www.visavis.de · Ausgabe 2/2011
ECONOMY Human Resources
Fachkräfte sind knapp
Eine Sonderveröffentlichung der VISAVIS Verlagsgesellschaft mbH im Handelsblatt
Qualifizierte Mitarbeiter finden und Talente fördern schafft Wettbewerbsvorteile
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Green Logistics
∙ Virtuelle Flexibilität durch IT-Outsourcing ∙ Anleihen für Innovationen ∙ Modernisieren mit Bausparen ∙ Energieeffizienz dank Halbleiter
SANFTER
TRANSPORT Die Nachfrage nach umweltverträglicher Logistik fordert die Branche heraus
EDITORIAL
Auf neuen Wegen zur schonenden Logistik UMDENKEN Nachhaltige Lieferketten sind erst der Anfang der Herausforderungen.
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ie Logistikbranche hat bis heute zahlreiche Veränderungen vollzogen, um den Weg für nachhaltige Lieferketten zu ebnen. Manche aus ganz eigenem Antrieb, einige auf Druck von außen, aber wird das wirklich ausreichen? Eine moderne und ressourcenschonende Logistik setzt auf Maßnahmen, um die Auslastung zu optimieren, indem sie beispielsweise versucht, Touren besser zu bündeln und so Leerfahrten zu vermeiden. Auch werden die Verkehrsträger See, Straße und Schiene zunehmend effizienter miteinander kombiniert. Die Fahrer absolvieren Trainingseinheiten, wie sie ressourcenschonender fahren können und die Fahrzeugflotte wird auf emissionsarme Modelle umgestellt – nicht zuletzt um von günstigeren Mautgebühren zu profitieren. Aber die Herausforderungen werden weiter zunehmen. Die wachsende Ölknappheit und der damit verbundene stetig steigende Ölpreis zwingt gerade die Logistikbranche zu weiteren Schritten. Wenn es beim Energieverbrauch der Haushalte
und der Industrie durchaus lohnend erscheint, über alternative Energieträger – Sonne, Wind, Wasserkraft – nachzudenken, ist dies in der Transportbranche schwieriger. Wird neben dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe als Treibstoff künftig der Elektro-Lkw die Güter bewegen? Und wenn ja, werden diese Lkw den gesamten Transport, auch über große Strecken, übernehmen können? Wird ein Umdenken stattfinden müssen hin zu ganz neuen Transportkonzepten? Neben der Frage, wie viel Grün sich die Logistik überhaupt leisten kann, erwachsen aus solchen Herausforderungen möglicherweise noch viel drastischere Veränderungen. See, Straße und Schiene werden nicht nur weiterhin enger zusammenwachsen, auch Energieträger werden wechseln und die Lage von Logistikzentren wird eine wachsende Bedeutung erlangen. Der sanfte Transport besteht insgesamt aus recht vielen Facetten, die unser Autor Chris Löwer im Titelthema beschrieben hat. Mehr dazu lesen Sie ab Seite 7. Ihre Redaktion
Inhalt
WACHSTUM Small und Mid Caps erobern die Wertpapierbörsen mit verborgenen Werten.
Makler 6 Mit professioneller Beratung den Weg durch den Versicherungsdschungel finden.
Halbleiter 25 Die Schlüsselindustrie unterstützt branchenübergreifend Forschung und Innovation.
Titelthema 7 Logistiker stehen vor neuen Herausforderungen ihre Wertschöpfungsketten nachhaltig zu gestalten.
Energie 27 Mit sinnvoller Energiespeicherung und intelligenten Stromnetzen den Energieverbrauch effektiv managen.
Human Resources 17 Mit den richtigen Instrumenten dem Fachkräftemangel begegnen und gleichzeitig Talente fördern.
Factoring 32 Mit dem richtigen Partner können Unternehmen die Liquidität erhöhen und Risiken senken.
IT-Outsourcing 21 Virtualisierung als Grundlage für Cloud Computing lässt die Grenze zwischen Soft- und Hardware verschwimmen.
Small & Mid Caps 34 MDax und SDax haben sich in den vergangenen Monaten hervorragend entwickelt. Der Blick auf Einzelwerte lohnt sich.
IMPRESSUM
Mittelstandsanleihen 36 Nicht nur die Stuttgarter Börse punktet mit attraktiven Bondmarktsegmenten. Baufinanzierung 39 Die Zeiten niedriger Zinsen gehen dem Ende zu – die EZB hebt den Leitzins an.
Verlag: VISAVIS Verlags GmbH; Marie-Curie-Str. 11-13, 53332 Bornheim; Tel.: 02227/ 9212 - 0, Fax: 02227/ 9212 - 10, Vanity: 07000 / visavis, E-Mail: visavis@visavis.de, www.visavis.de; Chefredaktion: Wolfgang Haselbauer; Schlussredaktion: Horst-Raimund Wulle; Geschäftsführer: Bernhard Haselbauer; Themen- und Projektleitung: Cornelia Hornschild, Oliver Hammel, Reinhard Krabbe, Dorothea Reinecke, Andreas Schnittker, Gabriele Gottsmann, Petra Liening; Layout: Marcel Rohland, Michael Döhring; Bildmaterial: istockphoto.com, Fraunhofer ISE, sxc.hu, Verbreitete Auflage: 106.000 Exemplare. Teilbelegung im Handelsblatt mit 103.000 Exemplaren; ISSN: 0942-8615; Konzeption und Marketing: newpublic communication Verwaltungsges. UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG; www.newpublic.org
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VISAVIS ECONOMY
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MAGAZIN
Grünes Handeln en vogue Es grünt in Deutschland. Dies liegt nicht nur am einsetzenden Frühling, sondern zahlreiche Beispiele aus Gesellschaft und Politik oder der Industrie belegen dies. Auch die Logistikbranche, eine der wichtigsten Zukunftsbranchen, hat die Zeichen der Zeit erkannt und orientiert sich in diese Richtung. Wie wichtig Nachhaltigkeit inzwischen geworden ist, zeigt die Auftaktdiskussion der weltweit anerkannten Leitmesse für Logistik, Mobilität, IT und Supply Chain Management, der Transport Logistic in München: „Zwischen Ökowissen und und Ökonomiezwang – wie viel Grün kann (sich) die Logistik leisten?“ wird dann die Frage sein, über die prominente Akteure aus Wirtschaft und Politik in zahlreichen Foren diskutieren. Der Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik der TU München hat sich schon im Jahr 2009 mit diesem Thema beschäftigt und ist in einer Studie der Frage nachgegangen, ob „Green Logistics“ nur eine Modeerscheinung oder Zeichen eines wirklichen Umdenkens ist. Das Ergebnis: Es sind nicht nur das ökologische Gewissen und die Verantwortung für die kommenden Generationen.
Rhetorik |
Vielmehr führen eine umweltbewusste Strategie und die Verwandlung in ein „grünes“ Unternehmen dazu, dass sich ökologische Ansätze langfristig auch finanziell lohnen. Wie ernst es den Logistikern mit diesen Absichten ist, zeigt eine im März 2010 durchgeführte forsa Umfrage im Auftrag des Steria Mummert Consulting F.A.Z.-Instituts. 100 Entscheider aus 68 der größten Konsumgüterhersteller und 32 der größten Einzelhändler in Deutschland wurden zu ihren Strategien und konkreten Maßnahmen im Umwelt- und Klimaschutz, insbesondere in der Logistik bis zum Jahr 2012, befragt. Bis zum nächsten Jahr, so das Ergebnis, verlangt etwa jedes dritte befragte Unternehmen von seinen Transporteuren ein spezielles Umweltmanagementsystem, emissionseffiziente Fahrzeuge, regelmäßig gemeldete CO2-Kennzahlen und ganz konkrete Maßnahmen zur CO2-Reduktion. Es bleibt also summa summarum festzuhalten: Der Prozess „Change to Green“ ist mittlerweile auch in der Transport- und Logistikbranche mehr denn je in vollem Gange.
Königsspiel der Manager
Situationen, die Manager im Arbeitsleben zu meistern haben, sind oft von hoher Komplexität gekennzeichnet. Ein Baustein hängt mit dem anderen zusammen und wenn wir einen verändern, verändern wir das ganze System. Daher müssen Eingriffe besonders durchdacht werden. Es reicht auch nicht aus, eine adäquate Lösung nur zu erarbeiten, sie muss auch verständlich kommuniziert werden. Hierfür
eignen sich Typologien und Theorien ebenso wie die narrativen Elemente Aphorismen, Erzählungen und Metaphern. „Grundlegende Kommunikations- und Rhetorikinstrumente sind also maßgeblich für die erfolgreiche Umsetzung der gedanklichen Lösung“, so Günter Zienterra vom Zienterra Institut für Rhetorik und Kommunikation, gegr. 1960, Deutschlands erstes RhetorikInstitut. Die Herausforderung für
Führungskräfte liegt also letztendlich darin, die gesamte Klaviatur der Kommunikation zu beherrschen. Die Experten des Zienterra Instituts nennen das die Fertigkeit zur „VarianzKommunikation“. Sie bieten professionelle Trainings zur Erweiterung des kommunikativen Repertoires in Bornheim/Bonn sowie in ihrer Dependance in Berlin-Charlottenburg an. Infos unter: www.rhetorik-online.de
KOMMUNIKATION „Gesprächsstrategie ist kein Roulettespiel, sondern lässt sich gezielt lernen“, so Zienterra. VISAVIS ECONOMY
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MAGAZIN
Weg zu einer neuen Arbeitskultur Die digitale Revolution ist längst nicht mehr aufzuhalten: Modernste Kommunikationslösungen und hoch technologisierte Endgeräte haben nicht nur in den Wohnzimmern Einzug gehalten - ohne Internet, Handy und Co. geht auch im Büro schon lange nichts mehr. Besonders das mobile Internet wird nicht nur unser Privatleben entscheidend verändern, sondern auch den Weg zu einer zukunftsfähigen Arbeitskultur ebnen. Denn was zum Alltag vieler Menschen längst dazu gehört, revolutioniert auch das Business. So ermöglicht das mobile Internet Geschäftsleuten, von jedem beliebigen Ort schnell und unkompliziert auf alle relevanten Unternehmensdaten zuzugreifen und sich mit Mitarbeitern überall auf der Welt zu vernetzen. Die effektive Nutzung modernster Kommunikationslösungen optimiert Geschäftsprozesse und spart damit nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Die Möglichkeiten des mobilen Internets werden zum Wettbewerbsvorteil für alle, die sie zu nutzen wissen – hierfür sind jedoch leistungsstarke und dennoch energieeffiziente Endgeräte von-
nöten. Hier ist besonders eine neue Generation von Notebooks, die so genannten Tablet-PCs, auf dem Vormarsch. Die tragbaren Computer, die mithilfe eines Touch-Screen bedient werden, haben sich schon im zweiten Jahr nach ihrer Markteinführung als feste Größe in der Computerbranche etabliert. Untersuchungen des Hightech-Branchenverbandes Bitkom zufolge werden allein in Deutschland in diesem Jahr rund 1,5 Millionen Exemplare dieser innovativen Rechner verkauft, doppelt so viele wie noch im Vorjahr. Und ein Ende des Booms ist noch lang nicht in Sicht: So geht der Bitkom davon aus, dass sich der Umsatz mit Tablet-PCs in diesem Jahr um satte 70 Prozent auf 770 Millionen Euro steigern wird. Die Milliardenmarke könnte dann bereits im nächsten Jahr überschritten werden. Schon in diesem Jahr liegt der Anteil der neuen Tablet-PCs am gesamten Computermarkt bei zehn Prozent – und damit haben sie die klassischen kleinen Netbooks schon längst deutlich überholt. Deren Marktanteil wird im selben Zeitraum laut dem Bitkom um 15 Prozent sinken.
Studie Arbeiten 2.0 |
VERARBEITUNG Ein Stift mit integrierter Minikamera reduziert die Fehlerquote von Tastatur und Maus.
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Digital und mobil
Auch beim Arbeiten in der Zukunft werden die Ein- und Weitergabe von Daten und das Ausfüllen von Formularen ein wichtiger Bestandteil bleiben. Selbst in Zeiten von Scannern, RFID und 2-D-Tags bleibt der klassische Stift das schnellste, effizienteste und oft auch sicherste Mittel zur Datenaufnahme. Die Brücke zwischen handschriftlicher Datenaufnahme und digitaler Weitergabe hat das schwedische Unternehmen Anoto mit der Digital Pen & Paper-Technologie geschlagen und damit eine Alternative zu Tablet PCs und tragbaren Computern geschaffen. Die DPP-Technologie besteht aus einem digitalen Stift und gerastertem Papier. Der Stift ist mit einer digitalen Kamera ausgestattet, die handschriftliche
Informationen noch im Moment des Schreibens anhand des Rasters erfasst und digitalisiert. Die Daten können dann entweder über eine Dockingstation, mittels Mobiltelefon oder via Bluetooth auf einen PC zur Weiterverarbeitung übertragen werden. Dadurch entfällt die erneute Eingabe und die Fehlerquote bei der Datenweitergabe reduziert sich somit auf ein Minimum. Auch langwierige Einarbeitungszeiten in die Technologie oder teure Anschaffungskosten entfallen. Die Einsatzmöglichkeiten sind daher unbegrenzt: Die digitalen Stifte eignen sich überall dort, wo handschriftliche Informationen aufgenommen und an Dritte weitergegeben werden müssen. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.anoto.com/de
Mobile Datennutzung boomt Das mobile Internet ist auf dem Vormarsch – das wirkt sich auch auf den Datenverkehr aus, der über mobile Endgeräte übertragen wird. Laut einer Studie des Telekommunikationsunternehmens Cisco wird dieser in Deutschland bis zum Jahr 2015 jährliche Wachstumsraten von sagenhaften 97 Prozent aufweisen und liegt damit deutlich vor dem internationalen Durchschnitt von 92 Prozent. Allein hierzulande wird der mobile Datenverkehr in den kommenden vier Jahren um das 30-fache steigen – und dann der Kapazität von 874 Millionen SMS pro Sekunde entsprechen. Grund hierfür ist vor allem die steigende Nutzung von Video-Anwendungen, die über mobile Endgeräte versendet werden.
MAGAZIN
Kunstmarkt |
> Ihr Partner im Web. Das Themenportal für Wirtschaft und IT:
> Dr. Andreas Scheuer, Staatssekretär (BMVBS), äußert sich zum Logistikstandort Deutschland. www.visavis.de/interviews > Die Redaktion spricht mit Staatssekretär Jochen Homann (BMWi) über die Halbleiterindustrie. www.visavis.de/interviews
Spezialversicherung |
Kunst sammeln ist beliebter denn je – sowohl unter Liebhabern als auch bei Anlegern. Doch bekanntermaßen lauert, wo Licht ist, oft auch Schatten: Öfter als angenommen wird Kunst beschädigt oder zerstört – ob beim Transport, bei der Restauration oder durch Feuer oder Hochwasser. Zudem fallen Kunstwerke aus Privatsammlungen oder Firmenkollektionen nicht selten Diebstählen zum Opfer. Trotz dieser Gefahren haben nach Auskunft des Spezialversicherers Hiscox immer noch viele Kunstsammler keinen oder nur einen unzureichenden Versicherungsschutz. Lücken bestehen auch bei vielen Unternehmen mit Firmensammlungen. „Eine gewöhnliche Hausratversicherung oder Gewerbe-Sachdeckung reicht
Portfolio mit Ästhetik
Traumrenditen und MillionenDeals bei Galeristen und Auktionshäusern – mit jährlichen Umsatzsteigerungen von bis zu 30 Prozent war der Kunstmarkt in den vergangenen Jahren mehr als erfolgsverwöhnt. Im Jahr 2009 erlebte die Branche jedoch ein schwieriges Jahr. Aufgrund der wirtschaftlichen Turbulenzen brachen die Umsätze ein, viele Sammler mussten sparen. Doch wo anderswo noch immer Katerstimmung herrscht, hat sich der Kunstmarkt längst erholt. Schon im Jahr 2010 konnten die Galeristen zum Teil dank neuer Käuferschichten aus China, Russland und Co. erneut steigende Preise verzeichnen – und letztlich von der Unsicherheit vieler Anleger bezüglich riskanter Aktienspekulationen profitieren. Gilt Kunst doch seit jeher als attrak-
tive Anlageform in Ergänzung zu anderen Investments, die zuverlässig moderate, oft gar enorme Gewinne verspricht. Aufsehen erregte zuletzt die Versteigerung eines Gemäldes von Picasso, das im vergangenen Jahr den absoluten Rekordpreis von 106 Millionen Dollar erzielte. Auch die großen Kunstmessen blicken wieder optimistisch in die Zukunft. Besonders die traditionsreiche Art Cologne, die nach schwierigen Jahren schon im Jahr 2010 beim Fachpublikum punkten konnte, möchte in diesem Jahr mit rund 200 Ausstellern und frischen Konzepten wie dem Förderprogramm New Positions zu alter Stärke zurückfinden. Bereits zum 45. Mal öffnet die Messe im April für das Who-isWho der internationalen Kunstszene ihre Pforten.
Foto: Koelnmesse
SICHERHEIT Kunstanlage als attraktive Ergänzung des Investments.
Kunst verlangt nach Können bei wertvollen Kunstsammlungen nicht aus – die Deckungssummen sind oft zu niedrig. Die Police sollte auf den tatsächlichen Wert einzelner Werke oder Sammlungen zugeschnitten sein und passgenaue Zusatzleistungen enthalten. Das kann nur eine spezielle Kunstversicherung leisten“, erklärt Tobias Braun, Underwriter Fine Art und Kunstexperte bei Hiscox in Deutschland. Hiscox empfiehlt
den Abschluss einer Versicherung, die zum Beispiel auch die Kosten für eine Instandsetzung oder Reinigung übernimmt, falls ein Werk beschädigt wird. Zusätzlich ist wichtig, dass voller Versicherungsschutz beim Transport besteht. Und dass der Versicherer über Erfahrungen mit Kunst und ein exzellentes Expertennetzwerk für das Schadenmanagement verfügt. Weitere Infos unter: www.hiscox.de
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MAGAZIN
Versicherungen erklären lassen Im Hinblick auf die Begrifflichkeiten der Versicherungsbranche herrscht unter Verbrauchern vielfach Unklarheit. Während der Versicherungsvertreter im direkten Auftrag für eine oder mehrere Versicherungsgesellschaften arbeitet und für den Abschluss einer Police eine Provision erhält, vergleichen Versicherungsmakler die Produkte mehrerer Versicherungsunternehmen miteinander. Der Makler schließt seinen Vertrag mit dem Kunden, haftet entsprechend auch für Fehler – und erhält für jede abgeschlossene Police eine Courtage von der Versicherungsgesellschaft. Beim Vertreter und Makler ist dafür die Beratung für den Verbraucher kostenlos. Der Versicherungsberater hingegen steht in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu einer Versicherungsgesellschaft. Er informiert ausschließlich über die Produkte. Für diese Beratungsleistung erhält er ein Honorar vom Verbraucher. 450 Millionen Versicherungsverträge wurden in Deutschland laut Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) abgeschlossen.
Plattform |
Vereinigte Imagepflege
Die beiden geschäftsführenden Vorstände der Brancheninitiative Traumberuf Makler – Pro Maklerberatung e. V. – BiTMA, Christian Burlage und Riccardo Wagner, wollen das Ansehen des Maklerberufs stärken.
VISIONÄRE Riccardo Wagner (o.) und Christian Burlage (u.) geben der Maklerberatung als zentrale Instanz Gesicht und Stimme.
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260.196 Versicherungsvermittler, so die Angabe der offiziellen Registrierungsstellen der Industrieund Handelskammern, waren zum 1. April 2011 dort registriert. Alleine 44.573 davon sind demnach Versicherungsmakler, was einem Anteil von etwa 5,8 Prozent entspricht. Laut GDV verzeichnete die Branche im Jahr 2010 Beitragseinnahmen in Höhe von 178,8 Milliarden Euro. Verlässliche Zahlen darüber, wie hoch der Umsatzanteil und der Erfolg der verschiedenen Akteure am Markt ist, gibt es leider nicht. Eine Studie des Beratungsunternehmens Bain konstatierte für den Zeitraum 2006 bis 2008, dass sich das Neugeschäft der teilnehmenden Versicherungsunternehmen insgesamt rückläufig entwickelte. Im direkten Vergleich zeigte sich, dass Makler hier etwas stärker sind. Sie bauten ihr Neugeschäft pro Jahr um ein Prozent aus, während das Neugeschäft in den markengebundenen Agenturen um vier Prozent jährlich zurückging. Dafür schnitten letztere in der Kundenbindung besser ab. Jörg Stroisch
Vor welchen Herausforderungen steht Ihrer Meinung nach die Finanz- und Versicherungsmaklerbranche derzeit? Burlage: Ein Thema ist die Überalterung. Es fehlt unserer Branche an interessiertem Nachwuchs. Ein Problem, das schon vor mehr als zehn Jahren hätte adressiert werden müssen. Wagner: Die Maklerbranche hat es versäumt, sich als Vertriebsweg mit einzigartigen Positivmerkmalen klar zu positionieren. Warum hat die Maklerbranche denn nicht schon deutlich früher darauf reagiert?
Burlage: Weil es genau diese Einigkeit „der Branche“ bisher nicht gibt, keinen gemeinsamen Plan oder eine Strategie, wie die gemeinsamen Probleme bewältigt werden sollen. Und Sie meinen da mit der BiTMA eine geeignete Lösung gefunden zu haben? Wagner: Wenn Einigkeit fehlt, fehlt Stärke. Deshalb braucht es eine zentrale Instanz, die eine Vision entwirft und alle Branchenvertreter vereint: Wir wollen die Maklerberatung bekannter machen, den Beruf beliebter, die Zukunft sichern. Genau dafür steht BiTMA – wir sind die Plattform für den gesellschaftlichen Dialog der Maklerbranche. Gesellschaftlicher Dialog, klingt sehr ambitioniert? Wagner: Ist es auch. Es reicht aber heutzutage nicht mehr, ein paar TV-Spots mit einer schlich-
ten Botschaft zu produzieren, die sagen: „Zum Glück gibt es uns oder unser Produkt“. Burlage: Die Finanz- und Versicherungsmaklerbranche muss eine gemeinsame Stimme finden und überhaupt sichtbar werden. Wir haben sehr viele gute Berater mit zufriedenen Kunden. Das gilt es, offen und selbstbewusst zu kommunizieren und sich gleichzeitig frei der öffentlichen Kritik zu stellen. Wer steht hinter der BiTMA? Burlage: Einige innovative Maklerversicherer wie Alte Leipziger/ Hallesche, Skandia, maklermanagement.ag, Heidelberger Leben, Standard Life, VPV Makler AG, aber auch viele Finanz- und Versicherungsmakler, die erreichen möchten, dass der Maklerberuf das Image erhält, das er als unabhängiger Berater verdient hat. www.bitma.org
LOGISTIK
Aufmacher: iStockphoto.com - macroworld
TITELTHEMA
Sanfter Transport WANDEL Das Zugpferd der deutschen Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Das zunehmende Transportaufkommen verlangt nach innovativen Konzepten und nachhaltig organisierten Lieferketten.
D
ie Krise ist zum Glück abgehakt. Die Transport- und Logistikbranche hat längst wieder einen Gang hoch geschaltet. Doch Grund zu grenzenloser Euphorie besteht nicht. Denn der Wettbewerbsund Kostendruck dürfte kaum nachlassen – zumal die Anforderungen von Kunden, Verbrauchern und Politikern vor allem, was die Verminderung von Treibhausgasen anbelangt, stetig wachsen. Nach Schätzungen trägt die Logistik zum Gesamtausstoß von CO2 immerhin acht bis zehn Prozent bei. Da außerdem das Transportaufkommen drastisch steigen wird, sind innovative Konzepte gefragt, wie Lieferketten nachhaltiger organisiert werden können. Tatsächlich gerät die Branche allmählich in den Sog der Konsumgüterindustrie und des Einzelhandels, die seit Jahren Energie sparen und soweit möglich auf erneuerbare Energien setzen. Allerdings sind die Poten-
ziale ihrer eigenen Umwelt- und Klimaprogramme fast ausgeschöpft, weswegen nun Transport- und Logistikanbieter in den Blick geraten. Ein Umweltmanagement, das auch exakte Zahlen liefert, ist Gebot der Stunde, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das geht auch aus dem „Branchenkompass 2010 Transport“ der Management- und IT-Beratung Steria Mummert Consulting hervor, die die Logistik in den Fokus genommen hat. Für die Studie wurden im März 100 Entscheider der 68 größten Konsumgüterhersteller und der 32 größten Einzelhändler in Deutschland zu ihren Strategien und Maßnahmen im Umwelt- und Klimaschutz bis zum Jahr 2012 befragt: Sie wollen beim Umwelt- und Klimaschutz stärker ihre Logistikdienstleister in die Pflicht nehmen. Durch klare Vorgaben sollen die Treibhausgasemissionen in den Lieferketten verringert werden. „Bis zum Jahr 2012 verlangt
etwa jedes dritte befragte Unternehmen von den Transporteuren ein Umweltmanagementsystem, emissionseffiziente Fahrzeuge, regelmäßige CO2-Kennzahlen und konkrete Maßnahmen zur CO2-Reduktion“, heißt es in der Studie. Bei der Auswahl der Transport- und Logistikdienstleister steht für die Befragten der Umweltschutz derzeit an fünfter Stelle hinter den klassischen Kriterien Qualität, Flexibilität, Preis und Service. Bis zum Jahr 2012 wird der Umweltschutz auf Platz vier vorrücken. Überraschend dabei ist, dass nach Einschätzung der meisten Manager aus Einzelhandel und Konsumgüterindustrie Verbraucher durchaus bereit sind, für Waren, die klima- und umweltfreundlich hergestellt und transportiert werden, einen Aufschlag zu zahlen. „Ein Drittel der befragten Unternehmen würde auch etwas mehr für grüne Transporte ausgeben“, betonen die VISAVIS ECONOMY
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TITELTHEMA
LOGISTIK
Konsequent grün NACHHALTIG Ein effizienter Umwelt- und Ressourcenschutz durch die Idee der Green Logistic stärkt die ökologische Unternehmensausrichtung und unterstützt die Wirtschaftlichkeit.
Nachhaltigkeit ist gegenwärtig eines der wichtigsten Gebote für die Logistik. Vor allem in der Intralogistik – darüber sind sich Experten der Gebäudetechnik, des Anlagenbaus sowie Betreiber von Logistikanlagen einig – bieten die raschen Entwicklungen sowohl der Informationstechnologie als auch der Material- und Systementwicklung hohe Potenziale für einen harmonischen Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie. Green Logistics ist an dieser Stelle das Stichwort, unter dem gerade die Intralogistik die Wirtschaftlichkeit und Sicherheit der Prozesse mit dem Einsparen bzw. optimalen Auslasten von Zeit, Fläche, Mitarbeitern, Energie und Materialien verknüpft. Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Logistik ist es für jedes Unternehmen hilfreich, wenn es sich dabei auf einen starken Partner verlassen kann. Daher richtet SSI Schäfer sowohl seine innerbetrieblichen Prozesse als auch sein Produkt- und Leistungsportfolio weiterhin konsequent auf die Herausforderungen der Green Lo-
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gistics aus. Ziel ist es, vor allem solche Prozesse anzustoßen, die den hohen Anforderungen der Nachhaltigkeit gleichermaßen unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten gerecht werden. Sie sollen sich zum einen positiv auf die Umwelt, die Effizienz der Prozesse und darüber hinaus förderlich auf die Mitarbeiter auswirken. Dabei stehen stets nachhaltige Wertschöpfungsprozesse im Zentrum der Entwicklungsarbeit. SSI Schäfer hat den Leitgedanken der Nachhaltigkeit aufgenommen, um für Anwender maßgeschneiderte Systemkonzeptionen unter Berücksichtigung grüner Anforderungen zu entwickeln. Dabei steht im Vordergrund der Überlegung, Verschwendung jeder Art zu vermeiden und Prozesse effizient zu gestalten. Dadurch können die Kunden ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern und gleichzeitig auch die Anforderungen der Green Logistics erfüllen. Tatsächlich ist die SSI-Schäfer-Welt bereits seit vielen Jahren grün: So sorgen umweltfreundliche Produktionsverfahren
für hohe Umweltverträglichkeit bei Entwicklung, Fertigung und Entsorgung. Die Lösungen reichen von die Umwelt nicht belastenden und energieeffizienten Technologien über die Entwicklung flüsterleiser Fördertechnik oder von IT-Anwendungen für umweltschonende und zugleich kostensenkende Prozesse bis hin zum Konzept ergonomics@work! zur Gestaltung fortschrittlicher, ergonomischer Workstations. Ob generatorisch gewonnene Energie bei Regalbediengeräten rückgespeist, komplexe Konzepte für Wertstoffverwertung und Mehrweglösungen erstellt oder regenerative Energien unter Berücksichtigung aktueller Förderprogramme bei Neu- und Umbau von Lägern genutzt werden, bei der Projektrealisierung ist „grün“ für das Unternehmen letztendlich ein unverzichtbarer Bestandteil. Die Herausforderungen nachhaltiger, umweltgerechter Logistik sollten daher nicht allein als Last oder als lästige Pflichten, sondern als echte Chance betrachtet werden. Innovative Lösungskonzepte für eine nachhaltige Logistik bieten eindeutige Vorteile: Sie tragen dazu bei, dass die Prozesse optimiert werden und sie erschließen zugleich Wettbewerbsvorteile. Daher leiten sie ergebnisorientiert positive Entwicklungen ein und stärken ein positives Image bei der Positionierung im Marktumfeld. Damit sind dies Investitionen, die sich in mehrfacher Hinsicht lohnen. Es liegt an den Entscheidern in Unternehmen, die Optionen zu nutzen. Bei der Forschung und Entwicklung zu neuen Technologien und Informationssystemen, die die Umsetzung von Green Logistics und damit die Nachhaltigkeit weiter vorantreiben können, wird SSI Schäfer auch künftig maßgeblich eingebunden sein und dafür sorgen, dass sich solche Investitionen lohnen. www.ssi-schaefer.de
LOGISTIKUNTERNEHMEN UND KLIMASCHUTZ 53
Quelle: Steria Mummert Consulting, BVL Logistik
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verstärkte Investitionen
gleichbleibende Investionen
Logistikdienstleister
Autoren der Studie. Konkret plant jedes fünfte Unternehmen, bis zum Jahr 2012 grüne Logistikprodukte nach dem Vorbild von GoGreen der Deutschen Post DHL zu beziehen. Emissionsneutrale Leistungen sind nur durch besonders effiziente Technologien und Ausgleichsmaßnahmen für die verbleibenden Emissionen, etwa durch spezielle Klimaprojekte, möglich. Und: Jedes fünfte Unternehmen wird seinen Logistikdienstleistern darüber hinaus ein auftraggeberbezogenes CO2-Reporting zur Auflage machen, um einen detaillierten Überblick über die Klimabilanz zu erhalten. Mit anderen Worten: An nachhaltigen Lieferketten führt kein Weg mehr vorbei. Ein Trend, der sich auch deutlich auf der Messe „transport logistic“ in München abzeichnet. „Grüne Logistik ist bei vielen Ausstellern ein großes Thema und wird die transport logistic 2011 stark prägen“, berichtet Eugen Egetenmeir, Geschäftsführer der Messe München. Dabei handelt es sich um eine echte Querschnittsaufgabe, angefangen bei der IT, durch die die Abläufe effizienter organisiert werden, um Leerfahrten zu verringern und Transportmittel optimal auszulasten, bis hin zu den Fahrzeugen, die allesamt weniger verbrauchen und auf alternative Antriebskonzepte setzen sollen. Neben greifbaren technologischen Innovationen gehen auf der Messe 30 Fachforen dem Thema „Green Logistics“ nach. Was die Branche natürlich nachhaltig umtreibt, ist die Kernfrage: „Wie viel Grün kann (sich) die Logistik leisten?“ Wenn auch manch einer um seine Marge angesichts steigender Umweltauflagen fürchtet, befindet sich die Branche gleichwohl in robuster Verfassung. Im abgelaufenen Jahr setzten deutsche Anbieter rund 210 Milliarden Euro um und belegten damit Platz 1 in Europa. Laut „Logistics Performance Index“, der aktuellen Studie der Weltbank zu insgesamt 155 Ländern, rangiert
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40 Angaben in Prozent
Investitionspläne der Unternehmen zu grüner Logistik und Nachhaltigkeit für das Jahr 2010.
auch die Attraktivität des Logistikstandorts Deutschland weltweit an erster Stelle vor Singapur und den Niederlanden. Die beste Wertung gab es in den Kriterien Infrastruktur, Pünktlichkeit und Zollabfertigung.
NACHHALTIGE VERKEHRSWEGE „Die Stärken Deutschlands als Logistikstandort liegen auf der Hand: Wir sind das Wirtschaftszentrum Europas und die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Und wir verfügen über eine hervorragend entwickel-
niedrige Investionen
Industrie & Handel
te Verkehrsinfrastruktur“, bemerkt Dr. Andreas Scheuer, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Diese Stärken werden auch in Deutschlands einzigem tidenabhängigen Container-Tiefwasserhafen, dem JadeWeserPort, deutlich. „Die trimodale Ausrichtung – See, Straße und Schiene – ergänzen wir durch die staufreie Erreichbarkeit der Logistikfläche,“ betont Rüdiger Beckmann, Vertriebsleiter Jade WeserPort Logistics Zone. Dr. Andreas
Luftfrachtsicherheit | Zulassung wird für Unternehmen zur Existenzfrage
Grünes Licht für Bekannte Versender Seit Ende April 2010 ist für herstellende Unternehmen, die den Status Bekannter Versender tragen wollen, die behördliche Zulassung Pflicht. Im Frühjahr 2013 endet die Übergangszeit für die herkömmliche Anerkennung, die in der Vergangenheit von Reglementierten Beauftragten ausgestellt wurde. Der Status spart Zeit und Kosten, da Waren vor ihrer Abfertigung nicht mehr extra kontrolliert werden müssen. „Unternehmen, die sich eine Unterbrechung ihrer Lieferströme nicht leisten können, sollten dringend handeln“, betont Jens Makswitat, Luftverkehrsexperte bei OSD Schäfer mit langjähriger Erfahrung aus dem Luftfahrt-Bundesamt.
Denn die Verantwortlichen dort rechnen für das kommende Jahr mit einer großen Antragsflut. Für Unternehmen, die jetzt nicht starten ihre Zertifizierung auf den Weg zu bringen, ist es fast schon zu spät. Die Konsequenzen: Der unbekannte Versender wird ab dem 25. März 2013 deutlich mehr Ressourcen für seine Luftfracht einplanen müssen. „Wenn ein Unternehmen aber jemanden an der Seite hat, der die Abläufe kennt, vereinfacht das seine Zulassung erheblich“, weiß Experte Makswitat. „Wir zeigen, welche der vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen in eine Beurteilung einfließen können und welche Unterlagen relevant sind. Wir
beraten und schulen auf Basis fundierter SchwachstellenAnalysen und stehen auch nach der behördlichen Zulassung mit Rat zur Seite.“ Infos: www.osd-schaefer.com/ bekannter-versender
ZULASSUNG Jens Makswitat: „Der Bekannte Versender sichert effiziente Prozesse.“
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Foto: Bundesregierung/Bernd Kühler
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Scheuer ergänzt dazu: „Wir wissen aber auch, dass wir trotz der hervorragenden Einstufung an weiteren Optimierungen bei Güterverkehr und Logistik arbeiten müssen, damit wir auch künftig einen Spitzenplatz im globalen Wettbewerb behaupten können.“ Strategisch gelte es, sagt Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner, Vorstandsvorsitzender der Bundesvereinigung Logistik (BVL), die fortschreitende Globalisierung und die Entwicklungen in den BRIC-Ländern (Brasilien, Russland, Indien und Chi-
na), aber auch in den Schwellenländern im Blick zu behalten. Denn dorthin verlagert sich zunehmend ein Großteil der Handelsströme und damit werden auch die globalen Logistikknotenpunkte andere sein. Umso wichtiger erscheint es vor diesem Hintergrund, mit moderner ressourcenschonender Logistik Wettbewerbsvorteile herauszufahren. Allein schon auf der Straße ist dies eine umfassende Aufgabe mit vielen Stellhebeln: Maßnahmen zur Auslastungsoptimierung, Bündelung und Tou-
STÄRKE „Wir verfügen über eine hervorragend entwickelte Verkehrsinfrastruktur“, betont Dr. Andreas Scheuer, Staatssekretär beim Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
renoptimierung, um die verkehrsbedingten Emissionen zu reduzieren, aber auch die reibungslose Kombination von Verkehrsträgern, der Einsatz nachwachsender Rohstoffe als Energieträger oder auch Eco-Fahrertrainings und Fuhrparks mit emissionsarmen Fahrzeugen. Die Investition in die Fahrzeuge zählt nicht gerade zu den Maßnahmen, die bei Spediteuren besonders beliebt sind. Die Einführung der Lkw-Maut auf deutschen Autobahnen hat dabei einiges verändert.
Mautsystem | Wertvoller Beitrag zum Umweltschutz
Mehr schadstoffarme Fahrzeuge unterwegs Mehr als sechs Jahre nach Mautstart dominieren moderne Lkw über 12 Tonnen mit schadstoffarmer Abgastechnik die Fuhrparks der Transport- und Logistikunternehmen. Betrug der Anteil der Fahrzeuge mit Schadstoff-
STAFFELUNG Die Schadstoffklassen des Mautsystems beeinflussen Investitionsentscheidungen beim Lkw-Kauf positiv.
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klasse S5 und EEV-Klasse 1 an der Gesamtfahrleistung im Jahr 2005 noch nicht einmal ein Prozent, so sind es im ersten Quartal 2011 knapp 70 Prozent. Im gleichen Zeitraum hat sich die anteilige Fahrleistung der Lkw der Schadstoffklassen S0, S1, S2 in Summe von 36,5 Prozent im Jahr 2005 auf unter zwei Prozent im März 2011 für alle drei Schadstoffklassen zusammen signifikant verringert. Hanns-Karsten Kirchmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Toll Collect GmbH, erklärt dazu: „Das satellitengestützte Mautsystem leistet einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz. Die Staffelung der Mautsätze nach Schadstoffklassen beeinflusst die Investitionsentscheidungen der Transportund Logistikunternehmen nachhaltig.“ In den zurückliegenden sechs Jahren hat das deutsche Mautsystem mehr als 160 Milliarden Kilometer erfasst und abgerechnet, soviel wie bisher kein anderes weltweit. Das satellitengestützte Mautsystem ist bei den
in- und ausländischen Nutzern überaus akzeptiert. „Dabei werden rund 90 Prozent der Mauteinnahmen mit dem automatischen Einbuchungsverfahren über die Fahrzeuggeräte generiert“, so Hanns-Karsten Kirchmann. Bei Toll Collect sind insgesamt rund 900.000 Lkw von 136.000 Firmen aus 41 Ländern registriert. Derzeit sind in 661.000 Fahrzeugen Bordcomputer (On-Board Units) für die Mautberechung installiert. Qualitativ arbeitet das Mautsystem seit Jahren mit hoher Präzision. Dafür spricht die hohe Verfügbarkeit im automatischen System. Sie liegt seit dem Jahr 2006 konstant bei durchschnittlich 99,75 Prozent und übertrifft damit den im Betreibervertrag festgelegten Wert von 99 Prozent deutlich. Auch die Kosten für den Betrieb des Mautsystems konnten in den vergangenen Jahren konstant reduziert werden und liegen derzeit um 11 Prozent bezogen auf die Mauteinnahmen. Weitere Informationen: www.toll-collect.de
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Grüne Logistik ist bei vielen Ausstellern ein großes Thema und wird die transport logistic 2011 stark prägen.
„Unser satellitengestütztes Mautsystem leistet einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz. Die Staffelung der Mautsätze nach Schadstoffklassen beeinflusst die Investitionsentscheidungen der Transport- und Logistikunternehmen nachhaltig“, berichtet Hanns-Karsten Kirchmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Toll Collect GmbH. Gut sechs Jahre nach Einführung der Maut ist die Mehrzahl der Brummis ab zwölf Tonnen mit schadstoffarmer Abgastechnik ausgestattet. Während der Anteil der saubersten Fahrzeuge mit der Schadstoffklasse S5 und EEV Klasse 1 an der Gesamtfahrleistung des Jahres 2005 noch nicht einmal ein Prozent betrug, sind es im ersten Quartal diesen Jahres knapp 70 Prozent. Im gleichen Zeitraum verringerte sich die anteilige Fahrleistung luftverpestender Lkws der Schadstoffklassen S0, S1, S2 in Summe von 36,5 Prozent auf unter zwei Prozent für alle drei Schadstoffklassen. Und dennoch bleibt ein Problem: Rund ein Fünftel aller täglich rollenden Lkws auf deutschen Straßen sind ohne Ladung unterwegs. Ein ökologischer, wirtschaftlicher und verkehrspolitischer Wahnsinn. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Technound Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern haben deshalb eine virtuelle Mitfahrzentrale für Frachtgüter entwickelt. Ihre innovative Idee, um möglichst viele Leerfahrten zu vermeiden, setzt auf unternehmensübergreifende Kooperationen in der Logistikbranche. Über eine Softwareplattform werden die Anbieter vernetzt, ein gemeinsamer Auftragspool geschaffen und Transportorder optimal verteilt. „Bei unserer Software handelt es sich um eine Auktionsplattform mit Planungsfunktionalität. Gegenüber anderen Internet-Frachtbörsen, über die Speditionen ihre Ladungen austauschen können, bietet sie einige Vorteile“, sagt Dr. Heiner Ackermann, Wissenschaftler am ITWM. In den Online-Fracht-
Eugen Egetenmeir, Messe München
LOGISTIK
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Hinterlandhafen | Magdeburg entwickelt sich zum ersten Greenport
Grüne Welle in Mitteldeutschland Die Voraussetzungen könnten nicht besser sein: In keinem anderen Binnenhafen gibt es eine geografisch und logistisch so enge Verbindung zwischen der Produktion von erneuerbarer Energie und Hafenaktivität. Und weil sich Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Magdeburg nun zu einer Forschungs- und Produktionsstätte für erneuerbare Energien (Windenergie, BioTreibstoffe) entwickelt, sieht die Magdeburger Hafen GmbH die Verpflichtung, sich eingehend mit der Nachhaltigkeit bei der Versorgung des Hafens mit Energie zu beschäftigen. „Mit der Zuwendung zu erneuerbaren Energien und der Verringerung der Lärm- und Staubbelästigung bei den Transportdienstleistungen lässt der Hafen den Umweltaspekt verstärkt in seine Geschäftspolitik einfließen“, betont KarlHeinz Ehrhardt, Geschäftsführer der Hafen GmbH. Zu diesem Zweck haben der Hafen und einige ansässige Unternehmen (Enercon GmbH und die Städtische Werke Magdeburg GmbH) eine Projektvereinbarung abgeschlossen, den größten Binnenhafen Mitteldeutschlands (Umschlag 3,2 Millionen
Tonnen per anno) zum ersten GreenportHinterlandhafen zu entwickeln. Dieses Projekt soll in vier Abschnitten vollzogen werden. Dazu werden die mit Elektranten ausgestatteten neu gebauten und noch zu bauenden Kaianlagen durch eine soeben in Hafennähe errichtete Windenergie-Referenzanlage mit Strom versorgt, um den Binnenschiffen Landstrom zu liefern. Zudem wird ein Großteil der Rangier- und Überfuhrdienste der Hafenbahn in Zukunft durch eine Hybridlok erbracht. Der überwiegende Stromverbrauch der Hafenbetriebsteile soll ebenfalls mit Strom aus der betriebenen neuen Referenzanlage gespeist werden. Das Projekt könnte schließlich mit der Errichtung einer Elektrotankstelle für Elektromobile im Bereich Pkw und Kleintransporter auf dem Hafengelände abgeschlossen werden. Mit diesem Projekt unternimmt der Magdeburger Hafen einen beträchtlichen Schritt zur Erreichung von Zielen der Nachhaltigkeit und verlängert die umweltfreundliche Transportkette von Hamburg als Green Capital in das mitteldeutsche Wirtschaftsgebiet. Weitere Infos: www.magdeburg-hafen.de
HAFENENERGIE Wind bringt die Schifffahrt nach vorn – aber in Magdeburg anders als noch zu Urväter Zeiten: grüner Landstrom für Hafen- und Wasserfahrzeuge.
TITELTHEMA
LOGISTIK
Die Räder drehen wieder schneller MESSETRENDS Im Gespräch mit VISAVIS ECONOMY bestätigt Eugen Egetenmeir, stellvertretender Geschäftsführer der Messe München, die Transport- und Logistikbranche ist wieder im Aufwind.
GEGENPOLE „Ökogewissen und Ökonomie bewegen sich stärker aufeinander zu“, so Eugen Egetenmeir, Messe München.
Herr Egetenmeir, die Logistikbranche ist wieder zunehmend positiv gestimmt. Wie sehen Sie das? Das sehe ich genauso. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind wieder deutlich besser als im weltweiten Krisenjahr 2009, in dem die transport logistic zuletzt stattfand und dennoch erfolgreich war. Auch wenn viele wieder aufatmen werden, wird es doch noch dauern, bis der Aufschwung in allen Märkten ankommt. Die Grundtendenz ist aber in jedem Fall positiv, und das spüren wir auch beim steigenden Interesse an der Messe. Wirkt sich das jetzt auch schon auf die Anmeldungen für die transport logistic 2011 aus? Ja, wir erleben erfreulicherweise eine rege Nachfrage. Aussteller, die letztes Mal nicht teilnehmen konnten, sind wieder zu-
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rückgekommen. Wir verbuchen auch eine rege Nachfrage quer durch alle Sparten der Logistik-Dienstleistung. Gibt es Segmente innerhalb der Transport- und Logistikbranche, die sich wieder stärker auf der transport logistic präsentieren als auf den vorherigen Messen? Vor allem die Nutzfahrzeugbranche verspürt wieder Aufwind. Fast alle großen Hersteller haben sich angemeldet. Eine sehr positive Entwicklung beobachten wir auch bei der maritimen Logistik. Sie wird sich auf zwei bis drei Hallen verteilen. Die Air Cargo Europe, die Leistungsschau der Luftfracht, ist auch nahezu ausgebucht. Die Gleisanlagen im Freigelände, auf denen die neuesten Fahrzeuge für den Schienengüterverkehr vorgestellt werden, sind auch so gut wie belegt. Ein Trend, den wir beobachten, betrifft das Standortmarketing. Immer mehr Städte, Regionen und Länder bündeln sich auf Gemeinschaftsständen, um gezielt für sich als Logistikstandort zu werben. Dies spiegelt auch wider, dass mittlerweile die Industrie der Logistik nachzieht: Industry follows Logistics – wo Infrastruktur und Angebot stimmen, siedelt sich Industrie an. Früher war das noch umgekehrt. Welche Änderungen/Neuerungen wird es zur transport logistic geben? Wir rufen für den letzten Messetag den Chef-Tag aus. Das heißt, wir wollen erreichen, dass am Freitag möglichst viele Vertreter des Top-Managements am Messestand für Gespräche zur Verfügung stehen. Wir unterstützen dazu alle teilnehmenden Aussteller mit kostenfreien Gastkarten und veröffentlichen die Unternehmen zeitnah auf unserer Homepage, sodass Besucher bereits vorab Termine vereinbaren können. Am letzten Messetag setzt die transport logistic zudem ein Highlight im Konferenzprogramm: Auf
der Diskussionsbühne trifft die Verkehrspolitik die Logistik. Wir erwarten namhafte Branchenvertreter und Politiker, die sich einen Schlagabtausch über die aktuellen Rahmenbedingungen in der Logistikwirtschaft liefern werden. Welche digitalen Services stehen Ausstellern und Besuchern der transport logistic zur Verfügung? Es wird eine Messe-App für iPhones und eine mobile Website für alle Smartphones geben: mit allen relevanten Informationen zu den Ausstellungshallen, Points of Interest und Konferenzprogramm. Wir werden erstmals auch Social Media einsetzen. Wir verstehen die direkte und interaktive Kundenkommunikation als wichtige Ergänzung unseres analogen Marketing-Mixes. In Kürze schalten wir eine Präsenz bei Facebook live. Zur Messe werden wir auch auf Twitter aktiv sein und zudem eine Twitter Wall auf transportlogistic.de integrieren. Wie grün und ökologiebewusst präsentiert sich die transport logistic? Grüne Logistik ist bei vielen Ausstellern ein großes Thema und wird die transport logistic 2011 stark prägen: Egal, ob es die IT betrifft, um Abläufe zu optimieren, Leerfahrten zu verringern und Transportmittel optimal auszulasten – oder es bei der Hardware darum geht, Emissionen zu reduzieren. Die Messe-Auftaktdiskussion wird sich auch mit diesem Thema beschäftigen. Bundesverkehrsminister Ramsauer, Bahnchef Grube, Lufthansa-CargoChef Garnadt und weitere Branchengrößen werden unter dem Titel ,Zwischen Ökogewissen und Ökonomiezwang – wie viel Grün kann (sich) die Logistik leisten?’ diskutieren. Zudem wird sich das Thema „Green Logistics“ auch inhaltlich durch eine ganze Reihe der 30 Fachforen der Messe ziehen.
WETTBEWERB MIT UMWELTSCHUTZ 19 % 6%
18 %
sehr wichtig
stark zunehmend eher zunehmend
eher wichtig eher weniger wichtig
2010 50 % 25 %
überhaupt nicht wichtig
Veränderung der Bedeutung
Umweltmanagement ist schon heute ein Wettbewerbsfaktor. Die Grafik zeigt den Stellenwert von Umwelt- und Klimaschutz für die aktuelle Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens (in Prozent).
eher abnehmend
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2012
stark abnehmend keine Angabe
79 %
Umweltmanagement wird aber noch wichtiger. Dieses Diagramm stellt die künftige Bedeutung von Umweltund Klimaschutz für die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens bis 2012 dar (in Prozent).
Quelle: Steria Mummert Consulting, FAZ Institut
börsen lassen sich bislang nämlich nur einzelne Aufträge austauschen – das Bündeln mehrerer Aufträge ist bisher nicht möglich. Das liegt an dem vergleichsweise hohen Abstimmungsaufwand, der über das Internet so nicht abgebildet werden kann. Ackermann erklärt, was die „Mitfahrzentrale“ besser kann: „Möglicherweise lohnt sich der Umweg für einen Auftrag nicht. Kommt aber noch ein zweiter hinzu, rentiert sich die Fahrt. Mit unserer Auktionsplattform können sich mehrere Anbieter und Abnehmer zeitgleich austauschen“, sagt er. „Sie sind in der Lage, ihre bestehenden Touren sinnvoll zu ergänzen, wodurch sich Aufträge günstiger als bisher ausführen lassen.“ Die Vermittlung und, wichtiger noch, die genaue Abrechnung, erfolgen weitgehend automatisiert: Zunächst stellen die Firmen die Aufträge ein, die nicht in den eigenen Tourenplan passen. Nach der Bietphase wird ermittelt, welche Spedition den
Auftrag erhält. Die komplexen Gewinnaufteilungen zwischen Auftraggebern und Abnehmern berechnet die Software mithilfe eigens entwickelter Algorithmen. Derzeit sind die Wissenschaftler auf der Suche nach Speditionen, die das Konzept testen und sich bei Routenplanungen nicht nur auf ein Transportmittel kaprizieren. Dass das Sinn ergibt, unterstreicht BVL-Chef Raimund Klinkner: „Vor allem in der Stärkung der Intermodalität, also der Verknüpfung der Verkehrsträger von Schiene, Straße, Wasser und der Luft, liegen erhebliche Effizienzpotenziale.“ Aber auch in den Bereichen außerhalb der Transport-Logistik lassen sich unerwartete Effizienzpotenziale heben. Das zeigt die Firma SSI Schäfer mit einer ausgefeilten Intralogistik. Dabei geht es unter anderem darum, Gebäudetechnik und Anlagen möglichst wirtschaftlich und damit umweltschonend zu betreiben – was die optimale Auslastung von Zeit, Fläche, Mitarbeitern,
Energie und Materialien anbelangt. Bei SSI Schäfer reichen die Maßnahmen im eigenen Haus von umweltfreundlichen und energieeffizienten Technologien über die Entwicklung flüsterleiser Fördertechnik oder IT für umweltschonende und zugleich kostensenkende Prozesse bis hin zum Konzept ergonomics@work! zur Gestaltung fortschrittlicher, ergonomischer Arbeitsplätze. Zum Standard zählen hier mittlerweile die Rückspeisung generatorisch gewonnener Energie bei Regalbediengeräten, die Erstellung komplexer Wertstoffverwertungs- und Mehrwegkonzepte und die Nutzung regenerativer Energien beim Neu- und Umbau von Lägern. Und wer glaubt, dass Häfen wenig zur Grünen Logistik betragen können, irrt gewaltig. Selbst kleinere Infrastrukturen wie der Hinterlandhafen Magdeburg können durch neue Technologien wertvolle Beiträge leisten. In der Landeshauptstadt SachsenAnhalts spricht man gar schon vom ersten
Verkehrsträgerverbindung | Schlüsselrolle für europäische Wirtschaft
Binnenhäfen steuern Warenströme In einer modernen arbeitsteiligen Weltwirtschaft übernehmen Häfen eine immer wichtiger werdende Rolle als logistische Drehscheibe. In den Seehäfen landen Produkte für die deutsche Wirtschaft an und werden für Kunden in der ganzen Welt abgefertigt. Dabei ist eine funktionierende Logistik-Infrastruktur im Hinterland der Seehäfen wichtige Voraussetzung. Dazu gehören insbesondere die Binnenhäfen, in denen Warenströme gebündelt und auf geeignete Verkehrsträger gelenkt werden, um die Importe zu Standorten in ganz Deutschland und in Europa weiter zu verteilen oder Exportgüter den Seehä-
fen zuzuführen. Steigende Gütermengen bedeuten dabei immer wieder eine Herausforderung. Deshalb ist es erforderlich, dass
die Binnenhäfen als Knotenpunkte des europäischen Land- und Schiffsverkehrs ihre Infrastruktur optimal, bedarfsgerecht und weitsichtig anpassen. Das wiederum verlangt nach engagierten und fachlich hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie nach optimierten Prozessen. Dabei gilt es in Kooperationen zu denken, denn nur im Verbund aller Verkehrsträger können große Gütermengen ökonomisch und ökologisch sinnvoll bewältigt werden. See- und Binnenhäfen arbeiten zu diesem Zweck schon seit geraumer Zeit gut zusammen. Weitere Informationen unter: www.binnenhafen.de
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INFRASTRUKTUR „Vor allem in der Stärkung der Intermodalität liegen erhebliche Effizienzpotenziale“, so Prof. Dr.Ing. Raimund Klinkner von der Bundesvereinigung Logistik.
Tiefwasserhafen | Starttermin rückt näher
Überzeugende Standortvorteile
NEUAUFSCHÜTTUNG Die aufgeschütteten 160 Hektar Logistikfläche im JadeWeserPort-Wilhelmshaven bieten viel Raum für Ideen.
Vom 10. bis 13. Mai trifft sich die nationale und internationale Logistikbranche auf der Leitmesse für Logistik, Mobilität, IT und Supply Chain Management in München. Mehr als 1.800 Aussteller nutzen diesen Branchentreffpunkt, um ihre Neuentwicklungen, Produkte und Services dem Fachpublikum vorzustellen. Auch die JadeWeserPort-Gesellschaften präsentieren sich auf dieser Messe, um den Container-Tiefwasserhafen und das Güterverkehrszentrum (GVZ) mit seinen Standortvorteilen und Funktionalitäten vorzustellen. Gemeinsam mit der JadeBay GmbH, der WFG Wirtschaftsförderung, der Agentur für Arbeit sowie der Jade-Hochschule, Fachbereich Seefahrt, soll den Messebesuchern der Wirtschaftsstandort Wilhelmshaven mit seinem Entwicklungspotenzial dargestellt werden. Als regionale Partner beteiligen sich ebenfalls die Unternehmensgruppe Nordfrost aus Schortens mit ihrem vielfältigen Leistungsspektrum als Tiefkühl- und Transport-
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logistiker sowie das Bremerhavener Unternehmen Neutrales Transport Kontor (NTK) mit seinem breiten Portfolio im Transportwesen an dem Messeauftritt. Ebenfalls mit vertreten ist der türkische Hafen Samsunport. Er zeigt dort, wie er den europäischen Bahnverkehr abwickelt, der von deutschen Häfen ausgeht. Rüdiger Beckmann, Vertriebsleiter der JadeWeserPort Logistics Zone GmbH & Co. KG, zu den Vorteilen des GVZ JadeWeserPorts: „Die trimodale Ausrichtung – See, Straße und Schiene – wird ergänzt durch die staufreie Erreichbarkeit des GVZ mit seinen 160 Hektar Logistikfläche, die aufgrund der Neuaufschüttung praktisch zu 100 Prozent bebaut werden darf. Flächenaufteilung und Verkehrsführung werden sich nach den Wünschen der zukünftigen Mieter richten “. Auf der transport logistic in München sind der JadeWeserPort und Wilhelmshaven mit seinen Partnern in Halle B5 auf dem Stand Nr. 311/412 vertreten. www.jadeweserport.de
Grünen Hafen weit und breit, für den künftig erneuerbare Energien zur Versorgung der dortigen Anlagen eine herausragende Rolle spielen sollen. „Mit der Zuwendung zu erneuerbaren Energien und der Verringerung der Lärm- und Staubbelästigung bei den Transportdienstleistungen lässt der Hafen den Umweltaspekt verstärkt in seine Geschäftspolitik einfließen“, betont Karl-Heinz Erhardt, Geschäftsführer der Hafen GmbH. Der Hafen ist jedoch nur ein Beispiel dafür, wie wichtig Binnenhäfen für die Logistik sind. Sie gelten als Knotenpunkte des europäischen Land- und Schifffahrtsverkehrs und müssen ihre Infrastruktur optimal, bedarfsgerecht und weitsichtig anpassen. Ungeachtet solcher Leuchtturmprojekte und des öffentlichen Drucks auf Logistikdienstleister sieht Alexander Nehm, Projektleiter Geschäftsfeld Markt- und Standortforschung von der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS, in der Breite noch Nachholbedarf. Denn aus dem Druck, Rechenschaft über den eigenen CO2-Ausstoß ablegen zu müssen, resultiere noch längst nicht, diesen zu verbessern. „Es gibt natürlich einige positive Ausnahmen. Der Großteil der Logistiker jedoch tut in diesem Bereich aber nicht mehr, als vom Markt verlangt wird“, sagt Nehm. Insofern dürfe der Druck ruhig noch weiter zunehmen. „Das zeigen auch unsere Arbeiten zum Nachhaltigkeitsindex von Logistikdienstleistern“, sagt Nehm. Dafür wird anhand etlicher Kriterien bewertet, wie transparent die 150 umsatzstärksten Unternehmen der Branche über Aktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit und Grüner Logistik berichten. Deutlich weiter sei man im Bereich der Logistikimmobilien. Nehm: „Dort stellen die Investoren den entscheidenden Treiber dar.“ Schließlich seien sie an langfristigen, nachhaltigen Investments interessiert, an Immobilien, die auch noch in 20 oder 30 Jahren attraktiv am Markt bestehen sollen.
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LOGISTIK
Quelle: Gazeley
RENTABEL CO2-neutrale Logistikzentren wie das G.Park Blue Planet lohnen sich bei Betrachtung von Investitionen und Betriebskosten.
Energiefresser sind schon heute kaum an den Mann zu bringen. Und jeder weiß, dass die Anforderungen, zumal wenn die Gebäude als energieeffizient zertifiziert werden sollen, noch steigen werden.
SICHERHEIT ERHÖHEN In einer ganz anderern Hinsicht sind als Reflex auf die Terrorgefahr im internationalen Luftverkehr durch die aktuelle EUVerordnung auch die Anforderungen an Versender von Luftfracht gestiegen: Sie müs-
sen ab März 2013 den Status KC (known consignor) erlangen. Der Status als „bekannter Versender“ muss rechtzeitig beim Luftfahrtbundesamt beantragt werden. Um die Zulassung zu erhalten, müssen umfangreiche Auflagen erfüllt werden, was gerade für kleinere Versender teuer werden könnte. Wem die Zertifizierung zu aufwändig ist, dessen Luftfrachtsendungen müssen sich dann vor der Verladung einer Sicherheitskontrolle unterziehen, was dauern kann. „Unternehmen, die sich eine Unterbrechung
ihrer Lieferströme nicht leisten können, sollten dringend handeln“, betont Jens Makswitat, Luftverkehrsexperte bei OSD Schäfer. Der Lörracher Dienstleister Streck Transport hat dazu seine Hausaufgaben gemacht und steht als kompetenter Partner einer sicheren Lieferkette zur Verfügung. Auch auf diesem Feld zeichnet sich ab, dass das Thema Sicherheit bei globalisierten Warenströmen und wachsender Gefahr terroristischer Anschläge immer wichtigerwird. Neben Nachhaltigkeit, schlanken Pro-
Klimawandel | Material- und Warenfluss trotz ökonomischer Herausforderung ökologisch möglich
Verbrauch je Richtungsbewegung kennen Die Diskussion zum Klimawandel zeigt, dass Ressourcenschonung und Energieeffizienz in Unternehmen noch immer zu kurz kommen. Statt darin den Nutzen bei eigenem proaktivem Handeln zu erkennen, bestimmen Kosteneffizienz und Unternehmenswertsteigerung (noch) das Tagesgeschäft. Der Lehrstuhl für Logistik im Institut für Logistik und Materialflusstechnik (ILM) an der Otto-von-GuerickeUniversität Magdeburg forscht im Themenfeld Nachhaltigkeit in der Logistik, um aufzuzeigen, dass Ökologie und Ökonomie bei logistischen Lösungen kein Widerspruch sein muss. Institutsleiter Professor Hartmut Zadek untersuchte mit rund 20 Experten des Arbeitskreises Sustainable Logistics der Bundesvereinigung Logistik, wie Logistikzentren und ihre Intralogistik ressourcenschonend und energieeffizient entwickelt, gebaut und betrieben werden können. „CO2-neutrale oder gar -positive Logistikzentren sind möglich und lohnen sich bei integrierter Betrachtung
von Investitionen und Betriebskosten“, erläutert Hartmut Zadek. Im institutseigenen Energieeffizienz-Labor Intralogistik werden seit Dezember 2010 die Energieverbräuche des Regalbediengeräts im automatischen Kleinteilelager untersucht, um Erkenntnisse für Energieeinsparungen zu gewinnen. Erstmalig können die Energieverbrauchsdaten detailliert für jede einzelne Bewegung in alle möglichen Richtungen erfasst werden. Mit dieser Fördertechnikanlage sollen Impulse für die Intralogistik-Hersteller gegeben sowie Aufklärungsarbeit für die Betreiber geleistet werden, wann sich eine grundlegende Modernisierung alter Fördertechnik lohnt. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Wettbewerbs „Energieeffiziente Stadt“ hat Magdeburg eine Förderung über fünf Jahre zum Stadtumbau gewonnen. Der Lehrstuhl für Logistik entwickelt gemeinsam mit dem Institut für Automation und Kommunikation e. V. die
Verkehrsmanagement-Zentrale für Magdeburg mit dem Ziel einer aktiven, prozessorientierten, emissionsreduzierenden Verkehrslenkungund -steuerung. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.ilm.ovgu.de
AUFKLÄRUNG „Gute Logistik ist Garant für Ressourcenschonung und aktuell auch für Energieeffizienz“, betont Hartmut Zadek.
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Die Attraktivität des Logistikstandorts Deutschland rangiert weltweit an erster Stelle vor Singapur und den Niederlanden.
– Weltbank „Logistic Performance Index“
Lieferkette | Übergangsfrist für Status des Bekannten Versenders endet
Wege zur sicheren Luftfracht Mit der neuen europäischen Durchführungs- wird. Sollte es tatsächlich dazu kommen, dürfen sich die Fluggesellschaften schon vorschrift VO (EU) 300 sind seit April 2010 auch die Versender aufgefordert, sich an der heute die Hände reiben. Ein Anstieg der Frachtraten in diesem Bereich wird die Folge sicheren Lieferkette in der Luftfracht zu überbuchter Flüge sein. Versender mit nur beteiligen. Circa 65.000 bisher anerkannte einem geringen Sendungsvolumen können Bekannte Versender müssen für sich den auch ganz darauf verzichten und sich für passenden Weg in die Zukunft finden und keine der beiden genannten Optionen entbis zum 25. März 2013 den Status des bescheiden. Dies würde zum Ende der Überhördlich zugelassenen Versenders erlangt gangsfrist bedeuten, dass sie ihren Status haben. Grundsätzlich haben alle Versender als Bekannter Versender definitiv verlieren. auch weiterhin die Möglichkeit, ihre Güter Luftfrachtsendungen dieser Unternehmen sicher in die Lieferkette einzubringen, aber müssen dann vor der Verladung einer geab dem Jahr 2013 nur noch als „known consignor“. Für diesen Status gilt es, rechtzeitig sonderten Sicherheitskontrolle – in der Regel durch Röntgen – unterzogen werden. Für beim Luftfahrtbundesamt einen Antrag auf Zulassung zu stellen. Die umfangreichen An- diese Kontrollen wird dann auch eine entsprechende Gebühr anfallen. Je nach Standforderungen ergeben sich aus einem entort und Begebenheit können diese zusätzlisprechenden Leitfaden. Keine leichte Aufgabe, zudem je nach Unternehmensstruktur chen Kontrollen dann auch zu Verzögerungen führen. Unabmit erheblichen Kohängig davon ist sten zu rechnen ist. ABFERTIGUNG Das Röntgenbild einer Sicherjetzt HandlungsbeAngedacht ist zurzeit heitskontrolle zeigt Sanitärarmaturen und Zubehörteile – Teil der sicheren Lieferkette und darf gegeben. Vernoch die Option des der Möglichkeiten Kontrollen durchzuführen. sender sollen sich „accounted consientscheiden, welgnor“, was im Prinzip chen Status sie für einer Anerkennung sich in Zukunft woldes Status als Zugelen. Streck-Translassener Wirtschaftsport hat seine Entbeteiligter gleichscheidung getroffen kommt. Sie soll zu Erund steht als komleichterungen bei Verpetenter Partner eiladung der Fracht auf ner sicheren interreinen Frachtflügen nationalen Lieferführen. Es ist jedoch kette bereit. Infos noch nicht abschlieunter: www.streckßend geklärt, ob es transport.com diese Option geben
zessen, Rückverfolgbarkeit und beschleunigter Abwicklung sind innovative Ideen gefragt, die Sicherheit zu erhöhen.
NACHWUCHS AUSBILDEN BVL-Chef Raimund Klinkner sieht den Logistikstandort Deutschland in allen Bereichen gut aufgestellt: „Die Forschungslandschaft in Deutschland und die sehr guten Qualifizierungssysteme in den Unternehmen und an den Hochschulen sind gute Voraussetzungen dafür, dass die deutsche Logistikwirtschaft sich auch weiterhin international behaupten wird.“ Ein Beispiel hierfür ist die Ausbildung am Institut für Logistik und Materialflusstechnik an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Hier werden unter anderem anwendungsnah Konzepte für eine nachhaltige Logistik entwickelt. Im Forschungsprojekt „Let's Go“ beispielsweise untersucht der Lehrstuhl für Logistik, durch welche umweltökonomischen Instrumente die Kohlendioxid-Emissionen des Straßengüterverkehrs langfristig reduziert werden können. „Dabei sollen die Auswirkungen für die Logistikdienstleister in Form von Aufwand und Mehrkosten minimiert und ihre Wettbewerbsfähigkeit im hart umkämpften Markt gesichert werden“, berichtet Lehrstuhlleiter Prof. Dr.-Ing. Hartmut Zadek, „denn Ökologie und Ökonomie sind bei logistischen Lösungen kein Widerspruch.“ Es gibt also gute Gründe weiter zuversichtlich in die Zukunft der Branche zu blicken. Nicht zuletzt verweist FraunhoferForscher Nehm auf die Bedeutung dieses Dienstleistungssektors für den Wirtschaftsstandort: „Die gesamtwirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Effekte sind beachtlich. Logistik ist die drittgrößte Branche in Deutschland.“
Chris Löwer
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HUMAN RESOURCES
Die Lücken schließen PERSONALARBEIT Eine ganze Reihe von internen und externen Instrumenten können Unternehmen zur Bindung qualifizierten Personals nutzen und so ihre Attraktivität erhöhen und Talente fördern.
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as einstige Phantom Fachkräftemangel nimmt inzwischen immer realere Gestalt an. Auch wenn aus der Politik zu vernehmen ist, dass es sich dabei noch um ein Phänomen handelt, das auf einzelne Branchen reduziert ist – Experten sagten in einer öffentlichen Anhörung Mitte Februar im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestags, dass in Deutschland derzeit kein flächendeckender Fachkräftemangel herrsche, aber dennoch bestehe aufgrund der angespannten Situation in einigen Regionen und Berufsfeldern Handlungsbedarf. Hierzu würden die Ingenieurberufe und der Gesundheitsbereich zählen. Es lasse sich gleichwohl nicht leugnen, dass auch andere Branchen beginnen, unter der gesellschaftlichen Entwicklung zu leiden. Schon länger ist etwa aus der ITK-Branche zu hören, dass Stellen nicht mehr adäquat besetzt werden können, schon weit mehr als 20.000 seien dort aus diesem Grund vakant. Studien prognostizieren, dass der Mangel insgesamt in Deutschland bis zum Jahr 2030 auf zwischen 2,7 und 5,5 Millionen Fachkräfte ansteigt. Doch wie kann dieser Entwicklung entgegengewirkt werden? Herbert Bodner in seiner Funktion als Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie sprach bei der Jahresauftaktpressekonferenz des Bauhauptgewerbes davon, dass sich durch
die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die ab dem 1. Mai 2011 zwischen acht MOE-Staaten in Kraft tritt, die Chance ergebe, Nachwuchskräfte für deutsche Unternehmen zu gewinnen, falls der Arbeitskräftebedarf aus eigenem Nachwuchs nicht mehr gedeckt werden könne. Auf diese Möglichkeit werden auch andere Branchen setzen. Allerdings wird diese Maßnahme alleine nicht ausreichen und weitere Instrumente und Entscheidungen werden benötigt, damit die Wirtschaft ihren Bedarf an qualifiziertem Personal de-
FREELANCER-BEDARF Im Finanzbereich sind Freiberufler überwiegend im Rahmen von Projektarbeit gefragt.
Wann kommen Sie als Freelancer im Bereich Finance am häufigsten zum Einsatz? 87,9 % 55,2 % 41,0 % 30,5 %
32,6 %
Ressourcenengpässe
temporär erhöhter Bedarf
Überbrückung der Mitarbeitersuche
Integrationsprojekte zeitlich begrenzte Spezialprojekte
754 Befragte, Mehrfachnennungen möglich
Quelle: Kroongaard AG
cken kann. Man denke da zum Beispiel an die Forderung einer erleichterten Zuwanderung für Fachkräfte. Bereits im letzten Jahr verspürten auch die Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung und Zeitarbeit einen gewaltigen Anstieg in der Nachfrage. Der DIHK-Dienstleistungsreport 2011 beziffert das Saldo auf 56 Prozentpunkte, das beste Ergebnis seit drei Jahren. Es ist vor allem die Industrie, die diesen Schub auslöste. In der Projektarbeit können beispielsweise Dienstleister wie Vivento helfen. In ihrem Personalportfolio haben sie auf Branchen spezialisierte Mitarbeiter, die Know-how-Lücken je nach Bedarf füllen können. Bei der Wahl solcher Schritte bleibt es jedoch nicht aus, dass die Arbeit für die Personalabteilungen zunimmt. Doch auch dafür werden Lösungen angeboten. Personaldienstleister wie TimePartner koordinieren in derartigen Situationen Mitarbeiter, rekrutieren und selektieren Personal, sorgen für die Einweisung am Arbeitsplatz und übernehmen die gesamte Mitarbeiterdisposition. Eine weitere Möglichkeit ist das Zurückgreifen auf Freiberufler. Wie eine Umfrage der Krongaard AG ergab, haben die sich ihre Qualifikationen zu 91,5 Prozent in mehr als elf Jahren Berufserfahrung erarbeitet, jeder zweite blickt sogar auf über 20 Jahre Erfahrung zurück. Es handelt sich damit also um Experten, VISAVIS ECONOMY
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MANAGEMENT
HUMAN RESOURCES
Die richtigen Köpfe am richtigen Platz PERSONALPOLITIK Der Fachkräftemangel in Deutschland ist ein vieldiskutiertes Thema, aber auch wenn er noch nicht in allen Branchen sichtbar ist, sind flexible Personallösungen dennoch derzeit gefragt.
Noch herrscht derzeit in Deutschland kein flächendeckender Mangel an Fachkräften, so das Bundesarbeitsministerium kürzlich in einer Erklärung an den Deutschen Bundestag. Aber in verschiedenen Berufsfeldern nimmt der Handlungsbedarf deutlich zu, insbesondere in den Ingenieurberufen. Im kommenden Jahrzehnt soll beispielsweise die Zahl fehlender Ingenieure bis auf 200.000 anwachsen, so der VDI zum Thema Ingenieurmangel. Derzeit sind bereits Maschinen- und Fahrzeugbauingenieure, Elektro- und Bauingenieure sowie Wirtschaftsingenieure Mangelware. Und auch dort, wo Hochschulnachwuchs vorhanden ist, fehlt es den Unternehmen an berufserfahrenen Ingenieuren. Dabei entfallen nach aktuellen Einschätzungen heute nur noch ein Drittel der Arbeitsleistung auf klassische Ingenieursaufgaben wie Produktentwicklung und Konstruktion. Gefragt sind hingegen Prozessorientierung, Methodenkompetenz und die Erfahrung, komplexe Projekte zu steuern. Hier sieht Vivento gute Aussichten, sich als starker Partner zu positionieren. Volker Halsch, Leiter Marktmanagement Vivento: „Wie bereits in den Behörden des Landes können wir auch im privaten Sektor mit der Qualifikation unseres Personals und unserer Expertise im Projektmanagement Unternehmen bei Schlüsselpro-
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jekten unterstützen, aber auch Fachkräftelücken nachhaltig schließen.“ Vivento wurde im Jahr 2003 als exklusiver Personaldienstleister der Deutschen Telekom gegründet, um den Personalumbau des Konzerns zu begleiten und Mitarbeitern neue berufliche Perspektiven zu eröffnen. Zum Portfolio des Personaldienstleisters gehören in erster Linie Telekom-Beamte, die überwiegend zur Unterstützung anderer öffentlicher Aufgaben vermittelt werden, daneben auch Angestellte unterschiedlicher Fachrichtungen. Darunter sind verschiedene Techniker, Ingenieure, IT-Spezialisten ebenso wie Vertriebskräfte und Kundenbetreuer. Viele von ihnen haben jahrelange Projekterfahrung. Die Spanne dieser Erfahrungen reicht von der Umsetzung des einheitlichen Behördenrufs D 115 über die Erneuerung des kommunalen Haushaltsund Rechnungswesens bis zur Betreuung komplexer Netzwerke. Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels in vielen Branchen setzt Vivento auf individuelle und maßgeschneiderte Personallösungen. Wesentliche Stärken liegen dabei auf den Zielmärkten Telekommunikation, Mobilität, Personaldienstleistung, Energie und Sicherheit. Fachkräfte können interessierten Unternehmen ebenso wie ganze Projektteams für temporäre aber auch langfristige Aufgaben bereitgestellt werden. „Das Zusammenwachsen von Märkten und
Industrien fordert von Unternehmen zunehmend den Aufbau neuer Kompetenzen, insbesondere im Bereich IT/TK. „Vor diesem Hintergrund wird die Rekrutierung geeigneter Fachkräfte mit fachübergreifendem Know-how zu einem Schlüsselfaktor für viele Branchen“, so Volker Halsch, „und oft sind Fachkräfte zwar da, nur nicht an der richtigen Stelle.“ Insoweit ist es nachrangig, ob tatsächlich ein spürbarer Mangel an Fachkräften zu verzeichnen ist, wie es Arbeitgeberverbände und Unternehmen immer wieder deutlich betonen, oder ob es wirklich nicht ganz so bedrohlich ist, wie unlängst das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung beruhigte. Vivento kann in seinen Zielmärkten und mit den ihm zur Verfügung stehenden Experten der unterschiedlichsten Fachrichtungen flexible Personallösungen für die verschiedensten Anforderungen anbieten. Weitere Infos: www.vivento.de
ARBEITSMARKT Volker Halsch: „Wir beugen mit qualifiziertem Personal kurz- oder langfristigen Ressourcenengpässen vor.“
TALENTPFLEGE Führungskräfteentwicklung / Leadership und Management Qualität
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die Unternehmen in Spezialprojekten unterstützen können – in der Mehrzahl haben sie bereits Erfahrungen in Unternehmen gesammelt und ihre Team- und Integrationsfähigkeit unter Beweis gestellt. Je attraktiver der Arbeitgeber, seine Angebote und Leistungen, desto stärker die Bindung, desto größer auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Wahl der Fach- und Führungskräfte auf das eigene Unternehmen als Arbeitgeber fällt. Neben dem Gehalt, dem Umfeld, den Entwicklungsmöglichkeiten und den Work-Life-Balance-Angeboten zählen dazu auch Zusatzversorgungen. Eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung, wie sie beispielsweise von Swiss Life angeboten wird, könnte ein weiteres Argument im Gesamtpaket sein und die Entscheidung möglicher Kandidaten beeinflussen. Egal wie Unternehmen nun zu ihrem Personal kommen, entscheidend wird letztlich sein, wie sie mit ihren Mitarbeitern umgehen und deren Potenziale entdecken und entwickeln oder wie sie die Mitarbeiter weiter- und fortbilden und sie bis ins Alter fit halten, um ihr Wissen und ihre Fähigkeiten möglichst lange im Unternehmen zu halten. Dazu bedarf es einer Strategie und es braucht Konzepte, die in die Unternehmenskultur integriert werden, die das Unternehmen durchdringen und die im Alltag gelebt werden. Es gibt dafür einen Begriff: Talentmanagement. Dabei handelt es sich um einen ganzheitlichen und nachhaltigen Prozess, der in die Phasen Attraction, Recruiting, Development und Retention aufgegliedert werden kann. Zu allererst muss sich ein Unternehmen attraktiv für Talente machen, dann muss es sie einstellen, entwickeln und natürlich im Unternehmen halten. In der Vorarbeit dazu sollte jedoch jedes Unternehmen für sich die Frage klären: Was ist ein Talent für uns, durch was zeichnet es sich aus? Nach dem
Talent Development / Learning and Development
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Angaben in Prozent
Quelle: HR-Barometer, © 2011 Capgemini Consulting
Die Top-Themen aus dem Bereich Human Resources für das Jahr 2012 aus Sicht der Personalmanager.
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Demografiemanagement (alternde Belegschaft)
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Talent Attraction & Recruiting
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Talent Retention
Zeitarbeit | Neues Modell für höhere Effizienz
Betreuung vor Ort spart Kosten Zeitarbeit hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt und gewandelt. Ging es früher häufig darum, niedrig qualifizierte Arbeitskräfte für begrenzte Zeit zur Verfügung zu stellen, stehen heute Dienstleistungskonzepte im Fokus, die auf die Bedürfnisse der Unternehmen zugeschnitten sind. Der Markt fordert höchste Flexibilität, extrem kurzfristige Reaktionszeiten und sehr konkrete Anforderungen an Qualifikation und Fähigkeiten der Arbeitskräfte. Bei der Personalplanung ist daher ein Partner gefragt, der die Bedürfnisse und Abläufe im Unternehmen sehr gut kennt und weiß, worauf es ankommt. Thomas Kellner, Direktor Inhouse-
SYNERGIEEFFEKT „Ein maßgeschneidertes Personaldienstleistungsangebot schafft neue Spielräume“, weiß Thomas Kellner.
Partner bei TimePartner, Top-Ten-Personaldienstleister in Deutschland, betont: „InhousePartner bietet die Möglichkeit, Synergien zu nutzen und das Personal kosteneffizienter einzusetzen. Damit bietet TimePartner Effizienz von außen quasi ‚zur inneren Anwendung‘.“ Die Idee dahinter ist einfach: Der Mitarbeiter des Personaldienstleisters betreut seinen Kunden nicht aus der Niederlassung, sondern hat seinen Arbeitsplatz beim Kunden „inhouse“. Gerade in Unternehmen, in denen die Personalsteuerung der flexiblen Mitarbeiter sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, ist dies vorteilhaft. Der Dienstleister steht so direkt als Ansprechpartner zur Verfügung, koordiniert alle Mitarbeiter, rekrutiert und selektiert Personal, sorgt für die Einweisung am Arbeitsplatz und übernimmt die gesamte Mitarbeiterdisposition. Damit das möglich ist, führt InhousePartner vorher einen "Flex-Scan" durch: Qualifikations-, Bedarfs- und Arbeitsmarktanalysen gehören im ersten Schritt ebenso dazu wie Interviews, Zieldefinitionen und eine genaue Betrachtung der Lieferantenstruktur. Dies bildet die Grundlage, um ein auf das Unternehmen maßgeschneidertes Konzept zu erstellen. Wie weit dann die Dienstleistung geht, entscheidet der Kunde. So können nur die eigenen TimePartner-Mitarbeiter betreut werden oder als sogenannter „Master InhousePartner“ auch alle Zeitarbeitnehmer von Co-Lieferanten. Selbst die elektronische Zeiterfassung wird inklusive Endgeräte und digitalem Personalmanagement aller Mitarbeiter angeboten. Nach dem Motto „Einer für alles“. www.timepartner.com
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MANAGEMENT
HUMAN RESOURCES
Fachkräfte gewinnen ZUSATZVERSORGUNG Eine dynamische beitragsorientierte betriebliche Altersversorgung ist bei der Personalgewinnung ein echter Wettbewerbsvorteil. Der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist in vollem Gange. Unternehmen stehen dabei vor einer großen Herausforderung: Einerseits müssen sie die besten Fachkräfte finden und für sich gewinnen, zum anderen müssen sie sie mit gezielten Maßnahmen langfristig an das Unternehmen binden. Solch eine Personalpolitik ist unerlässlich für den Unternehmenserfolg. Mit einem attraktiven Angebot einer arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung verschaffen sich Unternehmen im Wettbewerb um die besten Fachkräfte erhebliche Vorteile. Denn die finanzielle Zusatzversorgung hat bei Bewerberinnen und Bewerbern aber auch bei den Beschäftigten mittlerweile erheblich an Bedeutung gewonnen. Attraktiv ist ein Versorgungsprogramm, das die Interessen von Arbeitgeber und Beschäftigten verquickt. Der Arbeitgeber möchte die Kostenseite planen, betriebsfremde Risiken auslagern und einen geringen Verwaltungsaufwand sowie einen Mehrwert bei der Bewerberauswahl haben. Die Beschäftigten wollen eine spürbare Zusatzversorgung aufbauen und dabei eine sichere betriebliche Versorgung. Sie wollen Steuervorteile nutzen, alles transparent haben und damit das Versorgungsprogramm verstehen. Realisieren lassen sich diese Ziele durch beitragsorientierte Versorgungsprogramme. Dabei erkennen die Beschäftigten sofort den finanziellen Wert der Zusatzversorgung, denn der bemisst sich in Prozent vom Gehalt. So kann der Arbeit-
geber zum Beispiel vier Prozent des Fixgehalts als Beitrag für die Versorgung budgetieren und für bestimmte Fälle auch einen höheren Beitrag von vielleicht zwölf Prozent festlegen. Beispielsweise weil die gesetzliche Rentenversicherung keine Leistungen für Gehaltsteile über der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze von 66.000 Euro erbringt und damit der Versorgungsbedarf für Gutverdiener steigt. Zusammen mit einer üblichen finanziellen Beteiligung der Beschäftigten am Beitragsaufwand wird dann der Beitrag zur Finanzierung von Alters-, Berufs- und Hinterbliebenenleistung ermittelt und einmal jährlich an das aktuelle Gehalt angepasst. Externe Versorgungseinrichtungen – wie die rückgedeckte Swiss Life Unterstützungskasse e. V. – versichern vollständig sämtliche Versorgungsleistungen und übernehmen außerdem einen Großteil der administrativen Tätigkeiten. Die entsprechenden Beiträge des Arbeitgebers sind gleichwohl frei von Lohnnebenkosten. Er entrichtet lediglich ein jährliches Honorar, damit die Verwaltungstätigkeiten erbracht werden, und die gesetzlich vorgeschriebenen Beiträge an den Pensionssicherungsverein, damit die betriebliche Altersversorgung gegen Insolvenz des Arbeitgebers gesichert ist. Solche Versorgungsprogramme können sowohl für einzelne Schlüsselkräfte als auch für ganze Belegschaften eingerichtet werden und eignen sich damit für Unternehmen jeder Größe. Weitere Infos im Internet unter: www.swisslife.de
Buch „Talent Management“ von Wolfgang Jäger und Alfred Lukasczyk gehören weiter zu einem integrierten TalentmanagementKonzept neben der Rekrutierung, dem Personaleinsatz und der Entwicklung die Bestandteile Zielmanagement, Evaluierung, Nachfolge und Mobilität. Im HR-Barometer 2011 von Capgemini Consulting nennen die Personaler neben Leadership die Talentthemen als die besonders wichtige Aufgabe für das Jahr 2012, ihre Bedeutung steigt gegenüber der letzten Befragung. Dass das Charakteristikum Ganzheitlichkeit dabei natürlich ältere Mitarbeiter einschließt, versteht sich im Zusammenhang mit Talentmanagement von selbst – gute Mitarbeiter sollten eine möglichst lange Verweildauer im Unternehmen haben. Die Aspekte Gesundheitsmanagement, lebenslanges Lernen, flexible Arbeitszeitmodelle, Jobenlargement und -enrichment, also Arbeitserweiterung und -bereicherung, werden zu wesentlichen Erfolgsfaktoren. Und nicht zuletzt kann die temporäre Mitarbeit von ehemaligen Mitarbeitern, die mittlerweile im Ruhestand leben, angekurbelt werden. Als Beispiel kann in diesem Zusammenhang die Plattform „Erfahrung Deutschland“ genannt werden, die bereits mehrere Unternehmen als Partner gewonnen hat, das Netzwerk zu unterstützen. Die empirische Untersuchung „Recruiting Trends im Mittelstand 2011“ hat fünf interne Schlüsselherausforderungen für das Jahr 2011 ausgemacht: Mitarbeiterbindung, internes Employer Branding, Employer Branding, Alignment und Candidate Relationship Management. Es gibt also eine ganze Reihe an Konzepten und Möglichkeiten für Personaler, die mit Leben gefüllt werden können, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Christoph Berger
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IT-OUTSOURCING
Neue Betriebsformen der IT VIRTUALISIERUNG Die Grenze zwischen Soft- und Hardware verschwimmt, wenn man beides mieten kann. Insbesondere in mittelständischen Unternehmen ist IT-Outsourcing auf dem Vormarsch.
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utsourcing bedeutet die vollverantwortliche Übertragung von betrieblichen Funktionen außerhalb der Kernkompetenz von Unternehmen an externe Dienstleister zur Verminderung der Fertigungs- oder der Leistungstiefe“, definiert Dr. Mathias Weber vom Arbeitskreis „Outsourcing“ des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V., kurz: Bitkom. Outsourcingfähig ist demnach auch die Informationstechnologie (IT). „IT-Outsourcing bezeichnet die Übernahme der Verantwortung für den Betrieb von IT-Systemen und des damit verbundenen IT-Managements auf partnerschaftlicher Basis und auf der Grundlage vereinbarter Leistungen und Service Level Agreements (SLA), die zumeist die Übernahme von Personal und Assets umfasst“, so Dr. Weber. Die Outsourcing-Leistungen können auch Teil einer Virtualisierungsstrategie sein. Der Computerhersteller Dell zum Beispiel wirbt dazu mit dem Motto: vom statischen zum dynamischen Rechenzentrum. Die Grenze zwischen Software und Hardware verschwimmt, wenn man beides mieten kann. So ermöglicht etwa Virtualisierung die Ausführung mehrerer Anwendungen und
Betriebssysteme auf nur einem Server. Und ob der in den eigenen Räumen steht oder aber die Firma über eine Internetschnittstelle mit ihm verbunden ist, ist eigentlich egal. Einer der Vorteile: Administratoren können Arbeitslasten von einem virtuellen Arbeitsbereich rasch in einen anderen verschieben. So werden Geschäftsanforderungen nach Priorität eingestuft und zugleich die Serverressourcen maximiert. Viele Unternehmer kennen das Problem: Ihre Systemlandschaft ist auf Standardanwendungen hin dimensioniert – doch bei einem Großauftrag reicht die Kapazität plötzlich nicht mehr und es muss quasi ins Netz skaliert werden. Ein anderes Thema ist die Sicherheit der unternehmenseigenen Datenbank. Nicht auszudenken, was passiert, wenn über Nacht ein Brand in der Firma ausbricht, Einbrecher den Server gestohlen oder Vandalen die Elektronik zerstört haben. Hier hilft nur, sensible Daten zusätzlich auf externen Servern zu spiegeln. Neu ist das Thema allerdings nicht. Etwa um die Jahrtausendwende wurde es unter dem Stichwort Application Service Providing (ASP) diskutiert. Und was die Kapazitätsauslastung der Systeme betrifft, so spielte
nicht nur die Skalierbarkeit nach oben – auf externe Rechner per Internet –, sondern auch die Zur-Verfügung-Stellung von Überkapazitäten eine wichtige Rolle – im sogenannten Grid Computing. Dabei werden zuvor definierte Rechenaufgaben auf jene Computer im Netz verteilt, die gerade nicht ausgelastet sind. Forscher erprobten das Verfahren seit Jahren, unter anderem in der Verarbeitung gewaltiger Datenmengen bei den Kollisionsexperimenten am Large Hydron Collider am Genfer CERN. Können Externe mit den am CERN anfallenden Daten kaum etwas anfangen, so sieht das mit den Unternehmensdaten natürlich ganz anders aus. Verträge etwa sind in jedem Unternehmen essenzielle Dokumente, die oft mit Zusatzinformationen oder unstrukturierten Daten zu einer elektronischen Akte gebündelt sind – in der Firma oder beim externen Dienstleister. Mit einer Strategie für Document Compliance Management (DCM) können Unternehmen Dokumente nach Corporate Compliance-Regeln verwalten und gesetzliche Anforderungen erfüllen. „Deutschland ist eine technologie- und exportorientierte Nation, deren Stärke auf Wissensvorsprung und InVISAVIS ECONOMY
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MANAGEMENT
IT-OUTSOURCING
WACHSTUM 2011 1,6
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B2B
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B2C 2012
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novationen basiert. Dies weckt weltweit immer wieder großes Interesse. Dokumente, die Einblick in Patente, Best Practices, finanzielle Transaktionen und geheime Absprachen geben, müssen vor fremdem Zugriff geschützt werden“, betont Peter Weger, CEO der Brainloop AG, München. Gerade bei den heutzutage anfallenden vielen digitalen Informationen und Dokumenten ist es notwendig, mit externen Beratern, Anwälten oder Partnern daran zu arbeiten. Die Verschlüsselung während des
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13,0 (+27 %) 10
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14 Mrd. Euro
Datentransports und auf den verschiedenen Speichermedien sowie unternehmensweite Digital-Rights-Management-Systeme sind Beispiele für bekannte Sicherheitsmaßnahmen. Aber sie stellen lediglich Teilkomponenten eines umfassenden und ganzheitlich konzipierten DCM dar, das für die heutige Unternehmensdynamik mit ihrem ausgeprägten „Extranet-Charakter“ ausgelegt ist. So „alt“ das Thema Outsourcing auch sein mag, flächendeckend kann es erst dann zum Einsatz kommen, wenn
Quelle: Bitkom, Experton Group
Der Gesamtumsatz des Cloud-Computing-Marktes wächst in den nächsten Jahren unter dem Strich zweistellig.
auch die letzten Sicherheitsbedenken beseitigt sind. Die zählen im Moment noch zu den größten Hemmschwellen für die Verbreitung solcher Lösungen. „Es ist in der Tat keine Revolution, vielmehr eine Evolution der IT“, bestätigt denn auch Reiner Louis, Vorstand IT Solutions & Outsourcing bei Computacenter, Kerpen. „Schon seit einigen Jahren setzen wir bereits nach Verbrauch abgerechnete End-toEnd-Services ein, standardisierte Infrastrukturen sowie Virtualisierungstechnolo-
Evolution | IT-Landschaft als Dienst mieten
Mehr Flexibilität für Mitarbeiter Reiner Louis, Computacenter-Vorstandsmitglied, erläutert im Gespräch mit VISAVIS ECONOMY die Besonderheiten von Cloud Computing und daraus resultierende Veränderungen.
KONZEPT „Damit IT flexibel ist“, so Reiner Louis, „hilft die Cloud.“
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Im Cloud Computing sehen viele eine Revolution der IT. Wie ist Ihre Einschätzung dazu? Es ist keine Revolution, vielmehr eine Evolution der IT. Bereits seit einigen Jahren überführen wir bei unseren Outsourcing-Services Kunden auf unsere Private- und Virtual-Private-CloudPlattformen und machen die verschiedenen Cloud-Lösungen nutzbar. Dabei unterstützen wir sie mit unserem C3-Ansatz: Cloud Computing bei Computacenter. Damit identifizieren wir für jeden Kunden die für ihn besten CloudLösungen – Private, Virtual Private, Hybrid oder Public – und helfen bei deren Aufbau sowie ihrer Integration in die IT-Infrastruktur. Wo genau liegen die Änderungen, die Cloud Computing mit sich bringt? Es erfüllt die Anforderungen der Unternehmen hinsichtlich Kostenreduktion, Flexibilität und Produktivität. Beim Desktop Computing ist dies beispielsweise durch den Einsatz von Client-Virtualisierung möglich. Für Unternehmen ergeben sich dadurch neue Nutzungs-
szenarien wie beispielsweise die flexible und schnelle Bereitstellung von IT-Arbeitsplätzen bei saisonalen Schwankungen. Und für die Anwender ändert sich auch einiges: Der neue, serviceorientierte Arbeitsplatzansatz geht viel besser auf die individuellen Nutzeranforderungen ein als die bisherige eher funktionszentrierte Sichtweise. Würden Sie das bitte genauer beschreiben? Wie sieht der moderne Arbeitsplatz aus? Anwender wollen morgens entscheiden, mit welchem Gerät – Tablet, Smartphone oder Laptop – sie arbeiten. Bei unseren Managed Workplace Services werden mittels des Einsatzes von Virtualisierungstechnologien Endgeräte komplett vom Desktop entkoppelt. Die verschiedenen Workplace-Produkte werden auf dem für den Anwender geeignetsten Gerät zur Verfügung gestellt, von dem aus er immer und überall verlässlich und schnell auf seinen individuellen Desktop zugreifen kann. Infos unter: www.computacenter.de
MANAGEMENT
IT-OUTSOURCING
SUPPORT „IT-Outsourcing bezeichnet die Übernahme der Verantwortung für den Betrieb von IT-Systemen auf der Grundlage vereinbarter Leistungen und Service Level Agreements“, erläutert Dr. Mathias Weber, Bitkom.
gien. Und im Rahmen unseres Outsourcingservices überführen wir Kunden auf unsere Private- und Virtual-Private-Cloud-Plattformen.“ Die Evolution scheint – auf dem Weg über viele Begriffe – langsam in den Köpfen anzukommen, denn die Sicherheitsbedenken schwinden: Die Schweizer Bundesregierung etwa hat die Provisionierung und das Management der Desktop-Systeme von Bundesbehörden mit Hilfe einer Virtualisierungslösung zentralisiert. Das Projekt umfasst die Desktop-Umgebungen an über 200 Standorten weltweit, darunter Botschaften, Flughäfen, Grenzstationen und sogar Polizeidienststellen. Trotz etwa noch vorhandener Skepsis sind Outsourcing, Cloud Computing und Virtualisierung Teil des Marktes geworden und haben sich – nicht zuletzt durch Wirtschaftskrise und damit verbundene Sparmaßnahmen – zu einer attraktiven Alternative entwickelt, IT zu beschaffen und zu nutzen. „Jetzt gilt es, die mit Cloud Computing verbundenen Geschäftsideen möglichst erfolgreich an den Start zu bringen“, betont Dr. Bernd Pfaffenbach, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Für Software-Anbieter bedeutet das, dass sie ihre Geschäftsmodelle anpassen müssen, hin zur Bereitstellung und Betreuung von Software als Dienstleistung über das Internet. Und viele Anbieter haben tatsächlich reagiert: Die „Go Cloud“-Initiative von Microsoft hat ein Investitionsvolumen von 100 Millionen Euro bis zum Jahr 2013. Durch die Skalierbarkeit des Cloud-Angebots haben Kunden die individuelle Wahl, ob sie Lösungen im Eigenbetrieb, ganz in der Cloud oder aber in Mischmodellen nutzen möchten. Microsoft hat zudem mit „Azure“ eine Cloud-Plattform geschaffen und IBM wirbt mit dem Motto „Intelligente Datenwolken“. Es sei Zeit für eine Plattform, die für die effiziente und effektive Daten-
Contentmanagement |
Erfassen, Verwalten, Speichern und Bereitstellen
Digitale Akte hält Ordnung in Verträgen Verträge sind in jedem Unternehmen wesentliche Dokumente, die mit den verschiedensten Anforderungen verbunden sind. Zum Nachweis und zur späteren Nachvollziehbarkeit müssen sie strukturiert abgelegt und leicht wiederzufinden sein. Das gilt auch für Vertragsentwürfe und die oft umfangreichen Begleitdokumente. Die digitale Speicherung und Systematisierung einer Vertragsakte bietet hierbei viele Vorteile. „Ecliso“ speichert alle zum Vertrag gehörigen Dokumente – egal in welchem Dateiformat diese vorliegen. Auch vereinbarte Fristen wie Vertragsbeginn und Vertragsdauer werden in der digitalen Akte gespeichert, sodass zeitnah vor dem Ende eines Vertrags beispielsweise automatisch eine Nachricht versendet werden kann. Über Metainformationen zur Akte sind ein schneller Überblick und genauere Sortierung möglich. Bei der Bearbeitung gibt es durch die zentrale Ablage keine Probleme mehr mit unterschiedlichen Versionen eines Dokuments, der Status aller Verträge für ein Reporting kann schnell
eingesehen, neue Dokumente können automatisch der Vertragsakte zugeordnet werden. Auf Basis der IBM Enterprise Content Management Lösungen bietet „Ecliso“ – die digitale Akte des Beratungs- und Softwarespezialisten Cenit – eine optimale Lösung für das Management von Vertragsdokumenten. Auch Kunden- oder Einkaufsakten können zugeordnet werden – so ist der Gesamtüberblick über bestehende Verbindungen immer gegeben. Durch elektronische Akten gewinnen Unternehmen den eigentlichen Mehrwert eines Enterprise Content ManagementSystems (ECM). Informationen aus dem ECM-System und andere IT-Anwendungen werden gebündelt und in übersichtlicher Weise für tägliche Arbeitsprozesse präsentiert. Die E-Akte „Cenit Ecliso“ lässt sich unternehmensweit in unterschiedlichsten Ausprägungen – als Personalakte, Kundenakte etc. – einsetzen und führt nachweislich zu Prozessbeschleunigungen beim Anwender. Infos unter: www.cenit.de/ecliso
STATUSINFORMATION Vertragstext, Anlagen, Besprechungsprotokolle, Termine – alles auf einen Blick und immer aktuell.
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IT-OUTSOURCING
Es kommt jetzt darauf an, die mit Cloud Computing verbundenen neuen Geschäftspotenziale möglichst erfolgreich zu erschließen. – Dr. Bernd Pfaffenbach, Staatssekretär im BMWi
Regelkonformität | Vertrauliche Dokumente revisionssicher weiterleiten.
Schutz mit Document Compliance Fragen zur Sicherheit beim Austausch von Informationen in oder mit einer Cloud beantwortet Peter Weger, CEO Brainloop AG, im Gespräch mit VISAVIS ECONOMY. Welches Risiko für vertrauliche Dokumente sehen Sie in der Cloud? Deutschland ist eine technologie- und exportorientierte Nation, deren Stärke auf Wissensvorsprung und Innovationen basiert. Dieses Wissen weckt immer wieder großes Interesse. Dokumente, die Einblick in Patente, Best Practices, finanzielle Transaktionen und geheime Absprachen geben, müssen geschützt werden. Das sichert das Überleben der Unternehmen und sollte zentraler Bestandteil jeder Unternehmensstrategie sein.
INFORMATIONSSCHUTZ „Vertrauliche Dokumente lassen sich auch in der Cloud sicher verwalten“, sagt Peter Weger.
Wie aber kann dies gelingen, wenn Unternehmen ihre Anwendungen, Daten und Dokumente in die sogenannte Cloud verlagern? Unternehmerische Prozesse werden zunehmend über webbasierte Verfahren abgebildet. Für den Umgang mit vertraulichen Dokumenten werden aus diesem Grund völlig neue Lösungen erforderlich. Sie müssen besonders in der Cloud nicht nur eine sichere Umgebung für eine gemeinsame Bearbeitung sondern auch eine regelkonforme Verwaltung sensibler Inhalte garantieren. Wie kann eine solche Lösung aussehen? Unternehmen suchen Möglichkeiten, um vertrauliche Informationen wie beispielsweise Finanzdaten, die Kommunikation zwischen Vorstand und Aufsichtsrat oder ihr geistiges Eigentum bestmöglich zu schützen. Diese Anforderungen erfüllt Document Compliance Management (DCM). Es bietet ausgewählten Adressaten über ein mehrstufiges Log-inVerfahren den Zugang zu vertraulichen Dokumenten. Dabei werden sämtliche Zugriffe und Arbeitsschritte revisionssicher protokolliert. Die Zusammenarbeit ist transparent und nachvollziehbar. Wo liegen die größten Gefahren? Je sensibler Informationen sind, umso stärker ist die Tendenz zu beobachten, dass sie die Unternehmensgrenzen verlassen. Wenn gerade diese sensiblen Informationen mit externen Beratern, Anwälten oder Partnern gemeinsam bearbeitet werden müssen, verlassen sie damit die schützende Firewall des Unternehmens. Schutz garantiert hier Document Compliance. Informationen finden Sie im Internet unter: www.brainloop.com
verarbeitung auf der breiten Fläche – mit anderen Worten: überall – konzipiert ist. Das Stuttgarter IT-Beratungshaus Logica etwa hat „fünf Schritte in die Cloud“ definiert, die interessierten Unternehmen beim Einstieg helfen sollen. Und eine Wolke ist seit geraumer Zeit ohnehin da: jene der digitalen Geräte, mit denen die modernen Manager von heute herumschwirren. Smartphones, Netbooks und Tablet-PCs, angebunden über Luftschnittstellen an die heimischen Systeme, sind die Datenwiedergabegeräte für unternehmenskritische Prozesse. Der Geschäftsführer sollte noch mal schnell einen Blick auf die aktuellen Kennzahlen werfen? Warum nicht auf dem Smartphone, mit dem er sich gerade auf Wolke 7 befindet? „Anwender wollen morgens entscheiden, mit welchem Gerät – iPad, iPhone oder Laptop – sie heute arbeiten“, erzählt Computacenter-Vorstand Louis. „Dies ermöglichen unsere Managed Workplace Services, bei denen durch den Einsatz von Virtualisierungstechnologien Endgeräte komplett vom Desktop entkoppelt werden.“ Ob sich die Auslagerung oder Virtualisierung der IT lohnt, ist nicht immer nur eine Frage von Kosten und Nutzen. Oft ist die IT nicht das Kerngeschäft und die eigenen Mitarbeiter können nicht alles abdecken. Das gilt insbesondere für kleine und mittelständische Betriebe, die häufig keine Bedenken haben, IT-Leistungen an externe Firmen zu vergeben. Da bei vielen Unternehmen aber die Sicherheit und der Datenschutz Spezialisten erfordern, kann Outsourcing auch deshalb sehr wichtig sein. Nachdem Outsourcing bis heute unter wechselnden Begriffen diskutiert wurde, dürften wir mittlerweile im digitalen Wirtschaften angekommen sein.
Ulrich Schmitz
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TECHNOLOGIE
HALBLEITER
Zahllose Einsatzmöglichkeiten
Aufmachermotiv: © Fraunhofer ISE
FORTSCHRITT Die Mikroelektronik ist für Deutschland eine Schlüsselindustrie. Als Innovationsmotor hat sie schon heute für viele Industriezweige – von Kommunikations- bis Umwelttechnologien – eine große Bedeutung.
D
ie weltweite Nachfrage nach Halbleitern brummt. Nach den Marktforschungsexperten von Gartner ist im abgelaufenen Jahr der Umsatz dieser Branche um gut ein Drittel auf 300 Milliarden US-Dollar gestiegen. Ein sattes Plus, an dem auch deutsche Hersteller kräftig mitgewirkt haben. Infineon meldet Rekordergebnisse, und im sächsischen Silicon Saxony,
Europas größtem Mikroelektronikstandort, an dem sich 200 Unternehmen der Branche ballen, werden händeringend gute Fachkräfte und Neueinsteiger gesucht. Halbleiter sind eine Schlüsseltechnologie, weil heute kaum ein Industriezweig ohne leistungsfähige Mikroelektronik auskommt. Aus dem Alltag ist sie heute nicht mehr wegzudenken: Vom Handy über den
Herzschrittmacher, Solarzellen, Leuchtdioden, die Bordelektronik unserer Autos bis hin zum neuen smarten Personalausweis. Aus der Halbleiterbranche kommen aber auch Lösungen für drängende Probleme unserer Zeit wie das der Klimaerwärmung und den zu hohen Energieverbrauch. Die Verbreitung der Solartechnik wäre ohne Halbleiter nicht vorstellbar. Überhaupt ließen sich Wind-, Wasser- und Sonnenkraft durch Mikroelektronik kaum effizient nutzen, zwischenspeichern und verteilen. „Intelligente Netze in der Energieversorgung sind ohne Halbleiter nicht denkbar. Insoweit hat die Halbleiterindustrie eine große Bedeutung für Nachhaltigkeit und Energieeffizienz“, unterstreicht Jochen Homann, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, besonders deutlich. Und elektrisch angetriebene Autos würden ohne die Steuerungsgeräte für das Batteriemanagement nicht alltagstauglich sein.
Nanowelt | Schlüsseltechnologien für praxisnahe Forschung
Intelligente Systeme auf kleinstem Raum Das Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS in Chemnitz ist spezialisiert auf Forschung und Entwicklung im Bereich Smart Systems Integration unter Nutzung von Mikro- und Nanotechnologien. Die Produkt- und Dienstleistungspalette von Fraunhofer ENAS reicht von hochgenauen Sensoren für die Industrie, Sensor- und Aktuatorsystemen mit Ansteuer- und Auswerteelektronik, über gedruckte Funktionalitäten wie Antennen oder Batterien bis hin zur Materialund Zuverlässigkeitsforschung für die Mikroelektronik und Mikrosystemtechnik. Im Fokus stehen die Entwicklung, das Design und der
Test von siliziumbasierten und polymerbasierten MEMS und NEMS (mikro- und nanoelektromechanischen Systemen), Methoden und Technologien zu deren Verkappung und Integration mit Elektronik. Weitere Themen sind Metallisierungs- und Interconnectsysteme für die Mikro- und Nanoelektronik und die 3D-Integration sowie Sicherheit und Zuverlässigkeit von Komponenten und Systemen. Die Anwendungen reichen von der Halbleitertechnik über die Medizintechnik, den Maschinenbau, die Automobilindustrie, die Logistik bis hin zur Luft- und Raumfahrt. Informationen: www.enas.fraunhofer.de
CHARAKTERISIERUNG Arbeitsplatz zur Vermessung statischer und dynamischer Deformationen an Mikrosensoren und -aktuatoren.
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TECHNOLOGIE
HALBLEITER
SEMICONDUCTOR „Die Halbleiterindustrie in Deutschland ist höchst wettbewerbsfähig,“ unterstreicht Jochen Homann, Staatsekretär im BMWi.
Chipindustrie | Silicon Saxony im Aufwind
Milliarden für Hochtechnologie
WAFERSTART Chipfertigung in Dresden: Im Reinraum durchläuft ein Wafer rund 1000 einzelne Prozessschritte, bevor die Schaltkreise auf den Siliziumscheiben fertiggestellt sind.
Derzeit drehen sich viele Kräne über der Globalfoundries Fab 1 in Dresden. Mit einer Investition von rund 1,5 Milliarden US-Dollar baut das weltweit tätige Unternehmen seinen Leitstandort bis zum Jahr 2012 zur ersten europäischen GigaFab mit einer Kapazität von 80.000 Waferstarts pro Monat aus. In Dresden setzt es dabei technologisch führende Prozesse in der Produktion ein. Das Fertigungsportfolio reicht von der 40/45nmbis zur 28nm-Technologie und umfasst Schaltkreise für Computing, mobile Kommunikation und Unterhaltungselektronik. Namhafte Kunden nutzen die große Expertise und die führenden Prozesse am Standort. „Dresden spielt eine wichtige Rolle in unseren Plänen für die weltweite Kapazitätserweiterung“, so Hans-Jürgen Neufing, Teamleiter Personalbeschaffung. „Derzeit bieten wir rund 300 Stellen in den Bereichen Fertigung, Fertigungsunterstützung, Technologieentwicklung und Integration an. Für diese technisch sehr anspruchsvollen Aufgaben in einem dynamischen und internationalen Umfeld suchen wir sowohl erfahrene Professionals als auch Neueinsteiger.“
Globalfoundries sucht vor allem männliche und weibliche Prozess- und Entwicklungsingenieure, Fertigungsingenieure sowie Wartungstechniker. Prozessingenieure betreuen die Abläufe in der Volumenproduktion, initiieren Projekte zur kontinuierlichen Verbesserung und sichern ein hohes Qualitätsniveau. Entwicklungsingenieure sind für die Entwicklung neuer Technologien, den Transfer und die Qualifikation von Prozessmodulen zuständig. Fertigungsingenieure überwachen im Reinraum die qualitäts- und mengengerechte Fertigung der Wafer und optimieren in bereichsübergreifenden Teams Prozessstabilität und Produktionsausbeute. Wartungstechniker stellen die maximale Verfügbarkeit und Auslastung sowie den effizienten Betrieb der komplexen Fertigungsanlagen sicher. Schwerpunkte ihrer Aufgaben sind die Bedienung, Wartung und Reparatur der Anlagen und Geräte im Fertigungsprozess. Globalfoundries bietet eine attraktive und marktgerechte Vergütung mit sehr guten Entwicklungsmöglichkeiten in einem globalen Unternehmen. Informationen: www.globalfoundries-jobs.de
Schon heute ist es an vorderster Stelle die Mikroelektronik, die unter anderem über das intelligente Motormanagement Verbrennungsmotoren immer sparsamer macht. Dabei hat die Halbleiterindustrie die Möglichkeiten längst noch nicht ausgeschöpft. Die Entwicklung geht weiter in Richtung Miniaturisierung, mehr Leistung, Energieeffizienz, Zuverlässigkeit – und das zu deutlich reduzierten Produktionskosten. Mikrochips im elektronisch lesbaren Ausweis sind mit 70 Mikrometer heute schon dünner als ein Blatt Papier. Doch für immer neue Anwendungen müssen sie noch mehr abspecken: angestrebt sind bis zu 10 Mikrometer dünne Chips – ein besonders dünnes Haar hat schon einen Durchmesser von rund 60 Mikrometern. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Modulare Festkörper-Technologien (EMFT) in München entwickeln derweil die Verfahrenstechnik, wie derart fragile Silizium-Wafer hergestellt werden können. Ein Schlüssel hierfür besteht im Übereinanderstapeln extrem dünner Chips. Durch diese Konstruktion werden Rechengeschwindigkeit und Speicherdichte gesteigert sowie multifunktionale Chip-Systeme erst möglich. Da die Dynamik des Halbleitermarktes stabil bleiben wird, sollten Anleger den Rohstoffmarkt für Silizium, Gallium, Germanium und andere Halbleiter im Blick behalten. Staatssekretär Homann blickt jedenfalls für den Standort Deutschland optimistisch in die Zukunft: „Ich sehe in der deutschen Halbleiterindustrie einen höchst wettbewerbsfähigen Wirtschaftszweig - auch auf dem globalen Weltmarkt.“ Nicht zuletzt aufgrund deutscher Forschungsstärke. Es sollte nach Homann international aber nicht zu einem Subventionswettlauf der Fördersysteme kommen.
Chris Löwer
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MÄRKTE
ENERGIE
Flexible Stromerzeugung VERSORGUNG Mit innovativen Methoden der Energiespeicherung und intelligenten Stromnetzen lassen sich die Nutzung erneuerbarer Energien optimieren und der Energieverbrauch effektiv managen.
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chleichend hat sich der Strommix in Deutschland in den letzten Jahren verändert. Der Anteil des Atomstroms an der Stromerzeugung lag im vergangenen Jahr nur noch bei gut 22 Prozent, nachdem er Ende der neunziger Jahre noch 30 Prozent betragen hatte. Das Alter
der Kraftwerke, das zu langen Stillstandzeiten führte, und der Ausbau der erneuerbaren Energien haben das bewirkt. Denn Atomstrom wird zunehmend verdrängt: Deutschland erzeugte im vergangenen Jahr 18 Milliarden Kilowattstunden mehr Strom als das Land verbrauchte. So ließe sich ein
Teil der deutschen Atomkraftwerke sofort vom Netz nehmen, ohne dass dadurch die Versorgung gefährdet wäre. Im Juli 2009 zum Beispiel standen in Deutschland aufgrund von Revisionen und störungsbedingten Abschaltungen zeitweise nur 56 Prozent der installierten AKW-Leistung zur Verfügung. Und die Meiler Brunsbüttel und Krümmel haben im Jahr 2010 nicht eine einzige Kilowattstunde erzeugt. Die Versorgungssicherheit hat darunter zu keinem Zeitpunkt gelitten. Auch aufgrund des großen Exportüberschusses ließe sich die Zahl der Atomkraftwerke von derzeit 17 auf etwa zehn reduzieren. Der Ausbau der erneuerbaren Energien, wie er in den letzten Jahren erfolgte, ersetzt pro Jahr etwa ein weiteres Atomkraftwerk. Im Jahr 2010 lag ihr Anteil am hiesigen Verbrauch bei rund 17 Prozent – und er wird drastisch steigen. Die erneuerbaren Energien können nach Schätzungen im Jahr 2020 rund 278 Milliarden Kilowattstunden Strom liefern. Damit wäre binnen zehn Jahren mehr als die gesamte Atomkraft ersetzt. Bei gleichzeitig reduzier-
Energieeffizienz | Sauerstoff besser an Brennstoff binden
Magnetfeld optimiert Verbrennung Laut einer Prognos-Studie hat Energieeffizienz bis zum Jahr 2020 ein Marktpotenzial von über 140 Milliarden Euro. Dabei werden steigende Energiekosten immer mehr zum Wettbewerbsfaktor. Doch gerade hier gibt es erhebliche Potenziale, die Energie effizienter zu nutzen und die Kosten der Wärmeerzeugung zu reduzie-
ren. So ermöglicht das wartungsfreie „Ecojet-System“ konsequente Energieeinsparung ohne äußere Einflüsse oder staatliche Zuschüsse. „Ecojet“ setzt direkt an der Quelle der Wärmeerzeugung an und optimiert so die Verbrennung. Mittels physikalischer Veränderung der Molekülketten des durchströmenden Brennstoffs
wird eine bessere Anbindung des Sauerstoffs an ihn und damit eine effektivere Verbrennung möglich. Der Hersteller des „Ecojet“ garantiert jedem Unternehmen grundsätzlich eine Mindesteinsparung, die durchschnittlich bei rund sieben Prozent liegt – wird diese nicht erreicht, entstehen keinerlei Kosten. www.ecojet.com
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MÄRKTE
ENERGIE
Wenn mechanische Energie in Strom gewandelt und gleichzeitig Wärme erzeugt wird, lassen sich fast 90 Prozent des Brennstoffs nutzen.
Hauptstadtprojekt | Berliner Energiedienstleister auf neuem Weg
Klimakraftwerk im Keller Neben der verstärkten Forderung nach dem Einsatz Erneuerbarer Energien richtet sich die Aufmerksamkeit der Politik besonders auf die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), mit der beispielsweise aus Erdgas gleichzeitig Wärme und Strom produziert wird. „Wir sind von der Notwendigkeit eines klimapolitischen Umdenkens überzeugt. Als regionaler Energieversorger in Berlin und Brandenburg stehen wir dabei in einer besonderen Verantwortung“, so Andreas Prohl, Vorstand für Vertrieb und Technik. Gerade in städtischen Gebieten mit vielen Mehrfamilienhäusern, in denen Erneuerbare Energien nur eingeschränkt verfügbar oder nutzbar
VORSPRUNG „Die Energienutzung aus dezentraler Kraft-Wärme-Kopplung wird optimal und bedarfsgerecht angepasst,“ so Andreas Prohl.
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VISAVIS ECONOMY
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sind, ist die KWK eine besonders effiziente Alternative. Das Konzept des Klimakraftwerks des Berliner Energiedienstleisters Gasag greift das Thema Klimaschutz im Mietwohnungsbau konsequent auf. Durch das im Heizungskeller beigestellte Klimakraftwerk ist eine effiziente Wärmeversorgung der Immobilie sichergestellt, ohne dass Investitionen des Immobilieneigentümers in Neuanlagen nötig sind. Diese KWK-Technologie wandelt den Energiegehalt des Brennstoffs zu etwa 90 Prozent in nutzbaren Strom und nutzbare Wärme um. Das spart rund 35 Prozent Primärenergie und CO2Emissionen. Im Hinblick auf anstehende gesetzliche Klimaschutzvorgaben erhöht sich dank des Klimakraftwerks auch die Zukunftssicherheit der Immobilie. Doch nicht nur Vermieter profitieren davon, sondern auch die Mieter, die neben einer effizienten Wärmeversorgung auch von einem attraktiven Stromangebot aus dem Klimakraftwerk partizipieren können. Bei Betrieb eines Gasag-Klimakraftwerks können die Mieter praktisch zusehen, wie eigener Strom im Heizungskeller erzeugt wird – umweltfreundlich und ein Stück weit unabhängig. Diese Form der Energieerzeugung gibt Sicherheit, da genau bekannt ist, woher der Strom kommt. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Car-Sharing-Modelle für Mieter anzubieten. Elektrofahrzeuge können mit dem selbst erzeugten KWK-Strom günstig aufgeladen und von den Mietern bei Bedarf genutzt werden. Das ist also ein ganzheitliches Programm für Vermieter und Mieter in Berlin. Informationen unter: www.gasag.de
Quelle: Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung e. V.
KRAFT-WÄRME-KOPPLUNG
tem Verbrauch könnten auch die CO2-Emissionen deutlich gesenkt werden. Dahingehend war der 22. März ein ganz besonderer historischer Tag: In den Mittagsstunden erzeugten die Photovoltaikanlagen erstmals mehr Strom als alle deutschen Atomkraftwerke zusammen – denn inzwischen sind in Deutschland Solarstromanlagen mit rund 18.000 Megawatt Nennleistung am Netz. Deutschland ist bereits jetzt der zweitgrößte Investor in erneuerbare Energien weltweit: Eine von der Pew-Umweltgruppe in Washington veröffentlichte Studie weist Investitionen in Höhe von 41,2 Milliarden Dollar (gut 29,2 Milliarden Euro) im Jahr 2010 aus – damit hat Deutschland sogar die USA überholt, wo 34 Milliarden Dollar investiert wurden. An der Spitze liegt China mit 54,4 Milliarden Dollar. Grundlage sind Daten des Anbieters für Finanzinformationen Bloomberg, nach denen im Jahr 2010 in den 20 größten Industrienationen 243 Milliarden Dollar in erneuerbare Energien investiert wurden – das sind 30 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Zugleich wandelt sich mit den erneuerbaren Energien die komplette Struktur der Stromwirtschaft – die Bürger sind nicht mehr nur Verbraucher, sondern zunehmend auch Erzeuger. Sie betreiben Solaranlagen auf dem eigenen Dach oder sie sind an Gemeinschaftsprojekten beteiligt. Im Jahr 2009 investierten Privatbürger 6,22 Milliarden Euro allein in die Solarenergie. Das ist mehr, als die vier großen Energieversorger zusammen im gleichen Zeitraum in den Neuund Ausbau von Kraftwerken investiert haben, nämlich 4,28 Milliarden Euro. Längst haben Wissenschaftler in diversen Studien belegt, dass ein Atomausstieg möglich ist. So rechnete zum Beispiel im April 2008 das Umweltbundesamt vor, dass bei einem Ausstieg bis zum Jahr 2020 gemäß dem einstigen Plan der rot-grünen Regierung auch weiterhin genügend Strom in
SPEICHER Der größte Erdgasspeicher Westeuropas im niedersächsischen Rehden deckt den Erdgasbedarf von zwei Millionen Haushalten für ein Jahr.
Deutschland zur Verfügung steht. Nötig sei dafür bis dahin lediglich ein Ausbau der erneuerbaren Energien auf knapp 30 Prozent der Stromerzeugung, eine Verdopplung der Kraft-Wärme-Kopplung und eine Senkung des Stromverbrauchs um elf Prozent. Während der Ausbau der erneuerbaren Energien zügig voran kommt – die jährliche Erzeugung wurde binnen zehn Jahren von 38 auf 102 Milliarden Kilowattstunden gesteigert – tut sich die Energieeffizienz allerdings noch schwer; der Stromverbrauch in Deutschland ist in den letzten zehn Jahren von 580 auf 603 Milliarden Kilowattstunden weiter gestiegen. Die Bedeutung von Gaskraftwerken wird in den nächsten Jahren deutlich zunehmen – der Ausbau der erneuerbaren Energien erzwingt sogar den Ausbau flexibler Kraftwerke. So gesehen passen die Atomkraftwerke unabhängig von den atomaren Risiken und dem Atommüll ohnehin nicht mehr in eine sich wandelnde Stromwirtschaft. Denn erneuerbare Energie und Atomkraft stehen in einem Systemkonflikt: Da Sonne und Wind stark fluktuieren, sind ergänzend flexible Kraftwerke für eine gleichmäßig Leistung rund um die Uhr erforderlich, keine großen Atom- und Kohleblöcke aus dem Grundlastbereich. Es werden also die Grundlastkraftwerke durch Mittellast- und Spitzenlastkraftwerke ersetzt – was unter den fossilen Kraftwerken vor allem die Gaskraftwerke sind. So erfordert der Ausbau der erneuerbaren Energien auch aus Sicht der Netzstabilität eine Abkehr von Kohle und Atom. Die Lösung liegt auf der Hand: Dezentrale Erzeuger, wie kleine Blockheizkraftwerke (BHKW), deren Betrieb sich jeweils an das Angebot von Windkraft und Sonnenenergie anpassen lässt. Das freilich setzt nicht nur einen Aufbau an BHKW-Kapazitäten voraus, sondern auch eine Umstellung des Anlagenbetriebs. Bislang nämlich werden die Kleinkraftwerke in der Regel
Wohin mit der Energie? BRÜCKENSCHLAG Da Öko-Strom unregelmäßig fließt, kann mit Überschüssen Methan gewonnen und im Erdgasnetz eingelagert werden. Bisher hatten es die Energieversorger verhältnismäßig einfach: Sie wissen ziemlich genau, wie sich der Stromverbrauch im Laufe des Jahres oder während eines Tages entwickelt. So können sie je nach Bedarf zusätzliche Kraftwerke ans Netz nehmen oder wieder herunterfahren. Wenn aber in Zukunft immer mehr Strom aus regenerativen Quellen wie Windkraft oder Photovoltaik stammt, werden die Dinge komplizierter: Weil Windstärke und Sonneneinstrahlung schwanken, ist das Angebot an Öko-Strom nur bedingt vorherzusehen. Im Stromnetz müssen sich Angebot und Nachfrage aber immer genau die Waage halten, da es sonst zu Störungen kommt. „Erdgas ist der natürliche Partner der erneuerbaren Energien. Es kann Schwankungen bei der Energiegewinnung aus Wind und Sonne aufgrund seiner flexiblen Verfügbarkeit und seiner Speicherfähigkeit bestens ausgleichen und sichert so die Energieversorgung ab“, erklärt Dr. Gerhard König, Sprecher der Geschäftsführung bei Wingas. Das Unternehmen ist einer der größten Erdgasversorger Deutschlands. „Und wenn man sich die CO2-Ziele der Politik anschaut, wird man auch künftig an Erdgas nicht vorbeikommen“, so König weiter. Aufgrund der guten Emissionswerte – bei der Verbrennung von Erdgas entsteht vier Mal weniger CO2 als bei Erdöl und Kohle – und seines flexiblen Einsatzes gilt der Energieträger als die „Brücke“ ins regenerative Zeitalter. Erdgas hat einen Anteil von rund 23 Prozent am deutschen Primärenergieverbrauch
und ist seit langem fester Bestandteil der deutschen Energieversorgung: über Pipelines werden Kunden zuverlässig in allen Teilen des Landes versorgt, und große unterirdische Speicher können die Nachfrage für viele Monate decken. Auch die vorhandene Erdgasinfrastruktur kann für den verstärkten Einsatz der erneuerbaren Energien genutzt werden. Derzeit werden Studien erarbeitet, bei denen überschüssiger Strom aus erneuerbaren Quellen in den Erdgas-Pipelines und Erdgasspeichern zwischengelagert werden soll – immerhin hat das Erdgasnetz in Deutschland eine Kapazität von rund 200 Terrawattstunden. Geplant ist, überschüssigen Öko-Strom so zu nutzen, dass mit Hilfe der Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten werden kann. In einem weiteren Prozessschritt entsteht dann aus dem Wasserstoff Methan – der Hauptbestandteil von Erdgas. Dieses so gewonnene Öko-Erdgas kann dann in den vorhandenen Speichern gelagert und mit den bestehenden Pipelines überall hin transportiert und dann später in Kraftwerken wieder in elektrische Energie und Wärme verwandelt werden. Dass dies keine Zukunftsutopie ist, demonstriert eine Pilotanlage im Stuttgarter Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung (ZSW). Die Anlage saugt Luft an und isoliert Kohlendioxid. Mit Hilfe eines Katalysators reagiert Kohlendioxid mit Wasserstoff aus Öko-Strom zu Methan und Sauerstoff. Der Wirkungsgrad dieser MethanSynthese liegt bei über 60 Prozent.
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MÄRKTE
ENERGIE
NETZWERK Christian Noll, Vorstand der Deneff: „Wir möchten bessere Marktbedingungen für Produkte, die Energie sparen.“
Energiekosten | Zahlreiche Optimierungsansätze
Fachkundige Beratung spart Bares Kostenreduzierung und Effizienzsteigerung sind im Energiemanagement mehr denn je von Bedeutung. Innovative Lösungskonzepte zur Optimierung der Energiekosten erarbeiten die ca. 90 Ingenieure und Kaufleute der Enoplan GmbH aus Bruchsal. Aufgrund mehr als 20-jähriger Erfahrung wissen die Experten bei Enoplan die individuelle Situation der Kundenunternehmen kompetent einzuschätzen. Dabei reichen die Verbesserungspotenziale bei Strom und Gas weit über den Aspekt Beschaffung und Auswahl des leistungsfähigsten Energieversorgers hinaus. „Zwar ist das einer unserer zentralen Ausgangspunkte, aber er ist längst nicht der einzige. Insgesamt gibt es bis zu 20 Optimierungsansätze beim Einsatz leitungsgebundener Energiearten“, erläutert
KOSTENDÄMPFER Von ihrem Firmensitz aus überwacht Enoplan insgesamt je knapp vier Milliarden Kilowattstunden Strom und Gas.
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Ralf Schade, Geschäftsführer der Enoplan GmbH. „Nicht unerhebliche Kosten sparen wir zum Beispiel für unsere Kunden durch ein fachkundiges Energiedatenmanagement und nachhaltiges Energiecontrolling sowie die Überprüfung der richtigen Abrechnungen von Netzentgelten und aller sonstigen Abgaben. Denn gut ein Drittel aller Energierechnungen ist fehlerhaft“, so Schade weiter zu möglichen Leistungen. Vom Dienstleistungsportfolio der Enoplan profitieren sowohl mittelständische Betriebe – weitestgehend unabhängig von Branche und Größe – als auch Unternehmen mit einem breitgefächerten Filialnetz. Letztere nutzen den Service des Energievertragsmanagements, da die komplexen Zusammenhänge nicht nur spezifisches Fachwissen erfordern, sondern auch personelle und zeitliche Ressourcen beanspruchen. Da in den letzten Jahren die Energiekosten massiv gestiegen sind, nimmt die Nachfrage nach Konzepten zur Verbrauchsoptimierung und Effizienzsteigerung zu. Gemeinsam mit dem Tochterunternehmen Enometrik hat Enoplan ein kostenneutrales Monitoring entwickelt, das mittels intelligenter Zählund Messtechnik Verbrauchsauffälligkeiten täglich meldet. Den Energieverantwortlichen in den Unternehmen ist es so zum Beispiel möglich, Bedienfehler oder technische Defekte, die zu ungewollten Mehrkosten führen, rasch zu beheben. Diese kaufmännischen und technischen Dienstleistungen bieten ein umfassendes Leistungsspektrum. Weitere Informationen finden Sie unter: www.enoplan.de oder www.enometrik.de
wärmegeführt betrieben. Das bedeutet, dass der Hauseigentümer sein BHKW immer erst dann startet, wenn er die Wärme benötigt. Der Strom, der zugleich entsteht, fließt dann sofort direkt ins Netz, unabhängig davon, ob er gerade benötigt wird. Die Zukunft dürfte umgekehrt funktionieren müssen. Dann werden Kleinkraftwerke so gesteuert, dass sie immer dann laufen, wenn im Netz tatsächlich Strom benötigt wird. Damit die Bewohner des Hauses aber trotzdem bei Bedarf immer Wärme verfügbar haben, wird sie gespeichert. Denn das ist in der Regel wesentlich billiger als das Speichern des Stroms. Somit wird das Management des Stromnetzes komplexer – es muss „intelligent“ oder „smart“ werden. „Das Netzwerk als die Plattform rückt damit in den Mittelpunkt der Aufgabe, den Energieverbrauch effektiv managen und reduzieren zu können“, prognostiziert Michael Ganser, Senior Vice President DACH und Leiter Großkundensegment Cisco Europa. Auch die Stromnachfrage muss sich stärker als bisher nach dem Angebot richten. Ein Beispiel: Ein Kühlhaus startet seine Kühlaggregate bevorzugt dann, wenn der Wind stark bläst. Das geht problemlos, weil ein gut gedämmtes Gebäude bei Wind stärker als nötig herunter gekühlt werden kann. Bei Flaute kann der Betrieb mehrere Tage ohne Strom auskommen. Der Betreiber spart dabei Geld, weil für ihn nach der Marktlogik der Strom immer dann am billigsten ist, wenn am meisten vorhanden ist – also speziell wenn viel Wind weht. Mit ähnlichen Projekten werden in Zukunft Millionen von Stromkunden ihren Betrieb optimieren, indem sie ihren Verbrauch soweit wie möglich in solche Zeiten verlagern. Das betrifft zum Beispiel auch Eigentümer von Elektrofahrzeugen, die jeweils dann tanken werden, wenn das Angebot an Strom aus erneuerbaren Energien groß ist. Gleichwohl sind auch weiterhin Speicher nötig. Ein neues
GASSPEICHERAUSLASTUNG IN DEUTSCHLAND Quellen: Gas Infrastructure Europe; TEAM CONSULT Analyse
100% 90% 80% Füllstand in %
Die Speicherkapazität des deutschen Erdgasnetzes beträgt über 200 Terawattstunden. Dieses Gesamtvolumen soll zukünftig auch genutzt werden, um Erdgas aus erneuerbaren Energien zu generieren und zu speichern.
70% 60%
Füllstände: 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11
50% 40% 30% 20% 10% 0% Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. Mrz. Apr. Mai. Jun.
det – ein neuer Industrieverband, der in enger Kooperation mit bestehenden Fachverbänden und der Zivilgesellschaft für eine bessere Nutzung der Energie eintreten will. Mitglieder sind Firmen, die zum Beispiel Gebäudetechnik oder Dämmstoffe produzieren oder diverse energieeffizienzrelevante Ingenieurdienstleistungen anbieten und sich als Vorreiter fühlen. „Wir sehen uns vor allem als politische Interessenvertretung“, sagt Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deneff.
Stand: 31. Januar 2011
Ziel sei es zum Beispiel, in der Gesetzgebung darauf hinzuwirken, dass Produkte und Dienstleistungen, die Energie sparen, bessere Marktbedingungen bekommen. Von politischer Seite sei die Deneff mit offenen Armen empfangen worden, sagt Noll: „Die Politik weiß, dass sie viel Expertenwissen benötigt, um ihre Klimaschutzziele zu erreichen.“
Bernward Janzing
Portfolio | Der Kunde kann wählen
Onshore, Offshore oder Service Die Zukunft der Energieversorgung durch erneuerbare Energien wird insbesondere von einer effizienten Nutzung der Windkraft geprägt. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die permanente technische Weiterentwicklung der Windenergieanlagentechnologie. GE Renewable Energy hat sich weltweit auf diesem Gebiet einen Namen gemacht. Mit weltweit über 16.000 installierten Windenergieanlagen bietet GE flexible Lösungen – ob onshore, offshore oder im Service. Die Produktpalette reicht von der 1,5-Megawatt-Onshore-Anlage bis zur 4,1-MegawattOffshore-Anlage. Die 4.1-113 Offshore-Anlage wird erstmalig in der zweiten Jahreshälfte dieses Jahres in Schweden installiert. Die Onshore-Anlagen für Europa werden in Salzbergen (Niedersachsen) gefertigt, wo sich auch die europäische Zentrale für GE‘s Windgeschäft befindet. Das Besondere im Servicebereich: GE bietet Betreibern von Windenergieanlagen (WEA) verschiedene Servicepakete, die auf die jeweiligen individuellen Bedürfnisse zuge-
POTENZIAL Nur moderne, stets kompetent gewartete Technik kann die Windkraft optimal in Energie umwandeln.
Bild: GE Offshore WEA
Verfahren zur Energiespeicherung hat unterdessen das Zentrum für Sonnenenergieund Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES vorgestellt: Mit Strom aus überschüssigen erneuerbaren Energien wird per Elektrolyse Wasserstoff erzeugt. Durch eine chemische Reaktion mit Kohlendioxid entsteht dann Methan – also Erdgas. Die Speicherkapazitäten sind enorm. Und vor allem sind sie bereits vorhanden: Das heutige Erdgasnetz kann mehr als 200 Terawattstunden aufnehmen. Der Ausstieg aus der Atomkraft und der Boom der erneuerbaren Energien führt auch in den Unternehmen der etablierten Energiewirtschaft zum Umdenken. Der Berliner Gasversorger Gasag zum Beispiel setzt sich zunehmend für dezentrale Kraft-WärmeKopplung ein, also die hocheffiziente Erzeugung von Strom und Wärme im eigenen Heizungskeller. So soll in Berlin ein stadtweites Netz von erdgasbetriebenen Blockheizkraftwerken in Wohnhäusern entstehen. Dieses werde „eine umweltschonende und dezentrale, also flexibel einsetzbare, Energieversorgung ermöglichen und konventionelle Kraftwerke ersetzen“, prognostiziert Andreas Prohl, Vorstand für Vertrieb und Technik bei der Gasag. Auch andere Gasversorger sehen Chancen im Atomausstieg und der aktuell sehr eindringlich geführten Debatte um den Klimaschutz. „Wer zeitnah und nachhaltig Kohlendioxid verringert sehen will, kommt an Erdgas nicht vorbei“, sagt Gerhard König, Sprecher der Wingas-Geschäftsführung. Um den fortschreitenden Atomausstieg ohne Probleme bewältigen zu können, ist jedoch auch eine Erhöhung der Energieeffizienz nötig. Immerhin hat die seit einigen Monaten erstmals eine starke Stimme: In Berlin hat sich die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) gegrün-
Jul. Aug. Sep.
schnitten sind. So kann zwischen einer Routinewartung der Anlage mit Fernüberwachung und vorbeugenden Maßnahmen zur Instandhaltung, einem umfassenden Ersatzteil- und Wartungsvertrag oder einem Vollwartungsvertrag gewählt werden. Weitere Infos im Internet unter: www.ge.com/de
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FINANZEN
FACTORING
Schnelle Verfügbarkeit LIQUIDITÄT Der Verkauf offener Forderungen eröffnet mittelständischen Unternehmen den Weg, ihre Finanzkraft zu stärken und so bankenunabhängig vom einsetzenden Aufschwung zu profitieren.
S
timmen die allgemeinen Prognosen, wird sich der weltweite Konjunkturaufschwung in den nächsten Monaten unverändert weiter fortsetzen. Viele deutsche Unternehmen positionieren sich auf internationalen Märkten und weisen als Weltmarktführer eine entsprechend hohe Exportquote auf. Das Betreten internationaler Märkte aber ist schwierig und bringt neben Chancen auch Risiken mit sich. So kann es bei Exportgeschäften beispielsweise zu unvorhergesehenen Zahlungsverzögerungen oder sogar Forderungsausfällen kommen. Dazu kommen – insbesondere in vielen Schwellenländern – längere Zahlungsziele, da nicht immer alle Rechnungen bei Lieferung auch pünktlich bezahlt werden. Unternehmen, die den Sprung ins Ausland wagen und international agieren, stehen damit vor vielfältigen Herausforderungen und müssen bereits im Vorfeld ihre Hausaufgaben machen, um nicht die eigene Liquidität und damit letztlich die Kreditwürdigkeit zu gefährden. Eine dauerhafte Alternative bietet in solchen Fällen die Umsatzfinanzierung mit Factoring. Damit lässt sich relativ problemlos und weitgehend unbürokratisch ein größerer Finanzierungs-
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spielraum generieren, um deutliches Umsatzwachstum zu finanzieren, längere Zahlungsziele ohne Liquiditätseinbußen zu vergeben, Einkaufsvorteile zu nutzen oder letztendlich die Produktion zu erweitern. Beim Factoring veräußern Unternehmen ihre offenen Rechnungen an ein FactoringUnternehmen, den so genannten Factor. Der Factor begleicht nun sofort einen Großteil des offenen Betrages, noch bevor der Schuldner gezahlt hat. Das bietet für Unternehmen den Vorteil des schnellen Zahlungseingangs und des Wegfalls des Ausfallrisikos. Ihm stehen also sofort liquide Mittel zur Verfügung. Das ist faktisch so, als hätten alle Kunden ihre Rechnungen sofort gezahlt. Die Folge: Das Unternehmen kann in Ruhe weiterarbeiten, weil es vor Forderungsausfällen keine Angst mehr haben muss. Der Factor leistet so einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Liquidität. Der Verkauf offener Forderungen eröffnet gerade mittelständischen Unternehmen einen Weg, bankenunabhängig ihr Wachstum zu unterstützen und den gerade einsetzenden Aufschwung optimal zu nutzen. „Als zusätzliches Instrument, das in Abstimmung mit der Hausbank eingesetzt wird,
bringt Factoring messbare Vorteile für die Unternehmensfinanzierung“, erklärt Thomas Frericks, Vorstand des Bundesverbands Factoring für den Mittelstand (BFM). Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil von Factoring: der Factor übernimmt weitere Dienstleistungen für seinen Kunden. So muss sich dieser nicht mehr um Mahnwesen, Inkasso oder Zahlungsverhalten seiner Kunden kümmern. Ausstehende Rechnungen werden direkt in bares Geld umgewandelt. Das Unternehmen kann Waren und Güter unter Ausnutzung von Skonti oder anderen Bonivorteilen beziehen und den Einkauf so kostengünstiger gestalten. Dabei steht es mit einem Factor im Rücken viel sicherer im Markt und verbessert so auch seine Wettbewerbsfähigkeit erheblich. Vor allem die zusätzliche Liquidität sorgt dafür, dass das Unternehmen seine Kräfte und Finanzmittel voll und ganz auf die Produktion und die Erschließung neuer Märkte konzentrieren kann. Deshalb lohnt es sich, für das Exportgeschäft moderne Finanzierungsalternativen wie beispielsweise Exportfactoring zu prüfen. Exportfactoring ist eine Finanzdienstleistung speziell für Unternehmen mit internationalen Handelspartnern. Dabei kauft der Factor dem Exporteur die Forderungen unmittelbar nach der Lieferung oder Leistungserbringung ab. Das exportierende Unternehmen nimmt dabei die Finanzierungsleistungen eines meist inländischen Factors in Anspruch. Dieser wickelt das Geschäft entweder direkt oder unter Einschaltung eines Korrespondenzpartners in den jeweiligen Ländern ab. Der Factor prüft die Zahlungsfähigkeit und das bisherige Zahlungsverhalten des Käufers vor der Lieferung. Wenn der Exporteur diese Prüfung wie vereinbart abwartet und erst nach der Freigabe erstmals liefert, dann ist er von möglichen Forderungsausfällen seiner Anschlusskunden nicht mehr betroffen. Dies
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zeigt: Factoring erleichtert vielen Unternehmen den Weg ins internationale Geschäft. Der Einstieg und damit verbundene Risiken können mithilfe entsprechender Risikoabsicherung durch diverse Factoring-Lösungen vermindert werden. Im Gegensatz zu klassischen Kreditinstituten berücksichtigt ein Factor die positive Perspektive weitaus stärker und stellt die erforderliche Finanzkraft rasch zur Verfügung. Eine solche Unterstützung bietet zum Beispiel die SüdFactoring GmbH, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Landesbank Baden-Württemberg und seit nunmehr fast vierzig Jahren im Geschäft. SüdFactoring wickelt Exportgeschäfte grundsätzlich direkt mit den infrage kommenden Ländern und ohne Einschaltung eines Importfactors ab. Sie führt selbst Bonitätskontrollen durch und bedient sich hierbei nationaler und internationaler Informanten, Rückversicherungsgesellschaften und Banken. Die zunehmende Beliebtheit dieser Art der Unternehmensfinanzierung spiegelt sich deutlich in den starken Umsatzzahlen des Factoringmarktes wider. Laut Deutschem Factoring-Verband boomte im Jahr 2010 der deutsche Factoring-Markt so stark wie noch nie zuvor. Der Gesamtumsatz der im Deutschen Factoring-Verband e. V. vertretenen 26 Factoring-Institute stieg nach Angaben des Verbandes um 37,48 Prozent und erreichte mit einem Umsatz von 132,28 Milliarden Euro eine neue Höchstmarke. Das zeigt, dass sich dieses Finanzierungsinstrument zwischenzeitlich in Deutschland auch gegen eine Vielzahl von Vorbehalten und Hemmschwellen durchgesetzt hat. So wird Factoring neben Leasing zukünftig eine bedeutende alternative Finanzierungsart insbesondere für mittelständische Unternehmen sein.
FACTORING
Handlungsspielräume erhöhen FINANZDIENSTLEISTUNG Mit der Unternehmensfinanzierung Factoring lassen sich auch Außenstände leicht in Liquidität verwandeln. Im Jahr 2010 hat sich die Wirtschaft überraschend schnell von den Folgen der internationalen Wirtschaftskrise erholt. Für das laufende Jahr 2011 sind die Aussichten mit einem erwarteten Anstieg des BIP von etwa drei Prozent erneut gut. Es müssen aber weiterhin als Risiken für die Weltwirtschaft gerade die stark anziehenden Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise identifiziert werden. So drängt das wirtschaftliche Umfeld Entscheidungsträger der Wirtschaft aktuell mehr noch als in der Vergangenheit, auch bei der Unternehmensfinanzierung nach Wettbewerbsvorteilen zu suchen. Der Wirtschaftskreislauf leidet zunehmend unter einer Verknappung von Liquidität und der Unsicherheit über Kundenbonität. Beides ist aber von entscheidender Bedeutung für den Unternehmenserfolg, denn ausreichend Liquidität kann nur bei einem angemessenen Umsatz mit hinreichender Gewinnmarge erzielt werden. Außerdem führen Kunden mit schlechter Zahlungsmoral oder durch ein Insolvenzverfahren zu Ausfällen und gefährden die Rentabilität. Solche Risiken lassen sich aber professionell managen, wenn Unternehmen Liquidität aus dem regresslosen Verkauf der Forderungen generieren – durch Factoring. Aktuell erlebt diese Form der Finanzierung und des Risikotransfers im Debitorenbestand einen Boom. Die damit abgewickelten Umsätze haben im vergangenen Geschäftsjahr um 38 Prozent zugenommen. Das derzeitige wirtschaftliche Umfeld hat zur Folge, dass die drei
Servicebausteine der SüdFactoring GmbH, Stuttgart, weiter an Bedeutung gewinnen werden: Eine 100-prozentige Zahlungsgarantie für alle rechtlich begründeten Forderungen, ein professionelles Forderungsmanagement und eine Finanzierungsoption. Die verschiedenen Varianten des Factorings ermöglichen eine Anpassung an spezielle Anforderungen eines Unternehmens. Die Möglichkeiten reichen dabei von der kompletten Übernahme der Debitorenbuchhaltung und des Mahnwesens als Full Service bis hin zum Inhouse-Service, bei dem der Factoringnehmer die Debitorenbuchhaltung für den Factor treuhänderisch weiterführt. Auch wenn keine Lösung der anderen gleicht, so haben alle Factoring-Varianten signifikante Vorteile: Der Forderungsverkäufer erhält sofort Liquidität, auch wenn langfristige Zahlungsziele eingeräumt sind, er bekommt eine umsatzkongruente Finanzierung bei einem starken, verlässlichen Finanzinstitut und seine Eigenkapitalquote wird durch Verkürzung der Bilanzsumme gesteigert. Die Unternehmensfinanzierung der Zukunft wird sich aus einem Mix verschiedener klassischer und innovativer Finanzierungsvarianten zusammensetzen. Neben den bekannten Kreditformen hat sich mittlerweile Factoring als integraler Bestandteil etabliert, soweit das FactoringInstitut sowohl über genügend Kapital als auch über eine gesicherte Refinanzierung verfügt. Weitere Informationen im Internet unter: www.suedfactoring.de
Reinhard Krabbe VISAVIS ECONOMY
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FINANZEN
SMALL & MID CAPS
Investitionen in verborgene Potenziale NEBENWERTE Wer dem richtigen Ansatz folgt und einen langen Atem hat, hat die Chance auf eine überdurchschnittliche Rendite und eine stets attraktive Dividendenausschüttung.
BETEILIGUNG „Nur solide Säulen stützen ein starkes Haus“, weiß Angus Steel aus seiner Erfahrung als Fondsmanager, „und lassen unsere Beteiligungen in aller Ruhe reifen.“
Investitionen in Small Caps verlangen besondere Anstrengungen, die nicht jeder Investor auf sich nehmen will und kann. Gerade kleine Unternehmen blühen, eben weil sie klein sind, oft im Verborgenen. Es bedarf daher überdurchschnittlicher Anstrengungen, Kandidaten mit verborgenen Werten zu entdecken. Sind sie dann entdeckt, ist es nicht einfach, aufgrund der oft geringen Marktkapitalisierung und manchmal geringen Free Floats tatsächlich substanziell zu investieren. Der Delta Lloyd L European Participation Fund hat sich nun genau auf solche verborgenen Werte spezialisiert und bietet Investoren die Möglichkeit in Small Caps in Europa zu investieren. Delta Lloyd geht größere strategische Beteiligungen an Small Caps ein, die über großes Wertsteigerungspotenzial verfügen. Die Fondsmanager von Delta Lloyd verstehen sich dabei als langfristig investierender Miteigentümer, der über die relativ hohe Beteiligung am Unternehmen Zugang zum Topmanagement und profunde Kenntnisse über die einzelnen Unternehmen erhält. Der leitende Fondsmanager Angus Steel betont,
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dass Investoren davon in besonderer Weise profitieren, wenn die Fondsmanager die Unternehmen wirklich gut kennen. Bei allen Investitionen verfolgen die Fondsmanager einen Ansatz, der sich aus vier Säulen zusammensetzt. Die erste Säule bildet die Auswahl von ausschließlich kleinen bis mittleren unterbewerteten Unternehmen mit großem Potenzial und einer starken finanziellen Basis. Dabei liegt das Augenmerk auf den sogenannten „hidden champions“, die eine starke Marktposition in ihrem Segment haben und ein stabiles Wachstum aufweisen können. Die zweite Säule ist der Erwerb von mindestens fünf Prozent der Aktien der Unternehmen mit dem Ziel, einen dauerhaften Mehrwert zu schaffen und als Partner für Diskussionen über strategische Entscheidungen zur Verfügung zu stehen. Die dritte Säule beinhaltet regelmäßige Besuche der Fondsmanager bei den Unternehmen. Ziel ist es, in offener Diskussion mit dem Management einen klaren Eindruck von der Vision sowie der grundlegenden Unternehmensstrategie zu erhalten. Letztlich also baut sich durch
dieses Engagement Wissen darüber auf, was die stärksten Produkte sind, wo die Wettbewerbsvorteile liegen und wo wirklicher Mehrwert erzeugt wird. Die vierte Säule ist die Begrenzung des Fondsportfolios auf maximal 35 Unternehmen, die nach einem strikten Value-Ansatz ausgewählt werden. „Bevor wir uns engagieren“, so Steel, „informieren wir uns sehr genau über alle Bereiche und Optionen; wir wollen wirklich wissen, wohin die Reise geht. Danach mischen wir uns natürlich nicht in das Tagesgeschäft ein, aber wir möchten sehen, wie unser Investment arbeitet.“ Der Fonds ist nicht auf schnelle Erfolge angewiesen und investiert nur in Werte, die eine ausreichende Finanzkraft für eine regelmäßige und angemessene Dividendenzahlung aufweisen. Das schwedische Unternehmen Munters beweist, wie erfolgreich und lohnenswert diese Strategie sein kann. Nachdem es als unterbewertet identifiziert und auf strategische Optionen geprüft wurde, unterstützte das Team um Angus Steel das – neue – Management bei der Neuausrichtung. Dadurch wurde der wahre Wert durch externe Firmen erkannt und mündete in einer Übernahme. Der Fonds setzt in seiner Strategie auf Langfristigkeit und die Geduld, die Investments reifen zu lassen. Gesucht werden vor allem Investoren, die auf der Suche nach langfristigem Kapitalzuwachs sind und die den gleichen mehrwertschaffenden und partnerschaftlichen Investmentansatz verfolgen wie die Fondsmanager von Delta Lloyd. Erfolgreiche Beispiele für diesen Ansatz in Deutschland sind Firmen wie Surteco SE oder Progress-Werk Oberkirch AG (PWO). Surteco, ein weltweit führender Spezialist für Oberflächentechnologie, verfügt über eine sehr stabile Gewinnmarge und Dividende. PWO hat sich erfolgreich als Partner der globalen Autoindustrie positioniert. www.deltalloydassetmanagement.de
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SMALL & MID CAPS
Dynamische Minis INDIZES Als Innovator und Wachstumstreiber der deutschen Wirtschaft erobern Small und Mid Caps die Börse. Trotz höherer Risiken und gewisser Marktenge versprechen sie anschauliche Gewinne.
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ie sind die Keimzelle der ökonomischen Erfolgsgeschichte Deutschlands: Die kleineren und mittleren Unternehmen, die Innovator, Ideengeber und Wachstumstreiber für die Volkswirtschaft zugleich sind. Ihre Beliebtheit zeigt sich auch an den Börsen, wo sie längst zu den Favoriten privater und institutioneller Anleger geworden sind. Denn sowohl der MDax- als auch der SDax – Auswahlindizes für mittlere und kleinere Unternehmen – entwickelten sich in den vergangenen Monaten deutlich besser als der Standardwerte-Index Dax. Die Aktien der Small und Mid-Cap-Unternehmen (SMC) sind reizvoll – aber sie sind auch riskant. Ein Risiko ist für Kapitalanleger im raschen Technologiewandel zu sehen. Denn wenn kleine Unternehmen technologische Neuerungen verpassen, geraten sie oft ins Hintertreffen und können nur mit erhöhtem finanziellem Aufwand den Rückstand aufholen. Der Aktienkurs reagiert darauf oft mit einer erhöhten Volatilität. Weil SMC-Aktien in der Regel an der Börse eine nur geringe Handelbarkeit aufweisen, sind sie daher für große Investmentfonds nur selten attraktiv. So sind immer mehr spezielle Fonds entstanden, die sich darauf fokussieren. Nur wenige Aktien solcher „versteckten Perlen“ sind darüber hinaus in den betreffenden Aktienindizes vertreten und so für Indexfonds oder andere institutionelle Investoren unsichtbar.
„Kleine Unternehmen blühen oft längere Zeit unbemerkt im Verborgenen, bevor sie von Anlegern entdeckt werden“, sagen die Fondsmanager des Delta Lloyd European L Participation Fund. Bis solche Unternehmen als investmentwürdig betrachtet werden, bedarf es überdurchschnittlicher Anstrengungen in der Analyse. Wenn SMC jedoch in der Regel mehr Phantasie aufweisen als Blue Chips – Aktien großer multinationaler Konzerne und Konglomerate – so liegt das nicht zuletzt an der größeren Flexibilität, über die sie bei der Umsetzung ihrer Unternehmensstrategie verfügen. Manager können rascher auf notwendige Veränderungen am Markt reagieren. Aus dieser Situation heraus resultieren bei technologischen Marktführern nicht selten deutlich überdurchschnittliche Wachstumsraten bei Umsatz und Gewinn. Nicht wenige deutsche Unternehmen mit Alleinstellungsmerkmalen sind in ihrer Branche eindeutig Weltmarktführer. „Wer als Fondsmanager dem richtigen Ansatz folgt und über einen langen Atem verfügt, hat die Chance auf eine überdurchschnittliche Rendite“, sagen die Delta-Fachleute. Das bedeutet aber auch: Wer als Anleger in Aktien von kleineren und mittleren Aktiengesellschaften Erfolge vorweisen will, muss seine Hausaufgaben bei der Wertpapier-Analyse mit Bravour bestehen. Denn SMC werden nur von wenigen WertpapierAnalysten der Banken überhaupt unter die
Lupe genommen. Auch ist die Finanzkommunikation gerade bei Nebenwerten weniger stark ausgeprägt. Wenn Aktien dieser meist gering kapitalisierten Unternehmen der Branchen Autozulieferer, Software-Spezialitäten und Ingenieurwesen nach Meinung von UBSFondsmanager Frank Elze auch in Zukunft zu den Top-Favoriten an den Börsen zählen dürften, so nicht zuletzt auch wegen des noch immer niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnisses mit der Kennziffer von rund elf. Die Vorliebe für diese Werte dürfte ihren Ursprung auch in der anhaltenden Übernahme- und Fusionsphantasie der Anleger haben. Denn weltweit sitzen gerade die großen Konzerne weiterhin auf einem hohen Berg an Liquidität, die in den kommenden Monaten verstärkt auch für Übernahmen eingesetzt werden dürfte. Small und Mid Caps dürften wegen ihrer Vielfältigkeit und besonderen Wachstumsdynamik auch in Zukunft im Fokus der Börsen stehen. Bevor sie noch stärker die Aufmerksamkeit der Anleger auf sich ziehen können, müssen Schwächen wie beispielsweise Berichtswesen oder dürftige Informationspolitik abgestellt werden. Nur dadurch lassen sich mehr Anleger dafür gewinnen, Risiken einzugehen und Risikokapital zur Verfügung zu stellen.
Udo Rettberg VISAVIS ECONOMY
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ANLEIHEN
Renaissance der Anleihe WERTPAPIERE Die neu geschaffenen speziellen Bondmärkte der deutschen Börsen halten interessante Investments mit hohen Renditechancen aber auch Risiko bereit.
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er seit Jahrzehnten blühende deutsche Mittelstand ist jetzt auf der Suche nach neuen Kapitalquellen fündig geworden – und zwar an den heimischen Wertpapierbörsen. Als Finanzierungsinstrument stehen dabei weniger Aktien als vielmehr Anleihen im Fokus der Anleger. Dazu bieten die heimischen Wertpapierbörsen Anlegern auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern attraktive Renditen. Der deutsche Mittelstand will seine goldenen Zeiten weiter in die Zukunft fortschreiben. Als Hürde erweist sich für die Flaggschiffe der hiesigen Wirtschaft dabei nicht selten ein grundsätzlicher Mangel an Kapital. Zwar verfügen einige Unternehmen wegen der positiven wirtschaftlichen Entwicklung über hohe Cash-Reserven, doch sind größere Investitionen oftmals nur über die zusätzliche Aufnahme von Finanzmitteln zu bewerkstelligen. Dies ist notwendig, will der nach Meinung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) derzeit euphorisch gestimmte Mittelstand nach dem Ausbleiben der Kapitalismus-Kernschmelze auch im Ausland expandieren. Für die nach
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Fremdkapital lechzenden mittelständischen Firmen könnten also durchaus goldene Zeiten anbrechen. Doch es gibt mehrere Hindernisse. So halten sich zum Beispiel die Banken bei der Bereitstellung von Krediten nicht zuletzt wegen neuer Eigenkapitalvorschriften nach Basel II bei der Kreditvergabe zurück. Hier ist auch der von der Bundesregierung Ende 2009 eingesetzte Kreditmediator nicht immer in der Lage, Abhilfe zu schaffen. Jene Unternehmen, denen es letztlich doch noch gelingt, sich mit Fremdkapital einzudecken, dürfen sich glücklich schätzen. Denn sie werden auf viele Jahre hinaus vergleichsweise niedrige Zinsen entrichten müssen. Schließlich haben die Notenbanken durch ihre generöse Zinspolitik sowohl die Geld- als auch die Kapitalmarktzinsen auf ein Rekordtief gedrückt. Finanzierungen lohnen sich also. Das Ansinnen, Eigen- oder Fremdkapital aufzunehmen, ist einfacher formuliert als in die Realität umgesetzt. Denn dort, wo zum einen Banken bei der Kreditvergabe zögerlich und knauserig sind und zum anderen vor allem kleinere und mittlere Firmen bei
der Beschaffung von Eigenkapital über die Aktienbörsen auf Hindernisse treffen, haben die Wertpapierbörsen einen neuen Weg erschlossen. Vor allem der Stuttgarter Börse ist es zu verdanken, dass Mittelstandsanleihen sowohl bei Unternehmen als auch bei den Investoren inzwischen zu einem Begriff geworden sind. Das Besondere an dieser Finanzierungsform: Das Ganze geschieht ohne die Vermittlung durch Banken. „Die Unternehmen machen sich so unabhängiger von ihrer Hausbank“, betonen Martin Wilhelm und Monica-Aurea Herodek vom Acatis IfK Value Rentenfonds. „Eine Anleihe kann ein erstes Hineinschnuppern eines Unternehmens in den Kapitalmarkt sein“, ergänzt Christian Schäfer von der biw (Bank für Investments und Wertpapiere AG). Der nächste Schritt in der Finanzierungsplanung kann die Eigenkapitalfinanzierung über die Ausgabe von Aktien und als deren Folge dann ein IPO – also der Börsengang – sein. Und dennoch: Anleihe-Emissionen sind nicht für jedes Unternehmen passend. Kleinere Mittelständler scheiden häufig schon deshalb aus dem Auswahlprozess aus, weil ihr Kapitalbedarf nicht das notwendige Mindestvolumen erreicht. Auch ist die Platzierung von Anleihen trotz aller Vereinfachungen recht komplex – jedenfalls aufwändiger als der Abschluss eines Kreditvertrages mit der Bank. Dies wiederum bedeutet, dass die Ausgabe einer Anleihe durch einen mittelständischen Betrieb eine gewisse Vorbereitungsphase benötigt. Darüber hinaus müssen Unternehmen während der Laufzeit der Anleihe auf jeden Fall in der Lage sein, die für die Zinszahlung und Rückzahlung notwendigen Zahlungsströme zu planen und zu bewältigen. Richtig ist, dass immer mehr mittelständische Unternehmen bei ihrer Beschaffung von Kapital auf die von verschiedenen deutschen Börsen geschaffenen speziellen Bondmärkte setzen. Für die deutschen Regional-
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„ börsen ist der Run des Mittelstandes auf die innovativen Bondmarkt-Segmente ein Segen, denn diese haben zuletzt Marktanteile verloren. Mittelständische Unternehmen wie die Egger Holzwerkstoffe GmbH und die Helma Eigenheimbau AG haben für sich das Finanzierungsinstrument Anleihe entdeckt. „Wir wollen damit unsere Finanzierungsstruktur möglichst breit aufstellen, um langfristig eine sichere Basis für gesundes Wachstum zu haben“, begründet Thomas Leissing, Sprecher und Mitglied der Egger Gruppenleitung, diesen Schritt. Und Karl-Heinz Maerzke, Vorstand der Helma Eigenheimbau AG, sieht in der Anleihe-Emission seines Unternehmens die Chance, „unser Unternehmenswachstum noch weiter zu beschleunigen.“ Die Helma-Anleihe zieht beispielsweise die Blicke der Anleger auf sich, da sie bei einer Laufzeit von fünf Jahren eine Rendite von 6,5 Prozent abwirft. Zum Vergleich: Fünfjährige Bundesanleihen rentieren derzeit mit 2,72 Prozent. Für Anleger sind Mittelstandsanleihen wegen der im Vergleich zu Staatsanleihen in der Regel deutlich höheren Rendite also durchaus interessant. Aber es gilt zu bedenken, dass von Mittelständlern gebotene höhere Renditen ganz eng mit höheren Risiken verbunden sind. Denn wer in einzelne kleinere Unternehmen investiert, geht naturgemäß ein höheres Risiko ein, als er das mit Investments in Anleihen multinationaler Konzerne tun würde. Ein weiteres Risiko wird derzeit möglicherweise unterschätzt. Die über mehr als 30 Jahre andauernde Hausse – also der Kursaufschwung – an den internationalen Bondmärkten dürfte vor dem Aus stehen. Während dieser Zeit sind die Renditen in den Industrieländern von mehr als zehn in Europa und den USA auf zuletzt nur noch rund drei Prozent gefallen. In der kommenden Zeit rechnen Fachleute an den Bondmärkten mit kräftigen Kursverlusten. Denn eine steigende Kapitalnach-
Anleihen sind allgemein eine wichtige Säule für die Portfoliostabilität.
ANLEIHEN
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– Martin Wilhelm und Monica-Aurea Herodek
Traditionsrohstoff | Anleihe eines Holzwerkstoffherstellers erfolgreich
Fremdkapital alternativ beschafft Die jüngste Unternehmensanleihe der Tiroler Egger-Gruppe ist vor kurzem mit einem Volumen von 200 Millionen Euro erfolgreich am Markt platziert worden. Die Nachfrage wurde dabei insbesondere von privaten Anlegern getrieben, die allein 74 Prozent der Orders ausmachten. Die 200-Millionen-Euro-Anleihe der Egger Holzwerkstoffe GmbH mit einer Stückelung von 500 Euro weist eine Kuponverzinsung von 5,625 Prozent auf. Der Emissionskurs betrug 100,818 Prozent, die Laufzeit 7 Jahre. Der Erlös soll dem Unternehmen zur langfristigen Unternehmensfinanzierung dienen. „Wir wollen unsere Finanzierungsstruktur möglichst breit aufstellen, um langfristig eine sichere Basis zu haben. Das ist die Grundlage für das weitere gesunde Wachstum der Egger Gruppe“, kommentiert Thomas Leissing, Sprecher und Mitglied der Egger Gruppenleitung. Der Holzwerkstoffhersteller verfolgt dabei eine klare Strategie: weiteres internationales Wachstum mit klarem Fokus auf Europa inklusive Russland und Türkei, Innovation durch neue Produkte, Technologien und Prozesse und Vorwärtsund Rückwärtsintegration wesentlicher Prozessschritte entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Um die bestehende Marktposition weiter zu stärken, arbeitet Egger an der permanenten Weiterentwicklung seines Produkt- und Serviceportfolios. Ob in Küche, Bad, Büro, Wohn- und Schlafräumen – in unzähligen Bereichen des privaten und öffentlichen Lebens finden sich Produkte des Tiroler Unternehmens. Das seit dem Jahr 1961 bestehende Familienunternehmen Egger produziert europaweit an 16
Standorten und hat weltweit Abnehmer in der Möbelindustrie, dem Holz-Fachhandel sowie bei Baumärkten. Da die Produkte aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz bestehen, sind sie auf natürliche Weise CO2-neutral und damit besonders umweltverträglich. In puncto Nachhaltigkeit setzt das Unternehmen Maßstäbe, immerhin sind nachhaltige Forstwirtschaft und umweltverträgliche Produktion wesentliche Anliegen der Unternehmensführung. Die Anleihe profitiert dabei von der guten Bonität des bekannten Holzwerkstoffherstellers. Auch angesichts unverändert niedriger Sparzinsen bleibt die Unternehmensanleihe eine attraktive Alternative für private Anleger. Weitere Informationen: www.egger.com
SPARZINSEN „Clevere Anleger suchen Alternativen nicht nur bei ihrer Bank“, stellt Thomas Leissing zufrieden fest.
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MARKTENTWICKLUNG 30 25 20 15 10 5 Dez 10
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Jun 03
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Quelle: Bundesbank
Milliarden Euro
Mit Neuemissionen von Anleihen macht sich das Small und Medium Business unabhängig von Hausbanken. Seit September 2008 steigt das Emissionsvolumen stark an.
Schuldverschreibung | Investition in Energieeffizienz
Baudienstleister bietet attraktive Zinsen Niedrige Zinsen und aufsteigende Angst vor einer kommenden Inflation rückt die Immobilie wieder mehr in den Blick des Anlegers. Die Helma Eigenheimbau AG ist einer der führenden Anbieter solarer Energiesparhäuser und gilt als Pionier bei der Entwicklung nachhaltiger Energiekonzepte. Im Geschäftsjahr 2010 konnte das Lehrter Unternehmen den Wachstumstrend erfolgreich fortsetzen und einen Umsatzanstieg von 19,4 Prozent auf rund 74,5 Millionen Euro vermelden. Außerdem verbucht das Unternehmen mit 87,7 Millionen Euro (+ 25 Prozent) den höchsten Auftragsbestand in der mehr als 30-jährigen Unternehmensgeschichte und verfügt somit
RENDITE „Wer in die Helma Eigenheimbau AG investiert“, so Karl-Heinz Maerzke, „findet in uns einen verlässlichen Partner.“
über eine ausgezeichnete Ausgangslage für weiteres Wachstum. Die Innovationsführerschaft, die ein so deutliches Wachstum über die Jahre ermöglicht hat, will das Unternehmen auch zukünftig weiter ausbauen. Um dieses Vorhaben zu realisieren, hat Helma begonnen, seit Dezember letzten Jahres Kapital über eine Anleihe einzusammeln. „Die Zeichnung unserer Anleihe eröffnet Anlegern die Möglichkeit, in eines der führenden Unternehmen im Bereich der energieeffizienten Bauweisen zu investieren und dabei eine attraktive Rendite zu erzielen“, so der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Maerzke. „Für unser Unternehmen ist hiermit die Chance verbunden, unseren Marktanteil insbesondere in den deutschen Ballungsräumen deutlich auszubauen und unser Unternehmenswachstum damit weiter zu beschleunigen“, erläutert Maerzke weiter. Eine Zeichnung der Anleihe, die ein Angebotsvolumen von bis zu 10 Millionen Euro aufweist, ist nach wie vor durch Erteilung einer Kauforder mit der WKN: A1E8QQ bei nahezu allen Kreditinstituten und Direktbanken über die Börse Düsseldorf möglich. Helma beabsichtigt, die Anleihe nach Beendigung der Angebotsfrist in den Freiverkehr der Börse Düsseldorf einzubeziehen. Mit einer Laufzeit von fünf Jahren, einer festen Verzinsung von 6,5 Prozent pro Jahr sowie einer Mindestanlage von 1.000 Euro ist die Anleihe sowohl für private als auch institutionelle Anleger konzipiert. Für interessierte Zeichner hat das Unternehmen eigens ein Informationszentrum eingerichtet. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.helma-anleihe.de
frage zum Beispiel der hochverschuldeten Industrieländer muss aufgrund der geringeren Investmentbereitschaft privater und institutioneller Anleger praktisch zu hohen Zinsen führen. Wer Anleihen von Mittelständlern mit dem Ziel erwirbt, diese bis zur Endfälligkeit zu halten, hat dieses Problem drohender Kursverluste nicht – er hat jedoch Opportunitätsverluste. Denn er kann während der Laufzeit der Anleihe sein gebundenes Geld nicht in andere Unternehmensanleihen investieren, die im Zeitablauf möglicherweise einen höheren Zinskupon aufweisen. Festzustellen ist indes, dass nur wenige private Anleger bereit und in der Lage sind, sich mit all diesen komplexen Zusammenhängen im Hinblick auf die Zinsentwicklung und das Bonitätsrisiko von Mittelständlern auseinanderzusetzen – sie vertrauen daher ihr Kapital Rentenfonds-Managern an, die sich auf die Bewertung von Unternehmensanleihen spezialisiert haben. „Anleihen sind allgemein eine wichtige Säule für Stabilität innerhalb des Portfolios“, sagen die Acatis IfK-Fondsmanager. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil sich die Zinsen am Geldmarkt derzeit weiterhin auf rekordtiefem Niveau befinden. Und so sind Anleger auf der verzweifelten Suche nach höheren Renditen auch bei Mittelstandsanleihen fündig geworden. Für viele deutsche Investoren ist die emotionale Beziehung zu mittelständisch strukturierten heimischen Firmen enger als zu Schuldnern aus den Emerging Markets, die möglicherweise ebenso oder noch höhere Zinsen bieten. Wer bei solchen festverzinslichen Wertpapieren kleiner und mittelständischer Unternehmen einen langen Atem und Geduld hat, kann gut planbare Renditen erzielen, die sein Depot stabilisieren.
Udo Rettberg
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FINANZEN
BAUFINANZIERUNG
Den richtigen Zeitpunkt finden DARLEHEN Die Zinssätze sind so niedrig wie selten zuvor. Doch die Europäische Zentralbank hat ihren Leitzins erhöht. Gute Konditionen und Förderprogramme jetzt sichern.
V
ieles im Leben ist eine Frage des richtigen Zeitpunkts. Das gilt für die Politik, für die Diplomatie, aber auch für die Baufinanzierung. Man muss sehr lange zurückblicken, um eine so geringe Zinsbelastung für Kreditnehmer auszumachen wie zurzeit. Das liegt vor allem an dem harten Wettbewerb, den sich die Banken auf dem Feld der Baufinanzierung liefern. Die Folge des großen Angebots sind günstige Zinssätze für Baufinanzierer und sinkende Margen für die Banken. Doch die Europäische Zentralbank hat aktuell ihre Leitzinsen erhöht und das stellt die Kreditnehmer vor eine schwierige Entscheidung: Ist es besser, das Risiko in Zu-
kunft deutlich höherer Zinssätze einzugehen oder lohnen sich sogenannte ForwardDarlehen, mit denen die Zinssätze für einen längeren Zeitraum festgeschrieben werden können? Obwohl die Aufschläge vergleichsweise hoch sind, könnte dies für Kreditnehmer, deren Zinsbindung in den nächsten Monaten ausläuft, gleichwohl eine interessante Option sein. Verbraucher, die jetzt bauen, kaufen oder modernisieren, sind gut beraten, sich die noch günstigen Kreditkonditionen möglichst lange zu sichern. Dabei können sie im Fall ökologischen Bauens das Förderprogramm „Energieeffizient Bauen“ nutzen, mit dem die KfW den Bau von Ökohäusern unterstützt
und pro Wohneinheit 50.000 Euro Darlehen bei einem effektivem Zinssatz ab 2,47 Prozent gewährt. Auch die GLS-Bank fördert mit günstigem Zins Finanzierungsbeträge von maximal 100.000 Euro mit bis zu 0,5 Prozent unter dem üblichen Satz der Banken für Niedrigenergiehäuser. Selbst Bausparkassen wie Wüstenrot bieten zinsgünstige Kredite für energiesparende Modernisierungsmaßnahmen wie Iso-Fenster oder die Isolierung von Dach- und Außenfassade. Auch das ist eine Frage des richtigen Zeitpunkts.
Dr. Ralf Magagnoli
Bausparen | Ideale Finanzierung auch für Renovierungen
Modernisierungsversicherung fürs Eigenheim Ungefähr die Hälfte des Energieverbrauchs in Deutschland entfällt auf Gebäude. Deswegen hat die Bundesregierung diesem Thema in ihrem Energiekonzept viel Aufmerksamkeit gewidmet. Bis zum Jahr 2050 soll sich die Energiebilanz des Haus- und Wohnungsbestands in Deutschland deutlich verbessern. Es ist abzusehen, dass damit auf Eigentümer einige Investitionen zukommen. Hierfür ist ein Bausparvertrag zur Finanzierung ideal. Der klassische Bausparvertrag dient heute vielen Eigenheimbesitzern als Vorsorgeprodukt für anfallende Renovierungen und Modernisierungen am Haus. Darauf haben sich die Bausparkassen eingestellt: Bei der Wüstenrot Bausparkasse AG, einer Tochter des Vorsorge-Spezialisten Wüstenrot & Württembergische AG, gibt es das „Ideal Bausparen“. Dabei können Kunden mit einer eigenen Immobilie, die sich auf anstehende Arbeiten am Haus vorbereiten möchten, die Variante „Finanzierer“ wählen. Auch bei klei-
nen Kreditsummen unter 50.000 Euro bleibt der Zins für Bauspardarlehen unverändert günstig. Bei normalen Hypothekendarlehen hingegen werden für solche Beträge oft Zinszuschläge verlangt. Außerdem gibt es beim Bausparen für Darlehensnehmer keinerlei Altersgrenzen nach oben. In Deutschland werden zwar deutlich weniger Wohnungen gebaut als noch vor zehn Jahren, sodass dafür auch weniger Finanzierungsmittel benötigt werden, doch gleicht das enorme Modernisierungspotenzial diesen Rückgang mehr als aus. In den alten Bundesländern sind fast 80 Prozent der Wohnungen älter als 30 Jahre, in den neuen Bundesländern immerhin fast 75 Prozent. 60 Prozent der Baugelder, die die privaten Bausparkassen ihren Kunden auszahlen, fließen inzwischen in Maßnahmen zur Renovierung und Modernisierung bestehender Gebäude. Am besten wird ein Bausparvertrag bald nach dem Hausbau oder Wohnungskauf für zukünftige Arbeiten abge-
schlossen und über die Jahre hinweg regelmäßig bespart. Damit lässt sich der Bausparvertrag ideal als eine „Krankenversicherung“ für das eigene Heim nutzen. www.ww-ag.com
EIGENHEIM Investieren in Energiespartechnik und Wärmedämmung. Lohnender Weg für Geldbeutel und Wert des Hauses.
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Und das ist gut so. Denn der Verbrauch von Erdgas schwankt im Jahresverlauf. Er ist im Sommer wesentlich niedriger als in der Heizperiode im Winter. Erdgasspeicher gleichen solche Schwankungen aus. WINGAS verfügt über den größten unterirdischen Erdgasspeicher Westeuropas. Im niedersächsischen Rehden lagern mehr als 4 Mrd. Kubikmeter Erdgas. Das entspricht dem Jahresbedarf von etwa 2 Millionen Einfamilienhäusern. Weitere Speicherprojekte in Deutschland, Österreich und Großbritannien sind derzeit im Aufbau. Für Versorgungssicherheit auch in Zukunft.
www.wingas.de Gemeinsam mehr Energie.