Dora Čechová: ICH WOLLTE KEIN LENIN WERDEN

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DORA ČECHOVÁ ICH WOLLTE KEIN LENIN WERDEN

ÜBERSETZT VON KATHRIN JANKA





DORA ČECHOVÁ ICH WOLLTE KEIN LENIN WERDEN



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SOMMERÄPFEL

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ICH WOLLTE KEIN LENIN WERDEN

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DER LETZTE RUSSE

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NACHWORT BAS BÖTTCHER

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KATHRIN JANKA

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DORA ČECHOVÁ


Dieses Buch wurde gefördert mit Mitteln des tschechischen Kulturministeriums und des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds.

1. Ausgabe © Dora Čechová, 2018 Übersetzung © Kathrin Janka, 2018 Aus Nechtěl jsem být Leninem, Labyrint, Praha 2012; Padaná letní jablka, Labyrint, Praha 2015 Nachwort © Bas Böttcher, 2018 Fotografie © Mária Pinčíková (Übersetzerin), Tomáš Nosil (Autorin) © Větrné mlýny, 2018 © Wieser Verlag, 2018 Lektorat: Josef G. Pichler Graphische Gestaltung und Satz: Kateřina Wewiorová Druck und Bindung: Tiskárna Havlíčkův Brod (www.thb.cz) Alle Rechte vorbehalten. Konzept und Dramaturgie der Buchreihe Tschechische Auslese: Radim Kopáč (Kulturministerium der Tschechischen Republik) ISBN 978-80-7443-288-0 (Větrné mlýny) ISBN 978-3-99029-339-3 (Wieser Verlag)




SOMMERÄPFEL

I „František, Lieber“ – er las den Briefanfang laut. Als Ulrike und er begonnen hatten, sich zu schreiben, war ihm das Deutsche noch aus der Schule präsent gewesen. Erst später, als er so langsam begann zu vergessen, musste er immer ein paar Wörter zusätzlich nachschlagen. Aber die meisten Wendungen, die sie in ihren Briefen benutzte, hatten sich ihm so tief ins Bewusstsein gegraben, dass er den Sinn der Worte auch so verstand, obwohl ihre richtige Bedeutung schon verblasst war, und keine Übersetzung brauchte. Dennoch, er wollte nicht weiterlesen. Er ahnte, was kommen würde. Die nächsten Wörter konnten tödlich sein. Vor seinen Augen spulte sich sein ganzes bisheriges Leben ab … II Vierzig Jahre waren vergangen, seit Ulrike und die anderen Vertriebenen in den Zug gestiegen waren. Wütende Nachbarn, aber auch Neu-Zugezogene aus der Nachkriegszeit hatten vor ihrer Abfahrt am Bahnhof das siebzehnjährige

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Mädchen bespuckt, das hier geboren und aufgewachsen war. František dagegen hatte sie umarmt und geküsst, allen zum Trotz. Hatte sie ganz fest in seine Arme geschlossen und aus der Tiefe waren Erinnerungen aufgestiegen, wie sie Verstecken spielten im hinteren Teil des Gartens an dem steinernen Mäuerchen und sich um Sommeräpfel balgten, die dort im Gras lagen. Auch an die schlimme Zeit musste er denken, als der Vater im Krieg war und er, seine Mutter und die Geschwister zu Verwandten ins Landesinnere ziehen mussten. Und an das Wiedersehen fünf Jahre später, als ihm ein Bart spross, von dem er nicht wusste, ob er ihn abrasieren und verleugnen sollte oder doch lieber pflegen. Die Ulrike, die er da vorfand, war zur Schönheit erblüht. Ihr Körper hatte sich gestreckt und war fester geworden. Wiederentdeckte Zuneigung führte die beiden bald in den Heuschober jenseits der Gleise. Anfangs erhitztes Geflüster, dann schmiegten sie sich aneinander. All das kam nun als Erinnerung wieder, als er sich auf dem Bahnhof an sie klammerte. Bevor man sie auseinanderriss. Das letzte, was er von ihr sah, waren ihre weißen, nicht sonnengebräunten Beine, als sie auf den anfahrenden Zug aufsprang, kurz bevor die Waggontüren zuklappten. Dann noch ihr gerötetes Gesicht, durchs beschlagene Fenster konnte er nicht ausmachen, ob sie weinte oder nur aufgeregt war wegen der Reise. Er blieb auf dem Damm stehen und sah zu, wie der Zug losfuhr … Nachbarn, neben denen sie jahrelang gewohnt hatten, drohten mit den Fäusten, gingen dann und der kleine Bahnhof leerte sich. „Das große menschliche Ungeheuer ist abgezogen“, stellte der junge Fahrdienstleiter lakonisch fest. Womit er Präsident Beneš und dessen Rede vom Mai in Brünn zitierte.

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Wie wenig diese Worte zu Ulrike passten. Aber, anders als er selbst, hatte der Fahrdienstleiter nicht von klein auf hier gelebt. Er war nicht über die dreckigen Feldwege gerannt, nicht hier zur Schule gegangen, und seine Sprache war völlig frei von deutschen Einsprengseln. Der Fahrdienstleiter war erst vor ein paar Tagen hergekommen, auf Einweisungsschein. Aber schon schien er viel mehr hierher zu gehören als Ulrike und ihre Familie. František wurde traurig. Er hatte das Gefühl, als sei etwas Wesentliches aus dieser Gegend verschwunden, gewaltsam abgeschnitten. „Es bleibt, was bleibt“, dachte er bei sich, als er dem Fahrdienstleiter in die Augen sah und dort sieghafte Befriedigung las. III Zu Hause wies ihn seine Mutter an, sich nicht draußen herumzutreiben, es werde überall geplündert. „Genau deshalb muss ich raus“, es ließ ihm keine Ruhe. „Geh nicht“, bat sie ihn. „Wer hat unser Haus gehütet, als wir weg waren?“ „Aber jetzt sind andere Zeiten, František.“ „Es sind nie andere Zeiten. Wer ein Gewissen hat, muss zu jeder Zeit dasselbe tun.“ Aus dem Schrank holte der die Flinte seines Vaters und ging hinaus vors Haus. Die Sonne leuchtete über seinem Kopf und das Dorf schien unnatürlich leer und still. Er überquerte die Straße, bog nach oben zum Wald hin ab und ging bis zu einem Fachwerkhaus, das von einem großen Garten umgeben war. Gerade kamen dort zwei Haderlumpen heraus, mit Bildern und Pelzen beladen. Als er die Flinte auf sie anlegte, ließen sie ihre Beute fallen und rannten weg. Er sammelte die verstreuten Sachen ein, trug sie durch die Tür in die Halle

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und ging hinaus aufs Vorhaus, bereit, allen, die da kommen würden, mit Hilfe von Vaters Flinte zu erklären, dass er dieses Haus bewachte. Seltsame Existenzen, die er noch nie hier gesehen hatte, umschlich den Garten. Nachbarn guckten über den Zaun. Solche, von denen er annahm, dass sie vorbeikommen könnten, um sich zu bereichern, aber auch solche, die selbst genug hatten und sich als Honoratioren ansahen. Auch diese beäugten nun die verlassenen Häuser. Und erwogen, ob sie sich nicht doch ein Stückchen von dem zurückgelassenen Besitz abzwacken sollten. Einen Monat zuvor war das Haus noch voller Leben gewesen. Die Frauen freuten sich über das Kriegsende und trauerten um den Vater der Familie, der bei der Bombardierung Dresdens umgekommen war. Friedrich war nicht mit Leib und Seele Soldat gewesen, als Arzt war er in den Krieg gegangen, um zu helfen. Zu Hause hatte er seine Frau, seine Tochter Ulrike und seine behinderte Schwester Lotte zurückgelassen, derer er sich nach dem Tod der Eltern angenommen hatte. Jetzt mussten die drei Frauen der Familie einsam, verlassen und ohne ihren Ernährer ungeschützt für das büßen, was sich die Deutschen im Krieg zuschulden kommen lassen hatten. Die Mutter tauschte die fünfzig Kilo pro Kopf, die jeder Deutsche mitnehmen durfte, gegen einen Karren für die invalide Schwester ihres Mannes. Ulrike stopfte für jede von ihnen ein paar Kleidungsstücke in ihr Gepäck. Mehr nahmen sie nicht mit. Der Garten, wo František und Ulrike als kleine Kinder an der steinernen Mauer gespielt hatten, lag still da. Der alte Apfelbaum prunkte mit seinen rosaweißen Blüten, versprach eine gute Ernte für dieses Jahr, und der Wind bewegte die Schaukel, die an einem der Äste hing, als wolle er einen zufälligen Passanten dazu verführen, sich hinzusetzen.

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IV František zog in das Haus und hielt drei Tage und drei Nächte lang mit der Flinte davor Wache. Am Nachmittag des vierten Tages kam ein kleines untersetztes Mädchen in den Garten. Sie ignorierte František, der vor die Tür hinausgetreten war, und auch, dass er auf sie zielte. Erst am Vorhaus blieb sie stehen. Sie trug einen großen Mantel, der in der Taille von einer Schnur zusammengehalten wurde und abgetretene Schuhe. Ihre Haare waren unfrisiert. Das Mädchen sah sich um, und als sie einen Überblick über das Haus und den Garten gewonnen hatte, begann ihr Gesicht zu leuchten: „Hier gefällt es mir. Hier will ich leben.“ „Hau ab“, fuhr František sie an. Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Du hast hier nichts zu suchen.“ Sie mochte genauso so alt sein wie er. Aber mit dem Gewehr fühlte er sich um einiges älter. „Du machst hier nur Probleme.“ Weiter kam er nicht. Ein Motorengeräusch war zu hören, das rasch näherkam. Am Gartentor fuhr ein Jeep vor. Die Männer hinten auf dem Kasten trugen sandfarbene Jacken und auf ihren Armbinden standen die Buchstaben RG. Revolutionäre Garden – in der Gegend wurden sie nur „die Plünderer“ genannt. Es hieß von ihnen, dass sie überall eigenmächtig ihre eigene Ordnung mit willkürlichen eigenen Regeln errichteten. Einer der Männer auf der Ladefläche stand auf. Er war gut zwei Meter groß. „Absitzen!“, befahl er. Die Männer machten sich daran, vom Kasten herunterzukraxeln und auf den Zufahrtsweg zu springen. Sie waren bewaffnet und

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zogen finstere Gesichter. Im Angesicht ihrer Waffen schätzte František seine Chancen, diesen Ort zu verteidigen, als verschwindend gering ein und verfluchte Ulrikes Vater im Geiste dafür, dass er ein für hiesige Verhältnisse so stattliches Haus gebaut hatte. Er bemerkte gar nicht, wie das Mädchen sich umdrehte und den Männern entgegenging. Sein männlicher Beschützerinstinkt erwachte und er lief die Treppe hinunter. Aber bevor er sie stoppen konnte, begann sie ihrerseits die Männer anzubrüllen: „Zieht Leine! Ihr habt hier nichts zu suchen. Seht ihr denn nicht, dass das hier schon besetzt ist?“ Er rannte zu ihr hin und packte sie an den Schultern, aber das Mädchen schrie weiter. Er erwartete, dass sie sich auf sie stürzen würden oder dass jemand einen Schuss abgab. Jedoch: Nichts von alledem geschah. Der Kerl, der auf dem Kasten des Autos stand, erstarrte. Seine Miene drückte heftigen Unwillen aus. Eine Weile sah er sie an, dann steckte er die Finger der linken Hand in den Mund und pfiff. „Aufsitzen!“ Unter Murren kletterten die Männer wieder hinauf. Als der Motorenlärm verstummt war, drehte das Mädchen sich zu František um. Aus der Nähe gesehen war sie nicht hübsch, ihr Gesicht war pickelig, ihre Augen klein und tief in den Höhlen gelegen. „Tun wir uns zusammen, ja?!“, schlug sie energisch vor und sah ihm dabei direkt in die Augen. Er war zutiefst erstaunt über das Selbstbewusstsein, mit dem sie das sagte. Aber der Einfluss, den sie auf die Plünderer-Truppe gehabt, und die Art und Weise, wie sie sich der Meute der Eindringlinge entgegengestellt hatte, waren Werte, mit denen man in dieser Zeit alles Mögliche erreichen konnte. Er begriff, dass sie das wusste. „Allein soll der Mensch nicht sein.“ Herausfordernd sah sie ihn an.

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Er musterte sie und dachte dabei an das Haus, in dem Ulrike zur Welt gekommen war und auf dessen Dachboden sie sich immer getroffen hatten. An den Garten, wo sie von Kindesbeinen an gespielt hatten. Er konnte Ulrike doch nicht so schnell gegen ein anderes Mädchen vertauschen. Gleichzeitig sah er die kleine fremde Frau an und stellte fest, dass sie viel stärker war als Ulrike. Was die Kurven des Körpers betraf, waren die Ansprüche, die er an Frauen stellte, diffus, aber er fand, sie hätte dünner sein können. Er betrachtete sie mit den Augen eines Mannes, der sein Haus und sein Bett mit ihr teilen und sie um Rat und Unterstützung bitten könnte, für den sie kochen und putzen würde, während er sich um das Haus kümmerte. Sie könnte ihn pflegen, wenn er krank war. Nach dem Krieg gab es mehr Frauen als Männer. Als gesunder Mann hatte er die Wahl. Und weil sie das wusste, führte sie sich ihm vor wie eine Stute, die einen guten Herrn sucht. Sie drückte die Brust raus, knickte ein Bein ein, um die volle Linie ihrer Hüften hervorzustreichen. Und verlieh ihrem Gesichtsausdruck so viel Sinnlichkeit, wie es nur ging. Dabei grinste sie so unnatürlich, dass man nicht wissen konnte, ob ihr der Handel mit ihrem eigenen Körper peinlich war oder Spaß machte. Hätte er ihr in die Seele blicken können, hätte er gesehen, dass sie nur auf der Suche war nach einem kleinen bisschen Glück und dachte, dass sie es vielleicht hier finden würde. Davon wusste er nichts, aber er brauchte Verbündete. V „Mir liegt etwas an diesem Haus, und auch an seiner Ausstattung“, sagte er nach einer Weile. „Ich will nicht, dass hier irgendwas verändert wird. Die Deutschen sind weg, aber es ist immer noch ihr Haus. Wenn sie zurückkommen, kriegen

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sie alles wieder, was sie dagelassen haben. Das ist meine Bedingung. Sonst kannst du nicht bleiben.“ Sie kniff die Augen zusammen und sah ihn an. Sie brauchte ja nur die Kerle aus dem Jeep zurückzurufen und das Haus wäre ihres, auch ohne diesen kleinen dünnen Jungen. Er war nicht ihr Typ, ein Mann wie ein Bär wäre ihr lieber gewesen. Aber er war auf seine Weise an dieses Haus gebunden, und das gefiel ihr. Also nickte sie. Mit einem Wink ließ er sie durch, und sie lief zufrieden die Stufen hinauf. Bis zum Abend trugen sie gemeinsam die Sachen der deutschen Familie in den Keller. Erst hatten sie es eilig, weil in der Umgebung immer noch geplündert wurde. Bilder, die sie von den Wänden abgenommen hatten, Lüster und Jugendstil-Lämpchen mit zerbrechlichen gläsernen Schirmen, alles lagerten sie dort ein. Aus den Wänden stakten die nackten Enden der Lampenkabel. Blaženka, wie sie sich nannte, wickelte das Porzellan in altes Papier und entschied: „Wir lassen nur das im Haus, was man nicht einfach wegtragen kann und was uns nicht kaputtgehen kann. Der Rest kommt in den Keller.“ Es überraschte ihn, wie praktisch sie veranlagt war. Als das Haus langsam in der Dämmerung versank und das Licht knapp wurde, bot er an: „Ich hole eine Petroleumlampe von meiner Mutter und sage ihr Bescheid, dass ich von nun an hier bleibe.“ Blaženka lächelte ihn an. Als er am Abend wiederkam, kochte sie Kartoffeln mit Speck, den sie aus ihrem Soldaten-Tornister zutage gefördert hatte. Und in der Nacht im Bett, wo bislang andere Leute geschlafen hatten und das sie mit dem Argument ausgewählt hatte, sie fürchte sich, allein zu schlafen, und deshalb müssten sie das größte nehmen – schmiegte sie sich an ihn.

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Tags darauf hielt František Wache im Garten. Blaženka putzte das Haus und sah die Schränke durch, ob noch etwas weggebracht und versteckt werden musste. Ein Schrank war voller Mädchenkleider, deren Schnitte und Stoffe sie völlig überwältigten. Bisher war sie dankbar gewesen, wenn sie nur Schuhe besaß, in denen man laufen konnte, und im Winter einen Mantel, damit der Frost sie nicht biss. Etwas so Schönes und Überflüssiges hatte sie im Leben noch nicht gesehen. Ihr fiel ein, wie František gesagt hatte, dass alles im Haus den Deutschen gehöre. Aber sie konnte doch nicht an sich halten und zog ein Kleid aus dem Schrank, um es sich wenigstens anzuhalten. Das Kleid vor der Brust, drehte sie sich vor dem Spiegel. Ihre Hüften ragten auf beiden Seiten darüber hinaus, während der Rocksaum am Boden schleifte. Das Mädchen, das hier gelebt hatte, musste viel größer und auch schlanker gewesen sein als sie. Blaženka hängte das Kleid zurück in den Schrank und seufzte, traurig über diesen Reichtum. Sie ahnte nicht, dass das, was sie gefunden hatte, nur der klägliche Rest dessen war, was die einstige Besitzerin dieser Sachen getragen hatte. Nach dem Abendessen unterhielten sich František und Blaženka beim Licht der Petroleumlampe. Er erzählte ihr, wie er hier aufgewachsen war, unterbrochen von dem erzwungenen Umzug zu den Verwandten ins Landesinnere im Herbst 1938. Von Friedrich Gerhard, der in ihrer Abwesenheit seine kranke Schwester in ihrem Haus einquartiert und es dadurch geschützt hatte in einer Zeit, als im Sudetenland die Henlein-Leuten das Sagen hatten. Von seiner Mutter, die, nachdem ihr Mann in den Krieg gegangen war, allein mit vier Kindern zurückblieb. Und Blaženka erzählte František von ihrem Vater, der keine Ausbildung hatte. Er war

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