vorwärts April 2014

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vorwärts

VORWÄRTS.DE: Weiterlesen im Internet!

€ 2.50 – A 07665

D i e Z e i t u n g d e r d e u t s c h e n s o z i a l d e m o k r at i e

April 2014

n

Gegründet 1876

Sauber geplant

Titelmontage: Dirk bleicker; Fotos: Dirk Bleicker; dpa (2)

Die Energiewende jetzt schaffen!

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KEIN SPIEL OHNE REGELN. KEIN SPIEL MIT ALKOHOL.

Ein wichtiger Bestandteil der Spielverordnung: Seit 1985 ist Alkoholkonsum in gewerblichen Spielhallen gesetzlich untersagt. Damit der Spaß bleibt, wird in gewerblichen Spielhallen nur mit klarem Kopf gespielt.

KEIN SPIEL UNTER 18. Der Aufenthalt in Spielhallen sowie das Spielen an Geldspielgeräten ist jungen Menschen unter 18 Jahren grundsätzlich nicht erlaubt. Unser Servicepersonal verlangt im Zweifelsfall den Personalausweis der Besucher.

KEIN SPIEL OHNE GRENZEN. Jedes Spiel braucht klare Regeln. Vor allem bei Gewinn- und Verlustmöglichkeiten. Diese sind eng begrenzt. Unseren Besuchern wird nicht die Hoffnung auf schnelles Geld vermittelt. Informationen hierzu hängen gut sichtbar in jeder Spielhalle aus.

STAATLICH GEPRÜFT Mehr Infos unter www.automatenwirtschaft.de Spielteilnahme erst ab 18 Jahren. Übermäßiges Spielen ist keine Lösung bei persönlichen Problemen. Beratung/Info Tel.: 0180/1372700 (City-Tarif). awiIM4008_AZ_Info_225x323_TZ_2ed.indd 1

Deutsche Automatenwirtschaft • Motiv: Regeln • Titel: Vorwärts • Format: 225 x 323 + 3 mm Beschnitt • DU: 11.03.2014 • Profil: TZ • 2ed

28.03.14 09:22


Inhalt 3

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themen in diesem heft Titel  4  wind of change – Die Reform des ErneuerbareEnergien-Gesetzes  5  »Diese Reform setzt richtig an« – Interview mit Stephan Kohler, Chef der Deutschen Energie-Agentur

Liebe Leserinnen und Leser, wir erleben mit der Ukraine und dem Krimkonflikt die schwerste Krise in ­Europa seit dem Ende des Kalten ­Krieges. Es scheint, als seien die alten Dämonen zurückgekommen, und all die Hoffnungen, die sich nach dem Fall der Mauer an dieses neue Europa gerichtet hatten, drohen zu platzen. Man muss keine falschen historischen Vergleiche anstellen, um sich Sorgen zu machen.

Fotos: Dirk Bleicker(3), action press, Hendrik Rauch

Die Lage ist extrem schwierig, und es wäre illusorisch anzunehmen, dass der Konflikt schnell zu lösen sei. Umso wichtiger ist es, dass wir mit FrankWalter Steinmeier einen erfahrenen und umsichtigen Außenminister haben, der nichts von Säbelrasseln hält. Umso wichtiger ist es aber auch, dass die Bürgerinnen und Bürger Europas zusammenstehen und ihre Chance am 25.Mai bei der Europawahl nutzen, die Europäische Union politisch stark zu machen. Angesichts der internationalen ­Ereignisse tritt die ­­innenpolitische 100-Tage-Bilanz der großen ­Koalition ein wenig in den Hintergrund. ­Festzuhalten gilt trotzdem: Sigmar ­Gabriel, Andrea Nahles und alle a ­ nderen SPD-­Ministerinnen und ­-minister sind eifrig dabei, die sozial­demokratischen Versprechen und Projekte so schnell wie möglich umzusetzen: Rente mit 63, EEG, Mindestlohn... Das ist gut. Denn vielleicht drängt wirklich die Zeit, weil sich die Politik wieder mehr auf außenpolitische Konflikte wird konzentrieren müssen. Wir wünschen uns das nicht, aber es ist derzeit nicht ausgeschlossen. Wenn es so kommen sollte, ist es gut, dass die SPD innenpolitisch entscheidende Weichen für ein gutes Gedeihen in unserem Land schon gestellt hat. Herzlich, Ihre

Karin Nink Chefredakteurin

Aktuell  7  »Wir haben wort Gehalten« – Interview mit Sigmar Gabriel zur 100-Tage-Bilanz der Regierung  8  über alle grenzen – Junge Franzosen werden in Deutschland ausgebildet  9  Die Martin-Schulz-Tour 2014 – Termine in Deutschland 10  Anti-Europäer – Rechtspopulisten und die EU 11  zwei gesetze, ein Ziel: Frauen fördern – Die Gesetzespläne von Manuela Schwesig 12  »1:1 umgesetzt« – Interview mit Andrea Nahles

Andrea Nahles: Der Mindestlohn kommt

Seite 12

Kolumnen 13  global gedacht – Rafael Seligmann 14  Unser Europa – Peter Riesbeck 22  Zwischenruf – Michael Müller 32  Medienzirkus – Gitta List 35  Das Allerletzte – Martin Kaysh

Gerhard Schröder: Am 7. April wird der Alt-Kanzler 70 Seite 16

partei leben! 15  Auftakt nach Mass – Wahlkampfstart der SPD zur Europawahl in Hamburg 16  Gerhard Schröder zum siebzigsten– Christina Raus persönlicher Glückwunsch 18  Das Netzwerk – Der OV Brüssel 19  Mit sich im reinen – Porträt Michael Sommer

Wirtsch aft 24  Meine Arbeit – Die Hebamme sparen reicht nicht – Gewerkschaften und EU Ost-West-GEschichten 30  ost-helden – Interview mit Matthias Platzeck über Regine Hildebrandt 31  doppelte Deutsche – Die dritte Generation Ost kultur 32  Löwengrube – Politik in TV-Serien historie 33  triumph der nelken – Vor 40 Jahren: In Portugal siegt die Demokratie in einer unblutigen Revolution 34  Wer war’s? – Lothar Pollähne 13  In Kürze | 21  Parlament 22  Leserbriefe | 33  Impressum 34  Rätselseite | 35  Cosmoprolet Redaktionsschluss 31. März 2014 Diese Ausgabe Enthält eine Anzeigen-SONDERVERÖFFENTLICHUNG ZUm Thema »Gesundheit«

Vorwärts-Regional April

Austauschseiten für S. 19-20

Baden-Württemberg: Stuttgart

Vor 40 Jahren: Nelkenrevolution in Portugal

Seite 33

Neue Serie Am 9. November 1989 fiel die Mauer. Bis zum 25. Jahrestag stellt der „vorwärts“ Menschen vor, die die Zeit danach geprägt haben. Zum Auftakt: Matthias Platzeck und die „3te Generation Ostdeutschland“


4  Titel

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Immer mehr Strom wird aus Wind und Sonne produziert. Ein Viertel des deutschen Bedarfs wird mittlerweile aus Erneuerbaren Energien gewonnen.

Wind of Change

Energiewende Seit Jahren steigen die Energiepreise. Mit einer Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hält Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel dagegen. Seine Pläne stoßen nicht nur auf Zustimmung

EEG-Reform

E

nde März hatten die Kunden von mehr als 30 Stromversorgern unerfreuliche Post im Briefkasten. Zum 1. April wurde ihnen der Preis erhöht, den sie pro verbrauchter Kilowattstunde bezahlen müssen. Von einer durchschnittlichen Anhebung um viereinhalb Prozent spricht das Vergleichsportal ­„Verivox“. Für einen Vier-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden pro Jahr bedeutet dies Mehrkosten von 44 Euro. Sie sind nicht die

ersten, die mehr für ihren Strom bezahlen müssen. Zum Jahreswechsel hatte bereits ein Drittel der rund 1000 Stromversorger in Deutschland seine Preise heraufgesetzt. „Verivox“ beobachtet nun eine „schleichende Erhöhung“ seit Februar. Ein entscheidender Grund für die steigenden Stromkosten ist die so genannte EEG-Umlage. „Mit der EEG-Umlage werden die Verbraucher an den Kosten für die Förderung Erneuerbarer Energien beteiligt“, erklärt Stefan

­ aterne von der Energieberatung der M Verbraucherzentrale. Zum Jahresbeginn ist die Umlage um 0,96 Cent auf 6,24 Cent pro Kilowattstunde Strom gestiegen. „Die Stromanbieter können diese Erhöhung ganz oder teilweise an ihre Kunden weitergeben“, sagt Materne. „Die Strompreise steigen also.“ Dieser Preisanstieg war einmal durchaus beabsichtigt. Denn um die Erneuerbaren Energien zu „einem wesentlichen Standbein der Energieversor-

Foto: Paul Langrock/Zenit/laif

Von Kai Doering


Titel 5

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gung“ zu machen wurde im Jahr 2000 im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine Umlage festgeschrieben, die ihren Ausbau finanzieren soll. Wer etwa eine Solaranlage oder ein Windrad betreibt, speist den erzeugten Strom ins Netz ein und erhält dafür von dessen Betreiber über 20 Jahre eine im EEG festgelegte, garantierte Einspeisevergütung für jede Kilowattstunde. Die Netzbetreiber verkaufen den grünen Strom an der Strombörse. Da die Börsen-Preise seit Jahren sinken und mittlerweile weit unter den festen Vergütungssätzen liegen, wird die Differenz zwischen garantierter Vergütung und erzieltem Erlös mithilfe der EEG-Umlage zunehmend auf die Verbraucher umgelegt. Die Folge: Die EEGUmlage steigt seit Jahren deutlich an (siehe Grafik auf Seite 6). Betrug sie 2012 noch 3,5 Cent pro Kilowattstunde, sind es mittlerweile bereits 6,24 Cent. Hinzu kommt, dass die Anzahl der in­stallierten Anlagen seit Jahren zunimmt – und damit auch die Anzahl derer, die Ökostrom einspeisen. Die Kosten für die Verbraucher steigen damit weiter. 24 Milliarden Euro EEG-Vergütung werden jährlich an die Anlagenbetreiber ausgezahlt – Tendenz steigend.

Foto: Dirk Bleicker

Bezahlbarkeit und Sicherheit „Wir müssen und wollen den unkontrollierten Anstieg des Strompreises in den Griff kriegen“, sagt Bundeswirtschaftsund -energieminister Sigmar Gabriel. Bereits im Januar hat er deshalb die Eckpunkte für eine grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vorgelegt. „Durch die Novelle des EEG soll der Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bis 2025 auf 40 bis 45 und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent steigen und dabei Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit für die Bürger und die Wirtschaft sichergestellt werden.“ So sollen die Erneuerbaren Energien künftig am benötigten Bedarf entlang ausgebaut werden und sich auf die kostengünstigsten Technologien konzen­ trieren. Zur Steuerung setzt Gabriel auf sogenannte Ausbaukorridore, also Zielmarken für die verschiedenen Erneuerbaren Energieträger. So sollen künftig pro Jahr nur noch Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von deutschlandweit 2500 Megawatt neu errichtet werden. Dieselbe Zielmarke gilt für Windräder an Land. Die Leistung von Strom aus Biomasse darf nach den Plänen Gabriels nur noch um rund 100 Megawatt im Jahr zunehmen, die von Windenergie auf See bis 2020 um 6,5 Gigawatt wachsen. Zum Vergleich: Mit einem Megawatt lassen sich etwa 2200 Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgen. Als zweites möchte Gabriel Betreiber von größeren Wind-, Solar- oder Bioenergie-Anlagen mehr und mehr dazu S. 6

»Diese EEG-Reform setzt richtig an« Stephan Kohler Der Chef der Deutschen Energie-Agentur über europäische Stromkosten und deutsche Wettbewerbsfähigkeit Interview Kai Doering

»

Bezüglich der Kritik am EEG nehme ich die EUKommission nicht mehr ernst.

«

Stephan Kohler,

Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena)

„Wer A sagt, muss auch B sagen.“ dena-Chef Stephan Kohler plädiert für einen Ausbau der Stromnetze.

Ist Strom in Deutschland zu teuer? Strom ist nicht gerade günstig, aber der Preis ist in Deutschland angemessen. Wir haben eine hohe Versorgungssicherheit und treiben die Energiewende voran. All das kostet Geld, aber es ist aus meiner Sicht gut angelegt. Die Kostensteigerung der vergangenen Jahre ist ein Hauptargument für die geplante Reform des ErneuerbareEnergien-Gesetzes (EEG). Werden damit die Strompreise sinken? Nein, davon gehe ich nicht aus. Der Preis für eine Kilowattstunde Strom wird auch weiterhin steigen. Um Kosten zu senken, würde ich eher auf Energieeffizienz setzen. Wer weniger Energie verbraucht, weil er effizientere Geräte benutzt, kann pro Kilowattstunde mehr bezahlen, über den geringeren Gesamtverbrauch aber trotzdem sparen. Den Anstieg des Strompreises insgesamt können wir dämpfen, indem wir den Ausbau der Erneuer­baren Energien mit den Erfordernissen des Netzausbaus synchronisieren. Die ge­ ­ plante EEG-Reform setzt da richtig an. Der EU-Kommission ist das EEG seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge. Auch die Befreiung stromintensiver Unternehmen von der EEG-Umlage kommt dort nicht gut an. Können Sie die Kritik aus Brüssel nachvollziehen? Bezüglich der Kritik am EEG nehme ich die EU-Kommission nicht mehr ernst.

In Großbritannien fördert der Staat den Bau von Atomkraftwerken, indem ihnen eine feste Einspeisevergütung über eine Laufzeit von 35 Jahren garantiert wird. Das ist für die Kommission in Ordnung, obwohl es derselbe Mechanismus ist, den sie beim EEG kritisiert. Die Befreiung energieintensiver Unternehmen von der EEG-Umlage ist eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit. Ich kann die von der Kommission kritisierte Bevorzugung der deutschen Industrie nicht erkennen. An der Strombörse sinken seit Jahren die Preise, wovon auch die Verbraucher im Ausland profitieren. Die EEG-Umlage bezahlen nur die Kunden in Deutschland, womit sie schlechter gestellt werden als ihre europäischen Nachbarn. Wenn deutsche Unternehmen von der Umlage befreit werden, bezahlen sie also lediglich so viel für ihren Strom wie die Konkurrenz im Ausland. 2022 gehen die letzten Atomkraftwerke vom Netz. Wird Deutschland dann seinen Energiebedarf durch Erneuerbare Energien decken können? Deutschland wird den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2022 auf 40 bis 45 Prozent erhöhen. Rein rechnerisch wäre es also möglich, den heutigen Anteil des Atomstroms von 20 Prozent komplett zu ersetzen. Allerdings müssen wir bei der Struktur der Energieversorgung aufpassen. Wind und Sonne stehen nicht immer zur Verfügung. Deshalb werden wir noch ­ über einen langen Zeitraum Erdgas- und auch Kohlekraftwerke brauchen, um die ­Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Auch brauchen wir ausreichende Speichermöglichkeiten für Strom aus regenerativen Quellen. Je besser diese werden, desto weniger sind wir auf konventio­ nelle Kraftwerke angewiesen. Bleibt die Frage des Transports. ­Bayern sperrt sich zurzeit gegen ­weitere Stromtrassen. Wer A sagt, muss auch B sagen: Die Energiewende bedeutet auch, dass die Netzinfrastruktur angepasst und ausgebaut werden muss. Der Strom muss aus dem windreichen Norden in den Süden transportiert werden. Das wird Bayern schon allein deshalb schnell anerkennen, weil die dortige Industrie auf Strom ange­ wiesen ist. n


6  Titel

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vorgeben. Deshalb ist es falsch, die Förderung für die Windenergie auf ein bestimmtes Volumen zu beschränken und zu deckeln“, sagt er. Zwar sieht auch ­A lbig dringenden Reformbedarf beim EEG, doch wenn der Anstieg der Stromkosten gebremst werden solle, dann gehe „das nur, wenn man es mit Wind Onshore macht“. Der an Land produzierte Windstrom sei „die günstigste Energie, die wir heute haben“.

verpflichten, den von ihnen erzeugten Strom selbst und nicht mithilfe der fixen Einspeisevergütung zu verkaufen. Diese „Direktvermarktung“ soll stufenweise zuerst für große, später dann auch für kleinere Anlage eingeführt werden. Ausgenommen sind im Normalfall Privatleute mit einer Solaranlage auf dem Dach. Sie fallen unter eine Bagatellgrenze. Drittens sollen Kosten gerechter zwischen den Verbrauchern verteilt werden. Denn nicht jeder Stromabnehmer muss derzeit die EEG-Umlage bezahlen. Rund 2000 stromintensive Unternehmen sind über eine „besondere Ausgleichsregelung“ per Gesetz von der Zahlung befreit. Zudem produzieren viele dieser Unternehmen in eigenen Kraftwerken Strom für den Eigenverbrauch – wofür sie bislang ebenfalls keine EEGUmlage entrichten. Auch dieses Eigenverbrauchsprivileg möchte Gabriel mit seiner Reform ändern.

Querschüsse aus Brüssel Kritik gibt es auch aus dem Süden und dem Westen der Republik. „Wir sind starke Unterstützer der Energiewende, müssen aber auch auf die Arbeitsplätze achten“, sagt NordrheinWestfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Ihr Anliegen: Bestandsschutz für Unternehmen, die selbst Strom für den Eigenbedarf produzieren. Sie sollen auch weiterhin von der Zahlung der EEGUmlage ausgenommen werden. Gemeinsam mit ihrer rheinland-pfälzischen Amtskollegin Malu Dreyer und BadenWürttembergs Wirtschaftsminister Nils Schmid hat Kraft Sigmar Gabriel deshalb

Ein Erfolg mit Nebenwirkungen

24

Milliarden Euro EEG-Vergütung fließen pro Jahr an die Betreiber von Windkraft-, Solaroder Bioenergie-Anlagen. Quelle: BMWI

Kritik kommt hingegen von den Umweltverbänden. „Anstatt die Energiewende auszubremsen, muss sie neuen Schwung bekommen“, fordert etwa der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger. Er will „nicht zulassen, dass die Pläne der Bundesregierung zur Deckelung der Photovoltaik und der Windkraft an Land umgesetzt werden“. In dieselbe Kerbe schlägt SchleswigHolsteins Ministerpräsident Torsten Albig. „Deutschlands Energiepolitik wird nicht dadurch besser, dass wir aus zen­ tral-bürokratischer Sicht Planziele

Der Strom hat seinen Preis Wieviel von jedem Euro Stromkosten wofür ausgegeben wird

n n n n n n n

24,6 Cent 2 2,3 Cent 2 2,1 Cent 16 Cent 7,2 Cent 6 Cent 1,8 Cent

Energiebeschaffung und Vertrieb Netzentgelte, Messung, Abrechnung EEG-Umlage Umsatzsteuer Stromsteuer Konzessionsabgabe Sonstige Abgaben

148 Quelle: verivox

Sprunghafter ANstieg

6,24

3,53

3,59

2,15 0,63

0,78 0,96

1,15

0,41 0,54 2003

2005

2006

2008

2009

2004

2007

2010

2011

2012

2013

2014

Quelle: BMWI

Klarer wachstumspfad Geplanter Ausbau Erneuerbarer Energien bis 2020 (in Gigawatt) 18 16

jährliches Wachstum Wind offshore n Wind onshore n Photovoltaik n Biomasse n

14 12 10

Ø 0,85 GW

2,5 GW 2,5 GW 0,1 GW

8 6 4 2 2014

2016

Quelle: BMWI

5,28

Entwicklung der EEG-Umlage für Haushaltsstromkunden in Deutschland von 2003 bis 2014 (in Euro-Cent pro Kilowattstunde) 1,3

Millionen Tonnen Treibhausgas-Emissionen wurden im vergangenen Jahr durch die Nutzung Erneuerbarer Energien eingespart.

2018

2020 Quelle: BMWi

einen Brief geschrieben, in dem die drei Verlässlichkeit und Planungssicherheit für die Industrie fordern. Beim Bundeswirtschaftsminister stoßen sie auf offene Ohren. Der Ländervorschlag „wäre eine kluge Weiterentwicklung“, die ihren Weg ins Gesetz finden könnte, lobt Gabriel, drängt aber auch zur Eile, die Reform zügig in Angriff zu nehmen. Der Grund: Die EU-Kommission hat wegen der EEG-Umlage und der Befreiung energieintensiver Unternehmen davon ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland wegen möglicher Wettbewerbsverzerrung eingeleitet. Wenn sich die Bundesregierung nicht bis zum Spätsommer mit der EU verständigt, können energieintensive Unternehmen nicht mehr wirksam von der Ökostrom-Umlage befreit werden. „Dann droht uns eine Deindustrialisierung“, fürchtet Sigmar Gabriel. Mit einer schnellen Reform des EEG will er Brüssel den Wind aus den Segeln nehmen. Am 8. April soll sie das Bundeskabinett billigen und Ende Juni vom Bundestag beschlossen werden. Stimmt dann der Bundesrat zu, könnte das neue EEG am 1. August in Kraft treten. n

Foto: HP_Photo/Fotolia.com; Infografik: Jana Schulze

„In seiner bisherigen Form kann das EEG nicht weiter bestehen“, sagt auch Stephan Kohler. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen EnergieAgentur (dena) rechnet vor, dass in den vergangenen Jahren deutschlandweit Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 70 000 Megawatt installiert wurden. „Das ist ein großer Erfolg des EEG.“ Allerdings fehle es an Kontrolle. Kohler fordert deshalb: „Der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien muss an den Ausbau der Netze gekoppelt werden, da diese nicht Schritt halten.“


Aktuell 7

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»Wir haben Wort gehalten« Sigmar Gabriel Der SPD-Chef zur 100-TageBilanz der Regierung

Foto: Dirk Bleicker

Interview Yvonne Holl Wie sieht Ihre Bilanz nach 100 Tagen Schwarz-Rot aus? Die sozialdemokratischen Ministerinnen und Minister haben ein wirklich hohes Tempo vorgelegt, um unsere Wahlversprechen umzusetzen: Andrea Nahles mit Mindestlohn und Rentenpaket, Manuela Schwesig und Heiko Maas mit der Frauenquote, Barbara Hendricks mit den Verbesserungen beim Städtebau und Aydan Özoguz bei der doppelten Staatsbürgerschaft. Die Sicherung der Energiewende und die Reform des EEG sind auch nicht von Pappe. Und viele Menschen sind zu Recht froh, dass wir mit FrankWalter Steinmeier endlich wieder einen Außenminister haben, der weiß, wie man mit internationalen Krisen umgeht. Sind Ihre Erwartungen erfüllt worden? Ja, wir haben in den ersten 100 Tagen mehr erreicht, als viele gedacht haben. Aus unserem Verhandlungserfolg beim Koalitionsvertrag werden jetzt gute Gesetze, die das Leben der Menschen verbessern. Wir halten, was wir vor dem Mitgliedervotum versprochen haben. Die SPD wollte einen Politikwechsel auch in der Außenpolitik: Woran zeigt sich dieser? Frank-Walter Steinmeier ist nach Kiew gefahren, als auf dem Maidan geschossen wurde. Er hat mit hohem persönlichen Einsatz zwischen damaliger Opposition und Regierung vermittelt. Und er gehört zu denen, die auch jetzt das Gespräch suchen, statt den Konflikt weiter anzuheizen. So muss man Außenpolitik machen: Mit heißem Herzen für die Menschen und kühlem Kopf für die Diplomatie. Der flächendeckende Mindestlohn ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Dennoch wird in der Koalition über Ausnahmen diskutiert. Wackelt die zentrale Forderung der SPD? Nein. Es gibt klare Verabredungen, und die werden eingehalten. Wir hatten gerade den DGB-Vorsitzenden Michael Sommer und seinen designierten Nachfolger Reiner Hoffmann zu Gast im SPD-Parteivorstand. Ich habe mich sehr über deren Unterstützung für den SPD-Kurs in der Regierung gefreut. Das war ja nicht immer so. Ohne den engen Schulterschluss mit den Gewerkschaften könnten wir Großprojekte wie den Mindestlohn oder

Sigmar Gabriel: „Wir haben in den ersten 100 Tagen mehr erreicht, als viele gedacht haben.“

die abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren gar nicht stemmen. Rente mit 63 gehört zu den Projekten, auf die ich besonders stolz bin. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eine wichtige Forderung der SPD. Sind die Versprechen zu halten? Manuela Schwesig zeigt das ja gerade: Das ElterngeldPlus gibt jungen Familien mehr Flexibilität. Die Quote in Aufsichtsräten wird Unternehmen dazu bewegen, mit der Frauenförderung endlich ernst zu machen. Und vom Mindestlohn profitieren überdurchschnittlich viele Frauen. Aber natürlich bleibt noch viel zu tun – beim Kita-Ausbau genauso wie bei den Ganztagsschulen. n

interview

Das ausführliche Interview vorwaerts.de/ gabriel-interview Eine Bilanz der ersten 100 Tage spd.de/regierung

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8  Aktuell

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die Berufsschule und legen dort auch ihre Abschlussprüfungen ab. Lassen sie sich zusätzlich in Deutschland prüfen, werden ihre Ausbildungen in beiden Ländern anerkannt. So sieht es eine Rahmenvereinbarung vor, die im September 28 Partner der Region, wie die Industrieund Handelskammern sowie die deutsche und die französische Arbeitsagentur, unterzeichnet haben.

Ausbildung im deutschen Supermarkt: Hier lernt die Französin Maryline Frisch seit September den Beruf der Kauffrau im Einzelhandel. Die 20-Jährige gehört damit zu den Pionieren des deutsch-französischen Ausbildungsprojektes.

Über alle Grenzen: Jugend überwindet sich Ausbildung Weil es in Frankreich keine Lehrstellen für sie gibt, zieht es j­unge Franzosen ins Nachbarland Deutschland. Eine neues Projekt unterstützt sie dabei Von Sarah Kohlhauer

N

ein, so richtig glücklich ist ­Maryline Frisch mit ihrer Ausbildung als Kauffrau im Einzelhandel nicht. „Lieber hätte ich etwas mit Kindern gemacht“, sagt sie. Auch ihre Arbeitsbekleidung mag die 20-Jährige Französin nicht. Dennoch trägt sie die hellblaue Hemdbluse mit der dunkelblauen Fliege und die lange Schürze jeden Morgen, wenn ihr Vater sie über die deutsch-französische Grenze ins 16 Kilometer entfernte Binzen nach Süd­ baden zu ihrer Arbeitsstelle fährt. Ihre Mutter habe ihr gesagt: „Du gehst dahin, wo es Arbeit gibt“, erzählt die junge Frau und eine Ausbildung gab es für Frisch in ihrer elsässischen Heimatstadt Hégenheim nicht. Weder als Erzieherin, noch als Einzelhandels-

Europa

kauffrau. Die Jugendarbeitslosigkeit lag im vergangenen Dezember in Frankreich bei 25,6 und damit noch über dem ­europäischen Schnitt von 23,9 Prozent. Über ihre Schule hat Frisch eine Ausbildung in einem Hieber-Markt, einem Supermarkt, in Deutschland vermittelt bekommen. Damit ist sie auf ihrem Berufsweg Pionierin: Gemeinsam mit ihrem Arbeitskollegen Joel Weber gehört sie zu den ersten Teilnehmern des im September gestarteten Programms „Grenzüberschreitende Ausbildung am Oberrhein“. Praktisch werden die beiden Franzosen in Deutschland ausgebildet. Hier lernen sie, Kunden zu beraten und zu bedienen, Waren zu bestellen und einzulagern. In Frankreich besuchen sie

Auch Peter Friedrich, Europaminister in Baden-Württemberg, hat die Richtlinie unterschrieben. „Die grassierende Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen, ist die wichtigste Aufgabe für die Zukunft Europas“, sagt er. Da sein Bundesland die geringste Jugendarbeitslosigkeit in der ganzen EU habe – im Februar lag sie bei 2,9 Prozent – und die Wirtschaft dringend Fachkräfte brauche, könne mit der grenzüberschreitenden Ausbildung jungen Menschen aus Frankreich eine Zukunftsperspektive in Deutschland gegeben werden. „So können wir gleichzeitig die künftigen Berufspendler ausbilden und die Vorteile des bewährten dualen Ausbildungsmodells für den Oberrhein nutzen.“ Es sei eine „große Herausforderung“, so Friedrich, ein Bewusstsein für die Karrierechancen in Deutschland zu schaffen. „Die Ausbildungssysteme und -traditionen in Deutschland und Frankreich sind unterschiedlich. Jenseits des Rheins streben Jugendliche nach wie vor eher eine universitäre Ausbildung an und halten duale Ausbildungen mit einem betrieblichen Teil für weniger a ­ttraktiv und chancenorientiert.“ Außerdem wüssten junge Menschen oftmals wenig darüber, wie es sich im Nachbarland leben und arbeiten lässt. Einige Eingewöhnungsschwierigkeiten hatte zu Ausbildungsbeginn auch Maryline Frischs Kollege, der 18-jährigen Joel Weber. Etwa bei der Sprache: So holte der Sohn französisch-schweizerischer Eltern eine Feige (französisch: figue) aus der Obstabteilung, als er gebeten wurde den Boden zu fegen. Das Wort „fegen“ war ihm eben nicht gebräuchlich, erzählt der Jugendliche lachend. Auch kulturell musste sich Weber erst zurechtfinden: „Hier ist viel mehr Energie. Immer heißt es: ‚Schaffe, schaffe!’. In Frankreich ist alles ein wenig leichter.“ Die deutsche Wochenarbeitszeit von 40 statt der in Frankreich üblichen 35 Stunden findet er gewöhnungsbedürftig. Dennoch gefällt ihm die Ausbildung. „Die Sauberkeit, die Hygiene, das ist viel besser als in Frankreich.“ Die Sprachkenntnisse sind ihm wichtig, damit er später im Dreiländereck Deutschland– Frankreich–Schweiz eine Arbeitsstelle findet. S. 10

Foto: Robert Hausmann

An Deutschland muss man sich erst gewöhnen


AKtuell 9

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In Deutschland. Für Europa. Die Martin-Schulz-Tour 2014

29. März Hamburg Bundesweiter Auftakt für die Europawahl mit Olaf Scholz, Manuela Schwesig und Aydan Özoguz Beginn: 14 Uhr (Saalveranstaltung) Kampnagel, Jarrestr. 20, 22303 Hamburg 22. April Leipzig Tagestermin

SchleswigHolstein

22. April Erfurt mit Heike Taubert und Christoph Matschie Beginn: 18 Uhr (Saalveranstaltung) Kaisersaal, Futterstr. 15 – 16, 99084 Erfurt

Kiel

3. Mai Wismar

3. Mai

Auftakt Hamburg

Hamburg

23. April Cottbus Betriebsrätekonferenz IGBCE mit Dietmar Woidke Beginn: 10 Uhr (Saalveranstaltung) Messe Cottbus, Vorparkstr. 3, 03042 Cottbus

MecklenburgVorpommern

29. März

Bremen Brandenburg

Bremen

2. Mai

Berlin

SachsenAnhalt

Niedersachsen

Berlin

Hannover

19. Mai

Magdeburg

20. Mai

23. April

Cottbus

Dortmund

23. April

2. Mai Leipzig Nordrhein-Westfalen

Aachen

Hessen

24. Mai

22. April

Thüringen

Sachsen

Erfurt

Frankfurt am Main

24. Mai Rheinland-Pfalz

Mainz

Schirmveranstaltung im Freien

5. Mai Saarland

Saarbrücken

5. Mai Nürnberg

Foto: Dirk Bleicker; Infografik: jana Schulze, Schirm: Skyliner

20. Mai

2. Mai Bremen mit Jens Böhrnsen und Dieter Reinken Beginn: 18:30 Uhr (Schirmveranstaltung) Marktplatz, 28195 Bremen 3. Mai Wismar mit Manuela Schwesig und Erwin Sellering Beginn: 12 Uhr (Saalveranstaltung) Alte Reiterhalle, 23966 Wismar

5. Mai Mainz Betriebsrätekonferenz mit Malu Dreyer Beginn: 13 Uhr (Saalveranstaltung) Kurfürstliches Schloss, Peter-Altmeier-Allee 1, 55116 Mainz 5. Mai Saarbrücken mit Heiko Maas und Anke Rehlinger Beginn: 19 Uhr (Saalveranstaltung) Congresshalle, Hafenstr. 12, 66111 Saarbrücken 19. Mai Nürnberg mit Ulrich Maly Beginn: 15:30 Uhr (Schirmveranstaltung) Lorenzer Platz, 90402 Nürnberg)

19. Mai Stuttgart*

2. Mai Dortmund mit Hannelore Kraft Beginn: 16 Uhr (Schirmveranstaltung) Reinoldikirche/Willy-Brandt-Platz, 44135 Dortmund

3. Mai Kiel mit Torsten Albig Beginn: 17 Uhr (Saalveranstaltung) Sparkassen-Arena-Kiel, Europaplatz 1, 24103 Kiel

22. April

Abschluss

23. April Magdeburg mit Katrin Budde Beginn: 18 Uhr (Saalveranstaltung) Kongress- & Kulturwerkfichte, ­Fichtestr. 29a, 39112 Magdeburg

Bayern

19. Mai Berlin mit Frank-Walter Steinmeier Beginn: 19 Uhr (Schirmveranstaltung) Alexanderplatz, 10178 Berlin 20. Mai Hannover mit Stephan Weil Beginn: 17 Uhr (Schirmveranstaltung) Kröpcke, 30159 Hannover

Baden-Württemberg

24. Mai Frankfurt am Main mit Thorsten Schäfer-Gümbel Beginn: 11 Uhr (Schirmveranstaltung) Römerberg, 60311 Frankfurt am Main *20. Mai Stuttgart Sigmar-Gabriel-Termin mit Nils Schmid Beginn: 18:30 Uhr (Schirmveranstaltung) Schlossplatz, 70173 Stuttgart

bereits stattgefunden 05. März Schwerte 05. März Vilshofen

24. Mai Aachen mit Sigmar Gabriel Abschluss der Wahlkampftour Beginn: 15:30 Uhr (Schirmveranstaltung) Rathausplatz, 52062 Aachen


10  Aktuell Trotz der besseren beruflichen Chancen im Nachbarland bedeutet der Gang über die innereuropäische Grenze eine Über­ windung für viele Jugendliche. Zwar ist ein Europa ohne Grenzkontrollen für sie selbstverständlich – aber als Europäer begreifen sie sich dennoch nicht. Die europäische Identität kommt nach der nationalen. „Wir sind Franzosen“, sagen Frisch und Weber einhellig.

vorwärts 04/2014

Europa

gefährliche anti-Europäer rechtspopulisten Sie wollen die EU abschaffen und doch ins Parlament – Entgegentreten tut Not Von Sarah Kohlhauer

Handwerk in Not

Interview mit Peter Friedrich: vorwaerts.de/interview-europaminister

Europa-tour von Martin Schulz 17. April Paris (Frankreich) Auftakt der Europa-Tour 25. April Lissabon (Portugal) 26. April Bukarest (Rumänien) 30. April Bratislava (Slowakei) 1. Mai Warschau (Polen) 9. Mai Florenz (Italien) 12. Mai Rezé (Frankreich) 17. Mai Umea (Schweden) 21. Mai Barcelona (Spanien) 23. Mai Lyon (Frankreich) Schlusskundgebung

Weitere Termine vorwaerts.de/ Europatermine

13

Parteien aus Deutschland wären im Europaparlament vertreten, wenn es schon 2009 keine Drei-ProzentHürde gegeben hätte. ­Da diese erst für die Wahl am 25. Mai 2014 gilt, sind es zurzeit sechs. Quelle: Bundeswahlleiter

Europaminister Peter Friedrich: Für ihn ist die Bekämpfung der Jugendarbeits­losigkeit die wichtigste Zukunftsaufgabe Europas.

„Keine Faschisten in unserem Quartier“: Proteste gegen den französischen Front National

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it dem Auto fährt man knapp eineinhalb Stunden, um von der Stadt Hénin-Beaumont im Nordosten Frankreichs zum Haupt­ sitz der Europäischen Union nach Brüs­ sel zu kommen. Dennoch scheint Eu­ ropa sehr weit weg von den Menschen in ­ Hénin-Beaumont zu sein. Bei der Kommunalwahl Ende März wurde hier das erste Mal in Frankreich ein Rechts­ populist direkt im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit zum Bürgermeister gewählt. Er ist der Generalsekretär der Front National. Für die Partei ist die Europäische Union „die Wurzel allen Übels“, so Parteichefin ­Marine Le Pen. Die EU sei schuld: an Arbeitslosigkeit, steigenden Lebenshaltungskosten und der Finanzkrise – so die simple Sicht­ weise, mit der Europas Rechtspopulisten von Dänemark über die Niederlande bis nach Italien auf Stimmenfang für die Europawahl gehen. Die Anti-Europäer haben „rückwärts­ gewandte Pseudo-Lösungen“ parat, sagt Udo Bullmann, Vorsitzender der SPDAbgeordneten im EU-Parlament. So for­ dert etwa die „Alternative für Deutsch­ land“ einen Ausstieg aus dem Euro „aus na­tionalem Interesse“, appelliert dabei an einen vermeintlich gesunden Men­ schenverstand, verschweigt aber tun­ lichst die negativen wirtschaftlichen

Folgen für Deutschland und versucht, sich als rebellischer Gegenpol zur eta­ blierten Politik zu inszenieren – typisch für Rechtspopulisten in Europa. Mit dieser Propaganda setzen sie das größte Zivilisationsprojekt des 20.Jahr­ hunderts aufs Spiel, warnte Sigmar ­Gabriel im Januar auf dem Bundespartei­ tag in Leipzig. Die SPD werde den Gegnern Europas entschieden entgegentreten. Martin Schulz, Spitzenkandidat der euro­ päischen Sozialdemokraten, spricht von „Parteien, die Europa zerstören wollen“. Entgegentreten tut Not, denn mögli­ cherweise werden die Rechtspopulisten im Mai erneut ins EU-Parlament einzie­ hen und zwar stärker als je zuvor: Auch wegen der Abschaffung der Drei-ProzentHürde durch das Bundesverfassungsge­ richt in Deutschland sind die Chancen der Populisten gestiegen. Patentrezepte gegen die Anti-Euro­ päer gibt es nicht. Wichtig ist, ihre ver­ meintlich einfachen Lösungen Punkt für Punkt zu widerlegen. Etwa mit dem Verweis auf den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands durch den Euro und in der EU oder auch dem Hinweis auf die fast 70 Jahre Frieden und Wohlstand auf dem Kontinent. Eines hilft sicher: Am 25.Mai wählen gehen. Eine hohe Wahlbeteilung stärkt die demokratischen Kräfte und schwächt die Populisten. n

Fotos: Staatsministerium Baden-Württemberg

Damit die grenzüberschreitende euro­ päische Ausbildung alltäglicher wird, investiert die Region Elsass zehn Mil­ lionen Euro in das Programm. Darin enthalten ist die Bewerbung des Pro­ jekts in Schulen und auf Ausbildungs­ messen mit dem Slogan „Erfolg ohne Grenzen“. Zusätzlich soll ein zentraler Anlauf-Schalter eingerichtet werden, an dem sich Jugendliche direkt über Ausbil­ dungsmöglichkeiten im Nachbarland informieren können. „Wir wollen lang­ fristig 1000 junge Menschen in Arbeit bringen“, erklärt der Leiter der Stabs­ stelle im Regierungspräsidium Freiburg Jürgen Oser. Vor allem im Metallbereich und im Handwerk sei der Bedarf an Aus­ zubildenden sehr groß. „Das Ziel wäre für mich, dass sich einige der jungen Menschen später, ­ wenn sie Meister sind, in ihrem Hei­ matland selbstständig machen und dort wiederum Arbeitsplätze schaffen“, sagt Oser. „Das halte ich für ganz wichtig, damit die Ausbildung keine Einbahn­ straße und kein Braindrain wird.“ Eine einseitige Abwanderung von gut ausge­ bildeten Fachkräften soll es nicht geben. Auch Maryline Frisch und Joel Weber wünschen sich für ihre Zukunft eine Arbeitsstelle in Frankreich oder in der Schweiz. „Oder doch was mit Kindern“, fügt die junge Französin zögernd hinzu. „Wenn ich fertig bin mit der Ausbildung, dann mach ich das vielleicht noch.“ n


Aktuell 11

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Foto: Reynaldo Paganelli/NurPhoto/dpa

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it der Amtsübernahme von Bundesfrauen- und Familienministerin Manuela Schwesig hat die Debatte um Gleichstellung deutlich an Fahrt gewonnen. Sie will mit der Reform des Elterngeldes und der Einführung einer Frauenquote vor allem die Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt beenden. Und sie weiß, dass das ohne gesetzliche Regelungen nicht geht. „Die Zeit der Appelle ist vorbei“, stimmt ihr Bundesjustizminister ­Heiko Maas zu. Mit ihm gemeinsam stellte Schwesig Ende März Leitlinien für die Einführung einer Quote in Führungspositionen vor. „Deutschland ist Schlusslicht, wenn es um die Teilhabe von Frauen an Führungspositionen geht“, erklärte sie. Um das zu ändern, werden ab 2016 Aufsichtsräte von mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen verpflichtet, eine Geschlechterquote von 30 Prozent zu erfüllen. Das betrifft über 100 Unternehmen, in denen Arbeitnehmervertreter an den Entscheidungen beteiligt sind. Wird die Quote nicht erfüllt, bleibt der Stuhl leer. Unternehmen, die nur eine dieser Voraussetzungen erfüllen, also entweder börsen-

Zwei Gesetze, ein Ziel: Frauen fördern Gleichstellung Manuela Schwesig stellt die Reform des Elterngeldes und die gesetzliche Frauenquote für Unternehmen vor Von Vera Rosigkeit notiert oder mitbestimmungspflichtig sind, müssen sich ab 2015 verbindliche Ziele zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen setzen. Das betrifft zirka 3500 Unternehmen. „Was für die private Wirtschaft gilt, muss auch für den Bund gelten,“, so Schwesig. Sie kündigte an, die Regeln im

Manuela Schwesig: „Männer müssen Macht, Einfluss und Geld an Frauen abgeben.“

Bundesdienst zu verschärfen. Denn die Unternehmen mit Bundesbeteiligung sollen mit gutem Beispiel vorangehen. Auch mit der Einführung des ElterngeldPlus will sie die Teilhabe von Frauen im Berufsleben unterstützen. Konkret können in Teilzeit arbeitende Eltern künftig länger Elterngeld beziehen. Aus bisher zwölf plus zwei können künftig bis zu 24 plus vier Monate Elterngeld werden. So will Schwesig vor allem F­ rauen fördern, die schon während der Elternzeit wieder in den Beruf zurückkehren. Zusätzlich erhalten Eltern, die jeweils 25 bis 30 Wochenstunden arbeiten, einen Partnerschaftsbonus von vier zusätzlichen ElterngeldPlus-Monaten. Schwesig: „Wer sich gemeinsam um das Kind kümmert, wird länger gefördert.“ Manuela Schwesig will eine breite Diskussion anstoßen. „Männer müssen Macht, Einfluss und Geld an Frauen abgeben“, betonte sie. Das gehe nicht ohne Widerstand. Immer wieder fragen Journalisten, ob sie sich nicht mehr gewünscht hätte. Sie sei pragmatisch geworden, antwortet sie dann. „Mehr gibt’s immer, aber das Schwierigste ist, erst einmal anzufangen.“ n ANZEIGE

G e s e l l s c h a ft f ü r Kommunikation


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Andrea Nahles: Betriebe, die keinen Mindestlohn zahlen, werden sanktioniert.

Interview

»ich habe 1:1 umgesetzt« andrea nahles Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn und die Rente mit 63 kommen Interview Karin Nink und Yvonne Holl

Sie haben den flächendeckenden Mindestlohn als Gesetz auf den Weg gebracht. Sind Sie zufrieden mit sich? Zufrieden bin ich, wenn es ein gutes Ge­ setz geworden ist und alle Hürden pas­ siert hat. Ich will es noch vor der Som­ merpause durch den Bundestag bringen. Der Kabinettsbeschluss ist natürlich eine wichtige Etappe. Die Botschaft ist klar: Wir halten Wort. Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn kommt. Das ist eine Lohnerhöhung für fast vier Millio­ nen Menschen. Und es ist auch ein Rie­ senerfolg für die SPD. Unter 18-Jährige ohne Ausbildung sind nach Ihrem Vorschlag vom Mindestlohn ausgenommen. Über die Altersgrenze wurde viel diskutiert. Wie begründen Sie die 18? Mit 18 Jahren sind Menschen volljährig. Jugendlichen unter 18 gewähren wir mit dem Jugendschutzgesetz einen besonde­ ren Schutz, damit sie noch nicht so hart arbeiten müssen wie Erwachsene und sich auf Schule und Ausbildung konzen­ trieren können. Deshalb wollen wir auch nicht, dass Helferjobs mit 8,50 Euro pro Stunde attraktiver sind als eine Lehre oder ein Studium. Langzeitarbeitslose sollen bis zu sechs Monate niedriger entlohnt werden können. Was versprechen Sie sich davon? Es geht um eine Gruppe, die große Pro­

bleme haben, in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Wir wollen, dass Menschen nach vielen Jahren der Arbeitslosigkeit einfach wieder Tritt fassen. Und wenn sie den Einstieg geschafft haben, bekommen natürlich auch sie den Mindestlohn oder mehr. Ausnahmen für ganze Branchen haben Sie abgewehrt. Wirtschafts­ verbände kritisieren, Löhne in Höhe von 8,50 Euro die Stunde für Zeitungsausträger oder Erntehelfer seien nicht bezahlbar. Zunächst glaube ich, dass ein Geschäfts­ modell nicht gut ist, das auf Dauer darauf setzt, dass die Menschen weniger als 8,50 Euro verdienen. In personenintensiven Bereichen wie zum Beispiel Callcentern konnte man immer noch mit 50 Cent we­ niger vielleicht den anderen Konkurren­ ten aus dem Rennen schlagen. Das wird in Zukunft so nicht mehr möglich sein. Aber wir geben einzelnen Branchen auch Zeit zur Umstellung. Wer heute noch keinen Mindestlohn bezahlt, aber jetzt bereit ist in Verhandlungen mit den Gewerkschaften zu treten und einen or­ dentlichen Tarifvertrag abzuschließen, der hat bis Ende 2016 Zeit seine Bezah­ lung an den Mindestlohn anzupassen. Das stärkt die Tarifpartnerschaft in Deutschland und damit auch unsere s­ oziale Marktwirtschaft.

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Das ist eine Lohn­erhöhung für fast vier Millionen Menschen. Und es ist auch ein Riesenerfolg für die SPD.

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Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales, zum Mindestlohn

Wird dieses Angebot angenommen? Die Fleischindustrie – eine sehr schwie­ rige Branche – hat jetzt genau so einen ­Tarifvertrag gemacht. Wir kriegen pass­ genaue Lösungen für alle Branchen hin. Ähnlich wie in Großbritannien soll eine Kommission über Anhebungen des Mindestlohns beraten. Welches Gewicht hat diese Entscheidung? Großes Gewicht, denn die Kommission wird unabhängig von der Politik sein. Sie besteht aus je drei Vertretern der Arbeit­ geber und Arbeitnehmer, zwei wissen­ schaftlichen Beratern sowie einem Vor­ sitzenden. Vorschläge der Kommission für oder gegen eine Anpassung können von der Regierung nur per Rechtsverord­ nung in Kraft gesetzt werden. Ändern kann die Politik diese Vorschläge nicht. Wie soll die Umsetzung des Mindestlohns überprüft werden? Wir haben mit dem Bundesfinanzmi­ nisterium verabredet, dass wir zusätzli­ che Stellen beim Zoll – der Aufsichtsbe­ hörde für den Mindestlohn – schaffen, die die Umsetzung des Mindestlohnes kontrollieren sollen. Und es wird eine Hotline geben, wo Arbeitgeber und Ar­ beitnehmer Verstöße melden können. Was passiert einer Firma, die sich nicht dran hält? Es wird Bußgelder und andere Sank­ tionen geben, etwa mehrjährige Sperr­ fristen für öffentliche Aufträge. Glei­ ches gilt, wenn etwa der Lohn nicht ordnungsgemäß ausbezahlt wird. Denn häufig ist es so, dass in den kritischen Branchen nicht nur Dumpinglöhne ge­ zahlt werden, sondern die Leute manch­ mal überhaupt kein Geld für ihre Arbeit bekommen, vor allem ausländische ­A rbeitnehmer sind davon betroffen. Bei der Rente mit 63 hört die Kritik in der Union nicht auf. Geht die Rente mit 63 abschlagsfrei durch? Die Rente mit 63 wird kommen. Und das ist gut so. Sie ist Wertschätzung und Anerkennung für diejenigen, die durch harte Arbeit 45 Jahre und mehr unsere Sozialsysteme auf ihren Schul­ tern getragen haben. Sie ist genauso verabredet wie die Mütterrente oder der Mindestlohn. Da gibt es keinen Zwei­ fel. Das waren auch keine Randpunkte in der Verhandlung, sondern ganz zen­ trale Verabredungen. Und ich habe das 1:1 umgesetzt. In der Union gibt es vor allem ideologische Vorbehalte. Man will das nicht. Das haben wir aber – mit Verlaub – in der eigenen Partei bei der Finanzierung der Mütterrente auch: Viele haben Bauchschmerzen, diese aus Beiträgen und nicht aus Steuern zu finanzieren. Wenn die Union bei der Rente mit 63 nicht mitspielt wie vereinbart, wird die SPD zucken bei der Mütterrente? Es gibt kein Entweder-Oder, es gibt nur beides. n

Foto: Dirk bleicker

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ünchen wird weiter rot regiert. In der Stichwahl um den Posten des Oberbürgermeisters am 30. März setzte sich SPDMann Dieter Reiter mit 56,7 Prozent klar gegen seinen Konkurrenten von der CSU durch. Reiter folgt damit Christian Ude nach, der 22 Jahre die Geschicke der bayerischen Hauptstadt gelenkt hatte. Allerdings kann Reiter nicht auf die bewährte rot-grüne Mehrheit im Stadtrat bauen. Sie verfügt nur noch über 39 der 80 Sitze. Von einem „fast schon anrührenden Ergebnis“ sprach Ulrich Maly, nachdem er am 16. März bereits im ersten Wahlgang mit 67,1 Prozent der Stimmen als Nürnberger Oberbürgermeister bestätigt worden war. „Die SPD versteht, wie Nürnberg tickt“, erklärte er das Ergebnis, denn auch die Partei hatte mit 45 Prozent ein herausragendes Ergebnis erzielt. Und auch Kiel wird weiter von der SPD regiert. Ulf Kämpfer wurde am 23. März mit 63,1 Prozent zum Nachfolger der zurückgetretenen Susanne Gaschke gewählt. „Ich wünsche mir eine Aufbruchstimmung“, sagte Kämpfer nach der Wahl. n KD

gegen SteuerFlucht Nach der Verurteilung von Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung fordert die SPD einen neuen Anlauf für ein Steuerabkommen mit der Schweiz. ­„Kapitalanlagen unter Pseudonym, Nummernkonten und die Abschirmwirkung von Stiftungen haben in dieser Welt keinen Platz mehr“, schreiben Partei-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel und NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans in einem Papier. Sie fordern unter anderem eine Vereinbarung über den automatischen Informationsfluss zwischen Schweizer Banken und deutschen Behörden. n KD Das Papier: vorwaerts.de/117070

Fotos: Peter Kneffel/dpa, Dirk Bleicker

Gegen Sklavenarbeit Am 24. April 2013 stürzte in Bangladesch eine Textilfabrik ein und begrub mehr als 1000 Textilarbeiterinnen unter den Trümmern. Auch viele europäische Firmen hatten hier produzieren lassen. „Noch immer haben nur acht Unternehmen in einen von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) durchgesetzten Entschädigungsfonds einbezahlt“, schreibt die frühere Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul in einem Gastbeitrag für vorwaerts.de. Es gehe nun darum, eine internationale Initiative zu starten, um „Kernarbeitsnormen und So­

In Kürze 13 Rote Rathäuser Kommunalwahlen Die SPD siegt in den Metropolen München, Nürnberg und Kiel Global gedacht Von Rafael Seligmann

Strahlender Sieger: Dieter Reiter setzte sich im zweiten Wahlgang klar durch. Künftig bestimmt er die Geschicke Münchens als Oberbürgermeister.

zialstandards der ILO zu verwirklichen“. Die „Garment Industries Transparency Initiative“ (GITI), in der sich WieczorekZeul engagiert, arbeitet bereits in dieser Richtung. „Wir wollen Veränderungen in allen Ländern bewirken, in denen die Bekleiungsunternehmen produzieren, damit nicht ein Land gegen das andere ausgespielt wird.“ n KD Zum Beitrag: vorwaerts.de/bangladesch

Hilfe seit 30 jahren „70 Prozent der Armen und Hungernden auf der Welt sind Frauen“, sagt Christa Randzio-Plath. Um ihnen zu helfen, hat die frühere SPDEuropaabgeordnete vor 30 Jahren den Marie-Schlei-Verein gegründet. Er setzt sich – benannt nach der ersten Bundesentwicklungshilfeministerin – für Selbsthilfeprojekte von Frauen in Afrika, Asien und Lateinamerika ein. 550 Projekte wurden bereits unterstützt. In Hamburg feierte der Marie-Schlei-Verein am 29. März sein 30-jähriges Bestehen. „30 Jahre Marie-Schlei-Verein sind 30 Jahre Frauenpower für Zusammenarbeit gegen Hunger, Unterdrückung und Armut“, so Randzio-Plath. n KD

Herzlichen Glückwunsch

Hans Koschnick Bremer Bürgermeister a.D. Hans-Eberhard Urbaniak ehem. MdB zum 85. Geburtstag Max Amling ehem. MdB zum 80. Geburtstag Walter Kolbow ehem. MdB Ernst Küchler ehem. OB in Leverkusen Christine Lycyga ehem. MdB Gerhard Schröder Bundeskanzler a.D. Ludwig Stiegler ehem. MdB Günter Verheugen ehem. Vizepräsident der Europäischen Kommission zum 70. Geburtstag Frank Hofmann ehem. MdB Joachim Mertes Landtagspräsident in RLP Gerd Walter ehem. MdEP zum 65. Geburtstag

Russland ist ein unverzichtbarer Teil des europäischen Staatskonzerts. Dies hat eingängig der ehemalige US-­ Außenminister Henry Kissinger in seinem Buch „Großmacht Diplo­ matie“ geschildert. Heute warnt ­Kissinger davor, in der Folge der mit Zustimmung der Bevölkerungsmehrheit erfolgten Annexion der Krim durch Moskau Präsident Putin zu ­„dämonisieren“. Das tun die Bundesregierung und Außenminister Steinmeier mit Sicher­heit nicht. Dennoch kann Berlin die völkerrechtswidrige Abspaltung der Krim nicht hinnehmen. Denn das Anerkennen der Aufspaltung der U ­ kraine wäre ein Präzedenzfall. Er würde rechtfertigen, Staaten aufgrund von Willensbekundungen ihrer Minderheiten auseinanderzunehmen. Präsident Putin versteht den Zusammenbruch der Sowjetunion 1992 als größte geopolitische Katastrophe der Neuzeit. Er trachtet danach, seinem Staat wieder zur alten Größe als Supermacht zu verhelfen. Daher ist mit einem Ende des russischen Expansionsstrebens unter Putin nicht zu rechnen – wenn dies ohne nennenswerten Widerstand passieren kann. Der Revisionskurs Putins entspricht eher Prestigedenken als realistischer Politik. Er ist nicht im nationalen Interesse Russlands. Denn gerade der Kollaps der UdSSR hat gezeigt, dass Moskau nicht in der Lage ist, dauerhaft die umliegenden Länder zu beherrschen. Dies würde auch dem heutigen Russland nicht gelingen. Die Staaten des Baltikums, Weißrussland, die Ukraine, Ka­ sachstan etc. wollen ihre Unabhängigkeit bewahren. Ein expansives Russland lehnt selbst der weißrussische Autokrat Lukaschenko ab. Die EU sollte Moskau den Preis s­ einer Politik aufzeigen. Der Handel mit Europa beträgt 15 Prozent des Bruttoinlandprodukts Russlands, doch nur ein Prozent des EU-Außenhandels läuft über Russland. Es sollte der EU-Diplomatie gelingen, Moskau als rationalen Partner der Gemeinschaft zu gewinnen. Auch indem die EU deutlich macht, dass sie Putin und sein Land respektiert, doch nicht alles hinnimmt. n


14  In Kürze

vorwärts 04/2014

Die SPD in Schleswig-Holstein hat es geschafft. Während sonst bei Parteien die Mitgliederzahlen spürbar sinken, bleibt sie im Landesverband konstant. Am 31. Dezember 2013 hatte die Partei 18 442 Mitglieder und damit genau eins weniger als im Jahr zuvor. „Unsere Bemühungen um Neumitglieder fruch­ ten und auch die Anzahl der Austritte konnten wir deutlich senken“, freut sich der Landesvorsitzende Ralf Stegner. Das Zauberwort heißt Beteiligung. „Wer in die SPD eintritt, will nicht nur zahlendes Mitglied sein, sondern auch mitbestimmen.“ n KD Interview mit Ralf Stegner vorwaerts.de/117094

Kampa eröffnet 15 000 Großplakatflächenplakate, rund 1700 Radio- und 150 Fernseh-Spots – das ist der Europa-Wahlkampf der SPD in nur wenigen Zahlen. Am 31. März fiel der of­ fizielle Startschuss für die „Europa-Kam­ pa“ im Willy-Brandt-Haus. Dort arbeiten rund 80 Mitarbeiter auf Hochtouren für einen Wahlsieg am 25. Mai. „Martin Schulz ist ein Mobilisierungsfaktor“, ist Wahlkampfleiter Matthias Machnig überzeugt. In vier bis sechs FernsehDuellen wird sich Schulz mit EVP-Mann Jean-Claude Juncker messen. n KD

Unser Europa

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Solange ­Russland nicht seinen Kurs ändert, können wir nicht ­einfach zur Tagesordnung übergehen. Wir bleiben an ­vernünftigen Beziehungen zu Russland ­interessiert.

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Frank-Walter Steinmeier, Bundesaußenminister

Wie ist die Stimmung in den Nach­ barländern, ganz besonders in den wirtschaftlich angeschlagenen, wenige Wochen vor der Europawahl? Die Stimmung in vielen Nachbarländern ist wie die Lage: sehr schlecht. Wie sollte es auch anders sein, wenn vor allem die Jugendarbeitslosig­ keit besorgniserre­ gend hoch ist. Und: Wir reden nicht über Zahlen, sondern über Millionen von Ein­ zelschicksalen. Umso mehr habe ich bei un­ seren Schwesterpar­ teien den Eindruck, dass die Europawahl für sie eine besonde­ re Bedeutung hat. Sie wissen seit Jahren, welche Auswirkungen die einseitige Sparpolitik hat. Deshalb kämpfen sie besonders für einen Politikwechsel: für Wachstum und Beschäftigung. Mit Martin Schulz treten die europä­ ischen Sozialdemokraten erstmals mit einem gemeinsamen Spitzen­ kandidaten an. Wie spiegelt sich das in der Wahlkampagne der SPE wieder? Zum ersten Mal gibt es einen europa­ weiten Wahlkampf: Mit Spitzenkandi­ daten der Parteienfamilien. Mit einer Wahlkampftour durch ganz Europa. Mit einem kurzen und klaren europäischen

Drei Fragen an

Achim Post

Neue Nähe zwischen den alten Freunden

Obamas Brüssel-Besuch zeigt einen transatlantischen Frühling zwischen EU und USA. Doch neuer Ärger droht Von Peter Riesbeck

Die Krim-Krise lassen EU und USA wieder zueinanderfinden. Die Welt erlebt einen transatlantischen Frühling. Die neue Freundschaft beruht auf der alten Agen­ da: Sicherheit und Bündnis gegen außen. Das schweißt zusammen. Zur Freundschaft gehören Besuche: Und so reiste US-Präsident Barack Oba­ ma zuletzt mal wieder nach Brüssel. In all dem Trubel ging ein Termin fast un­ ter. Der Präsident gab in einer Rede vor Jugendlichen eine neue Begründung der alten Partnerschaft. Er erzählte von sei­ nem Besuch auf einem Soldatenfriedhof des Ersten Weltkriegs auf den Schlacht­ feldern Flanderns, vom Zweiten Welt­ krieg und davon wie auf den Trümmern dieser Vernichtung die Idee der Europäi­ schen Union erwuchs. Im Zentrum von ­Obamas Rede stand die Freiheit. Und er

gab Europas Jugend eine neue Begrün­ dung. ­ Obama löste sich vom europä­ ischen Kontext und beschrieb die Freiheit als universellen Wert. Im Afrika der De­ kolonisation, in Südamerika, in der ame­ rikanischen Bürgerrechtsbewegung und Osteuropa. „Unsere Ideen werden siegen“, so Obama. Auch auf der Krim. Freiheit setzt sich durch. Auffällig oft kam in der Rede der freie Handel vor. Schon glauben manche, der in der Krim-Krise neu entdeckte Wert der Freundschaft könnte auch die Frei­ handelsgespräche zwischen EU und USA vorantreiben. Er habe sich immer für Ver­ braucherrechte eingesetzt, sagte Obama nach seinem Treffen mit den EU-Spitzen und fügte hinzu: „Ich werde kein Gesetz unterzeichnen, das Verbraucherrechte oder Umweltstandards absenkt.“

Wahlprogramm. Mit TV-Duellen. Und: Zum ersten Mal entscheiden die Wähler, wer europäischer Regierungschef – also Präsident der EU-Kommission – wird. Und eins muss ich sagen: Das Tempo, das Martin Schulz hier vorlegt, hat es in sich. Für Deutschland und Europa wäre es ein großer Ge­ winn, wenn er der nächs­ te Kommissionspräsident würde. Viele fürchten einen Zulauf antieuropäischer Kräfte im nächsten ­Europaparlament. Ist diese Angst berechtigt? Leider ja. Zum ersten Mal haben Antieuropäer, Po­ pulisten, zum Teil sogar Faschisten, Chancen, mit vielen Abgeordneten ins Europäische Parlament einzuziehen. Dagegen hilft bei den Europawahlen vor allem eine hohe Wahlbeteiligung. Grundsätzlich gilt es, eine demokratische Öffentlich­ keit zu schaffen und Themen statt Stim­ mungen in den Mittelpunkt zu stellen. Zum Glück haben wir mit Martin Schulz einen überzeugten und überzeugenden Demokraten an der Spitze der europä­ ischen Sozialdemokratie. n KD

Peter Riesbeck: zur Not auch Nein sagen zum Freihandelsabkommen mit den USA

Achim Post ist Generalsekretär der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) und Bundestagsabgeordneter für Minden-Lübbecke (NRW).

Andere haben Zweifel. Nicht nur die Netz­ gemeinde macht gegen das Abkommen mobil. Es geht nicht allein um Zölle. Es geht um Chlorhühnchen, Genmais und Klonfleisch und die Frage: Welche Land­ wirtschaft wollen wir eigentlich. Die strittigen Investorschiedsverfahren wer­ den nun kräftig nachgebessert. Die Kla­ gen von Konzernen gegen Staaten sollen nun öffentlich verhandelt werden, auch NGO sollen zu Wort kommen. Über all der berechtigten Kritik geht ein Thema fast unter. Regulatorische Kooperation lautet das sperrige Stich­ ­ wort, kurz gesagt würde es US-Lobby­ gruppen erlauben auf anstehende EURegelungen Einfluss zu nehmen, wenn sie den freien Handel gefährdet sehen. Souverän ist anders. Auch die Hoffnung auf gestärkte Arbeitnehmerrechte bleibt wohl auf der Strecke. Der SPD-Europaab­ geordnete Bernd Lange hat nun gefordert die Verhandlungen bis November auszu­ setzen. Dann ist eine neue EU-Kommis­ sion im Amt und die US-Kongresswahlen sind vorüber. Zur Freiheit gehört auch die Freiheit, keine überstürzten Entscheidun­ gen zu treffen. Notfalls auch „Nein, dan­ ke“ zu sagen. Gerade unter Freunden. n

Fotos: privat, Berliner Zeitung/Mike Froehling

Konstant im Norden


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04/2014 vorwärts vorwärts 04/2014

Partei leben! inhalt Alles Gute, Gerd!

Fotos: Dirk bleicker (2), privat

Gerhard Schröder feiert seinen 70. Geburtstag

Kurz & Knapp

Leserfragen an die Generalsekretärin

Nachrichten aus den ­Gliederungen

Yasmin direkt

Super Vernetzt

Warum setzt sich die SPD nicht für einen Mindestlohn ohne jegliche Ausnahme ein? Es gibt einen Mindestlohn für alle volljährigen Beschäftigten, der für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten wird, flächendeckend und in allen Branchen. Das ist ein großer Erfolg. Repräsentative Tarifvertragsparteien können in einer Frist von zwei Jahren tarifvertraglich Übergänge organisieren. Damit ermöglichen wir Tarifverträge auch in Branchen, die bisher keinerlei Regelung hatten; erfolgreiches Beispiel war gerade die Fleischbranche. Nach den zwei Jahren gilt der Mindestlohn uneingeschränkt. Wir müssen allerdings auch darauf achten, dass Jugendlichen ohne Schulabschluss kein falscher Anreiz gegeben wird, auf Bildung und Ausbildung zu verzichten. Wird sich die SPD dem geplanten Freihandelsabkommen (TTIP) mit den USA entgegenstellen? Das geplante Abkommen eröffnet die Chance, dass Europa und die USA weltweit Maßstäbe setzen und wir so wesentlich zur politischen Gestaltung der wirtschaftlichen Globalisierung beitragen können. Dabei haben wir als SPD klare Maßstäbe, die ein solches Abkommen erfüllen muss: Es darf nicht um den Abbau von wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Standards gehen. Stattdessen wollen wir TTIP zu weltweiten Fortschritten bei den Themen Nachhaltigkeit, Verbraucherschutz und Arbeitnehmerrechte nutzen. Klar ist: Spezielle Investitionsschutzvorschriften sind in einem solchen Abkommen nicht erforderlich. Um das zu erreichen, brauchen wir transparente Verhandlungen und eine lebendige demokratische Debatte. Tragfähige Verhandlungsergebnisse kann es frühestens Ende 2015 geben. n

Der OV Brüssel bietet Hilfe im Europawahlkampf an

Kämpfer für die Arbeitnehmer Michael Sommer hört nach 12 Jahren als DGB-Chef auf

Super Stimmung: Beim Wahlkampfstart mit Martin Schulz in Hamburg war die große Halle der Kulturfabrik Kampnagel mit knapp 1000 Besuchern fast bis auf den letzten Platz gefüllt.

Auftakt nach MaSs »Darum Bin ich   in der SPD…«

EUROPAWAHl In Hamburg erklärte SPE-Spitzenkandidat Martin Schulz beim Wahlkampfauftakt, wie er die EU verändern will Von Susanne Dohrn

A Timo Haungs ist 19 und studiert in Mainz Publizistik und Politikwissenschaft. Er ist Mitglied im OV Hartenberg-Münchfeld Die SPD ist die einzige Partei, die mit Blick auf ihre Tradition in der Lage ist, für gerechtere Lebensumstände in Deutschland zu sorgen. Solidarität muss wieder einen höheren Stellenwert bekommen. Die soziale Demokratie ist das höchste Gut unserer Gesellschaft, das ich durch eine aktive Parteimitgliedschaft noch besser schützen und unterstützen helfen kann. n Warum seid Ihr gerade jetzt SPD-Mitglied geworden? Schreibt uns an parteileben@vorwaerts.de

m 25. Mai entscheiden die Wählerinnen und Wähler nicht nur über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments. Sie entscheiden auch darüber, wer der nächste Präsident der Europäischen Kommission werden soll und damit über das Mandat, die Weichen für die Zukunft Europas zu stellen. „Ich will dieses Mandat, weil ich diese EU besser machen will“, sagte der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten für die Europawahl Martin Schulz in Hamburg. Dort hat er zusammen mit dem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz, Familienministerin Manuela Schwesig und dem Hamburger Europaabgeordneten Knut Fleckenstein den SPD-Europawahlkampf eröffnet. In der großen Halle der Kulturfabrik Kampnagel erinnerte er an die 27 Millionen Arbeitslosen in Europa und die hohe Jugendarbeitslosigkeit in einigen Ländern. Deshalb werde es seine erste Priorität als Kommissionspräsident sein, dafür zu sorgen, dass in Europa gute Arbeitsplätze entstehen. „Das muss Arbeit sein, von der die Menschen auch leben können“, fügte der 58-Jährige begleitet vom Applaus der Zuhörer hinzu. Schulz

will dagegen vorgehen, dass Unternehmen sich künstlich arm rechnen, um Steuern zu sparen. Eine Billion Euro würden in der EU jedes Jahr durch Steuerhinterziehung und Steuervermeidung verloren gehen, sagt er. Schulz’ Ziel ist es, dass das Land, in dem die Gewinne gemacht werden, auch das Land ist, in dem die Steuern gezahlt werden. Er will sich dafür einsetzen, dass sich das „Lohngefälle zwischen Mann und Frau schließt“ und für eine europäische Datenschutzrichtlinie. Marin Schulz scheute sich nicht, auch Probleme der EU anzusprechen, wie die Armutsmigration. Aber die Lösung sei nicht, die Grenzen wieder zu schließen. „Deutschland insgesamt profitiert von der Zuwanderung“, betonte er und zwar „ganz besonders von Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien“. Schulz: „Diese Migranten sind jung, hoch motiviert und gut ausgebildet, zahlen Steuern und stabilisieren unsere Sozialsysteme – ­besonders unsere Rentenkasse!“ Das eigentliche Problem seien Unternehmer, die Hungerlöhne zahlen. n Mehr zum Wahlkampfauftakt: www.vorwaerts.de/europaauftakt


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Pa r t e i L e b e n !

»Du hast unser Land vorangebracht« Gerhard Schröder Ein persönlicher Glückwunsch zum 70. Geburtstag des Alt-Kanzlers und ehemaligen SPD-Vorsitzenden Von Christina Rau

04/2014 vorwärts vorwärts 04/2014

Deutschland nicht an einem Krieg gegen den Irak beteiligt. Ich erinnere mich gut daran, wie froh Johannes und ich damals waren. Du hast damit ein doppeltes Zeichen gesetzt: gegen die immer stärkere Militarisierung des Denkens und der Politik, die kein Problem wirklich löst und meistens neues, großes Leid schafft, und für ein Deutschland, das selbst darüber entscheidet, wie es seiner Verantwortung in der Welt am besten gerecht werden kann.

Gerhard Schröder: Als siebter Kanzler der Bundesrepublik war er von 1998 bis 2005 Chef einer rot-grünen Bundesregierung. Die SPD führte er als Parteivorsitzender von 1999 bis 2004. Zwei Mal in Folge machte er die Partei zur stärksten Kraft im Bundestag.

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u deinem besonderen Geburtstag bin ich mit guten Gedanken bei dir und wünsche dir ein fröhliches Geburtstagsfest mit Doris und den Kindern und all denen, die mit euch sein werden, um dich und mit dir zu feiern, alte Geschichten zu erzählen und gemeinsam auf die Zukunft anzustoßen. Lass dir ganz herzlich gratulieren und alles Gute für die kommenden Jahre wünschen. Wenn ich an dich denke, dann mischen sich Erinnerungen an den Bundeskanzler und seine politischen Entscheidungen, von denen manche wichtigen, die unser Land vorangebracht haben, heute zu wenig bewusst und andere bis heute umstritten sind, mit den Eindrücken aus unseren persönlichen Begegnungen, bei offiziellen Anlässen, mehr noch aber im privaten Kreis. Du hast in deinem Leben viel erreicht. Das wäre nicht möglich gewesen ohne die Kraft, die Energie und die Ausdauer, die dich nicht erst in deinen Jahren als Bundeskanzler ausgezeich-

Porträt »Gerhard Schröder« von Bruno Bruni Farblithographie auf ­Bütten-Papier, ca. 33 x 50 cm, ­limitierte Auflage, signiert und nummeriert 200,- Euro, versandkostenfrei Bestellung: vertrieb@vorwaerts.de BvVG mbH, Postfach 610322, 10925 Berlin

net haben, gepaart mit einem außergewöhnlich guten Gespür für Stimmungen und für den richtigen Moment zu handeln. Bei aller eigenen Leistung hast du nicht vergessen, woher du kommst und dass du Chancen nutzen konntest, die durch politische Entscheidungen für ein offeneres Bildungswesen geschaffen worden waren. Das haben viele Menschen bei Reden von dir, gerade in Zeiten von Wahlkämpfen, immer wieder gespürt, und das hat sicher zu dem großen Respekt beigetragen, den auch viele für dich empfinden, die nicht mit allem einverstanden waren, was du politisch für richtig gehalten hast.

Das »Nein« zum Irak-Krieg: Für Frieden und Selbstbestimmung In all den Jahren deiner politischen Arbeit gab es wohl keine Situation, in der du von den Menschen in Deutschland über alle sozialen und politischen Unterschiede hinweg so viel Zustimmung und Unterstützung erfahren hast, wie bei deiner Entscheidung, dass sich

Nach der verheerenden Tsunami-Katas­ trophe Ende Dezember 2004 im Süden und Südosten Asiens hast du mich gefragt, ob ich mich darum kümmern wolle, dass die große Hilfsbereitschaft von Bürgern, Kommunen, Schulen, Unternehmen und vielen Initiativen im Rahmen einer Partnerschaftsinitiative Fluthilfe so schnell und so gut wie möglich bei den betroffenen Menschen ankommt. Ich habe das gerne getan als deine persönliche Beauftragte, wie du mich damals vorgestellt hast. Das war eine ebenso spannende wie beglückende Erfahrung, bei der ich mir deines Rückhalts und deiner Unterstützung immer sicher sein konnte. Dir ging es darum, beim Wiederaufbau in den betroffenen Regionen zu helfen, damit Menschen wieder neuen Lebensmut finden können, und zugleich wolltest du dafür sorgen, dass nachhaltige Partnerschaften entstehen, und du wusstest natürlich auch, dass das zum Bild beiträgt, das sich die Menschen weit über die betroffenen Regionen hinaus von unserem Land machen. Ich bin noch heute froh darüber, dass ich bei diesen Aufgaben mithelfen durfte. In der Zeit, als du Bundeskanzler warst – Johannes war Bundespräsident, hat sich zwischen euch ein besonders intensiver und regelmäßiger Austausch entwickelt, der sich nicht nur auf politische Themen beschränkte. Auch nach Johannes’ Amtszeit blieb es bei diesen Begegnungen – Begegnungen jenseits des politischen Betriebs mit seinen Routinen und Ritualen, Begegnungen von Mensch zu Mensch, weit über gegenseitigen Respekt hinaus. Besonders in der Zeit, als es Johannes nicht gut ging, war es eine wärmende Freude, wenn du, manchmal auch mit Doris und den Kindern, vorbeikamst. Dafür bin ich dir besonders dankbar. n Christina Rau, die Ehefrau des ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau, war 2005 die „Persönliche Beauftragte“ von Kanzler Schröder für TsunamiOpfer. Ihre Würdigung ist aus der Festschrift „Gerhard ­Schröder zum Siebzigsten“.

Fotos: Dirk Bleicker, Jens Kalaene/dpa

Nach dem Tsunami 2004: Deutsche Hilfe für Südostasien


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Wo man singt...

»Rothe Gesellen«

„Wann wir schreiten Seit’ an Seit’“, „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“ oder „Die Internationale“ – die Sozialdemokratie hat ein reiches Liedgut. Diese Kultur zu pflegen und mit neuem Leben zu füllen ist das Ziel der „vorwärts“-Liederfreunde. Gegründet im März 2011 können die

Die 150-jährige Geschichte der SPD wurde stets maßgeblich von „den kleinen Leuten“ geprägt. In seinem Buch „Die rothen Gesellen im schwarzen Westen“ beleuchtet Achim Großmann anhand von Fotos, alten Flugblättern, Plakaten und Biographien, wie Sozialdemokraten in der Region Aachen gegen Polizeibespitzelung, Dreiklassenwahlrecht, Unterdrückung und Verfolgung für mehr Freiheit und Demokratie gekämpft haben. n jo

Sängerinnen und Sänger auf viele erfolgreiche Auftritte zurückblicken – bei Jubilar-Ehrungen in Ortsvereinen ebenso wie auf Landes- und Bundesparteitagen. „Aus einer Handvoll Liederfreunde sind inzwischen über 20 geworden“, freut sich Andrew Walde, der die Liederfreunde auf der Gitarre begleitet. „Das ergibt schon einen beeindruckenden Klangkörper.“ Und die Liederfreunde sind offen für weitere Mitsänger. n KD

Einladung zur Wahl Mit einer kreativen Aktion rufen die Jusos in Wassen­ berg (NRW) zum Gang an die Wahlurne auf. In den kommenden Wochen verteilen sie Postkarten mit der Aufschrift „Hast du am 25. Mai schon etwas vor?“ an rund 10 000 Haushalte in Wassenberg. Ziel der Ak­tion: junge Leute zum Wählen zu animieren. Am 25. Mai findet nämlich nicht nur die Europawahl, sondern auch die Kommunalwahl in NRW statt. Wer Interesse an den Karten hat, kann sich an den Juso-Vorsitzenden Markus Schnorrenberg wenden. Die Botschaft der Karte ist schließlich übertragbar. n JO markus.schnorrenberg@ spdwassenberg.de

Laufend erfolgreich Unter dem Motto „Mit links durchs Viertel“ bot der Ortsverein MünchenSendling vor der Kommunalwahl Spaziergänge an. Interessierte Bürger konnten sich dabei über aktuelle Entwicklungen in Sendling, die SPD-Politik und historische Hintergründe informieren. „Die Menschen wissen, dass die SPD hier vor Ort für sie da ist“, sagt OV-Chef Markus Lutz. Er sieht einen Zusammenhang zwischen den Spaziergängen und dem guten Abschneiden der Sendlinger SPD bei der Kommunalwahl. n jo

Helfen mit Matjes „Wir kochen. Sie essen. Zusammen helfen.“ Das ist das Konzept des traditionellen Benefiz-Dinners der SPD in Holle (Niedersachsen). Der SPD-Gemeindeverband bewirtete am Freitag nach Aschermittwoch schon zum sechsten Mal rund 80 Gäste mit Matjes, Dessert und Getränken. Die Mitglieder des Vorstands griffen dabei selbst zum Kochlöffel. Jeder Gast zahlte 15 Euro, ließ sich das Essen schmecken und tat dabei auch noch etwas für den guten Zweck: Der Erlös der Veranstaltung kommt in diesem Jahr Kindern aus einkommensschwachen Familien im Holler Hort zugute. Als Gastredner war Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (m.) dabei. Das Fazit der Holler SPD fiel so auch einhellig aus: „Der Abend war wieder ein schöner Erfolg – Fortsetzung folgt 2015!“ n Jo ANZEIGE

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haben sie eigene Räume. Der Ortsverein geht zurück auf einen Freundeskreis, den SPD-Mitglieder 1969 in der EUHauptstadt gegründet haben. 1984 banden die Genossen aus Aachen die SPD Brüssel organisatorisch in ihre Strukturen ein, integrierten ihn in den Landesverband NRW und ermöglichten so die Gründung eines offiziellen Ortsvereins.

»Ein Stück Heimat«

Oft unterwegs: Özgür Öner während einer Dienstreise in Berlin. Viele Brüsseler SPD-Mitglieder beschäftigen sich auch im Beruf mit EU-Themen.

Das Netzwerk OV Brüssel Viele Mitglieder des Ortsvereins sind Europa-Experten. Dieses Wissen stellen sie nun auch im Wahlkampf zur Verfügung Von Carl-Friedrich Höck

Hilfe per Helpdesk Deshalb haben die Brüsseler Sozialdemokraten ein „Europa-Helpdesk“ organisiert. „Wir wollen unser Know-How und unsere Ressourcen bündeln und sie zur Verfügung stellen“, erklärt Öner das Projekt. Wer Anfragen zu europapolitischen Themen erhält, kann sie an die SPD Brüssel weiterleiten. Das Angebot richtet sich vor allem an SPD-Kandidaten und an Ortsvereine, die sich im Europawahlkampf engagieren. „Wir beantworten die Fragen oder erstellen kurze Dossiers“, sagt Werner Wobbe, der ehemalige Vorsitzende des Brüsseler Ortsvereins.

OV-Porträt

Dabei kooperiere man mit den SPD-Abgeordneten im Europaparlament. Und der Brüsseler Juso-Vorsitzende Ingo Wagner ergänzt: Es sei im Europawahlkampf manchmal schwer, die Menschen von der Bedeutung der Wahl zu überzeugen. „Besonders dann, wenn man in den Themen nicht so tief drinsteckt. Und genau dabei können wir helfen.“ Als Auslandsortsverein ist die SPD Brüssel ein Exot in der Partei. Weder kämpfen die Brüsseler Sozialdemokraten um lokale politische Ämter, noch

Die SPD Brüssel will die Bindung an die SPD aufrecht erhalten, auch wenn So­ zialdemokraten mehrere Jahre im Ausland verbringen. Rund 10 000 Deutsche wohnen in Brüssel. Der Ortsverein hat rund 260 Mitglieder. Damit ist er die größte Auslandsorganisation der SPD. Zweimal im Jahr trifft sich der Orts­ verein bei einem der Mitglieder zuhause. Man organisiert Feste, Arbeitskreise und Diskussionsveranstaltungen. Oft arbeiten die Brüsseler Genossen dabei mit den europäischen Schwesterparteien zusammen und tauschen sich mit ihnen über die unterschiedlichen nationalen Sichtweisen auf europäische Themen aus. Ein jährliches Highlight ist ein deutschsprachiger Kabarettabend. Damit erreicht die SPD Brüssel auch Menschen außerhalb des Parteiumfeldes. Ohnehin versteht sich der Orts­ verein nicht nur als Parteiorganisation, sondern auch als soziales Netzwerk für Deutsche im Ausland. „Wir sind oft der erste Anlaufpunkt für Leute, die nach Brüssel kommen“, berichtet Öner. Ingo Wagner bezeichnet den Ortsverein deshalb als „ein Stück Heimat“. n E-Mail-Adresse des Europa-Helpdesks europa-helpdesk@spd-bruessel.de

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Marte Hentschel, taz-Leserin, Berlin, Geschäftsführerin einer Modefirma

Die taz. Mehr als lesen. Teilhaben.

Ich teile mir die taz mit 13.500 anderen.

Mehr als 13.500 Genossinnen und Genossen sichern die publizistische und ökonomische Unabhängigkeit ihrer Zeitung. Wer einen Anteil von 500 €* zeichnet, kann GenossIn werden. taz.de/genossenschaft geno@taz.de | T (030) 25 90 22 13 *auch in 20 Raten zahlbar

Foto: Dirk Bleicker

ass Özgür Öner bereits seit vier Uhr morgens auf den Beinen ist, merkt man ihm nicht an. Er ist frisch rasiert, die kurzen Haare sind zur Seite gestrichen, das Hemd und die Krawatte sitzen akkurat. Und er lächelt viel, während er druckreife Sätze formuliert. Als „Berater für Politik“ bezeichnet er sich. Öner leitet das Brüsseler Büro des deutschen Immobilienverbandes GdW. Für seinen Job ist er viel unterwegs, lange Arbeitstage sind die Regel. Und die Freizeit, die ihm in den späten Abendstunden bleibt, investiert er oft in Parteiarbeit. Denn Öner ist auch der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Brüssel. Genossen wie Öner gibt es viele in der EU-Metropole. Ein Großteil der SPDMitglieder in Brüssel arbeitet für die ­Europäischen Institutionen oder als Lobbyist für Sozialverbände, Gewerkschaften und Unternehmen. Sie sind PolitikProfis und Experten für europäische Themen. Dieses Fachwissen wollen sie im Europawahlkampf nutzen, um die SPD zu unterstützen.


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Im Theaterfoyer: Im Mai tritt Michael Sommer von der großen Bühne ab, hier ist der amtierende DGB-Vorsitzende vor dem Berliner Ensemble zu sehen. An das Theater am Schiffbauerdamm im Herzen Berlins hat er schöne Erinnerungen, hier feierte er seinen 60. Geburtstag.

Mit sich im reinen

Michael Sommer Nach zwölf Jahren gibt er den DGB-Vorsitz ab, einen richtig tollen Job, wie ­Sommer findet. Nun will der 62-Jährige Französisch lernen und seine Nachfolger machen lassen Von Yvonne Holl

Foto: Hendrik Rauch

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ufrieden blinzelt der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes in die Sonne. Eigentlich stand sein Fahrer mit dem Auto bereit, doch Michael Sommer nutzt die Minuten zwischen einer Buchvorstellung und einem Interview zu einem kurzen Spaziergang an der Spree. Sein Terminkalender ist prall gefüllt. „Es wird schon etwas weniger“, sagt er bescheiden. Hinter ihm grinst seine Referentin und schüttelt den Kopf. Sie nimmt das anders wahr: Noch ist er viel gefragt, der 62-Jährige, der seit zwölf Jahren – drei Legislaturperioden lang – der oberste Gewerkschafter Deutschlands ist. Am 11. Mai gibt Michael Volker ­Sommer, geboren am 17. Januar 1952 im nordrhein-westfälischen Büderich beim

Porträt

DGB-Kongress den Vorsitz ab. Am 12. Mai soll sein designierter Nachfolger, der 57-jährige Reiner Hoffmann, zum DGBVorsitzenden gewählt werden.

»Die Zeit war reif« Und bis dahin ist es eben ein bisschen „komisch“ für Michael Sommer, eine Zeit des Übergangs. Auch Zeit, Bilanz zu ziehen? Das scheint er schon getan zu haben. „Ich bin mit mir im Reinen“, sagt Sommer. Mit der Einführung des flächendeckenden Mindestlohns durch die große Koalition und Verbesserungen für viele Rentner sind just in diesem Jahr einige wesentliche Gewerkschaftsforderungen erfüllt. „Ich gehe nicht eher, bis der gesetzliche Mindestlohn da ist“, hat Sommer vor ein paar Jahren

gesagt. Heute sagt er: „Die Zeit war reif, der Mindestlohn wäre auf jeden Fall gekommen. Mit einer anderen Regierung etwas langsamer, mit mehr Windungen und Ausnahmen.“ Er hätte also so oder so Recht behalten, ist die Botschaft. Und, dass der Mindestlohn ein Sieg der Gewerkschaften ist: „Das haben wir geschossen“, sagt er mit Nachdruck. Worauf Sommer noch stolz ist: „Dass der DGB nicht nur überlebt hat, sondern heute sehr gut da steht.“ – Die schwierigen Zeiten hat er aber auch noch gut im Gedächtnis: Das war die Einführung der Agenda 2010 durch die rot-grüne Bundesregierung. Sommer warf der Schröder-Regierung damals vor, ihre Politik sei weder sozial noch gerecht. Und das war die Banken-Krise, festgemacht


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an der Pleite der Lehman-Bank. „Das kann man nicht schildern, wie man sich fühlt, wenn man an einem dritten Advent ins Kanzleramt geht und weiß, wenn das Gespräch schiefgeht, dann sitzen fünf Millionen Leute auf der Straße.“ Sommer hat sich damals stark dafür eingesetzt, dass der Staat selbst aktiv hilft, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, etwa mit der Abwrackprämie.

Keine Hornhaut auf der Seele Doch bei der Erinnerung sieht man in seinem Gesicht die Sorgenfurchen. „Die Verantwortung“, ächzt Sommer und stützt den Kopf. Damals sei jeder Gang auf die Straße zum Spießrutenlauf geworden: „Ihr Job ist es, dass ich meinen behalte“, hätten ihm Leute zugerufen. „Das schütteln Sie nicht weg, außer Sie haben Hornhaut auf der Seele“. Und dann sind da die Entwicklungen, die er nicht verhindern konnte, die Prekarisierung von Arbeit etwa. Das setzt ihm zu. Es ist deshalb auch ein bisschen Erleichterung dabei, wenn Sommer an seinen Abschied denkt: „Diese Verantwortung, diese tägliche enorme Last

nicht mehr zu haben, das wird schon gut“, sagt er. Obwohl: „Es war eine tolle Zeit“, sagt er auch und wirkt dabei stolz. Stolz auch darüber, dass er es dahin geschafft hat, der Junge aus schwierigen Verhältnissen, dessen Mutter „sich krumm gemacht“ hat, damit er studieren konnte, dessen Vater durch Abwesenheit und nicht geleistete Unterhaltszahlungen geglänzt hat. Ein uneheliches Kind war er. „Damals war das noch was richtig Schlimmes.“ Sein Weg damit umzugehen sei eben gewesen, sich in die erste Reihe zu stellen, nach dem Motto „Jetzt erst recht“. Zuerst als Schulsprecher, dann, ziemlich früh, als Gewerkschafter bei der Post, wo er neben seinem Politik-Studium jobbte und ab 1980 hauptberuflich für die Postgewerkschaft arbeitete. Und DGB-Chef, das sei sein Traum-Job g ­ewesen. „Ich wollte dieses Amt.“ Großartige Leute habe er kennengelernt, natürlich auch ein paar Idioten. Aber eben auch Menschen wie Lula da Silva, den früheren brasilianischen Präsidenten, der ihn schwer beeindruckt hat. Oder die Drehmaschinen-Inge­ nieure, von deren Fertigkeit er begeis-

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Nach dem 11. Mai ­werde ich mich nicht mehr zu Gewerk­ schafts­ themen ­äußern.« Michael Sommer

scheidender Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes

tert ­erzählt. Und die Werftarbeiter, nach deren Tadel über seine Lederjacke er nur noch im Anzug zu Terminen ging. Ob es so einer im Ruhestand aushält? Michael Sommer hat es sich jedenfalls fest vorgenommen: „Nach dem 11. Mai werde ich mich nicht mehr zu Gewerkschaftsthemen äußern“, verspricht er. Unmöglich findet er das, wenn die Altvorderen immer noch reinreden. Auch respektlos den Jüngeren gegenüber. ­Außerdem fürchtet er wohl auch, sich zu blamieren: „Ich bin mir sicher, es fehlen einem dann auch entscheidende Informationen für ein richtiges Urteil.“ Langweilen wird er sich eher nicht. Zum einen bleibt er stellvertretender Vorsitzender der Friedrich-EbertStiftung. Zum anderen hat er private Pläne: Zwei Monate in Frankreich die Sprache lernen, das ist ein alter Traum, den er jetzt angehen will. Und das ­nahe Brandenburg kennenlernen, das sei für ihn als in West-Berlin Aufgewachsener immer noch eine unbekannte Welt, die er nun bereisen möchte. Außerdem kocht Sommer sehr gern. „Gerade ­habe ich mir einen neuen Wok gekauft“, schwärmt er. n

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Die SPD-Bundestagsfraktion will die gesetzliche Rentenversicherung gerechter gestalten. Bereits im Januar hat Andrea Nahles, die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, ein Rentenpaket vorgelegt. Das Bundeskabinett hat den Maßnahmen schon zugestimmt. Nun befasst sich der Bundestag damit. Am 1. Juli 2014 sollen die Änderungen in Kraft treten. „Wer lange gearbeitet und Beiträge gezahlt hat, kann früher in Rente gehen“, erklärt die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Katja Mast das Ziel der Neuerungen. „Wer nicht mehr arbeiten kann, ist durch eine verbesserte ­Erwerbsminderungsrente besser abgesichtert.“ Das Rentenpaket ­besteht aus vier Bausteinen. Der erste ist die Rente mit 63. Wer 45 Jahre lang in die Rentenversicherung eingezahlt hat, soll künftig bereits ab 63 Jahren ohne Abschläge in den Ruhestand gehen können. In den kommenden Jahren soll diese Altersgrenze schrittweise auf 65 Jahre angehoben werden. In die Beitragsjahre mit eingerechnet werden kurzzeitige Unterbrechungen des Arbeitslebens, zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit (Bezug von Arbeitslosengeld I). Auch die Erziehung von Kindern bis zum 10. Lebensjahr und Zeiten der Pflege werden angerechnet, sofern Versicherungspflicht bestand. Durch die sogenannte „Mütterrente“ erhalten Rentnerinnen, die vor 1992 Kinder bekommen und erzogen haben, zusätzlich zu ihrem Rentenanspruch einen weiteren Entgeltpunkt pro Kind. Diejenigen, die noch nicht in Rente sind, erhalten für ihre spätere Rente ein weiteres Jahr

Ausschuss zur NSA-Affäre

Wer 45 Jahre lang gearbeitet hat, soll früher als bisher in Rente gehen können

Gesagt, getan, gerecht Mit dem Rentenpaket sollen Lebensleistungen besser anerkannt werden Kindererziehungszeit gutgeschrieben. Mit der „Mütterrente“ sollen Erziehungsleistungen besser gewürdigt werden. Von ihr profitieren 9,5 Millionen Frauen – und auch einige Männer. Die Erwerbsminderungsrente für Menschen, die vor dem regulären Renteneintrittsalter nicht mehr arbeiten können, wird verbessert. Wer ab dem 1. Juli 2014 in Erwerbsminderungsrente geht, erhält mehr Geld. Zudem wird das Reha-Budget

der gesetzlichen Rentenversicherungsträger aufgestockt. Dadurch können sie mehr Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation finanzieren. „Diejenigen, die Kinder groß gezogen oder die 45 Jahre Job hinter sich haben, haben unser Rentensystem stabil gemacht“, sagt der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann. Sie verdienten deshalb eine höhere und gegebenenfalls frühere Rente als bisher. n CFH

Der Bundestag hat im März einstimmig einen Untersuchungsausschuss zum NSASkandal eingesetzt. Es sei „wichtig, die mögliche Verletzung von Bürgerrechten durch nachrichtendienstliche Tätigkeiten aufzuklären“, sagt die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion Christine Lambrecht. Der Ausschuss soll auch der Frage nachgehen, ob deutsche staatliche Stellen in die Abhöraktionen verstrickt waren, und Reformvorschläge erarbeiten, wie die Privatsphäre bei der elektronischen Kommunikation effektiver geschützt werden kann. Obmann der SPD-Fraktion im Untersuchungsausschuss wird Christian Flisek. n CFH

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Familie ist für uns dort, wo Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Sönke Rix,

Steuerbetrug bekämpfen

Profitiert vom Programm „Soziale Stadt“: Die Gropiusstadt in Berlin

Fotos: Förster Martin, imago/Caro, SPD-Fraktion

Mehr Geld für Städtebauförderung Die Bundesmittel für die Städtebauförderung werden deutlich angehoben. Im Haushaltsentwurf des Bundes für 2014, der demnächst im Bundestag beraten wird, sind für die Städtebauförderung 700 Millionen Euro vorgesehen – 245 Millionen mehr als im vergangenen Jahr. Insbesondere das Programm „Soziale Stadt“ profitiert davon. Die Bundesmittel hierfür steigen von zuletzt 40 auf 150 Millionen Euro. Mit dem Programm soll der sozialen Spaltung in arme und reiche Stadtteile entgegengewirkt werden. Damit werde eine Vereinbarung des Koalitionsvertrages umgesetzt, „für die wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten jahrelang gekämpft haben“ freut sich SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. n CFH

Die SPD-Bundestagsfraktion will entschlossen gegen Steuerbetrüger vorgehen. „Steuerhinterziehung ist ein Verbrechen gegen die Gesellschaft“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Carsten Schneider. Für die SPD-Fraktion hat er ein Papier mit konkreten Vorschlägen erarbeitet. Unter anderem wird darin gefordert, Banken oder Finanzinstitute härter zu bestrafen, die Beihilfe zum Steuerbetrug leisten. Auch Schlupflöcher im Steuerrecht, mit denen Unternehmen Steuern legal vermeiden können, will ­Carsten Schneider schließen. Denn öffentliche Leistungen wie Bildung, Infrastruktur oder die soziale Sicherung können auf ­Dauer nur bereitgestellt werden, wenn alle Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen zur Finanzierung des Staates beitragen. Die Steuerpolitiken der EU-Mitgliedsstaaten müssen stärker koordiniert werden, fordert Schneider. Die Steuerbehörden in ­ ­Europa sollen besser zusammenarbeiten, zum Beispiel durch einen automatischen Informationsaustausch. Die Unternehmensbesteuerung will der SPD-Fraktionsvize europaweit stärker angleichen, unter anderem durch einen Mindeststeuersatz für Unternehmen. Damit soll der Steuerwettbewerb zwischen den Staaten in geordnete Bahnen gelenkt werden. Und Unternehmen sollen ihre Steuern dort zahlen, wo sie auch ihre Gewinne erwirtschaften. Manche Unternehmen übertragen Patente oder Markenrechte an ausländische Konzerngesellschaften, zahlen ihnen Nutzungsgebühren und schaffen so ihren Gewinn ins Ausland. Diese Möglichkeit der ­Steuervermeidung will Schneider verbieten. n CFH

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familienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, begrüßt das neue Recht von eingetragenen Lebenspartnern auf Sukzessivadoptionen.

Impressum Verlags-Sonder­ veröffentlichung Herausgeber: SPD-Bundestagsfraktion Petra Ernstberger, MdB Parl. Geschäftsführerin V.i.S.d.P. Anschrift: SPD-Bundestagsfraktion Platz der Republik 1 11011 Berlin


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vorwärts 04/2014

Zwischenruf

Leserbriefe Steuerbetrug 03/2014

Michael Müller Die SPD muss die Ökologie zu ihrer Sache machen – nur so wird echter Fortschritt möglich

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uf dem Bundesparteitag in Dresden kündigte Sigmar Gabriel an, die Meinungsführerschaft in unserem Land zu erkämpfen, damit die SPD wieder zur stärksten Reformkraft wird. Dafür muss sie auf der Höhe der Zeit sein und eine Antwort auf die Frage geben: „Wie ist heute Fortschritt möglich?“. Denn die alten Rezepte des Wachstums funktionieren immer weniger. Die Steigerung des Bruttoinlandsprodukts, das Schneller, Höher, Weiter, kann nicht länger die Formel für die Lösung alltäglicher Probleme und die Hoffnung auf ein besseres Leben sein. Der limitierende Faktor der weiteren Zukunft sind die ökologischen Grenzen des Wachstums. Aber der Wachstumsund Beschleunigungswahn ist ungebrochen, versprochen mit einer neuen Welle fragwürdiger Erwartungen – das hochgejubelte Freihandelsabkommen TTIP zwischen USA und EU. Wir erreichen planetarische Grenzen: Im letzten Jahrzehnt ist der Kohlendioxid-Ausstoß stärker gestiegen, als der Weltklimarat selbst in pessimistischen Szenarien befürchtet hat. Die erste Schlacht gegen die Erderwärmung ist verloren, was die ärmsten Weltregionen zu spüren bekommen. Das Peterson-Institut befürchtet, dass 29 Entwicklungsländern ein Rückgang von 20 Prozent des Ernteertrags droht. Auch der Höhepunkt der Öl­ förderung, Basis der motorisierten Mobilität, wurde bereits 2008 erreicht, schnelle Fortbewegung droht zum ­Luxus zu werden. Die Auswirkungen unseres Handelns auf die Umwelt eskalieren. Das Holozän, die gemäßigte Warmzeit, ist vorbei. Wir leben im Anthropozän,

im menschlich gemachten Neuen. Paul Crutzen, Nobelpreisträger 1995 für Chemie, spricht von der Geologie der Menschheit. Das Zusammenspiel von Klimawandel, Öl- und Wasserknappheit und Zerstörung der Arten mit Armut, sozialer Ungleichheit und weiteren 1,5 Milliarden Menschen wird negative Synergien erzeugen, die jenseits unserer Vorstellungskraft liegen. Die Alternative heißt zerstören oder gestalten. Sie erfordert eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die Innovationen fördert, die sozial gerecht und ökologisch verträglich sind. Die SPD muss die Sache der Ökologie zu ihrer machen. Die Zusammenführung sozialer Demokratie und ökologischer Verantwortung bedingen einander. Es geht nicht darum, was höher zu bewerten ist, ob Ökonomie, Sozia­ les oder Ökologie, sondern um eine nachhaltige und gute Gesellschaft. Ein neuer Fortschritt wird möglich, wenn die SPD sich dem Notwendigen verschreibt, nicht dem scheinbar nur Machbaren. Sie muss aufhören, Wachstum mit Entwicklung zu verwechseln. n

Michael Müller ist Vorsitzender der Naturfreunde Deutschlands. Der ehemalige SPD-Bundestagsab­ geordnete (1983-2009) war von 2005 bis 2009 Parl. Staatssekretär im Bundesumwelt­ ministerium. Mitreden & bloggen: vorwaerts.de/zwischenruf

Zünftig ging es zu, als die bayerische Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion am 20. März die vorwärtsRedaktion besuchte. Seit der Bundestagswahl gehören 22 Abgeordnete aus Bayern der Fraktion an – ein satter Zugewinn von sechs Sitzen. Zeit also, sich kennenzulernen. Bei einer mitgebrachten Brotzeit mit Brezn und Knackern bekamen die Abgeordneten Einblick in die Arbeit der Redaktion. Die Redakteure erfuhren, wie es ist als Neumitglied des Bundestages. Auch das Abschneiden der SPD bei der ersten Runde der bayerischen Kommunalwahl und die bevorstehende Europawahl waren Gesprächsthemen. Der Besuch soll nicht der letzte gewesen sein. n KD

Uta Fritzsche, Mönchengladbach

Medienzirkus 03/2014

Ich würde gerne wissen, welche ­Aufgaben eines seriösen J­ ournalismus‘ List von Diekmann nicht erfüllt sieht. Sie scheinen ja so selbstverständlich zu sein, dass List sie nicht einmal e ­ rwähnt. Meine Vorstellung von J­ ournalismus ist es durchaus, ­provokante und unangenehme Fragen zu stellen. Jochen Weiss, per E-Mail

Euro-Krise 03/2014

Austausch bei Brezn und Knacker: Teile der bayerischen Landesgruppe und der vorwärts-Redaktion

Die Immobilienblase, wenn sie denn kommen sollte, wird hervorgerufen durch das billige Geld der EZB. 0,25 Prozent Zinsen. Dadurch werden nicht nur deutsche Sparer faktisch enteignet, sondern die Baufinanzierung wird durch die EZB zu billig gemacht. Das heißt, die EZB fördert die Blase. W ­ arum macht die EZB das? Antwort: Weil sie Rücksicht auf die überschuldeten ­Süd-Länder nehmen muss.

Gewonnen In der jüngsten vorwärtsAusgabe haben wir drei ­signierte Bücher von ­Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder verlost. Je ein Exemplar von „Klare Worte“ geht an: Katharina Junge 10437 Berlin Dieter Lubinski 39365 Wefensleben Detlef Wittke 30459 Hannover

Wolfram Wiesel, Rösrath

Porträt Franziska Giffey 03/2014

Es ist schon nachzuvollziehen, wenn Franziska Giffey sagt, dass es sie schmerze, wenn e ­ uropaskeptische Haltungen Zulauf gewännen. Aber wodurch entsteht denn eine ­zunehmende Europaskepsis? Nicht nur durch r­ egelungswütige Eurokraten, die den EU-Bürgern ­ellenlange SEPA-Nummern zumuten. Nein, die Skepsis nährt sich auch ­deutlich sichtbar aus dem Verhalten von EU-Kommissaren, die zum Thema Masseneinwanderung in ­europäische Sozialsysteme aus ­Rumänien und ­Bulgarien schlicht behaupten, man habe ein „Wahrnehmungsproblem“.

Gerhard L. Müller-Debus, Frankfurt am Main

Fotos: Gudrun Senger/photothek.net, Carl-Friedrich Höck

Gestalten statt zerstören!

Besuch zur Brotzeit

Steuerbetrug ist eine Riesenschweinerei. Die Schweiz und Liechtenstein locken seit einer Ewigkeit Vermögende an. Selbstanzeigen waren bisher nicht strafbar. Meiner Meinung nach sollte dies aber künftig der Fall sein, sonst ist es keine Abschreckung und es geht weiter wie bisher.


Meinung 23

04/2014 vorwärts

es um die Grüne Gentechnik geht, verlässt unsere Genossen der Mut. Dann wiegen manipulierte Umfragen mehr als wissenschaftliche Erkenntnisse.

Peter Langelüddeke, Hofheim am Taunus

vorwärts App+

… Mehr lesen!

interview mit Martin Schulz 03/2014

Seit 42 Jahren bin ich in der SPD und immer haben wir das „Du“ als Anrede verwendet. Die Redaktion des ­„vorwärts“ bricht nun permanent diese Gepflogenheit und macht der Mitgliedschaft deutlich, dass die Parteioberen gefälligst mit „Sie“ angeredet werden müssen. Wolfgang Houschka, Fensterbach

parteileben 03/2014

Ich fühle mich schlecht informiert, denn wenn „mehr als 90 Prozent der Genossen“ das Mitgliedervotum gut fanden, dann könne es ja nur w ­ eniger als 10 Prozent der GenossINNEN sein, die dazu keine Meinung hatten. Gendergerechte Sprache und entsprechend differenzierte Informationen dürften doch im Jahr 2014 für den „vor-

wärts“, die Redaktion und die Herausgeberin (Seite 19: „Der Dreiklang von Potsdam“, letzter Absatz) kein ­P roblem mehr sein! Sybille Uken, Berlin

03/2014

Natürlich wird in der SPD geduzt, auch beim „vorwärts“. Aber als ­seriöse Zeitschrift halten wir uns an die ­professionellen journalistischen Gepflo­ genheiten, unsere Gesprächspartner in Interviews zu siezen. Die Redaktion

Wir sind so stolz auf unsere 150-jährige Geschichte. Und immer haben Sozialdemokraten sich für wissenschaftlichen Fortschritt ausgesprochen. Nur wenn

Leserbriefe per Post: vorwärts, Leserbriefe, Postfach 610322, 10925 Berlin per Mail: leserbriefe@vorwaerts.de

Fraktionsseite: Gen-Mais

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24  Wirtschaft

vorwärts 04/2014

meine Arbeit

Immer erreichbar »Was mich antreibt ist,

wenn Frauen durch mich Selbst­bewusstsein und Stärke finden.

«

G

egen 9 Uhr besuche ich meine erste Patientin. Davor habe ich schon eine Stunde lang mit den Schwangeren, die ich betreue, telefoniert. Planbar ist mein Beruf nie. Für „meine“ werdenden Mütter bin ich rund um die Uhr erreichbar. Ich arbeite seit 15 Jahren als Hebamme, seit acht Jahren zusätzlich als Familienhebamme. Als Hebamme betreuen wir die ­Frauen während der Schwangerschaft, der Geburt und danach. Als Familienheb­ amme kümmere ich mich um die ganze Familie. Früher habe ich auch Hausgebur­ ten betreut, aber das kann ich mir wegen der momentanen Situation meines Be­ rufsstandes nicht leisten: Die Versiche­ rungen sind einfach zu teuer geworden. Die meisten Frauen melden sich bei mir, wenn die Schwangerschaft fest­

Hebamme Katrin Körber-Renzel 50 Jahre, lebt bei Bremen Ausbildung

drei Jahre Hebammenschule am Krankenhaus

Status

freiberuflich

Gehalt

8,50 bis 10 Euro pro Stunde

Arbeitszeit

nicht planbar, rund um die Uhr Rufbereitschaft

gestellt worden ist. Dann kann ich auch für die Vorsorgeunter­ suchungen zuständig sein – in Zusammenarbeit mit dem zu­ ständigen Arzt. Er kümmert sich um Blut- und Ultraschall-Unter­ suchungen. Ich bin vor allem für das zuständig, was die Kranken­

kassen „Hilfe bei Beschwerden“ nennen. Dazu gehören Untersu­ chungen, aber auch ganz viele Gespräche und Geburtsvorberei­ tungskurse. Dabei geht es auch darum, den werdenden Müttern und Vätern ihre Ängste, Sorgen und Nöte zu nehmen.

Wir Hebammen betreuen die Schwan­ gere auch während der Geburt im Kran­ kenhaus. Viele bleiben zwei bis vier Tage, nach Kaiserschnitten länger. In dieser Zeit betreuen wir Hebammen das Baby und die Mutter zusammen mit Ärzten und Pflegepersonal, und kümmern uns zum Beispiel um den Gesundheitszu­ stand beider. Zuhause besuche ich Mutter und Kind die ersten zehn Tagen täglich. Das Abrechnungssystem ist kom­ pliziert und wird weder unserem Beruf noch den Schwangeren und ihren Fami­ lien gerecht. Es geht sogar soweit, dass ich jeden so genannten Kontakt als Rezept bei der Krankenkasse einreichen und es akzeptieren lassen muss. Es kann näm­ lich passieren, dass es abgelehnt wird, die Leistung zu übernehmen. Dann bekom­ me ich kein Geld. Trotzdem arbeite ich gerne in diesem Beruf. Eine Schwangerschaft führt oft­ mals zu Unsicherheit und Ängsten. Was mich antreibt ist, wenn Frauen und Fami­ lien durch mich Selbstbewusstsein und Stärke finden, um mit der neuen Situa­ tion umzugehen. Das ist für mich mehr als Glück und Motivation. n Aufgezeichnet von Ulf Buschmann vorwaerts.de/meine_arbeit

Sparen reicht nicht Europa Es braucht einen gewerkschaftlichen ­Gegenentwurf zum Spardiktat der Wirtschaft, ­darin sind sich europäische Gewerkschafter einig

s

panien hat sechs Millionen Ar­ beitslose, da gibt es gerade eine radikale Umformung der Be­ schäftigungsverhältnisse“, beschreibt Ignacio Toxo, Generalsekretär des spa­ nischen und Präsident des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) die Situa­ tion in seinem Heimatland. Die Krux dabei aus seiner Sicht: „Es wird so getan, als könne radikale Sparpolitik alle Pro­ bleme lösen.“ Toxo sieht eine regelrechte Propaganda-Kampagne im Vorfeld der Europawahlen. So unterschiedlich die Ausgangs­ situationen in den Ländern sind, so ähnlich nehmen führende Gewerk­ schaftsvertreter die Probleme für Ar­ beitnehmer wahr. Das wurde deutlich bei einer Gesprächsrunde in Berlin, zu der der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Gewerkschaftsvertreter aus Spa­ nien, Großbritannien, Bulgarien und Schweden eingeladen hatte. Anlass war die bevorstehende Europa-Wahl im Mai

und die Frage, wie sich die Gewerkschaf­ ten strategisch aufstellen müssten, um ­Europa auf einen neuen Weg zu bringen. Ignacio Toxo forderte seine Kolle­ gen auf, noch aktiver zu werden, selbst Konzepte vorzulegen: „Gewerkschafts­ politik sollte nicht wie ein Gerichtsme­ diziner fragen: Woran ist die Wirtschaft gestorben?“, erklärte Toxo unter großem Beifall der Gewerkschafter im Saal. Viel­ mehr müssten „Alternativen aufgezeigt werden, auf welcher Grundlage der europäische Wohlfahrtsstaat neu ge­ ­ staltet“ werden könne.

Für mehr Solidarität Plamen Dimitrov, Präsident des Bun­ des der unabhängigen bulgarischen Gewerkschaften, stimmte seinem spa­ nischen Kollegen zu. Er betonte, Finanz­ konsolidierungen in Europa müssten immer Hand in Hand gehen mit zusätz­ lichen Investitionen. Solidarität sei „ein Wert, den wir wiederherstellen müs­

Protest auf Bulgarisch: Postangestellte in Sofia demonstrierten im Herbst 2013 für höhere Gehälter und gegen die Privatisierung des Staats-Betriebes.

sen“. Dimitrov plädierte für Mindestlöh­ ne auf europäischer Ebene. Etwas mehr Wagemut auf Arbeit­ nehmerseite wünschte sich Karl-Petter Thorwaldson aus Schweden. Er sprach von Metallarbeitern, die „heute so artig und demütig seien“ und es hinnähmen, dass die Reallöhne seit den 80er Jahren nicht gestiegen seien. DGB-Chef Michael Sommer fasste zusammen, die europäischen Gewerk­ schafter bräuchten einen „gemeinsamen Gegenentwurf, der geprägt ist von sozial­ staatlichen und menschlichen Traditio­ nen“ zu neoliberalen Forderungen. n

Fotos: Ulf Buschmann, dpa/Ivo Radoykov

Von Yvonne Holl


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Gesundheit

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Älter werden, gesund bleiben: Der medizinische Fortschritt und unser modernes Gesundheitssystem machen es möglich.

Gut versorgt ist halb gewonnen Die Lebenserwartung steigt

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Jahre Lebenserwartung wird ein Junge, der 2060 geboren wird durchschnittlich haben. 2006 waren es noch 77,2 Jahre, Frauen liegen darüber. Statistisches Bundesamt

Lieber jung und gesund als alt und krank. Ganz so schwarz-weiß ist die Wirklichkeit zum Glück nicht. Die Lebenserwartung in den wohlhabenden Industrienationen steigt kontinuierlich an. Ein im Jahr 2006 geborener Junge hat eine durchschnittliche Lebenserwartung von 77,2 Jahren. Im Jahr 2060 wird ein männliches Neugeborenes laut Statistischem Bundesamt bereits eine Lebenserwartung von 85 Jahren haben. Bei Frauen ist die Erwartung jeweils etwas höher. Doch wir werden nicht nur älter, sondern wir sind auch länger fit und

mobil. Das hat mehrere Gründe, einer davon ist die gute Vorsorge, auf die inzwischen viele Menschen Wert legen – vom regelmäßigen Zähneputzen über individuelle Fitnessprogramme bis hin zu regelmäßigen Kontrollen beim Arzt. Zugleich ist die Qualität der medizinischen Versorgung in den letzten Jahrzehnten enorm gestiegen. Die medizinische Forschung hat neue Arzneimittel und Behandlungsmethoden entwickelt. Wichtig für die Zukunft ist es deshalb, dass alle Bürgerinnen und Bürger Zugang

zur bestmöglichen medizinischen Versorgung haben. Gerade das ist in Zeiten einer alternden Gesellschaft eine große Herausforderung, auf die die Politik Antworten finden muss. Ein hochwertiges Gesundheitssystem wie das deutsche verursacht in Zeiten einer alternden Gesellschaft hohe Kosten. Gleichzeitig ist die Gesundheitsindustrie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Deutschland. Vor allem aber sind Menschen, die länger leben und dabei gesund sind, Ausdruck einer lebenswerten Gesellschaft. n

Foto: Ute Gräske/pixelio.de

Gesund und fit bis ins hohe Alter – die medizinische Forschung und ein modernes Gesundheitssystem machen es möglich. Damit das auch morgen so ist, muss die Politik heute handeln


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Guter Rat ist nicht teuer: Behandlung und Kosten beim Zahnarzt verstehen

Krone, Brücke, dritte Zähne: Wer als gesetzlich Versicherter Zahnersatz braucht, bekommt vom Arzt einen Heil- und Kostenplan (HKP). Was so selbsterklärend klingt, ist für die meisten nicht einfach zu verstehen. In der Regel erklärt der Zahnarzt dem Patienten, welche Behandlung er für sinnvoll hält. Dann überreicht er den HKP – und oft beginnen genau da die Unsicherheiten. Wer das rosa-grüne Formular schon in der Hand hatte weiß, dass auf den ersten Blick oft nur Name und Adresse verständlich sind. Der Rest ist mit Kürzeln ausgefüllt. Eigentlich klingt die Aufgabe des Patienten einfach: Er oder sie soll den HKP lesen, unterschreiben und an die Krankenkasse schicken. Es ist allerdings auch wichtig, ihn zu verstehen. Schließlich gibt er Auskunft über die geplante Behandlung und über die zu erwartenden Kosten. Er ist die Grundlage, auf der die Krankenkasse ihre Zuschüsse bemisst – den Rest zahlt der Patient.

Hilfe online und gedruckt Dirk Kropp von der Initiative proDente e.V. erklärt, dass der HKP als Kostenvoranschlag zu verstehen sei – genau wie ein Angebot vom Klempner oder vom Maler. Den prüfe man genau, und so sollte man auch mit dem HKP verfahren. Weil das für Laien nicht ganz einfach ist, hat die Initiative Hilfsmittel entwickelt, die es künftig

erleichtern sollen, den HKP zu verstehen: Auf der Website www.prodente.de bietet sie ein Muster des HKP an – bewegt man die Maus über das Formular, öffnen sich Erklärungsfenster. Hat man sich so einen Überblick verschafft, lassen sich zusätzlich Detailinformationen öffnen. Wer die Erklärungen lieber auf Papier haben möchte, kann ein InformationsFaltblatt zum HKP anfordern und sich zuschicken lassen oder auf der Website direkt herunterladen. Legt man es neben den vom Zahnarzt mitgebrachten HKP, lässt sich der Plan einfach entschlüsseln. Genau wie die Online-Versionen leitet das Faltblatt die Patienten Schritt für Schritt durch den HKP. Das beginnt mit dem oder den zu behandelnden Zähnen. Wer weiß schon, welcher Zahn mit dem Kürzel 16 gemeint ist? Das Formular erklärt es. Die 1 steht dafür, dass der Zahn oben rechts im Kiefer ist. Die 6 sagt aus, dass er der sechste Zahn im oberen rechten Kiefer ist – der erste große Backenzahn, kurz 16. Oder die Zeile, die im Vordruck „ZA-Honorar GOZ“ heißt, was verbirgt sich dahinter? Der Betrag für die individuellen, also selbst zu bezahlenden, Leistungen. Dank der nun verfügbaren Hilfe können sich Patienten durch den HKP arbeiten – und wissen am Ende, was genau sie an ihre Krankenkasse schicken und was auf sie zukommt. n

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Zahnersatz: Wer vom Zahnarzt einen Heil- und Kostenplan mitbekommt, steht nicht selten vor einem Rätsel. Jetzt gibt es eine Erklärungshilfe

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Wer vom Zahnarzt einen Heil- und Kostenplan mitbekommt, hat oft Mühe ihn zu entschlüsseln – die Initiative proDente e.V. hat Hilfsmitteln entwickelt, die das Verstehen erleichtern.

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Gesundheit

gungsstrategie dienen, übrigens genauso wie der Lieferdienst der Vor-Ort-Apotheken“, erklärt Dr. Stefan Neumeier, der die Studie durchgeführt hat, im Interview mit „Apotheke Adhoc“.

Versorgung auf dem Land sichern

Medikamente meilenweit entfernt? In ländlichen Regionen ist die nächste Apotheke oft weit weg. Eine Studie hat sich damit beschäftigt Ist die nächste Apotheke weit, kann der Medikamenten-Versand helfen.

beraten zu lassen problematisch, heißt es in der Studie. Sie betont, dass Versand­ apotheken Abhilfe schaffen können. „Der Versandhandel kann aktuell als Bewälti-

Europas größte Versandapotheke DocMorris will noch einen Schritt weiter gehen. Der Konzern möchte mit dem Apothekenbus eine zusätzliche Möglichkeit etablieren, die Versorgungslücken im ländlichen Raum zu schließen. Seit längerem testet das Unternehmen bereits den Bus, der Medikamente und Beratung in abgelegene Regionen bringen soll. Derzeit bringt er allerdings nur Informationsmaterial, denn der Verkauf von Arzneien ist in Deutschland nur festen Einrichtungen mit approbierten Apothekern als Inhabern erlaubt. Nur eine Reform des Apothekenrechts könnte das ändern. Studienautor ­Neumeier hält den Bus für ein „interessantes Modell“, ergänzt allerdings: „Die Frage ist aber immer, welche Regionen der Bus ansteuert. Wenn er am Ende nur vor dem Ärztehaus hält, ist den Menschen sicher nicht geholfen.“ In kleinen Dörfern ohne Ärztehaus können Medikamenten-Bus und -Versand allerdings hilfreich sein. n

Für eine gesunde Industrie

Wirtschaftsfaktor Pharma-Branche: Rund 240 Unternehmen ­beschäftigen in Deutschland etwa 110 000 Arbeit­ nehmerinnen und Arbeitnehmer

Die Forschung an neuen Arzneimitteln ist Grundlage des medizinischen Fortschritts und zugleich von enormer wirtschaftlicher Bedeutung

Wir werden immer älter – auch dank des medizinisch-technischen Fortschritts. Bis zum Jahr 2060 werden mehr als 40 Prozent der Deutschen über 60 Jahre alt sein. Das Paradoxe daran: Unser gutes Gesundheitssystem macht diese Entwicklung erst möglich, wird dadurch aber vor große ­Herausforderungen gestellt. Klar ist: Trotz des demografischen Wandels soll auch in Zukunft jeder möglichst schnell die neuesten Medikamente bekommen. „Der unmittelbare Zugang zu neuen Arzneimitteln für alle Versicherten in Deutschland ist ein hohes Gut“, heißt es dazu im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD. Die Bundesregierung will mit Wissenschaftlern und Arzneimittelherstellern in Dialog treten, um den Standort Deutschland für Forschung und Produktion zu stärken. Denn neben der Versorgung mit ­Arzneimitteln hat die deutsche PharmaBranche eine enorme wirtschaftliche Bedeutung. Rund 240 Unternehmen beschäftigen in Deutschland zirka 110 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,

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Tendenz steigend. Die Branche zählt zu den forschungsintensivsten Industrien überhaupt. Rund fünf Milliarden Euro, 14 Prozent ihres Umsatzes, haben die forschenden Pharma-Unternehmen im Jahr 2011 für Forschung und Entwicklung ­aufgewendet.

Verlässliche Partner Die Gesundheitspolitik dagegen hat vor allem die Begrenzung der Kosten im Blick, wenn sie die Preise für neue Arzneimittel mitbestimmt. Ein Dilemma, das auch die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) umtreibt. Sie fürchtet langfristig eine Gefährdung von Arbeitsplätzen. Die Industrie reagiere auf verstärkte Regulierung der Politik mit Kostensenkungen, Personalabbau und der Verlagerung der Produktionsstätten ins Ausland, heißt es in einem Positionspapier der IG BCE zum Pharma-Standort Deutschland. Investitionen in Forschung seien für viele Unternehmen zu riskant, weil angemessene Preise für neue Medikamente nicht gesichert seien.

Impressum Verlagsbeilage Gesundheit

Dabei hat die Entwicklung neuer Arzneien direkte Auswirkungen auf die Volkswirtschaft: Krankheiten können besser behandelt werden und die Menschen können auch in höherem Alter ihrem Beruf noch nachgehen. Damit werden die Sozial­ kassen letztlich wieder entlastet. Die IG BCE fordert deshalb von der Politik verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit: Verlässlichkeit sei eine Voraussetzung dafür, dass die Pharma-­ Industrie als ebenso verlässlicher Partner an der Weiterentwicklung des patientenund versichertenorientierten Gesundheitswesens in Deutschland mitwirken könne. n

NetworkMedia GmbH Oranienstraße 188 10999 Berlin Tel.: 030/740 7316 00 Fax: 030/740 7316 75 E-Mail: info@nwmd.de Geschäftsführung: Guido Schmitz Redaktion: Gero Fischer, Birgit Güll Anzeigen: Nicole Stelzner Layout: Jana Schulze Herstellung: metagate Berlin Druck: Frankenpost Verlag GmbH, Hof

Fotos: Erich Keppler/pixelio.de; Martin Gapa/pixelio.de

Ruhe, gute Luft, viel Grün: Das Leben in ländlichen Regionen hat zweifelsohne Vorteile. Die Erreichbarkeit von Apotheken gehört allerdings nicht dazu. Laut ­einer aktuellen Studie des Thünen-Instituts in Braunschweig gibt es Gegenden in Deutschland, in denen der Gang zur Apotheke eher einer kleinen Reise als ­einer schnellen Besorgung gleicht. So stellte das Bundesforschungsinstitut fest, dass man in Mecklenburg-Vorpommern zu Fuß durchschnittlich eine Stunde und 18 Minuten bis zur nächsten Apotheke braucht. In Berlin dagegen ist die nächste Apotheke fußläufig in durchschnittlich 15 Minuten erreichbar. Zwar sind Menschen in ländlichen Räumen daran gewöhnt, ihre Besorgungen mit dem Pkw zu machen. Tatsächlich erreicht der Großteil der Deutschen die nächste Apotheke mit dem Auto in etwa vier Minuten, ein kleinerer Teil muss eine 15-Minuten-Fahrt zurückzulegen. Doch was ist mit Menschen, die krank, alt oder beides sind und nicht mit dem Auto fahren können? Für Bürgerinnen und Bürger ohne Pkw und ohne gute Anbindung an den ­ÖPNV – die in ländliche Regionen oft Realität ist – sei die Erreichbarkeit von Apotheken und damit die Möglichkeit, sich

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Gesundheit

„Kinder sind das Feuer der Influenza“

Foto: Dieter Schürz/pixelio.de

Im Interview erklärt der Virologe Prof. Dr. Peter Wutzler vom Universitätsklinikum Jena, warum eine Grippeimpfung besonders bei Kindern Sinn macht Im letzten Jahr war in den Medien von ­einer Masernepidemie zu lesen. Als Grund dafür wurde auch eine Impf­ müdigkeit der Bevölkerung ausgemacht. Wie impfmüde sind die Deutschen? Wir haben in Deutschland per Gesetz die Freiheit, uns impfen zu lassen oder auch nicht. Dadurch entstehen diese Lücken, die ab und an mal zu Ausbrüchen von Erkrankungen führen. Daher würde ich nicht sagen, dass die Deutschen generell impfmüde sind, es gibt aber bestimmte Gruppen, die sehr skeptisch eingestellt sind. Vor allem was das anthroposophische Denken anbelangt, ist das etwas unbefriedigend. Viele Eltern fürchten bei einer Impfung die Nebenwirkungen für ihre Kinder mehr als die Krankheit selbst. Was ist da dran? Es ist schlichtweg falsch. Fakt ist, dass die Nebenwirkungen von Impfungen in keinem Verhältnis stehen zu den eigentlichen Erkrankungen, die mit großen Komplika­

tionsraten verbunden sind. Bleiben wir bei den Masern: Als schlimmste Komplikation kann bei Masern eine Entzündung des zentralen Nervensystems auftreten, und zwar in einem Verhältnis von eins zu tausend. Das heißt: Einer von tausend Erkrankten bekommt diese Komplikation, die in den meisten Fällen zum Tode führt. Nach ­Impfungen ist dieses Verhältnis nur noch eins zu einer Million. Auch beim Thema Grippeimpfung gehen die Meinungen auseinander. Die Ständige Impfkommission empfiehlt vor allem die Impfung von Menschen über 60 Jahren und bestimmten Risikogruppen. Sie plädieren auch für eine Impfung von Kindern. Warum? Weil Kinder das so genannte Feuer der Influenza sind. Wenn sie zum ersten Mal mit den Viren in Kontakt kommen, vermehren sich diese massiv im Atemtrakt, was zu ­ einer enormen Ausscheidung führt. ­Außerdem haben Kinder viele soziale Kon-

Impfen schützt: Prof. Peter Wutzler betont im Interview, dass die Nebenwirkungen einer Impfung in keinem Verhältnis zu den möglichen Folgen einer Erkrankung stehen.

takte. Sie gehen in Schulen oder Kindergärten, wo viele andere Kinder sind. Dort nehmen sie die Viren auf, tragen sie nach Hause und verbreiten sie in der Familie. Um diesen Kreislauf zu unterbrechen, wäre eine Impfempfehlung, wie es sie in vielen anderen Ländern gibt, auch bei uns sinnvoll. In Japan hat man zum Beispiel in den 1980er Jahren die Grippeimpfung für Kinder empfohlen. Dadurch ist nicht nur die Rate der Kindererkrankungen massiv zurückgegangen, sondern auch die der Älteren. Welche Nebenwirkung kann eine ­Grippe­impfung für Kinder haben? Bei den traditionellen Todimpfstoffen, die in den Arm injiziert werden, haben wir ­ einen geringen Prozentsatz lokaler Nebenwirkungen. Selten fühlen sich die Kinder ein bis zwei Tage nach der Impfung unpässlich. Viel effektiver in der Wirksamkeit sind Lebendimpfstoffe, die mit ­einem Nasenspray verabreicht werden. Als ­Nebenwirkung kann man hier in seltenen Fällen eine verstopfte Nase oder ein bis zwei Tage Kopfschmerzen haben. Alles in allem sind die Nebenwirkungen aber sehr gering und stehen in keinem Verhältnis zu dem, was eine Influenza ­bewirkt. n

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30 OST-WEST-GESCHICHTEN

»Die SPD war ihr auf den Leib geschnitten« Ost-Helden Matthias Platzeck über Regine Hildebrandt und das unsichere Leben nach dem Fall der Mauer Interview Karin Nink

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Regine Hildebrandts Ideen sind nicht in der Geschichte ­verschwunden.

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Matthias Platzeck

Matthias Platzeck: Ein Gesamtdeutscher aus dem Land Brandenburg

Aber sie war ganz klar auf der Seite derer, die gesagt haben, wir dürfen unsere Sozialsysteme nicht ruinieren. Wir müssen uns immer auch um die Einnahmen der Gesellschaft sorgen. Deshalb war für sie die SPD, das hat sie ja später oft gesagt, wie auf den Leib geschneidert. Und sie war Berlinerin und ist in der Bernauer Straße groß geworden – da ­

Foto: Dirk Bleicker

Regine Hildebrandt und Sie sind Ostpolitiker der ersten Stunde. Was hat sie verbunden und was getrennt? Eigentlich hat uns mehr verbunden. Wir waren in der ersten Koalition in Brandenburg beide – sie als Sozialministerin, ich als Umweltminister –, die, die sich menschlich mit am nächsten waren. Es hat sich ein persönlich freundschaftliches Verhältnis entwickelt, nicht nur ein politisches. Verbunden hat uns viel ­Seelenlage und durchaus auch ein spezifisches Fachinteresse. Regine war Biologin. Deshalb war sie auch für mich als Umweltminister immer eine gute Unterstützerin. Es gab einen einzigen Punkt, wo wir uns mal richtig entzweit haben. Das war 1999 zur Frage: Gehen wir in eine Koalition mit der Linkspartei – damals noch PDS – oder gehen wir in eine Koalition mit der CDU? Regine hat auf dem Landesparteitag vehement für die Linkspartei gestritten – wohl auch weil es sie persönlich verletzt haben muss, wie die CDU sie zur Zeit unserer absoluten Mehrheit mit ungerechtfertigten Klagen überzogen hat. Ich fand eine Zusammenarbeit mit der PDS damals deutlich zu früh. Sie hat noch in dieser Nacht vom Parteitag weg ihren Dienst quittiert. Das tat sehr weh. Glücklicherweise haben wir uns nach einer gewissen Abkühlzeit wieder gut vertragen. Es gibt viele Etiketten für Regine Hildebrandt: Mutter Courage des Ostens, die östlichste Ministerin, die ideale Gesamtdeutsche. Was passt? „Mutter Courage des Ostens“ hat ganz viele Bestandteile, die zutreffen. Das erste Jahrzehnt nach dem Mauerfall explodierte die Arbeitslosigkeit. Man kannte es ein halbes Jahrhundert nicht, arbeitslos zu sein. In so einer Zeit ist es essentiell, dass es irgendwie noch ein paar Fixpunkte gibt. Sonst hast du eine Gesellschaft in der Gefahr, dass sie völlig zerfällt. Du musst irgendwann noch das Gefühl haben, da versteht mich einer, da weiß einer genau, wie es mir geht – und er

macht was draus und er ist politisch wichtig. Das waren Regine Hildebrandt und Manfred Stolpe. Dass wir heute in Brandenburg so dastehen als Sozialdemokratie, dass wir das einzige Ostland sind, wo die SPD seit 25 Jahren ununterbrochen regiert, hat auch mit diesen beiden Personen zu tun. Regine hat den Menschen Hoffnung gegeben, Mut gemacht, auch Trost gespendet. Und solche Sätze wie „Geht nicht, gibt’s nicht“, „Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren“ oder „Der eigentliche Sinn des Lebens liegt im Miteinander“ das sind Glaubensbekenntnisse im Osten geworden. Hat Regine Hildebrandt sie ­beeinflusst? Bestimmt. Ich glaube, dass ihre Unbedingtheit und dieses „Was nicht machbar ist, wird machbar gemacht“ und „Aufgeben gilt nicht“ mich sehr beeinflusst haben. Diesem Sog konntest du dich nicht entziehen. Das war auch eine Schule. Wenn Regine Hildebrandt nicht aufgrund ihrer Krankheit s­ o ­eingeschränkt gewesen wäre, ­hätte sie die SPD stärker beeinflussen können oder wäre die Entfremdung größer geworden? Regine Hildebrandt stand nach 1999 an vielen Stellen an der Seite von Gerhard Schröder. Sie konnte sehr klar und nüchtern analysieren, volkswirtschaftliche Notwendigkeiten erkennen und daraus Schlüsse ziehen. Deshalb wäre ich jetzt vorsichtig, wenn man vermutet, es wäre alles ganz anders gelaufen. Was hat sie zur SPD gebracht bzw. in der SPD gehalten? Regine war immer dafür, dass Verteilungsgerechtigkeit ein zentrale Rolle in der sozialdemokratischen Politik spielt.


31 spielte auch Willy Brandt und die jüngere Geschichte rein. Gibt es jemanden, der heute in der SPD für eine Politik von Regine ­Hildebrandt steht? Ich glaube, Regine Hildebrandt bildet sich nicht in einer Person ab. So eine wie sie gibt es vielleicht einmal in 50 oder 100 Jahren. Das gilt ja auch für eine Persönlichkeit wie Willy Brandt. Regine Hildebrandt lebt in den Herzen hier im Osten absolut weiter. Ist Regine Hildebrandt als I­ kone ­immer ein Ansporn für die ­ostdeutsche SPD? Das zentrale Parteihaus unseres Landesverbandes heißt Regine-HildebrandtHaus. Eine bedeutende Auszeichnung, die die SPD verleiht, heißt Regine-Hildebrandt-Preis. Das sagt ja schon fast alles. Regine Hildebrandts Ideen sind nicht in der Geschichte verschwunden, sondern weiter unter uns. n

Zwei, die miteinander konnten: der junge Umweltminister Platzeck und die kämpferische Sozialministerin Regine Hildebrandt 1998

Die doppelten Deutschen Dritte Generation Ost Wie junge Menschen die Einheit verwirklichen Von Kai Doering

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1975 und 1985 geborenen „Wendekinder“ teilten viele gemeinsame Erfahrungen rund um den Fall der Mauer. „Wir haben eine doppelte Sozialisation – eine in der DDR, eine in der Bundesrepublik.“ Um diese doppelte Identität zu ergründen, rief Lettrari ein Netzwerk ins Leben, die „3te Generation Ostdeutschland“. „Wir sind kein neuer Ossi-Club“, wiegelt die 34-Jährige ab. Es gehe vielmehr darum, die Erfahrungen der „Wendekinder“ – Lettrari spricht von einer „Transformationskompetenz“ – für zu-

Fotos: Action PRess, Hendrik Rauch

n einem Abend im April 2009 saß Adriana Lettrari vor dem Fernseher und war wütend. Es lief eine Talkshow, in der „ältere Herren aus Westdeutschland“ über den Fall der Mauer und den Zustand Ostdeutschlands 20 Jahre danach diskutierten. „Warum sprechen die anderen über meine Heimat und was bedeutet sie für mich?“, fragte sich die 1979 in Neustrelitz geborene Lettrari – und diskutierte in den folgenden Monaten mit Freunden darüber. Bald war klar: Lettrari und die anderen zwischen

„Wendekinder“ Ostdeutschlands: René Sadowski, Heike Brembach und Adriana Lettrari (v.l.)

künftige Herausforderungen nutzbar zu machen. „Wir haben erlebt, dass ein politisches System abgelöst werden kann. Unsere Bereitschaft ist größer, uns auf Veränderungen einzulassen.“ Seit ihrer Gründung 2010 hat die „3te Generation“ eine Bustour durch Ostdeutschland organisiert, eine Studie zum Fachkräftemangel in den neuen Ländern initiiert, drei „Generationstreffen“ abgehalten und ein Buch mit Wendeerfahrungen aus Ost und West herausgegeben. Für sein bürgerschaftliches Engagement hat die SPD das Netzwerk im vergangenen Jahr mit dem GustavHeinemann-Bürgerpreis ausgezeichnet. Im Februar wurde ein Büro „Unter den Linden“ in Berlin eröffnet. „Wir sind jetzt in einer Übergangsphase“, sagt René Sadowski, auch er ein Wendekind, 1975 in Ost-Berlin geboren. Vier Jahre nach der Gründung des Netzwerks laute die Devise: „Raus aus der Ostecke, hin zum Gesamtbild einer gesamtdeutschen dritten Generation.“ So sollen beim nächsten Generationstreffen im Herbst erstmals auch Westdeutsche und Menschen mit Migra­ tionserfahrung teilnehmen. Und es soll eine stärkere europäische Perspektive hinzukommen. „Wir werden wohl bald einen neuen Namen brauchen“, sagt Adri­a na Lettrari. n

Chronik des Mauerfalls

April 1989 5. April In Polen unterzeichnen Regierung und Opposition nach zweimonatigen Verhandlungen eine Übereinkunft über politische und wirtschaftliche Reformen. 14. April Die DDR-Führung erfährt, dass die Sowjetunion informelle Sondierungsgespräche über einen Beitritt zum Internationalen Währungsfonds (IWF) führt. 28. April Auf einer „zentralen Dienst­ besprechung“ des Ministeriums für Staatssicherheit gibt Minister Erich Mielke die Aufhebung des Schießbefehls bekannt.


32  Kultur

vorwärts 04/2014

Löwengrube Politik Medien Spitzenpolitik war selten so aufregend wie in aktuellen TV-Serien – und wohl selten so beliebt Von Birgit Güll

befreit wird, ist Carrie sicher, dass er der Verräter ist. Doch Brody ist ein Held und niemand will glauben, dass er sich für die Al Quaida einen Sprengstoffgürtel umschnallen könnte. Bald hat er Zugang zu den höchsten Führungskreisen der USA. Die junge Frau wird als verrückt abgestempelt, was sich verschärft, als herauskommt, dass sie manisch-depres­ siv ist. Soviel sei verraten: Es kommt ­eine Sprengstoffweste ins Spiel.

Medienzirkus Von Gitta List

Gut, weil böse und politisch

Frau, Politikerin, Mutter, Geliebte, Mensch: Birgitte Nyborg (Sidse Babett ­Knudsen) als dänische Ministerpräsidentin in der dänischen TV-Serie „Borgen“

FernsehSerien

Skrupellos: Frank Underwood (Kevin Spacey) und seine Frau Claire (Robin Wright) erobern in „House of Cards“ die Macht in Washington.

W

enn der Fraktionsführer der Demokraten dem 45. US-Präsidenten den Kampf ansagt, wenn eine junge CIA-Agentin ­einem Terroristen auf der Spur ist, den alle als Kriegshelden feiern, dann ist man in den USA. Vor allem aber ist man mit­ ten in zwei der erfolgreichsten Fernseh­ serien der Gegenwart. „House of Cards“ erzählt von Macht und ihrer Wirkung. Francis Underwood (Kevin Spacey) ist im wahrsten Sinne des Wortes bereit, über Leichen zu gehen. Andere zu manipulie­ ren und für seine Zwecke zu instrumen­ talisieren, gehört für ihn zum kleinen Einmaleins. Unterstützt wird er von sei­ ner schönen und nicht minder intrigan­ ten Frau Claire (Robin Wright). Gemein­ sam wollen sie ganz nach oben, koste es was es wolle. Produziert vom Internet­ sender „Netflix“ hat die Serie innerhalb kürzester Zeit eine große Fangemeinde erobert. Mittendrin: der 44. Präsident der USA Barack Obama. Der hatte bereits vor zwei Jahren seine Begeisterung für die Serie „Home­ land“ bekundet. Dabei hat diese Pro­ duktion des Senders „Showtime“ ein denkbar schwieriges Thema: die USA im Krieg gegen den Terror. CIA-Agentin Carrie Mathison (Claire Danes) hat den Hinweis bekommen, dass ein im Irak in­ haftierter US-Soldat die Seiten gewech­ selt habe. Als der Soldat Nicholas Brody nach fast 8-jähriger Gefangenschaft

Etwas weniger aufregend, aber nicht weniger politisch ist die dänische Serie „Borgen“ („Gefährliche Seilschaften“) „Borgen“ ist die Abkürzung für Chris­ tiansborg, den Sitz des dänischen Par­ laments und des Regierungschefs. Der ist im Fall dieser 2010 gestarteten Serie – und in Wirklichkeit, seit die Sozialde­ mokratin Helle Thorning-Schmidt das Amt 2011 übernommen hat – eine Frau: Birgitte Nyborg (Sidse Babett Knudsen), verheiratet, Mutter zweier halbwüchsi­ ger Kinder und Vorsitzende der fiktiven Partei „Die Moderaten“. Als sie zur ers­ ten weiblichen Ministerpräsidentin ge­ wählt wird, versucht sie ihre politischen Ideale, ihre Karriere und ihr Privatleben unter einen Hut zu bringen. „Borgen“ ist ein bisschen weniger glamourös als „Homeland“ und „House of Cards“, dafür wohl etwas realisti­ scher: viele Sitzungen, mehr Kompro­ misse, als der Politikerin lieb sind, und ein Liebesleben, das mit Amtsantritt erstmal auf Eis liegt. Keine Terroristen und keine Toten. Dafür eine weibliche Regierungschefin, deren Partner Kin­ der und Küche managt und die eigene Karriere erst mal hintanstellt. Es klappt nicht. Doch zuzusehen, wie die Frau ihr Amt führt, ihrem Mann anbietet, Sex im Terminkalender zu verankern, und oft genug mit ihren Kinder zu frühstücken, macht große Freude. Das ist gut. Wenn dagegen Francis Underwood und seine Frau einen jungen Politiker aufbauen, nur um ihn zu vernichten, ist das böse und gerade deswegen gut. „Ich muss Ihnen sagen, das Leben in Washington ist ein bisschen langweiliger als es diese Serien zeigen“, erklärte Barack Obama im Fernsehen. Die Politserien sieht er trotzdem gern. Weil Politik ein spannen­ des Geschäft ist. Dass sie fürs Fernsehen noch ein bisschen dramatisiert wird, schadet nicht – im Gegenteil. n

Foto: dpa/ WDR/ARTE France, dpa /AP/Melinda Sue Gordon

Freude, schöner Götterfunke? Ode an die Freude? Alles Schiller im Hause Europa? Einerseits ja: Die Europä­ ische Union hat ihren Bürgern vie­ lerlei verschafft, das mittlerweile als selbstverständlich gilt: gemeinsame Währung, offene Grenzen, Freizügig­ keit von Handelsbeziehungen, Arbeit und Ausbildung. Das wissen Eras­ mus-Studenten so zu schätzen wie Geschäftsleute, Urlauber so wie JobPendler. Europäer zu sein, das fühlt sich gut an, wir sind es gern. Die EU ist zugleich, da historisch vergleichsweise jung, keine lang er­ probte Selbstläufer-Institution, son­ dern ein in mancherlei Hinsicht noch „pubertierendes“ politisches Gebilde. Ein nicht unkompliziertes zudem – ­alles andere wäre angesichts der zahl­ reichen Aufgaben und Probleme auch ein Wunder. Genau das erwarten in­ des wohl all jene Medienvertreter, die nicht müde werden, ihr Augenmerk auf „Brüsseler Pannen“ zu richten: Die Europäische Union bekommt, und zwar leider nicht nur seitens der Bou­ levard-Blätter, seit langem eher selten eine sachlich differenzierte und diffe­ renzierende, dafür umso häufiger eine polemische Presse: „Brüssel“ ist zum Reizwort, zur Lieblingsvokabel popu­ listischen Unmuts geworden. „Die da in Brüssel“, das sind Bürokraten, Gur­ kenvermesser, Sesselpupser, die sich Vorschriften für Ölivenölkännchen ausdenken, Verwalter der „TransferUnion“, von der angeblich nur „die Griechen“ profitieren. (Schreibt’s – und bucht flugs Urlaub auf Hydra, weil da grad alles so günstig ist.) Bad news are good news, Zuspit­ zung und Vereinfachung, das sind, egal um welches Thema es sich han­ delt, die Leitprinzipien des Schlag­ zeilen-Journalismus‘, er lebt davon. Seinen Themen wird er damit nicht gerecht, das ist auch nicht sein Ziel. Die Komplexität des Sujets Europa müssen seriöse Journalisten seriöser Medien vermitteln. Den Mut dazu dürfen sie getrost haben, die Leser im Hause Europa sind schließlich nicht dumm. n


Historie 33

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Fotos: Laif/GAMMA/Jean Gaumy, dpa Picture-Alliance / Egon Steiner

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chon als Spanien und Portugal noch von tattrigen Diktatoren beherrscht wurden, schaute der SPD-Vorsitzende auf der Iberischen Halbinsel nach Männern mit Zukunft“, musste sogar „Der Spiegel“ loben. Willy Brandt schaute nicht nur. Er war Geburtshelfer und Verteidiger der jungen portugiesischen Demokratie. „Man kann die Bedeutung Brandts und der SPD für die portugiesische Revolution kaum überschätzen“, sagt Carlos Gaspar, Politologe der Universität Lissabon. Der Mehltau der Diktatur hatte in fünf Jahrzehnten das politische Leben Portugals erstickt. Dagegen wird 1973 die SPD mit ihrem Vorsitzenden aktiv. Mit ihrer Unterstützung gründen am 19. April zwei Dutzend Exil-Portugiesen in der Akademie der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bad Münstereifel die Sozialistische Partei Portugals (PS). Mario Soares wird ihr Vorsitzender. Die Geburtshilfe der SPD für die PS kommt gerade rechtzeitig – denn schon ein Jahr später folgt die Nelkenrevolu­ tion. Am 25. April 1974 fegen einige Hundert des Kolonialkrieges müde Militärs in knapp 18 Stunden die Diktatur weg. Sie übernehmen von der Bevölkerung bejubelt die Macht. Die ihnen als Ausdruck der Freude in die Gewehrläufe gesteckten Nelken, das Symbol der Arbeiterbewegung, geben der Revolution ihren Namen. Politisch Verfolgte kehren aus dem Exil zurück: Der Sozialist Mario Soares. Und Alvaro Cunhal, der Vorsitzende der KP. Beide fordern eine Regierung der nationalen Einheit, von der Mitte über die Sozialisten bis zu den Kommunisten. Obwohl Bonn in diesen Tagen von der Guillaume-Affäre erschüttert wird, bleibt Portugal für Willy Brandt Top-Thema: Am 3. Mai empfängt er Mario Soares als letzten ausländischen Besucher – drei Tage vor dem Rücktritt als Bundeskanzler. Brandt berät mit ihm, was zu tun ist. In den nächsten Monaten tobt verdeckt und offen der Kampf um die Macht im Land. Der Westen fürchtet die Kommunisten. Einige Politiker in den USA wollen sie sogar gewaltsam bremsen. Im Herbst erlebt Willy Brandt bei seinem

Das Volk jubelt im Zeichen der Nelken: wie hier am 25. April 1974 in Lissabon

Triumph der roten Nelken Vor 40 Jahren In Portugal siegt in einer unblutigen Revolution die Demokratie – dank der Unterstützung der SPD und Willy Brandts Von Willi Carl

„Die Nelken brauchen Wasser“: Mario Soares und Willy Brandt 1975 in Bonn vor dem gleichnamigen Solidaritätsplakat für Portugals Sozialisten

Besuch, dass die KP drauf und dran ist, „der eben gewonnenen Demokratie den Garaus zu machen“. Brandt bewegt deshalb im März 1975 die Präsidenten von Venezuela und Mexiko, bei Breschnew zu intervenieren. Er reist selbst nach Moskau, um den Kreml-Chef zu warnen. In Stockholm gründet er dann mit Österreichs Bruno Kreisky und Schwedens Olof Palme das Komitee zur Verteidigung der Demokratie in Portugal. In Bonn gewinnt Willy Brandt die Chefs von CDU und FDP, Kohl und Genscher, zum Mitmachen. Kanzler Helmut Schmidt zieht sowieso mit. Bald schon sind Klaus Wettig, später Co-Präsident der Delegation Europäisches-Portugiesisches Parlament, und der frühere Vowärts-Redakteur Peter S. Ruthmann als politische Berater im Einsatz. Wettig: „Wir berieten Mario Soares, vermittelten politische Informationen und brachten Geld.“ Politische Stiftungen und Gewerkschaften sind in Portugal aktiv. Auch Juso Fritz O. Roll fährt mit Heidemarie Wieczorek-Zeul nach Lissabon: „Was in der Linken einen Namen hat, trifft sich damals in Lissabon.“ In ihren Koffern bringen hunderte „Touristen“ hunderttausende DM Bargeld für die junge Demokratie. Klaus Wettig: „Der versuchte Putsch von Teilen der Streitkräfte, in den auch die Kommunistische Partei verwickelt ist, scheitert. Am 25. April 1976 findet die erste freie Parlamentswahl seit 50 Jahren statt.“ Tatsächlich siegen die Sozialisten. Drei Jahre nach ihrer Gründung in Münstereifel wird Mario Soares der erste Ministerpräsident des demokratischen Portugals. „Mittlerweile lebt Portugal genau so lange in einer Demokratie, wie die Diktatur des Estado Novo bestand“, so Ana Monica Fonseca von der Universität Lissabon. Mit der Nelkenrevolution beginnt die große Demokratisierungswelle Europas: 1974 stürzen Griechenlands Obristen, 1975 in Spanien die Francisten und in den 80er Jahren die KP-Diktaturen in Mittelund Osteuropa. n Weitere Artikel zur Nelkenrevolution: vorwaerts.de/nelkenrevolution

vorwärts-Impressum Die Zeitung der deutschen Sozialdemokratie gegründet 1876 von W. Hasenclever und W. Liebknecht Herausgeberin: Yasmin Fahimi Redaktionsadresse: Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 610322, 10925 Berlin; Tel. 030/25594-100, Fax 030/25594-192, E-Mail: redaktion@vorwaerts.de Chefredakteurin: Karin Nink (V.i.S.d.P.) Redaktion: Lars Haferkamp (Textchef); Dagmar Günther (CvD); Hendrik Rauch (Bildred.); Kai Doering, Carl-Friedrich Höck, Yvonne Holl (Reportage); Vera Rosigkeit (Online); Dr. Susanne Dohrn und Birgit Güll (redaktionelle Mitarbeit); Sarah Kohlhauer (­ Volontärin) Fotografie und Titelgestaltung: Dirk Bleicker Layout: Jana Schulze Korrespondenten: Jörg Hafkemeyer (Berlin), Renate Faerber-Husemann (Bonn), Lutz Hermann (Paris) Geschäftsführung: Guido Schmitz Anzeigen: Nicole Stelzner (Leitung strategische Unternehmensentwicklung und Verkauf); Nele Herrmann Valente, ­Simone Roch, Carlo Schöll und Johann Kleene (Verkauf) Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 37 vom 1.1.2014 Verlags-Sonderseiten: verantw. Guido Schmitz Vertrieb: Stefanie Martin, Tel. 030/25594-130, Fax 030/25594-199 Herstellung: metagate Berlin GmbH Druck: Frankenpost Verlag GmbH, Poststraße 9/11, 95028 Hof Abonnement: IPS Datenservice GmbH, Postfach 1331, 53335 ­Meckenheim; Tel. 02225/7085-366, Fax -399; bei Bestellung Inland: Jahresabopreis 22,– Euro; für Schüler/Studenten 18,– Euro; alle Preise inkl. Versandkosten und 7 Prozent MwSt.; Ausland: Jahresabopreis 22,– Euro zzgl. Versandkosten. Das Abo verlängert sich um ein Jahr, wenn nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. Für SPD-Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten (bei Änderungen bitte an den SPD-UB wenden). Bankverbindung: SEB Berlin, BLZ 100 101 11, Konto-Nummer 174 813 69 00 Bei Nichterscheinen der Zeitung oder Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages im Falle höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Leistung, Schadensersatz oder Minderung des Bezugspreises. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Zeichnungen wird keine Haftung übernommen.


34  Rätsel

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kreuzworträtsel

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Die Fragen und das Kreuzworträtsel darunter ergeben die Lösung. Das Staatsoberhaupt... das so heißt, wie eine europäische Provinz, dürfte wohl der einzige ­sozialistische Politiker sein, der gleichzeitig auch an der Spitze eines über 700 Jahre alten Fürstentums steht. Sein Nachname? 1

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In der Hafenstadt... die 80 km vom Meer entfernt ist, fand ein heute noch thematisierter Prozess statt. Bevor sie endgültig zu Frankreich kam, wurde sie über viele Jahrzehnte von Normannen und Engländern beherrscht. 2

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Es gibt zwei Wege, das Preisrätsel zu lösen: Ratefüchse beantworten zuerst die beiden Fragen. Der zweite und letzte Buchstabe des ersten Lösungswortes sowie der erste und dritte Buchstabe des zweiten Lösungswortes e ­ rgeben in der richtigen Reihenfolge die Lösung. Es geht aber auch einfacher: Die grauen Felder im ­Kreuzwort­rätsel e ­ rgeben in der ­richtigen Reihenfolge das Lösungswort. Gesucht wird der e ­ uropäische Begriff überhaupt.

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Von Lothar Pollähne

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Wer war’s?

Der ehemalige Chefredakteur des »vorwärts« wurde einer der prominentesten Außenpolitiker der SPD

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Der neue „vorwärts“ nach dem Relaunch 1994: Der Gesuchte mit der damaligen Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier und SPD-Chef Rudolf Scharping

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27 Gottes Gunst WAAGERECHT 1 Tierhöhle 29 Gegenpunkt des Zenits, Fußpunkt 3 Garten Eden 8 Papstname 30 deutsche Schauspielerin und Sängerin 9 Sinnesorgan (Hildegard) 10 Großmutter 12 Sumpfvogel 33 schenken; reichen 15 französischer Maler 36 Amulett, Glücksbrin(Claude) ger 17 Landstreitkräfte 38 Weltorganisation 18 Präsident der USA (Abkürzung) (Richard) 39 ungebraucht 20 englischer Schrift40 deutsches Mittelgesteller (Daniel) birge (Schwäbische 22 Einzelsänger, ...) -spieler 41 Tier zum Tragen von 24 aus einer Gefahr Lasten (ugs.) befreien 42 Stadt in den Nieder26 amerikanischer landen Landwirt

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SENKRECHT

19 Hilferuf, SOS

1 chemisches Element 2 früherer Lanzenreiter 3 aufstellen (Wache) 4 ungekochtes Obst und Gemüse 5 Vorfahr 6 Trick, Kniff 7 zarte, anmutige Märchengestalt 11 Hafendamm mit Wellenbrecherfunktion 13 Hauptstadt von China 14 Früchte einbringen 16 außerordentlich

20 Schaden, Fehler 21 junges Schwein 23 Inhaltslosigkeit 25 niederländischer Humanist 28 nordischer Hirsch, Elch 31 Roman von Émile Zola 32 Singvogel 34 eine Spielkarte 35 Musikzeichen 37 stehendes Binnengewässer

Die richtige Lösung schicken Sie bitte bis zum 30. April 2014 per Post an vorwärts, Postfach 610322, 10925 Berlin oder per E-Mail an raetsel@vorwaerts.de. Bitte Absender nicht vergessen und ausreichend frankieren! Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir zehn Bücher.

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ls er im Dezember 1982 im Un­ terbezirk Kulmbach in die SPD aufgenommen wird, hat er bereits eine beachtliche Karriere hinter sich. Dass eine noch eindrucksvollere Laufbahn vor ihm liegen würde, kann er trotz etlicher prominenter Fürspre­ cher nicht ahnen. Schon im März 1983 kandidiert er im Wahlkreis 226 für den Bundestag, in den er über die bayerische Landesliste einzieht. Bereits im ersten Jahr als sozial­ demokratischer Abgeordneter wird der gelernte Journalist Mitglied des Aus­ wärtigen Ausschusses. Die Außenpolitik lässt ihn auch in den folgenden Jahren nicht los. Als Vorsitzender des Sonder­ ausschusses Europäische Union kann er sich für spätere Berufungen empfehlen. Auch in der Partei kann er sich auszeich­ nen, obwohl er keinen „Stallgeruch“ hat. Sein großer Förderer Willy Brandt macht ihn 1987 zum Chefredakteur des „vorwärts“. Unter Rudolf Scharping wird er 1993 zum Bundesgeschäftsführer der SPD gewählt. In der „Sozialistischen Internatio­ nale“ macht er von sich reden als Vor­ sitzender des Komitees für Frieden, Si­ cherheit und Abrüstung. Nach einem kurzen Intermezzo als Staatsminister im Auswärtigen Amt geht er im Sep­ tember 1999 nach Brüssel und wird dort verantwortlich für die Osterweiterung der EU. In Anerkennung dieser Tätigkeit wird ihm 2003 der Orden des litauischen Großfürsten Gediminas verliehen. Auch für die Aufnahme der Türkei in die EU setzt er sich vehement ein. Am 28. April wird er 70 Jahre alt. Dass er dann in den politischen Ruhestand geht, ist nicht an­ zunehmen. n Unter allen Einsendern verlosen wir eine vorwärts-Tasche. Bitte schicken Sie das Lösungswort mit dem Stichwort „Wer war’s“ bis 30. April 2014 per Post oder per E-Mail an: redaktion@vorwaerts.de

Historisches Bilder-Rätsel Die Lösung des Bilder-Rätsels aus der vergangenen Ausgabe lautet: peter glotz Die vorwärts-Tasche hat gewonnen: Anneliese Fleischmann-Stroh, 74074 Heilbronn

Gewinner

Die Lösung des jüngsten Preisrätsels lautet: Fahne Gesucht wurden außerdem: Fahimi und hannover Jeweils ein Buch gewannen: Brunhilde Kebsch, 04680 Colditz Günter Grabowski, 44869 Bochum Siegfried Bürkle, 69427 Mudau Karen Ender, 35519 Rockenberg Karin Botje, 34477 Twistetal-Berndorf Heiner Wenzel, 31582 Nienburg Peter Bauer, 26316 Varel Friedrich Stuckenberg, 49656 Bramsche Irene E. Kamm, 97222 Rimpar üb. Würzburg Erna Eckel, 59227 Ahlen

Foto: dpa Picture-Alliance/Tim Brakemeier

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Das Allerletzte 35

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wie mich das »eeg« unter strom setzt energiewende Ich würde auf meine persönliche Kleinst-Aluminium­ hütte verzichten, wenn mir der Staat im Gegenzug die Hälfte, also 200 000 Euro, an Subventionen rüberschöbe Von Martin Kaysh

Illustration: christina Bretschneider; Foto: Standout

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ir im Revier, im Ruhrgebiet, wir sind Energieprofis. Gerade ging im Essener Ruhrmuseum die Ausstellung „Kohle Global“ zu Ende. Dort lernte man: Allein 2011 haben die Zechen weltweit so viel Kohle gefördert wie das Ruhrgebiet in seiner 200-jährigen Geschichte. Das Museum residiert standesgemäß in der stillgelegten Zeche Zollverein. Ein paar Straßenbahnhaltestel­ len weiter residieren auch Energieprofis, im RWE-Tower am Bahnhof. RWE hat gerade 2,8 Milliarden Euro Verluste eingefahren. Jetzt gucken die Profis traurig auf ihre alten Atom- und modernen Kohlekraftwerke. Wie nach durchzechter Nacht dämmert ihnen, irgendwas ist an ihnen vorbeigelaufen, irgendwas mit Energiewende, oder so. Das Defizit wiederum ärgert andere Energieprofis, die man mit der S-Bahn erreicht. Die Oberbürgermeister von Dortmund, Bochum und Duisburg haben zum Teil dringend und vergeblich auf

dicke Dividenden aus Essen gewartet. Denn die Städte hier in der Gegend sind traditionell an RWE beteiligt. Jetzt haben die Lokalpolitiker Sigmar Gabriel einen Brandbrief geschrieben. Nicht wegen der Dividende, wegen der Energiewende. Sie möchten nicht, dass Stahlwerke und Aluminiumhütten weiter belastet werden mit steigenden Energiepreisen. Toll an dem Brief ist, dass die OB ihn gemeinsam geschrieben haben, das spart Porto. Mit den Alubuden ist es so, und da bin ich fast neidisch, als Großabnehmer zahlen sie für die ­ Megawattstunde Strom rund 40 Euro. Soviel zahle ich auch pro Monat an die traurigen Energieprofis im RWE-Tower, verbrauche aber mit Herd und Waschmaschine… Sagen wir mal so: Wenn ich hundert Herde hätte und tausend Waschmaschinen… Der Strom für Aluminiumhütten wird heftig verbilligt, durch Befreiung bei der EEG-Umlage etwa. So wird ­jeder

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Jetzt gucken die Energie­ profis ­traurig auf ihre alten Atom- und modernen Kohlekraft­ werke.

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Martin Kaysh

Arbeitsplatz dort mit 400 000 Euro subventioniert, im Jahr, sagt die „Tagesschau“. Das könnte mich dazu bringen, vielleicht irgendwann auch mal einen Brandbrief zu schreiben: Da stünde dann drin, ich würde künftig auf meine persönliche Kleinst-Aluminiumhütte im Keller verzichten, wenn mir der Staat im Gegenzug die Hälfte, also 200 000 pro Jahr, an Subventionen rüberschöbe. Das geht natürlich nicht nach dem EEG. Früher dachte ich, EEG, das ist doch was mit Hirnströmen. Hinter der Abkürzung steckt neuerdings aber das „Erneuer­bare Energien Gesetz“. Den Einzugsbereich des EEG könnte man auf den Autoverkehr ausdehnen. Wenn ich meinen ollen Polo volltanke, kostet mich der Liter Sprit dann rund drei Euro, damit einer, der einen Mercedes mit vielen Buchstaben hintendran durch die Gegend jagt, die Tankfüllung für 12,9 Cent bekommt. Der Energiewende traue ich nicht. Vielleicht sichere ich mir für ein paar lumpige Euro die Kohle-Schürfrechte der stillgelegten Zechen, wie Zollverein. Und dann gucke ich mir die Energiewende in Ruhe an. n

Martin Kaysh ist Kabarettist, Alternativkarnevalist („Geierabend“) und ­Blogger. Er lebt im Ruhrgebiet, freiwillig.


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