dimension: Gut 600 Veranstaltungen mit einer Zeitdauer von rund 3 Stunden je Veranstaltung incl. An- und Abreise. Wer also alle unsere Veranstaltungen besucht hätte, wäre mit geschätzten 1.800 Stunden dabei gewesen. Das sind 30 Tage. Auf 40 Jahre bezogen ist das nicht unbedingt viel.

Richten wir den Blick nun auf die Organisation. Am Tag eines Konzertes sind wir für die Vorbereitungen in der Regel mindestens drei Stunden zuvor am Ort: Raumgestaltung, Bestuhlung, Aufbau von Instrumenten, Technik und ggfls. Licht, Soundcheck, Catering etc. Meist ist eine Stunde vor Beginn Einlass, dann müssen die Kasse und das Personal mit Karten, Wechselgeld usw. bereit sein. Nach der Veranstaltung heißt es: alles wieder abbauen, den Raum aufräumen und ordentlich hinterlassen, abrechnen und ggfls. Auszahlungen vornehmen. Im Normalfall bedeutet das für uns am Veranstaltungstag einen zeitlichen Einsatz von rund fünf Stunden. Bei 600 Veranstaltungen sind das für eine Person ca. 3.000 Stunden und somit schon 125 Tage. Im Regelfall sind wir bei Veranstaltungen mit fünf Personen am Start, die sich die Aufgaben teilen.

Der Vorlauf für die Planung und Organisation liegt im Durchschnitt bei einem halben bis zu einem Jahr. Dazu gehören Terminabsprache mit den Künstlern, Auswahl eines geeigneten Raumes und ggfls. der Technik, Erstellung eines Finanzierungsplanes ggfls. mit Förderanträgen, Vorbereitung der Werbung für das Konzert (Plakate, Flyer, Eintrittskarten), Organisation des Karten-Vorverkaufs, Presseinformation und Öffentlichkeitsarbeit z.B. in den sozialen Medien, Buchung des Hotels für die Künstlerinnen und Künstlern, Kartenvorverkauf und Klärung aller üblichen organisatorischen Dinge. Dabei sind unsere zahlreichen Vorverkaufsstellen, die den Kartenverkauf in verschiedenen Orten mit übernehmen, eine große Unterstützung, für die wir dankbar sind.

Nach Durchführung einer Veranstaltung gilt es, die diversen Abrechnungen vorzunehmen und buchmäßig zu erfassen: Gema-Gebühren, Künstlersozialkasse, bei ausländischen Künstlern Ausländersteuer sowie ggfls. Abrechnung von Fördermitteln. Dazu gehören auch die Jahreshaftpflichtversicherung, die Beschaffung von Bürobedarf und die Kosten für das Internet sowie die Bürotechnik. Klassische buchhalterischen Arbeiten also, die nicht unbedingt Freude machen, die aber zeitnah und sorgfältig erledigt werden müssen.

Alle damit einhergehenden Tätigkeiten lassen sich je Veranstaltungsprojekt noch einmal mit durchschnittlich insgesamt mindestens zehn Stunden pro Veranstaltung veranschlagen. Das sind dann insgesamt noch einmal ca. 6.000 Stunden = 250 Tage. Jetzt liegen wir für eine Person schon bei insgesamt bei rund 375 Tagen á 24 Stunden, also mehr als einem Jahr. Rechnen wir das um auf eine übliche Tagesarbeitszeit von 8 Stunden, dann kommen wir auf eine stattliche Zahl von rund 1.125 „Arbeitstagen“, gleich rund drei Jahre!

Bei dieser Betrachtung sind wir eher bescheiden herangegangen. So haben wir alle Tätigkeiten, die insgesamt in einem Verein anfallen und sich nicht ohne Weiteres im Detail einzelnen Veranstaltungen zuordnen lassen, großzügig bei den zugrunde gelegten Durchschnittszahlen eingerechnet. Das sind Tätigkeiten wie Projekt- und Förderanträge, Gesamtabrechnungen und Jahresabschlüsse, Umsatz-Steuererklärungen, Spendenbescheinigungen, Mitgliederversammlungen, Nachweis der Gemeinnützigkeit gegenüber dem Finanzamt und dem Vereinsregister usw.

Nun ist es so, dass niemand von uns eine Veranstaltung allein plant und organisiert. Unser Prinzip ist, dass diejenige Person, die eine Veranstaltungsidee einbringt, sich zwar federführend um alles kümmert (bis auf die Abrechnung, das ist Aufgabe des Kassenwartes), aber bei allen Veranstaltungen natürlich auch andere Vereinsmitglieder beteiligt sind und mitwirken. Es ist also zu bedenken, dass noch eine erhebliche Zahl von Stunden der weiteren Beteiligten hinzukommt.

Eine solche Betrachtung einmal anzustellen ist aufschlussreich. Niemand im Verein wird für seine Arbeit(szeit) bezahlt. Es gibt Entschädigungen wie die Erstattung von Aufwendungen und Fahrtkosten etc. Ansonsten arbeiten aber alle Vorstands- und Vereinsmitglieder im gemeinnützigen Verein ehrenamtlich.

Die organisatorischen Aufgaben haben sich im Laufe der vier Jahrzehnte wesentlich verändert. In den Anfangsjahren musste aus heutiger Sicht noch recht umständlich gearbeitet werden. Wir kennen noch das Schreiben mit Schreibmaschine, Kohlepapier und zahlreichen Durchschlägen, umständlichen Korrekturen und die im Rückblick unprofessionelle Erstellung des Werbematerials. Gerade bei umfangreichen Abrechnungsverfahren von Fördermitteln, z.B. bei der damaligen Bezirksregierung, war das kein Vergnügen. Da hat sich mittlerweile mit Blick auf die heutigen elektronischen Kommunikationsmittel und Speichermedien doch vieles zum Besseren gewandelt. Was geblieben ist: das Plakatieren – eine nach wie vor wohl unverzichtbare Werbung für Veranstaltungen. Bei der Werbung für Veranstaltungen gilt heute wie vor 40 Jahren: Plakate, Flyer und vor allem eine gute Presse- und Öffentlichkeitsarbeit müssen sein. Am allerbesten wirkt aber die persönliche Ansprache.

Was sich nicht geändert hat, sind die Kontakte zu den Kooperationspartnern und den Trägern der vielen von uns für Veranstaltungen genutzten Räume in den verschiedenen Ortschaften. Es galt und gilt, Kontakte aufzubauen, zu entwickeln, über die Jahre zu pflegen und unsere Erwartungen mit den Möglichkeiten vor Ort gut in Einklang zu bringen. Da wir über keinen eigenen Veranstaltungsraum verfügen, ist dies extrem wichtig für eine dauerhafte konstruktive, vertrauensvolle und einvernehmliche Zusammenarbeit. Das hat stets sehr gut funktioniert.

Zur Organisation gehört auch, dass wir selbstverständlich eine ordentliche, angemessene Unterbringung der Künstlerinnen und Künstler gewährleisten. Das Angebot der Nutzung von (eigenen) Privatunterkünften hat es allenfalls in unseren ersten Jahren einige Male gegeben. Auch dann haben wir aber auf vernünftige Bedingungen geachtet. Wichtig ist uns, dass sich die Künstlerinnen und Künstler bei uns wohl fühlen. Wenn das so ist, wirkt sich das auch auf die gesamte Stimmung und den Verlauf der Veranstaltung aus.

Besondere Herausforderungen gibt es gelegentlich. Bei der Anreise einer norwegischen Künstlerin mit der Bahn war ein Koffer abhandengekommen, in dem sich ihr Bühnenkleid befand. Natürlich sind wir behilflich gewesen und haben in einem lokalen Geschäft passenden Ersatz gefunden. Später konnte mit unserer Hilfe der Koffer auf dem Bahnhof in Hamburg gefunden und der Künstlerin zugeführt werden.

Mit Sally Barker im Café Klett Fredelsloh

Mit „Flook“ im Esel Sülbeck

Nach dem Konzert mit Christina Lux in Sülbeck

Mit Günter „Baby“ Sommer / Klosterkirche Fredelsloh 2019

Jubiläum – 30 Jahre – Klosterhof Brunshausen

Klaus Hoheisel und Andreas Kohrs an der Kasse –Klosterkirche Fredelsloh

Klaus Hoheisel und Martin Labedet –auch Musiker – Waldbühne Northeim

Das Kunst & Kultur Team mit Büdi Siebert und Ralf Illenberger nach dem Jubiläumskonzert am 25.01.2020 in Hardegsen

Als wir einmal einen Musiker (auch aus Norwegen) in Northeim zu Gast hatten, haben wir mit ihm zusammen eine am Veranstaltungstag in der Northeimer Stadthalle stattfindende Ausstellungs-Eröffnung besucht und den Musiker einem Repräsentanten unserer Stadt vorgestellt. Der begrüßte ihn herzlich mit den Worten: „It´s always nice to have strangers in the city“. Eine wunderbare Episode! Denn so ist es: Künstlerinnen und Künstler, oftmals aus anderen Ländern, in unserer Region zu Gast zu haben, ihnen unseren Lebensraum zu zeigen und sich über ähnliche und unterschiedliche Kulturen auszutauschen, ist schön und anregend. Das gefällt den Künstlerinnen und Künstlern und uns auch. Und natürlich ist es eine besondere Freude, wenn unsere Konzerte gut ankommen und sich das Publikum wohlfühlt, auch im direkten Kontakt mit den Künstlerinnen und Künstlern vor, während und nach den Konzerten.

Ein wesentlicher Faktor ist natürlich die Finanzierung. In den letzten zehn Jahren haben wir jährlich bei durchschnittlich 15 bis 20 Veranstaltungen rund 35.000 bis 40.000 € umgesetzt. Unsere kulturellen Angebote jenseits des Mainstreams wären allein über den Eintritt nicht finanzierbar. Dabei legen wir Wert auf angemessene Gagen, die wir den Künstlerinnen und Künstlern nach sorgfältiger Kostenkalkulation garantieren. Abgesehen von besonderen Veranstaltungen soll niemand sogenannte „Hut-Konzerte“ spielen, es sei denn, dies macht wegen besonderer Umstände Sinn und die vereinbarte Gage lässt sich zuverlässig durch Aufstockungsbeträge absichern.

Unsere Veranstaltungen werden in der Regel mindestens im Umfang von 50 Prozent über die Eintritte finanziert. Natürlich haben sich die Eintrittspreise im Laufe der Jahrzehnte verändert. Bei unserem ersten Konzert am 9. Dezember1979 mit Peter Finger betrug der Eintritt 4 DM (!). Heute liegen die Eintrittspreise im Bereich zwischen 10 € und 25 €. Natürlich gibt es auch Ermäßigungen.

Ohne finanzielle Unterstützung wäre es uns nicht möglich, unsere Programme zu realisieren. Erfreulicherweise erhalten wir u.a. Förderungen vom Landschaftsverband Südniedersachsen e.V., von der KSN-Stiftung, der Kultur- und Denkmalstiftung des Landkreises Northeim, von den Stadtwerken Northeim und hier und da, je nach Veranstaltung, auch von den Städten und Gemeinden. Darüber hinaus können wir immer wieder auch weitere Förderer für unsere Projekte gewinnen. Auch private Spenden gibt es gelegentlich.

Die Abrechnungsverfahren für Zuwendungen sind nicht zuletzt aufgrund langjähriger vertrauensvoller Zusammenarbeit ganz überwiegend unkompliziert. Allerdings haben wir die Erfahrung machen müssen, dass die Abrechnung von Projekten, die aus Bundesmitteln gefördert werden, manchmal extrem kompliziert ist.

Bedauerlich bleibt beim Thema Unterstützung und Finanzierung, dass die Kommunen sich bei Veranstaltungen wie unseren leider nur begrenzt engagieren, sondern ihre Förderungen gern auf sogenannte große „Leuchtturm“-Projekte konzentrieren. Für die vielfältigen anderen kleineren Angebote jenseits des Mainstreams bleibt oft nur wenig übrig. Wir wünschen uns ein stärkeres und dauerhaftes kulturelles Bewusstsein in den Kommunen und eine bessere Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements. Die Kultur müsste unseres Erachtens in den Kommunen ein größeres Gewicht bekommen.

Denn eines ist klar: Ohne das große ehrenamtliche Engagement wären anspruchsvolle kulturelle Angebote wie unsere und die vieler anderer ehrenamtlich organisierter Kulturanbieter in unserer Region deutlich teurer und daher wahrscheinlich nicht realisierbar.

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