vorwärts
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D i e Z e i t u n g d e r d e u t s c h e n s o z i a l d e m o k r at i e
Mai 2012
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Gegründet 1876
Illustration: Christina Bretschneider
Das Ziel vor Augen Richtungswahlen im Mai: Für ein besseres Deutschland 05 4 197407 502506
B:225 mm
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Inhalt 3
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themen in diesem heft
liebe Leserin, Lieber leser!
Fotos: Dirk Bleicker(3), Christoph Fein, Privat
Bringt Ihr was zu Grass und Israel? Das haben uns einige Leser gefragt – durchaus mit Ideen unterfüttert, was genau der vorwärts dazu „bringen“ sollte. Wir werden diese Leser enttäuschen. Schon allein, weil so viel schon gesagt worden ist und weil aller Platz im Heft nicht ausreichen würde, den Ursachen und Hintergründen des Nahostkonfliktes wirklich gerecht zu werden. Aber auch, weil wir befangen sind. Dass Israel in seiner Existenz bedroht ist und dass es auf diese Bedrohung auf seine Weise reagiert, hängt engstens mit deutscher Geschichte zusammen. Israel ist für uns nicht irgendein Land. Es ist ein Teil von uns – weil es dieses Land ohne deutsches Zutun nicht gäbe. Ohne den Antisemitismus und die Verbrechen der Nazis, ohne deutsche Auswanderer, ohne – später – deutsche Aufbauhilfe. Wer als Deutscher auf Israel zeigt, zeigt immer auch auf sich. Auch aus diesem Grunde hoffen wir, dass sich Israels Regierung klug verhalten wird. Klüger, als wir es dem iranischen Präsidenten je zutrauen würden. Im Mai sollten Hoffnungen blühen, nicht Ängste. Gleich zu Monatsbeginn feiern wir den Tag der Arbeit – in der Hoffnung, dass Arbeit endlich so geschätzt und so entlohnt werde, wie sie es verdient. Überall. Ob und wann und wie diese Hoffnung in Erfüllung geht, das hängt auch davon ab, wie die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und NordrheinWestfalen enden werden. Es geht um mehr als die Zusammensetzung zweier Landtage. Im Norden und im Westen haben die Wähler die Chance, Deutschland die Richtung zu weisen. Gemeinwohl oder Eigennutz: Wohin soll die Reise gehen? Hoffentlich:
Titel Landtagswahlen im Norden und Westen
4 Kurs: Gemeinwohl – Die Wahlen und ihre Folgen 5 NRW – Ein Bundesland mit Vor-Geschichte 6 besseres Land – Diese Themen sind entscheidend 8 torsten albig – Kühler Kopf und klare Worte 9 Hannelore Kraft – Mit Dampf in die Verlängerung
Kolumnen 10 global gedacht – Rafael Seligmann 11 berliner Tagebuch – Uwe Knüpfer 18 Zwischenruf – Anna-Katharina Meßmer 26 Das allerLetzte – Martin Kaysh
Hannelore Kraft im Straßenwahlkampf
13 14 15 16 17
Peter Feldmann am Römer in Frankfurt
Seite 16
Wirtschaft 20 Mobilität: In Zukunft zu Fuß, Verkehr 2050 21 Meine arbeit: Schulhausmeister
historie 24 vor 55 Jahren – Die GVP löst sich auf 25 Wer war’s? – von Lothar Pollähne 10 18 19 24 25 26
News Leserbriefe nachruf auf gerhard gründler Impressum Rätselseite seitwärts
Diese Ausgabe enhält eine Verlags-Sonderveröffentlichung der SPD-Bundestagsfraktion.
Vorwärts-Regional Mai Uwe Knüpfer Chefredakteur
partei leben! inklusion – Die Fachkonferenz der SPD Kurz und knapp – Nachrichten aus den Gliederungen der SPD Die ortsversteher Porträt des OV Südkamen, Nordrhein-Westfalen porträt Peter Feldmann: der neue OB von Frankfurt Arbeitsgemeinschaften der Spd SCHWUSOS, Schwule und Lesben in der SPD
kultur 22 kultur für alle – Interview mit Steven Sloane 23 REZENSIONen
Redaktionsschluss 23. April 2012 vorwärts, mit herzlichen Grüßen
Seite 4
BERLIN: TEMPELHOF-SCHÖNEBERG NRW: Dortmund
Steven Sloane macht in Bochum Musik
Seite 22
Aus der REdaktion Neun Wochen verstärkte sie tatkräftig die vorwärtsRedaktion als Praktikantin. An den Wochenenden erkundete sie das politische Berlin. Seit Mitte April ist Romy Hoffmann wieder in Regensburg und setzt ihr Politik-Studium fort.
4 Titel
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Nachhaltige Strukturpolitik Marke SPD: der künstlich angelegte Phönixsee auf dem Gelände des ehemaligen Stahlwerks Hermannshütte mitten in Dortmund
Kurs: Gemeinwohl C
urrywurst ist SPD“: Selten lösen Wahlplakate erregte Diskussionen aus. Der NRW-SPD ist dieses Kunststück gelungen. „Currywurst ist SPD“: Dieser Spruch muss, so banal er klingt, eine tiefe Wahrheit enthalten. Zwei Landtagswahlen, eine klare Alternative. Im Mai stimmen die Wählerinnen und Wähler in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen nicht nur darüber ab, wer künftig in Kiel und Düsseldorf regieren darf: Sie haben die Macht, dem Zeitalter des Neoliberalismus ein Ende zu setzen. Statt Party-Häppchen für wenige, Currywurst für alle – oder Labskaus im Norden, anderswo womöglich Grünkohl, Buletten, Spätzle, Weißwurst. Die SPD, signalisiert dieses in einem Wettbewerb gefundene Plakat, ist die einzig wahre Volkspartei. Jedenfalls überall dort, wo die Konkurrenz sich zum Handlanger von Privilegienbewahrern und Spekulanten macht – wenn sie es nicht immer schon gewesen ist.
Verliert Schwarz-Gelb auch im Norden und vor allem im Westen, sind die Tage der Regierung Merkel gezählt. Das wissen die Strategen aller Lager, das sehen auch die meisten Journalisten so. Sie haben gelernt: Politische Wenden werden in Nordrhein-Westfalen eingeleitet. Die ersten sozialliberalen Koalitionen von 1956 und 1966 in NRW läuteten die Modernisierung Deutschlands ein, die Abkehr von Muff und Obrigkeitsdenken. Mit der Bildung einer rot-grünen Allianz auch in NRW begann 1995 eine Generation später auf breiter Front die Versöhnung von Ökologie und Ökonomie. NRW leitete vor 30 Jahren den Ausstieg aus der Atomenergie ein. In Schleswig-Holstein begann der Einstieg in die Windenergie. Hier regierte Johannes Rau, dort Björn Engholm, gefolgt von Heide Simonis. Die SPD in beiden Ländern stand und steht für eine Bildungspolitik, die „kein Kind zurücklässt“. Sozialdemokra-
Currywurst ist SPD. Foto: Eijiha Jimia / Flickr
Am 13. Mai www.nrwspd.de V. i. S. d. P.: SPD Landesverband Nordrhein-Westfalen, Michael Groschek, Kavalleriestraße 16, 40213 Düsseldorf
Das „Lebensgefühlplakat“: Damit setzten sich beim Wettbewerb der NRW-SPD die Tübinger Jusos Erik Flügge und Jonathan Gauß durch. Das Plakat zeigt, „wie wir uns Glücklichsein in NRW vorstellen“, so Flügge.
ten haben Zugang zu guter Bildung in jeden Winkel gebracht, von Flensburg bis Siegen. Sie haben das einst universitätsleere Ruhrgebiet in Europas dichteste Hochschullandschaft verwandelt – und Gebührenschwellen weggeschliffen. Sie haben dafür gesorgt, dass nach dem Ende des Montan-Zeitalters an der Ruhr kein Mega-Slum entstanden ist, sondern eine Stadtlandschaft neuen Typs, wo Menschen eine Heimat haben. Kaum anders als in Torsten Albigs „Lieblingsland“ Schleswig-Holstein. Für die SPD in beiden Ländern sind Gemeinwohl und Solidarität keine Wort hülsen. Toleranz heißt hier mehr als Duldung, nämlich: Respekt vor anderen. NRW und Schleswig-Holstein: Beide Länder sind aus dem Scherbenhaufen Preußens entstanden. Sie haben, unter sozialdemokratischer Führung, daraus das bislang Bestmögliche gemacht. Und damit ganz Deutschland die Richtung gewiesen. n UK
Foto: fotofinder/Zoonar.com/Barbara Boensch, NRW SPD
Landtagswahlen In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen geht es um »sozial statt neoliberal« – und um die Zukunft der Regierung Merkel
Titel 5
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och kurz vor der Auflösung des Landtags wurden Pläne beraten, ein Haus der Geschichte für Nordrhein-Westfalen zu gründen. Aber hat Nordrhein-Westfalen eine Geschichte? „Wir haben vom Paradies geträumt und wachten auf in Nordrhein-Westfalen“, sagte Joachim Gauck zum Anlass des zehnten Jahrestags des Mauerfalls. NRW steht offensichtlich mehr für Nüchternheit als für historisches Pathos. Auf der Suche nach einer politischen Lösung für das Ruhrgebiet hatte die britische Labour-Regierung 1946 dieses Land aus den beiden früheren preußischen Provinzen Rheinland („Nordrhein“) und Westfalen geschaffen. London wollte damit einen Zugriff der Sowjetunion auf das Ruhrgebiet ebenso wie die Abtrennung eines „Ruhr-Staats“ von Deutschland nach den damaligen französischen Plänen verhindern. Die Gründung NRWs fiel mit dem Beginn des Kalten Kriegs und der Auflösung Preußens durch die Alliierten zusammen. Mit der Gründung des Landes wollten die Briten das historische Konfliktpotenzial des Ruhrgebiets entschärfen, der früheren „Waffenschmiede des Reichs“. 1923 hatte die französisch-belgische Ruhrbesetzung das nationale Drama des Ruhrkampfs ausgelöst, der zu einer Hyperinflation führte und, fernab in München, zum Hitlerputsch. Die Einführung der Mitbestimmung in der Eisen- und Stahlindustrie 1951 beendete einen jahrzehntelangen Klassenkampf an der Ruhr, und durch den Beitritt der Bundesrepublik zur Montanunion im Jahre 1952 wurde die Ruhr zum Auslöser der europäischen Einigung. Bonn, die Hauptstadt der Bundesrepublik, lag am Rhein, und mit dem Satz „Bonn ist nicht Weimar“ verband sich die Vorstellung, dass das größte Land der BRD gleichsam das Musterland der neuen westdeutschen Demokratie sei.
Foto: ullstein bild/ A. & E. Frankl
»Bollwerk der Demokratie« Dabei wird oft übersehen, dass NRW seine historischen Wurzeln in der preußischen Demokratie der Weimarer Republik hat. Mit der Entstehung des rheinisch-westfälischen Industriegebiets hatte sich bereits im Kaiserreich das wirtschaftliche Schwergewicht Preußens vom Osten in den bevölkerungsreichen Westen verlagert. Nach dem Sturz der Hohenzollernmonarchie und der Einführung des demokratischen Wahlrechts befand sich auch der politische Schwerpunkt Preußens an Rhein und Ruhr. Bereits im Kaiserreich hatten übrigens die Sozialdemokraten Ebert und Scheidemann ihre Reichstagsmandate in Elberfeld und Solingen gewonnen. Anders als im Reich konnten sich die demokratischen Parteien der Weimarer Koalition, die SPD, das katholische Zentrum und die linksliberale DDP, in den
Ein Land mit Vor-Geschichte NRW In Berlin mochte »die Musik spielen«, aber an Rhein und Ruhr wurde unsere Demokratie geprägt
Zahlen und Fakten
Von Wilhelm Ribhegge
Anzahl der Hochschulen in NRW:
68
Bundesweit sind es 421
Studierende in NRW im Wintersemester 2011/12:
597 536 Dax-Konzerne , die ihren Sitz in NRW haben:
9
von insgesamt 30
Nationales Drama Ruhrkampf: Beisetzung von 13 Krupp-Arbeitern in Essen. Sie wurden im April 1923 erschossen, nachdem französische und belgische Truppen das Ruhrgebiet besetzt hatten.
Regierungen Preußens unter Otto Braun (SPD) von 1920 bis 1932 fast durchgängig behaupten. Die preußische Demokratie hatte ihren Rückhalt vor allem in Berlin, im Rheinland und in Westfalen. Trotz starker ideologischer Differenzen zeichneten sich die demokratischen Parteien Preußens durch eine pragmatische und kompromissbereite Politik aus. Durch die Demokratisierung der Verwaltung, die der westfälische Sozialdemokrat und Innenminister Carl Severing nach dem Kapp-Putsch 1920 eingeleitet hatte, und durch die Abwehr eines gewalttätigen politischen Extremismus galt Preußen als „Bollwerk der Demokratie“. Aus der preußischen Demokratie ging auch der Kölner Oberbürgermeister und Vorsitzende des preußischen Staatsrats hervor, der damalige Zentrumspolitiker und spätere CDU-Bundeskanzler Konrad Adenauer. Unterschiedliche politische und konfessionelle Mentalitäten führten dazu, dass bei der Wahl des Reichpräsidenten nach dem Tod Eberts 1925 der Kandidat
der nationalen Rechten, Paul von Hindenburg, mit 48,3 Prozent knapp vor dem gemeinsamen Kandidaten der Weimarer Demokraten, dem Kölner Zentrumspolitiker und früheren Reichskanzler Marx siegte, der 45,3 Prozent erhielt. Bei dieser Wahl, der in der Geschichte der Weimarer Republik eine Schlüsselrolle zufiel, hatte in den östlichen Wahlkreisen Deutschlands die Mehrheit für Hindenburg gestimmt, in den westlichen und südwestlichen Wahlkreisen dagegen die Mehrheit für den demokratischen Kandidaten Marx. Noch bei der letzten freien Reichstagswahl im November 1932, bei der die NSDAP im Reich stärkste Partei mit einem Anteil von 33,1 Prozent wurde, lag das Zentrum in der Rheinprovinz und in Westfalen mit 33,2 bzw. 28,8 Prozent deutlich vor den Nazis mit 23,2 und 22,9 Prozent. n Der Verfasser lehrte Geschichte an der Universität Münster. Er ist Autor des Buches „Preußen im Westen. Der Kampf um den Parlamentarismus in Rheinland und Westfalen 1789 – 1947“.
Zahl der Beschäftigten im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden:
33 869 Anteil NRWs am deutschen Bruttoinlandsprodukt:
22% QuelleN: Destatis, Landesbetrieb information und technik nrw, p rofiling institut düsseldorf
6 Titel
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im Ruhrgebiet geht es im nördlichsten Bundesland nicht um rauchende Schlote und dampfende Kühltürme, sondern um klimaschonende Windenergie. Fast 50 Prozent seines Strombedarfs kann das Land schon jetzt mit Windkraft decken. Die neuen Anlagen, die an Land und in Nord- und Ostsee geplant sind, können bis 2020 das drei- bis vierfache des schleswig-holsteinischen Stromverbrauchs liefern. Das Land würde Stromexporteur. Für strukturschwache Regionen ergeben sich damit neue Chancen für die Wertschöpfung, so Albig. Allerdings gehe der Ausbau nur im Einvernehmen mit den Bürgern. Albig setzt eine Politik fort, die unter Ministerpräsident Björn Engholm begann. „Wir wollen die Chancen für Schleswig-Holstein nutzen, mit einer auf die Ökologie hin ausgerichteten Politik für Wirtschaft und Technik.“ So stand es schon im SPD-Landtagswahlprogramm von 1987. n SUS Kein Kind mehr zurücklassen – das ist das Ziel der SPD in der Bildungspolitik. Die Begabungen aller sollen gefördert werden.
ein besseres land zentrale themen In NRW und Schleswig-Holstein zeigte und zeigt die SPD, wie von sozialdemokratischer Politik alle Menschen profitieren Von Hatice Akyün, Susanne Dohrn und Nils Hilbert
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… Mehr lesen! Interview: Sören Link möchte OB in Duisburg werden. Kultur ohne wirtschaftliche Zwänge fordert H.-J. Blinn. Jetzt downloaden: vorwärts.de/app
bildung
Energie
Kurze Beine – kurze Wege Kleine Schulen, wohnortnah
Hart am Wind Strom für die Industrienation
NRW erlaubt Grundschulen mit nur 92 Kindern. Als Teilstandort einer größeren Schule reichen 46. So sorgt die SPDgeführte Landesregierung dafür, dass Grundschüler trotz sinkender Schülerzahlen kurze Wege haben. „Das entspricht den Bedürfnissen der Kinder“, sagt SPD-Landtagsfraktionsvize Renate Hendricks. Außerdem soll die Förderung individueller, sollen die Klassen kleiner und die Unterrichtskonzepte innovativer werden. „Die Begabungen aller erfolgreich fordern und fördern“, das Ziel hatte schon der ehemalige NRW-Ministerpräsident Johannes Rau formuliert. Wohnortnahe Grundschulen sind deshalb nur ein Baustein des Schulfriedens, mit dem die SPD das Bildungssystem in NRW zukunftsfest macht. Ein anderer sind Sekundarschulen. Sie ergänzen das Angebot der etablierten Schulformen, ermöglichen gemeinsames Lernen bis zur 10. Klasse sowie den Übergang in die gymnasiale Oberstufe. Ob eine Sekundarschule gewünscht wird, entscheiden Kommunen und Eltern vor Ort. Renate Hendricks: „Es ist wichtig, auch auf dem Land alle Schulabschlüsse zu ermöglichen.“ n SUS
„Schleswig-Holstein hat das Potenzial, das zu sein, was das Ruhrgebiet im vergangenen Jahrhundert für Deutschland war: der Ort, der die Energie schafft für eine Industrienation“, sagt Torsten Albig, SPD-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl im Mai. Anders als ehemals
pakt für Kommunen Raus aus der Schuldenfalle In der Kommune erleben Bürger Demokratie hautnah. Wenn Städte und Gemeinden verarmen, verkümmert Demokratie zum Spar- und Streichprogramm. In vielen NRW-Kommunen ist das der Fall. Mit einem Aktionsplan hilft die Landesregierung nun Städten und Gemeinden, der Schuldenfalle zu entkommen. Zum einen erhalten alle Kommunen mehr Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich – Geld, das die Regierung Rüttgers zur Sanierung des Landeshaushaltes genutzt hatte. Zudem unterstützt die Landesregierung mit 350 Millionen Euro jährlich die 34 überschuldeten Kommunen und gibt ihnen so die Chance, bis 2020 ausgeglichene Haus-
Fotos: sascha Schuermann/dapd/DDp images, dpa Picture-Alliance / K. Wernicke
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finanzen
Schleswig-Holstein: Vorreiter der Windenergie seit dem Amtsantritt Björn Engholms 1988
Titel 7
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halte vorzulegen. Im Gegenzug erhalten die Kommunen fachkundige Beratung und müssen eigene Sparanstrengungen unternehmen. „Niemals zuvor hat eine Landesregierung mehr Geld für die Kommunen bereitgestellt“, sagt Ralf Jäger. Der NRW-Innenminister heißt als ein-ziger seiner Amtskollegen auch „Minister für Kommunales“. Ziel sei es, so Jäger, Städte und Gemeinden so auszustatten, dass sie für die Bürger bestmöglich Politik machen können. n SUS
Polizei Ja, Polizeistaat Nein. Frank Richter, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), konstatiert mit Blick auf die rot-grüne Politik der letzten 20 Monate: „Es ist ein großer Erfolg der Regierung, im Bereich der inneren Sicherheit verlässliche Rahmenbedingungen gesetzt zu haben.“ Besonders wichtig sei es, dass Innenminister Ralf Jäger unmittelbar nach Amtsantritt den jahrelangen Personalabbau bei der Polizei gestoppt habe. Seither treten jährlich 1400 junge Beamtinnen und Beamte in den Polizeidienst ein. n NH
Integration »jetz bisse eina von uns« Eine Kindheit im Ruhrgebiet
Nordrhein-Westfalen: Ja zur Polizei, Nein zum Polizeistaat
Interview mit NRWs GdP-Chef Frank Richter vorwärts.de/politik
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Ich bin inmitten von türkischen Familien in Duisburg aufgewachsen. Die Industriearbeiter waren gewerkschaftlich organisiert und die Sozialdemokratie bildete ein eigenes Milieu. Es gab auch Distanz gegenüber Fremden, aber man war Arbeiter in derselben Grube, im selben Stahlwerk, das verband. Die Michalskis und Schimanskis wussten intuitiv, wie sich die Özgürs und Akyüns vom Bosporus fühlten. Wir waren die Akyüns, die mit den vielen Kindern und dem Grill im Garten. Unsere Nachbarn hießen Gerti und Jupp, ihre Kinder Sven und Sabine. Als wir einmal gemeinsam in unserem Garten saßen, legte Jupp die Hand auf die Schulter meines Vaters und sagte: „Weisse Rafet, jetz bisse eina von uns.“ Es war die schönste Willkommenserklärung, die man sich als türkische Familie vorstellen konnte. Wir waren eine Arbeiterfamilie und ich eine Bergmannstochter. Ich vertraue auf mein Heimatland NRW, das Persönlichkeiten wie Heinz Kühn prägten, dessen erster Ausländerbericht heute noch nach 40 Jahren aktuell ist. Oder Johannes Rau, für den Integration ein Herzensanliegen war. Und heute Hannelore Kraft, die mit Guntram Schneider einen Minister hat, der Vielfalt als Chance begreift. n HA
innere Sicherheit
Foto: Roland Weihrauch/dpa
»Die Kurve kriegen« Eine starke und vernetzte Polizei Um Jugendliche vor dem Abrutschen in eine „Karriere“ als Intensivtäter zu bewahren, arbeitet die Polizei in NRW seit 2010 eng mit Pädagogen, Psychologen und Jugendämtern zusammen. Diese Vernetzung garantiert den Erfolg des bundesweit einmaligen Modellprojekts „Kurve kriegen“. Die Devise lautet: Prävention statt Sanktion. Projekte wie dieses haben sozialdemokratische Innen- und Sicherheitspolitik „Marke NRW“ vorbildlich gemacht. Schon unter Heinz Kühn und Johannes Rau galt:
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CDU
31%
SPD
32%
FDP 5% Grüne 13% Die Linke 2% Piraten 10% ssw 4%
wahlergebnis 2009 CDU
31,5%
SPD
25,4% 14,9%
Grüne 12,4% Die Linke 6% Piraten 1,8% ssw 4,3%
Quelle: infratest dimap
FDP
SchleswigHolstein
Wattwanderung in der Nordsee: Torsten Albig auf Wahlkampftour durch sein „Lieblingsland“
kühler kopf und klare Worte torsten Albig Der Spitzenkandidat der SPD in Schleswig-Holstein will eine Landesregierung, die zuhört Von Carl-Friedrich Höck
P
eer Steinbrück kann sich vor Lachen kaum halten. Auf einem Podium im Husumer Kongresszentrum sitzt er neben Torsten Albig, der gerade gesagt hat: „Manche behaupten ja, ich habe eine pastorale Art...“. Das amüsiert Steinbrück köstlich, denn tatsächlich erinnert Albig mit seiner ruhigen, sonoren Stimme und seiner freundlichen Art zuweilen mehr an einen Pfarrer als an ein politisches Alphatier. Auch Albig muss jetzt lachen und kontert: „Ich gehe eben gewinnend
auf die Menschen zu.“ Er halte sich an das Prinzip, andere nicht schlecht zu machen. Torsten Albig ist der Spitzenkandidat der SPD in Schleswig-Holstein. Sein Gespräch mit Steinbrück an diesem Abend ist einer von 300 Wahlkampfterminen in vier Wochen. Ein stattliches Programm, das selbst wahlkampferprobte Journalisten beeindruckt. Peer Steinbrück kennt ihn gut, in seiner Zeit als Bundesfinanzminister war Albig sein Pressesprecher. Ein abwägender Mensch sei dieser, sagt Steinbrück. Einer, der gut
wählt am 6. Mai 2012 Einwohnerzahl: 2,84 Mio. Fläche: 15 799 km2 Stimmen im Bundesrat: 4 Regierungschef: Peter Harry Carstensen (CDU) Regierung: CDU-FDP-Koalition
zuhören könne, der dann aber auch Entscheidungen trifft. Dass Albig zuhören kann, beweist er am nächsten Morgen. In einem Hotelraum in Dagebüll trifft er sich zum Frühstück mit Vertretern der friesischen Minderheit. Es herrscht eine intime Atmosphäre, eine große Fensterfront gibt den Blick auf den Nordseestrand frei. Die Friesen erzählen von ihren Schwierigkeiten, ihre Sprache lebendig zu halten. Der SPD-Kandidat lauscht geduldig, stellt ab und zu eine Frage. Am Ende kommt Heinrich Bahnsen, Vorsitzender des Nordfriesischen Vereins, auf die Fördergelder des Landes zu sprechen. Sie wurden von der schwarz-gelben Regierung um 15 000 Euro gekürzt. Ob Albig das rückgängig machen könne? Der Angesprochene könnte jetzt leicht punkten. Aber er entgegnet: „Ich mache auf solchen Terminen keine finanziellen Zusagen. Das wäre unglaubwürdig.“
Er will investieren: in Bildung Auch das gehört zu Albigs Prinzipien: Er verspricht nichts, was er vielleicht nicht halten kann. „Das Geld wird nicht mehr, nur weil ich gewählt werde“, sagt er. An die Schuldenbremse will er sich halten. Wieviel er ausgeben könne, werde er erst wissen, wenn ihm nach der Wahl eine aktuelle Steuerschätzung vorliegt. Dennoch macht er klar, wo er investieren will: in die Bildung. Nächster Termin: Gemeinsam mit den Vertretern der Friesenverbände wandert Albig durch das Watt vor Dagebüll. Plötzlich löst sich ein junger Blondschopf aus einer vorbeilaufenden Gruppe. In Gummistiefeln stapft er auf Albig zu und spricht ihn an: „Ich bin Medizinstudent in Lübeck. Was wollen Sie für meine Uni tun?“ Die Landesregierung wollte die medizinische Fakultät in Lübeck abwickeln, was durch Proteste verhindert wurde. Albig antwortet: „Lübeck muss eine starke Uni sein.“ Dann erklärt er, dass man die Bildung nicht kaputtsparen dürfe. Denn das verursache nur soziale Folgekosten, die für das Land viel schlimmer seien. Nach der Wattwanderung will Albig sich mit Spaghetti Bolognese stärken, die er in einem kleinen Restaurant bestellt. Nebenbei befragen ihn die anwesenden Medienvertreter zu seinem Regierungskonzept. Geduldig erklärt er: „Ich will Institutionen schaffen, um einen ständigen Dialog zwischen Bürgern und Regierenden zu ermöglichen.“ Die Politiker müssten den Menschen zuhören, das habe die schwarz-gelbe Koalition vernachlässigt. Sein Pressesprecher unterbricht: „Wir müssen weiter.“ Albig steht auf, seine Nudeln bleiben fast unangerührt auf dem Tisch zurück. Er murrt nicht. Er will schließlich Ministerpräsident werden. n
Foto, grafik: dirk bleicker
Umfrage zur Landtagswahl 2012 vom 19.04.2012
Titel 9
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mit volldampf in die verlängerunG
Bundesland, von Mülheim nach Gelsenkirchen über Münster bis nach Bielefeld. Vor Ort unterstützt durch Prominenz aus der Partei, begleitet von den Landtagskandidaten. Vier Städte, vier Mal gute Stimmung für die Sozialdemokratin. „Weiter so, Hannelore!“, rufen ihr die Passanten zu. Eine Münsteranerin erzählt: „Ich habe jahrelang den Wahlzettel durchgestrichen. Aber für die Hannelore, für die gehe ich wieder wählen. Die hat einen super Job gemacht.“
Hannelore Kraft Kinder, Bildung und Kommunen: Das sind die Kernthemen der Ministerpräsidentin NordrheinWestfalen
Von Marisa Strobel
H
annelore, Hannelore! Kraft, Kraft, Kraft!“ Als gelte es, die heimische Fußballmannschaft Schalke 04 anzufeuern, skandieren die Gelsenkirchener Genossen begeistert den Namen ihrer Ministerpräsidentin. Sie sind gekommen, um ihre Spitzenkandidatin beim Wahlkampfauftakt zu unterstützen. Mit einer Tour durch NRW beginnt Hannelore Kraft die heiße Wahlkampfphase. Genau einen Monat, nachdem die rot-grüne Minderheitsregierung am 14. März gescheitert ist. Doch als ein Scheitern sieht das in der Partei nie-
mand an. „Hannelore hat in den knapp zwei Jahren gezeigt, dass sie das Land kraftvoll regieren kann“, lobt Berlins regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in Krafts Heimatstadt Mülheim an der Ruhr. Seit dem Regierungswechsel in NRW 2010 hat Rot-Grün die Studiengebühren abgeschafft und das letzte Kitajahr gebührenfrei gestellt. Das Ziel dabei: Kein Kind zurücklassen. „Wir haben viel angestoßen. Jetzt müssen wir in die Verlängerung“, drängt Kraft. Die Wahlkampftour führt die 50-Jährige an diesem Samstag quer durch ihr
Vorbeugende Politik
wählt am 13. Mai 2012 Einwohnerzahl: 17,84 Mio. Fläche: 34 092 km2 Stimmen im Bundesrat: 6 Regierungschefin: Hannelore Kraft (SPD) Regierung: SPD-Grüne-Koalition
Umfrage zur Landtagswahl 2012 vom 20.04.2012 CDU SPD
34% 37%
FDP 4% Grüne 11% Die Linke 3% Piraten 8%
CDU Foto, grafik: dirk bleicker
SPD FDP 6,7% Grüne 12,1% Die Linke 5,6%
Für die Probleme der Bürger da: Hannelore Kraft zeigt sich bodenständig und bürgernah.
Piraten 1,6%
34,6% 34,5%
Quelle: forschungsgruppe wahlen
wahlergebnis 2010
Im Mittelpunkt des Wahlkampfs steht ein Dreiklang: einsparen, mehr einnehmen und in die Zukunft investieren. Konkret heißt das: Mehr Geld für Kinder, Bildung und Kommunen, um frühe Hilfen für Eltern und Kinder zu finanzieren. Denn Reparaturmaßnahmen für Schulabgänger ohne Abschluss seien teuer. Vorbeugend investieren für mehr und bessere Schulabschlüsse, dafür will Kraft „klare Kante“ zeigen, wie sie im Ruhrpott-Dialekt sagt. Sie wirbt für klare Verhältnisse für die Bürger und im Landtag. Und die Chancen stehen gut. Bleiben die Umfragewerte stabil, gelingt die absolute Mehrheit für RotGrün. Aber: „Umfragen sind wie Wasserstandsmeldungen“, warnt Kraft. Wir müssen um jede Stimme werben.“ Und das werde man mit Volldampf tun. „Nicht erschrecken!“, warnt die Ministerpräsidentin, als sie wieder jemandem die Hand hinstreckt. Umkreist von einem Tross Journalisten sind die meisten Passanten überrumpelt von der überraschenden Begegnung. In jeder der vier Städte schlendert sie durch die Fußgängerzone, schüttelt Hände, plaudert mit Passanten, stellt sich auch kritischen Fragen. Genau das, was der Ministerpräsidentin am besten liegt: „Elite jiebt es nich, wir sind alle normale Menschen“, betont die Sozialdemokratin. Sie ist eine von hier und hier will sie bleiben, sagt Kraft. Seit Wochen verneint sie die Möglichkeit, 2013 als Kanzler kandidatin anzutreten. „Ich brauche die Bürgernähe. Ich glaube nicht, dass ich das unter der Berliner Käseglocke könnte“, macht sie auch an diesem Samstag deutlich. Und grenzt sich damit klar von ihrem Herausforderer Norbert Röttgen (CDU) ab. „Der macht den Eindruck, als könne er sich nicht entscheiden, was er will. Geht er nach der Wahl nach Düsseldorf oder bleibt er in Berlin?“, kritisiert SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier in Bielefeld den Bundesumweltminister und fordert: „Wir brauchen jemanden, der 100 Prozent entschieden ist, für NRW da zu sein. Und das ist Hannelore Kraft!“ Die Zustimmung, die Steinmeier dafür erntet, ist ein deutliches Signal: Die Bürger wollen klare Kante, und zwar für NRW. n
10 News
So sehr manche Mitbürger den Schweiß und die Beharrlichkeit des gewöhnlichen Ochsentouristen auf seinem langen Marsch durch die politischen Institutionen beargwöhnen, so sehr gefällt ihnen – und vor allem vielen Medien – die Figur des Seiten- oder Quereinsteigers. Er scheint mitzubringen, was man bei den Normalbegabten in Parlament und Regierung nicht erwarten zu dürfen glaubt: Lebenserfahrung, Spezialkenntnisse, Unabhängigkeit, eine frische Sprache. Oft erwiesen sich diese Erwartungen im Praxistest als Illusion. Auch wer quer einsteigt, ist nur ein Mensch, der, wenn er gewählt ist, wie alle anderen grauen Herren und Damen nach den demokratischen Regeln spielt. Aber die Hoffnungen, die oft mit dem Quereinsteigen verbunden werden, zeigen an, wo der politische Betrieb, die gelebte Demokratie noch besser werden kann: Schluss mit den nachgeplapperten Phrasen! Nieder mit den rhetorischen Pappkameraden, gegen die man immer recht behält! Weg mit der Pose! Her mit der Haltung! n H-P.B. Der Autor Hans-Peter Bartels ist seit 1998 Mitglied des Bundestags. Weitere Stichworte und Buchstaben: vorwärts.de/politik
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wettbewerb Dein Bild der SPD Die SPD ist bunt und abwechslungsreich. Überall entstehen täglich schöne Bilder. Du hast gute Fotos vom Leben in der SPD? Dann mach mit beim Fotowettbewerb von SPD und vorwärts Verlag. Wir suchen die schönsten, lustigsten und aussagekräftigen Bilder in den Kategorien: Partei/Parteileben Familie n Fortschritt n Arbeit n n
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konferenz und gipfel
Global gedacht von Rafael Seligmann Australien wird das Gros seines Truppenkontingents aus Afghanistan bis Ende 2013 abziehen. Ein Jahr früher als geplant. Als Grund gibt Premierministerin Julia Gillard an, die Provinzen, in denen die Aussies Dienst tun, wären weitgehend befriedet. Das ist Unsinn. Es gibt in ganz Afghanistan, einschließlich der Hauptstadt Kabul, keinen Fleck, in dem man sich dauerhaft ungefährdet bewegen könnte. Westliche Geheimdienste, unabhängige Beobachter und Militärs sind sich einig, dass die afghanische Armee nicht in der Lage ist, ihr Land ohne die Hilfe der ISAF gegen die Taliban zu verteidigen – und diese Fähigkeit auch nicht im kommenden Jahr erlangen wird, wenn der Abzug der US-Truppen im großen Maß einsetzen wird. Der wahre Grund des vorzeitigen Abzugs der australischen Soldaten aus Afghanistan sind die bevorstehenden Wahlen in Down Under. Die militärische Intervention wird in Australien, das selbst in Vietnam an der Seite Amerikas stand, zunehmend unpopulär. Ähnlich verhält es sich in fast allen Staaten, welche die Kontingente der ISAF stellen. In keinem demokratischen Land befürwortet eine Mehrheit den Kampf ihrer Grenadiere in Afghanistan. Schon gar nicht in Deutschland. Man muss kein Clausewitz sein, um zu erkennen, dass dieser Waffengang verloren ist – wie einst für die Russen und Briten. Dennoch wird am Hindukusch weiter gekämpft, gestorben, werden Milliarden verpulvert. Eine Ursache ist das einstige Gerede des Präsidentschaftskandidaten Obama vom „gerechten Krieg“ in Afghanistan – womit er seinen Patriotismus unterstreichen wollte. Gegenwärtig versucht er es erneut. Und Deutschland zieht bei dem vergeblichen Unterfangen wider besseres Wissen mit. Es ist Zeit, dass die westlichen Regierungen Tabula rasa machen und ehrlich zugeben, was ohnehin feststeht: Der Waffengang in Afghanistan ist ungewinnbar. Nun gilt es, das Beste aus der Situation zu machen. Also in Gesprächen mit Pakistan und den verhandlungsbereiten Kräften der Taliban eine diplomatische Lösung zu erzielen. Afghanistan wird dabei keine Musterdemokratie werden, doch ein Mindestmaß an Menschenrechten, besonders für die zuvor vollständig unterdrückten Frauen, soll garantiert werden. Mehr ist nicht möglich. n
„Entwicklungschancen ländlicher Räume“ lotet die Bundes-SGK auf einer Fachkonferenz am 1. und 2. Juni in Göttingen aus. Zu den Hauptrednern gehören Hannovers OB Stephan Weil und Ex-Bundesfinanzminister Hans Eichel. Um „Forderungen für ein tolerantes Deutschland“ geht es dagegen beim „Kindergipfel“ der Naturfreundejugend. Er findet vom 7. bis 10. Juni in Nürnberg statt. n KD bundes-sgk.de naturfreundejugend.de
Am Grab seines Vorbildes „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Mit diesen Worten begründete Otto Wels für die SPD in der letzten freien Rede im Reichstag 1933 die Ablehnung des „Ermächtigungsgesetzes“ der Nazis. Kurz darauf musste Wels nach Prag fliehen, später nach Paris, wo er 1939 starb. Für Martin Schulz ist Wels stets ein Vorbild gewesen, „ein Mann, auf den die SPD stolz sein kann“. Eine seiner ersten Reisen als Präsident des Europäischen Parlaments führte Schulz Ende März an das Grab Wels‘ im Pariser Vorort Chantenay-Malabry. Gerade in Krisenzeiten sei die Demokratie gefährdet, die Politik trage besondere Verantwortung, so Schulz. Otto Wels habe dies zu seiner Zeit verstanden. n KD
Martin Schulz am Grab von Otto Wels
demo der jusos Es wurde laut, es wurde bunt. Am 14. April zogen die Juso-SchülerInnen zur Großdemo auf den Potsdamer Platz. Die Forderung des SPD-Nachwuchses: Das „Kooperationsverbot“ muss aufgehoben werden. Seit 2006 darf der Bund sich nicht mehr an der Bildungsfinanzierung der Länder beteiligen. „Der Bund muss die Länder unterstützen, damit gute und gerechte Bildung gewährleistet ist“, forderte Juso-SchülerInnen-Koordinator Taner Ünalgan. n KD Interview mit Taner Ünalgan: vorwärts.de/politik
Fotos: DPA/Frank May, Hachem Alaoui
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Das Wörterbuch der Politikverdrossenheit Der »Quereinsteiger«
vorwärts 05/2012
News 11
05/2012 vorwärts
Kitas ausbauen! „Kitaausbau statt Fernhalteprämie“: Mit einer Resolution hat sich der SPDParteivorstand vehement gegen das von der Bundesregierung geplante Betreuungsgeld ausgesprochen. Dies sollen laut schwarz-gelbem Koalitionsvertrag Eltern bekommen, die ihre Kinder nicht in eine Kita schicken. Damit würden Kinder von frühkindlicher Bildung ferngehalten und Eltern vom Arbeitsmarkt, heißt es im SPD-Papier. Der Parteivorstand fordert, die für das Regierungsprojekt vorgesehenen zwei Milliarden Euro stattdessen in den Ausbau der Kinderbetreuung zu investieren. Dies sei nötig, damit der ab Sommer 2013 geltende Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Einjährige überhaupt umgesetzt werden kann. Für ihre Pläne wirbt die SPD mit einer Postkartenaktion, die am 23. April von Manuela Schwesig vorgestellt wurde. n YH
Postkartenkation gegen Regierungspläne: Manuela Schwesig stellt die Kampagne vor.
www.vorwärts.de mehr beschäftigung Die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosenzahl sinkt – allerdings nicht überall. „Es zeigt sich mit aller Härte, dass die Verbesserung der generellen Beschäftigung weitgehend an den Menschen mit Behinderung vorbeigeht“, beklagt Ursula Engelen-Kefer. Die ehemalige DGB-Vize-Vorsitzende sieht die Politik in der Pflicht gegenzusteuern. n KD
Fotos: marcus Brandt/ Picture alliance (2), Klaus Barthel
vorwärts.de/wirtschaft
Live beim ESC Am 26. Mai heißt es „Light your fire!“ in der „Baku Chrystal Hall“. In der Hauptstadt Aserbaidschans findet der 57. Eurovision Song Contest statt. Für Deutschland geht Sänger Roman Lob an den Start. Für vorwärts.de werden erneut Marc Schulte und Martin Schmidtner vom ESC berichten – und auch wieder den einen oder anderen Blick hinter die Kulissen werfen. n KD vorwärts.de/blogs
Herzlichen glückwunsch
Berliner Tagebuch Notiert von Uwe Knüpfer
Drei Fragen an klaus Barthel Die Arbeitslosenzahlen sinken, die Tarifabschlüsse sind hoch. Den Arbeitnehmern scheint es gut zu gehen. Ich denke, der Schein trügt. Die Zahlen sind bei weitem nicht so gut, wie es uns viele weismachen möchten. Wenn man genauer hinsieht, merkt man schnell, dass es auf dem Arbeitsmarkt riesige Probleme gibt. Ein zunehmender Teil der Arbeitnehmer ist im Niedriglohnbereich oder befristet beschäftigt. Auch Leiharbeit und Werkverträge breiten sich aus. Für die AfA bleibt da noch viel zu tun. Sie selbst haben einen starken ver.diHintergrund. Wie wichtig ist für AfA und SPD die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften? Für die AfA und ich denke auch für die SPD ist die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften eine Lebens- und Überlebensfrage. Dasselbe gilt für die Betriebs- und Personalräte. In den letzten Jahren hat sich das Verhältnis glücklicherweise deutlich verbessert. Es bleibt aber trotzdem noch viel zu tun, um das Vertrauen weiter zu stärken. Wir brauchen die Unterstützung der Gewerkschaften und die Erfahrungen aus den Betrieben dringend. Unter dem bisherigen Vorsitzenden Ottmar Schreiner hatte die AfA den Ruf, etwas renitent zu sein. Wie wird sie sich mit Ihnen an der Spitze präsentieren? Die AfA hat insgesamt immer deutlich gemacht, dass ihre Wurzeln in der Arbeitnehmerschaft sind. Daraus hat sie eine eigene Willensbildung und eine inhaltliche Eigendynamik entwickelt. Kritik ist für uns aber kein Selbstzweck. Wir fühlen uns durch die Entwicklung der letzten Jahre in unseren Positionen bestätigt. Vieles von dem, was wir lange gefordert haben, gehört mittlerweile zum Alltagsgeschäft der SPD. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Die Positionen und Meinungen aus den Betrieben werden wir auch weiterhin in die Partei hineintragen. Wo es nötig ist, werden wir auch widersprechen. An unseren politischen Inhalten ändert sich auch mit dem Wechsel an der Spitze nichts. n KD Klaus Barthel ist SPD-Bundestagsabgeordneter und seit 21. April Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA)
Heinz Bühringer ehem. Landesvorsitzender in Baden-Württemberg Harry Liehr ehem. MdB zum 85. Geburtstag Hans de With ehem. MdB zum 80. Geburtstag Annemarie Kuhn ehem. MdEP Klaus-Dieter Osswald ehem. MdB Franz Steinkühler ehem. IG-Metall-Vorsitzender Thomas von der Vring ehem. MdEP zum 75. Geburtstag Sigrid Keler ehem. Finanzministerin in Mecklenburg-Vorpommern Heinz Köhler ehem. MdB und MdEP Jörg-Otto Spiller ehem. MdB zum 70. Geburtstag
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Vielleicht ist mancher auch mal ganz froh, wenn ich nicht ständig im Willy-BrandtHaus bin.
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Sigmar Gabriel kündigt nach der Geburt seiner Tochter Marie an, drei Monate Elternzeit zu nehmen.
Nichts ist schlimmer als Mitleid. Von Gegnern beschimpft zu werden, kommt einem Ritterschlag gleich. Das gibt Profil und schweißt die eigenen Reihen zusammen. Aber Mitleid? Wo Mitleid aufkommt, ist die Messe gesungen. Familienministerin Kristina Schröder hat ein Buch geschrieben – ok, sie hat daran mitgeschrieben; ihr Foto ziert das Cover. Es ist ein mildes, etwas wirres Pamphlet gegen den Feminismus - was schon deshalb irritiert, weil es ohne die Erfolge der Frauenbewegung weder ihr Amt noch sie in dieser Rolle gäbe. Frau Schröder war so mutig, das Buch ausgerechnet im Berliner Stadtteil Prenzlberg vorzustellen – wo der Trend unter trendig-kreativen Müttern zum Zweitkinderwagen geht. Während der Lesung wurde die Ministerin noch bestaunt bis verhöhnt, das Echo war schlimmer: Mitleid machte sich breit. Soweit ist es mit Norbert Röttgen noch nicht. Das liegt zum einen daran, dass er die Wahl in NRW noch nicht verloren hat. Zum anderen besitzt er die seltene Gabe, trotz eines fotogenen Äußeren Sympathiebekunder auf Distanz zu halten. Wie schrieb der „Stern“: „Die echten Röttgen-Fans im CDU-Establishment passen in einen Kleinbus.“ Im Zusammenhang mit der FDP ist das Wort „Bus“ strukturell unangebracht. Der Philipp-Rösler-Fanclub dürfte im Fond eines Dienstwagens Platz finden. Dabei ist der Noch-FDP-Vorsitzende eines ganz sicher: sympathisch. Parteifreunde, die es nicht ganz böse mit ihm meinen, versichern, als Kinderarzt sei er große Klasse gewesen. Von hier bis zum Mitleid ist es nur ein Trippelschritt. Den werden die Freidemokraten, da ist man sich im „politischen Berlin“ sicher, bald nach dem 13. Mai tun. Offen ist nur: Wird Rainer Brüderle vorerst Röslers Erbe antreten – oder startet Christian Lindner gleich durch? Was zunächst mal davon abhängt, ob die Wähler in NRW dem liberalen Wunderkind Lindner ausreichend viele Stimmen geben. Demokratie treibt manchmal wunderliche Blüten - aber sie funktioniert. Apropos wunderlich: Die Piraten machen gerade die Erfahrung, dass Fleischtöpfe nicht nur Gourmets anlocken. Ob die Intelligenz des Schwarmes groß genug ist, Nazis vom Bord der FreibeuterFregatte fernzuhalten, wird sich zeigen. Eins ist sicher: Liquid Democracy – zu deutsch: verflüssigte Demokratie – kommt allen entgegen, die Regeln nur einhalten wollen, so lange sie dabei gewinnen. n
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Verbraucher stärken Die SPD-Bundestagsfraktion möchte die Verbraucherpolitik neu ausrichten. Sie hat deshalb „Leitlinien für eine sozialdemokratische Vebraucherpolitik“ beschlossen. Diese sehen u.a. einen „Verbrauchercheck“ vor, mit dem die Auswirkungen von Gesetzesentscheidungen auf das Verbraucherverhalten geprüft werden. Weitere Forderungen sind ein „Sachverständigenrat für Verbraucherfragen“ sowie die Einführung von „Marktwächtern“, die den Markt beobachten, Missstände anprangern und mit Abmahnungen und Unterlassungsklagen dagegen vorgehen können. Weitere Informationen und eine Broschüre zu dem Thema gibt es im Internet unter www.spdfraktion.de n KD
Die SPD will Europas Industrie erneuern: Montage in einem französischen Renault-Werk
Europa braucht Wachstum SPD-Fraktion fordert ein Investitionsund Aufbauprogramm für Europa Auch zwei Jahre nach dem Beginn der Euro-Krise bekommen die europäischen Regierungen sie nicht in den Griff. Zu beobachten ist ein Teufelskreislauf: Hoch verschuldete Länder wie Griechenland erhöhen die Steuern und kürzen ihre Ausgaben, um den Staatshaushalt ins Gleichgewicht zu bringen. Doch dadurch bricht die Wirtschaft weiter ein, die Steuereinnahmen sinken – und die Regierungen müssen noch mehr kürzen. Darunter leidet vor allem die Bevölkerung: Arbeitslosigkeit
und Armut nehmen zu. Es wird offenbar: Europa braucht in der Krisenbekämpfung einen neuen Ansatz. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich deshalb für ein umfassendes Investitionsund Aufbauprogramm für Europa ein. In den anstehenden Verhandlungen über den Fiskalpakt will sie die Frage ansprechen, wie Wachstum und Beschäftigung gefördert werden können. „Die Konsolidierung öffentlicher Haushalte ist dringend geboten“, mahnt der SPD-Fraktionsvorsitzende
Frank-Walter Steinmeier. Allein über restriktive Finanzpolitik werde sie aber nicht gelingen. Eine Schlüsselrolle spielt nach Ansicht der SPD-Fraktion die Industrie: Indem man den industriellen Sektor erneuert und Innovationen fördert, könnten nachhaltige Arbeitsplätze geschaffen werden. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Länder mit einem starken industriellen Sektor wie Deutschland besonders gut durch die Krise gekommen sind. Finanziert werden sollen die Investitionen in die europäische Industrie unter anderem durch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Weitere Mittel könnten die Europäische Investitionsbank und der EU-Strukturfonds bereitstellen. Frank-Walter Steinmeier hat im April ein Positionspapier zur industriellen Erneuerung Europas vorgelegt. Darin verweist er darauf, dass es auch der deutschen Wirtschaft helfe, in die Krisenländer zu investieren: „Die Stärke des einen ist auch die Stärke des anderen.“ Hintergrund: 60 Prozent der deutschen Exportgüter gehen in das europäische Ausland. Brechen dort die Absatzmärkte ein, dann sind auch in Deutschland Arbeitsplätze in Gefahr. Bereits im Januar hat die SPD-Fraktion ein Konzept vorgelegt, wie sich die Industrie in Deutschland modernisieren ließe. Mit der Frage, wie Vollbeschäftigung erreicht und anständige Arbeitsbedingungen garantiert werden können, befasst sich auch die Projektgruppe „Ordnung für Arbeit“. Sie ist ein Teilprojekt des Zukunftsdialoges der SPD-Fraktion. n CFH
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Die Praxisgebühr muss komplett abgeschafft werden.
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Karl Lauterbach,
gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion
Impressum Verlags-Sonder veröffentlichung Herausgeber: SPD-Bundestagsfraktion Petra Ernstberger, MdB Parl. Geschäftsführerin V.i.S.d.P. Anschrift: SPD-Bundestagsfraktion Platz der Republik 1 11011 Berlin
Trotz massiver Kritik selbst aus den eigenen Reihen hält die schwarz-gelbe Koalition an ihren Plänen fest, ein Betreuungsgeld einzuführen. Anfang April erklärten 23 CDU-Abgeordnete öffentlich, dass sie der Einführung der Prämie nicht zustimmen wollen. Doch die CSU drängt darauf. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) spielt auf Zeit und will eine Arbeitsgruppe einrichten, die einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen soll. Das Betreuungsgeld soll monatlich an Eltern ausgezahlt werden, die ihre Kinder nicht in einer Kita betreuen lassen. Ab 2013 will die Koalition dafür 100 Euro pro Kind bereitstellen, ab 2014 sogar 150 Euro. Die SPD rechnet dafür mit Kosten von rund zwei Milliarden Euro pro Jahr. Geld, das den Kommunen fehlt: Sie müssten noch mehr als 200 000 Kita-Plätze schaffen, um den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung bis 2013 erfüllen zu können. Allein die zwei Milliarden Euro, die in das Betreuungsgeld fließen sollen, würden für 166 000 Kita-Plätze ausreichen. „Das Betreuungsgeld ist der falsche Weg, Kinder besser zu fördern und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern“, kritisiert die familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Caren Marks. Es dürfe nicht sein, dass Schröder dafür Milliarden ausgebe, aber den notwendigen Ausbau von Krippenplätzen vernachlässige. Kritik kommt auch vom Arbeitgeberverband BDA und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Die Vorsitzenden beider Verbände bezeichnen das geplante Betreuungsgeld in einer Stellungnahme als „Rückschritt“. n CFH
Die SPD-Fraktion begreift Pflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Positionspapier zur Pflegereform Die SPD kritisiert den schwarz-gelben Gesetzentwurf zur Pflege als substanzlos. Die Regierung führt „eine unsinnige private Pflegezusatzversicherung ein, die sich nur Gutverdienende leisten können“, sagt die stellvertretende gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Hilde Mattheis. Sie vermisst zudem eine neue Definition von Pflegebedürftigkeit, die auch geistige und mentale Einschränkungen einbezieht. Genau die steht im Mittelpunkt eines Positionspapiers der SPD. Sie will pflegende Angehörige unter anderem durch eine bezahlte Familienpflegezeit entlasten, eine „Bürgerversicherung Pflege“ einführen, die kommunale Pflegeinfrastruktur ausbauen und fordert gute Arbeit für Fachkräfte. n CFH
Fotos: Emilie Denis/ Maxppp/ dpa PA, Deutscher Bundestag/ Thomas Imo/photothek, Arno Burgi /dpa PA
Schröder gefährdet Kita-Ausbau
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Partei leben! inhalt Kurz und Knapp Nachrichten aus den Gliederungen
OV Südkamen
Chefsache
Fotos: Dirk bleicker, privat, Marco Urban
Andrea Direkt! Warum grenzt sich die SPD nicht stärker von Günter Grass ab? Wir haben uns klar zu Günter Grass und seinem Gedicht geäußert. Ich fand es weder als literarischen Text gut, noch seine inhaltlichen Einschätzungen angemessen. Trotzdem bleibt Günter Grass ein von mir hoch geschätzter Literat. Für mich ist er auch kein Antisemit. Manches, was da hochgezogen wurde, finde ich stark übertrieben. Wir sollten nicht hysterisch sein. Ist der Fiskalpakt mit sozialdemokratischen Werten vereinbar? Der Fiskalpakt ist Ausweis einer reinen Sparlogik. Schulden sind natürlich immer eine Last für zukünftige Generationen. Eine Begrenzung ist deshalb wichtig. Trotzdem kann Sparen nur das eine Bein sein, auf dem wir stehen. Es muss auch einen funktionierenden Sozialstaat geben, den wir finanzieren müssen. Deshalb fordert die SPD, dass begleitend zum Fiskalpakt eine Finanztransaktionssteuer eingeführt wird. Der Fiskalpakt allein wird die Probleme in Europa nicht lösen. Ist das Nein der SPD zur Einschränkung des Rederechts im Bundestag endgültig? Ja. Eine Einschränkung des Rederechts ist mit uns nicht zu machen. Es geht dabei ja sowohl um die Stellung des einzelnen Abgeordneten als auch um den Schutz von Mindermeinungen. Klar ist, dass es endlich eine Regelung braucht, wie mit den Reden von Abgeordneten mit abweichenden Meinungen umgegangen wird. Bisher entscheidet da ja der Bundestagspräsident allein. Diese Regelung muss aber im Konsens getroffen werden – und sie darf die Rechte des Einzelnen nicht verletzen. Ich rechne mit einer schnellen Einigung. n Fragen stellen: vorwärts.de/nahlesfrage
Die Genossen aus dem Ruhrgebiet verstehen ihren Ort
Peter Feldmann Am 1. Juli wird er neuer OB in Frankfurt. Ein Porträt
Schwusos Arbeitsgemeinschaften in der SPD – Teil 3
Für mehr Teilhabe: „Die Schaffung eines Bildungssystems, das auf gemeinsames Lernen statt Aussortieren setzt, ist eine große Herausforderung“, so die AfB-Vorsitzende Eva-Maria Stange.
Neue Lernkultur »Darum Bin ich in der SPD…«
Inklusion Kein Aussortieren mehr: Die Arbeitsgemeinschaft für Bildung in der SPD (AfB) fordert gleiche Bildungschancen für alle Von Marisa Strobel
S Martin Sieber arbeitet als Industriemechaniker bei einem Autozulieferer und ist dort stellv. Schwerbehindertenbeauftragter. Er ist Mitglied im OV BockenemAmbergau bei Hildesheim. Die SPD ist die einzige Partei, die sich um das Wohl der arbeitenden Bevölkerung kümmert. Ich möchte mich für eine verbesserte Zusammenarbeit von Gewerkschaften und Politik einsetzen. SPD und Gewerkschaften haben die größten Schnittmengen. n Warum seid Ihr gerade jetzt SPD-Mitglied geworden? Schreibt uns an parteileben@vorwaerts.de
tudien zeigen schon lange: Die Lernerfolge von Förderschülern sind gering. Sie sind vor allem geringer als von Kindern, die bei gleichen Voraussetzungen auf eine Hauptschule gehen. Dementsprechend schlecht sind die Chancen von Förderschülern auf dem Arbeitsmarkt, denn die meisten beenden ihre Schulzeit ohne Abschluss. Die Folge: Die soziale Teilhabe von Behinderten und Förderbedürftigen am gesellschaftlichen Leben ist dauerhaft eingeschränkt. Gegen ein derart ausgrenzendes System haben die Vereinten Nationen deshalb 2006 eine Behindertenrechtskonvention verabschiedet, der sich 2009 auch Deutschland angeschlossen hat. Seitdem steht die Bundesrepublik in der gesetzlichen Pflicht, jedem Schulpflichtigen über ein integratives beziehungsweise inklusives Schulsystem den Zugang zu hochwertiger Bildung zu ermöglichen. Doch es hakt an der Umsetzung. „Die Inklusion im Bildungssystem ist längst überfällig“, kritisiert Eva-Maria Stange auf einer Fachkonferenz zum Thema „Was behindert hier wen? Inklusion im deutschen Bildungssystem“ Ende April in Berlin. Die AfB-Bundesvorsitzende fordert deshalb einen Masterplan für Bund, Länder und Kommunen.
„Es reicht nicht, die entsprechende UNKonvention zu unterschreiben. Sie muss auch umgesetzt werden, und zwar in den Kindertagesstätten wie auch in den Schulen“, so Stange. Dazu müsse aber auch die Unterrichtsstruktur geändert werden. „Inklusion funktioniert nicht in Klassen mit 30 Kindern, die hintereinander in Reihen sitzen“, weiß sie. Kleinere Klassen, mehr pädagogisches Personal – die Kosten für eine derartige Umstrukturierung sind hoch. Die SPD fordert deshalb, das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern aufzuheben. "Wir brauchen neue Wege der Zusammenarbeit, um die Inklusion auch finanzieren zu können", so Doris Ahnen, Mitglied im SPD-Parteivorstand. Eine Hürde stelle zudem die Akzeptanz eines inklusiven Bildungssystems dar. „Wir haben in Deutschland immer noch die Schere der Aufteilung im Kopf“, so Eva-Maria Stange. Für mehr Aufklärung plädiert auch Ute Erdsiek-Rave. „Die Beispiele aus der Praxis zeigen, dass eine Überforderung von Schwachen wie auch eine Unterforderung von Starken in gemischten Gruppen nicht stattfindet“, so die Vorsitzende des Expertenkreises „Inklusive Bildung“ der deutschen UNESCO-Kommission. n
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Die andauernde Gewalt macht den Menschen in Afghanistan zu schaffen. „Insbesondere die Kinder dort sind diejenigen, die unter Gewalt und Hunger zu leiden haben“, berichtet Andreas Götz, Vorsitzender der SPD WormsMitte. Durch den engen Kontakt mit dem Militärpfarrer Ulrich Kronenberg aus Speyer entschloss sich der Ortsverein, Hilfspakete an Kinder in Afghanistan zu verschicken. Neben Lebensmitteln wie Reis, Bohnen, Tee und Dosenobst übergaben die Sozialdemokraten auch Decken und Mützen für das Land am Hindukusch. Dort kümmerte sich Pfarrer Ernst Raunig um die Verteilung der Hilfspakete. n RH
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Farbe bekennen Dass Wahlkämpfe nicht eintönig sein müssen, beweisen die Jusos Gütersloh. Ende März starteten sie zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen die Aktion „Farbe bekennen“. Hierbei sollen Bürger die Möglichkeit erhalten, sich offen zu ihrer Wahlentscheidung, zu den Positionen der NRWSPD sowie zur Wahl im Allgemeinen zu äußern. Die Meinungen werden anschließend an den Infoständen der SPD und bei dem sozialen Netzwerk Facebook veröffentlicht. Dort gibt es auch täglich neue Fotos von Menschen, die zur NRW-Wahl Farbe bekennen. Einer davon ist Sevin Zahterogullari (Foto). Für den Chef eines türkischen Feinschmecker-Imbisses ist klar: Er geht am 13. Mai wählen. n RH
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Der 30. Januar 1887 ist die Geburtsstunde des SPD-Ortsvereins Ettlingen. Bei den Feierlichkeiten zu ihrem 125-jährigen Bestehen erinnerten die Sozialdemokraten an die Industrialisierung und die soziale Verelendung der damaligen Zeit. Denn das waren die Gründe, weshalb die Gründungsväter ihres Ortsvereins 1887 zur ersten Veranstaltung einluden. Ergebnis des Abends war die Gründung ihres Ortsvereins, der sich seitdem für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität einsetzt. n RH
Zeichen für Israel Einen Monat in der israelischen Armee – diesen Dienst trat der Hesse Florian Kaiser (Foto) im März freiwillig an. „Das Existenzrecht Israels ist für mich unverhandelbar. Mir war es deshalb angesichts der Spannungssituation im Nahen Osten wichtig, dafür ein Zeichen zu setzen“, so das Vorstandsmitglied der SPD Main-Kinzig. Er ist einer von 5000 jungen Menschen, die jährlich den Freiwilligendienst antreten. Das Sar-El-Programm besteht seit 1982 und ermöglicht einen Einblick in die Lage Israels. „Ich verschließe nicht die Augen vor den berechtigten Anliegen beider Seiten“, so Kaiser im Hinblick auf den Nahost-Konflikt. „Ich verurteile Verletzungen des Völkerrechts, wie aber auch jedweden Terrorismus gegen Israels Zivilbevölkerung.“ n MS
Fotos: Christin Riedel, Felix EggersglüSS, privat
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Einen 19-jährigen Ortsvereinsvorsitzenden – das gab es in der Geschichte der Gelsenkirchener SPD noch nie. Einstimmig wählten die Mitglieder des SPD-Ortsvereins Buer-Mitte III Lukas Günther zu ihrem neuen Vorsitzenden. Somit folgt der 19-Jährige, der momentan ein freiwilliges soziales Jahr in einem Kinder- und Jugendzentrum absolviert, auf den Stadtverordneten Günter Puin. Günther hat sich als neuer Vorsitzender viel vorgenommen. Neben dem Ziel, den Ortsverein zu verjüngen, möchte er ihn auch nach außen hin öffnen, wie er in seiner Dankesrede ankündigte. n RH
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Stets vor Ort: Hans-Dieter Heidenreich, Norbert Drüke und Petra Hartig (v. l.). „Wir wollen Politik mit und nicht gegen den Bürger machen“, sagt die OV-Vorsitzende Hartig.
Die Ortsversteher OV Südkamen Sich um die Probleme der Anwohner kümmern, das ist das Anliegen der Südkamener Genossen. Dafür suchen sie den persönlichen Kontakt Von Marisa Strobel
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ine Bestandsaufnahme sollte die Bürgerbefragung 2008 in Südkamen, im östlichen Ruhrgebiet, sein. „So wie ein Kaufmann Inventur macht, wollten auch wir schauen: Wer lebt hier eigentlich? Und was können wir für die Südkamener bewegen?“, erklärt Hans-Dieter Heidenreich, Vizevorsitzender des Ortsvereins Südkamen. Anlass für die Umfrage war der Vorstandswechsel des Ortsvereins Südkamen 2007 und der Wunsch der neuen Vorstandsmitglieder, mit den Bürgern wieder mehr in Kontakt zu treten. 2000 der vierseitigen Umfragebögen hat der Ortsverein in Südkamen verteilt. Nahezu jeder fünfte landete ausgefüllt in den eigens im Ort aufgestellten Briefboxen.
Foto: Ralph Sondermann
Druck auf die Stadtverwaltung Die Umfrage hat nicht nur die Probleme der Bürger aufgedeckt, sie half auch bei der Lösung. So zum Beispiel beim Umbau der dunklen Bahnunterführung, die Südkamen mit dem Rest der Stadt verbindet. Für die Anwohner ein Hauptkritikpunkt an dem ansonsten als sehr lebenswert eingestuften Ortsteil. Durch die Umfrageergebnisse konnte der Ortsverein endlich Druck auf die Stadtverwaltung ausüben. Heute ist die Unterführung hell und vor allem barri-
OV-Porträt
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Eine Umfrage ist auch ein Risiko: Wer die Probleme der Bürger nicht löst, bekommt ein politisches Problem. Peter Resler,
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Bildungsbeauftragter im Vorstand des OV Südkamen
erefrei. „Uns war wichtig, dass die Bürger sehen, dass wir ihre Themen ernst nehmen“, sagt Mitinitiatorin und OVVorsitzende Petra Hartig. „Aber“, warnt ihr Vorstandskollege Peter Resler, „eine Umfrage ist auch ein Risiko: Wer die Probleme der Bürger nicht löst, bekommt ein politisches Problem.“ Ein Argument, das die Südkamener Genossen nicht von ihrem Vorhaben abgehalten hat. Im Gegenteil: „Das war eine Zeitinvestition, die sich auf jeden Fall gelohnt hat“, betont Hartig. Trotz des zeitlichen Aufwands sind Umfragen seitdem fest eingeplant. „Wir wollen schließlich Politik mit und nicht gegen den Bürger machen“, sagt Hartig. Eine weitere Maßnahme, um die Bürger für sich zu gewinnen, ist der „Süd.kurier“. Die Lokalzeitung des Ortsvereins informiert seit 2009 vierteljährlich über die Arbeit der Südkamener Genossen. Die Ergebnisse der Kommunalwahl im August 2009 haben gezeigt: Der Einsatz des Ortsvereins hat sich gelohnt. Heidenreich konnte in seinem Wahlkreis den CDU-Gegenkandidaten schlagen, Hartig ihre Spitzenposition in ihrem Kreis weiter ausbauen. Auch auf Stadtebene konnte sich die SPD um drei Punkte auf 52 Prozent verbessern. Zu dem guten Ergebnis hat auch die
Internetseite kamen-waehlt.de beigetragen. Über eine interaktive Stadtkarte wurden auf der neutral wirkenden Seite die SPD-Kandidaten der einzelnen Wahlkreise vorgestellt.
Politik zum Anfassen Die Umfrage selbst hat der Ortsverein ein Jahr vor der Wahl durchgeführt. Sie war insofern nicht Teil des eigentlichen Wahlkampfes. „Im Grunde war das ja eine Marketing-Aktion für die SPD. Um aber trotzdem glaubwürdig zu sein, haben wir die Aktion bewusst aus dem Kommunalwahlkampf herausgehalten“, erläutert Heidenreich. Werbung, da kennt er sich aus. Bis zu seinem Ruhestand 2007 leitete der Sozialdemokrat das Marketing der örtlichen Sparkasse. Dass die SPD bei der Bundestagswahl 2009, nur einen Monat nach der erfolgreichen Kommunalwahl, einen Wählerverlust von mehr als 11 Prozentpunkten hinnehmen musste, kam für die Südkamener nicht überraschend. „Das Ergebnis war zu Recht schlecht. Auf Bundesebene hat die SPD erhebliche Fehler gemacht“, kritisiert Norbert Drüke. Der Ärger über die damalige Große Koalition ist noch heute bei dem Ortsvereinsbeisitzer zu spüren. Petra Hartig dagegen blickt lieber nach vorn. „Wichtig für uns ist jetzt die Landtagswahl“, sagt sie. In den nächsten Wochen werden Hartig und ihre Truppe deshalb verstärkt ihren „roten Bollerwagen“ durch ihren Ortsteil ziehen. Seit 2009 ist der Ortsverein regelmäßig mit dem liebevoll hergerichteten Infostand auf Rädern in Südkamen unterwegs – auch wenn keine Wahlen sind. „Man macht heutzutage viel im Internet, aber die Bürger wollen auch den persönlichen Kontakt“, ist Resler überzeugt. Eine Politik zum Anfassen, hier in Südkamen findet sie noch statt. n
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Ein Mann der leisen Töne
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Peter Feldmann Er wird Frankfurts nächster Oberbürgermeister. Seine Wahl gilt als Sensation. Überzeugt hat er die Wähler durch direkte Gespräche und mit einem sozialpolitischen Programm Von Carl-Friedrich Höck
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ie Geschichte der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt am Main klingt so unglaublich, dass sie auch aus der Feder eines Drehbuchautors stammen könnte. Sie geht so: Nach 17 Amtsjahren beschließt die bisherige CDU-Oberbürgermeisterin Petra Roth, nicht noch einmal anzutreten. Sie schlägt den prominenten hessischen CDU-Innenminister Boris Rhein als Nachfolger vor. Für die SPD tritt der weitgehend unbekannte Peter Feldmann an. Eine Kandidatur, die als aussichtslos gilt, schließlich sind die Sozialdemokraten in der Finanzmetropole nur dritte Kraft hinter CDU und Grünen. Doch Rhein, politischer Ziehsohn von Roland Koch,
Porträt
gelingt es trotz teurer Image-Kampagne nicht, seinen Ruf als konservativer Hardliner loszuwerden. Feldmann nutzt die Chance und absolviert 16 000 Hausbesuche. Als er es in die Stichwahl schafft, gilt schon das als Sensation. Und dann das: 57 Prozent! Für Feldmann!
Er setzt auf soziale Themen An einem Vormittag zweieinhalb Wochen nach der Wahl sitzt Peter Feldmann im Café Mozart, nur wenige Schritte vom Frankfurter Römer entfernt. Hierhin zieht er sich zurück, wenn er in Ruhe die Zeitungen lesen will. Das Café ist im Wiener Stil eingerichtet. „Klassische Kaffeehauskultur, in dieser
Hinsicht bin ich konservativ“, scherzt er. Als konservativ gilt Feldmann nicht. Im Wahlkampf versuchte er gar nicht erst, die politische Mitte zu besetzen, sondern konzentrierte sich ganz auf soziale Themen. „Schon in der Universität wurde mir erzählt, dass es das klassische sozialdemokratische Milieu nicht mehr gibt“, sagt der 53-Jährige. Seine Dozenten hätten die SPD deshalb für altbacken und unmodern gehalten. „Ich habe das nie geglaubt.“ Bei seinen Hausbesuchen sprach Feldmann mit Lehrern, Angestellten und Arbeitern. Die Gespräche haben ihn bestätigt. Wie aktuell sozialpolitische Themen immer noch sind, hat Feldmann aus
Foto: Dirk Bleicker
Vor kurzem war Peter Feldmann der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt. Dann gewann er sensationell die OB-Wahl. Mittlerweile erkennen ihn die Menschen auf der Straße.
Pa r t e i L e b e n !
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eigener Anschauung erfahren. Aufgewachsen ist er in einer Hochhaussiedlung im Frankfurter Stadtteil Bonames. Später leitete er dort lange Jahre ein Jugendzentrum und in Darmstadt ein Altenhilfezentrum. Er lernte Eltern kennen, die es sich nicht leisten konnten, ihr Kind auf eine weiterführende Schule zu schicken, und Senioren, die im Alter nicht nur arm, sondern auch einsam wurden. Aus diesen Erfahrungen formte er seine Forderungen: ein kostenloses Mittagessen und Förderunterricht für alle Schüler, bezahlbare Schülertickets, Treffpunkte für alte Menschen, bezahlbares Wohnen. „Ich bin eins mit meinen Themen“, versichert er. Man nimmt es ihm ab.
Kein Berufspolitiker Ihm glaubt man auch, dass er Politik nie als Karrieresprungbrett betrachtet hat – obwohl er schon mit neun Jahren den Falken beitrat und später Politikwissenschaft studierte. 23 Jahre lang sitzt er nun schon in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, zuletzt als SPDFraktionsvize. Doch das Bürgermeisteramt wird sein erster bezahlter Job in der Politik sein. „Das war für mich immer
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in tolerantes Verhältnis zwischen hetero- und homosexuellen Menschen – das fordert die Arbeitsgemeinschaft „Schwule und Lesben in der SPD“. Bereits seit 1978 sind die Schwusos aktiv, anfangs als Arbeitskreis und seit Dezember 2011 als Arbeitsgemeinschaft in der SPD. 33 Jahre lang haben wir die Organisation als AG gefordert“, erinnert sich Ansgar Dittmar, Bundesvorsitzender der Schwusos. „Dass wir nun von der Partei vollständig anerkannt werden, bedeutet uns sehr viel.“ Immerhin ist die Arbeitsgemeinschaft mit ihren etwa 1000 Mitgliedern eine der größeren. Obwohl sich die gesellschaftliche Stellung von Lesben und Schwulen hierzulande bereits verbessert hat, werden Homosexuelle nach wie vor diskriminiert. „Es gibt in der Gesellschaft noch einiges nachzuholen“, betont Dittmar. Deswegen fordern die Schwusos mehr Toleranz: „Wir kämpfen vor allem für die Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Paaren.“
ein Ausgleich, so wie andere nach der Arbeit in den Garten gehen“, sagt er. Feldmann spricht so leise, dass seine Stimme neben den Hintergrundgeräuschen im Café fast untergeht. Lautes Poltern ist seine Sache nicht, er setzt auf Dialog und Ausgleich. Diese Tugend wird er demnächst öfter brauchen, denn als Oberbürgermeister muss er sich mit der schwarz-grünen Stadtregierung arrangieren. Die hat bereits angekündigt, seine Vorhaben blockieren zu wollen. „Die sind noch im Wahlkampfmodus“, wiegelt Feldmann ab. Sein Plan: Er will sich mit den einzelnen Magistratsmitgliedern zusammensetzen und gemeinsam feste Vereinbarungen treffen. Mittlerweile hat Feldmann seinen Kaffee Latte ausgetrunken und steht für eine Fotoaufnahme vor dem Frankfurter Römer. Der künftige OB kneift seine Augen zusammen, das Sonnenlicht blendet ihn. „Meine kleine Tochter hat mich die halbe Nacht wach gehalten“, entschuldigt er sich. Mit Schlafmangel hat er auch im Wahlkampf Erfahrungen gesammelt, als er bei einer Familie übernachtete, die in der Einflugschneise des Flughafens wohnt. Ab fünf Uhr morgens donnerten
17
Peter Feldmann in seinem Lieblingscafé: „Ich bin eins mit meinen Themen.“
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Mir geht es um ein nachbarschaftliches Verhältnis. Peter Feldmann
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will die Kontrahenten um ein Nachtflugverbot für den Frankfurter Flughafen an einen Tisch bringen.
arbeitsgemeinschaften in der spd
die Flieger über das Haus. „Die sind richtig laut“, stöhnt Feldmann. Der Flughafen sei wichtig für die Wirtschaft, aber acht Stunden Ruhe müsse man den Anwohnern gönnen. „Mir geht es um ein nachbarschaftliches Verhältnis. Ich will die Flughafenbetreiber, Mitarbeiter und Anwohner aus ihren Schützengräben herausziehen und an einen Tisch bringen.“ Ob ihm das gelingt, wird sich ab dem 1. Juli zeigen. Dann tritt Peter Feldmann sein neues Amt an. n
Folge 3
Kämpfer für toleranz Schwusos Schwule und Lesben in der SPD Von Romy Hoffmann SPD die rechtliche Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Paaren. Die Schwusos sind aber nicht nur auf nationaler Ebene aktiv. „Wir wollen die gesellschaftliche Stellung von Lesben und Schwulen auch außerhalb der Republik verbessern“, bekräftigt Dittmar.
Deswegen kämpfen die Schwusos dafür, dass sexuelle Vielfalt als Menschenrecht anerkannt wird. Und dass ein langer Kampf durchaus erfolgreich sein kann, haben die Schwusos ja schon mit der Anerkennung als Arbeitsgemeinschaft bewiesen. n
mitglieder rund 1000 bundesvorstand Ansgar Dittmar (Vorsitzender), Marcel Dörrer, Marc Terence Jones, Svenja Behrens, Sebastian Paulus Romer, Arne Platzbecker, André Rostalski, Ulf Schröder, Georg Teichert, Lars Vorberger, Martina Wilczynski (stellvertretende Vorsitzende)
Fotos: Dirk Bleicker, schwusos
Auch international aktiv In der SPD haben Dittmar und seine Mitstreiter ihre Forderung bereits verwirklicht. So haben es die Schwusos nicht nur geschafft, auf dem Bundesparteitag im Dezember den Beschluss über die volle Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Ehen durchzusetzen. Auch im Adoptionsrecht beschloss die
arbeitsgemeinschaft seit Dezember 2011, Arbeitskreis seit 1978
kontakt spd.de/spd_organisationen/ schwusos
Nach 33 Jahren endlich AG: Der Schwuso-Vorstand mit dem Vorsitzenden Ansgar Dittmar (r.)
18 Meinung
vorwärts 05/2012
Leserfotos
Schluss mit dem Patriarchat
Die energiewende droht zu scheitern 04/2012
Im letzten „vorwärts“ waren viele gute Beiträge zum Netzausbau. Mir fehlt allerdings in der öffentlichen Diskussion das Thema „Speichertechnologien“.
Anna-Katharina Messmer Die Forderung der SPD nach Geschlechtergerechtigkeit darf sich nicht auf die Politik beschränken. Denn auch das Private ist politisch. Hier fehlen glaubwürdige Vorbilder
W
enn wir gleiche Teilhabe für Frauen und Männer verwirklichen wollen, müssen wir alle Lebensbereiche umgestalten: „Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden“. So steht es im „Hamburger Programm“, dem Grundsatzprogramm der SPD. Wenn es den SozialdemokratInnen um die Überwindung patriarchaler und diskriminierender Strukturen geht, dann ist es nicht damit getan, einen negativ belegten Männlichkeitsbegriff zu bemühen. Schöner wäre es zu sagen: Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die partnerschaftliche anstreben. Das Eine zu überwinden und das Andere zu erreichen, ist kein leichter Weg. Politik soll in erster Linie Rahmenbedingungen schaffen, und zugleich ist es nicht immer einfach, zu unterscheiden zwischen den Strukturen, die PolitikerInnen (und nicht abstrakt „die Politik“) schaffen und ihrem persönlichen Handeln. Ob wir es wollen oder nicht, werden PolitikerInnen als BürgerInnen und Privatpersonen sichtbar. Hier entstehen Inkonsistenzen. Zum Beispiel dann, wenn es für ParlamentarierInnen nicht die Möglichkeit gibt, in Elternzeit zu gehen, und sich Abgeordnete genau die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verwehren, die sie für BürgerInnen fordern und ermöglichen. Ein Problem, das auch Sigmar Gabriel kennt, der sich demnächst drei Monate vorwiegend um seine Tochter kümmern möchte. Wenn wir darüber reden, dass das Verhalten eines Menschen ein Amt beschädigen kann, dann müssen wir auch darüber reden, dass Personen in Ämtern Vorbildfunktionen haben. Wenn die SPD Geschlechtergerechtigkeit fordert, gehört mehr dazu als die Forderung nach Familienteilzeit und Kitaplätzen. Dazu gehört auch, selbst neue Männlichkeitsbilder zu leben. Dazu gehört auch, offen über die Wut und Enttäuschungen junger Väter
zu reden, die sich nach wie vor einengenden Rollenzuschreibungen und Handlungszwängen ausgesetzt sehen. Und vor allem gehören dazu (männliche) Vorbilder, die uns zeigen, dass Partnerschaftlichkeit möglich ist und vor allem: dass sie sich lohnt. Gleiche Teilhabe bedeutet nicht nur mehr Frauen in der Wirtschaft, in der Wissenschaft, in der Politik. Sie bedeutet auch: mehr Männer in pflegenden Berufen, in der Familienpolitik und in den Familien. Denn Emanzipation kann nie nur von einer Seite gedacht werden. Dabei begegnet uns ein altbekanntes Problem: Wir verschieben Sichtbarkeit auf einen Bereich, den wir als privat empfinden. Und dabei holt uns das Unbehagen der „Tyrannei der Intimität“ (Richard Sennett) ein. Doch der Verweis auf die rein private Dimension verschleiert, dass das Private eben doch politisch ist. Ein Dilemma, das wir nicht auflösen können. Wir können uns nur innerhalb dieser Widersprüche bewegen und dort unsere Hoffnungen formulieren. Dazu gehört auch, die Konsistenz nach gelebter Gleichstellung in der SPD zu fordern, die sich dieses Thema so sehr auf die Fahne schreibt. Nie ganz ohne Unbehagen. Aber wir müssen sie fordern, wenn wir sie uns wünschen. n
Anna-Katharina Meßmer arbeitete im SPDParteivorstand und als Regieassistentin für den Dokumentarfilm „Sozialdemokraten – 18 Monate unter Genossen“. Derzeit promoviert sie in Soziologie über Körperpolitik.
Mitreden: vorwärts.de/politik/zwischenruf
Leserbriefe
Früh übt sich Da schaut Jannis Schmurr nicht schlecht. „Die spinnen, die Europäer“, mag sich der Dreijährige denken, als er Opas „vorwärts“ in Händen hält. Vater Matthias drückte auf den Auslöser. Und so entstand dieser Schnappschuss vom Lesernachwuchs.
Karin Kaspar, Usedom
In den USA und in Großbritannien wurden bereits in den 1970er Jahren – als Reaktion auf die Ölkrise – Energieministerien eingerichtet. Angesichts der Komplexität der Energiewende ist ein solches Ministerium in Deutschland längst überfällig. Sollten wir Sozialdemokraten nach der nächsten Wahl die Regierung bilden, wäre es sinnvoll, einem solchen Ministerium auch die Zuständigkeiten für den Klimaschutz zu geben.
Die SPD, eine Bank Ob da die Partei-Mitgliedsbeiträge lagern? Das konnte vorwärts-Leserin Sylvia Graf bei ihrem Aufenthalt im chinesischen Shenyang nicht herausfinden. Ein tolles Fotomotiv ist die SPD-Bank aber allemal.
vorwärts.de/blogs Mitreden, mitbloggen Nach dem Relaunch von vorwärts.de steht nun auch endlich der Blogbereich wieder zur Verfügung. Unter vorwärts.de/blogs können Sie Blogbeiträge verfassen, sich an aktuellen Diskussionen beteiligen und auf die Beiträge anderer Blogger antworten. Und so gehts: Wer auf vorwärts.de bloggen möchte, braucht dafür einen eigenen Blog-Zugang. Dafür schicken Sie einfach eine E-Mail an fischer@ vorwaerts.de. Wir richten dann den Zugang ein. Für das Autorenprofil brauchen wir neben der Angabe von Vor- und Nachname noch eine Kurzinfo mit Angaben zur Person sowie ein kleines Autorenbild. vorwärts.de/blogs
Sören Kramer, Bremen
Die SPD setzt sich „scheinbar“ für die Energiewende ein. Das freut mich. Konsequent wäre es, wenn die SPD, der vorwärts-Verlag und alle anderen Gesellschaften und Organisationen der SPD (Wirtschaftsunternehmen, Stiftungen, Landes- und Ortsverbände etc.), selbst Ökostrom beziehen würden oder Reisen der Verantwortlichen (z.B. der Vorstandsmitglieder, Ministerpräsidenten, Landesminister etc.) klimaneutral gestalten würden.
Sascha Krämer, Sonneberg
Ich habe mich nach langem Hin und Her dazu durchgerungen, auch etwas für die Energiewende zu tun und in regenerative Energien zu investieren: Ich wollte die Heizung unseres Einfami lienhauses auf Geothermie umstellen. ... Und jetzt heißt es bei den Behörden: keine Bohrgenehmigung. Und ich wohne in Baden-Württemberg. Falls es noch jemand nicht gemerkt hat: Hier ist Grün-Rot an der Macht.
Siegfried Mangold, per E-Mail
Das Allerletzte 03/2012
Endlich hat auch der „vorwärts“ eingesehen, dass Kohle zu den nachwachsenden Rohstoffen gehört, also sowohl erneuerbar/regenerativ als auch nachhaltig ist. Leider allerdings darf dies „nur“ ein Kabarettist sagen. Ich warte darauf, dass endlich unsere Parteioberen sich genauso klar bekennen.
Dieter Ehlermann, Linkenheim-Hochstetten
Fotos: privAT (2), Sylvia GraF
»Zwischenruf«
Meinung 19
05/2012 vorwärts
Verlags-sonderveröffentlichung Gesundheit
Joachim Gauck: Ohne wenn und Aber für die Freiheit
04/2012
03/2012
Wer glaubt, er könne auf neoliberale Art das Gesundheitssystem „reformieren“, dem empfehle ich den Blick nach den USA. Für die dortigen Bemühungen, die USA aus dem Status eines gesundheitspolitischen Entwicklungslandes herauszuführen, standen die Konzepte unserer (noch) bestehenden Pflichtversicherungen Pate. Mit der FDP wird deutlich, was eine Partei in ihren letzten Atemzügen noch anrichten kann. Arnold Pracht, Wernau
In der Vergangenheit hat Joachim Gauck immer betont, dass ihm Freiheit wichtiger sei als soziale Gleichheit und Gerechtigkeit. Im Beitrag des „vorwärts“ vor der Wahl wird in vorauseilender Unterwürfigkeit erklärt, warum die Grundwerte der SPD Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität nicht gleichwertig sind, sondern eine Rangfolge darstellen. In seiner Antrittsrede nach der Wahl hat Gauck nun die Gerechtigkeit vor der Freiheit genannt und die wechselseitige Notwendigkeit beider Werte hervorgehoben. War es nur Taktik? Man sollte ihn zukünftig dafür beim Wort nehmen!
OB-Wahl in Frankfurt
Foto: J.H. Darchinger / Friedrich-Ebert-Stiftung
04/2012
Nachruf Claus Lutterbeck über Gerhard Gründler, die SPD und den Journalismus
Wolfgang Tautz, Güstrow
Peter Feldmann hat mit seiner authentischen, offenen Wesensart die Herzen der Frankfurter gewonnen. Dennoch darf ein solcher personalpolitischer Erfolg die hessische SPD nicht dazu verleiten, die nächste Landtagswahl schon jetzt mit Vorschusslorbeeren zu schmücken. Es wird nämlich darauf ankommen, Soziale Marktwirtschaft richtig, also zeitaktuell, auszubuchstabieren. Die SPD braucht insbesondere für die Gesamtpartei eine neue Persönlichkeit vom Format des Karl Schiller.
Ich lese und verfolge den „vorwärts“ intensiv und freue mich, dass Sie immer wieder auch Beiträge zur internationalen Politik der SPD bringen, so auch in der letzten Ausgabe wieder einmal zu Egon Bahr, aus Anlass seines 90. Geburtstages.
Sigurd Schmidt, Bad Homburg
der freundliche Herr mit dem hund
Egon Bahr: zum 90. Geburtstag 03/2012
Bonn, 28. April 1976: SPD-Chef Willy Brandt verabschiedet Gerhard Gründler.
Cay Gabbe, Bonn
Die Redaktion des vorwärts und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands trauern um
Gerhard E. Gründler 21. März 1930 in Sachsenberg bei Schwerin 24. März 2012 in Hamburg Gerhard E. Gründler war von 1971 bis 1976 Chefredakteur des vorwärts, nach Stationen bei der Kieler Volkszeitung, der Welt und dem Stern. Er bewies als Autor, dass guter Journalismus parteilich sein kann, ja oft sein muss. Damit war er für viele ein Vorbild. Sozialdemokrat wurde er 1957. Guter Journalismus, wie Gerhard E. Gründler ihn verstand, beruht auf Neugier, Freiheit, Wahrhaftigkeit und Gründlichkeit. Mit seinen Leitartikeln stieß er manche Debatte an. In Konflikten stand er stets vor seiner Redaktion. Er belegte durch Taten und Worte, dass Sozialdemokratie und Journalismus dieselben Wurzeln haben: die Prinzipien der Aufklärung. Wir ehren sein Andenken und werden es weiterhin tun. Sigmar Gabriel Andrea Nahles Vorsitzender der SPD Herausgeberin des vorwärts Uwe Knüpfer vorwärts-Chefredakteur
E
s war einmal ein Chefredakteur, der wollte seine Partei mit einem munteren Blatt aufwecken. Als der Journalist Willy Brandt 1950 den Berliner „Sozialdemokrat“ übernahm, wollte er das todlangweilige Blatt interessant machen. Die Baracke verfolgte das Experiment argwöhnisch, die Freiheiten, die sich dieser Brandt in Berlin rausnahm, waren ihr bald zuviel. Nach anderthalb Jahren war Schluss. Die Aufgabe, mit der SPD ein Blatt zu machen, sei „nicht zu lösen“, klagte Willy damals.
Frischer Wind in Bonn Als Gerhard Gründler im August 1971 die „Vorwärts“-Chefredaktion übernahm, war auch er voller Hoffnung. Denn durch Bonn wehte damals frischer Wind, als Kanzler regierte der Journalist Willy Brandt, und Herausgeber Herbert Wehner gab als Beruf ebenfalls „Journalist“ an. Und beide waren der Meinung, ein „Vorwärts“, der nicht mehr am Gängelband des Vorstandes geführt würde, stünde einer Partei gut zu Gesicht. Gründler, der vom Stern kam, machte sich keine Illusionen. Der hundert Jahre alte Vorwärts war politisch bedeutungslos. Das wollte er ändern: „Warum soll ich Hofberichte abdrucken, die dem Ansehen des Blattes schaden, ohne das Ansehen der Partei zu vermehren?“ Das Wohlwollen der Parteispitze reichte allerdings nur
bis zu dem Tag, an dem die erste kritische Zeile über sie im Vorwärts stand. Brandt war schon 1973 so beleidigt, dass er nicht mehr mit uns redete. Im gleichen Jahr seilte sich Wehner als Herausgeber ab, einmal beschwerte sich sein Büro, man habe ein Foto von ihm zu klein abgedruckt. Gründler war für Wehner nur noch der „Herr mit dem Hund“, eine Anspielung auf seinen Cocker-Spaniel „Percy.“ Klaus Schütz stichelte, er kenne niemand, der Vorwärts lese. Ein Blatt, das so lebendig war wie die Partei selbst, war nicht erwünscht. Parteien wollen eben lieber eine Prawda. Wer zahlt, bestimmt die Musik, beschied uns Heinz Kühn damals fröhlich. Wer, wie ich, diese spannenden Jahre miterlebt hat, wer dabei war, wie der „Herr mit Hund“ jede Woche versucht hat, „das Wort Partei etwas kleiner und das Wort Zeitung etwas größer zu schreiben“, wird den Gentleman mit den guten Manieren, der geschliffenen Feder, dem vorpommerschen Dickschädel und der Lust auf ein gutes Glas Rotwein nie vergessen. So aufrechte Journalisten wie ihn gibt es nur ganz selten. Gerd Gründler starb am 24. März in Hamburg kurz nach seinem 81. Geburtstag. n Claus Lutterbeck war von 1971 bis 1976 Reporter beim „Vorwärts“, seither Auslandskorrespondent des Stern, derzeit in Paris.
20 Wirtschaft
In zukunft zu FuSS mobilität Car-Sharing, Bike-Sharing und ganz viel Laufen: So bewegen wir uns 2050 durch die Städte, glaubt Verkehrs forscher Wolfgang Schade Interview: Yvonne Holl
Städtisches Idyll: Im Freiburger Stadtteil Vauban ist es schon Realität. Im Rest der Republik noch nur Vision.
Herr Schade, brauchen Städter im Jahr 2050 noch ein eigenes Auto? Nein. In unserer Vision VIVER schätzen wir, dass bundesweit auf 1000 Personen nur noch 250 Autos kommen werden. In den Städten könnte dann der Anteil privater PKW nahezu bei Null liegen. Wie kommen die Menschen dann zur Arbeit oder in die Schule? Mit einem Mobilitätsmix aus Car- und Bike-Sharing, ÖPNV und zu Fuß gehen. Wir werden 2050 mehr laufen? Es wird jedenfalls viel bequemer sein, weil die Städte grüner sind, fußgängerund fahrradfreundlicher. Es gibt weniger motorisierten Verkehr, so dass es angenehmer wird, sich zu bewegen. Was ist mit weiteren Stecken? Der ÖPNV wird mit S- und U-Bahn das Rückgrat sein. Außerdem wird es sicher flexible Car-Sharing-Modelle geben, stationsgebunden oder freefloating. Letzteres heißt, dass das Fahrzeug beliebig abgestellt werden kann. Wie kann so ein Mix funktionieren? Wir gehen davon aus, dass es im Jahr 2050 Mobilitätsdienstleister gibt, die eine ganze Wegekette mit verschiedenen Verkehrsmitteln organisieren. Per Smart-
forschung
VIVER (Leben) – Vision für nachhaltigen Verkehr in Deutschland ist ein Eigenforschungsprojekt des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe. Untersucht wurde, wie nachhaltige Mobilität im Jahr 2050 in Deutschland aussehen könnte. Dr. Wolfgang Schade ist Leiter des Geschäftsfeldes Verkehrssysteme am Fraunhofer ISI und Projektleiter von VIVER.
phone buche ich und erfahre, wo ich umsteige. Und am Monatsende bekomme ich von meinem Vertragspartner eine Gesamtrechnung für meine Mobilität. Klingt nach einem Konzept für junge Städter. Wie kommen die Alten voran? Natürlich fangen die Jungen an, aber wir gehen davon aus, dass sich die Systeme durchsetzen werden. In 2030 sind die heute 35-jährigen Nutzer dann 55, und wir gehen davon aus, dass sie ihr Mobilitätsverhalten beibehalten. Was ist mit dem Güterverkehr? Wie gelangen Brötchen zum Bäcker und die Waren vom Hafen in die Fabriken? Das ist etwas schwieriger. Aber wir gehen in VIVER davon aus, dass die Organisation insgesamt besser wird, so dass künftig auch aus Ressourcensicht immer das optimale Verkehrsmittel genutzt wird. Wegen steigender Ölpreise werden auch die Unternehmen daran ein Interesse haben. Im Feinverteilverkehr in den Städten wird der elektrische Antrieb für Lieferwagen eine große Rolle spielen. Der erzeugt keine lokalen Emissionen und verursacht keinen Lärm, auch das verbessert die Lebensqualität in der Stadt.
Bekommen unsere Städte ein neues Gesicht? Wenn die Zahl der privaten PKW zurückgeht, könnten 70 bis 80 Prozent der Parkflächen frei werden. Da gäbe es Platz für Fahrrad- und Fußwege, aber auch für mehr städtisches Grün, Spielplätze und zentral gelegenen Wohnraum. Ist das auch eine Perspektive für Otto-Normal-Verbraucher oder nur für Gutverdiener? Es gibt unsere Empfehlung an die Politik, auf eine Durchmischung zu achten und etwa den sozialen Wohnungsbau aufzustocken, damit vernünftige Wohnungen mit normalen Mieten auch in den Städten möglich sind. Ruhige Städte mit sauberer Luft, viel Grün, viel Lebensraum: Ist VIVER reine Gedankenspielerei? Wir sehen das durchaus als realisierbar. Zwar haben wir ein paar Rahmenbedingungen vorausgesetzt, etwa, dass die Schere zwischen Armen und Reichen nicht weiter auseinander geht, dass die Altersarmut nicht überhand nimmt. Dann wäre Mobilität für viele gar nicht bezahlbar. Aber wenn die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sich nicht drastisch verändern, sehen wir das Potenzial für nachhaltige Mobilität. Wir sehen es gerade im Sharing-Bereich, da ist schon jetzt viel Musik drin. Autokonzerne, die Bahn, viele setzen jetzt darauf. Am Ende wird es auch ums Geld gehen. Was würde es kosten, Ihre Vision umzusetzen? Das ist eine schwierige Frage, die wir noch nicht beantworten konnten. Es ist aber klar, dass auch der Umbau von Parkflächen in Radwege Geld kosten wird. In einem anderen Projekt hatten wir für den nachhaltigen Ausbau von Fuß- und Radwegen in ganz Deutschland bis zum Jahr 2020 rund zehn Milliarden Euro veranschlagt. E-Mobilität, Gas- und Hybridmotoren führen ein Nischendasein. Welchen Antrieb sehen Sie im Jahr 2050 flächendeckend? Bei alternativen Antrieben stehen wir sicher erst am Anfang. Die größeren Anbieter kommen gerade mit den ersten Modellen auf den Markt. Mit steigendem Angebot wird es auch deutlich mehr E-Autos auf den Straßen geben. Der Ölpreis wird künftig steigen, das wird alternativen Antrieben Vorschub leisten. Funktioniert nachhaltiger Verkehr auch auf dem Land? Viele Orte sind von verlässlichem öffentlichem Verkehr quasi abgeschnitten. Das ist ein Knackpunkt. Schon in kleineren Städten ist ein Mobilitätsmix schwerer umsetzbar. Und im ländlichen Raum sehen wir die Veränderung fast gar nicht. Dort wird das eigene Auto noch lange Hauptverkehrsmittel sein.
Foto: Degas/Madame Figaro/laif
vorwärts 05/2012
Wirtschaft 21
05/2012 vorwärts
meine Arbeit
Herr der Schlüssel »Es ist toll zu erleben,
wenn Schüler sich engagieren und in strahlende Gesichter zu sehen.
«
Schulhausmeister Uwe Naecker 57 Jahre, lebt in Bremen Ausbildung
3 Jahre zum Fernmeldehandwerker
Status
Angestellter bei Immobilien Bremen
Gehalt
2290 Euro brutto, Tarifvertag f.d. Öffentlichen Dienst
Arbeitszeit
56,5 Stunden inklusive Bereitschaftsdienste
esse dort und bin um 14 Uhr wieder in der Schule. Um 15 Uhr kommen die Reinigungskräfte. Dann gebe ich die Putzmittel aus und gucke, was es noch zu reparieren gibt: Weil die Schüler nicht mehr da sind, kann ich dann auch in
die Klassenräume. Wenn kein Elternabend ist und keine sonstige Veranstaltung, schließe ich um 20.45 Uhr die Schule ab. Weil Schulhausmeister viel mit Technik und Reparaturen zu tun haben, brauchen sie eine ab-
Aufgezeichnet von Susanne Dohrn vorwärts.de/wirtschaft/meine_arbeit ANZEIGEN
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Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, Stresemannstraße 30, 10963 Berlin Tel.: 030/255 94-166 ■ Fax: 030/255 94-190 ■ E-Mail: anzeigen@vorwaerts.de Geben Sie bitte immer Rubrik, Erscheinungsmonat sowie Ihre Bankverbindung an. Preis: Pro Wort berechnen wir 3,50 Euro inkl. MwSt., für gewerbliche Anzeigen 4,00 Euro zzgl. MwSt.; Anzeigenschluss ist jeweils der 10. Tag des Monats.
„ich werde ihnen immer sagen, was ich denke. ob es ihnen gefällt oder nicht.“ Egon Bahr
Foto: dirk bleicker
Foto: KAY MICHALAK/FOTOETAGE
I
ch wohne in einem Reihenhaus direkt gegenüber meinem Arbeits platz, der Gesamtschule Bremen Ost. Ich habe zwei Kollegen, die mir helfen. Unsere Arbeit dreht sich um alles, was mit dem Schulgebäude zu tun hat, mit dem Gelände und den Menschen. Unser Arbeitstag beginnt um 6.30 Uhr mit dem Aufschließen der Schule. Das machen meine Kollegen. Ich komme um 7.45 Uhr und erledige alle Arbeiten, die anfallen: Handwerker bestellen, Kreide verteilen, Schlüssel ausgeben. Was wir reparieren können, reparieren wir selbst: Schlösser, Toilettenspülungen, Stühle, Tische, Tafeln, aber keine Elektrik. Das dürfen wir nicht. Dafür holen wir Fachleute. Im Herbst entfernen wir das Laub vom Gelände, im Winter räumen wir Schnee. Um 12 Uhr gehe ich nach Hause,
geschlossene handwerkliche Ausbildung und Berufserfahrung. Ich selbst bin gelernter Fernmeldehandwerker, habe bei der Telekom gearbeitet und war auch eine Weile selbstständig. Aber das hat nicht geklappt. Ein Freund hat mir gesagt, wo ich mich als Schulhausmeister bewerben kann. Weil das Geld knapp war, habe ich ein Bettlaken über einen Schrank gehängt und selbst das Bewerbungsfoto gemacht. Das Bild war schrecklich, aber auf diese Weise ist der Schulleiter auf mich aufmerksam geworden. Außerdem gefiel ihm, dass ich Theater spiele. Er hat sich gesagt: Dann schaut Herr Naecker abends nicht so genau auf die Uhr, wenn noch Proben sind. Die Schule kooperiert mit der Bremer Kammerphilharmonie. Die Musiker proben in der Schule, geben Konzerte und veranstalten mit den Schülern Aufführungen. Da machen bis zu 300 Schüler mit. Der ganze Stadtteil ist dann auf den Beinen. Es ist toll zu erleben, wie die Schüler sich engagieren, wie viel Spaß sie haben, in die strahlenden Gesichter zu sehen! Eine kleine Rolle durfte ich sogar auch schon mal übernehmen. n
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SGK-Regionalbeilagen: Infos der SGK-Landesverbände
23.04.12 11:30
22 Kultur
Gerade in schwierigen Zeiten wird Kultur ein immer wichtigerer Teil unserer Gesellschaft, sagt Steven Sloane. Der US-Amerikaner hat die Bochumer Symphoniker berühmt gemacht. Öffentliche Kulturförderung hält er für unersetzlich.
Symphonie in der Kneipe Kulturförderung Steven Sloane, Generalmusikdirektor der Bochumer Symphoniker, erklärt, wie »Kultur für alle« Wirklichkeit werden kann Interview: Birgit Güll Wenn Sie einen Wunsch an deutsche Kulturpolitiker frei hätten: Welcher wäre das? Das ist eine einfache Antwort: weiter und mehr unterstützen. Gerade in diesen schwierigen Zeiten – finanziell, politisch und was unsere Umwelt betrifft – wird Kultur ein immer wichtigerer Teil der Gesellschaft. Deshalb kann man nur dafür plädieren, mehr zu fördern. Als Generalmusikdirektor der Bochumer Symphoniker kämpfen Sie seit mehr als zehn Jahren für eine eigene Spielstätte. 2010 hat die rot-grüne Landesregierung zugestimmt. Warum hat das so lange gedauert? In Dortmund und in Essen gibt es Konzerthäuser. Viele haben nicht verstan-
den, warum es ein drittes Haus braucht. Doch die Orchester dort sind Opernorchester, die nur gelegentlich auch Konzerte spielen. Wir in Bochum sind ein reines Symphonieorchester. Wir proben unter grauenvollen akustischen Bedingungen und können unsere Konzerte nicht professionell anbieten. Diese Argumente haben für den Neubau einer Spielstätte aber nicht ausgereicht. Lange Zeit ging es nur um einen Konzertsaal für die Arbeit unseres Orchesters. Getrennt davon gab es das Projekt Marienkirche, bei dem ein Kammermusiksaal eingeplant war. Mit der Finanzkrise kamen wir auf die Idee, die Projekte zu einem, nämlich dem Musik-
Ja, ich kaufe
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Exemplare der Skulptur Nashorn »Joan Miró« à 310,00 Euro
Zeitgenössische kunst exklusiv für vorwärts-Leser
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Nie warten, bis die Leute zu uns kommen – wir gehen zu ihnen.
«
Steven Sloane,
Generalmusikdirektor der Bochumer Symphoniker
Den Titel „100 Meisterwerke“ der gleichnamigen Fernsehserie entlehnte der Düsseldorfer Bildhauer Peter Nagel für seine Nashornköpfe. Wie Jagdtrophäen sind sie auf eine Holzplatte montiert. „Eine kleine Kunstgeschichte“ nennt Nagel diese A rbeiten. Sie zeigen, was den Wiedererkennungswert des jeweiligen Werkes ausmacht. Sie ironisieren den zeitgenössischen Kunstmarkt, auf dem Kunstwerke nach bekannten Namen gekauft und als Prestigeobjekte und Kapitalanlage mit hohen Renditeerwartungen gehandelt werden. n
zentrum zusammenzufassen. Auf diese Weise können wir uns auch noch mehr auf die Arbeit mit jungen Leuten und auf Bildung konzentrieren. Das ist genau das, was unsere Region braucht. 2010 löste Rot-Grün die schwarz-gelbe Landesregierung ab. Hatte der Wechsel Auswirkungen auf das Projekt? Mehr als 25 000 private Spender haben unser Projekt mit 14,3 Millionen Euro unterstützt. Dies ist eine beeindruckende Zahl, und das fand sicher auch die neue Regierung. Allen war auch bewusst, dass die Spender nicht mit unendlicher Geduld auf die Realisierung „ihres“ Projektes warten würden. Ich schätze Hannelore Kraft und ihr Team sehr dafür, dass sie sich inhaltlich mit dem Thema auseinandergesetzt und einen Weg gefunden haben, uns in unserem Vorhaben zu unterstützen. „Kultur für alle“ ist ein Kernziel der Sozialdemokratie. Die Autoren des gerade viel diskutierten Buches „Der Kulturinfarkt“ halten es für gescheitert. Ist „Kultur für alle“ utopisch? Nein. Aber es muss ernst gemeint sein. Man braucht sehr viele Ideen, Ressourcen und gezielte Programme, die die Leute wirklich erreichen. Ein gutes Beispiel ist das Projekt „Jedem Kind ein Instrument“ in NRW. Wenn es nur darum ginge, dass jedes Kind mal ein Instrument in der Hand hält, wäre das uninteressant. Wichtig ist, dass das Individuum die Möglichkeit hat, Kultur wirklich zu erfahren und daran zu wachsen. Wie lockt man neue Zuschauer an? Unser Rezept ist: Nie warten, bis Leute zu uns kommen – wir gehen zu ihnen. Die Bochumer Symphoniker spielen überall – im Kneipenviertel, in Schulen, in Altersheimen, sogar im Gefängnis. Deshalb ist unser Orchester so beliebt, deshalb engagieren sich viele junge Leute. n Zur aktuellen Debatte über die öffentliche Kulturförderung: vorwärts.de/kultur
Skulptur Nashorn »Joan Miró«
Skulptur Nashorn »Keith Haring«
Fotos: Christoph Fein, Peter nagel
vorwärts 05/2012
Kultur 23
05/2012 vorwärts
Mitre
vor wä
Ringen um das Menschenbild
schrecklich und wunderbar
Auf was für einem Menschenbild fußt die Sozialdemokratie? Und welche emanzipatorische Politik für die Zukunft leitet sich daraus ab? Diesen Fragen widmen sich die Autoren des Sammelbandes „Sozialdemokratie und Menschenbild“. Sie zeichnen die historische Entwicklung nach und zeigen die Herausforderungen für die Sozialdemokratie auf. Ein Schwerpunkt liegt darauf, wie rassistische, antisemitische und eugenische Diskurse und Erfahrungen verarbeitet und überwunden werden konnten und können. Das Buch zeigt auf, dass das Ringen um ein sozialdemokratisches Menschenbild fortdauert. Aktuell geht es um eine Rückbesinnung auf sozialdemokratische Werte in Zeiten eines neoliberalen Menschenbildes. Nach 150 Jahren gibt es nur eine zentrale Gewissheit, für eine Politik der Zukunft: Die Wahrung der Würde des Einzelnen, seine Freiheit und eine gerechte Gesellschaft sind nicht nur möglich, sie bedingen einander. n BG
Die Geschichte ist so berühmt wie berührend: Versteckt in einem Koffer wird ein dreijähriger Junge im Frühjahr 1945 ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Wird er entdeckt, bedeutet das den Tod für ihn und seine Beschützer. Bruno Apitz‘ „Nackt unter Wölfen“ basiert auf einer wahren Begebenheit, der Autor hat sie zum Roman entwickelt. Als das Buch 1958 in der DDR erscheint, wird es zum tausendfach gelesenen Bestseller. Die Geschichte von der kommunistischen Untergrundbewegung, die das Kind im Lager schützt, gehört bald zum Kanon der DDR Schullektüre. 1961 erscheint der Roman in Westdeutschland, er wird in 30 Sprachen übersetzt. Nun hat der Aufbau Verlag eine erweiterte Neuausgabe von Apitz‘ wunderbarem Roman aufgelegt. Sie basiert auf der Originalfassung des Autors und zeigt, dass der sein Buch über den antifaschistischen Widerstand im Lager konfliktreicher angelegt hatte, als die DDR-Führung es lesen wollte. n BG
Richard Saage/Helga Grebing/Klaus Faber (Hg.) Sozialdemokratie und Menschenbild Historische Dimension und aktuelle Bedeutung Schüren Verlag, Marburg 2012 195 Seiten, 19,90 Euro ISBN 978-3-89472-234-5
Bruno Apitz Nackt unter Wölfen Erweiterte Neuausgabe Aufbau Verlag, Berlin 2012 586 Seiten, 22,99 Euro ISBN 978-3-351-03390-3
Die Eine Welt Gestalten Die deutsche Entwicklungspolitik wird 50 Jahre alt Von Cordula Drautz
Fotos: dirk bleicker
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eit der Gründung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Jahr 1961 haben sechs sozialdemokratische Entwicklungsminister die deutsche Entwicklungspolitik geprägt. Unterbrochen von Porträts über diese Persönlichkeiten beleuchtet das Buch von Heidemarie Wieczorek-Zeul und Hannah Wettig die Etappen, in denen sich der Gedanke einer globalen Strukturpolitik im Gegensatz zur kurzfristigen Interessendurchsetzung entfaltete.
Als erster Sozialdemokrat wurde HansJürgen Wischnewski 1966 Entwicklungsminister. Er musste die Deutschen überzeugen, dass Entwicklungspolitik trotz hoher Arbeitslosigkeit im eigenen Land „eine praktische Notwendigkeit“ war. Unter Erhard Eppler trat die „ Grundbedürfnisstrategie“ in den Vordergrund: Hilfe zur Selbsthilfe statt der „Entwicklung durch Wachstum“. Egon Bahr sah Entwicklungspolitik als Bestandteil weltweiter Friedenspolitik. Marie Schlei und Rainer Offergeld erreichten in ihren Amtszeiten zwei
wesentliche Dinge: Die Steigerung des Ressort-Etats und die Fokussierung auf Frauen bei der Armutsbekämpfung. Entwicklungspolitik war lange von den nationalen Interessen der Geberländer geleitet. Sozialdemokraten dagegen orientierten sich am „Wohl der betroffenen Menschen“. Heute stellt die schwarz-gelbe Bundesregierung wirtschaftlichen Nutzen, die Beflügelung des Exports, in den Vordergrund der Entwicklungszusammenarbeit. Heidemarie Wieczorek-Zeul legt mit Hannah Wettig ein lehr- und inhaltsreiches Buch vor. Es zeigt, dass Entwicklungspolitik immer ein Stück visionärer ist als andere Politikfelder. „Eine Welt, die faire Verteilung der Güter und Chancen ebenso gewährleistet wie die Verwirklichung der Menschenrechte, ist kein unerreichbares Luftschloss“, schreibt Wieczorek-Zeul. Ein halbes Jahrhundert Friedenspolitik geprägt von sozialdemokratischen Werten und starken Persönlichkeiten. Man wünscht Wieczorek-Zeul und der Welt, dass es keines zweiten Bandes bedarf. n Heidemarie Wieczorek-Zeul/Hannah Wettig Wege ZUr einen Welt Etappen sozialdemokratischer Entwicklungspolitik vorwärts|buch, Berlin 2012, 124 Seiten, 10 Euro ISBN 978-3-86602-937-8
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vorwärts.de Rezensionen
Die Favoriten mit den meisten »Klicks« Christa Wolf Rede, daSS ich dich sehe. Essays, Reden, Gespräche Suhrkamp Verlag, Berlin 2012, 207 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 978-3-518-42313-4 Irmtrud Wojak Fritz Bauer 1903– 1968. Eine Biographie C.H. Beck, München 2011, 638 Seiten, 34 Euro, ISBN 978-3 406 623929 Gerbrand Bakker Der Umweg Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke. Suhrkamp Verlag, Berlin 2012, 229 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 978-3-518-42288-5 Rolf Hosfeld Tucholsky. Ein deutsches Leben Siedler Verlag, München 2012, 320 Seiten, 21,99 Euro, ISBN 978-3-88680-974-5 Georges-Arthur Goldschmidt Ein Wiederkommen S. Fischer, Frankfurt am Main 2011, 191 Seiten, 18,99 Euro, ISBN 978-3-10-027825-8 Reymer Klüver/ Christian Wernicke Amerikas letzte Chance Berlin Verlag, 2012, 351 Seiten, 20,50 Euro, ISBN 978-3-8270-1059-9 John Boyne Das späte Geständnis des Tristan Sadler Übersetzt von Werner Löcher-Lawrence, Arche Verlag, Zürich/Hamburg, 333 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 978-3-7160-2664-9
24 Historie
vorwärts 05/2012
Fotos: ddp images/AP Photo/J, interfoto/tv-yesterday, dpa Picture-Alliance/ Georg Brock
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ie Geschichte der Gesamtdeutschen Volkspartei (GVP) ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Sie existierte nur fünf Jahre und war in dieser Zeit vor allem eines: erfolglos. Und doch haben ihre Mitglieder die politische Landschaft in der Bundesrepublik nachhaltig geprägt. Das Erbe der GVP lebt in der SPD fort. Die Geschichte der Partei beginnt im Sommer 1950, als es zwischen dem christdemokratischen Bundesinnenminister Gustav Heinemann und Kanzler Konrad Adenauer zum Bruch kommt. Adenauer will die Bundesrepublik in die NATO integrieren und strebt den Aufbau einer Armee an. Für Heinemann inakzeptabel: Er träumt von einem wiedervereinten und friedlichen Deutschland, das sich aus dem OstWest-Konflikt heraushält. Ein Beitritt zum westlichen Militärbündnis würde diese Hoffnung zunichte machen, fürchtet Heinemann. Er tritt als Minister zurück und gründet ein Jahr später mit Gleichgesinnten die „Notgemeinschaft für den Frieden Europas“. 1952 geht daraus die Gesamtdeutsche Volkspartei hervor. Die Partei will ein Sammelbündnis für alle Gegner der Adenauerschen Westbindung sein. Doch tatsächlich versammelt sie zunächst nur ein paar hundert Anhänger, zum größten Teil protestantische Akademiker. Da hilft es auch nichts, dass Heinemann eine prominente Mitstreiterin zur Seite steht: die ehemalige Vorsitzende der katholischen Zentrumspartei Helene Wessel.
Die Christdemokraten profitieren von der Stimmung nach dem niedergeschlagenen Volksaufstand vom 17. Juni in der DDR. Dass die Sowjetunion ein wiedervereintes und nichtkommunistisches Deutschland akzeptieren würde, will seitdem kaum noch jemand glauben. Das Debakel ist aber auch die Folge eines verhängnisvollen Wahlbündnisses, das die GVP mit dem „Bund der Deutschen“ geschmiedet hat. Letzterer will ebenfalls ein neutrales Deutschland, steht aber unter dem Verdacht, enge Verbindungen zur SED zu unterhalten – nicht zu Unrecht, wie sich später herausstellen soll. Adenauers Wahlkämpfer nutzen diese Konstellation geschickt, um Heinemanns Anhänger als Wegbereiter des Kommunismus zu verunglimpfen.
Schnelle Karrieren in der SPD Gustav Heinemann, hier 1949, wechselte von der CDU über die GVP zur SPD.
Neue Sozis Vor 55 Jahren: Die Gesamtdeutsche Volkspartei um Gustav Heinemann löst sich auf. Viele Mitglieder wechseln zur SPD Von Carl-Friedrich Höck
Die Wahl 1953 wird zum Schock Dennoch wähnen viele GVP-Mitglieder anfangs eine Mehrheit der Deutschen hinter sich. Die Bundestagswahl am 6. September 1953 holt sie auf den Boden der Tatsachen zurück. Der Urnengang ist zugleich eine Abstimmung über die Westbindung und die Deutschlandpolitik Adenauers. Dabei erlebt die GVP ein Desaster: Sie kommt auf gerade einmal 1,2 Prozent der Wählerstimmen. Adenauers CDU dagegen erringt die absolute Mehrheit der Bundestagsmandate.
Nein zu Adenauers Wiederbewaffnung: Handzettel der GVP zur Bundestagswahl 1953. (o.) Dafür kämpft auch Helene Wessel, hier 1953 am Rednerpult des Bundestags. Die frühere Vorsitzende des katholischen Zentrums wird nach der Auflösung der GVP Sozialdemokratin.
In den folgenden Jahren tritt die GVP zu Landtagswahlen gar nicht erst an – außer in Baden-Württemberg, wo sie 1956 mit 1,5 Prozent erneut krachend scheitert. Im Mai 1957 zieht die Partei die Konsequenz aus den Niederlagen und löst sich auf. Gleichzeitig beschließen die Delegierten des letzten Parteitags, allen Mitgliedern den Eintritt in die SPD nahezulegen, die Adenauers Rüstungspolitik und der Westintegration ebenfalls ablehnend gegenübersteht. Viele Mitglieder folgen dem Aufruf – und besetzen schnell wichtige Posten bei den Sozialdemokraten. Einige von ihnen prägen in den folgenden Jahrzehnten die SPD. Erhard Eppler zum Beispiel, der schon 1956 die Partei gewechselt hat. Gustav Heinemann wird 1969 zum ersten sozialdemokratischen Bundespräsidenten gewählt. Ihm folgt später Johannes Rau ins Amt, der ebenfalls aus der GVP heraus zu den Sozialdemokraten gestoßen war. Die Übertritte der überwiegend protestantischen und akademisch gebildeten GVP-Anhänger zur SPD wirken sich aber auch auf die CDU aus. Denn sie muss nun endgültig ihren Anspruch aufgeben, alleinige Vertreterin des christlichen Bürgertums zu sein. n
vorwärts-Impressum Die Sozialdemokratische Zeitung gegründet 1876 von W. Hasenclever und W. Liebknecht Herausgeberin: Andrea Nahles Redaktionsadresse: Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 610322, 10925 Berlin; Tel. 030/25594-320, Fax 030/25594-390, E-Mail: redaktion@vorwaerts.de Chefredakteur: Uwe Knüpfer (V.i.S.d.P.) Redaktion: Lars Haferkamp (Textchef); Dagmar Günther (CvD); Hendrik Rauch (Bildred.); Kai Doering (Redaktion), Yvonne Holl (App); Vera Rosigkeit (Online); Dr. Susanne Dohrn, Birgit Güll und Werner Loewe (redaktionelle Mitarbeit); Carl-Friedrich Höck und Marisa Strobel (Volontäre) Fotografie: Dirk Bleicker Layout: Jana Schulze Korrespondenten: Jörg Hafkemeyer (Berlin), Renate Faerber-Husemann (Bonn), Lutz Hermann (Paris) Geschäftsführung: Guido Schmitz Anzeigen: Nicole Stelzner (Leitung strategische Unternehmensentwicklung und Verkauf); Nele Herrmann Valente, Manfred Köhn, Simone Roch, Carlo Schöll, Franck Wichmann und Ralph Zachrau (Verkauf) Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 35 vom 1.1.2012 Verlags-Sonderseiten: verantw. Guido Schmitz Vertrieb: Stefanie Martin, Tel. 030/25594-130, Fax 030/25594-199 Herstellung: metagate Berlin GmbH Druck: Frankenpost Verlag GmbH, Poststraße 9/11, 95028 Hof Abonnement: IPS Datenservice GmbH, Postfach 1331, 53335 Meckenheim; Tel. 02225/7085-366, Fax -399; bei Bestellung Inland: Jahresabopreis 22,– Euro; für Schüler/Studenten 18,– Euro; alle Preise inkl. Versandkosten und 7 Prozent MwSt.; Ausland: Jahresabopreis 22,– Euro zzgl. Versandkosten. Das Abo verlängert sich um ein Jahr, wenn nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. Für SPD-Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten (bei Änderungen bitte an den SPD-UB wenden). Bankverbindung: SEB Berlin, BLZ 100 101 11, Konto-Nummer 174 813 69 00 Bei Nichterscheinen der Zeitung oder Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages im Falle höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Leistung, Schadensersatz oder Minderung des Bezugspreises. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Zeichnungen wird keine Haftung übernommen.
Rätsel 25
05/2012 vorwärts
kreuzworträtsel Die Fragen und das Kreuzworträtsel darunter ergeben die Lösung. Nach... dem allmählichen Niedergang der ersten abendländischen Großmacht kam ein germanisches Geschlecht an die Macht, das später nach seinem berühmtesten König und Kaiser genannt wurde und einen übernationalen europäischen Staatsgedanken prägte, der bis heute nachwirkt. Wie hieß die fränkische Dynastie? 1
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Die Thermalstadt... im Westen Nordrhein-Westfalens leitet ihren Namen von einer römischen Gottheit ab, was man der italienischen und spanischen Bezeichnung noch anhört. Der gotische Dom birgt die größte Schatzkammer nördlich der Alpen und in einem Schrein die Gebeine eines großen Kaisers. Gesucht wird der italienische Name der Stadt. 1 Schaffermahlzeit am 12. Februar 1965 im Bremer Rathaus: Ernst Lemmer, Ewald Bucher, Helmut Lemke und Georg Diederichs (v.l.) mit dem Gesuchten.
Wer war’s?
Foto: dpa Picture-Alliance/ DB
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Unter allen Einsendern verlosen wir eine vorwärts-Tasche. Bitte schicken Sie das Lösungswort mit dem Stichwort „Wer war’s“ bis zum 18. Mai 2012 per Post oder per E-Mail an: redaktion@vorwaerts.de
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Von Lothar Pollähne
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Historisches Bilder-Rätsel Die Lösung des Bilder-Rätsels aus der vergangenen Ausgabe lautet: Louise Schroeder Die vorwärts-Tasche hat gewonnen:
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Es gibt zwei Wege, das Preisrätsel zu lösen: Ratefüchse beantworten zuerst die beiden Fragen. Der vierte und vorletzte Buchstabe des ersten Lösungswortes sowie der dritte und siebte Buchstabe des zweiten Lösungswortes ergeben in der richtigen Reihenfolge die Lösung. Es geht aber auch einfacher: Die grauen Felder im Kreuzwort rätsel e rgeben in der richtigen Reihenfolge das Lösungswort. Ein Hinweis: Es gibt ihn seit zehn Jahren auf europäischem Boden.
Vom Bauern wird er zum Bremer Senatspräsidenten – und prägt die Freie Hansestadt über Jahrzehnte
eil die Eltern das Schulgeld für den begabten 13-Jährigen nicht mehr aufbringen können, verdingt er sich im Jahr 1900 als ungelernter Arbeiter in einer Seifenfabrik. Ab 1905 folgt eine Ausbildung zum Stuckateur. Schließlich schickt ihn die Hamburger Landesorganisation der Partei zur Ausbildung auf die Parteischule nach Berlin, wo ihn neben Rosa Luxemburg vor allem seine spätere Ehefrau Helene beeindruckt. Beide heiraten während eines Fronturlaubs am 1. Mai 1916 in Worpswede. Das liegt ganz in der Nähe seines späteren, langjährigen Wohnorts Borgfeld. Dorthin zieht er sich mit seiner Familie zurück, nachdem ihn die Nazis wegen Verdachts auf Hochverrat mehrere Monate lang inhaftiert hatten. Den Lebensunterhalt bestreitet er als Landwirt auf einem 30 Morgen großen Hof. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs sucht ihn der erste US-Stadtkommandant Bremens auf, findet ihn beim Pflügen auf dem Acker und bittet ihn, politische Verantwortung zu übernehmen. Der Legende nach sagt er „Hüh“, pflügt eine Furche zu Ende, und steigt dann in ein US-Armeefahrzeug. Am 1. August 1945 setzt ihn die Besatzungsmacht als Senatspräsidenten ein. Eine Zeitung ernennt ihn respektvoll zum „Sendboten staatsmännischer Vernunft in einer verwirrten Zeit“. Vernunft und vor allem Pragmatismus sind gefragt in einem Trümmerfeld von Stadt. Bis 1965 bleibt er, trotz aller Bescheidenheit, der mächtigste Mann im Stadtstaat Bremen. Am 19. Dezember 1979 stirbt der Bremer Ehrenbürger nach einem Leben voller Arbeit, Kampf und Liebe im Alter von 92 Jahren. n
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Die Lösung des jüngsten Preisrätsels lautete: Hessen Gesucht wurden außerdem: scheer und taunus Jeweils ein Buch gewannen: Sabine Gustson-Frey, 97688 Bad Kissingen Heike Dübon, 76744 Wörth Dieter Niedenführ, 22119 Hamburg Ulrich Wiedemann, 72555 Metzingen Margot Koffke, 12203 Berlin Julia Albrecht, 36037 Fulda Horst Oltmanns, 27632 Padingbüttel Friedrich Keller, 60322 Frankfurt am Main Gertrude Kuth, 26524 Hage Wilhelm Brücker, 46569 Hünxe
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WAAGERECHT
24 Schiffsbesitzer, Reeder
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1 große Welle 1 locker, lose sein 26 sehr flache 2 Musical von Andrew 8 Teppichmaterial Servierunterlage Lloyd Webber 3 Würde, Ansehen 28 Vermerk, kurze 11 Saiteninstrument Aufzeichnung 4 Affe, Weißhand- 14 norwegische gibbon 29 Schwur Hauptstadt 5 säugen, stillen; 30 zu jener Zeit anheizen 15 Beste, Siegerin 6 Vorname 33 f ranzösischer Maler 16 Stadt im nördlichen Strawinskys (Edgar) Ruhrgebiet 7 Laubbaum 36 Aristokratie 18 Bad im nordwest9 Gartenblume lichen Spessart 37 kleines Cembalo 10 Klosterfrau 19 flaschenförmiges 39 abfällig über 12 unwirklich Gymnastikgerät jemanden reden 13 sportlicher Wettkämpfer 21 Eingang; Vorspeise 40 scharfer, klarer Denker (französisch) 17 glätten, planieren
20 gefallsüchtig 22 heiße Klimazone 23 arabisches Fürstentum 25 landschaftlich: Peitsche 26 Fußhebel; Tretkurbel 27 Heer; Heeresverband 31 biblischer Stammvater 32 somit, mithin 33 Sache, Gegenstand 34 Stutzer, Modenarr 35 Singvogel; Berühmtheit 38 je, für (lateinisch)
Die richtige Lösung schicken Sie bitte bis zum 18. Mai 2012 per Post an vorwärts, Postfach 322, 10925 Berlin oder per E-Mail an raetsel@vorwaerts.de. Bitte Absender nicht vergessen und ausreichend frankieren! Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir zehn Bücher.
26 Das Allerletzte
willst du mit mir ( wählen ) Gehen? Landtagswahlen Findet der Wahl-O-Mat für jeden die passende Partei? Oder sollte man in der Politik – wie in der Liebe – vor allem auf sein Herz hören? Von Martin Kaysh
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s muss die „Fehmarn-Belt-Querung“ gewesen sein. An irgendwas muss ich schließlich gescheitert sein. Ach so, vor Wahlen nutze ich immer den „Wahl-O-Mat“, einen elektronischen Parteien-Check. Der muss seriös sein, schließlich hat ihn die Bundeszentrale für politische Bildung entwickelt. Ein paar Dutzend Fragen, du klickst ja, nein, egal, schon weißt du, welche Partei zu dir passt. Das ist so wie bei der Online-Partnervermittlung, wo man mit der Lieblingsfarbe rot, dem Hang zu Operette und Modellbau die ideale Frau findet, oder doch lieber bei seiner eigenen bleibt. Erschreckt hat mich das Ergebnis der digitalen Parteienvermittlung doch. Die Linke, sagte der Computer, sei mein Politliebling.
Nun nehme ich an, das liegt an meiner Meinung zur Belt-Querung. Ich muss zugeben, ich habe von Infrastrukturprojekten in Schleswig-Holstein keine Ahnung, ich wohne im Ruhrgebiet. Aber die Linke? Ich?? Bei uns hängen Plakate dieser Partei mit der Forderung „Löhne rauf!“ Das Kleingedruckte konnte ich auf die Schnelle nicht lesen. Früher rief die DKP: „Löhne rauf, Mieten runter!“, eingängig, aber bei einer Landtagswahl ist mir das zu abwegig. Für gute Löhne zahle ich seit Jahren Gewerkschaftsbeiträge. NRW und das Land zwischen den Meeren haben etwas gemeinsam. Der jeweilige FDP-Spitzenkandidat kämpft nicht nur gegen die anderen Parteien, sondern vor allem gegen den eigenen
seit wärts Yo ho ho!! Def, wir brauchen massenhaft Zeitung, um den ganzen Fisch einzuwickeln.
Ja, das ist guter Fisch. Nehm’wer mit!
Steh’n hier auf’m Festland etwa mal wieder Wahlen an?
Ja, wieso?
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Ein paar Dutzend Fragen, du klickst ja, nein, egal – schon weißt du, welche Partei zu dir passt. Martin Kaysh
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Bundesvorstand. Gut, Wolfgang Kubicki hat schon immer vor allem auf eigene Rechnung gearbeitet. Bei Christian Lindner ist das ein noch junges Phänomen, der ist ja auch erst 33. Aber er plakatiert hier einen Slogan, der mich umhaut: „Lieber neue Wahlen als neue Schulden.“ Ist das eine Forderung? Wir wählen doch gerade erst. Oder eine Entschuldigung für das eigene Versagen in der NRW-Haushaltsdebatte? Und heißt das, wenn man nur oft genug wählt, verschwinden die Schulden von alleine? Egal, das kläre ich, wenn der NRWWahl-O-Mat erst mal im Internet auftaucht. Das Problem mit meiner Lieblingspartei im Norden habe ich übrigens im zweiten Anlauf geklärt. Ich habe einfach die Fehmarnfrage und zwei, drei weitere anders beantwortet. Es hat geklappt. Das einzige, was mich jetzt wundert: Irgendwie ist die Familienpartei auf Rang zwei geklettert. Nicht schlimm, denn bei mir ist das mit der Politik so wie mit den Frauen. In Herzenssachen lasse ich mir doch nichts von einem Computer vorschreiben. n Martin Kaysh ist Kabarettist, Alternativkarnevalist („Geierabend“) und Blogger. Er lebt im Ruhrgebiet, freiwillig.
von David Füleki Immer kurz vor den Wahlen, so erzählt man sich, sollen seltsamste Gestalten ihr Unwesen treiben ...!
Heute gibt’s aber nur lauter Wahlbroschüren ...
Oh nein! Piraten!! Wir sind alle verloren!!
Yo ho ho! Jetzt stechen wir in See!!
O weh!
Yo ho ho!! Möge unser rumreicher Feldzug beginnen!!
Hö hö! “Rum”!
Hey! Wer übernimmt eigentlich das Steuer?
Hoppla! Wir brennen! Steuer?
Um Navigation und so mach’mer uns Gedanken, wenn’s so weit is!
Upsi!
Yo, cool! Das fällt auf!
Stimmt auch wieder! Haha!
Mal schaun, wie lange die sich über Wasser halten ...
Illustration: christina bretschneider
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SPD Donaukreuzfahrten
schönen blauen Donau von Passau bis nach Budapest und bis ins Donaudelta Auf der
8 Tage im Walzertakt mit MS EXCELLEnCE ROYAL **** + 05. bis 12. August 2012
© fotolia.com
15 Tage Donauklänge mit MS ARiAnA **** 14. bis 28. Juli 2012 und 15. bis 29. September 2012
Mit uns an Bord: Ottmar Schreiner und Reinhard Klimmt
Mit uns an Bord: Heidemarie Wieczorek-Zeul
Viele Jahre lang war diese Reise durch eine der schönsten Flusslandschaften Europas gar nicht möglich. 2227 km von Passau bis an das Schwarze Meer, durch Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien und Bulgarien: die uralte Wasserstraße fast auf ihrer vollen Länge.
Auf dieser Reise durch eine der schönsten Flusslandschaften Europas besuchen wir die herausragenden Kulturdenkmäler der drei alten K.u.K.-Hauptstädte Wien, Bratislava und Budapest. Dazu die Wachau, das Donauknie und die ungarische Puszta.
MS ARIANA wird im Frühjahr 2012 „nagelneu“ in Dienst gestellt und geht zu zwei Terminen exklusiv für den SPD-ReiseService auf große Fahrt.
„All-Inclusive“-Verpflegung an Bord
MS EXCELLENCE ROYAL wurde 2010 in Dienst gestellt und fährt unter Schweizer Flagge und schweizerischem Management. Die 71 Außenkabinen sind komfortabel und luxuriös eingerichtet und gehören zu den größten, die auf einem europäischen Flussschiff zu finden sind. Höchsten Ansprüchen werden auch Küche und Service im Bordrestaurant gerecht.
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Think Blue: weiter denken, weiter kommen. Einen guten Gedanken zu haben ist das eine. Ihn umzusetzen das andere. Beides zusammen bedeutet für uns „Think Blue.“: die Idee, gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft zu sorgen. Menschen zu verantwortungsvollem Verhalten zu bewegen. Zu entdecken, dass ökologisches Handeln Spaß machen kann. Und nicht zuletzt die stetige Verbesserung unserer Technologien. Wie das aussehen kann, zeigen wir mit unseren BlueMotion-Modellen, die regelmäßig für neue Rekorde bei Reichweite und Verbrauch sorgen. Übrigens: Mehr Informationen zu „Think Blue.“ finden Sie unter www.volkswagen.de/th www.volkswagen.de/thinkblue und in der kostenfrei erhältlichen „Think Blue. World.“ iPad-App.
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