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D i e Z e i t u n g d e r d e u t s c h e n s o z i a l d e m o k r at i e
April 2012
n
Gegründet 1876
Schwarz-gelb versagt Illustration: Jens Bonnke
die energiewende droht zu scheitern hannelore Kraft »Wir kämpfen mit erhobenem haupt«
Peter Feldmann sensationssieg bei frankfurter ob-wahl
04 4 197407 502506
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In Hessen kommt der E-Postbrief
Moderne Mitgliederkommunikation mit der Deutschen Post Immer auf dem Laufenden, immer aktuell – die SPD-Landesverbände informieren ihre Mitglieder stets über neue politische und parteiinterne Entwicklungen. So auch in Hessen: Der Landesverband zählt 61.000 Mitglieder zwischen Kassel und Darmstadt, mit denen er über unterschiedliche Kanäle regelmäßig kommuniziert. Seit Kurzem nutzt die Landesgeschäftsstelle in Wiesbaden einen neuen bequemen und sicheren Kommunikationskanal für den Dialog zwischen Partei und Mitgliedern – den E-Postbrief der Deutschen Post.
Die hessische SPD kooperiert bereits seit 2005 mit der Deutschen Post. Besonders eng war die Zusammenarbeit mit dem Landesverband in den Landtagswahlkämpfen 2008 und 2009. Das jüngste gemeinsame Projekt von SPD Hessen und der Deutschen Post ist die Einbindung des E-Postbriefs in die Mitgliederkommunikation der Partei. So ist der Landesverband seit Dezember 2011 für seine Mitglieder auf diesem Weg erreichbar (info@SPD-Hessen.epost.de). Um den neuen Kommunikationskanal und die E-Postbrief Adresse bekannt zu machen, verschickte die Landesgeschäftsstelle in Wiesbaden im Rahmen einer Mitgliederbefragung einen Brief an alle 61.000 Genossinnen und Genossen in Hessen – verbunden mit dem Hinweis, sich für den E-Postbrief registrieren zu lassen.
Privatkunden, Unternehmen sowie Verwaltungen verfügen mit dem E-POSTBRIEF über ein sicheres, schnelles und bequemes Kommunikationsmedium. Er ist eine Brücke zwischen digitaler und analoger Welt und erreicht alle Empfänger in Deutschland.
Ganz wichtig in Zeiten von Internetkriminalität und Datenklau: Der E-Postbrief erfüllt höchste Anforderungen an Sicherheit und Datenschutz. Dies belegen die Zertifikate der Unternehmensgruppe TÜV NORD und des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Ganz aktuell hat der E-Postbrief das Datenschutz-Gütesiegel des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) erhalten. Das ULD bescheinigt damit, dass der E-Postbrief die geltenden Vorschriften
Fotolia/Kristan
für Datenschutz und Datensicherheit erfüllt. Doch was genau macht den E-Postbrief so sicher? Durch das Identifizierungsverfahren tritt kein Nutzer unter falschem Namen auf. Jeder Teilnehmer identifiziert sich durch das POSTIDENT-Verfahren kostenlos in seiner Postfiliale. Spam und Viren sind ausgeschlossen, eine Veränderung des Inhalts durch unbefugte Dritte ist durch hoch sichere Verschlüsselungsverfahren unmöglich.
Mehr als 90 Prozent kennen ihn …
Versand wichtiger Unterlagen per E-Postbrief
Mehr als 90 Prozent der Deutschen kennen den E-Postbrief. Immer mehr Bürger, Unternehmen und Verwaltungen in Deutschland nutzen ihn auch: rund eine Million Privatkunden, mehr als 100 Großkunden und rund 4.000 Mittelständler. Der E-Postbrief etabliert sich zunehmend als leistungsfähige Plattform für sichere und bequeme elektronische Schriftkommunikation. Seine Produkteigenschaften überzeugen: So können E-Postbriefe rund um die Uhr sicher online versandt werden – bequem von zu Hause aus oder im Büro, über das Portal www.epost.de oder über eine Firmenanwendung. Und sie erreichen jeden Empfänger in Deutschland. Besitzt jemand noch
Die Vorteile des E-Postbriefes haben den Landesverband in Hessen überzeugt. Der Landesgeschäftsführer Dr. Wilfried Lamparter erklärt: „Mittels E-Postbrief sind wir für unsere Mitglieder noch besser zu erreichen.“ So wird die Kommunikation mit den Mitgliedern weiter vorangetrieben
kein E-Postbrief Postfach, druckt die Deutsche Post das Schreiben aus, kuvertiert es und stellt den Brief anschließend per Postboten zu. Dabei profitieren alle Nutzer von der flächendeckenden und lückenlosen Verknüpfung des sicheren elektronischen Netzes mit dem bewährten physischen Postnetz.
und verbessert. Beim Massenversand über den E-Postbrief spart der Landesverband Zeit und Geld. Große Teile der Schriftkommunikation können digitalisiert werden. So werden die Prozesse schneller und kostengünstiger. Die Parteimitglieder können sich zudem über noch schnellere Reaktionen bei Serviceanfragen freuen. Auch in Zukunft setzt die hessische SPD auf den E-Postbrief. Denkbar sind neue Einsatzgebiete wie der Versand von wichtigen Unterlagen an die Delegierten von Parteitagen und Konferenzen. Kontakt: SPD-Landesverband Hessen Rheinstrasse 22 65185 Wiesbaden info@SPD-Hessen.epost.de
Inhalt 3
04/2012 vorwärts
themen in diesem heft
liebe Leserin, Lieber leser! Demokratie ist schön. Gut, sie produziert keine pompösen Bilder von Aufmärschen und geschlossenen Reihen. Wer sich für so etwas begeistert, ist in Diktaturen besser aufgehoben. Demokratie ist unübersichtlich, ihr Alltag meist grau. Demokratische Willensbildung gebiert weder ewige Triumphe noch totale Niederlagen, sondern Kompromisse.
Titel Energiewende: Schwarz-gelb versagt
4 So Nicht! – Das Versagen der Bundesregierung 5 Zum wechsel bereit – Interview T. Schäfer-Gümbel 6 Paradebeispiel – Erneuerbare Energien in Morbach 8 dreisprung – Wünsche an die Energieversorgung 9 Netzintelligenz – Probleme beim Stromtransport
Kolumnen 10 global gedacht – Rafael Seligmann 11 berliner Tagebuch – Uwe Knüpfer 18 Zwischenruf – Christoph Zöpel 27 Das allerLetzte – Martin Kaysh
Protest: Demo gegen Merkels Energiepolitik
News 10 Peter Feldmann – Er triumphiert in Frankfurt 12 Hannelore Kraft – Sie setzt auf Sieg in NRW
Der gelungenste Kompromiss des Landes heißt Joachim Gauck. Könnte Angela Merkel „durchregieren“, wäre Christian Wulff noch immer Bundespräsident. Dass diese Republik aus einer Peinlichkeit das Beste machte, sollte auch Skeptiker überzeugen. Leider agiert die Kanzlerin in der Energiewende genauso lässig, selbstverliebt und tapsig wie bei der Bundespräsidentenkür. Das spricht sich herum. Kritik an Frau Merkels „Regierungskunst“ kommt inzwischen aus allen Teilen der Gesellschaft, von Umweltverbänden bis zu Handwerk und Industrie. Was von Schwarz-Gelb noch zu erwarten ist, bringt die Titelzeichnung dieses „vorwärts“ auf den Punkt.
Fotos: Dirk Bleicker(2), , Dominik Asbach/laif, imago/Heiko Feddersen, drtiae+dSS
Wie frau auch unter schwierigen Bedingungen Kurs hält, das hat Hannelore Kraft in Nordrhein-Westfalen gezeigt. Und als es nicht mehr ging, legte sie das Schicksal der rot-grünen Koalition beherzt in die Hände der Wähler. Die wenden sich nicht nur in den Ländern Sozialdemokraten zu, sondern auch und gerade dort, wo Politik am konkretesten ist: in den Städten. In Frankfurt, in Mainz, in Schonungen. Denkbar konkret ist auch das neue vorwärts-Branchenporträt. Wir zeigen, wo junge Menschen Zukunft haben. Denn darum geht es, immer. Mit herzlichen Grüßen,
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Kämpferisch: Hannelore Kraft im Interview
Seite 12
partei leben! seit‘ an Seit‘ – T. Albig und die Gewerkschaften Arbeitsgemeinschaften in der SPD Migration und Vielfalt porträt Serpil Midyatli: Aufstieg im Sauseschritt
Wirtschaft 22 das branchenporträt: Umwelttechnik
kultur 23 vorwärts-Galerie – Ironische Trophäen 24 REZENSION – W. Schroeder: Vorsorge und Inklusion
historie 25 die siebzigerJahre und die SPD – Erhard Eppler 26 Wer war’s? – Lothar Pollähne 17 18 25 26 27
Parlament Leserbriefe Impressum Rätselseite seitwärts
Diese Ausgabe Enthält eine VERL AGS-SONDERVERÖFFENTLICHUNG ZUM THEMA »Gesundheit«, Seiten 20+21
Vorwärts-Regional April BERLIN: TEMPELHOF-SCHÖNEBERG NRW: Dortmund Uwe Knüpfer Chefredakteur
Seite 4
Redaktionsschluss 26. März 2012
Die Siebzigerjahre: Erhard Eppler blickt zurück Seite 25
Aus der Redaktion Er ist der Kurator unserer „vorwärts“-Galerie auf Seite 23: Björn Engholm, der frühere SPD-Vorsitzende. In jeder Ausgabe stellt er exklusiv für unsere Leser junge zeitgenössische Kunst vor. Und hat dabei eines im Sinn: „Kauft Kunst!“
4 Titel
vorwärts 04/2012
so nicht!
Energiewende Zickzackkurs bei der Förderpolitik, schleppender Netzausbau, fehlende Gaskraftwerke – Umstieg auf Erneuerbare stockt Von Susanne Dohrn
G
egen die Wand gefahren“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende FrankWalter Steinmeier. „Wir sind an wichtigen Punkten nicht zügig genug vorangekommen“, kritisiert Ex-Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU). „Aus Sicht der Verbraucher droht die Energiewende ins Wasser zu fallen“, bilanziert Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Vor gut einem Jahr führte die Atomkatastrophe im japanischen Fukushima zu einem abrupten Sinneswandel der Bundesregierung: Erst wollte sie die Atomkraftwerke länger laufen lassen. Nach Fukushima verkündete sie den Ausstieg bis 2022. Doch die Wende droht zu scheitern. Atomausstieg: Obwohl 2011 acht Kernkraftwerke vom Netz gingen, kam es im Winter nicht zu Stromausfällen. Trotzdem solle niemand Hurra rufen, warnt Matthias Kurth, bis Februar 2012 Präsident der Bundesnetzagentur. Immer noch kämen fast 1/6 unseres Stroms aus deutschen Kernkraftwerken. „Der
Härtetest für die Energiewende kommt erst, wenn auch die anderen Kernkraftwerke vom Netz gehen.“ Netzausbau: Für die Anbindung der Offshore-Windparks fehlen Seekabel und für den Abtransport des Windstroms an Land Netze, so dass an windreichen Tagen die Energie nicht immer vollständig eingespeist werden kann. Ohne Netzausbau gebe es keine Energiewende, denn in den nächsten zehn Jahren soll die Windstromproduktion mehr als verdoppelt werden, so Kurth. Kraftwerksneubauten: Neue Kohlekraftwerke ersetzen einen Teil der Kernkraftwerke, so Claudia Kemfert, Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. „In der Kombination mit Erneuerbaren Energien sind allerdings Gaskraftwerke besser geeignet“, so die Expertin. Sie können flexibler auf das variable Angebot der Erneuerbaren reagieren. Aber für Kraftwerke, die nur als Reserve laufen sollen, fallen keine Bauentscheidungen. Kurth
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Ohne Energieminister wird die Energiewende nicht zu schaffen sein. Claudia Kemfert,
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Energieexpertin des DIW
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hält das für ein noch größeres Problem als den zu langsamen Netzausbau. Förderpolitik: Bis 2050 soll der Gebäudebestand klimaneutral werden, aber die steuerliche Förderung energetischer Gebäudesanierung steckt fest im Streit zwischen Bund und Ländern. Nachdem Anfang 2012 die Vergütung für Photovoltaik gesenkt worden war, will die Bundesregierung nun plötzlich die Vergütung noch einmal radikal um 20 bis 30 Prozent kürzen. Energiepreise: Nur wenn die Energiewende zügig vorangeht, lassen sich die Enerigepreise unter Kontrolle halten. Die Kosten für die Energiewende dürfen aber nicht allein den Verbrauchern aufgebürdet werden, fordert der vzbv. Derzeit beträgt die Umlage für Erneuerbare Energien 3,59 Cent pro Kilowattstunde. Sie könnte bis 2016 auf 6,7 Cent steigen, so der vzbv, u.a. weil es immer mehr Ausnahmen für Unternehmen gibt. Eine erfolgreiche Energiewende sieht anders aus. SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert deshalb ein Bundesenergieministerium, das die Kompetenzen bündelt und trifft damit auf Zustimmung. Nur ein solches Ministerium ermögliche koordiniertes Vorgehen, sagt Stephan Weil, Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen. So sieht es auch Claudia Kemfert: „Die Energiewende ist ein enorm wichtiges und langwieriges Projekt – ohne Energieminister wird diese Herkulesaufgabe nicht zu schaffen sein.“ n
Fotos: Dirk Bleicker
Protest in Berlin: Tausende demonstrierten gegen die Kürzung der Solarförderung, darunter SPD-Chef Sigmar Gabriel sowie Jürgen Trittin und Renate Künast von den Grünen.
Titel 5
04/2012 vorwärts
zum wechsel bereit energiepolitik Thorsten Schäfer-Gümbel leitet die Energiekommission der SPD. Seine Forderung: »Die Energiewende muss aus einer Hand gesteuert werden.« Interview Marisa Strobel
energieverbrauch in Deutschland
28%
Foto: Hendrik Rauch
Haushalte
Die Bundesregierung hat die AKWLaufzeiten erst verlängert, dann den Ausstieg beschlossen. Ist sie überhaupt in der Lage, die Energiewende erfolgreich voranzutreiben? Nein, im Gegenteil: Es gibt weder einen Masterplan noch sind die Zuständigkeiten geklärt. Deshalb fordern wir ein eigenständiges Energieministerium, und zwar nicht als Unterabteilung des Wirtschafts- oder des Umweltministeriums. Die Energiewende muss endlich von einer Hand gesteuert werden. Ist der Atomausstieg bis 2022 zu schaffen oder müssen wir mit einer erneuten Laufzeitverlängerung rechnen? Die schwarz-gelbe Regierung gefährdet mit ihrem Abstimmungschaos gerade den Atomausstieg. Grundsätzlich ist er aber möglich. Wenn wir die Erneuerbaren entsprechend ausbauen, auch früher. Unser Ziel muss klar sein, die Atomkraft aus dem Energiemix Deutschlands herauszunehmen. Schwarz-Gelb will die Solarförderung kürzen. Mit welchen Folgen? Was da passiert, ist grundfalsch. Damit fährt die Bundesregierung alle positiven Entwicklungen bei der Solarenergie vor die Wand. Die Subventionskürzungen sind gerade unter dem Stichwort Planungssicherheit verheerend. Das Energieeinspeise-Gesetz war eines der größten Konjunkturprogramme seit dem Marshallplan. Durch die Energiewende haben wir 370 000 Arbeitsplätze gefördert. Jetzt ist ein ganzer Wirtschaftszweig gefährdet. Wie konsequent ist ein Atomausstieg, wenn die Bundesregierung weiter am Vertrag der Europäischen Atomgemeinschaft zur Förderung der Kernenergie festhält? Es ist längst klar, mit Schwarz-Gelb ist keine wirkliche Energiewende möglich. Für mich ist kaum nachvollziehbar, dass wir an anderen Standorten der Welt die Kernenergie fördern. Deswegen streiten wir um einen Politikwechsel, damit die Bundesregierung auch in Europa auf eine Energiewende dringt. Für viele Verbraucher wird der Strom in diesen Monaten bis zu neun Prozent teurer. Wird Strom zum Luxus? Nein, eine sozialdemokratische Herausforderung ist, dass Strom bezahlbar bleibt und nicht zur neuen sozialen Frage des 21. Jahrhunderts wird.
Momentan gestalten vor allem die Stromanbieter RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall den Preis. Um endlich einen Wettbewerb sicherzustellen, müssen die Städte und Gemeinden zu den Trägern der Energiewende werden. Das heißt nicht, dass die Kilowattstunde am Ende nicht teurer wird. Aber durch Einsparmaßnahmen und die Umstellung können wir die Preise in der Summe stabil halten. Ist es fair, dass stromintensive Industrie bevorteilt wird und zum Beispiel keine Netzentgelte zahlt? Grundsätzlich ist es richtig, dass wir für die energieintensiven Industrien Wettbewerbsverzerrungen vermeiden, um den Bestand nicht zu gefährden. Wir haben die Wirtschafts- und Finanzmarktkrise nur deshalb gut überstanden, weil wir einen starken industriellen Kern haben. Im Übrigen ist er auch einer der Garanten für eine erfolgreiche Energiewende. Wir sollten allerdings diskutieren, wie diese Wettbewerbsverzerrung ausgeglichen werden kann. Welche Möglichkeiten gibt es? Möglich sind zum einen pauschale Entlastungen wie Steuervergünstigungen. Zum anderen ein so genannter Grenzkostenausgleich, um die Mehrkosten einer klimafreundlicheren Produktion zu
reduzieren. Über beide Konzepte werden wir noch einmal nachzudenken haben. Stichwort Energieeffizienz: Wo gibt es den größten Handlungsbedarf? Hier geht es vor allem um Gebäude. Die energetische Sanierung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden muss gesteigert werden. Im Bereich der Anlagentechnik ist es die Kraft-Wärme-Kopplung, die die Wirkungsgrade von Kraftwerken erhöht. Hier haben Effizienzfragen nach wie vor großes Entwicklungspotenzial. Kritiker weisen darauf hin, dass die energetische Gebäudesanierung die Mieten in die Höhe treibe. Das ist zwar in Teilen tatsächlich so, darf aber nicht zum Nachteil der Mieter werden. Deshalb setzen wir uns für Veränderungen im Mietrecht ein, was die Abrechnungsfähigkeit und die Veranlagung von energetischer Sanierung angeht. Ziel muss sein, dass die Bruttomiete nicht steigt, sich aber durch den gerin geren Energieverbrauch gegebenenfalls die Anteile der Kalt- und Warmmiete verschieben. Um das zu erreichen, muss mehr saniert werden. Wenn sich aber alle drei Monate die Grundlagen für die Energiewende ändern, wundert es nicht, dass wir ein Investitionsklima haben, in dem sich viele Akteure verweigern. n
28% Industrie
16% Gewerbe
28% Verkehr Quelle: Dena/bmwi
Chronik des Scheiterns
26. Oktober 2009 Im Koalitionsvertrag legen Union und FDP fest, die Laufzeiten der Atomkraftwerke als „Brückentechnologie“ zu verlängern. 28. Septbember 2010 Die Bundesregierung legt ihr Energiekonzept vor. Die AKW-Laufzeit wird darin um durchschnittlich 12 Jahre verlängert. 14. März 2011 Nach dem Atomunfall von Fukushima verkündet Bundeskanzlerin Merkel ein dreimonatiges Moratorium für die Verlängerung der AKW-Laufzeiten. 30. Mai 2011 Die Ethikkommission empfiehlt den endgültigen Ausstieg aus der Atomkraft binnen eines Jahrzehnts. 6. Juni 2011 Die Bundesregierung beschließt, die Energiewende zu beschleunigen. 29. Februar 2012 Das Kabinett verkündet die Kürzung der Solarförderung um bis zu 30 Prozent.
Seine Vision: Bis 2050 soll der Strom zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien erzeugt werden.
6 Titel
vorwärts 04/2012
im westen geht die sonne auf
Zahlen und fakten
Energielandschaft 100 Prozent regenerative Quellen – Morbach weiß, wie es geht energie-revolution
Von Romy Hoffmann
So viel Leistung liefern Eneuerbare Energieträger in Deutschland in der Strom herstellung (in Megawatt) Wasserkr aft 3538 4401 windenergie 6097 29075 photovoltaik 76 24820 Biom asse 1164 7187
n 2000
n 2011
Quelle: Arbeitsgruppe erneuerbare energien-Statistik
Erneuerbare Energien in Deutschland
3,1% 6,4% trugen sie im Jahr 2000 zur Stromerzeugung bei
20% waren es im Jahr 2011 Quelle: Arbeitsgruppe erneuerbare energien-Statistik
strom aus der sonne
1 Mio. Photovoltaikanlagen gab es Ende 2011 in Deutschland Quelle: Bundesverband Solarwirtschaft
Morbacher Energielandschaft: Auf dem ehemaligen US-Munitionslager wird ein Energiemix erzeugt, hier mit Solarpark und Windkraftanlagen.
S
ie wurde zur Klimaschutz-Kommune 2006 ernannt, erhielt den Deutschen Solarpreis 2007 und ist Siegerin im Wettbewerb Kommunaler Klimaschutz 2009 – Morbach, eine 11 000-Einwohner-Gemeinde im Hunsrück. Mit seinem Energiepark spielt der Ort eine Vorreiterrolle in Deutschland, denn Morbach versorgt bereits seit 2002 all seine 4400 Privathaushalte vollständig mit regenerativer Energie. Momentan reicht die erzeugte Energie von jährlich etwa 45 Millionen Kilowattstunden sogar für rund 13 000 Haushalte aus, weswegen auch ein Teil der ortsansässigen Industriebetriebe mit der Öko-Energie versorgt werden kann. „Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist sehr hoch,“ bestätigt Michael Grehl von der Gemeindeverwaltung Morbach. Die Entscheidung für den Energiepark fiel 2001 nicht nur parteiübergreifend, sondern auch unter Einbezug der Bürger. „Wir haben den Flächennutzungsplan ohne negativen Einwand aus der Be völkerung zur Rechtskraft gebracht.“ Tamara Müller, SPD-Ortsvereinsvorsit-
zende der Gemeinde Morbach, ergänzt: „Unser Ortsverein hat das Projekt von Anfang an begleitet und mitgetragen.“
Energiepark lockt Touristen Die komplette Versorgung von Privathaushalten mit Erneuerbarer Energie ist also heute schon möglich. Das Paradebeispiel, wie Müller den Energiepark nennt, wird auf einer Fläche von 146 Hektar betrieben, was etwa 200 Fußballfeldern entspricht. Dort finden sich 14 Windkrafträder, eine große Photovoltaikanlage und eine Biosgasanlage. Die dort erzeugte Abwärme wird genutzt, um in der eigenen Anlage Holzpellets herzustellen. Ratund Bürgerhaus werden damit beheizt. Zudem sind die öffentlichen Gebäude in Morbach mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. „Die Rohstoffe stammen ausschließlich aus der Region bis zu einem Umkreis von 80 Kilometern“, sagt Grehl. Insgesamt spart Morbach durch den ÖkoStrom jährlich etwa 32 500 Tonnen CO2 ein. Die Anlagen werden hauptsächlich durch einen heimischen Projektentwick-
ler für Erneuerbare Energien betrieben. Neben weiteren kleineren Investoren spielt auch die Bürgerbeteiligung eine Rolle. So wurde ein Windrad vollständig durch die Bürger Morbachs finanziert, ein „Bürgerwindrad“ also. Den Einwohnern war neben der gemeinsamen Entscheidung auch die wirtschaftliche Effizienz wichtig. Morbach nimmt dank der Anlagen Gewinne aus Pachteinnahmen und Gewerbesteuer ein. Sogar den Tourismus kurbelt das einmalige Projekt kräftig an. „Wir hatten schon Minister aus Sri Lanka und China zu Besuch“, erinnert sich Tamara Müller. Auch andere SPD-Ortsvereine seien oft Gäste im Energiepark. Trotz aller Erfolge macht Michael Grehl auf ein großes Problem aufmerksam: „Die ortsansässigen Industriebetriebe sind so energieintensiv, dass die produzierte Energie für sie nicht völlig ausreicht.“ Aus diesem Grund wird die Gemeinde erst 2020 energieautark sein. Tamara Müller ist optimistisch: „Die Energielandschaft Morbach ist noch lange nicht am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt.“ n
Fotos: Paul Langrock/Zenit/laif, dpa Picture-Alliance / Stefan Sauer, Aufwind-Luftbilder / VISUM
betrug ihr Anteil an der Stromerzeugung 1990
Titel 7
04/2012 vorwärts
München leuchtet stadtwerke Alle Privathaushalte sollen ab 2015 mit Öko-Strom versorgt werden Von Nils Hilbert
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… Mehr lesen! Nina Scheer: Energiewende begreifen Leuchtturm: Meck-Pomm gibt den Takt vor OV Spremberg: Diskussion über Brandenburg 2030 Jetzt downloaden: vorwärts.de/app
it fast 1,4 Millionen Einwohnern ist München die drittgrößte Stadt Deutschlands. In drei Jahren will die Stadt die Privathaushalte und den Nahverkehr vollständig mit Strom aus Erneuerbaren Energien versorgen. Bis 2025 soll auch der Strombedarf von Industrie und Gewerbe aus regenerativen Quellen gedeckt werden. Damit wäre München Spitzenreiter unter den Großstädten. Dafür investieren die Stadtwerke München (SWM) neun Milliarden Euro. Die SWM gehören mit über 6500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als 3,7 Milliarden Euro zu den größten kommunalen Energieversorgern in Deutschland. „Nur weil die Stadt ihre Stadtwerke nicht verkauft, sondern in städtischer Hand behalten hat, kann der Stadtrat überhaupt das ehrgeizige Ziel von 100 Prozent Erneuerbare Ener gien vorgeben“, betont Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). Seit das Energieunternehmen 2009 die Initiative gestartet hat, wird an insgesamt 20 Standorten parallel modernisiert, geplant und zugekauft. Der Anteil Erneuerbarer konnte seitdem verzehnfacht werden. Doch bereits vor der Ausbauoffensive produzierten die Stadtwerke Öko-Strom. Zum Beispiel in ihren
zehn Wasserkraftwerken. Oder in der Biogasanlage, die mit Mist aus dem Tierpark Hellabrunn betrieben wird. Teile der Messe werden nach wie vor durch Geothermie versorgt. Mittlerweile sind auf dem Messegebäude 38 100 Quadratmeter Solarzellen hinzugekommen. Regenerative Energien und große Städte passen eigentlich nicht gut zusammen: Solarparks, Wasserkraftwerke oder Windräder – sie alle brauchen viel Platz. Für Städte wie München reicht das Energiepotenzial in und rund um die Stadt schlicht nicht aus. „Bilanzielle Versorgung“ lautet hierfür die Lösung: Hierbei wird Strom aus regenerativen Quellen andernorts eingespeist, aber von Münchner Öko-Strom Kunden bezahlt und verbraucht. Insgesamt steigt somit – bilanziell – der Stromanteil aus Erneuerbaren Energien im Netz an. „Unser überregionales Engagement führt uns an Orte, an denen der Wind stärker und gleichmäßiger bläst bzw. die Sonne häufiger und intensiver scheint“, begründen die Stadtwerke ihr europaweites Engagement. Ein Solarkraftwerk in Spanien ist bereits im Testbetrieb. Zusammen mit privaten Unternehmen investieren die Stadtwerke in neue Windparks. Jetzt müssen nur noch die Stromnetze ausgebaut werden. n
so geht’s
schließlich mit regenerativer Energie versorgt werden soll. Finanziert werden soll die Wende mit einem Bürgerfonds für Erneuerbare Energien. Wer Anteile am Fonds erwirbt, ist an den Gewinnen beteiligt. „Die Rendite bleibt bei den Bürgern und geht nicht an Banken oder Investoren“, so Oertzen. Dass die Energiewende zu teuer wird, glaubt er nicht. „Wir haben das durchgerechnet. Wir werden auch zukünftig Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten können.“ n
Bürgerfonds Winsen an der Luhe wird atomstromfrei Von Susanne Dohrn
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b Ende 2014 will Winsen ganz auf Atomstrom verzichten. Das haben SPD und Grüne im Stadtrat im Oktober 2011 beschlossen. „Ausschlaggebend war das Unglück in Fukushima“, erklärt der SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Oertzen. Außerdem plant die Stadt in Niedersachsen, auf regenerative Energieerzeugung umzusteigen. Dank eigener Stadtwerke kann die Stadt entscheiden, wie sehr sie selbst in die Produktion einsteigt und welchen Strom sie einkauft. Ziel sei es, so Oertzen, möglichst viel Strom vor Ort zu produzieren, damit die Wertschöpfung im Ort bleibt. Inzwischen haben die Stadtwerke alle geeigneten Photovoltaikflächen im Ort erfasst. Ein Windpark ist geplant und ein neues Wohnquartier, das aus-
Ansicht aus der Luft: Winsen an der Luhe
Auch RWE setzt auf Erneuerbare Energien: z.B. mit seinem Biomassekraftwerk in Berlin
WENDE DER RIESEN KONZERNE Wie die großen Energieunternehmen auf den Atomausstieg reagieren Von Susanne Dohrn
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inige nennen sie die „vier Besatzungsmächte“: Denn E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall beherrschen den deutschen Strommarkt. Jahrelang setzten sie vor allem auf Kohle, Gas und Atomkraft. Jetzt steuern auch sie auf Erneuerbare Energien um: E.ON: Deutschlands größter Energieversorger investiert seit Jahren in Offshore-Windparks, vor allem in Großbritannien und Dänemark, demnächst auch in Polen. Im brandenburgischen Falkenhagen erprobt E.ON, wie sich aus Windstrom mittels Elektrolyse Wasserstoff herstellen lässt, der ab 2013 ins Erdgasnetz eingespeichert werden soll. RWE: In der Tochtergesellschaft RWE Innogy hat Deutschlands größter Stromerzeuger die Aktivitäten rund um Windkraft an Land, Wasserkraft und Biomasse gebündelt. Das Unternehmen erforscht neue Speichermöglichkeiten für Energie, z.B. mit Druckluft. Bis 2025 sollen 75 Prozent der Stromerzeugung des Unternehmens CO2-frei oder CO2-arm sein. EnBW: setzt vor allem auf Windenergie und Wasserkraft. Das Unternehmen verhandelt mit rund 100 Standorten, um bis zu 400 Windanlagen zu bauen. Der EnBW-Windpark „Baltic 1“ in der Ostsee vor der Halbinsel Zingst wurde 2011 in Betrieb genommen. Auf kommunaler Ebene will EnBW die Wende mit Projekten wie „Nachhaltige Stadt“ schaffen. Vattenfall: In der Lausitz in Brandenburg betreibt das Unternehmen seit 2008 die weltweit erste Pilotanlage, bei der das bei der Kohleverbrennung anfallende Klimagas CO2 abgeschieden und verflüssigt wird. In Senftenberg in Brandenburg wird CO2 in einer Pilotanlage zur Algenzucht verwendet. Vattenfall ist außerdem am Windpark „Alpha Ventus“ beteiligt und plant einen weiteren Offshore-Windpark mit dem Namen „Sandbank 24“ vor der Nordseeinsel Sylt. n Mehr in unserer App und auf vorwärts.de
8 Titel
tipps zum weiterlesen
vorwärts 04/2012
energetischer dreisprung stromversorgung Es sind drei Wünsche auf einmal: Sauber, sicher und bezahlbar soll der Strom in Deutschland sein. Drei Sichtweisen Von Kai Doering
hubert weiger BUND
Die Energiewende ist auch eine Reise ins Ungewisse. Johannes Winterhagen hat sie bereits unternommen und erklärt eindrucksvoll, was uns noch bevorsteht, wo er Hindernisse sieht und was die Gesellschaft leisten muss, damit das Jahrhundert-Projekt ein Erfolg wird. Johannes Winterhagen abgeschaltet Hanser Verlag 2012, 256 Seiten, 17,90 Euro ISBN 978-3-4465-2773-0
Dass die Energiewende kommt, ist mittlerweile klar. Strittig sind das Wie und das Wann. Nina Scheer benennt Hürden und Herausforderungen – und sagt, wie eine Vollversorgung aus Erneuerbaren Energien erreicht werden kann. Nina Scheer energiewende fortsetzen vorwärts|buch Verlag 2012, 120 Seiten, 10 Euro ISBN 978-3-86602-751-0, erscheint im Mai
Deutschland gilt weltweit als innovativstes Land bei den Erneuerbaren Energien. Martin Frey zeigt, wo sie besichtigt werden können – von der „Energie-Insel“ Pellworm bis zur EnergieGemeinde Wildpoldsried. Martin Frey deutschland – erneuerbare energien entdecken Karl Baedeker Verlag 2011, 192 Seiten, 14,95 Euro ISBN 978-3-8297-1290-3
So klingt einer, der sich seiner Sache sicher ist. „Der Atomausstieg ist auch ohne Kohlekraftwerke bis zum Ende dieser Legislaturperiode zu machen“, sagt Hubert Weiger. Nach Ansicht des Vorsitzenden des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sollen bis 2020 mindestens 45 Prozent des Strombedarfs aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Bis spätestens 2050 soll die Komplettversorgung erreicht sein. Neben dem Ausbau der Erneuerbaren setzt Weiger dabei auf Energieeffizienz und aufs Stromsparen. „Dezentrale Gaskraftwerke wird es übergangsweise wohl auch noch brauchen“, räumt der BUND-Chef ein. „Die sollten aber ökolo-
sich, sondern „die Risiken, die durch eine überstürzte Vorgehensweise entstehen, und die fehlende Absicherung von Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit.“ Langfristig gefährde dies den Standort Deutschland, Investitionen würden anderswo getätigt. Hiesinger ist sicher: „Von der Bundesregierung wird die Komplexität der Energiewende unterschätzt.“ n
sicher heinrich hiesinger ThyssenKrupp
bezahlbar
Bis zum Frühjahr 2011 waren die Rahmenbedingungen für die deutsche Industrie klar. „Wir alle haben enorme Anstrengungen unternommen, um den Verbrauch von Rohstoffen und Energie und damit auch den Ausstoß von CO2 deutlich zu senken“, blickt der Vorstandsvorsitzende von ThyssenKrupp, Heinrich Hiesinger, zurück. Dann kamen Fukushima und der Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Atomausstieg. „Heute trifft die Politik überstürzt Entscheidungen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie auch für die Zukunft abzusichern.“ Dabei sei Planungssicherheit das A und O für die Großunternehmen. Hiesinger bemängelt nicht die Wende an
aribert peters Bund der Energieverbraucher Aribert Peters geht es um Gerechtigkeit. „Energiewende bedeutet Demokratisierung und setzt diese voraus“, erinnert der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher. „Die Begünstigung von Großkonzernen auf Kosten der Übrigen passt dazu nicht.“ Peters fordert deshalb, dass künftig auch stromintensive Betriebe die volle EEG-Umlage bezahlen. Zurzeit werden sie bei den Stromkosten umfangreich begünstigt. Der Bund der
So setzt setztsich sich strompreis für private haushalte zusammen So derder Strompreis für private private Haushalte zusammen So setzt sich der Strompreis für Haushalte zusammen Nettonetzentgelt Nettonetzentgelt 19,9 19,9 % %
Energiebeschaffung Energiebeschaffung und und Vertrieb Vertrieb (inkl. (inkl. Marge) Marge) 33,0 33,0 % %
Abrechnung, Abrechnung, Messung Messung und und Messstellenbetrieb Messstellenbetrieb 2,7 2,7 % % Umlage Umlage nach nach Kraft-WärmeKraft-WärmeKopplungsgesetz Kopplungsgesetz 0,2 0,2 % %
gesamt gesamt 25,45 25,45 Cent/kWh Cent/kWh
Umlage Umlage nach nach ErneuerbareErneuerbareEnergien-Gesetz Energien-Gesetz 13,7 13,7 % %
KonzessionsKonzessionsabgabe abgabe 6,5 6,5 % %
Steuern Steuern (Strom(Strom- und und Umsatzsteuer) Umsatzsteuer) 24,0 24,0 % %
Entwicklung des desdes Strompreises 2006 2006 bis 2011 2011 entwicklung strompreises bis 2011 Entwicklung Strompreises 2006 bis in in Cent/Kilowattstunde Cent/Kilowattstunde
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Rezensionen: vorwärts.de/kultur/buchtipp
gisch optimiert werden, also auch die Wärme nutzen.“ Auch für Biogasanlagen oder Kraft-Wärme-Kopplung würde Weiger keine Baugenehmigung mehr erteilen. Zentrales Werkzeug der Energiewende sei das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Die Forderung nach einer Abschaffung des EEG bedeute daher „die komplette Abkehr vom erfolgreichen Weg in eine zukunftsfähige Stromerzeugung.“ n
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2006 2006 18,93 18,93
2007 2007 20,08 20,08
2008 2008 21,39 21,39
2009 2009 22,75 22,75
2010 2010 23,42 23,42
2011 2011 25,45 25,45
Quelle: Bundesnetzagentur, Stand: 1. April 2011 Quelle: Bundesnetzagentur, Stand: 1. April 2011
Energieverbraucher sieht darin eine europarechtswidrige Beihilfe und hat Beschwerde in Brüssel eingelegt. „Wir befürworten das EEG und die damit verbundenen Zusatzkosten“, stellt Peters klar. Allerdings müssten die Bedingungen für alle gleich sein. Aus Peters‘ Sicht treiben vor allem „überzogene Gewinne der Versorger, fehlender Wettbewerb bei der Stromerzeugung und Manipulationen der Stromhandelsgroßmärkte“ die Preise. Das soll sich ändern, notfalls per Abstimmung mit den Füßen: „Wie beim Wahlzettel stimmt der Verbraucher mit einem Versorgerwechsel auch über dessen Geschäftspolitik ab.“ n
Fotos: Julia Puder/BUND, dpa Picture-Alliance/Marius Becker, Bund der Energieverbraucher e.V.
sauber
Titel 9
04/2012 vorwärts
Fotos: dpa picture alliance/Reinhard Dirscherl, dpa Picture-Alliance / Bodo Marks
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ie SPD in Schleswig-Holstein will den Netzausbau voranbringen, wenn sie die Landtagswahl am 6. Mai gewinnt. „Wir müssen einen Prozess organisieren, den möglichst alle als Gewinn empfinden“, betont Spitzenkandidat Torsten Albig. Dass die Energiewende nicht ohne viele zusätzliche Netzkilometer möglich sein wird, darüber sind sich inzwischen alle Beteiligten einig. Der künftig im Norden produzierte Windstrom wird sonst das Netz verstopfen, bevor er im Süden ankommt. Gerade deshalb sucht Torsten Albig den Dialog. Wie in anderen Bundesländern, wird auch in Schleswig-Holstein gegen neue Höchstspannungsmasten protestiert. Manche Sorgen sind berechtigt, wie ein kürzlich vorgestelltes Gutachten über die ökologischen Auswirkungen von Freileitungen und Erdkabeln feststellt. Umso wichtiger ist die Prüfung im Einzelfall. „Neue Stromleitungen sollten überall dort vorrangig in der Erde verlegt werden, wo Freileitungen nicht natur- und siedlungsverträglich sind“, sagt Albig. Bei der Diskussion über den Bau neuer Trassen geht jedoch schnell unter, dass Netzengpässe nicht nur in den dicken Starkstromseilen auftreten. Weit über 90 Prozent der erneuerbar erzeugten Energie werden erst einmal dezentral vom herkömmlichen Niederspannungsnetz aufgenommen. „Die Verteilnetze bekommen damit zunehmend eine Rolle, die bisher nur das Übertragungsnetz innehatte“, erläutert die Geschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Hildegard Müller. Das kann bei starkem Wind und bei viel Sonnenschein die Stabilität der Stromversorgung gefährden. Den Niederspannungsnetzen fehlen Trafostationen mit digitalen Mess einrichtungen zur Überwachung und Steuerung der fluktuierenden Energien. Eine Aufrüstung mit den nötigen IT-Komponenten ist deshalb zwingend erforderlich. Dem pflichtet auch Stephan Weil bei, Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen: „Wenn die lokalen Verteilnetze nicht fit gemacht werden, dann wird das System sehr schnell an seine Grenzen stoßen.“ Die deutsche Akademie der Technikwissenschaften Acatech geht noch einen Schritt weiter: „Nur ein intelligentes Energienetz, ein so genanntes
Notwendiges Übel: Höchstspannungsmasten sind für den Transport von Erneuerbarer Energie unerlässlich. Der Bau neuer Trassen wird aber immer wieder zum Zankapfel.
intelligenz im netz stromtransport Mit ihm steht und fällt die Energiewende. Doch die Hindernisse sind vielfältig, neue Technik ist teuer Von Marian Bichler Smart Grid, kann die Herausforderungen der Energiewende bewältigen.“ Wer aber kümmert sich darum und wer bezahlt es? Während der Ausbau des Transportnetzes umfangreich geplant wird, hinkt die Entwicklung der Intelligenz im Verteilnetz hinterher. Belastbare Kostenabschätzungen und ein tragfähiges Geschäftsmodell fehlen. „Die Entscheidung über den Einsatz von Smart Grids ist eine rein unternehmerische des jeweiligen Netzbetreibers“, gibt sich Achim Zerres von der Bundesnetzagentur zugeknöpft. Dem hält TelekomManagerin Gabriele Riedmann de Trinidad entgegen: „Den Ausbau des Smart Grids wird man nur vorantreiben, wenn man sich davon einen Nutzen verspricht. Der ist in Deutschland aber zwischen Endkunden, Verteilnetzbetreibern und Stromlieferanten gesplittet.“ Betriebswirtschaftlich geht die Rechnung also nicht auf. Erst volkswirtschaftlich ergibt sich der Vorteil der schlauen Netze: Nur mit „smarten Technologien“
Möchte die Menschen an der Energiewende beteiligen: Schleswig-Holsteins SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig
kann das ständig wechselnde Angebot der Erneuerbaren Energien genau registriert und sicher auf die Stromnachfrage abgestimmt werden. BDEW-Stratege Andreas Kuhlmann sieht deshalb Handlungsbedarf: „Die Politik wird den Auftrag der Bundesnetzagentur kritisch überdenken müssen. Regulierung darf nicht mehr nur für billige Netzentgelte sorgen. Im Vordergrund müssen die richtigen Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Energiewende stehen.“ Der Druck ist groß, denn auch im Ausland wird die Energiewende aufmerksam beobachtet. „Wir müssen den anderen Staaten Mut machen, indem wir eine intelligente Netzstruktur aufbauen, dezentrale Erzeugungskapazitäten heben und neue Arbeitsplätze entstehen lassen“, fordert Matthias Miersch, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Aus seiner Sicht kann Deutschland den Umstieg auf ein intelligentes, erneuerbares Energiesystem schaffen – und damit weltweit ein Beispiel sein. n ANZEIGE
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10 News
vorwärts 04/2012
Der jüngste
Der neue »SPD-Werbeshop« bietet online SPD-Artikel Der eine tut es lieber dezent mit dem Parteilogo auf einem Bleistift, der andere greift gerne zur knallroten Tüte: Mit Kulis, Taschen, Notizblöcken oder Flaschenöffnern können Sozialdemokraten zeigen, wo sie politisch stehen. Bislang boten zwei Firmen getrennt von einander SPD-Produkte an: der Familienbetrieb Lahnstein Werbung, 1968 von Volker Lahnstein gegründet, der als aktiver Juso und Wahlkämpfer den ersten mobilen Infostand entDa sehen wir Rot: das neue Sortiment wickelte. Und die SPD-Tochter des SPD-Werbeshops. „Image“, die im Bundestagswahlkampf 1998 zur Unterstützung der Kampagne gegründet wurde. Inzwischen bietet Image mehr als 300 Produkte an, darunter Ausgefallenes wie den SPD-Toaster. Jetzt gibt es zusätzlich etwas Neues: Die einstigen Konkurrenten Image und Lahnstein Werbung haben sich zusammengetan und für ein extra Sortiment eine gemeinsame Firma mit eigenem Online-Shop eröffnet: Unter www.spdwerbeshop.de können Genossen vom Brillenputztuch bis zum Einkaufsbeutel vieles in Rot und mit SPD-Schriftzug kaufen. Der SPD-Werbeshop ist auch unter der Servicehotline 02104-2029250 zu erreichen, und zwar montags bis donnerstags zwischen 8 und 16 Uhr sowie freitags von 8 bis 14 Uhr. n YH
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Am Ende eines langen Tages lag er mit drei Stimmen vorn. 2335 Wähler hatten bei der Bürgermeisterwahl im unterfränkischen Schonungen Stefan Rottmann angekreuzt, 2332 seinen Gegenkandidaten von der CSU. Der 25-jährige Bankfachwirt ist damit „Deutschlands jüngster Bürgermeister“, wie tags darauf auch viele Zeitungen titelten. Mit 16 hatte Rottmann eine Petition eingereicht. „Über diesen Weg fand ich Gefallen an der Kommunalpolitik.“ Der Weg hat den jungen Mann nun ins Schonunger Rathaus geführt, weitere Etappen nicht ausgeschlossen. n KD
peter folgt Petra Wahlsiege sind umso schöner, wenn sie überraschend sind. Im ersten Durchgang für die Frankfurter Oberbürgermeister-Wahl hatte Peter Feldmann mit 6,1 Punkten Rückstand noch auf Platz zwei gelegen. In der Stichwahl am 25. März triumphierte er mit 57,4 Prozent über den Kandidaten der CDU, Hessens Innenminister Boris Rhein. Feldmann, 53-jähriger Sozialbetriebswirt und als SPD-Linker bekannt, löst damit zum 1. Juli Petra Roth (CDU) an der Spitze der fünftgrößten Stadt Deutschlands ab. Sie hatte im vergangenen November nach 17 Jahren im Amt überraschend ihren vorzeitigen Rückzug bekanntgegeben. n KD
Strahlender Sieger: Peter Feldmann (l.) und Hessens SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel
falsches ziel Für Sigmar Gabriel hat die Diskussion über die Aufkündigung des Solidarpakts II das falsche Ziel. „Wir lösen das Problem der verarmten Städte jetzt nicht dadurch, dass wir arme Kommunen aus dem Westen gegen arme Kommunen aus dem Osten ausspielen“, schreibt der SPD-Chef in einem Beitrag für die „DEMO“, die am 29. März erscheint. Stattdessen müsse der Bund endlich auch dafür bezahlen, wenn er den Kommunen zusätzliche Aufgabe aufbürde. n KD
Fotos: Dirk Bleicker, dpa/ Frank May, Dpa/Andreas Arnold
Farbe bekennen – mit Kulis und Taschen extra für Sozis
News 11
04/2012 vorwärts
Herzlichen Glückwunsch
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Berliner Tagebuch
lebendige inklusion
Fotos: dpa Picture-Alliance/Patrick Seeger, ddp images/dapd/Ronald Wittek
Drei Fragen an Bilkay Öney Vor einem guten Dreivierteljahr sind Sie von Berlin nach Baden-Württemberg gegangen. Wie lange hat es gedauert, bis Sie „integriert“ waren? Sich als Berlinerin in Baden-Württemberg zu integrieren – geht das überhaupt? Aber Spaß beiseite: Natürlich muss man sich immer integrieren, egal wohin man geht. Integration ist nichts, was nur eine bestimmte Gruppe betrifft, sondern jeden Einzelnen. Und Integration ist nie abgeschlossen. Wenn man den Ort wechselt, geht sie von vorne los. Auch zwischen Berlin und Baden-Württemberg gibt es kulturelle Unterschiede. Die Uhren ticken überall anders und auf diesen Takt muss man sich einlassen. Freunde wollen bei mir inzwischen einen süddeutschen Akzent heraushören. Was haben Sie bislang erreicht? Einiges. Wir haben den so genannten Gesprächsleitfaden für Einbürgerungswillige abgeschafft. Er sollte potenzielle Islamisten enttarnen und war diskriminierend. Stattdessen habe ich den Runden Tisch Islam ins Leben gerufen, um Problemen von Muslimen genauer auf den Grund zu gehen. Das war eine Maßnahme, die kein Geld gekostet, aber eine große Wirkung entfaltet hat. Wir haben auch eine Bundesratsinitiative gestartet, um die Optionspflicht aufzuheben. Junge Menschen sollen sich nicht zwischen zwei Staatsbürgerschaften entscheiden müssen, sondern beide behalten dürfen, wenn sie das wollen. Wir haben auch dafür gesorgt, dass ältere Zuwanderer keinen Deutschtest mehr machen müssen und dass Studien- und Ausbildungszeiten bei der Einbürgerung angerechnet werden. Wollen Sie Baden-Württemberg zum Musterländle in Sachen Integration machen? Ein Musterländle sind wir schon deshalb nicht, weil andere Länder auch sehr viel in diesem Bereich machen. Es wäre absolut vermessen zu sagen, wir sind das Musterbeispiel für Integrationspolitik. Aber natürlich haben wir den Anspruch, gute Lösungsansätze für bestehende Probleme zu bieten. Wenn dann andere bei uns abschreiben, haben wir nichts dagegen. n KD Bilkay Öney ist Integrationsministerin von Baden-Württemberg
Im Sommer finden in London die 30. Olympischen Sommerspiele statt – und die 14. Paralympics für Sportler mit Behinderung. „Gerade in diesem Jahr können wir uns bewusst machen, dass es keine Unterschiede zwischen Sportlern mit und ohne Behinderung gibt“, schreibt Michaela Engelmeier-Heite in einem Kommentar für vorwärts.de. Der Begriff „Inklusion“ könne so mit Leben gefüllt werden, meint die SPD-Sportbeauftragte. n KD
gegen rassismus „Deutschland steckt bei der Antidiskriminierungspolitik noch in den Kinderschuhen“, sagt Aziz Bozkurt. 2001 hatte er die „Berliner Erklärung“ gegen Thilo Sarrazin mitinitiiert. Umso entscheidender sei der „Kampf gegen das Vergessen“, der Tag gegen Rassismus am 21. März ein wichtiges Datum. Im Interview mit vorwärts.de fordert Bozkurt von seiner Partei: „Die SPD muss die Speerspitze für das neue vielfältige Deutschland sein.“ n KD
Notiert von Uwe Knüpfer Waltraut Grunau Essen zum 65. Parteijubiläum Claus Arndt ehem. MdB zum 85. Geburtstag Johann Bruns ehem. Landesvorsitzender in Niedersachsen zum 80. Geburtstag Werner Labsch ehem. MdB Günter Schröder ehem. Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Axel Wernitz ehem. MdB Günther Winkler ehem. Bezirksgeschäftsführer in Südbayern zum 75. Geburtstag Horst Schild ehem. MdB Lisa Seuster ehem. MdB zum 70. Geburtstag
Gibt künftig im Saarland mit den Ton an: SPD-Chef Heiko Maas
zeichen auf schwarz-rot Nach der vorgezogenen Landtagswahl läuft im Saarland alles auf eine Große Koalition hinaus. „Gewonnen, aber das Ziel nicht erreicht.“ So fasste Sigmar Gabriel das Ergebnis der vorgezogenen Landtagswahl im Saarland aus SPD-Sicht zusammen. Die Sozialdemokraten konnten sich zwar über einen deutlichen Stimmenzuwachs um 6,1 Punkte im Vergleich zu 2009 freuen. Mit 30,6 Prozent landeten sie dennoch deutlich hinter der CDU, die 35,2 Prozent der Stimmen erhielt. Auf Platz drei folgte die Linke mit 16,1 Prozent. Die Piratenpartei ist mit 7,4 Prozent erstmals im saarländischen Landtag vertreten. Den Grünen gelang der Wiedereinzug mit 5 Prozent knapp. Die FDP scheiterte mit 1,2 Prozent deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde. SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas kündigte rasche Koalitionsverhandlungen mit der CDU an. Beide Parteien hatten bereits vor der Wahl mitgeteilt, e ine Große Koalition bilden zu wollen. Maas zeigt sich dabei selbstbewusst. Zwar habe er sich einen anderen Wahlausgang gewünscht, doch der Vorsitzende der Saar-SPD stellte klar: „Wir sind die, ohne die es nicht geht.“ Die saarländische „Jamaika-Koalition“ aus CDU, Grünen und FDP war Anfang des Jahres zur Hälfte der Legislatur von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer aufgekündigt worden. Nach anfänglichen Gesprächen mit der SPD entschied sie sich für vorgezogene Neuwahlen im kleinsten deutschen Flächenland. n KD
„Was für ein schöner Sonntag!“ Joachim Gauck war kaum zum Bundespräsidenten gewählt, da hatte er schon einen Satz geprägt, der Flügel bekam. Wer abergläubisch ist, mag den 18. März für einen deutschen Schicksalstag halten. Nehmen wir es als demokratische Fügung, dass Gauck an einem 18. März Bundespräsident geworden ist – und am 18. März 1990 Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der untergehenden DDR. Am 18. März 1848 gingen Berliner Bürger für Pressefreiheit und Demokratie auf die Straße – gegen den feudalen Obrigkeitsstaat. Preußische Soldaten feuerten in die Menge. 254 Tote wurden gezählt: Männer, Frauen, Kinder. Syriens mörderischer Diktator Assad kann sich auf die Hohenzollern als Vorbild berufen. Gleich nach Gaucks Wahl eilte Michael Hartmann zum Brandenburger Tor, zum Platz des 18. März. Für den innenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion markiert der 18. März die Ausrufung der ersten Republik auf deutschem Boden: 1793, in Mainz. Auch dieser allererste Anlauf zur deutschen Demokratie fand übrigens ein blutiges Ende. Wir sind seither weit gekommen in Deutschland. Wir haben, in Joachim Gaucks Worten, ein „Demokratiewunder“ erlebt. Würde der 18. März zu einem deutschen Gedenktag erhoben, würde wenigstens einmal jährlich klar, dass Wunder nicht vom Himmel fallen. Traditionell erinnert man in Deutschland lieber an Fürsten und Feldherren als an Demokraten. Oder wenigstens an Männer wie Friedrich Hecker, den badischen Che Guevara des 19. Jahrhunderts. Vom „Leben und Mythos eines deutschen Revolutionärs“ berichtete eine Ausstellung in der baden-württembergischen Landesvertretung. Zwar trugen auch brave Bürger vor 150 Jahren gerne Hecker-Hüte, doch als es in die Schlacht ging, hielten sie sich lieber fern. Waren sie nun gescheiter oder feiger, als sie sich am Stammtisch gerne gaben? Wieso fällt mir jetzt die schrumpfende FDP ein? Ihre Bundestagsfraktion bat zum Umtrunk in das alte Reichspostfuhramt. In fotogen verfallenden Kulissen warfen sich die liberalen Machos Rainer Brüderle und Wolfgang Kubicki rhetorisch Bälle zu. Fotogen daneben stand Katja Suding, aufgefallen als Hamburger FDP-Spitzenkandidatin. Reden durfte sie nicht. Das sagt genug zum Thema Frauen und die FDP. n
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»Wir kämpfen mit erhobenem haupt« neuWahl in NRW Hannelore Kraft setzt auf Sieg. Und auf die Stärken der SPD Interview Lars Haferkamp
„Wir müssen hart kämpfen“, sagt Hannelore Kraft. Denn: „Umfragen sind keine Wahl ergebnisse.“
darschulen ermöglichen wir längeres gemeinsames Lernen. Dann haben wir die Studiengebühren abgeschafft und das letzte Kita-Jahr beitragsfrei gestellt. Die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst ist wiederhergestellt und gestärkt worden, und über das Tariftreuegesetz sichern wir ab, dass es bei öffentlichen Aufträgen nicht zu Lohndumping kommt. Nicht vergessen darf man auch, dass wir mit dem „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ trotz der angespannten Haushaltslage des Landes den besonders notleidenden Kommunen in NRW die notwendige Unterstützung zukommen lassen. Mit welchen Themen will die SPD den Wahlkampf führen? Wir wollen den guten Weg, den NRW mit dieser Landesregierung eingeschlagen hat, fortsetzen. Wir müssen bei bester Bildung weitermachen, bei der Hilfe für die Kommunen nicht nachlassen und den Industriestandort NRW sichern. Doch Herzensangelegenheit bleibt für mich, dass wir das Projekt „Kein Kind zurücklassen“ weiter ausbauen. Wir wollen in NRW mit frühen Hilfen für Kinder und Familien und einer gezielten Politik der Vorbeugung soziale Reparaturkosten einsparen. Denn das sichert den sozialen Zusammenhalt, eröffnet aber auch eine gute wirtschaftliche Perspektive für unser Land. Die CDU versucht, Ihnen das Etikett der „Schuldenkönigin“ anzuheften. Wie wird die SPD darauf im Wahlkampf antworten? Wir müssen darauf gar nicht im Wahlkampf reagieren, denn wir haben mit unserer verantwortungsvollen Haushaltsund Finanzpolitik längst die richtigen Weichen gestellt. Wir sparen konsequent, aber mit Augenmaß und nicht mit dem Rasenmäher. Allein für den jetzt gescheiterten Haushalt 2012 waren zusätzliche Einsparungen von 750 Millionen Euro und dann noch einmal 360 Millionen Euro vorgesehen. Zweitens investieren wir gezielt in Kinder, Familien, Vorbeugung und Kommunen; um für unser Land eine gute Zukunft zu sichern. Und drittens machen wir als SPD nicht nur in NRW den Rücken breit dafür, dass wir mehr Einnahmen brauchen, damit der Staat seiner Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern auch nachkommen kann. Starke Schultern in diesem Land können und müssen mehr tragen als schwache. Welche bundespolitischen Auswirkungen hat die Wahl? Wir kämpfen bis zum 13. Mai für eine starke SPD und die Fortsetzung von RotGrün. Wenn uns dies gelingt, bin ich fest davon überzeugt, dass es einen deutlichen Schub geben wird für das Bundestagswahljahr 2013. Von Nordrhein-Westfalen sind auch in der Vergangenheit politische Veränderungen angestoßen worden. Das kann jetzt auch wieder so sein. n
Foto: Dominik Asbach/laif
Frau Ministerpräsidentin, hat man Ihnen – mit Blick auf die Umfragen – schon zur Neuwahl in NRW gratuliert? Nein, denn Gratulationen sind jetzt überhaupt noch nicht angebracht. Wir müssen hart kämpfen, um unser Ziel zu erreichen, am Abend des 13. Mai als stärkste Partei vorne zu liegen. Natürlich hat es mich gefreut, wie viele Genossinnen und Genossen uns Glück gewünscht haben und uns aktiv im Wahlkampf unterstützen wollen. Das gibt kräftig Rückenwind für die nächsten Wochen. In den Umfragen liegt die SPD klar vor der CDU. In der MinisterpräsidentenFrage liegen Sie sogar mit 57 zu 26 Prozent vor Ihrem CDU-Herausforderer. Einige SPD-Anhänger könnten glauben, die Sache sei schon gelaufen. Bei uns in der NRWSPD glaubt keiner, dass die Wahl schon entschieden ist. Wir gehen mit erhobenem Haupt in diesen Wahlkampf, und wir werden bis zur letzten Minute um die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger werben. Wir wissen aus dem letzten Wahlkampf, wie schnell sich Umfragen ändern können. Daher gilt weiterhin: Umfragen sind keine Wahlergebnisse. Die SPD ist bereits im Wahlkampf, wie ist die Stimmung an der Basis? Sehr gut. Die Partei hat sofort nach der überraschenden Auflösung des Landtags auf Wahlkampf-Modus umgeschaltet. In unzähligen Gesprächen, Mails, SMS oder Anrufen wird deutlich, dass die NRWSPD jetzt heiß darauf ist, ein gutes SPD-Ergebnis zu erzielen. Es macht mich als Landesvorsitzende stolz, wie geschlossen und entschlossen die Genossinnen und Genossen in diesen Wahlkampf gehen. Mit knapp zwei Jahren war Ihre Minderheitsregierung stabiler, als von vielen erwartet. Hat sich die Minderheitsregierung als erfolgreiches Modell erwiesen? Wir haben gezeigt, dass eine Minderheitsregierung über einen gewissen Zeitraum erfolgreiche Politik machen kann. Doch man darf sich auch nichts vormachen: Eine Minderheitsregierung ist immer ein instabiles Gefüge – und enorm anstrengend, weil der Koordinierungs- und Abstimmungsbedarf sehr hoch ist. Ich glaube aber auch, dass die vergangenen zwanzig Monate der Demokratie gut getan haben. Denn als Minderheitsregierung mussten wir offen auf die anderen Fraktionen zugehen, und diese Bereitschaft zum Dialog haben viele Bürgerinnen und Bürger als wohltuend empfunden. 20 Monate hat Rot-Grün regiert. Mit welchen Ergebnissen? Rot-Grün hat NRW in dieser Zeit nach vorne gebracht. Dazu gehört ganz sicher der historische Schulkonsens mit der CDU. Der erbitterte Streit über die richtige Schulstruktur gehört damit der Vergangenheit an und über die Sekun-
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Partei leben! inhalt kurz & Knapp Nachrichten aus den Ortsvereinen Termine
Chefsache
Fotos: Dirk bleicker, privat, Marco Urban
Andrea Direkt! Was hat der Europäische Fiskalpakt mit der Finanztransaktionssteuer zu tun? Wenn man es rein formal betrachtet, wenig. Der Fiskalpakt ist ein geschlossener Komplex, der das Schuldenmachen in Europa begrenzen soll. Wir glauben aber, dass die Konzentration auf eine rein haushalterische Sparlogik die Wirtschaft in den von der Wirtschaftskrise betroffenen Ländern nicht ankurbeln kann. Wir brauchen vielmehr Wachstumsimpulse, also Investitionen. Die wollen wir nicht über neue Schulden finanzieren, sondern über eine Spekulantensteuer. Mit der Finanztransaktionssteuer werden die Verursacher der Krise in Haftung genommen. Deshalb hat der Parteivorstand klar gesagt: Solange die Einführung der Finanztransaktionssteuer von Schwarz-Gelb blockiert wird, solange werden wir dem Fiskalpakt nicht zustimmen. Die SPD hat die Praxisgebühr einst eingeführt. Warum soll sie jetzt wieder abgeschafft werden? In den ersten Jahren hat die Praxisgebühr ihre Steuerungswirkung gut erfüllt. Mittlerweile ist das aber nicht mehr der Fall. Der bürokratische Aufwand in den Arztpraxen ist dagegen nicht geringer geworden. Und die Praxisgebühr belastet auch die geringen Einkommen stärker, weil jeder bei einem Arztbesuch pauschal zehn Euro bezahlen muss. Wir diskutieren daher schon länger über den Sinn der Gebühr. Bisher hatten die Krankenkassen stets ein großes Defizit und waren daher auf das Geld angewiesen. Da sie jetzt deutlich im Plus sind, ist der Zeitpunkt günstig, um die nicht mehr wirkende Praxisgebühr abzuschaffen. n Fragen stellen: vorwärts.de/nahlesfrage
neue ag Die AG Migration und Vielfalt
porträt Serpil Midyatli – Aufstieg im Sauseschritt
Gemeinsam für die Interessen der Arbeitnehmer: Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (m.) und SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig (2.v.l.) in Norderstedt
Seit’ an Seit’ »Darum Bin ich in der SPD…«
Schleswig-Holstein SPD-Spitzenkandidat Albig setzt im Landtagswahlkampf auf den Schulterschluss mit den Gewerkschaften Von Werner Loewe
A Klaudia Jochum ist Sozialversicherungsfachangestellte. Seit Februar 2012 ist sie Mitglied des Ortsvereins Quierschied im Saarland. Meine Eltern, Schwester und Schwager waren schon aktive SPD-Mitglieder. Als politisch sehr interessierte Bürgerin schätze ich unsere SPD-Spitze, vor allem Frank-Walter Steinmeier, der auf mich sehr authentisch wirkt. Ich bin angewidert von unserer Bundesregierung und möchte mich für eine bessere Politik einsetzen. n Warum seid Ihr gerade jetzt SPD-Mitglied geworden? Schreibt uns an parteileben@vorwaerts.de
m 6. Mai wird in SchleswigHolstein ein neuer Landtag gewählt. Die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Torsten Albig geht mit großem Optimismus in diese Wahl. Auf einer Betriebsräte- und Gewerkschaftskonferenz in Norderstedt am 13. März unter dem Motto „Gute Arbeit und gerechte Löhne“ verdeutlichte die Partei noch einmal die Bedeutung der Landtagswahl für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Norden. Gemeinsam mit dem stellvertretenden SPD-Vorsitzenden und Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz sprach sich Albig für einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn nicht unter 8,50 Euro aus. Als Ministerpräsident werde er auf Bundesebene dafür Druck machen. „Wir brauchen die Gewerkschaften an unserer Seite, auch im Kampf um die Finanzausstattung der Kommunen“, betonte Albig auch im Hinblick auf die aktuelle Tarifauseinandersetzung im Öffentlichen Dienst. „Kommune gegen Gewerkschaften – das ist nicht der Kampf. Wir werden uns nicht auseinanderdividieren lassen.“ Sozialdemokraten und Gewerkschaften müssten eine offensive Ausgabendebatte um eine ausreichende Ausstattung mit Schulen, Kindertagestätten, Altenein-
richtungen führen unter der zentralen Fragestellung: Was wollen wir eigentlich von unserem Land? Dabei sei dann auch die Einnahmenseite der Kommunen von entscheidender Bedeutung. Denn sie verfügten im Gegensatz zu Bund und Ländern nicht über eigene Stellschrauben, um ihre Finanzsituation entscheidend zu verbessern. „Wenn den Kommunen nicht geholfen wird, sind wir gemeinsam die Gekniffenen“, so Albig an die Adresse der Betriebsräte und Gewerkschaften. Es sei ein groteskes Missverständnis der jetzigen Regierung, dass die Mitbestimmung im öffentlichen Sektor ein Kostenfaktor zu Lasten der Kommunen sei, kritisierte Albig und kündigte an, nach der Landtagswahl als Ministerpräsident die bewährten Mitbestimmungs regelungen für den Öffentlichen Dienst in Schleswig-Holstein wiederherzustellen. Er versprach, bei öffentlichen Aufträgen die Tariftreue zum Maßstab zu machen: „Wir wollen nicht, dass in Schleswig-Holstein unter Tarif bezahlt wird.“ Albig schloss mit einem selbstbewussten Aufruf: „Die Sozialdemokratie ist wieder da. Die Sozialdemokratie will regieren, sie kann regieren, sie wird regieren. Gemeinsam werden wir das Land voranbringen.“ n
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Die Drei E’s
Mittlerweile sind sie in mehr als 500 Orten in den Gehweg eingelassen: die „Stolpersteine“, Mahnmahl für Opfer des NS-Regimes. Die SPD Worms-Mitte hat nun die Patenschaft für drei neue Messing-Quader übernommen. Insgesamt wurden in der Stadt 13 weitere Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig verlegt. Eine Patenschaft allein
„Die nächste Welle der Industriellen Revolution“, so nennt Michael Müller (SPD) die Energiewende. Auf einer Konferenz des Herbert-Wehner-Bildungswerkes im März in Dresden diskutierte der Umweltexperte mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft über die Energiepolitik in Sachsen. Müller nannte die Debatte um fehlende Stromspeicher und mangelnde Netze eine „AlibiDiskussion“. Er betonte stattdessen die Bedeutung der drei „E's": Ausbau der Erneuerbaren, Energieeffizienz und Energieeinsparung. Hier blieben viele Potenziale ungenutzt, kritisierte er. n MS
war ihnen nicht genug: Vorstandsmitglied Heinfried Becker (2. v. r.) hat alle Stolpersteine mit einem GPS-Gerät vermessen. Das Ergebnis findet sich im Internet unter www.worms.de: Eine interaktive Karte zeigt die Lage der Steine an – Gedenkinschriften inklusive. n NH Schreibt uns über Eure Aktionen gegen Rechts: parteileben@vorwaerts.de
17. April Filmabend „Die wundersame Welt der Waschkraft“, Dokumentarfilm über die Reinigung deutscher Hotelwäsche in Polen mit anschließender Diskussion über den Wandel der Arbeitswelt, Gera, Kino im Comma, 18.30 Uhr erfmail@fes.de 18. April Ausstellungseröffnung „Hans Madej. Bilder aus dem Osten“, Berlin, Willy-BrandtHaus, 19.30 Uhr, Ausstellung läuft bis zum 17. Mai 2012 freundeskreis-wbh.de 25. April Diskussionsabend „Dresden auf Entzug – Wie funktioniert die Stadt ohne Öl?“, mit Vertretern aus Wirtschaft, Handel und Verkehr, Dresden, Deutsches HygieneMuseum, 17 Uhr sachsen@fes.de
werbung ade Alkoholwerbung hat im sportlichen Umfeld nichts zu suchen – darüber sind sich die Begründer der Bremer Petition bcgh einig, . 2011 gegründet, setzt sich die nach den Initiatoren Hans-Werner Bertelsen, Martin Claßen, Gerd Glaeska und Hans Huppertz benannte Petition für ein Verbot von Alkoholwerbung im Sport ein. Im Februar 2012 übernahm Bremens First Lady Birgit Rüst die Schirmherrschaft. n RH www.bcgh.de
arbeitsgemeinschaften in der spd
Migration und vielfalt
Folge 2
Der bunte arm der partei vielfalt Ein Thema nicht nur für Migranten
E arbeitsgemeinschaft seit Dezember 2011, Arbeitskreis seit 2010
ine Migrantenquote innerhalb der SPD hat der „Arbeitskreis Integration und Migration“ bereits durchgesetzt. Im Juli 2010 gegründet, hat der Arbeitskreis nun ein weiteres Ziel erreicht: Den Aufstieg zur Arbeits-
gemeinschaft. „Als AG ist man Teil der Kreis- und Landesverbände und in den Gremien stimmberechtigt“, erläutert Kenan Kolat den neuen Status. Darauf hat der Vorsitzende des „Arbeitskreises Integration und Migration“ lange hin-
mitglieder 84 bundesvorsitz Kenan Kolat Konattakt ak-integration@spd.de
SPD-Chef Sigmar Gabriel (m.) und Kenan Kolat (4. v. r.) bei der Vorstellung des Arbeitskreises
dufte Aktion 22 000 Rosen verteilte die Berliner SPD zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) zum Internationalen Frauentag am 8. März in Berlin. Zu ihnen gehörten auch Martina Hartleib (r.) und Ilona Laschütza. Schon früh morgens standen die Sozialdemokraten vor Bahnhöfen und Einkaufszentren. Der Weltfrauentag erinnert daran, dass die Gleichheit von Frauen und Männern noch immer nicht vollständig gegeben ist. „Die Gleichheit aller Menschen ist einer der Grundpfeiler der Überzeugung und des Engagements der SPD“, sagt die ASF-Vorsitzende Eva Högl. Deswegen beteuert Klaus Wowereit, Berlins Regierender Bürgermeister: „Wir werden Druck machen, um die beruflichen Aufstiegschancen von Frauen zu entwickeln und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.“ n RH
gearbeitet: „Den Vorschlag dazu haben wir bereits 1996 auf einer Bundeskonferenz Sozialdemokratischer Migrantinnen und Migranten in Bonn formuliert. Auf den Bundesparteitagen wurde er jedoch jahrelang abgelehnt.“ Anders als der Arbeitskreis soll die AG „Migration und Vielfalt“ heißen. Denn den Begriff Integration lehnt der Arbeitskreis inzwischen ab. Er vermittle eine zu einseitige Sichtweise, als seien nur die Einwanderer in einer Bringschuld, sich anzupassen, erklärt Kolat. Stattdessen will sich die AG für eine bewusste Diversitätspolitik einsetzen. „Die Gesellschaft ist kulturell vielfältig – und das wollen wir betonen“, führt der Arbeitskreis-Vorsitzende aus. Wenn demnächst die Richtlinien verabschiedet werden, geht es daran, Mitglieder zu gewinnen. Bislang bestand der Arbeitskreis aus 84 Mitgliedern, ernannt von den Landesverbänden. Der „AG Migration und Vielfalt“ dagegen kann jeder beitreten. „Wir haben keine Ausschlusskriterien. Im Gegenteil: Migration und Vielfalt sind keine Themen nur der Migranten. Es ist wichtig, dass sich alle an der Arbeit beteiligen“, betont Kolat. Umgekehrt will sich die Arbeitsgemeinschaft in die Fachressorts einbringen. „Vielfalt ist kein Thema für sich, sondern betrifft alle Bereiche, ob nun Gesundheits-, Wirtschafts- oder Bildungspolitik.“ n MS
Fotos: SPD Worms-Mitte, SPD Berlin, Tobias Nehren
gezielt Stolpern
Pa r t e i L e b e n !
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Selbstbewusst und redegewandt: Serpil Midyatli eroberte die Herzen der Genossen im Sturm. Nun will sie ihren Wahlkreis Eckernförde erobern. Der ist eher ländlich und „schwarz“.
aufstieg im sauseschritt
Serpil Midyatli Sie ist 36 Jahre alt, erfolgreiche Unternehmerin, Mutter, Muslimin. Am 6. Mai kandidiert sie für den Landtag in Schleswig-Holstein. Eine Erfolgsgeschichte Von Susanne Dohrn
Foto: Dirk Bleicker
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ast du Lust, auf ein Podium mit Heide Simonis zu gehen?“ „Ich, wieso? Was soll ich denn da sagen?“„Das, was Du uns im Restaurant auch immer erzählst.“ Serpil Midyatli sagte zu. So begann im Jahr 2000 ihr Einstieg in die Politik. 24 war sie damals und eine erfolgreiche Geschäftfrau, die seit ihrem 18. Lebensjahr das Restaurant ihrer Eltern in Kiel leitete und Feste für 400 Personen ausrichtete. Das Abitur auf dem Wirtschaftsgymnasium hatte sie dafür sausen lassen. Und eine Ausbildung? Als sie ihre beiden jüngeren Brüder so weit eingearbeitet hatte, dass sie das Restaurant übernehmen konnten, galt sie in
Porträt
den Augen potenzieller Ausbilder als überqualifiziert. Was hat sie auf dem Podium erzählt? „Ich habe gesagt, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man über Migranten redet, aber nicht mit ihnen. Dass eine Generation heranwächst, die sich das nicht gefallen lässt.“ Serpil Midyatli gehört zu dieser Generation. „Ich wollte mich immer für die Gemeinschaft einsetzen“, sagt sie. Sie engagierte sich in der Schülervertretung und war stellvertretende Schülersprecherin.
Schon jetzt ein Medienstar Der Abend mit der schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin war also
kein Zufall. Er endete damit, dass Serpil Midyatli in die SPD eintrat. In ihrem Ortsverein wurde sie zur Schriftführerin gewählt, danach in den Landesvorstand und dort zur Beisitzerin. Ein Aufstieg mit Siebenmeilenstiefeln, der 2009 über einen Listenplatz in den schleswigholsteinischen Landtag führte. Nun hat sie einen eigenen Wahlkreis. Eckernförde heißt er und liegt an der Ostsee in einer malerischen Hügellandschaft. Eine ländliche Gegend und wie sie sagt „ziemlich schwarz“. Den Wahlkreis im ersten Anlauf zu holen, werde wohl „ein bisschen schwierig“, gibt sie zu. „Ich bin ja nicht so bekannt.“ Aber da untertreibt sie. Als erste Muslimin
Pa r t e i L e b e n !
im schleswig-holsteinischen Landtag ist Serpil Midyatli ein Medienstar. Kürzlich filmte ein Fernsehteam sie in der Schule, in der sie jeden Montag vorliest. Mit Platz 2 auf der Landesliste ist ihr ein Mandat im nächsten Landtag sicher. Davor kommen harte Wochen. „Wahlkampf ist Ausnahmezustand. Das weiß meine Familie“, sagt die 36-Jährige. Deren Unterstützung hat sie: Um die zwei Söhne, acht und zweieinhalb, kümmert sich ihr Mann. Eltern und Geschwister seien „total stolz“ und die Gäste des Restaurants gäben alle Zeitungsartikel über sie bei ihren Brüdern ab. In der SPD-Landtagsfraktion ist sie für Integration, Kinder- und Jugendpolitik sowie Rechtsextremismus zuständig. Themen, die gut zusammenpassen, findet sie. „Junge Menschen brauchen eine Perspektive. Man muss ihnen das Gefühl geben, dazuzugehören.“ Dann sei die Gefahr geringer, dass sie sich extremen Gruppierungen anschließen. Es stört sie, dass das Thema Migra tion eher negativ diskutiert wird. „Es gibt wahnsinnig viele Erfolgsgeschichten. In der Öffentlichkeit wird so getan, als ob das Ausnahmen sind. Ich sage dann immer: Ich bin keine Ausnahme.
Ich bin die große Realität.“ Klar müssten die Probleme angesprochen werden, „aber oft erleben wir, dass die positiven Seiten komplett ausgeblendet werden.“
Drahtseilakte im Wahlkreis Viel Wert legt sie auf Unternehmensbesuche. „Das ist ein Bereich, den wir Sozialdemokraten manchmal etwas vernachlässigen.“ Sie sieht viele Berüh-
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Ich bin die große Realität.
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Serpil Midyatli,
über erfolgreiche Migranten in Deutschland
Freude über das neue OV-Büro: Jörg Meyer, OV-Vorsitzender, Serpil Midyatli und Sönke Rix , MdB, (v.l.) eröffnen das neue SPD-Büro in Eckernförde.
rungspunkte zwischen Unternehmern und SPD, z.B. deren gesellschaftliches Engagement. Wie recht sie hat, zeigt sich, als sie mit einer kleinen Delegation von SPD-Lokalpolitikern einen Windparkentwickler besucht. Der spendet ohne zu zögern für ein Kinderfest seiner Gemeinde. Aber er hat auch ein Anliegen: schnellere Entscheidungen für Windparkstandorte. Das kann die Abgeordnete, die selbst Unternehmerin war, gut verstehen. Sie betont aber, dass die Energiewende nur mit Beteiligung und Akzeptanz vor Ort möglich ist. Ein Anliegen hat auch der Saatgutzüchter, den sie als nächstes besucht. Er möchte die Null-Grenzwerte für gentechnisch veränderte Saat – ein bisschen nur – gelockert wissen. Serpil Midyatli verhehlt nicht, dass sie gentechnisch veränderte Lebensmittel ablehnt, verspricht aber, sich zu erkundigen, was es mit den Grenzwerten auf sich hat. Noch ist es im Wahlkreis nicht selbstverständlich, eine Muslimin als Abgeordnete zu haben. Bei einem der Firmenbesuche werden Blätterteigröllchen mit Würstchen gereicht und kleine Quiches mit Schinken. Serpil Midyatli lehnt höflich ab: Sie sei Vegetarierin. n
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Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands trauert um
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Ausgabe 3-4/2012
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Titel Sicherheit in den Kommunen Law and Order – oder was?
Report Umwelt und Nachhaltigkeit
SGK-Regionalbeilagen: Infos der SGK-Landesverbände
21.03.12 11:16
Foto: Dirk Bleicker
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Parlament 17
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Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: Anlässlich des Equal-Pay-Day am 23. März demonstrierte die SPD-Bundestagsfraktion vor dem Brandenburger Tor in Berlin für Gleichbehandlung.
»Keine zahnlosen tiger« gleichstellung SPD-Fraktion fordert Frauenquote
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ünktlich zum Internationalen Frauentag am 8. März beschei nigte die Organisation für wirt schaftliche Zusammenarbeit und Ent wicklung (OECD) Deutschland eine Spitzenposition, die alles andere als be geistert. Demnach ist in der Bundesrepu blik das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen europaweit am größten. Knapp 22 Prozent verdient eine Frau in Vollzeit weniger als ein Mann. Der Schnitt in den 34 Ländern, die von der OECD erfasst werden, liegt bei 16 Prozent. „Dieses Ergebnis ist für Deutschland nicht nur bitter, sondern auch beschä mend. Und es ist vor allem nicht länger
Fotos: SPD-Bundestagsfraktion, Maurizio Gambarini/DPA, Gerrit Sievert
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hinnehmbar“, mahnt die frauenpolit ische Sprecherin der SPD-Bundestags fraktion, Caren Marks. Im Mai will die SPD-Fraktion deshalb einen Gesetzent wurf in den Bundestag einbringen, der Unternehmen verpflichten soll, die Ent lohnungspraxis offen zu legen. Dadurch könnten Lohndiskriminierungen leich ter erkannt werden. Geht ein Unterneh men nicht gegen solche Lohnabstände vor, würde der Staat mit Sanktionen eingreifen. „Für uns gilt dabei: So wenig Staat wie möglich, und so viel wie nö tig“, so Caren Marks. Sie ist überzeugt: „Mehr Transparenz wird versteckte Lohndiskriminierungen abbauen.“
Ähnlich blamabel fallen die deutschen Zahlen zu Frauen in Chefetagen aus. We niger als vier von hundert Vorstandspos ten sind weiblich besetzt. In Norwegen ist es dagegen fast jeder zweite Posten. Seit 2006 wirkt hier eine Frauenquote. Auch in Frankreich hat die Einführung einer Quote erste Erfolge erzielt: Von zwölf Prozent im Oktober 2010 ist der Anteil auf aktuell 22 Prozent gestiegen. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert deshalb auch hier eine gesetzliche Re gelung für Vorstände und Aufsichtsräte. Ihr Gesetzentwurf sieht eine Geschlech terquote für mitbestimmte Unterneh men ab 500 Mitarbeitern vor. Ab 2015 soll demnach der Frauenanteil bei 40 Prozent liegen. Im Gegensatz zu der „Flexiquote“ von Bundesfrauenministerin Kristina Schröder (CDU), die auf den guten Wil len der Wirtschaft setzt, fordert die SPDBundestagsfraktion verbindliche Vor gaben. „Wir brauchen keine ,zahnlosen Tiger‘, sondern wirkungsvolle Sanktio nen“, erklärt Christel Humme, Spreche rin der Arbeitsgruppe Gleichstellungs politik der SPD-Fraktion. Bei der Umsetzung soll deshalb das Konzept des „freien Stuhls“ helfen. Wer den Positionen nicht quotengerecht besetzt, muss der Platz für das unterre präsentierte Geschlecht frei bleiben. Da die Quote im Aufsichtsrat sowohl für die Arbeitnehmer- als auch die Aktio närsseite gilt, hätte die quotengerechte Seite in diesem Fall mehr Gewicht. Dies wird jede Seite vermeiden wollen – eine selbstregulierende Wirkung. n MS
Das Wörterbuch der Politikverdrossenheit Der »Parteienstreit«
Im heutigen China erstreben die kommunistischen Führer in Übereinstimmung mit einer jahrhundertealten Philosophie die „harmonische Gesellschaft“. Wie schön: Konflikte sind verboten, Streit ist verboten, Parteien sind verboten! Die KP denkt und lenkt, und alles wird gut. Wer aber an die Diktatur der Harmonie nicht glaubt, der ist in einem demokratischen System besser aufgehoben. Da herrscht nicht nur Wettbewerb zwischen Privatunternehmen (das gibt’s in China inzwischen auch), sondern vor allem zwischen Ideen und Interessen. Weil die Menschen unterschiedlich sind, weil es nicht die eine Wahrheit und nicht die eine einzig mögliche Zukunft gibt, deshalb soll es für jeden die Freiheit geben, seine Meinung zu sagen und Parteien zu gründen, die miteinander konkurrieren, das heißt auch: streiten. Parteien ihr „Gezänk“ vorzuwerfen, ist also ähnlich geistreich, wie Vögel für das Fliegen zu kritisieren. Aber: Demokratischer Streit kann und muss gelernt werden – und das gelingt nicht immer gleich gut. Wohl wahr. n H.P. B Der Autor Hans-Peter Bartels ist seit 1998 Mitglied des Bundestages. Weitere Stichworte und Buchstaben: vorwärts.de/politik
im Blickpunkt
Spenden, die Leben retten Für ihn ist es eine „Frage der Mitmenschlichkeit“: 2010 spendete Frank-Walter Steinmeier seiner Frau, als diese schwer erkrankte, eine Niere. Jetzt setzt sich der SPD-Fraktionschef auch bundesweit für mehr Organspender ein. Zusammen mit Volker Kauder (CDU) hat er einen Gruppenantrag aller Fraktionen initiiert. Über die beantragte Änderung des Transplantationsgesetzes berät nun der Bundestag. Demnach sollen alle Erwachsenen regelmäßig von ihren Krankenkassen befragt werden, ob sie zu einer Organspende bereit sind. Ab 2016 soll die Antwort auch auf den Gesundheitskarten dokumentierbar sein. n MS
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Frank-Walter Steinmeier: „Merkel wird auf uns zukommen müssen.“
Fiskalpakt ist unzureichend Die EU-Staaten müssen ihre Schulden zurückfahren. Darüber sind sich Bundesregierung und Opposition einig. Dem Fis kalpakt von Schwarz-Gelb will die SPD-Bundestagsfraktion trotzdem nicht ohne weiteres zustimmen. Sie fordert zudem wachstumsfördernde Maßnahmen und eine Besteuerung der Finanzmärkte. „Europa kommt nur aus der Krise, wenn wir Raum geben für Investitionen und Wachstum. Diese Seite fehlt im Fiskalpakt“, so Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Wichtig sei auch, die Kosten der Finanzmarktkrise gerecht zu verteilen. Im Juni soll der europäische Fiskalpakt in Deutsch land verabschiedet werden. Dies gelingt nur, wenn er die Zwei drittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat erhält. n MS
Wer sich beim Thema Solarförderung nicht einmal gegen Rösler durchsetzen kann, ist nicht gut genug für NRW.
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Thomas Oppermann, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, über die Spitzenkandidatur von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) bei den Landtagswahlen in NRW.
18 Meinung
vorwärts 04/2012
Ohne Sicherheit keine Freiheit Christoph Zöpel Mit sozialer Integration sicherte die SPD unsere Demokratie. Daran fehlt es bisher in den arabischen Staaten. Mit bitteren Folgen
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er arabische Frühling ist verblüht, Europa hat durch Ignoranz der sozialen Verhältnisse dazu beigetragen. Für traditionelle Diplomatie und wirtschaftsliberale Politik ist das kein Wunder, Sozialdemokraten aber müssen nachdenklich werden. Die jungen Demonstranten haben „Schuldige“ vertrieben, aber sozial hat sich nichts geändert. So waren islamische Parteien erfolgreich, mit „traditionellen Lösungen“, konträr zu Vorstellungen der Internetgenera tion. „Westliche“ Begeisterung über die Freiheitsliebe junger Araber hat den meisten von ihnen nicht viel gebracht. Grund der Aufstände waren auch die Wohlstandsunterschiede zu europäischen Staaten sowie ungleiches Wachstum und soziale Ungerechtigkeit. In den arabischen Staaten hat von 100 Arbeitsfähigen nicht die Hälfte Arbeit. Die Jugendarbeitslosigkeit ist weltweit die höchste, sie ist aber ein Übergangsproblem, Folge hoher Geburtenraten 20 Jahre zuvor, heute liegt in Tunesien die Kinderzahl pro Frau unter zwei. Die EU fördert marktorientierte Entwicklungskonzepte mit weniger Steuern und Sozialabgaben. Das führt zu Wachstum mit mehr Ungleichheit. Trotz besserer Bildung fehlt Arbeit für die gut ausgebildeten Jungen. Arbeiten können sie nur im so genannten informellen Sektor, in dem es keine Arbeitsverträge und keinen sozialen Schutz gibt. Europa begeisterte sich zunächst über mehr Freiheit, engagierte sich aber nicht für Freiheit von materieller Not. Diese Halbierung der Menschenrechte diskreditiert „westliche“ Demokratie bei jungen Arabern. So zialdemokratie verbindet Freiheit und soziale Sicherheit in der Demokratie zu sozialer Integration. Das überwand nationalistische wie religiöse Aggressivität, das könnte auch den Islam tolerant machen.
Die Sozialistische Internationale hat ihre Strategie globaler Wohlfahrtsstaatlichkeit mit sozialdemokratischen Parteien aus Marokko und Tunesien konkretisiert, bei zwei Grundposi tionen. Erstens: Bei allen traditionellen ökonomischen und kulturellen Strukturen können auch in arabischen Staaten Familie und religiöse soziale Verantwortlichkeit staatliche Sozialpolitik nicht ersetzen. Zweitens: Informelle Arbeit ist der entscheidende Gegensatz zu sozialer Integration. In arabischen Staaten wird Demokratie nur real, wenn sich Sozialde mokraten und islamische Parteien darüber verständigen. Industrielle Produktion und So zialstaat sind dort möglich. Aber soziale Integration erfordert gerech te Besteuerung, die Beschäftigten brauchen starke Gewerkschaften und Tarifverträge, Mindestlöhne sind nützlich. Und ausländische Investoren sollten, besonders im Tourismus, soziale Konditionen, vergleichbar denen zu Hause, akzeptieren. n
Prof. Christoph Zöpel ist seit 2001 Mitglied im SPD-Parteivorstand. Von 1999 bis 2002 war er Staatsminister im Auswärtigen Amt. In Nordrhein-Westfalen war er von 1980 bis 1990 Minister für Stadtentwicklung.
Mitreden & bloggen: vorwärts.de/politik
POst zum zwischenruf
Leserbriefe Eine Klarstellung
Adenauers Muffigklerikales ERbe Wie Rafael Seligmann aus führt: „Alle Religionen sind per se intolerant. Denn die religiösen Bücher scheren sich nicht um tolerante Werte.“ Die Wahrheit dieser Erkenntnis ist leider in vielen Weltgegenden immer wieder zu sehen. Die Sonderrechte der Kirchen in unserem Staat gehen auf Hitlers (!) fort geltendes Reichskonkordat und Adenauers muffigklerikales Erbe zurück. Aller höchste Zeit, dies zu ändern! Antisoziale und undemo kratische Relikte sollten in einem freiheitlichen Staat nicht weiter ihr Unwesen treiben dürfen. Hier ist Aufklärung nachzuholen. Manfred Ramm, Ladenburg
Populistische Kirchenphobie Wer es bei uns in der Partei zu etwas gebracht hat, darf getrost gegen Kirche sein – und vermutlich die Kirchensteuer sparen. Kirchenphobie ist populär, nichts ist so populistisch instrumentalisierbar wie das Banner: „Pfui Teufel, Kirche! Igittigitt!“ (...) Es lebe der Rückfall in die proletarische Kirchenfeindlichkeit des 19. Jahrhunderts. Wer sich also darüber beschwert, dass die Kirchen sich angeblich im 19. Jahrhundert bewegen, sollte sich selber fragen, ob es ihm dann nicht ähnlich ginge. Gerd Schwieger, Osterholz-Scharmbek
Pluralismus erhalten Der Wertekanon unserer Gesellschaft basiert auf der Aufklärung, deren Ideen die SPD seit beinahe 150 Jahren vertritt, wodurch unsere pluralistische Demokratie erst möglich wurde. So hat sie auch die Weiterentwick lung der Kirchen bewirkt, einen Arbeitskreis Christen in der SPD ermöglicht. Nun erwarten die Laizisten die entsprechende Anerkennung, denn nur in der Balance blei ben die Werte unserer Partei, bleibt Pluralismus erhalten. Adelheid und Günter Hamacher, per E-Mail
Unser jüngster „seitwärts“-Comic hat eine lebhafte Diskussion ausgelöst. Leider scheint eine Klarstellung notwendig zu sein: Mit der Figur des „Anton“, gezeichnet mit einem Roten Stern sowie Hammer und Sichel, waren weder die Jusos noch die Falken gemeint. Unter dem Deckmantel rechts- wie linksextremistischer Ideologie wird Gewalt verübt. Diese Tatsache wurde im Comic abgebildet. Das Ziel war nicht, Rechts- und Linksextremismus gleichzusetzen. Dazu sind ihre Ziele und Mittel viel zu unterschiedlich. Angesichts der Blutspur rechtsextremer Mörder ist der Aufstand der Demokraten unverzichtbar. Die Redaktion
Comic seitwärts 03/2012
Die pauschale Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremisten ist nicht nachvollziehbar: Beide werden als dumm, unpolitisch, nur auf Krawall ausgerichtet gezeichnet. Dabei hat doch gerade die letzte Zeit gezeigt: Nazis wollen offen bestimmte Gruppen in der Gesellschaft bekämpfen, nämlich AusländerInnen, ausländisch aussehende Menschen, Juden u.v.a.m. Von Linken hören wir das nicht.
Jens Schwieger, Hamburg
Gelungener Comic. (...) Interessanterweise scheint der „harte linke Kern“ der Meinung zu sein, linke Gewalt sei irgendwie besser als rechte Gewalt, da diese ja aus den vermeintlich „richtigen“ Motiven hervorgeht. Hier kann man nur sagen: Jede Form von Gewalt, gleich ob von links oder rechts, ist zu verabscheuen. Danke für diese tolle Überzeichnung, in der sich – glaubt man dem Internet – viele wiedererkennen konnten.
Jens Lordan, per Facebook
Dass ihr es wirklich wagt, diese rechtsextreme mörderische Ideologie, der seit den 90er Jahren mindestens 47 Menschen, wahrscheinlich aber eher 181 Menschen, zum Opfer gefallen sind, auf eine Stufe zu stellen mit irgendwelchen angezündeten Autos, macht mich w irklich fassungslos.
Nicole Bormann, München
Ein Juso-Landesverband meint, in sein sozialdemokratisches Liederheft gehöre auch die SED-Parteihymne. Eine Ortssektion leitet ihre Selbstdarstellung mit
Foto: privat
»Zwischenruf«
Meinung 19
04/2012 vorwärts
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»diskreditierende gleichsetzung« extremismus Links und Rechts ist nicht dasselbe Interview Kai Doering
david füleki
comics mit hintergrund
Engagierte Debatte in der Redaktion: Juso-Chef Sascha Vogt (links) und sein Stellvertreter Julian Zado diskutieren ausführlich mit vorwärts-Chefredakteur Uwe Knüpfer über den letzten „seitwärts“-Comic und die Kritik daran. Einig war sich die Runde, dass Rechts- und Linksextremismus nicht gleichzusetzen sind. Uwe Knüpfer verwies auf zahlreiche Berichte im „vorwärts“ über Initiativen gegen Rechts, auch solche der Jusos. Er versprach, weitere würden folgen.
einem Zitat Ernst Thälmanns ein. Oft genug ballen Jungsozialisten ihre Faust zum Rontfrontkämpfergruß und brüllen diesen. (...) Dabei vergessen wohl manche, was es heißt, demokratischer Sozialist zu sein: gegen jede Form von antidemokratischem Denken einzustehen.
Sebastian Merz, per E-Mail
Es geht hier nicht darum, dass sich Jusos von der Darstellung des linken Sozialisten provoziert fühlen. Wer dies tut, identifiziert und solidarisiert sich mit Idealen, die mit Sozialdemokratie rein gar nichts zu tun haben. (...) Hammer, Sichel und roter Stern sind keinesfalls Embleme der Jusos oder der Falken. Mir scheint es so, als hätten manche Freude daran, endlich mal den „vorwärts“ als angebliche Zeitung des Parteivorstands zu kritisieren.
Fotos: dirk bleicker, privat, hendrik rauch
Felix Fleischle, auf vorwärts.de
Ich glaube, dass wir uns auch heute genauso wenig schämen müssen, wenn wir in unseren Bundesprogrammen am „demokratischen Sozialismus“ festhalten, wie zu Zeiten Willy Brandts oder Rosa Luxemburgs.
Yuri im Juso-Blog
Stefan Braun, per E-Mail
Die „sozialistischen Jugendtreffs“ der Falken fangen viele junge Leute auf, die wenig Hoffnung haben, und zeigen ihnen Perspektiven auf. Das machen wir ehrenamtlich und sind es dabei gewohnt, keinen Dank oder sogar Beleidigungen entgegengebracht zu bekommen. Aber dies auch noch aus den „eigenen“ Reihen? Das trifft uns dann doch.
echte politische Gesinnung geht, sondern um Idioten, die die Gesinnung als Deckmantel für Gewalt und Zerstörungswut missbrauchen. So gesehen, ist der Comic viel tiefgründiger, als die Vorredner hier glauben wollen, denn da steckt schon Wahrheit drin.
Mit solchen Reaktionen hatte David Füleki nicht gerechnet. „Als ich den Comic für die März-Ausgabe des ‚vorwärts‘ gezeichnet habe, wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass man ihn so extrem interpretieren kann“, sagt der 26-Jährige. Seit einem Jahr setzt der mehrfach preisgekrönte Zeichner im „ seitwärts“ politische Themen als Comic um. „In der März-Ausgabe wollte ich zeigen, dass es politikinteressierte Jugendliche gibt, aber eben auch ‚Spinner‘, die den politischen Deckmantel nutzen, um ihre Aggressionen auszuleben.“ Das ist nicht bei allen Lesern
Julian Schwering, per E-Mail
Man sollte doch darauf kommen, dass es gar nicht um links und rechts als
Auch wenn ich die kriminellen A ktionen von sog. Linksautonomen und -extremisten und die Menschenverachtung der stalinistischen Parteien mit ihren fundamentalistischen Begründungen für Gewalt, Verfolgung und Mord auf eine Stufe mit Faschisten und islamistischen Terrorgruppen setzen würde – die sozialistischen Jugendtreffs, die ich kennengelernt habe (...) bei der Sozialistischen Jugend Deutschlands „Die Falken“ hatten damit nichts am Hut – auch wenn wir manchmal rote Sterne getragen haben. Wir wollten einen demokratischen Sozialismus und Gewaltfreiheit.
Rolf Stöckel, per E-Mail
Wer Eigentum seiner Mitbürger beschädigt und denen die eigene Meinung aufdrängen will, hat kein Verständnis verdient. Ne saftige Karikatur, wie im Comic, allerdings schon.
Richard Müller, im Juso-Blog
Der „vorwärts“ gräbt die Totalitarismustheorie wieder aus – Sozialisten und Faschisten sind die Feinde der Demokratie. Lustig? Ganz und gar nicht.
Heiner Erling, Berlin
Als Juso fühle ich mich nicht angesprochen. (...) Mit Autos anzündenden Dumpfbacken, die unsere gesamte Gesellschaft für kaptialistisch-verdorben halten, will ich nichts zu tun haben.
Jonas im Juso-Blog
David Füleki gut angekommen. Die „vorwärts“-Redaktion erhielt viele Leserbriefe (s. links), im Internet entbrannte eine Debatte. David Füleki richtete eine eigene Diskussionsrunde auf seiner Facebook-Seite ein und bezog zu den Vorwürfen Stellung. Normalerweise hat der Medienkommunikationsstudent mit politischen Themen eher wenig zu tun. Bekannt ist er für lockere Unterhaltung wie im Comic „Studieren mit Rind“ oder für seine Neuinterpretation des Märchens „Struwwelpeter“. Aus den Reaktionen auf den letzten „seitwärts“ will er Konsequenzen ziehen: „Mit linken politischen Gruppierungen werde ich sensibler umgehen. Aber an meinen Figuren ändere ich nichts.“ n KD Interview mit David Füleki: vorwärts.de/politik
Links- und Rechtsextremismus werden häufig in einem Atemzug genannt. Kann man beide gleich bewerten? Nein. Klar ist: Rechtsextremismus ist die Summe bestimmter persönlicher Einstellungen wie z.B. Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus oder Nationalismus. Linksextremismus ist vor allem ein Begriff des Verfassungsschutzes und der Medien. Sie fassen darunter anti demokratische Bestrebungen von links wie Kommunismus und Anarchismus zusammen. Rechtsextreme wollen vor allem die Demokratie zerschlagen. Extreme Linke kämpfen gegen den Kapitalismus, nur ein Teil von ihnen gegen die parlamentarische Demokratie. Die Rechten leben Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung, in der Linken gibt es dafür kaum Akzeptanz. Die Gleichsetzung diskreditiert gewaltfreie demokratiekritische Aktivitäten. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder hat dennoch die Mittel zur Bekämpfung von Links- und Rechtsextremismus zusammengefasst. Das geschah primär aus innerparteilichen Gründen. In der CDU war man schon lange damit unzufrieden, dass die Regierung ein größeres Augenmerk auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus gerichtet hat, als sich um den Linksextremismus zu kümmern. Kritisiert wird auch die so genannte Extremismusklausel. Initiativen, die eine Förderung vom Familien ministerium erhalten wollen, müssen erklären, dass sie und ihre Partner sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Diese Klausel ist kompletter Unsinn und eine politische Gehorsamsleistung. Wie man als studierte Politikwissenschaftlerin – mit Extremismus als Studienthema – auf solch eine Idee kommen kann, erschließt sich mir nicht. Wenn man sie ernst nimmt, müssten alle Initiativen ihre Kooperationspartner vom Verfassungsschutz überprüfen lassen. Allerdings stünden dafür nur dessen Krite rien zur Verfügung. n
Dr. Gero Neugebauer lehrt am Otto-SuhrInstitut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin. Sein Schwerpunkt ist die empirische politische Soziologie.
Gesundheit
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Umfrage
Bereit für die Bürgerversicherung
Im Zweifel kommt der Leasing-Pfleger Die Suche nach examiniertem Personal ist für Jürgen Brockmeyer von der Pflegegesellschaft der Berliner AWO längst Alltag. Interview: Yvonne Holl Das AWO Pflegenetz unterhält acht Sozialstationen in Berlin. Wie viele Menschen betreuen Sie? Aktuell betreuen 243 Pfleger und Krankenschwestern täglich 743 Menschen. Spüren Sie den demografischen Wandel? Ja. Nicht nur das Durchschnittsalter unserer Patienten ist mit 84 Jahren hoch. Unsere Mitarbeiter sind im Schnitt inzwischen fast 50 Jahre alt. Welche Leistungen werden hauptsächlich abgefragt? 60 Prozent laufen über die Pflegeversicherung, da geht es um Körper- und Grundpflege: also Duschen, Waschen, Baden, beim Anziehen helfen, Essen zubereiten und einkaufen. 30 Prozent betreffen die häusliche Krankenpflege: Tabletten reichen, Spritzen geben und Verbände wechseln. Zehn Prozent laufen über die Sozialhilfe, zum Teil ist das Pflege, aber hauptsächlich tagesstrukturierende Maßnahmen für psychisch Erkrankte, vergleichsweise junge Menschen ab 50 Jahren. Haben sich die Anforderungen an das Pflegepersonal verändert? Ja. Zwar nicht im Bereich der Pflege selbst. Aber die so genannte Umsetzung der Qualitätsanforderungen, beispielsweise das Ausfüllen von Dokumentationsbögen, hat stark zugenommen. Außerdem bemerken wir, dass immer mehr Menschen Hilfe bei der Antragstellung brauchen sowie bei Aufgaben, die früher weitaus stärker Familie und Bekannte abgedeckt haben: sich zu kümmern, wenn die Waschmaschine kaputt ist oder die Katze zum Tierarzt muss. Viele Menschen leben inzwischen allein und haben niemanden, der das macht. Dann springen wir ein, obwohl wir das natürlich nicht bezahlt bekommen.
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31 Millionen Versicherte, 96 Prozent zufriedene Kunden Es gibt heute so viele Privatversicherte wie noch nie. Und es werden jedes Jahr mehr. Nahezu alle sind mit ihrem Versicherungsschutz rundum zufrieden. Und wenn es doch mal klemmt, gibt es Ansprech partner: bei den Versicherern oder bei einer neutralen Schlichtungsstelle. Diese verzeichnete im vergangenen Jahr 6.500 Eingaben. Das sind gerade 0,02 Prozent aller Privatversicherten. Von so viel Zufriedenheit können andere Branchen nur träumen. www.gesunde-versicherung.de
PKV – Die gesunde Versicherung.
Alle sprechen vom Mangel beim Personal in der Pflege. Spüren Sie den auch? Auf jeden Fall! Wir haben immer Stellen frei und können etwa in der häuslichen Krankenpflege derzeit keine Patienten mehr annehmen. Warum gibt es die Lücke gerade dort? Weil dort ausgebildete Krankenschwestern benötigt werden. Pflegehelfer können wir im Zweifel selbst fortbilden. Aber bei den Fachkräften haben wir Probleme. Was sagen Sie den Patienten, die Sie ablehnen müssen? In dringenden Fällen setzen wir Leasingpersonal ein, also Krankenschwestern aus
Jürgen Brockmeyer ist Geschäftsführer der AWO Gemeinnützigen Pflege gesellschaft mbH in Berlin
Zeitarbeitsfirmen. Wir kooperieren auch mit anderen Pflegediensten und vermitteln. Aber da sieht es oft nicht viel besser aus. Ich habe schon Beschwerdeanrufe von Hausärzten bekommen, die uns als siebten Dienst anriefen und wieder eine Absage erhielten. Wenn Sie also gute Bewerber hätten, würden Sie die sofort einstellen? Richtig. Die Eröffnung unserer Station in Berlin-Neukölln hat sich beispielsweise um ein Jahr verzögert, weil wir so lange brauchten, um das Personal zu finden. Wie kann dieser Engpass gelöst werden? Wir haben beispielsweise unsere Arbeitsorganisation verändert: Um ältere Pflegekräfte zu reaktivieren, habe ich einen starken jungen Mann eingestellt, der nur für´s Einkaufen für die Patienten zuständig ist. Da ist oft schwer zu tragen, manchmal in den 3. Stock und das mehrmals am Tag. Bald soll ein ganzes Einkaufs-Team das Pflegepersonal entlasten. Würden deutlich höhere Gehälter helfen und Anreize schaffen? Im Prinzip schon, aber es geht nicht um sehr viel mehr Geld, sondern darum, dass das vorhandene nicht noch weiter gekürzt wird. Die Kassen versuchen seit Jahren, uns zu drücken. Aber für 11 Euro brutto die Stunde finden Sie keine Pflegefachkräfte, noch dazu in der ambulanten Pflege, wo es fast nur Teilzeitstellen gibt, wo Sie in den Wohnungen schwierige Arbeitsbedingungen haben und durch die Hausbesuche der Witterung ausgesetzt sind. Was zahlen Sie? 12,50 Euro müssen schon sein, um überhaupt examiniertes Pflegepersonal zu bekommen. Wir zahlen auch noch Zulagen für Wochenend- und Feiertagsarbeit.
Fotos: CHL Berlin (2)
Gut versorgt: Der alte Mann ist Patient im geriatrischen Ida-Wolff-Krankenhaus der AWO in Berlin. Die Klinik ist auf die medizinische Versorgung älterer Menschen spezialisiert.
Die Mehrheit der Bundesbürger befürwortet die Einführung einer Bürgerversicherung für die Pflege. Das hat eine Umfrage der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ergeben. 65 Prozent der Befragten waren dafür, bei Einkommen unter 1500 Euro netto waren es sogar 74 Prozent. „Viele Menschen haben nicht mehr die finanziellen Mittel, um private Vorsorge zu betreiben“, so der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler. Deshalb sei es „notwendiger denn je, die Finanzierungsgrundlage für die Pflege zu verbreitern“. Alle Versicherungspflichtigen sollten je nach Höhe ihres Einkommens in diesen Topf einzahlen. Dies wäre laut Stadler „gelebte Solidarität" und zugleich ein „kraftvolles Zeichen für zukunftstaugliche Pflege". n YH
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Gesundheit
Längeres Leben birgt neue Herausforderungen Am 7. April ist Weltgesundheitstag. Bereits zum zweiten Mal hat die WHO die Auswirkungen der alternden Gesellschaft zum Thema gemacht.
36,2% der Deutschen werden 2030 über 60 Jahre alt sein
Foto: imago/Cathrin Bach
Quelle: statistisches bundesamt
Die Alten werden immer mehr. Nicht nur in Deutschland. Weltweit verdreifacht sich die Zahl der über 60-Jährigen bis 2050, so die Weltgesundheitsorganisation WHO. Grund genug für die WHO, den diesjährigen Weltgesundheitstag unter das Motto: „Altern und Gesundheit“ zu stellen. Denn die drastische Erhöhung der Lebenserwartung im Laufe des vergangenen Jahrhunderts sei ein „beispielloser Erfolg“, stelle aber „die einzelnen Bürger, ihre Familien und die Gesellschaft insgesamt“ vor große Herausforderungen. Und das nicht nur in den Industrienationen. Insbesondere in den weniger ent wickelten Ländern dieser Welt sei die Situation geradezu prekär, warnt die WHO. Manche Staaten werden nur eine einzige Generation haben, um ihre Gesundheitsund Sozialsysteme auf eine alternde Welt vorzubereiten. Die WHO animiert Institutionen und Vereine, sich rund um den 7. April intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen, Experten sowie Bürger zu Diskussions- und Infoveranstaltungen einzuladen. Dabei soll es insbesondere auch um die Frage gehen, „was der einzelne Bürger und der Staat zur Förderung eines aktiven und gesunden Alterns tun können“. Der Weltgesundheitstag wird seit 1950 in vielen Ländern der Welt am 7. April, dem Tag der Gründungsversammlung der WHO, begangen. Es gibt immer
112 000 Pflegekräfte fehlen im Jahr 2025, so die Prognose Prognose: GKV-Spitzenverband
uMFRAGE Welcher Partei trauen Sie am ehesten zu, eine gute Gesundheitspolitik zu betreiben? Anteil der Befragten in Prozent SPD 37 CDU/CSU 23 Grüne 14
Demografischer Wandel auf usbekisch: Großeltern in Chiva mit ihrer Enkeltochter.
ein Leitthema, das von globaler Bedeutung sein soll. In der Vergangenheit waren das sowohl grunsätzliche Felder wie Hunger (1963), Wasser (1954) oder Ernährung (1974) als auch konkrete Krankheiten wie Tuberkulose (1964), Herzleiden (1972) und der Blutdruck (1978). Die Gesundheit von Kindern stand sogar in den Jahren 1977, 1979, 2003 und 2005 im Mittelpunkt. Ebenso ist das
diesjährige Thema kein neues: „Aktiv leben – gesund alt werden“ hieß es bereits 1999. Damals wollte die WHO „Alter als Chance und Erfolg werten“. 2012 widmet sich übrigens auch die Europäische Union den Senioren und begeht das „Europäische Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen.“ n YH
Linke 5 FDP 3 keiner PArtei, w eiss nicht 17 Quelle: ard-deutschlandTrend, 11/2011, Befragt: Wahlberechtigte
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schließen – » Zahnmedizin: inLücken der gesetzlichen Krankenversicherung Eine gute Nachricht vorweg: Die Deutschen haben immer gesündere Zähne. Anfang der achtziger Jahre hatten zwölfjährige Kinder in Deutschland im Schnitt sieben Zähne mit Karies. Heute liegt der Wert bei 0,7, also einem Zehntel. Parallel hat sich der Anteil der Zahnmedizin an den Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung halbiert. Deutschland hat sich damit im internationalen Vergleich vom Schmuddelkind zum Klassenprimus entwickelt. Für diese Erfolgsgeschichte gibt es einen Grund: Eindeutiger als in anderen Gesundheitsbereichen wurde auf Prävention gesetzt. Und für Kinder bzw. Jugendliche wurden kostenfreie Prophylaxeleistungen eingeführt, die das Fundament für ein langfristig zahngesundes Leben legen. Diese positive Bilanz bedeutet allerdings nicht, dass man die Hände in den Schoß legen kann. Denn unsere Gesellschaft verändert sich, und mit den Veränderungen kommen neue Herausforderungen. Immer mehr Menschen werden immer älter, und das stellt die zahnmedizinische Versorgung vor neue Aufgaben. Nicht nur, weil altersassoziierte Erkrankungen wie Parodontitis zunehmen und nach versorgungspolitischen Antworten verlangen, sondern vor allem, weil die demografische Jozef Sedmák/shotshop
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Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung
Entwicklung eine strukturelle Lücke im zahnmedizinischen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung offenbart. Dieser Katalog stützt sich auf drei Annahmen: Erwachsene können eigenverantwortlich Mundhygiene betreiben, eine Praxis aufsuchen und bei der Behandlung kooperieren. Doch es gibt eine wachsende Zahl von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen, die motorisch eingeschränkt, immobil oder wegen kognitiver Einschränkungen nicht kooperationsfähig sind. Auf sie treffen diese Annahmen ganz oder teilweise nicht zu. Ausgerechnet die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft fallen damit durch das Raster der konventionellen Versorgung und haben eine deutlich schlechtere Zahngesundheit als der Bevölkerungsdurchschnitt. Es ist ein gesamtgesellschaftliche Aufgabe, das zu ändern. Die Zahnärzteschaft hat unter dem Titel „Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter“ ein Konzept erarbeitet, das den Weg aufzeigt. Den Erfolg der Prophylaxe bei Kindern und Jugendlichen aufnehmend setzt es auf die Verankerung eines konsequenten Präventionsmanagements in der Alters- und Behindertenzahnmedizin. Doch die nötigen Grundlagen muss der Gesetzgeber schaffen. Mehr erfahren Sie unter www.kzbv.de
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22 Wirtschaft
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Das BranchenportrÄt Auf einen blick
2 Mio. Beschäftigte in der Umweltwirtschaft Vollkommen schwindelfrei: Techniker Fabian Spoehr kontrolliert den Rotorkranz eines Windrades von GE Wind Energy in Niedersachsen.
Hoch oben ist viel zu tun Umwelttechnik Kaum eine Branche verändert sich schneller. Experten für Windräder oder Recyclingwerke haben derzeit gute Job- und Aufstiegschancen Von Susanne Dohrn
Foto: Stefan Simonsen/dapd
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in windiger Tag vor den Toren Hamburgs. Fünf junge Männer und eine Frau sind auf dem Weg zum „Windcasting“. Sie wollen Servicetechniker für Windkraftanlagen werden. Vorher sollen sie beweisen, dass sie auch in bis zu 150 Metern Höhe arbeiten können. Dafür müssen sie die senkrechte Leiter im Innern des Turms erklimmen. Windenergie ist ein Bereich von vielen in der Umwelttechnik. Die Querschnittsbranche umfasst alle Unternehmen, die Umweltschutzgüter und Dienstleistungen anbieten – von Abfallwirtschaft und Recycling, Gewässerschutz und Abwasserbehandlung, Luftreinhaltung, Erneuerbaren Energien bis zu sparsamer Energienutzung. Allein im Handwerk gibt es 15 bis 20 Berufe, die ständig mit Energieund Umwelttechnik zu tun haben, sagt Kai Hünemörder. Er leitet in Hamburg das Zentrum für Energie-, Wasser- und Umwelttechnik der Handwerkskammer. Solche Zentren organisieren die Weiterbildung in den 54 Kammerbezirken. Umwelttechnik ist eine Wachstumsbranche. Gut ausgebildete Fachkräfte seien eine wesentliche Voraussetzung für das weitere Wachstum. Aber Fachkräftemangel behindere bereits die Entwicklung, heißt es im Umweltwirtschaftsbericht der Bundesregierung von 2011. Es ist zudem ein Tätigkeitsfeld, das sich ständig verändert. Einen neuen Beruf, z.B. den Umwelthandwerker, zu schaffen, mache deshalb keinen Sinn, sagt Hünemörder. „Die Leute brauchen ihre Basisqualifikationen und müssen dann die Zusatzqualifikationen drauf satteln.“ Auch bei so genannten Boombranchen ist eine gute Ausbildung wichtig,
um einen Job zu finden, ihn zu behalten und vielleicht aufzusteigen. Eine Auswahl: Servicetechniker für Windkraftanlagen warten und reparieren Windräder. Sie müssen körperlich fit sein, höhentauglich und bereit, an wechselnden Orten zu arbeiten. Außerdem benötigen sie einen Gesellenbrief im Bereich Elektrik, Metall oder einer vergleichbaren Technikerausbildung. Der Lehrgang dauert sieben Monate. Arbeitgeber sind Hersteller und Betreiber von Windanlagen.
Meister für Kreislaufwirtschaft übernehmen Führungsaufgaben in der Abfallwirtschaft. Sie brauchen mathematisches und technisches Verständnis sowie eine mit Erfolg abgelegte Abschlussprüfung zur Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice, Abwasser- oder Wasserversorgungstechnik, Kreislauf- und Abfallwirtschaft, zum Ver- und Entsorger und mindestens ein Jahr Berufspraxis. Die Weiterbildung dauert sechs Monate bis zwei Jahre. Arbeitgeber sind meist kommunale Betriebe, wie Stadtreinigungen oder Recyclingwerke.
Fachkräfte für Gebäudetechnik sorgen für eine wirtschaftliche Energieversorgung. Sie planen, installieren und warten Anlagen der Energie- und Klimatechnik. Voraussetzung ist eine Ausbildung als Installateur- und Heizungs- oder Kälteanlagenbauer. Vollzeitlehrgänge dauern zwei Monate. Arbeitgeber sind Klempnereien und Elektroinstallationsbetriebe, Krankenhäuser, Flughäfen oder die Gebäudewirtschaft.
Staatlich geprüfte Techniker – Schwerpunkt Umweltschutztechnik entwickeln umweltfreundliche Entsorgungskonzepte, warten Anlagen der Abfall- und Wasserversorgung oder Energiegewinnung. Die Weiterbildung an Fachschulen dauert zwei bis vier Jahre. Nötig ist eine Berufsausbildung und ein Jahr Praxis. Arbeitgeber sind chemische und pharmazeutische Industrie, Umweltschutzämter, kommunale Gewerbeaufsicht und Forschungseinrichtungen. n
30%
Akademikeranteil bei den Beschäftigten
76 Mrd. Euro Produktionsvolumen von Umweltschutzgütern in Deutschland
15,4% Welthandelsanteil Deutschlands bei Umweltschutzgütern Quelle: BpB 2009
Tipp! Mehr Informationen zu Jobs in der Umweltwirtschaft gibt es bei den regionalen Handwerkskammern oder im Internet unter: elbcampus.de hwk-duesseldorf.de/uzh
berufe & Chancen Ausbildung
Verdienst
Arbeitsmarktchancen
Servicetechniker für Windkraftanlagen
Gesellenbrief plus 7 Monate Lehrgang
2200 bis 3000 Euro
steigender Bedarf, Aufstiegsmöglichkeiten zum Teamleiter, Projektmanagement im Ausland
Fachkräfte für Gebäudetechnik
Ausbildung und 2-monatige Weiterbildung
2000 bis 2200 Euro
steigender Bedarf, Aufstiegschancen zum Facility Manager
Meister für Kreislaufwirtschaft
Ausbildung, Berufserfahrung und 6 Monate bis 2 Jahre Weiterbildung
2200 bis 3400 Euro
begrenzte Stellenzahl, Weiterbildung zum Techniker möglich
Staatlich geprüfte Techniker – Schwerpunkt Umweltschutz
Ausbildung, Berufspraxis und 2- bis 4-jährige Weiterbildung an einer Fachschule
2700 bis 5000 Euro
aktuell sehr hoher Bedarf
Kultur 23
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vorwärts g alerie Kauft Kunst! von Björn Engholm Bei den vielen Debatten, die wir Indie-Jahre-Gekommenen bei Bier und Wein am Stammtisch führen, geht es zumeist um Fragen der Ökonomie, der Kontrolle ausufernder Finanzzockereien oder um soziale Gerechtigkeit – und was unsere Partei noch tun, oder besser: korrigieren, sollte. Dass die Themen „Geist und Kultur“ dabei meist zu kurz kommen, wurmt mich. Denn was braucht die Berliner Republik, was benötigen die Föderationen von Bayern bis Schleswig-Holstein, was ihre Kommunen von Flensburg bis Passau ganz grundsätzlich?
Für eine Kulturrepublik
Fotos: Martin zitzlaff, Peter nagel (3)
Sie brauchen einen kritischen Geist, der sich nicht in ökonomischer Rationalität erschöpft, sondern alle Felder des politischen und sozialen Lebens durchdringt und wieder Zukunftsoptionen eröffnet. Sie brauchen die Künste, die Musik, die Literatur, Darstelllung und Bildkunst, deren Promotion Voraussetzung ist für die Vitalisierung aller schöpferischen Menschenpotenziale. Woher, wenn nicht aus der Pluralität kultureller Expressionen, sollten wir die Kraft zu Imagination, Phantasie und Kreativität denn ziehen? Und wie, wenn nicht mit einem Höchstmaß an Phantasie und Kreativität sollten wir wirtschaftlich und vor allem auch sozial erfolgreich sein? Ich wünsche mir ein geistiges, kulturelles und soziales Klima, in dem Menschen lustvoll und grenzenlos von ihren großen Geistern und kulturellen Gütern Gebrauch machen. Ein Land, in dem neugieriges Sehen, sensibles Hören, Querdenken, starke Gefühle, bewusstes Mitempfinden zu Hause sind, eine Gemeinschaft, in der Prestige nur verdient, wer sich auch kulturell und sozial engagiert.
Das Quäntchen Hoffnung Sich in einer Zeit voller ökonomischer Dominanz Länder und Gemeinden vorzustellen, in denen kultureller Honig fließt und kritischer Geist das Undenkbare wieder zu denken beginnt, das hört sich verdammt naiv an. Aber wieweit, bitte, kämen wir ohne ein Quäntchen Hoffnung? n Björn Engholm, SPD-Parteivorsitzender von 1991 bis 1993, war Bundesbildungsminister und Ministerpräsident von Schleswig-Holstein
Skluptur Nashorn »Joan Miró«
Bildhauer Peter Nagel Peter Nagel, Jahrgang 1963, studierte an der Düsseldorfer Kunstakademie von 1983 bis 1991 Bildhauerei bei Tony Cragg, Peter Kleemann und Alfonso Hüppi. Ab 1988 war er Meisterschüler bei Prof. Alfonso Hüppi.
die edition Format: 30 x 30 x 30 cm, einzeln gefertigt, handbemalt, siginiert, mit Material zum Aufhängen. Auslieferung durch den Künstler Zahlung bei Lieferung Preis inkl. MwSt. je 310,- Euro
Skulptur Nashorn »Keith Haring«
ironische trophäen Junge zeitgenössische Kunst exklusiv für die vorwärts-Leser empfohlen von Björn Engholm
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en Titel „100 Meisterwerke“ der gleichnamigen Fernsehserie aus den 1990er Jahren entlehnte der Düsseldorfer Bildhauer Peter Nagel für eine Serie von 100 Nashornköpfen. Wie Jagdtrophäen sind sie auf eine Holzplatte montiert. „Eine kleine Kunstgeschichte“ nennt Nagel diese A rbeiten. Mit Witz und Ironie zitieren sie die Werke bekannter Künstler mit ihren Stilmerkmalen und ihrer typischen Arbeitsweise. Sie arbeiten heraus, was den Wiedererkennungswert des jeweiligen Werkes ausmacht. In intellektueller Souveränität spielt Peter Nagel mit einer Kombination disparater Elemente und der Verfremdung des Vertrauten. Die Präsentation der Serie als Jagdtrophäe mit einem kleinen Metallschild, das den Namen des zitierten Künstlers trägt, ironisiert hintersinnig leise den zeitgenössischen Kunstmarkt, auf dem Kunstwerke nach bekannten Namen gekauft und als Prestigeobjekte und Kapitalanlage mit
Nach einem Lehrauftrag 1994 und 1995 an der Düsseldorfer Kunstakademie arbeitete er von 1998 bis 1999 als Gastdozent am Edna Manley College in Kingston/Jamaika. Seine Arbeiten zeigte er in rund zwei Dutzend Einzelausstellungen und vielen Gruppenausstellungen. Peter Nagel lebt und arbeitet in Düsseldorf.
hohen Renditeerwartungen gehandelt werden. In Auftrag gegeben worden war die Serie von einem Hamburger Kunstsammler. Aus dieser Serie bietet der „vorwärts“ die Skulpturen Joan Miró und Keith Haring zum Kauf an. n
Ja, ich kaufe kunst Hiermit bestelle ich:
Exemplare der Skluptur Nashorn „Joan Miró“ à 310,00 Euro
Exemplare der Skluptur Nashorn „Keith Haring“ à 310,00 Euro
(inkl. Mehrwertsteuer)
Name PLZ, Ort, Straße Datum, Unterschrift
Peter Nagel, Lierenfelder Str. 39, 40231 Düsseldorf Telefon (0211) 788 61 41
24 Kultur
Mitre
vorwärts 04/2012
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vorwärts.de Rezensionen
Die Favoriten mit den meisten »Klicks« Benjamin Lebert Im Winter dein Herz Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2012, 157 Seiten, 18,99 Euro, ISBN 978-3-455-40360-2
Paul Mattick Business as usual. Krise und Scheitern des Kapitalismus Edition Nautilus, Hamburg 2012, 160 Seiten, 12,90 Euro, ISBN 978-3-89401-754-5
Rayk Wieland Kein Feuer, das nicht brennt Verlag Antje Kunstmann, München 2012, 160 Seiten, 16,95 Euro, ISBN 978-3-88897-748-0
Ins Leere treten
Ausverkauf der DDR
Wie es ist, sich im eigenen Leben fehl am Platz zu fühlen, davon erzählt Hanna Lemke in „Geschwisterkinder“. Nach ihrem viel beachteten Debüt, dem Kurzgeschichtenband „Gesichertes“, widmet sich die Autorin in ihrer neuen Erzählung den Geschwistern Ritschie und Milla. Zwei junge Menschen, die sich bisweilen fühlen wie die kleinen Blechfiguren zum Aufziehen, „die dann losliefen, unbeirrbar, und, selbst wenn sie über die Tischkante fielen, immer weiter traten, ins Leere“. Dabei haben sie kein Interesse, auf ein Ziel zuzulaufen, das i hnen nichts bedeutet. Lemke erzählt in ihrer wunderschönen, präzisen Sprache von der Unsicherheit einer Generation, die auf der Suche nach etwas Authentischem ist – und wenn es eine echte Empfindung ist: „,Ich glaube, ich habe Angst’, sagte sie. Es klang in ihren Ohren wie eine vage Vermutung, wie die Frage, ob es wirklich dieser Begriff war, der das Gefühl beschrieb.“ Hanna Lemke ist ein Glücksfall für die deutschsprachige Literatur. n BG
Im März 1990 wird die Treuhand gegründet. Sie soll die volkseigenen Betriebe der DDR vor dem Ausverkauf schützen. Als sie vier Jahre später abgewickelt wird, steht ihr Name für Verrat und Verramschen. 15 000 Betriebe hat die größte H olding der Welt privatisiert, soll heißen verkauft – 90 Prozent davon an westdeutsche Interessenten. Dabei hat die Treuhand 34 Milliarden DM erwirtschaftet und 245 Milliarden Verlust gemacht. Diesem längst nicht aufgearbeiteten Kapitel der deutsch-deutschen Geschichte widmet sich der Journalist und Filmemacher Dirk Laabs. In seinem Buch „Der deutsche Goldrausch“ beschreibt er detail- und faktenreich den Verteilungskampf. „Die Ostdeutschen haben ein Anrecht darauf, dass ihnen erklärt wird, warum die Treuhand mit dem Verkauf der gesamten ostdeutschen Volkswirtschaft nur 34 Milliarden Euro erzielt hat“, schreibt Laabs. Sein kenntnisreiches Buch ist ein Wirtschaftskrimi, ein minutiöses Protokoll und ein Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte. n BG
Hanna Lemke Geschwisterkinder Verlag Antje Kunstmann, München 2012, 127 Seiten, 14,95 Euro, ISBN 978-3-88897-749-7
Dirk Laabs Der deutsche Goldrausch Die wahre Geschichte der Treuhand Pantheon Verlag, München 2012, 384 Seiten, 16,99 Euro, ISBN 978-3-570-55164-6
Lena Gorelik »Sie können aber gut Deutsch!« Warum ich nicht mehr dankbar sein will, dass ich hier leben darf, und Toleranz nicht weiterhilft. Pantheon Verlag, München 2012, 240 Seiten, 14,99 Euro, ISBN 978-3-570-55131-8
Rainer Hank Die Pleiterepublik. Wie der Schuldenstaat uns entmündigt und wie wir uns befreien können Karl Blessing Verlag, München 2012, 448 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 978-3-89667-421-0
Alexander Rahr Der Kalte Freund. Warum wir Russland brauchen: Die InsiderAnalyse Carl Hanser Verlag, München 2011, 352 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-446-42438-8
Sozialstaat neu Denken Wolfgang Schroeder über politische Verantwortung Von Franz Müntefering, MdB, ehemaliger SPD-Parteivorsitzender
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in Buch, das sitzt. Ein Stück sozialdemokratischer Gesellschaftsentwurf: dass Sozialstaat als solcher nur gelingen kann, wenn er das ganze Leben umfasst, vorsorgend, begleitend, kurierend, nachsorgend. Dass er viel mehr ist als ein wichtiges Sozialversicherungssystem: Auch Bildung, Familie, Arbeit und Daseinsvorsorge sind unverzichtbare Aspekte von Sozialstaat. Dass Staat und Gesellschaft zusammenfinden müssen in sozialen Netzwerken, horizontal und vertikal, damit die Idee gelingt. Wolfgang Schroeder bleibt nicht bei der Definition und der
Analyse hängen. Der praktizierende Sozialpolitiker steuert die Kernfrage an: Was müssen wir tun, damit wir dauerhaft Sozialstaat garantieren können? Er gibt Antworten: Kinder stark machen, alle. Das heißt auch: Den Kindern mit schwachem Startkapital helfen, damit das Versprechen auf Chancengleichheit eingehalten wird. Gerade, wenn die Eltern das nicht garantieren können. Die markanten Veränderungen in den Geschlechterbeziehungen, die Vielfalt der Milieuformen und die sozioökonomischen Wandlungen am Arbeitsplatz als drei Wechselwirkungen
erkennen, als treibende strukturelle Kraft für Sozialstaatlichkeit. Eine inklusive Arbeitsgesellschaft sein, in der Arbeit als prägendes Prinzip wirkt im Hinblick auf Selbstbild und Dynamik der Gesellschaft. Dass dann kein Platz ist für bedingungsloses Grundeinkommen, ist klar. Auch gut. Großer Scheinwerfer auf die Sozialberufe: Erzieherinnen, Alten-Pflegerinnen, Lehrerinnen, (in femininer Form, denn 80 Prozent sind weiblich). Ohne mehr gesellschaftliche Wertschätzung, die sich auch in angemessenen Löhnen zeigt, wird der Fachkräftemangel nicht abwendbar sein. Das – wichtige und anerkannte – Ehrenamt kann das professionelle Handwerk nicht ersetzen, soll es auch nicht. Es behält aber seine große gesellschaftliche Aufgabe. Die Projektrepublik führt in die Irre. Denn sie lädt ein zu gefährlicher Selbstzufriedenheit. Es geht aber im Sozialstaat nicht primär um schöne Beispiele, die zeigen, dass es ginge, sondern um die Gesamtverantwortung flächendeckend. Lesenswert! n Wolfgang Schroeder Vorsorge und Inklusion Wie finden Sozialpolitik und Gesellschaft zusammen? vorwärts | buch, Berlin 2012, 120 Seiten, 10 Euro, ISBN 978-3-86602-769-5
Fotos: dirk bleicker
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Historie 25
04/2012 vorwärts
Foto: dpa Picture-Alliance/SVEN SIMON
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ls Willy Brandt 1969 seine erste Regierungserklärung abgab, hatte er es mit zwei grundverschiedenen Oppositionen zu tun. Da war die Unionsfraktion, die zum ersten Mal seit Gründung der Republik nicht den Kanzler stellte. Und da war die außerparlamentarische Opposition, die noch ein Jahr zuvor die Notstandsgesetze mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933 gleichgesetzt hatte. An sie war Brandts Ankündigung gerichtet, unsere Demokratie sei nicht am Ende: „Wir fangen erst richtig an!“ Tatsächlich geschah Unerhörtes: Mitten im Kalten Krieg machte sich die Bundesrepublik auf, diesen Kalten Krieg zu entschärfen. Innenpolitisch jagte eine Reform die andere. Die IG Metall hatte 1972 zu einer Tagung über „Lebensqualität“ nach Oberhausen eingeladen. Alles, was 2012 in einer Enquete-Kommission des Bundestages zum Verhältnis von Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität verhandelt wird, war damals schon Thema. Auf dem Dortmunder Wahlparteitag 1972 hat die SPD sogar eine eigene Definition von Lebensqualität vorgestellt. Seit Denis Meadows 1972 in seinem Buch über „die Grenzen des Wachstums“ begründet hatte, dass ein „Weiter so“ brandgefährlich wäre, war die SPD die Partei, in der nun gefragt wurde, wie es dann weitergehen könnte. Lange Zeit war nicht klar, ob sich die Regierung Brandt nicht doch zuviel zugetraut hatte. Immer wieder verließ ein Abgeordneter der SPD oder der FDP seine Fraktion. Rainer Barzel wagte das konstruktive Misstrauensvotum – und verlor. Vor der vorgezogenen Neuwahl des Bundestages sah es lange so aus, als ob es der Union gelingen könne, alle neuen Ansätze zunichte zu machen. Wenige Wochen vor der Wahl wendete sich das Blatt. Willy Brandt konnte den größten Wahlsieg in der Geschichte der Partei einfahren. Bis die zweite Regierung Brandt in die Gänge kam, dauerte es länger als erwartet. Dann kam 1973 die Ölpreiskrise. Als das Fass Rohöl fünf Dollar kostete, jammerten wir über die Verdoppelung des Ölpreises, später über die Verfünffachung. Heute leben wir mit dem Fünfzigfachen.
Bundeskanzler Willy Brandt machte sein Versprechen wahr: „Wir stehen nicht am Ende unserer Demokratie, wir fangen erst richtig an.“
im Aufbruch Die siebzigerJahre Rückblick auf ein s ozialdemokratisches Jahrzehnt Von Erhard Eppler War eine neue Energiepolitik nötig? Nur wenige plädierten dafür, und Willy Brandt hörte aufmerksam zu. Als dann die ÖTV ihre zweistelligen Forderungen durchsetzen konnte, wurde klar, dass hier in einer neuen, kargeren Epoche etwas geschehen war, was allenfalls im Wirtschaftsaufschwung zwei Jahre zuvor hinnehmbar gewesen wäre. Brandt fühlte sich gedemütigt, aber er wies keinen neuen Weg.
Der Schock des Brandt-Rücktritts Im Mai 1974 kam Brandts Rücktritt, für viele ein Schock. Ihm folgte ein Politiker, der sich als Krisenmanager bewährt hatte. Helmut Schmidt war, anders als Brandt, gelernter Ökonom. In seiner Regierungserklärung kam das Wort Reform kaum mehr vor. Er wollte sein Land unbeschädigt durch die Wirtschaftsflaute steuern. Er tat es durch ein – kreditfinanziertes – Konjunkturprogramm. Als dann gegen Ende des Jahrzehnts der zweite große Preisschub die Weltwirtschaft belastete, wollte und konnte der Kanzler nicht mehr auf dieselbe Weise antworten, zumal sein Wirtschaftsminister Graf Lambsdorff (FDP) sich sperrte.
buchtipp Bernd Faulenbach Das Sozialdemokratische Jahrzehnt Von der Reformeuphorie zur Neuen Unübersichtlichkeit. Die SPD 1969-1982 Verlag J.H.W. Dietz, Bonn 2011 819 Seiten, 48 Euro ISBN 978-3-8012-5035-5
In der Außenpolitik setzte Schmidt die Entspannungspolitik fort. Es ging darum, das Erreichte zu sichern, die Zweifler im Westen zu beruhigen. Waren die frühen Siebzigerjahre solche des Aufbruchs und des Umbruchs, so legte die Regierung Schmidt Wert auf „pragmatisches“ Handeln. Zwar hatte sich auch Brandt als Pragmatiker verstanden. Aber jetzt bedeutete „pragmatisch“, dass hohes Wirtschaftswachstum wieder zum Ziel der Politik wurde und dass vieles, was zwischen Oberhausen und Dortmund die Partei beschäftigt hatte, lächelnd beiseite geschoben wurde. Für die unaufhaltsam fortschreitende Ökologiediskussion war da kein Platz mehr, was die Parteigründung der Grünen zumindest beschleunigt hat. Dass sich die SPD gegen Ende des Jahrzehnts immer mehr polarisierte, war vor allem Folge des Raketenstreits um den NATO-Doppelbeschluss. Beide Seiten hatten ihre Argumente. Im Grunde war der „Doppelbeschluss“ vernünftig. Warum sollten wir dem Kreml nicht signalisieren: Die Pershing II werden nur stationiert, wenn wir uns vorher in Verhandlungen nicht einig werden? Dieses Rezept hätte Erfolg haben können, wäre nicht einem neuen US-Präsidenten der Abbau der sowjetischen Raketen weit weniger wichtig gewesen als der Aufbau amerikanischer Raketen, die von deutschem Territorium aus die Zentren der anderen Weltmacht treffen konnten. Auch wenn die Siebzigerjahre, gerade für die SPD, alles andere als eine Einheit waren, spricht einiges dafür, von einem sozialdemokratischen Jahrzehnt zu sprechen. In der SPD, und nur dort, wurde diskutiert und oft auch entschieden, was auf der politischen Tagesordnung stand. Sogar die Atomdiskussion in der SPD war keineswegs vergeblich. Heute ist vieles von dem in der Gesamtgesellschaft angekommen, was 1972 die Führungsgremien der Partei beschäftigt hat. Wenn es eine Volkspartei auszeichnet, dass sie aufnimmt und in Politik übersetzt, was die Gesellschaft bewegt, dann war die SPD in den Siebzigerjahren eine vorbildliche Volkspartei. Die einzige. n
vorwärts-Impressum Die Sozialdemokratische Zeitung gegründet 1876 von W. Hasenclever und W. Liebknecht Herausgeberin: Andrea Nahles Redaktionsadresse: Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 610322, 10925 Berlin; Tel. 030/25594-320, Fax 030/25594-390, E-Mail: redaktion@vorwaerts.de Chefredakteur: Uwe Knüpfer (V.i.S.d.P.) Redaktion: Lars Haferkamp (Textchef); Dagmar Günther (CvD); Hendrik Rauch (Bildred.); Kai Doering (Redaktion), Yvonne Holl (App); Vera Rosigkeit (Online); Dr. Susanne Dohrn, Birgit Güll und Werner Loewe (redaktionelle Mitarbeit); Carl-Friedrich Höck und Marisa Strobel (Volontäre) Fotografie: Dirk Bleicker Layout: Jana Schulze Korrespondenten: Jörg Hafkemeyer (Berlin), Renate Faerber-Husemann (Bonn), Lutz Hermann (Paris) Geschäftsführung: Guido Schmitz Anzeigen: Nicole Stelzner (Leitung strategische Unternehmensentwicklung und Verkauf); Nele Herrmann Valente, Manfred Köhn, Simone Roch, Carlo Schöll, Franck Wichmann und Ralph Zachrau (Verkauf) Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 35 vom 1.1.2012 Verlags-Sonderseiten: verantw. Guido Schmitz Vertrieb: Stefanie Martin, Tel. 030/25594-130, Fax 030/25594-199 Herstellung: metagate Berlin GmbH Druck: Frankenpost Verlag GmbH, Poststraße 9/11, 95028 Hof Abonnement: IPS Datenservice GmbH, Postfach 1331, 53335 Meckenheim; Tel. 02225/7085-366, Fax -399; bei Bestellung Inland: Jahresabopreis 22,– Euro; für Schüler/Studenten 18,– Euro; alle Preise inkl. Versandkosten und 7 Prozent MwSt.; Ausland: Jahresabopreis 22,– Euro zzgl. Versandkosten. Das Abo verlängert sich um ein Jahr, wenn nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. Für SPD-Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten (bei Änderungen bitte an den SPD-UB wenden). Bankverbindung: SEB Berlin, BLZ 100 101 11, Konto-Nummer 174 813 69 00 Bei Nichterscheinen der Zeitung oder Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages im Falle höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Leistung, Schadensersatz oder Minderung des Bezugspreises. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Zeichnungen wird keine Haftung übernommen.
26 Rätsel
vorwärts 04/2012
kreuzworträtsel Die Fragen und das Kreuzworträtsel darunter ergeben die Lösung.
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Der passionierte... Schwimmer und Fünfkämpfer engagierte sich in der sozialdemokratischen Studentenschaft und wurde schon früh zu einem entschlossenen Vorkämpfer für Erneuerbare Energien. Seit 1980 war er Bundestags-Abgeordneter und gehörte über zehn Jahre lang dem SPDBundesvorstand an. Sein Nachname? 2
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Der kleine Ort... in dem er geboren wurde, liegt in einem Mittelgebirge, über dessen Hauptkamm der teilweise noch heute sichtbare römische Limes verlief, nur wenige Kilometer von der größten Stadt des Bundeslandes, die aber nicht die Hauptstadt ist. Wie heißt das Mittelgebirge? 2
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Es gibt zwei Wege, das Preisrätsel zu lösen: Ratefüchse beantworten zuerst die beiden Fragen. Der erste, dritte, vierte und fünfte Buchstabe des ersten Lösungswortes sowie der vierte und letzte Buchstabe des zweiten Lösungswortes ergeben in der richtigen Reihenfolge die Lösung. Es geht aber auch einfacher: Die grauen Felder im Kreuzworträtsel e rgeben in der r ichtigen Reihenfolge das Lösungswort. Gesucht wird das oben erwähnte Bundesland.
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Als bescheidene Frau aus dem Volk regierte sie. Als »Mutter Berlins« ging sie in die Geschichte ein
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Besuch im Kalten Krieg: Bundeskanzler Konrad Adenauer (M.) 1950 in WestBerlin, umgeben von Ernst Reuter (r.) und der Gesuchten (l.)
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Die richtige Lösung schicken Sie bitte bis zum 12. April 2012 per Post an vorwärts, Postfach 322, 10925 Berlin oder per E-Mail an raetsel@vorwaerts.de. Bitte Absender nicht vergessen und ausreichend frankieren! Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir zehn Bücher.
m Juli 1948 berichtet die englische Zeitung „Observer“ von einer kleinen, gebrechlichen Frau, „die über soviel Güte und Takt verfügt und der eine derart entwaffnende Freundlichkeit zu Gebote steht, daß selbst ihre heftigsten kommunistischen Gegner sich Mühe geben müssen, sie zu hassen“. Die kleine Frau wird verehrt wegen ihrer Ehrlichkeit und Bescheidenheit. Selbst im höchsten Amt zu Hause, wohnt sie bei einer Freundin zur Untermiete. Voller Hochachtung wird sie dennoch „Königin“ genannt. In die Wiege ist ihr das wahrlich nicht gelegt. Die Mutter verkauft Gemüse, der Vater ist Bauarbeiter. Sie kann eine Mittelschule besuchen und wird Angestellte einer Versicherungsgesellschaft. 1910 schließt sie sich der SPD an. Sie organisiert die Arbeiterwohlfahrt, macht als Stadtverordnete von sich reden und ist 1919 eine der wenigen Frauen in der Verfassunggebenden Versammlung. 1920 wird sie in den Reichstag gewählt, dem sie bis 1933 angehört. Die Nazi-Zeit versucht sie als Leiterin einer Bäckerei zu überleben, verweigert den Hitlergruß und wird boykottiert. Freunde besorgen ihr eine Anstellung als Bürokraft in Berlin. Als der Krieg zu Ende und Berlin ein Trümmerhaufen ist, engagiert sie sich beim Wiederaufbau. Sie gründet die Arbeiterwohlfahrt und die SPD wieder, wird stellvertretende Landesvorsitzende und Bürgermeisterin. „Da, wo Männer Fehlschläge erlitten, gelang es ihr, Erfolge zu erzielen“, schreibt die „New York Times“ über ihr Engagement während der Berlin-Blockade. Am 4. Juni 1957 stirbt die kleine, gebrechliche Frau, die als „Mutter“ Berlins in die Geschichte eingegangen ist. n Unter allen Einsendern verlosen wir eine vorwärts-Tasche. Bitte schicken Sie das Lösungswort mit dem Stichwort „Wer war’s“ bis 12. April 2012 per Post oder per E-Mail an: redaktion@vorwaerts.de
Historisches Bilder-Rätsel Die Lösung des Bilder-Rätsels aus der vergangenen Ausgabe lautet: jockel fuchs Die vorwärts-Tasche hat gewonnen: Irma Zimmer, 66606 Wendel
Gewinner
Die Lösung des jüngsten Preisrätsels lautete: TALER Gesucht wurden außerdem: Kleopatra und alexandria Jeweils ein Buch gewannen: Erika Biere, 32791 Lage Benedikt van Endern, 40210 Düsseldorf Peter Schreiber, 99817 Eisenach Elisabeth Beardi, 79787 Lauchringen Ursel Rudolph, 22145 Hamburg Klaus Eberhardt, 89537 Giengen Daniela Selberg, 30627 Hannover Christian Kuhlmann, 59065 Hamm Klaus Pommeränig, 13465 Berlin Irmina Koch, 66687 Wadern
Foto: akg-images / Gert Schuetz
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Das Allerletzte 27
04/2012 vorwärts
Arschleder erklärt sich von selbst UNsere Energiepolitiker Umweltminister Norbert Röttgen grinst in jede Kamera, richtet aber keinen Schaden an. Und die Grünen haben bei der Frauenquote versagt Von Martin Kaysh
Illustration: christina Bretschneider
D
en Röttgen kannst Du erst mal vergessen bei der Energiewende. Das ahnten viele schon lange, aber so meine ich das nicht. Der Bundesumweltminister tingelt jetzt für ein paar Wochen als Spitzenkandidaten-Darsteller durch NRW. Da kann er sich nicht auch noch gleichzeitig in Berlin vergeblich um Sachen kümmern. Er kann also vorübergehend keinen Schaden anrichten. Wobei man sich fragen kann, ob es einen Unterschied macht, ob der Minister zu unverbindlichen Gedankensplittern in die Kamera grinst oder das Steffen Seibert überlässt, dem Regierungssprecher. Wenn es bei Energiefragen wichtig wird, darf Norbert Röttgen eh nur noch stumm grinsen und nicken zu den Aus-
sagen der anderen. So wie beim Atompingpong, da hatte seine Chefin das Sagen. Ansonsten wird der Wirtschaftsminister seine Zuständigkeit reklamieren und ebenfalls freundlich etwas verkünden oder sogar durchsetzen. Dann kann Philipp Rösler im bald zu erwartenden Ruhestand wenigstens in verschiedenen Talkshows rückblickend über seine still verschiedene FDP sagen, man habe klar Kante gezeigt. Aber Röttgen ist wenigstens mal ein paar Tage in NRW, dem Energieland, vor Ort. Vor Ort, das ist eigentlich ein Bergbaubegriff. Hier weiß das jeder, der auf Kohle geboren ist wie ich. Und da beginnt mein Problem. Ich bin nicht nur geografisch und erblich vorbelastet, die Opas waren noch untertage, also vor
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Kohle ist auch ein nachwachsender Rohstoff. Das dauert zwar etwas länger, aber sie wächst.
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Martin Kaysh
Ort. Ich bin auch noch Ehrenhauer. Da gibt es keinen Pokal für, keinen Scheck, sondern nur ein Arschleder und einen Schnaps. Hauer, das ist ein Facharbeiter für Kohle, und Arschleder erklärt sich von selbst. Ich bin also befangen und durchschaue die Sache mit der Energiewende nicht so ganz. Ich kann mich also mit Norbert Röttgen vor Ort und in Augenhöhe unterhalten. Mit den Grünen bin ich in Energiefragen durch. Die haben mich mal eingeladen. Ich habe ihnen erklärt, Kohle sei auch ein nachwachsender Rohstoff. Ja, das dauert zwar etwas länger, aber sie wächst. Kohle ist sozusagen entschleunigte Energie. Nicht lachen, bis vor kurzem war Atomkraft noch „Brückentechnologie“. Auf meine Seite gezogen habe ich die Zuhörer damit nicht. Mittlerweile ahne ich, woran es liegt. Wir hätten nur rechtzeitig untertage die Frauenquote einführen müssen, dann wäre uns der Ärger mit den Grünen erspart geblieben. So ist das in Energiefragen. Die großen Fehler wurden schon in der Vergangenheit gemacht. n Martin Kaysh ist Kabarettist, Alternativkarnevalist („Geierabend“) und Blogger. Er lebt im Ruhrgebiet, freiwillig.
seit wärts Der Energiespar-Wettbewerb
Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zum …
… ersten alljährlichen Fest des EnergieWandels!
Seit einem Jahr sind wir nun auf dem richtigen Weg!
Und zu diesem feierlichen Anlass hatten wir zum ersten alljährlichen EnergiesparWettbewerb aufgerufen! Hier unser Platz drei …
von David Füleki
Die kleine Rena und ihr Humus-betriebenes Fernsehgerät!
Funktioniert zwar leider noch nicht, aber die Idee ist gut!
Und auf dem zweiten Platz …
Unsere beiden Fischhändler Sam und Def!
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Die beiden rasieren sich nur noch ein Mal wöchentlich, um Strom für ihren Elektro-Rasierer zu sparen.
Und Platz eins des ersten alljährlichen EnergiesparWettbewerbs geht an …
Frau Kermel von der Gemeinde und ihren Mitarbeiterstab bei ihrer Suche nach neuen Energiehaushalts-Plänen!!
Uns ist aufgefallen, dass wir unheimlich viel Energie sparen können, wenn wir uns einfach hinlegen und nichts machen …
16.03.2012 11:12:55 Uhr
SPD Exklusiv Kreuzfahrt
Israel, Ägypten und in die griechische Inselwelt Mit Peter Struck nach
3 Tage Israel intensiv
m und Begegnungsprogram Zusätzliches SPD-Besuchstte Yad Vashem • Holocaust-Gedenkstä Knesset • Israelisches Parlament usalem • Willy-Brandt Center Jer
Stationen einer einzigartigen See(h)reise:
Kreuzfahrt ab / bis Antalya inkl. Vollpension
Antalya und Mersin an der Türkischen Riviera, die Sonneninsel Zypern, das „Heilige Land“ mit den Häfen Haifa und Ashdod und Ausflügen nach Akko, Nazareth, dem See Genezareth mit Kapernaum, Tiberias, dem Berg der Seligpreisungen und dem Ort der wundersamen Brotvermehrung, nach Jerusalem, dem Toten Meer und nach Bethlehem. Die Pyramiden der Pharaone und die ägäischen Inseln Kreta, Santorin und Rhodos.
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799,– p. P. in der 4-Bett Kabine ab € 1.199,– p. P. in der 2-Bett Kabine Flüge ab / bis Deutschland ab € 390,– p. P.
MS Princess Daphne
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12-tägige Kreuzfahrt vom 17. bis 28. Oktober 2012