vorwärts Mai 2013

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DEUTSCHLAND BESSER UND GERECHTER REGIEREN

Foto: Dirk Bleicker

SPD-Programmparteitag in AUGSBURG

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Inhalt 3

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themen in diesem heft

Liebe Leserinnen und Leser, zugegeben, die Umfragewerte zur Bundestagswahl sind derzeit nicht schön. Aber es gibt keinen Grund, sich kirre machen zu lassen. Es geht hier um Momentaufnahmen einer mehr als schnelllebigen Mediendemokratie. Viel wichtiger als die Frage, welcher Politiker bei jener Umfrage und welche Partei gerade in dieser Woche wie hoch in der Gunst der Wähler steht, ist die grundsätzliche Haltung der Menschen zu brennenden gesellschaftspolitischen Fragen.

Titel das wir entscheidet  4 Ich will Kanzler Werden – Peer Steinbrück begeisterte den SPD-Parteitag in Augsburg  6  Peer und die wilde 13 – Der vorwärts-Presseabend  7 Hoch motiviert – Stimmen der Delegierten Aktuell 10 Städte in der Schuldenfalle – Zu Besuch bei drei sozialdemokratischen Stadtoberhäuptern 12 Die Kluft wird gröSSer – Interview mit Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly 13  Stadt der Zukunft – Damit die Kommunen ­lebenswert bleiben, müssen sie sich ändern 16  Vereint im Kampf – Peer Steinbrück zu Besuch in Paris bei Staatspräsident Francois Hollande

Fotos: Dirk Bleicker (2), Florian Generotzky, Interfoto/Miller

Mit ihrem Tür-zu-Tür-Wahlkampf und den Länderreisen von Peer Steinbrück beschreitet die Partei im Wahlkampf neue Wege. Beides ist ausgesprochen erfolgreich: Im direkten Gespräch lassen sich Inhalte und Ziele der SPD am besten vermitteln. Peer Steinbrück hat dies in seiner Rede auf dem Augsburger Parteitag wunderbar deutlich gemacht. Nicht erst seit Augsburg ist klar: Das Regierungsprogramm entspricht den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger. Die SPD hört hin. Kandidat und Partei haben auf dem Parteitag gezeigt, dass sie kämpfen und miteinander gewinnen wollen. Packen wir es an. Herzlich, Ihre

Karin Nink Chefredakteurin

Seite 10

Kolumnen  8  global gedacht – Rafael Seligmann 9  Unser Europa – Peter Ehrlich 14  Zwischenruf – Gabriel Nyc 31  Medienzirkus – Gitta List 35  Das Allerletzte – Martin Kaysh

Wollen die Bürgerinnen und Bürger, dass Menschen in unserem Land von ihrem hart erarbeiteten Lohn nicht leben können? Nein. Deswegen votierten in einer jüngst veröffentlichten Umfrage 55 Prozent für einen gesetzlichen Mindestlohn. Den will die SPD. Gar 58 Prozent der Befragten stimmten für die SPD-Pläne, mit höheren Steuern mehr Geld für Bildung auszugeben. Und die jüngste Studie eines UmfrageInstituts belegt, dass das familienpolitische Konzept der SPD mit den Forderungen von Familien in Deutschland übereinstimmt.

Muss hart sparen: OB Heike Kaster-Meurer

Will für die SPD in den Bundestag: Florian Simbeck

Seite 26

partei leben! 17  Auf Tour – Peer Steinbrück reist durch ­Deutschland 18  Menger macht’s – OV-Porträt Bad Münster 19  arbeitsgemeinschaften in der spd – Die AG Bildung setzt auf Inklusion 20  einladung zum parteikonvent 26  porträt Florian Simbeck – Krass in die Politik

Regierungsprogr a m m 21  Deutschland besser und gerechter regieren Wirtschaft 28  Gut gemacht – Das Berliner Genesis-Institut 29  Meine Arbeit – Lehrer für Mathematik und Physik kultur 30  Rezensionen – „Die gute Gesellschaft“ u.a. historie 32  Er war ein Berliner – Willy Brandt und Berlin 33  L assalle gründet den adav – Vor 150 Jahren 34  Wer war’s? – Lothar Pollähne  8  In Kürze | 25  Parlament 14  Leserbriefe | 33  Impressum 34  Rätselseite | 35  seitwärts Redaktionsschluss 14. April 2013 Diese Ausgabe Enthält eine Anzeigen-SONDERVERÖFFENTLICHUNG ZUm Thema »Energie«

Vorwärts-Regional April NRW: Dortmund

Austauschseiten für S. 26-27

Kämpfte stets für Berlin: Willy Brandt

Seite 32

Progr a m m zum her ausnehmen Kurz und knapp auf vier Seiten in der Heftmitte: Die wichtigsten Themen und Forderungen des SPDRegierungsprogramms (2013-2017), beschlossen vom Bundesparteitag in Augsburg am 14. April 2013.


4  Titel

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Steinbrück überzeugte die Delegierten: „Die Bändigung der Finanzmärkte ist ökonomisch richtig, weil Finanzjongleure nicht Wertschöpfung, sondern Wertabschöpfung betreiben. Und sozial gerecht, weil sonst Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden“, argumentierte der Kanzlerkandidat.

»Ich will Kanzler werden«

SPD-PARTEITAG Kein wirtschaftlicher Erfolg ohne soziale Gerechtigkeit, das war die Botschaft von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück beim ­Parteitag. Den 600 Delegierten sprach er damit aus dem Herzen Von Yvonne Holl Augsburg 14. April 2013

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ir erwarten heute klare Worte, klare Werte und klare Taten“, hatte Generalsekretärin Andrea Nahles zu Beginn des SPD-Parteitags gefordert. Und klarer hätten Peer Steinbrücks Sätze in Augsburg nicht sein können: „Ich will Kanzler unserer Bundesrepublik Deutschland werden.“ Es war die Verve, mit der er dieses Bekenntnis aussprach, die die rund 600 Delegierten von den Stühlen holte und minutenlang applaudieren ließ. Steinbrück legte nach: „Ich will das, nicht,

weil es für mich persönlich wichtig ist. Sondern weil ich mit Euch gemeinsam unser Land wieder ins Lot bringen will.“ Wo etwas aus dem Lot geraten ist, zeigten große Bilder im Rund hinter dem Kanzlerkandidaten: Eine behelmte Arbeiterin, ein Stundenplan, der Bildung fassbar macht, Mietgesuche und ein Geldautomat als Symbol der Finanzwirtschaft. In der Mitte aber prangte das Wahlkampfmotto: „Das WIR entscheidet.“ Die Zustimmung der Partei wurde im starken Applaus und in der einstim-

migen Annahme des Wahlprogramms deutlich. Die Delegierten und Besucher fühlten sich angesprochen, wenn es um Lohnungerechtigkeit, um die Notwendigkeit bezahlbaren Wohnraums, um eine sichere Versorgung im Alter und die Regulierung der Finanzmärkte und somit Sicherung des Wohlstands ging. „Was bewegt die Menschen in Deutschland? Was treibt sie um? Welche Ideen haben sie, und wie können sie diese in die Gesellschaft einbringen?“ Das waren die Fragen, die die Partei in den ver-


Titel 5

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gangenen Monaten breit in der Republik gestreut hatte. Auf 350 Veranstaltungen im Rah­ men des Bürgerdialogs trafen sich Po­ litiker und Bürger. 40 000 Anregungen gingen bei der SPD ein. – Sie wurden aufgenommen und mündeten ins Regie­ rungsprogramm. Peer Steinbrück hörte zu und skizzierte Lösungen für die Pro­ bleme der Menschen.

400 Euro mehr im Monat ­machen den Unterschied „Ich will konkret beschreiben, was für einen großen Unterschied es für Millio­ nen Bürgerinnen und Bürger bedeutet, wenn die SPD regiert“, sagte Steinbrück. Er sprach vom Drogerieangestellten Frank, der einen tariflich verankerten Stundenlohn von sechs Euro bekommt – an dem sich unter der Regierung Merkel auch nichts ändern würde, weil die Lohn­ untergrenze der Union Tariflöhne un­ angetastet lässt. „Mit uns kriegt Frank mindestens 8,50 pro Stunde. Das macht 400 Euro mehr im Monat. Und das soll kein Unterschied sein?“ Der Applaus für dieses Wahlversprechen war ihm sicher. Nicht nur am Beispiel von Frank ge­ lang es Steinbrück, das Wahlprogramm plastisch zu machen, herauszustreichen, was sich ändern wird, wenn genügend Menschen SPD wählen am 22. Septem­ ber, was „Das WIR entscheidet“ bedeutet. Menschen, die Steinbrück im Rah­ men des Bürgerdialogs getroffen hatte, waren in Augsburg und gaben den For­ derungen ein Gesicht. Einer von Ihnen

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Die SPD steht ­geschlossen ­hinter Dir, Du bist e ­ iner von uns, Du kannst Dich auf uns ­verlassen!

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SPD-Chef Sigmar Gabriel,

Fotos: Dirk Bleikcer (3)

auf dem Parteitag an Peer Steinbrück gerichtet

war Bahran Kücüc. Steinbrück begrüß­ te den 16-jährigen Stuttgarter herzlich und erzählte dessen Geschichte, die ihn sichtlich bewegt hat: „Sein Groß­ vater kam vor 50 Jahren aus der Türkei und arbeitete im Braunkohlerevier in Nordrhein-Westfalen.“ Bahran hat es geschafft und besucht demnächst ein Wirtschaftsgymnasium, wie Steinbrück übrigens einst auch.

Bahran Kücüc ist fleißig und nutzt die Chancen, die sich ihm bieten. Und doch bekommt er bald ein Problem: Denn Bahran muss sich zwischen dem deut­ schen und dem türkischen Pass ent­ scheiden. „Bahran“, sprach Steinbrück ihn direkt an: „Du hast gesagt, das sei, als ob man Dir die Wurzeln abschnei­ det. Du hast die SPD an Deiner Seite. Wir werden Dir die doppelte Staatsbürger­ schaft ermöglichen.“ Der Applaus des ganzen Saales zeig­ te, dass Teilhabe und Integration alle beschäftigt. Und das Beispiel belegt, dass sozia­ le und ökonomische Belange oft Hand in Hand gehen. „Eine florierende Wirt­ schaft und soziale Gerechtigkeit sind keine Gegensätze“, betonte Steinbrück und deklinierte: „Aufstiegschancen durch Bildung sind ökonomisch richtig, weil sie dem Fachkräftemangel entge­ genwirken und sozial gerecht, weil es nicht sein kann, dass die Herkunft und nicht Fleiß und Fähigkeiten über den Bil­ dungserfolg entscheiden. Ein gesetzlicher Mindestlohn ist ökonomisch richtig, weil er die Binnen­ nachfrage stärkt und sozial gerecht ist, weil es nicht sein kann, dass man trotz Vollzeitarbeit nicht vom selbstverdien­ ten Geld leben kann. Die Bändigung der Finanzmärkte ist ökonomisch richtig, weil Finanzjongleure nicht Wertschöpfung, sondern Wertabschöpfung betreiben. Und sozial gerecht, weil sonst Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden.“

Von Kopf bis Fuß auf Rot-Grün eingestellt: Als erste Vorsitzende der Grünen hielt Claudia Roth auf dem SPD-Bundesparteitag ein Grußwort. In rotem Oberteil und mit grüner Kette setzte sie in ihrer Heimatstadt Augsburg nicht nur optisch Akzente. „Wir wollen mit Euch zusammen den Politikwechsel schaffen“, rief Roth den Delegierten zu. „Das Leben ist viel zu bunt, um es nur schwarz-gelb zu sehen!“

Steueroasen sind Gerechtigkeitswüsten Auch der Parteichef sprach Klartext: Für Sigmar Gabriel sind Steuerkriminelle, die ihre Vermögen ins Ausland verschieben, „die wahren Asozialen des Landes“.

Der Umgang und die Verteilung von Geld waren ohnehin ein wichtiges The­ ma in Augsburg: „Eine von mir geführte Bundesregierung wird hart gegen Steuer­ betrug und Steueroasen vorgehen“, ver­ sprach Steinbrück. Denn: „Steueroasen sind Gerechtigkeitswüsten.“ Und auch SPD-Chef Sigmar Gabriel fand klare Worte: Er kritisierte, dass Fir­ men sich rühmen können, unter fünf Prozent Steuern zu zahlen. Dies sei das Verdienst der „hochsympathischen An­ scheinswahrerin Angela Merkel“ und ihrer Regierung. Steuerkriminelle, die ihre Vermögen ins Ausland verschie­ ben, seien „die wahren Asozialen des Landes“, so Gabriel. Mindestlohn, Bildungsgerechtigkeit, Zähmung der Finanzmärkte – das ist ­sozialdemokratische Politik, so die Bot­ schaft der Redner in Augsburg. Und machbar mit Rot-Grün. Auch das eine klare Aussage des Parteitags. Wie pas­ send, dass Grünen-Chefin Claudia Roth aus Augsburg stammt und ein Grußwort sprach. Im farblich abgestimmten En­ semble aus rotem Shirt und grüner Kette. Auch passend zu den Worten ihres sozialdemokratischen Amtskollegen: „Union und FDP sind die Koalition von gestern. Die Koalition von morgen ist fair und solidarisch, SPD und Bündnis 90/ Die Grünen.“ An den Kanzlerkandidaten gerichtet versprach Gabriel: „Die SPD steht ge­ schlossen hinter Dir, Du bist einer von uns, Du kannst Dich auf uns verlassen!“ n


6  Titel

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Peer und die Wilde 13 vorwärts-Presseabend Zünftig stimmten sich SPD-Spitze und ­­ Journalisten auf den Parteitag ein

WILHELM-DRÖSCHER-PREIS Ausschreibung zum Bundesparteitag 2013 Der Parteivorstand der SPD ruft alle Gliederungen, Foren, Arbeitsgemeinschaften, Projektgruppen und Mitglieder der SPD sowie der SPD nahestehende Initiativen und Organisationen auf, sich an der Ausschreibung zu beteiligen. Die Ausschreibung erfolgt in folgenden Kategorien: I. II. III. IV. V. VI.

150 Jahre Zukunftsprojekte 2030 Stark gegen Rechts Teilhabe. Zusammenhalt. Gemeinsam Bürgerinnen und Bürger in Europa Die SPD weiblicher machen

Der „Wilhelm-Dröscher-Preis“ ist mit 15 000 Euro dotiert. Vergeben wird der Preis auf dem Bundesparteitag, 14. bis 16. November 2013 in Leipzig. Die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Ausstellung und Bewerbung um den „Wilhelm-Dröscher-Preis“ erfolgt durch das Kuratorium unter Vorsitz von Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin a.D., MdB. Abgabeschluss: 15. Juli 2013. Über die Zulassung entscheidet das Kuratorium im August 2013. Bewerbungsunterlagen und weitere Informationen: per Post SPD-Parteivorstand, Jürgen Hitzges, Kuratorium Wilhelm-Dröscher-Preis, Willy-Brandt-Haus, Wilhelmstrasse 141, 10963 Berlin oder per E-Mail juergen.hitzges@spd.de

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1| Strahlendes Trio: Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Bayerns SPDSpitzenkandidat Christian Ude und SPD-Vize Manuela Schwesig 2| Im Gespräch: Odile Benyahia-Kouider, Journalistin aus Paris, mit Peer Steinbrück und ­SPD-Fraktionschef Frank-­ Walter Steinmeier 3| Gute Stimmung: SPD-Chef Sigmar Gabriel, vorwärtsChefredakteurin Karin Nink, Guido Schmitz, Geschäftsführer des vorwärts-Verlags, und SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles 4| Gefragte Gesprächspartnerin: NRWMinisterpräsidentin Hannelore Kraft 5| Plausch unter Kollegen: die SPDBundestagsabgeordneten Hubertus Heil und Thomas Oppermann

Registriert Euch!

Wahlkampfplattform Um Aktive zu vernetzen, hat die SPD die Internetseite mitmachen.spd.de gestartet

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tell Dir vor, es ist Wahlkampf und ganz viele machen mit. Damit dieser Wunsch wahr wird, hat die SPD auf dem Parteitag in Augsburg eine neue Internetplattform gestartet. Das Besondere: Auf mitmachen.spd.de können freiwillige Unterstützer selbst bestimmen, wie sehr sie sich in den Wahlkampf einbringen. Je nach Zeitumfang können sie Aufgaben übernehmen – von einer Fünf-­ Minuten-Aktion auf Facebook bis zur mehrstündigen Haustür-Aktion. Die Seite hilft auch bei der Vernetzung der Wahlkämpfer. Wer die SPD unterstützen möchte, meldet sich mit seiner Postleitzahl an und wird mit Gleichgesinnten im Wahlkreis zusammengeführt. Die Wahlkampfleiter vor Ort können über die Seite

Online registrieren, offline wahlkämpfen: mitmachen.spd.de macht es möglich.

direkt Kontakt mit Unterstützern aufnehmen und sie zu Aktionen einladen. Nun heißt es aber erstmal, die Seite mit Leben zu füllen. Der Aufruf der Parteispitze ist deshalb klar: Registriert Euch! n KD mitmachen.spd.de

FotoS : Dirk Bleicker (5), mitmachen.spd.de

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er an Augsburg denkt, dem fällt wohl als erstes die „Puppenkiste“ ein. So schlug auch SPD-Chef Sigmar Gabriel bei der Eröffnung des vorwärts-Presseabends schnell den Bogen von den Puppen zur Politik. „Peer Steinbrück und Jim Knopf sind beide tolle Typen. Die Wilde 13 ist bei der CDU zu finden“, befand ­Gabriel. Und Herrn Tutor, dem Scheinriesen, gleiche am ehesten Angela Merkel: „Denn je näher man ihr kommt, desto kleiner wird sie.“ Die Stimmung war gut in der „Biermanufaktur Riegele“. Bei Weißbier, Brezeln und Schweinebraten kam die SPD-Spitze mit Journalisten ins Gespräch. Und allen, die an den Wahlaussichten der SPD zweifeln mochten, gab Gabriel den Satz eines anderen Augsburgers, Bertolt Brechts, mit auf den Weg: „Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ n KD

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Titel 7

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Motiviert bis in die haarspitzen So haben die Delegierten den Parteitag in Augsburg erlebt

ich bin beeindruckt

Kämpferische Rede

Ich bin das erste Mal auf einem Bundesparteitag. Und ich bin beeindruckt von Peers Rede. Mir hat auch sehr gefallen, dass Claudia Roth eine tolle und SPDfreundliche Rede gehalten hat. Das war ein klares Zeichen nach außen, dass wir gemeinsam den Regierungswechsel schaffen wollen. n

Steinbrücks Rede war kämpferisch und entschlossen. Er hat klargemacht, dass er eine Menge verändern will und muss, weil die Bundesregierung vier Jahre lang nichts getan hat. Wir brauchen einen stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalt. n

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Das ist unser Kandidat Manche Leute behaupten, dass Steinbrück soziale Politik nicht glaubhaft vertreten kann. Das halte ich für totalen Quatsch. Mittlerweile sagen alle: Das ist unser Kandidat. n

Parsa Marvi, ­31 Jahre, Delegierter und ­Bundestagskandidat aus Karlsruhe (BadenWürttemberg)

Elke Löwenberg, 72 Jahre, Delegierte aus ­Grasberg (Niedersachsen)

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Dieter Falk, 56 Jahre, ­Bundestagskandidat aus Hofheim am Taunus (Hessen)

jetzt erst recht! Hier herrschte heute eine Trotzstimmung. Wir werden ja in den Medien ziemlich heruntergeschrieben. Also sagen sich alle: Jetzt erst recht!. n

Annegret Küpper, 30 Jahre, Delegierte aus Düren (NRW)

Munition für Wahlkampf Das war eine gute Rede von Peer Steinbrück. Im Regierungsprogramm steht einiges, das wir als Jusos in den letzten Jahren durchsetzen konnten. Damit haben wir viel Munition für den Wahlkampf. Ich freue mich drauf. n

Sascha Vogt, 32 Jahre, Juso-­Bundesvorsitzender aus Essen (NRW)

Fotos: Sarah Kohlhauer, Carl-Friedrich Höck

rhetorisch brillant Steinbrück hat seine größte Stärke zur Geltung gebracht: rhetorische Brillanz. Es war eine fulminante Rede. Die Partei ist bis in die Haarspitzen motiviert, jetzt einen tollen Wahlkampf hinzulegen. n

Lesen was gesund macht. Weitere Themen: 3 Schlaganfall-Folgen: Wann Sie wieder Auto fahren dürfen 3 Chemie der Gefühle: Wie Hormone unser Verhalten steuern 3 Handekzem: Alles über Ursachen und wirksame Therapien 3 App „Apotheke vor Ort“: Wie Sie die Wechselwirkungen Ihrer Medikamente überprüfen 3 Makellose Haut: Was gegen Pickel, Mitesser & Co. wirklich hilft

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8  In Kürze

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ParteiJubiläum Eine Briefmarke erinnert an die Gründung des ADAV vor 150 Jahren Global gedacht Von Rafael Seligmann Schadenfreude ist ein angeblich unübersetzbares deutsches Wort. Sie gilt nicht allenthalben und stets. Dies wird in der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise Europas deutlich, die in den südlichen EUStaaten eine millionenfache Beschäftigungslosigkeit, vor allem unter Jugendlichen, zur Folge hat. Populisten und Rechtsradikale, etwa in Italien, Frankreich und Ungarn, schlagen daraus Kapital. Wie reagieren die anderen Global Player USA, Russland, China auf diese europäische Krise? Von Häme keine Spur. Am wenigsten in den USA. Präsident Obama hat die Europäer zum Aufbau einer transatlantischen Freihandelszone aufgerufen. Diese Kooperationsbereitschaft entspringt der US-Wirtschafts- und Finanzmi­ sere, deren Ursache die Unfähigkeit von Republikanern und Demokraten ist, sich auf Maßnahmen zur Sanierung der Staatsfinanzen und der maroden Infrastruktur zu einigen. So könnten sich Lahme und Blinde gegenseitig stützen. Russland hat keine Währungsprobleme. Der größte Flächenstaat profitiert vom Rohstoffexport, vor allem von Energielieferungen. Doch die russischen Wirtschaftsexperten wissen, dass die Industrie ihres Landes dringend modernisiert werden muss. Dazu bedarf es westlichen Know-hows und der Kooperation mit Europa. Und das Land braucht mehr Demokratie. Dies und Menschen­rechte sind Voraussetzung eines wirtschaftlichen Aufschwungs. Das Gleiche gilt für China. Die Wirtschaft im Reich der Mitte entwickelt sich atemberaubend. Die Devisenreserven sind gigantisch. ­ Doch auch China wird um eine Demokratisierung nicht herum kommen. Dies erfahren Moskau und Peking bei den BRICS-Staaten. ­Brasilien, Indien, Südafrika leben Demokratie vor. Auch China braucht die Zusammenarbeit mit Europa, ­etwa zur wirtschaftlichen Innovation und als Exportmarkt. Die Notwendigkeit zur globalen Zusammenarbeit wird in der gegenwärtigen Korea-Krise von den großen Mitspielern anerkannt. n

Postmitarbeiter für einen Tag: Peer Steinbrück versieht die ADAV-Jubiläumsbriefmarke mit dem Ersttagsstempel für Sammler.

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elb und schwarz sind eher ungewöhliche Farben im WillyBrandt-Haus. Am 4. April gehörten sie für einen Tag zum Inventar. Die Deutsche Post hatte einen Sonderschalter in der SPD-Zentrale aufgebaut. Der Grund: Der Erstausgabetag einer Briefmarke zum 150. Gründungstag des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) 1863. Das Motiv: Eine Traditionsfahne mit dem Schriftzug „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Einigkeit macht stark!“ Der Wert: 1,45 Euro. Anlass genug für Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, selbst den Stempel in die Hand zu nehmen, um die ersten der limitierten 1150 Ersttagsbriefe mit dem Konterfei Ferdinand Lassalles zu versehen. Der ADAV-Gründer nämlich ziert den Sonderstempel, der nur am 4. April vergeben wurde. Dementsprechend groß war der Andrang, um einen der begehrten Umschläge zu ergattern. Steinbrück, als Bundesfinanzminister selbst einst Herausgeber der deutschen Postwertzeichen, hat das Sammeln mittlerweile aufgegeben, besitzt aber noch „drei bis vier Alben“. n KD

Mitmachpartei

Jugend feiert

Die Premiere ist gelungen. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hat die SPD in Sachsen einen Mitgliederentscheid durchgeführt. Es ging um die Frage, unter welchen Bedingungen die Landtagsfraktion der Aufnahme einer Schuldenbremse in die Landesverfassung zustimmt. Die Resonanz war riesengroß: 56 Prozent der Mitglieder beteiligten sich, 77 Prozent stimmten dem Vorschlag des Landesvorsitzenden Martin Dulig zu. „Die starke Beteiligung, aber auch das Interesse im Vorfeld haben gezeigt, dass die SPD als Mitmachpartei sehr gut funktioniert“, freute er sich. n KD

Jetzt geht‘s los. Am 9. Mai fällt der Startschuss für die Feierlichkeiten zum Parteijubiläum. An diesem Tag beginnt in Dortmund das „Workers Youth Festival“. Vier Tage werden tausende junge Menschen aus aller Welt die Arbeiterbewegung mit politischen Aktionen, Workshops und Konzerten feiern. Höhepunkt ist ein Aktionstag auf dem Dortmunder Friedensplatz am 11. Mai, bei dem sich Peer Steinbrück den Fragen der Jugendlichen stellt. Zum Abschluss gibt es ein Open-Air-Konzert. n KD

Interview mit Martin Dulig: vorwärts.de/95090

Blick nach Korea „Die US-Politik gegebenüber Nordkorea ist gescheitert“, sagt Christoph Pohlmann. Angesichts der Kriegsrhetorik Pjöngjangs fordert der Leiter des KoreaBüros der Friedrich-Ebert-Stiftung daher einen Kurswechsel. „Die US-Regierung sollte erkennen, dass Nordkorea sich ernstlich durch die USA bedroht fühlt“, sagt Pohlmann im Interview mit vorwärts.de. Wie groß die Gefahr eines Kriegs ist, sei schwer zu sagen. „Er würde das Ende des nordkoreanischen Regimes bedeuten.“ n KD Interview mit C. Pohlmann: vorwärts.de/94884

Herzenswünsche Janne Grebe hatte zwei Wünsche: gesund zu werden und seinen Lieblingsverein Werder Bremen einmal live zu sehen. Der erste scheint nach einer Herz-OP erfüllt, beim zweiten half SPD-Chef Sigmar Gabriel nach: Zum Heimspiel gegen Schalke 04 lud er den 13-Jährigen ins Weserstadion ein. Beide hatten sich in Berlin kennengelernt, als Janne auf seine Operation wartete. Und obwohl Bremen mit 0:2 verlor, war der Junge glücklich, hatte er doch auch noch ein Trikot mit den Unterschriften aller Spieler bekommen. n KD

Herzlichen Glückwunsch

Alfred Emmerlich ehem. MdB Armin Hoffarth ehem. Bezirksgeschäftsführer Hessen-Nord zum 85. Geburtstag Thea Bock ehem. MdB Katrin Fuchs ehem. MdB Albrecht Müller ehem. MdB Christoph Rippich ehem. Bezirksvorsitzender Nord-Niedersachsen Ekkehard Wienholtz ehem. Innenminister von Schleswig-Holstein zum 75. Geburtstag Brigitte Erler ehem. MdB Gesine Schwan ehem. SPD-Präsidentschaftskandidatin Dieter Spöri ehem. Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg Sabine Uecker ehem. MdB zum 70. Geburtstag

Foto: Michael Ukas/ action press, privat

Muster mit Wert


In Kürze 9

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Volkspartei zu sein, ist für mich keine Frage von Prozentpunkten, sondern von Haltung.

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Sigmar Gabriel,

SPD-Chef, auf die Frage, wann die SPD aufhöre, Volkspartei zu sein.

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Peer Steinbrück trägt den Kampf gegen Steuer­ betrug dorthin, wo er nur ge­ wonnen werden kann: in die europäische Arena.

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Udo Bullmann, Vorsitzender der SPD-Abgeordneten im EU-Parlament, zum Acht-Punkte-Plan des Kanzlerkandidaten.

Warum kehren immer mehr türkeistämmige Akademiker Deutschland den Rücken? Obwohl das in den Medien immer be­ hauptet wird, stimmt diese Aussage so nicht. Deutsch­ land ist in den letzten zehn Jahren für Tür­ ken nicht unattrak­ tiver geworden. Es wandern zwar Hoch­ qualifizierte aus, aber sie bleiben auch in der Türkei stark mit Deutschland verbun­ den. Sie bauen auch häufig transnatio­ na­le Netzwerke auf, sodass eine sehr fruchtbare Zusam­ menarbeit zwischen beiden Ländern entsteht. Davon, dass sie Deutschland den Rücken kehren, kann also keine Rede sein. Trotzdem liegt die Zahl der Auswanderer auf einem recht hohen Niveau. Das stimmt. Die Gründe dafür sind oft vielschichtig. Türkeistämmige Akade­ miker, die entweder in Deutschland geboren wurden oder als Kinder ins Land gekommen sind, orientieren sich häufig an beiden Gesellschaften. Sie ha­ ben Kontakte und bewerben sich nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch in der Türkei auf Stellen. Ganz ent­

scheidend ist die wirtschaftliche Dyna­ mik der Türkei, die in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen hat. Die Abwanderer fühlen sich zu beiden Kulturen zugehörig und sind Teil eines transnationalen Raums. Welche Auswirkungen hat das für Deutschland und die Türkei? Die zirkuläre Migration intensiviert die Beziehun­ gen zwischen Deutsch­ land und der Türkei. In der Türkei wird nach deutschem Vorbild die Infrastruktur ausgebaut, in Istanbul entsteht eine deutsche Kulturszene. ­Natürlich hat der Aus­ tausch der Menschen auch politische Konse­ quenzen und bietet Deutschland die Möglichkeit, Einfluss auf die türkische Politik zu nehmen – zum gegenseiti­ gen Nutzen. Die Menschen, die immer mehr zwischen Deutschland und der Türkei pendeln, übernehmen eine Brü­ ckenfunktion und sorgen so in beiden ­Ländern für mehr Verständnis. Der Dö­ ner wurde nicht zuletzt in Deutschland erfunden. Dafür feiert man heute in ­Antalya Oktoberfest. n KD

Drei Fragen an

Yasar Aydin

Yasar Aydın ist Sozialwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Migrationsforschung.

»Er wird uns schmerzlich fehlen«

FotoS: privat, Philipp Guelland/dapd

Ottmar Schreiner war stets eine starke Stimme für die Schwachen. Die SPD hat ihren profiliertesten Sozialpolitiker verloren. Ein Nachruf Ottmar Schreiner ist tot. Mit ihm verliert die deutsche Sozialdemokratie einen herausragenden Sozialpolitiker und einen leidenschaftlichen Anwalt für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land. Ottmar hatte im besten Sinne das Herz am rechten Fleck. Für ihn war Politik kein Kalkül auf dem Reißbrett oder nützliches Mittel für persönlichen Erfolg. Seine politische Arbeit war getragen von der Achtung vor den Schwächeren in der Gesellschaft. Ihnen gab er 33 Jahre, von 1980 bis zu seinem Tod, eine starke Stimme im Deutschen Bundestag. 1990 war er sozialpolitischer Sprecher, 1997/98 auch stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. In der Sache machte ihm keiner etwas vor. Er, der leidenschaftliche Leser, ging den Dingen auf den Grund und nutzte seinerseits die Macht des Wortes, um für die Rechte der kleinen Leute zu kämpfen. Entschlossen und unbestechlich trat er für seine Überzeugungen ein. Es ist kein Geheimnis, dass Ottmar für sein Engagement nicht nur Freunde und Anerkennung fand. In den späten 1970er Jahren galt er bei den Jusos als gemäßigter Reformer und musste sich den radikaleren Linken geschlagen geben. Als Bundesgeschäftsführer der SPD hat er 1998/99 die Partei in einer schwierigen Zeit zusammengehalten. In der Zeit der Auseinandersetzung um die Agenda 2010 hat Ottmar Ottmar Schreiner: Er kämpfte mit der Schreiner der SPD Glaubwürdigkeit verliehen. Das wussten einige an der Spitze der Macht des Wortes für die Rechte der Partei damals nicht zu schätzen. Dennoch blieb er sich und der SPD treu. kleinen Leute Zwölf Jahre lang, von 2000-2012, war er Mitglied im SPD-Parteivorstand und leitete die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA). Nachdrücklich redete er den Verantwortlichen ins Gewissen, keine Reformen auf dem Rücken der hart arbeitenden Frauen und Männer zu machen. Geprägt von der katholischen Soziallehre und den Erfahrungen der Sozialdemokratie war Ottmar Schreiner immer klar: Wer die Würde der Arbeit verletzt, verletzt auch die Würde der Menschen, die sie tun. Heute wissen wir, dass Ottmar bei den Kernthemen der SPD, den Lohn- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer, nicht nur kompetent, sondern seiner Zeit voraus war. Die „Projektgruppe Arbeit“ des Parteivorstands, die er 1999 leitete, hat vieles von dem vorweggenommen, was heute in unserem Regierungsprogramm für die Bundestagswahl 2013 steht. Für alles, was er für die Sozialdemokratie geleistet hat, gebühren ihm Dank, Anerkennung und Respekt. Er wird uns schmerzlich fehlen. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie. n Andrea Nahles, SPD-Generalsekretärin

Unser Europa

Warnschuss für die Banken Warum die Zypern-Rettung kein Vorbild für künftige Krisen ist Von Peter Ehrlich Die Rettungsaktion der Euro-Zone für das überschuldete Zypern war viel zu chaotisch, um als gute Politik durchzu­ gehen. Die am Ende gefundene Lösung hat aber gerade wegen der brutalen Vor­ gehensweise gegenüber Besitzern und Gläubigern der beiden größten Banken des kleinen Landes Symbolcharakter. Erstmals wurden bei einer Rettungsak­ tion Banken nicht auf Kosten der Steuer­ zahler rekapitalisiert. Stattdessen wur­ de eine Bank vollständig abgewickelt. Den Finanzsektor komplett in die Pflicht zu nehmen, hat man sich seit der Pleite von Lehman Brothers in den USA 2008 nicht mehr getraut. Zugegeben, die Schließung der Laiki-­ Bank stellte keine Gefahr fürs Weltfinanzsystem dar. Die Auflösung einer europäischen Großbank mit Be­ deutung für das gesamte Finanzsys­ tem wäre so nicht möglich gewesen. Deshalb sind Laiki und Zypern nur ein Signal, wie es künftig in Problemfällen laufen könnte, aber kein Vorbild. Denn für die Abwicklung von Banken gibt es noch keine europaweiten Regeln. Ge­ meinsame Grundsätze für die Abwick­ lung in jedem EU-Land und ein gemein­ samer Abwicklungsfonds zumindest für die Euro-Zone sind jetzt dringlich. Ohne glaubwürdige Abwicklungsre­ geln bringt die geplante Bankenunion nichts. Die neue Bankenaufsicht für die großen Institute in der Euro-Zone soll 2014 starten, die Abwicklungsregeln müssen bis dahin klar sein. Die Bundes­ regierung darf sich nicht als Bremser betätigen, wenn die EU-Kommission bald mit Vorschlägen dazu kommt. Die Regeln für eine mögliche Um­ strukturierung und Schließung von systemrelevanten Banken werden nur funktionieren, wenn sich die Staaten gegenseitig helfen. Hätte – rein theore­ tisch – die Deutsche Bank Probleme wie Laiki, dürfte ab 2014 die bei der Europä­ ischen Zentralbank (EZB) angesiedelte Bankenaufsicht ihre Schließung anord­ nen. Die damit verbundenen Risiken lägen aber alleine beim deutschen Ab­ wicklungsfonds und beim deutschen Steuerzahler. Das zeigt: Nur ein euro­ päisches System ist glaubwürdig. n


10  Aktuell

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Voller Schlaglöcher: Zwickaus OB Pia Findeiß auf dem Neumarkt, der nun endlich saniert werden soll.

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und und Länder sollen ab 2016 bzw. 2020 ausgeglichene Haushalte vorlegen. Für Kommunen gilt diese Schuldenbremse nicht. Die meisten könnten sie auch gar nicht einhalten. Auch wenn sich die Probleme und deren Ursachen in den einzelnen Städten unterscheiden: Kaum eine Kommune kommt mit ihrem Geld aus.

Städte in der Schuldenfalle kommunen Warum reicht das Geld in vielen Städten und Gemeinden nicht aus? Eine Ursachenforschung bei drei sozialdemokratischen Stadtoberhäuptern Von Susanne Dohrn

Zwickau schrumpft. Von 119   000 auf 93 000 ist die Bevölkerung seit 1989 zurückgegangen. Die Stadt kämpft mit Altlasten aus dem Kohle- und Uranbergbau. Trotzdem liegen die Schulden mit 600 Euro pro Kopf weit unter dem Durchschnitt von 1836 Euro in Deutschland. „Wir haben in Sachsen eine knallharte Haushaltsordnung. Wir dürfen nicht mehr ausgeben als wir einnehmen“, sagt die Oberbürgermeisterin und promo­ vierte Sportwissenschaftlerin Pia Findeiß (SPD). Festgelegt ist das in der sächsischen Gemeindeordnung. Darin heißt es: „Der Haushaltsplan muss in jedem Haushaltsjahr unter Berücksichtigung von Fehlbeträgen aus Vorjahren ausgeglichen sein.“ Das setzt den Ausgaben enge Grenzen, auch wenn die Steuereinnahmen im vergangenen Jahr dank der guten Konjunktur etwas stärker sprudelten. Zwickau ist Autostadt. Die Firma Horch wurde hier 1904 gegründet, Audi 1909, zu DDR-Zeiten der Trabbi gebaut. Seit 1990 hat Volkswagen in Zwickau ein Werk. Hinzu kommt die Zulieferindustrie. „Keine Automarke der Welt kommt ohne Teile aus Zwickau aus“, sagt die Oberbürgermeisterin. Der Stolz auf das Erreichte ist riesig, vielleicht gerade, weil das Geld so knapp ist: auf das sanierte Rathaus mit der Jakobskapelle aus dem 15. Jahrhundert, das Schumannhaus, die Sanierung von Schulen, Kindergärten und das gelungene Projekt „Ab in die Mitte“, bei dem sich die Stadtentwicklung auf die Innenstadt konzentriert und Plattenbauten abgerissen wurden. In den Kornspeicher aus dem 15. Jahrhundert soll im kommenden Jahr die Stadtbibliothek einziehen. Kleine Schritte, die vor allem deshalb möglich sind, weil die Stadt ihre Schulden reduziert hat. 2007 hat die städtische Gebäude- und Grundstücksgesellschaft ein Drittel des kommunalen Wohnungsbestands für 90 Millionen Euro verkauft. Mit dem Geld wurden die von der Wohnungswirtschaft der Ex-DDR übernommenen Altschulden getilgt, die Schulden der Stadt um 30 Millionen gesenkt, Rathaus und Wohnungen saniert. Um die Einnahmen zu erhöhen, hat Zwickau dieses Jahr die Grundsteuer deutlich erhöht und liegt jetzt weit über dem Durchschnittssatz in Deutschland. 900 000 Euro Mehreinnahmen soll das bringen. Das Geld reicht trotzdem nicht, denn der Investitionsbedarf ist riesig:

Foto: Dirk Bleicker

Die Autostadt im Osten


Aktuell 11

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­llein die Sanierung der städtischen A Straßen würde 80 Millionen kosten, die der restlichen sechs Schulen 30 Millionen, die des denkmalgeschützten Theaters im ­Gewandhaus 20 Millionen – bei einem Gesamthaushalt von gut 200 Millionen. So werden die Schlaglöcher vorerst bleiben, Schulen, Kindergärten und Marktplatz haben Vorrang. Von der Bundespolitik wünscht Pia Findeiß sich mehr Berücksichtigung spezifischer Probleme von Regionen und Kommunen. „Wir brauchen Geld für den Abriss von Wohnungen, andere Städte für den Neubau.“

Die Kurstadt ganz im Westen

Fotos: Dirk Bleicker

Nicht mehr Geld ausgeben als einnehmen? „Diese Einstellung müsste das Ziel sein, aber die hat es auf politischer Ebene in der Vergangenheit kaum gegeben“, sagt Heike Kastner-Meurer (SPD), Oberbürgermeisterin von Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz. Stattdessen hätten die Kommunen immer mehr Schulden angehäuft. Nun hinterlasse man den nachfolgenden Generationen kaum Gestaltungsräume, so die promovierte Medizinerin. 54 Millionen Euro betragen die Schulden der Kurstadt, gut 1200 Euro pro Kopf. Damit liegt sie unter dem Durchschnitt, trotzdem ist das viel zu viel. ­A llein der Schuldendienst kostet 2,3 Millionen im Jahr. Sparen ist deshalb die Devise. Das ist gar nicht so einfach. Bad Kreuznach hat 44  000 Einwohner und ist Mittelzentrum in einer sehr ländlich geprägten Region. Krankenhäuser, Kindertagesstätten, Schulen, Sportgelände, Bibliothek, all das erwarten die Bürger und das kostet Geld. Zudem wächst Bad Kreuznach. Junge Familien ziehen in die Stadt, es gibt mehr Geburten als Sterbefälle. Um den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem 1. Lebensjahr zu gewährleisten, müssen noch drei Kin-

Saniert und verfallen: Nicht nur für Häuser in Bad Kreuznachs Innenstadt wünscht sich OB Heike Kaster-Meurer mehr private Investoren.

Die Finanzkrise der Kommunen in Zahlen

134

Mrd. Euro Schulden hatten Deutschlands Kommunen 2012. Das sind 3,7 Mrd. mehr als im Jahr zuvor.

1836

Euro beträgt die Verschuldung der Städte und G ­ emeinden pro Einwohner.

0,9

Mrd. Euro betrug der Überschuss der K ­ ommunen 2012. Im Jahr zuvor gab es ein Minus von 2,9 Mrd Euro.

QuelleN: destatis, Das Parlament

Armut im Gepäck Die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt ab dem 1. Januar 2014 auch für EU-Bürger aus Rumänien und Bulgarien. Der Zuzug qualifizierter Fachkräfte aus beiden Ländern ist für die deutsche Wirtschaft notwendig. Probleme bereitet dagegen die Armutszuwanderung aus­Rumänien und Bulgarien, meist von Roma. Der deutsche Städtetag schlägt Alarm: Viele Kommunen fühlen sich angesichts der vielfältigen Probleme überfordert und von EU und Bundesregierung allein gelassen. Sie fordern schnelle finanzielle Unterstützung und eine Verbesserung der Lebensbedingungen für die Roma in ihren Herkunftsländern. vorwaerts.de/ armutszuwanderung

Großer Investitionsbedarf: Kölns OB Jürgen Roters auf einer sanierungsbedürftigen Rheinbrücke. Im Hintergrund der alte Deutzer Hafen. Dort sollen Wohnungen und Büros gebaut werden.

dergärten gebaut werden. Die Stadt muss einen Drahtseilakt vollbringen. Kredite werden in Zukunft nur noch für Dinge aufgenommen, die absolut notwendig sind, z.B. drei Millionen für die Sanierung einer Brücke. Gleichzeitig soll die Haushaltslücke von 5,8 Millionen bis 2015 geschlossen werden. Deshalb wird gespart: Zwei Millionen sollen es in diesem Jahr sein, quer durch alle Ressorts – z.B. bei der Straßen- und Gebäudeunterhaltung, beim Personal, bei der Tourismusförderung, den Schwimmbädern. Mit dem Förderprogramm „Aktives Stadtzentrum“ will man private Investoren anlocken. Wer ein altes Haus im Pariser Viertel renoviert, bekommt zehn Prozent bis maximal 50 000 Euro dazu. Das Programm wird vom Land unterstützt.

Das Drehkreuz am Rhein Drei Millionen für eine Brücke – aus Kölner Sicht sind das Peanuts. Die Stadt muss in den kommenden Jahren vier Brücken renovieren und die führen nicht über die schmale Nahe sondern über ­Vater Rhein. Mit 60 Millionen schlägt das pro Jahr zu Buche, dazu der Unterhalt für 2500 Kilometer Straßen, die Sanierung von 22 Tunneln und, und, und... „Wir sind ein Verkehrsdrehkreuz“, sagt Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD). Besonders die Zunahme des LKW-Verkehrs führt zu schnellerem Verschleiß als ursprünglich angenommen. Könnte er sich vorstellen, dass Köln nicht mehr ausgibt als es einnimmt? „Nein“, sagt der Sozialdemokrat, der seit 2009 im Amt ist. „Wir sind eine wachsende Stadt. Wir müssen investieren.“ Kölns Bevölkerung werde in den nächsten 25 Jahren vermutlich um 100 000 auf

1,1 Millionen Einwohner wachsen, aber schon jetzt ist bezahlbarer Wohnraum knapp. Deshalb will die Stadt neue Baugebiete erschließen, z.B. das Gewerbegebiet am Deutzer und Mülheimer Hafen. „Das kostet ordentlich Geld“, so Roters. Außerdem baue Köln vier neue Schulen und 50 neue Kindertagesstätten. „Das sind Investitionen in die Zukunft, die man nicht aus den laufenden Einnahmen finanzieren kann.“ Mit 2376 Euro ist die Stadt derzeit pro Kopf verschuldet. „Würden wir die Stadtwerke verkaufen, wären wir auf einen Schlag schuldenfrei. Aber wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir es täten, denn die Stadtwerke bringen ­jedes Jahr 200 Millionen Gewinn“, so der Oberbürgermeister. Bis 2021 will Köln sein Haushaltsdefizit trotzdem auf Null reduzieren. Kleinere Sparmaßnahmen sind schon in Kraft, bei den Museen, bei Veranstaltungen. Die Gewerbesteuer wurde vor zwei Jahren erhöht und die Stadt plant ein „kooperatives Baulandmodell“, damit Investoren zukünftig einen finanziellen Beitrag zu den Kosten für die Erschließung von neuen Wohngebieten, wie Straßen und Kanalisation, leisten und einen bestimmten Anteil von Sozialwohnungen errichten. Vor allem vom Bund fühlt Roters sich nicht ausreichend unterstützt. „Die Schuldenbremse wird eindeutig zu Lasten der Kommunen umgesetzt“, sagt er. Wie die beiden Oberbürgermeisterinnen wünscht er sich, dass die Kommunen bei Bundesgesetzen mitreden, die von den Kommunen umgesetzt und bezahlt werden müssen. „Bis zu einem Vetorecht“, fügt Jürgen Roters hinzu. n


12  Aktuell

Die Kluft wird grösser Ulrich Maly Nürnbergs Oberbürgermeister warnt: Ohne Hilfe von Bund und Ländern können sich viele Städte nicht aus der Schuldenfalle befreien Interview Lars Haferkamp

Herr Maly, „Städte in Not“ hieß vor zehn Jahren eine Kampagne zur ­Finanzsituation der Kommunen. Heute erwirtschaften die Städte Überschüsse. Ist alles wieder in Ordnung? Keineswegs. Im statistischen Durch­ schnitt gibt es Überschüsse. Entschei­ dend aber ist: Die Kluft zwischen armen und reichen Städten ist in den letzten zehn Jahren immer größer geworden. Und das macht mir Sorgen. Woran liegt das? Die Kommunen, die in ihre Stadt inves­ tieren konnten, profitieren jetzt. Die, die es nicht konnten, fallen immer weiter zurück. Salopp formuliert: Duisburg und München spielen längst nicht mehr in der gleichen Liga. Welche Kommunen stehen gut da, welche schlecht? Gut stehen Kommunen da mit hohem Steueraufkommen, die in einer wirt­ schaftsstarken Region liegen oder die in ihr Stadtbild investiert haben. Alle anderen haben wachsende Probleme. Aber auch die schönsten Gewerbesteuer­ einnahmen nützen nichts, wenn ich die Gewerbesteuer 1:1 für Sozialausgaben verwenden muss. Immerhin konnten die Kommunen die Pläne von Schwarz-Gelb stoppen, die Gewerbesteuer abzuschaffen. Ja, aber wichtige Verbände, wie die Ini­ tiative neue soziale Marktwirtschaft, wollen die Gewerbesteuer nach wie vor abschaffen. Wir müssen wachsam sein. Welche Lösung sehen Sie für die ­verschuldeten Städte? Wir brauchen erstens eine Verstetigung von Einnahmen, etwa bei der Gewerbe­ steuer. Wir brauchen zweitens eine Ent­ lastung bei den Kosten: zuerst bei den Sozialausgaben, die sich in den letzten 20 Jahren vervierfacht haben. Und wir brauchen drittens Hilfe bei wichtigen ­ ­Investitionsvorhaben. Es hat Entlastungen der Kommunen gegeben. Aber einige Bundesländer geben die Mittel für die Altersgrund­ sicherung nicht komplett an die ­Kommunen weiter. Das ist frech, aber es ist nicht neu, dass Landesfinanzminister klebrige Finger haben. Dieses Geld gehört nach unten weitergereicht. Das ist völlig klar. Halten Sie die Konsolidierungsfonds der Länder für eine Lösung? Teilweise. Doch bei allen Fonds gibt es die gleichen Probleme: Erstens ist zu we­

Ulrich Maly: „Duisburg und München spielen nicht mehr in der gleichen Liga.“

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Leider stoßen wir auf taube Ohren. Ulrich Maly,

«

Oberbürgermeister von Nürnberg. Er soll im April zum Präsidenten des Deutschen Städtetages gewählt werden.

nig Geld da. Zweitens gibt es in der Regel erbitterten Streit über die Frage, wann und warum eine Stadt arm ist. Ist sie ­Opfer der Verhältnisse oder hat sie über die V ­ erhältnisse gelebt? In den meisten ­Fällen ist sie Opfer struktureller Armut. Haben Bund und Länder das Problem der überschuldeten ­Kommunen erkannt? Erkannt haben es alle. Es gibt keinen Bun­ despolitiker, der nicht verständnisvoll für die Kommunen auftritt. Aber zu wenige lassen den Reden auch Taten folgen. Bund und Länder übertragen den Kommunen immer wieder Aufgaben, etwa beim Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz, ohne für die Finanzierung zu sorgen. Was soll hier anders werden? Zunächst muss das unsinnige Koopera­ tionsverbot zwischen Bund und Kommu­ nen aufgehoben werden. Bei den großen Fragen von Arbeitslosigkeit und Armut,

sind alle staatlichen Ebenen gefordert. Und dann muss Konnexität herrschen: Wer eine Leistung bestellt, muss sie auch bezahlen. Könnte ein Anhörungsrecht der ­Kommunen bei der Bundesgesetz­ gebung helfen? Das ist ein Schritt, den wir seit gefühlten 1 000 Jahren fordern. Leider stoßen wir auf taube Ohren. Da wird argumentiert, dass die Länder schon unsere Interessen vertreten würden. Wobei bewiesen ist, dass sie es nicht tun. Was können die Städte selber tun, um ihre Finanzsituation zu verbessern? Wir haben Effizienzgewinne gehoben durch Technikeinsatz. Wir haben klassi­ sche Rationalisierung gemacht. Wir ha­ ben teilweise Einrichtungen geschlossen. Aber es gibt Grenzen. Die Stadt Nürnberg hat 10 000 Beschäftigte. Von denen sind 8 000 im operativen Geschäft, als Erzie­ herinnen, Sozialarbeiter, Feuerwehrleute. Das sind keine Beamte mit Ärmelschoner. Gibt es Kommunen, denen der ­Schuldenabbau gelingt? Wenige. Und in der Regel nur dadurch, dass sie öffentliches Vermögen verkauft haben. Das empfehle ich nicht. Um han­ deln zu können, brauchen wir Energie­ versorger, Verkehrs- und Wohnungsun­ ternehmen. Ein weiteres Problem der Kommunen ist die wachsende Armutswanderung, etwa von Roma aus Südosteuropa. Ja, wir geraten hier mit unseren tradi­ tionellen Integrationsinstrumenten an Grenzen. Bund, Länder und Gemeinden müssen überlegen, wie sie Defizite in der Bildung ausgleichen und vorhandene Kulturgrenzen überwinden können. Da gibt es noch keinen Königsweg. Wir sind noch Suchende. Fordern Sie, die Armutswanderung zu begrenzen? Das fordern wir. Aber das geht nicht durch ein Gesetz oder schärfere Grenz­ kontrollen. Das geht nur, indem man die Lebensbedingungen der Menschen in ih­ rer Heimat verbessert. Wer Armutswan­ derung begrenzen will, muss den Men­ schen helfen, daheim bleiben zu wollen. Im Städtetag arbeiten SPD- und ­unionsgeführte Städte eng zusammen. Wo sehen Sie politische Unterschiede? Die Frage, wo ich eine Kita baue, ist kei­ ne politische. Wenn Sie Mäuschen sein könnten im Präsidium des Städtetages, müssten Sie manchmal lange raten, wer in welcher Partei ist. Aber natürlich gibt es in grundlegenden gesellschaftspoliti­ schen Fragen schon Unterschiede. Die SPD hat wichtige Kommunen zurückerobert. Woran könnte das liegen? Man kann die Grundwerte der SPD, Soli­ darität und Gerechtigkeit, schön in kom­ munales Alltagshandeln übersetzen. Und dann haben wir natürlich die richtigen Kandidaten für die Wahlen aufgestellt. n

Foto: Peter Kneffel/dpa

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Aktuell 13

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Foto: dpa Picture-Alliance/ Friso Gentsch

S

tädte und Kommunen in Deutschland haben ein gemeinsames Ziel: hin zur „Europäischen Stadt“ – ein Idealbild, das europäische Minister 2007 in der „Leipzig-Charta“ umrissen haben. Durch eine starke Vermischung von Wohnen, Arbeiten und Freizeit sowie die soziale und kulturelle Integration ­sollen Ballungsräume weniger krisenanfällig und sozial stabil werden. Einseitigen Besitzansprüchen und Einzelinteressen sagt die Charta den Kampf an: „Städte gehören weder den Politikern und Verwaltungen, noch den Investoren,“ heißt es dort sehr deutlich. Die Leipzig-Charta wurde unter ­Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD), aufgesetzt. Er initiierte auch die „Nationale Stadtentwicklungspolitik“, eine Plattform, für die sich Prof. Klaus Selle, Stadtplaner an der RWTH Aachen, in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit gewünscht hätte: „Daraus sind wichtige Impulse für eine Vorwärtsbewegung hervorgegangen“, sagt er. Vier große Aufgabenfelder stehen im Fokus der Experten: I.  Behutsamer ökologischer Umbau von Gebäuden und Quartieren: Für viele klamme Kommunen ist es schon ein Problem, dringende Instandhaltung zu

Stadt der Zukunft leipzig-charta Damit die Kommunen lebenswert bleiben, müssen sie sich ändern Von Markus Münch-Pauli bezahlen. Stadtplaner Selle fordert daher: „Bund und Länder müssen die Kommunen finanziell entlasten.“ Ohne strukturelle Änderungen werden sich viele Städte energetisch sanierte Gebäude einfach nicht leisten können.

Herausforderung Mobilität: Der Trend geht weg vom Auto, wie hier im fahrradfreundlichen Münster.

II. Technologische Erneuerung der technischen Infrastruktur: Hier setzt die Energiewende neue Maßstäbe, etwa durch dezentrale Energieerzeugung innerhalb der Städte. Klaus Selle befürchtet gravierende Probleme u.a. mit der oft uralten Kanalisation vieler Kommunen. III. Entwicklung neuer Mobilität. Das erfodert langen Atem. Städte wie Münster oder Freiburg haben ihre ­Fahrradfreundlichkeit jahrzehntelangen Investitionen zu verdanken. Auch in anderen Städten fahren immer weniger Menschen Auto, der Verkehr nimmt trotzdem zu: Klaus Selle macht den zunehmenden Güterverkehr verantwortlich. IV. Gesellschaftliche Integration: Gerade in Ballungsräumen drohen Armutsviertel mit alten Menschen und sozial schwachen Bewohnern, oft mit ­ Migrationshintergund zu entstehen. „Der Bildungsbereich muss dringend aufholen!“, mahnt RWTH-Professor Klaus Selle. Bei allen Punkten gilt: „Weder Klima, noch Mobilität oder Wohnungsmarkt kennen eine Stadtgrenze“, sagt Selle, „Die Kooperation mit der Region ist daher unumgänglich.“ Besonders für die vielen schrumpfenden Gemeinden im Schatten der boomenden Metropolen. n ANZEIGE

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14  Meinung

vorwärts 05/2013

­­ Zwischenruf

Leserbriefe

Hört euch zu! Gabriel Nyc Besonders im Nachwuchsbereich schwindet die Bindung zwischen SPD und ­Gewerkschaften. Das muss gestoppt werden

D

ie SPD galt einmal als der ­natürliche politische Partner der Gewerkschaften. Doch gerade im Nachwuchsbereich hat sich diese Bindung aufgelöst. Nach meinen Erfahrungen sind von den aktiven ­Gewerkschafts-Jugendlichen maximal noch 30 Prozent in einer Partei organisiert. Und selbst dort nimmt die SPD, verglichen mit der Linkspartei und ­sogar den Piraten, keine herausragende Stellung mehr ein. Diese Entfremdung hat zum einen politische Gründe. Als Regierungspartei hat die SPD leider dazu beigetragen, die prekäre Beschäftigung auszuweiten. 20 Prozent aller unter 34-Jährigen haben zeitlich befristete Arbeitsverträge, bei den neu geschlossenen Verträgen ist der Anteil noch höher. Nun will die SPD prekäre Beschäftigungsverhältnisse wieder eindämmen. Das ist gut, aber es bleiben weitere Baustellen. So ist schon jetzt zu spüren, dass die Schuldenbremse in Hessen zum Abbau von Ausbildungsplätzen im öffentlichen Sektor führt. Wenn die SPD die Interessen junger Arbeitnehmer glaubhaft vertreten will, muss sie hier handeln. Doch es gibt noch einen anderen Grund für die Entfremdung zwischen SPD und Gewerkschaften. Die Gewerkschaften gewinnen ihren Nachwuchs zu großen Teilen aus den klassischen Arbeiterberufen. Dafür haben sie Probleme, Universitätsabsolventen zu erreichen – denn auch hier gilt es, zunehmender Präkarisierung entgegenzuwirken. Bei den Jusos ist es umgekehrt: Hier sind Akademiker überpropor­ tional vertreten. Auszubildende kommen im SPD-Nachwuchs kaum noch vor. Damit geht die Gefahr einher, dass es den Jusos schwer fällt, Interessen von Auszubildenden zu vertreten.

Wenn die Jusos sich stärker mit den Problemen von Auszubildenden befassen, können sie dort wieder Fuß fassen. So wie in Darmstadt, wo sich die Jusos gegen zu hohe Parkplatz­ gebühren für Azubis des dortigen ­Berufsschulzentrums Nord einsetzen. Das mag banal klingen, doch wenn diese Gebühren von einem kleinen Ausbildungsgehalt bezahlt werden müssen, werden sie zu einer großen Belastung. Die jungen Akademiker in der SPD rufe ich auf: Organisiert Euch! Auch Ihr leidet oft unter prekären Beschäftigungsverhältnissen, unsozialen Arbeitszeiten oder den Problemen der „Generation Praktikum“. Das Bewusstsein, dass auch hier gewerkschaftlich organisierte Solidarität nötig ist, ist noch zu schwach ausgeprägt. In den Gewerkschaften könnt Ihr Euch austauschen mit Menschen aus anderen Berufsgruppen, ob Akademiker oder nicht. Nehmt diese Erfahrungen mit in die Parteiarbeit! Und tragt dazu bei, dass die SPD für alle jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder die erste Wahl unter den Parteien wird! n

Gabriel Nyˇc ist Jugendbildungs­ referent bei v­er.di (Bezirk Südhessen und Wiesbaden). Gleichzeitig ist er SPD-Mitglied und Juso. Er wohnt in Darmstadt.

Mitreden & bloggen: vorwärts.de/zwischenruf

Der fehlende Konsens unter Demokraten Reinhard Schramm Unsere Schwäche ist ihre Stärke. Ein Verbot der NPD würde ihre Stärkung behindern. Nicht nur die Verurteilung der rechtsex­ tremistischen Ideologie soll­ te Konsens unter Demokra­ ten sein, sondern auch der Weg zum NPD-Verbot über die Einleitung des Verbots­ verfahrens. Was bedeuten die FDP-Argu­ mente gegen ein Verbots­ verfahren wie „Dummheit kann man nicht verbieten“ oder „Ein Verbot trifft nur die Hülle, nicht das Denken“ oder „Wer extremistische Ränder bekämpfen will, muss zuallererst die Mitte stärken“? Sie bedeuten, dass die FDP unabhängig von Problemen eines Verbotsverfahrens­ antrags gegen ein NPDVerbot ist. vorwärts.de/blogs

Geplante Kürzungen bei der PKH verhindern Cornelia Maier Die von Seiten der schwarz-gelben Regierung geplanten Kürzungen bei der Beratungs- und Prozesskostenhilfe (PKH) sind völlig untragbar und können zu schweren Härten und Notlagen im Einzelfall führen. Sie schränken die Rechtshilfe ein und benachteiligen unangemessen Menschen in Notlagen und in ohnehin angespannten finanziellen Situationen. Geringver­ diener/innen, Aufstocker/ innen und Hartz-IV-Emp­ fänger/innen wären die Leidtragenden. Das bedeu­ tet, überdurchschnittlich viele Frauen wären unter den Betroffenen. Auch bei Scheidungen würde es zu Einschränkungen bei der Beiordnung eines zweiten Anwalts kommen, ebenso vor dem Arbeitsgericht. vorwärts.de/blogs

04/2013

Sigmar Gabriels Argument, man habe damals nicht geahnt, dass Zeit- und Leiharbeit von Unternehmerseite ausgenützt würden, ist insofern nicht stichhaltig, als die „Agenda“-Reformen Arbeitslose dazu verpflichten, schlecht bezahlte Jobs anzunehmen. Das hat das Lohnniveau in Deutschland insgesamt gesenkt.

Uwe Tünnermann, Lemgo

Endlich hört man mal (hoffentlich) auf die Bürger. Die Bildung sollte und muss der Bund übernehmen, sonst gehen wir unter. Andere Staaten freuen sich auf verblödete Deutsche.

Hans Günther, per E-Mail

Titel: Arm trotz arbeit 04/2013

Der Artikel suggeriert, dass vor allem Männer unter schlechten Arbeitsbedingungen und Niedriglohn leiden. ... Der Männerriege wird eine einzige Frau gegenübergestellt, die sich über die Eingruppierung ihres Berufsstandes im öffentlichen Dienst beschwert. ... Warum wird das Problem der Frauen in einen Zusammenhang gestellt, der es als „Luxusproblem“ erscheinen lässt? Warum wird nicht thematisiert, dass Frauen auf allen Ebenen betroffen sind und die ungleiche Entlohnung sich bis in den Niedriglohnsektor fortsetzt?

Gisela Menger, Bremen

Ende der 60er Jahre hatten wir eine ähnlich ungerechte Lage. ... Widerstand wurde damals zwischen SPD und den Gewerkschaften erfolgreich organisiert. Ein ernsthafter Versuch ist jetzt zu organisieren. Nur wenn dies gelingt, kann die SPD Wahlen gewinnen.

Heinz Verbic, per E-Mail

Die Aufschrift auf dem roten Querbalken „Arm trotz Arbeit“ ist heute mehr denn je berechtigt. Was jedoch verschwiegen wird, ist die Tatsache, dass Rot-Grün mit der Agenda zu dieser Entwicklung und zur Armut beigetragen hat.

Hans Lambacher, Dornstetten

Ein Riesenskandal in Deutschland, ­diese Niedriglöhne. Ich habe großes Mitgefühl für diese Menschen, die ausgenutzt werden bzw. sich ausnutzen lassen, aus Angst, die Arbeit zu verlieren.

Uta Fritzsche, Mönchengladbach

Foto:privat

Gut ­g ebloGgt

Interview mit Sigmar Gabriel


Meinung 15

05/2013 vorwärts

Porträt Sven Gerich 04/2013

Es musste wohl erst eine Frau die Chefredaktion beim „vorwärts“ übernehmen, bis und dass die Kommunalpolitik „mehr Platz“ bekam. Wiesbaden! Weiter so! Dann: Karlsruhe, Frankfurt/Main, Nürnberg, Gronau, Duisburg, Bielefeld, Essen und und und. Nämlich: Wenn Oberbürgermeister und Bürgermeister mehr und mehr von der SPD sind, hilft’s der SPD auch im Bund! Und wer liest, dem wächst Mut zu.

Karikatur: Burkhard Mohr; Foto: Seeheimer Kreis

Margot Koffke, Berlin

Jüngste Ausgabe Zwischenruf: Kein Ausverkauf!

04/2012

Der Staat ist für die Menschen da. Daseinsvorsorge ist seine vornehmste Aufgabe. Das wiederherzustellen ist das, was die Menschen wollen. Das muss auch Ziel der SPD sein. CarlFriedrich Waßmuth hat mit seinem Zwischenruf absolut recht!

Dass bisher die meisten Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) dem Staat keine Vorteile gebracht haben, muss nicht daran liegen, dass ÖPP generell schlecht sind, sondern liegt vielmehr daran, dass die Verhandlungsführer der öffentlichen Hand bei der Vertragsgestaltung den Vertretern der Privatwirtschaft nicht gewachsen waren und sich (unwissentlich) auf nachteilige Vereinbarungen eingelassen haben.

04/2013

Gudrun Hinz-Warnke, Hamburg

Manfred Stemmer, Berlin

Da ist etwas Merkwürdiges passiert: Wie üblich blättere ich meinen ­„vorwärts“ durch. Und plötzlich stelle ich fest, dass ich fast jeden Artikel gelesen habe. Das ist mir noch nie passiert in den letzten 15 Jahren. Meinen Glückwunsch zu den unauffälligen, aber wesentlichen Veränderungen im Blatt und toi toi toi für die weitere Arbeit! Prof. Herbert Bruhn, Hamburg

Verlosung zur Spargelfahrt „Leinen los!“ heißt es am 4. Juni. Der Seeheimer Kreis lädt bereits zum 52. Mal zu seiner traditionellen „Spargelfahrt“ ein. Ging es früher auf den Rhein, kreuzen die Seeheimer heute mit der „Havel Queen“ (Foto) über den Wannsee. Gemeinsam mit dem „vorwärts“ verlosen sie zehn Freikarten. Wer bei der Fahrt mit SPD- und ­Fraktionsspitze dabei sein möchte, schreibt bis zum 13. Mai eine E-Mail an ­parteileben@vorwaerts.d­e. See­heimer-Chef Johannes Kahrs wird aus den Einsendungen die Gewinner ziehen. Unter facebook.com/Seeheimer.Kreis werden weitere Karten verlost. n

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16  Aktuell

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igentlich sollte es nur um grundsätzliche Konsultationen zu Europa und Außenpolitik gehen. Doch dann gewann die Paris-Reise von SPDKanzlerkandidat Peer Steinbrück unerwartete Aktualität. Mit der Enthüllung von Daten über weltweite Steuerhinterziehung war Fiskalbetrug schnell auch das Top-Thema bei den Gesprächen mit der französischen Regierung und Staatspräsident Francois Hollande. Kritik an der heimischen Regierung blieb da nicht aus: Steinbrück bezeichnete den Umgang der Bundesregierung mit Steueroasen als „scheinheilig“ und verwies dabei auf deren Kritik am Ankauf von Schweitzer Steuer-CDs, mit denen Behörden der Steuerbetrüger habhaft werden können. Umgehende internationale Initiativen gegen solche Betrügereien in Milliardenhöhe forder­ ten Kanzlerkandidat und Präsident, etwa einen automatischen Informa­ tionsaustausch auf internationaler Ebene. Steinbrück nahm damit einen der wesentlichen Aspekte seines 8-PunktePlans gegen Steuerbetrug vorweg, den er nach der Reise in Berlin vorstellte. Für den eh schon im Umfragetief befindlichen Hollande hatte die Frage von Steuerbetrug während des SteinbrückBesuches auch jenseits von OffshoreLeaks eine besondere Brisanz: Sein zurückgetretener Budgetminister Jerome Cahuzac hatte gerade eingeräumt, dass er entgegen allen früheren Versicherungen doch ein geheimes Auslandskonto besitzt. Dieses Geständnis rüttelt in Frank-

reich massiv an dem Vertrauen in die neue Regierung – unabhängig davon, dass Hollande und sein Premierminister Jean-Marc Ayrault so klar wie kaum eine Vorgängerregierung Konsequenzen aus dem Skandal ziehen und gezogen haben. Steinbrück nahm den französischen Präsidenten denn auch gegen die überbordende Kritik in Schutz: Hollande könne in gut zehn Monaten nicht alles aufholen, „was seine beiden konservativen Vorgänger Chirac und Sarkozy in den letzten zehn bis 15 Jahren versäumt haben“, sagte Steinbrück im Hinblick auf die schwierige Wirtschaftslage und die wachsende Arbeitslosigkeit in unserem Nachbarland. Der französische Präsident setze mit seiner Politik die richtigen Akzente, aber „es wird ein paar Jahre dauern bis er die Ernte einfahren kann“. Steinbrück und Hollande suchen in Sachen Europa die Partnerschaft auf Augenhöhe. Und beide bekennen sich – trotz mancher Unterschiede im Detail – zu einer Konsolidierung der staatlichen Haushalte. „Die Frage ist aber, in welcher Dosis“, so Steinbrück. Die Konzen­ tration auf eine rigide Spar- und Konsolidierungspolitik – wie Kanzlerin Merkel sie betreibe – führe viele Länder in einen Teufelskreis aus „Wachstumseinbußen, höherer Arbeitslosigkeit und geringen Steuereinnahmen“. Steinbrück warnte indirekt vor einem daraus entstehenden Vertrauensverlust in die Demokratie und in Europa: „Die Krise könnte teurer werden als in dem Sinne eines reinen ökonomischen Preises.“ n

Foto:dpa/Jlgphotographe

Peer Steinbrück und Francois Hollande im Elysée-Palast vor einem Porträt von Francois Mitterand


Pa r t e i L e b e n !

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Partei leben! inhalt Ortsverein Die SPD in Bad Münster am Stein-Ebernburg hat ihre Mitgliederzahl verdoppelt

Chefsache

Fotos: Dirk bleicker,dpa / Christian Charisius

Andrea Direkt! Sind Sie mit der Einigung zu Zypern zufrieden? Zypern hat ein Wirtschaftssystem aufgebaut, das auf dem Bunkern von Schwarzgeld basiert. Deshalb ist es sehr ärgerlich, dass die EU hier nun eingreifen und das Land vor dem Staatsbankrott bewahren musste. Vertrauenerweckend ist der ganze Vorgang nicht. Zum Glück wurde mit den Zyprern verabredet, dass sie dieses Wirtschaftssystem so nicht weiterführen und es auf stabile Beine stellen. Wichtig ist auch, dass die Kleinsparer nicht die Dummen sind, wie es sich zunächst abgezeichnet hat. Deshalb sollten wir Zypern eine echte Chance geben, damit das Land aus ­dieser Situation herauskommt. Welche Erwartungen haben Sie an den Prozess gegen Beate Zschäpe? Zunächst fand ich es beschämend und schädlich, dass nicht von Anfang an ein Verfahren gewählt wurde, das türkischen Medienvertretern die Möglichkeit gibt, über den Prozess zu berichten. Es ist gut, dass das Bundesverfassungsgericht dafür gesorgt hat, dass das nun möglich wird. Abgesehen davon erwarte ich einen rechtsstaatlich sauberen Prozess und dass die deutsche Justiz nun gründlich ihre Arbeit macht, nachdem der Verfassungsschutz versagt hat und viel Vertrauen verspielt wurde. Wieso tritt die SPD beim Leistungsschutzrecht so uneinheitlich auf? In der Sache halten wir das Gesetz von Schwarz-Gelb für völlig unzureichend. Leider konnten wir es aber auch nicht aufhalten, sondern hätten über den Bundesrat lediglich den V ­ ermittlungsausschuss anrufen ­können. Deshalb hat sich die Mehrheit der L­ änder entschieden, dort zuzustimmen. Nach der Bundestagswahl werden wir das Thema aber wieder angehen. n

Serie Die AfB ist Impulsgeber der SPD in Bildungsfragen

Kurz und Knapp Aktionen und Ideen aus den Gliederungen

porträt Comedian Florian Simbeck kandidiert in Bayern für den Bundestag

Gibt den Ton an: SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück posiert bei seinem Besuch in Hamburg mit einer Gitarre der Band „Green Day“, rechts neben ihm Warner-Chef Bernd Dopp.

Auf Tour Länderreise Peer Steinbrück reist durch Deutschland, besucht Initiativen und Unternehmen – und redet »Klartext« Von Kai Doering

S Berlin, Berlin... Am 17. und 18. August feiert die SPD ihr 150-jähriges Bestehen mit einem großen Fest in Berlin. Tausende Genossen werden in der Hauptstadt erwartet. Unter dem Motto „Sozis schlafen bei Sozis“ hat die Berliner SPD ihre Mitglieder deshalb aufgerufen, private Schlafplätze zur Verfügung zu stellen. Rund 200 stehen bisher bereit. Wer das Angebot der Berliner annehmen möchte, kann sich unter spd-berlin.de/bettenboerse anmelden. Die Vermittlung übernimmt der Landesverband. n KD Was plant Ihr zum Parteijubiläum? Schreibt an parteileben@vorwaerts.de

o sieht einer aus, der ein Heimspiel hat. Peer Steinbrück strahlt und winkt in die Menge. Der Kanzlerkandidat steht im „Großen Saal“ der Handwerkskammer Hamburg, der Stadt, in der er geboren wurde. Um ihn herum sitzen im Kreis etwa 300 Zuhörer. Obwohl „Zuhörer“ eigentlich das falsche Wort ist. „Ich will wissen, was Sie bewegt“, hat Steinbrück gerade angekündigt. Er werde deshalb keine lange Rede halten, sondern Fragen ­beantworten. Dafür gebe es nur zwei Regeln: „Erstens: Es gibt keine dummen Fragen. Zweitens: Wenn ich eine Frage nicht beantworten kann, gebe ich das zu.“ Die Antwort werde dann später nachgeliefert. „Klartext“ steht auf einem Plakat hinter dem Kandidaten. Es ist der Titel der Veranstaltungsreihe und gleichzeitig Programm. Steinbrück antwortet direkt und ohne lange auszuholen. Hamburg ist die siebte Station seiner „Ländertour“. Tagsüber hat er das MusikLabel Warner besucht und mit StartupUnternehmern diskutiert. Im „betahaus“, einer Einrichtung, in der sich Kreative zeitweise einen Schreibtisch mieten können, hat Steinbrück drei Mittzwanzigern gegenübergesessen. Sie

haben „den einfachsten Server der Welt“ entwickelt. Er soll Daten überall auf der Welt nutzbar machen und das bei hunderprozentiger Sicherheit. „Die 200 000 Euro Startkapital haben wir über das Internet eingesammelt“, erzählt einer ­ der drei, „innerhalb von 48 Minuten“. Mit Firmengründern hat sich Steinbrück auch bei seiner Station zuvor in Berlin getroffen. Danach stand für ihn fest: „Berlin ist eine Drehscheibe für Startups. Wir sollten größtes Interesse daran haben, das Image der Hauptstadt aufzupolieren.“ Das hörten nicht nur die jungen Unternehmer gern, sondern auch Cansel Kiziltepe, SPD-Bundestagskandidatin in Friedrichshain-Kreuzberg. Sie führte Steinbrück durch den Multi-Kulti-Kiez und begleitete ihn zum Radiosender FluxFM. Hier offenbarte der Kandidat, dass er Musik lieber auf CD kauft als sie im Internet herunterzuladen. „Ich brauche etwas Haptisches.“ Sein Musikwunsch „Telegraph Road" von den Dire Straits wurde ihm vom Moderator dann aber doch aus dem Computer erfüllt. n Die weiteren Termine von Peer Steinbrücks Länderreise unter peer-steinbrueck.de/laenderreise


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– zumal die CDU seit der letzten Wahl die Mehrheit im Stadtrat hält. „Wer die Mehrheit im Rat hat, hat sie aber nicht auch automatisch bei den Bürgern“, sagt Menger. Und so wuchs mit der Präsenz der SPD auch die Zahl ihrer Mitglieder. Schnell waren es mehr als 50. Bei der jüngten Jahreshauptversammlung am 30. März präsentierte Menger die aktuelle Zahl 88. Die meisten davon hat der Pensionär selbst geworben. „Persönliche Ansprache“ nennt er als Erfolgsrezept. Seine frühere Tätigkeit hilft ihm dabei aber sicher auch. In der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei hat er die Ehrenamtlichen der Vereine im Land betreut. Er weiß, wie man mit Menschen spricht.

Die kleinen Gesten zählen

Menger macht’s OV Bad Münster am Stein-Ebernburg Die Rheinland-Pfälzer zeigen, wie man Mitglieder gewinnt und für Bürger attraktiv wird Von Kai Doering ANZEIGE

Wettbewerb zur Mitgliederwerbung Mitmachen. Mitverändern. 150 Jahre SPD.

Der SPD-Parteivorstand schreibt im 150. Jubiläumsjahr einen Wettbewerb zur Mitgliederwerbung aus. Die Grundwerte der SPD Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind heute noch so attraktiv wie vor 150 Jahren. Wer sich für eine gerechtere Gesellschaft, Nachhaltigkeit und Emanzipation einsetzen will, findet in der SPD eine politische Heimat.

Preis für die besten Werberinnen und Werber

10 der besten Werberinnen und Werber, die im laufenden Jahr bis einschließlich September die meisten Mitglieder werben, laden wir zum Bundesparteitag im November 2013 ein. In die Auslosung kommen Genossinnen und Genossen, die mindestens 5 neue Mitglieder geworben haben.

Preis für die besten Ortsvereine

Der Preis für die Ortsvereine, die den größten Zuwachs an Neumitgliedern in Relation zu ihrem Bestand haben, wird in drei Kategorien nach Größe der Ortsvereine vergeben: Die jeweils besten Ortsvereine in ihrer Kategorie bekommen als Preis einen Besuch von Sigmar Gabriel oder Andrea Nahles zu ihrer Jahreshauptversammlung oder Weihnachtsfeier. Informationen: Referat für Mitgliederwerbung Tel: 030 - 2 59 91 - 249 E-Mail: Eintreten@spd.de

A

m Ende half Antoine de SaintExupéry. „Wenn Du ein Schiff bauen willst, trommle nicht die Männer zusammen, um die Aufgaben zu vergeben, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem endlosen weiten Meer“, schrieb der französische Schriftsteller 1948. Die SPD Bad Münster am Stein-Ebernburg hat den Satz auf die erste Seite ihres Leitbilds gestellt. Vor einem Jahr haben es die Genossen erarbeitet. Damals hatte der Ortsverein 37 Mitglieder. Heute sind es 88. „Und wir wollen möglichst bald die Hundertermarke knacken“, sagt Erich Menger, der Vorsitzende. Der Erfolg der Rheinland-Pfälzer ist vor allem dem 65-Jährigen zu verdanken. Nach der Pensionierung zog er in den Kurort. In Oppenheim hatte er mehr als 20 Jahre den Ortsverein geleitet. Nun wollte er eigentlich kürzer treten. Doch als Menger den passiven Stadtverband in Bad Münster sah, änderte er schnell seine Pläne. „Ich leide einfach, wenn die SPD am Boden liegt“, sagt Erich Menger. Anfang März 2012 wurde er zum OVVorsitzenden gewählt. Ende März verabschiedete der Vorstand das neue Leitbild mit dem Satz Exupérys am Anfang. „Mit den Menschen, für die Menschen“ lautet der Titel. Gleich die erste Veranstaltung wurde ein voller Erfolg: „An einem InfoStand am Ostersamstag haben wir über 500 Ostereier unters Volk gebracht“, erzählt Menger. Die Menschen staunten. So hatten sie die SPD lange nicht erlebt

„Die SPD muss nach außen wirken und für die Bürger aktiv sein“, ist Erich Menger überzeugt. Er hat dafür gesorgt, dass der Ortsverein drei Schaukästen anschafft, die nun in der Stadt über Positionen und Veranstaltungen der Partei informieren. Auch zwei neue Info-Stände wurden gekauft. Bereits zweimal haben die Genossen die „SPD-Stadtnachrichten“ an alle Haushalte verteilt. Im Herbst soll eine „Bürgercheckkarte“ folgen, mit der die Einwohner von Bad Münster am Stein-Ebernburg die SPD auf Missstände hinweisen können, seien es verstopfte Gullys oder kaputte Straßenlampen. Und auch der Ortsverein selbst hat sich seit Mengers Amtsantritt deutlich verändert. „Seit langer Zeit hat im vergangenen Jahr wieder eine Weihnachtsfeier stattgefunden. Der Neujahrsempfang im Turnerheim war ebenfalls ein großer Erfolg“, erzählt der Vorsitzende. Zum Geburtstag erhält nun jedes Mitglied eine Karte vom Vorstand. „Es sind die kleinen Gesten, die zählen“, ist Menger überzeugt – und froh, dass die anderen Vorstandsmitglieder mitziehen. Das nächste Ziel ist die Kommunalwahl 2014. „Wir wollen unser Programm gemeinsam mit den Bürgern erarbeiten. Auf ihren Sachverstand sind wir angewiesen.“ Menger selbst hat aber auch noch eine andere Aufgabe. Er will einen jüngeren Nachfolger finden. „Es ist wichtig, rechtzeitig aufzuhören.“ n

Fotos: Ortsverin Bad Münster

Sie wollen noch mehr werden: Der Ortsverein beim einem Ausflug nach Oppenheim im September 2012.

„Die SPD muss nach außen wirken.“ Erich Menger hat den OV wieder auf Kurs gebracht.


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Arbeitsgemeinschaften in der SPD

Folge 11

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ür Peter Befeldt hat die Bildungspolitik in der SPD traditionell zentrale Bedeutung. Vor einem Jahr wurde er auf der Bundeskonferenz zum Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB) gewählt. Befeldt, Schulleiter in Osnabrück, verweist auf die gemeinsamen Wurzeln von Partei und Gewerkschaft in den Arbeiterbildungsvereinen des 19. Jahrhunderts. „Vor dem Hintergrund könnten wir fast sagen, die AfB ist die Mutter der Partei.“ Das 150-jährige Jubiläum der SPD sei ein guter Anlass, um sich dieser Geschichte wieder bewusst zu werden. Ob die Bildungsoffensive in der 70er Jahren, die Einführung des Bafögs oder die erfolgreiche Bildungspolitik Edelgard Bulmahns: „Die SPD ist die Bildungspartei.“ Auch das aktuelle Regierungsprogramm der SPD lässt sich für Befeldt unter dem Schlagwort „Aufstieg durch Bildung“ zusammenfassen. In dem Papier sieht die AfB ihre Positionen gut vertreten: „Wir konnten uns hier intensiv einbringen und sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden.“ Auf regelmäßigen Bundesausschusssitzungen und Konferenzen erarbeitet die AfB gemeinsame Positionen zu The-

Arbeitsgemeinschaft seit Mai 1977 „Die SPD ist die Bildungspartei“, sagt AG-Chef Peter Befeldt (3. v. l.), hier mit dem AfB-Vorstand.

Mutter der Partei statt Lehrer-Lobby AfB Die AG für Bildung setzt auf Inklusion men wie berufliche Bildung, Ganztagsschulen oder Inklusion. Diese fließen in die Arbeit der Partei ein. So setzt die AG sich für ein längeres gemeinsames Lernen in inklusiven Schulen und gegen die Ausgrenzung im stark zergliederten Schulsystem ein. Gerade bei Inklusion, die auch gesamtgesellschaftlich relevant sei, zeige sich, dass die AfB keine reine Interessen-

vertretung von Lehrerinnen und Lehrern sei. „Bei uns bringen sich vor allem Haupt- und Ehrenamtliche aus dem Bildungsbereich ein“, erklärt Befeldt. Das Spektrum reicht von Elternvertretern bis zu Schülern und Professoren. Aus den damit verbundenen Erfahrungen resultiere das Selbstbild der AfB: „Unsere bildungspolitische Kompetenz macht uns zum Impulsgeber.“ n SK

Mitglieder rund 52 000 Bundesvorstand Peter Befeldt (Vorsitzender) Angelika Heinlein (stellv. Vorsitzende), Günther Häfner (stellv. Vorsitzender) Ulf Daude, Thomas Lind, Felizitas Reinert, Marion C. Winter Kontakt afb.spd.de

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Minijob: nur angemeldet ist sozial. Der Minijob im Haushalt ist vor allem eins: wichtig. Doch nur angemeldete Haushaltshilfen arbeiten legal, sind versichert und reduzieren Schwarzarbeit. Der Minijob im Haushalt verdient also nicht nur Anerkennung und Respekt, sondern vor allem Unterstützung. Weitere Infos unter www.minijob-zentrale.de oder telefonisch unter 0355 - 2902 70799.

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Gelebte ­P olitik

Rote Socken

­Parteikonvent am 16. Juni 2013 von 11 bis 17 Uhr in Berlin, im Willy-Brandt-Haus, Hans-Jochen-Vogel-Saal, Wilhelmstraße 141, 10963 Berlin Der Antragsschluss zum Parteikonvent wird auf Donnerstag, den 16. Mai 2013, um 24 Uhr festgelegt.

Vorläufige Tagesordnung TOP 1 Begrüßung und Eröffnung TOP 2 Konstituierung - Wahl des Tagungspräsidiums - Beschluss über die Geschäftsordnung - Beschluss über die Tagesordnung - Wahl der Mandatsprüfungs- und Zählkommission

Ein Leben im O-Ton Teil 5 In der vorwärts-Reihe „Gelebte Politik“ berichten Sozialdemokratinnen und Sozial­ demokraten, die viel erlebt haben, über ihre Erfahrungen. Helga Grebing hat als Historikerin die Geschichte der SPD und der Arbeiterbewegung erforscht. Im fünften Teil der Serie blickt sie auf ihr Leben zurück. Der vollständige Text (Interview: Uwe Knüpfer, Bearbeitung: Carl-Friedrich Höck) ist im Originalton in der vorwärts-AppAusgabe zu hören – und im Internet unter vorwärts.de/­gelebte_ politik

TOP 3 Rede des Parteivorsitzenden TOP 4 Antragsberatung Top 5 Bundestagswahl 2013 TOP 7 Schlusswort

Zur Bundestagswahl hat Julian Jonas eine Rote-Socken-Kampagne gestartet. „Wir wollen besonderen Sozialdemokraten und Unterstützern danke sagen“, erklärt er seine Aktion „Stricken für den Wechsel“. Jeder, der möchte, kann sich eine Person aussuchen, für die er etwas strickt, ob Mütze, Schal oder eben Socke. „Wichtig ist nur, dass es nach Sozi aussieht, also am besten rot ist“, sagt Jonas. Er hat nur eine Bitte: ein Foto mit dem Geehrten und dessen Kleidungsstück für seine Facebook-Seite. n KD facebook.com/StrickenFuerDenWechsel

Sozi-Flohmarkt Einkaufen für den guten Zweck. Dieses Ziel verfolgt der Ortsverein Fischbachtal in Hessen. Im März hat er schon zum 45. Mal einen Flohmarkt organisiert. ­­Die Genossen veranstalten ihn halbjährlich seit 23 Jahren. Die Erlöse fließen komplett in soziale Projekte. Besonderer Hingucker in diesem Jahr: ein großes Banner zum 150. SPD-Geburtstag über der Kuchentheke. n KD

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Ottmar Schreiner 21. Februar 1946 – 6. April 2013 In tiefer Trauer und erschüttert nehmen wir Abschied von Ottmar Schreiner. Mit ihm verlieren wir einen leidenschaftlichen und profilierten Kämpfer für soziale Gerechtigkeit in Deutschland. Ottmar Schreiner war ein geradliniger und aufrichtiger Linker und ein überzeugter Sozialdemokrat, der in unserer Partei stets die tiefe Verwurzelung in der Arbeiterbewegung, die enge Verbindung zu den Gewerkschaften und die entschiedene Verpflichtung für die Schwachen herausstellte und selbst überzeugend verkörperte. Er war uns stets ein verlässlicher Mitstreiter und Freund. Ottmar Schreiner war seit 1969 Mitglied unserer Partei. Seit 1980 gehörte er bis zu seinem Tode dem Deutschen Bundestag an. Das Vertrauen seiner Wählerinnen und Wähler stand im Mittelpunkt seines politischen Wirkens. In der Bundestagsfraktion sowie weit darüber hinaus war er für seinen Einsatz und seinen großen Sachverstand geschätzt und geachtet. Für Arbeitnehmerinteressen, für Gewerkschaften und Betriebsräte war er ein wichtiger und wertvoller Ansprechpartner. In seiner Zeit als Bundesgeschäftsführer der SPD hat Ottmar Schreiner entscheidend dazu beigetragen, dass die Partei die 1998 gewonnene Regierungsverantwortung geschlossen und selbstbewusst angenommen hat. Er trug die organisatorische Verantwortung für den Umzug des SPD-Parteivorstandes aus dem Bonner Erich-Ollenhauer-Haus ins neue Willy-Brandt-Haus nach Berlin. Zehn Jahre hat Ottmar Schreiner dem SPD-Parteivorstand angehört. Von 2000 bis 2012 stand er an der Spitze der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen der SPD. Sein Rat war nicht immer bequem, aber wichtig und unverzichtbar für den Weg der Sozialdemokratie. Wir gedenken Ottmar Schreiner in tiefer Dankbarkeit für seinen Einsatz und für seine Verdienste. Er hinterlässt eine große Lücke, die schwer zu schließen ist. Wir werden ihn nicht vergessen und seinen Kampf für Gerechtigkeit und Solidarität fortführen.

Sigmar Gabriel Dr. Barbara Hendricks

Andrea Nahles Elke Ferner

Dr. Frank-Walter Steinmeier Thomas Oppermann

Sozialdemokratische Partei Deutschlands – SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag

Foto: dpa/Jens Kalaene

Beschluss des Parteivorstands vom 11. März 2013 Einberufung gemäß § 28 (2) Organisationsstatut


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Deutschland besser und gerechter regieren:

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Das Regierungsprogramm der SPD 2013-2017 Beschlossen auf dem Bundesparteitag der SPD in Augsburg am 14. April 2013 (Kurzfassung)

Foto: plainpicture/ Cultura

Mehr Zeit für Kinder: Die SPD will einen Rechtsanspruch für Mütter und Väter schaffen, damit beide gleichzeitig ihre Arbeitszeit reduzieren können.

Mit dem Augsburger Parteitag und dem Beschluss des Regierungsprogramms startet die SPD in eine neue Phase des Wahlkampfs. Jetzt werden die Themen weiter in den Vordergrund treten. Es geht um mehr Gemeinsinn, mehr Solidarität, mehr Gerechtigkeit. Denn das ist die wichtigste Grundlage, damit Deutschland dauerhaft auch wirtschaftlich erfolgreich bleibt. Dafür steht der Titel des Regierungsprogramms: „Deutschland besser und gerechter regieren“. Konkret heißt das: Mindestlohn, Bürgerversicherung, Kita-Ausbau, bessere Bildung, Gleichstel-

lung, eine Rente zum Leben, die Zähmung der Finanzmärkte und bezahlbares Wohnen. Politik für die Mehrheit der Menschen. Das ist das Ziel der SPD. Denn im Jahr 2013 ist in Deutschland zu viel aus dem Lot geraten. Anstrengung, Leistung, Arbeit lohnen sich für viele nicht mehr: Unsichere Jobs, Hungerlöhne, ungleiche Bezahlung von Leiharbeitern und Festangestellten und zwischen Frauen und Männern. Auch der soziale Aufstieg gelingt kaum noch. Denn wie sonst nirgends in Europa sind

Schulerfolg und Bildungschancen vor allem davon abhängig, ob die Eltern genug Geld haben. Und trotz guter Ausbildung oder Studium klappt anschließend oft aber nicht der angemessen bezahlte Einstieg in den Beruf. Zu viele Familien sind von Armut bedroht – vor allem Alleinerziehende. Das liegt auch daran, dass immer noch gute Betreuungsplätze fehlen. Eine gute Gesundheitsversorgung und Pflege gibt es längst nicht mehr für alle. Immer mehr haben Angst vor Armut im Alter. Auch, weil Mieten und Stromkosten zum Teil sprunghaft steigen. Und für viele geht in ihrem direkten

Lebensumfeld ein Stück Heimat verloren: weil die Städte und Gemeinden inzwischen so wenig Geld haben, dass kulturelle und soziale Angebote dicht machen, nicht mehr angeboten werden. Stadteile und Infrastruktur verkommen. Auf der anderen Seite müssen die Menschen erleben, dass sich an der Spitze der Gesellschaft einige immer mehr aus der Verantwortung für das Gemeinwohl verabschieden. Die Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben tragen vor allem Erwerbstätige mit mittleren Einkommen – während Kapital-


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pflichtige Beschäftigung wieder die Regel wird. Das heißt: Leiharbeit muss das werden, wofür sie mal eingeführt wurde. Als Ausgleich für kurzfristige Auftragsspitzen in Unternehmen – nicht als billiger Ersatz für Normalarbeitsverhältnisse. Darum werden wir durchsetzen, dass Leiharbeiter den gleichen Lohn bekommen wie ihre festangestellten Kolleginnen und Kollegen.

einkünfte und Spitzeneinkommen weiter ansteigen. Und die Vermögen in den vergangenen Jahren förmlich explodiert sind. Reiche werden immer reicher. Menschen mit kleineren und mittleren Einkommen treten hingegen auf der Stelle – oder sind sogar vom Abstieg bedroht. Die SPD wird das ändern. Sie tritt an mit einer Idee von Deutschlands Zukunft: ein erfolgreiches Land – auch, weil das soziale Gleichgewicht wieder hergestellt ist und die Gesellschaft so modern ist, dass andere neugierig werden. Es geht darum, Deutschland ­besser und gerechter zu regieren. Besser, weil die jetzige Bundesregierung zu viele Chancen verspielt, die Politik im Interesse der Menschen im Land nutzen muss. Und gerechter, weil vieles aus dem Lot geraten ist. Eine Schieflage, die immer mehr unseren wirtschaftlichen Erfolg und unsere Demokratie bedroht. Das WIR entscheidet. WIR heißt: Politik für die Mehrheit der Menschen. Es geht um die Gemeinschaft. WIR heißt: Politik mit den

Menschen – wir beteiligen sie, so wie beim erfolgreichen BürgerDialog. Und WIR heißt auch: Den Wahlkampf gewinnen wir gemeinsam. Wenn die ganze Partei anpackt, wenn alle auf die Straße gehen, mit den Menschen sprechen, geht Schwarz-Gelb in die Opposition.

Das SPD-Regierungsprogramm 2013-2017 – die Themen:

Der Wert der Arbeit

am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Wer fleißig ist, darf nicht gezwungen werden, den Lohn beim Sozialamt zusätzlich aufstocken zu müssen. Der Mindestlohn entlastet auch die Steuerzahler, die bislang mit vielen Milliarden Niedriglöhne subventionieren müssen. Und er hilft Unternehmen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fair bezahlen und durch Billigkonkurrenz unter Druck stehen. „Gute Arbeit“ heißt für die SPD auch, dass sozialversicherungs-

Aufstieg durch Bildung Sozialer Aufstieg ist ein Kern­ thema der SPD. Und es ist ein Kernversprechen der Sozialen Marktwirtschaft. Jedes Kind

Die SPD ist die Partei der Arbeit, seit 150 Jahren. Auf diese Erfahrung können die Bürgerinnen und Bürger bauen. Im Mittelpunkt stehen die Interessen der Menschen, die etwas leisten wollen. Die hart arbeiten, sich und ihre Familie ernähren. Das hat Wert – und einen Preis. Darum wird die SPD flächendeckend einen gesetzlichen Mindestlohn einführen: mindestens 8,50 Euro, garantiert. Die Kosten des Alltags in unserem Land lassen weniger nicht zu. Berufstätige Frauen und Männer können sonst die Familie nicht ernähren, ihre Miete nicht zahlen, nicht

Aufstiegschancen für alle: Die SPD will 20 Milliarden Euro mehr in Bildung investieren.

Fotos: Thomas Dashuber/VISUM creative, Plainpicture/ fStop

Gutes Geld für gute Arbeit: Die SPD will einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro einführen.

Der Arbeitsmarkt regelt sich nicht von selbst. Darum wird die SPD wieder mehr Geld in aktive Arbeitsförderung investieren – eine Investition in die Qualifizierung und die Fähigkeiten der Menschen. Vor allem junge F­ rauen und Männer ohne Abschluss brauchen mehr Unterstützung. Für gezielte Weiter- und Fortbildung über den gesamten Verlauf des Erwerbslebens wird die SPD die Arbeitslosenversicherung in eine Arbeitsversicherung weiterentwickeln – früher ansetzen, damit Langzeitarbeitslosigkeit erst gar nicht entsteht. Das ist gut für die Unternehmen und für die Beschäftigten.


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Die moderne Familie

verdient die Chance, mehr aus seinem Leben zu machen – egal, wie das Bankkonto der Eltern aussieht. Und gute Bildung für alle ist für dieses Ziel unverzichtbar. Für alle heißt: gebührenfrei, perspektivisch von der Kita bis zur Uni.

Mütter, Väter, manche verheiratet, andere nicht. Alleinerziehende. Sie alle tragen besondere Verantwortung. Zeit und liebevolle Zuwendung für ihre Kinder. Das verdient mehr als Respekt. Das verdient bessere Unterstützung, als Eltern bisher erfahren. Freiräume. Damit keine Frau und kein Mann künftig mehr vor die Entscheidung gestellt wird: entweder Beruf oder Kind. Wer es will, soll beides haben können.

Im internationalen Vergleich gibt Deutschland viel zu wenig für Bildung und Wissenschaft aus. Andere Länder tun hier deutlich mehr. Dabei sind gerade für Deutschland hervorragend ausgebildete Fachkräfte besonders wichtig, um auch künftig in Wohlstand leben zu können. Gute Bildung für alle ist sozial gerecht, weil sie individuelle Lebenschancen eröffnet. Und sie ist volkswirtschaftlich vernünftig. Konkret heißt das: Rund 20 Milliarden Euro müssen wir schrittweise zusätzlich investieren. Damit dies gelingt, wird die SPD an anderer Stelle einsparen, überflüssige Subventionen abbauen und die Vermögensteuer wieder einführen. Der Bund wird dafür Ländern und Kommunen bei dieser wichtigen Zukunftsaufgabe helfen müssen. Die jetzige Rechtslage, das sogenannte Kooperationsverbot im Grundgesetz, verbietet das aber noch. Die SPD wird darum eine Grundgesetzänderung auf den Weg bringen, die mehr Zusammenarbeit in Deutschland für beste Bildung ermöglicht. Damit jedes Kind alle Chancen hat. Und damit unser Land wirtschaftlich erfolgreich bleibt.

Foto: Frank May/ DPA

Die Zähmung der ­Finanzmärkte Die Finanzinstitute haben einen erheblichen Anteil an der Krise, die nun schon seit Jahren Europa nicht zur Ruhe kommen lässt. Sie haben Gewinne in den guten Jahren privatisiert, die Verluste aus Fehlspekulationen konnten sie selbst aber nicht tragen – die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mussten einspringen. Mit gigantischen Milliarden-

Die SPD wird darum die Ganztagsbetreuung in Kitas und an Schulen so ausbauen, dass alle, die es wünschen, ein gutes Angebot bekommen. Mit einem Stufenplan flächendeckend bis 2020. Für viele Kinder verbessern sich dadurch auch die Bildungschancen. Und Eltern können frei entscheiden, ob sie ihren Beruf ausüben. Schluss mit dem Zocken: Die SPD will die Finanzmärkte durch klare Regeln zähmen.

beträgen waren und sind die Euro-Staaten seitdem gezwungen, Banken zu stützen, um den Zusammenbruch der Wirtschaft zu verhindern. Das setzt unsere gemeinsame Währung unter Druck. Die Zeche zahlen die Menschen in Europa, Beschäftigte, Rentnerinnen und Rentner und vor allem auch die Jugend. Eine wirksame Antwort ist die Politik bislang schuldig geblieben. Der einseitige Sparkurs, vorangetrieben durch die Bundesregierung, hat die Krise verschärft. Es fehlen Wachstumsimpulse, abgestimmte Unternehmenssteuern in Europa und klare Regeln für die Finanzwirtschaft. Die SPD wird die Führungsrolle Deutschlands in Europa nutzen: Gemeinsam mit anderen wird sie dafür sorgen, dass kein Akteur und kein Produkt auf den Finanzmärkten unkontrolliert bleibt und ganze Volkswirtschaften in den Abgrund reißen kann. Das heißt zum Beispiel, dass große Banken ihre Berei-

che trennen müssen – in eine Investmentsparte und in ihr reguläres Geschäft. Fehlspekulation würde dann nicht mehr die Kreditvergabe an die Realwirtschaft bedrohen. Das heißt auch, dass sogenannte Schattenbanken und Hedgefonds sich denselben Regeln unterwerfen müssen wie andere Banken. Der riskante Hochfrequenzhandel wird eingeschränkt, für Verbraucherinnen und Verbraucher besonders unverständliche und damit gefährliche Produkte werden ganz verboten. Und die SPD wird dafür sorgen, dass die Finanzmärkte ihren Teil der Krisenkosten übernehmen – mit der sogenannten Transaktionssteuer. Die Spekulantensteuer kann so einen wichtigen Beitrag leisten, dass wieder Wachstum und Arbeitsplätze in Europa entstehen. Marktwirtschaft heißt, dass Risiko und Haftung zusammengehören. Mit der SPD wird das auch für die Finanzmärkte gelten.

Die SPD wird Möglichkeiten schaffen für Mütter und Väter, die ihre Arbeitszeit gleichzeitig reduzieren wollen, um sich die Kinderbetreuung partnerschaftlich zu teilen. Wer später wieder auf einen volle Stelle zurück möchte, wird auch darauf einen Rechtsanspruch haben. Und die SPD wird ein Neues Kindergeld einführen. Das bedeutet, dass Spitzenverdiener durch die Kinderfreibeträge nicht mehr Geld vom Staat bekommen als Familien mit wenig Geld. Das bedeutet aber auch, dass durch die Zusammenführung mit dem Kinderzuschlag Familien mit kleinem Einkommen bis zu ca. 3 000 Euro monatlichem Bruttoeinkommen mehr Kindergeld bekommen – bis zu 140 Euro pro Kind und Monat. Das wird vor allem auch Alleinerziehenden deutlich besser helfen.

Gleichstellung ist ein Grundrecht Gleiche Rechte für Frauen und Männer – dafür steht die SPD. Zum Beispiel beim Lohn. Denn


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in vielen Unternehmen bekommen Frauen für den gleichen Job deutlich weniger als ihre Kollegen. Der Lohnunterschied kann einige Hundert Euro ausmachen – pro Monat. Durchschnittlich haben Frauen in Deutschland 22 Prozent weniger auf ihren Gehaltszetteln als Männer.

Für die Aufsichtsräte und Vorstände großer Unternehmen wird eine Quote eingeführt: 40 Prozent der Spitzenpositionen für Frauen. Mindestens für eine Übergangszeit ist das nötig, damit Frauen alle Chancen haben, so wie die Männer. Und Frauen haben mehr verdient, gerade, wenn sie sich direkt und oft hochqualifiziert um Menschen kümmern. Aufgaben, die in Zukunft immer wichtiger werden. Im sozialen Bereich und in Pflegeberufen arbeiten überwiegend Frauen – und das meist für schlechte Bezahlung. Die SPD wird das ändern, diese Berufe aufwerten – auch finanziell. Und dem Missbrauch von Minijobs Grenzen setzen. Denn auch hier sind es vor allem Frauen, die für meist wenig Geld und ohne ausreichende soziale Sicherung arbeiten.

Eine Rente zum Leben Leistung muss sich lohnen. Für die SPD heißt das auch: Zu harter Arbeit gehört eine gute Rente. Als einzige Partei hat sie ein schlüssiges Rentenkonzept, das Antworten gibt auf drohende Altersarmut.

Eine Rente zum Leben: Die SPD will mit ihrem Rentenkonzept Altersarmut verhindern, zum Beispiel durch eine „Solidarrente“.

Sichere Grundlage für eine gute Rente ist für die SPD ein guter Lohn im Arbeitsleben. Darum ist auch hier die Einführung des Mindestlohns ein wichtiger Baustein. Für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die schon viele Jahre für einen niedrigen Lohn arbeiten mussten, wird dies aber nicht mehr ausreichend wirken. Darum wird die SPD eine Solidarrente einführen. Das heißt, wer lange gearbeitet hat, wird nicht mehr zum Sozialamt gehen müssen, um die Rente aufzustocken: Bei 40 Versicherungsjahren und 30 Beitragsjahren wird es mindestens die Solidarrente von 850 Euro geben. Und wer nicht mehr arbeiten kann wird ohne Abschläge die Erwerbsminderungsrente bekommen. Keine Abzüge werden auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben, wenn sie früh in den Job eingestiegen sind und mit 63 in den Ruhestand gehen wollen: bei 45 Versicherungsjahren gibt es die volle Rente. Die SPD wird die betriebliche Altersvorsorge weiter stärken und für ein einheitliches Rentensystem in Ost- und Westdeutschland sorgen. Über 20 Jahre nach der deutschen Einheit ist das längst überfällig.

Gute Versorgung für alle – Gesundheit und Pflege Die jetzige Zwei-Klassen-Medizin ist ein System, das sich nicht bewährt hat. Kassenpatienten haben oft das Nachsehen. Privatpatienten leiden – besonders mit zunehmendem Alter – unter drastisch steigenden Prämien. Die SPD wird die von massiven Lobbyinteressen getriebene Logik durchbrechen und das Gesundheitssystem auf solide Füße stellen. Dasselbe gilt für die Pflege. Im Ergebnis ­werden sich alle Versicherten auf eine gute Versorgung ­verlassen können, die keinen Unterschied macht zwischen Arm und Reich. Dafür wird die SPD die Bürgerversicherung einführen. Das heißt: Alle nehmen teil am medizinischen Fortschritt. Die Finanzierung erfolgt wieder über gleiche Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Statt Kopfpauschalen und Selbstzahlerleistungen wird die Finanzierung im Gesundheitswesen verlässlich auf sichere Füße gestellt.. Auch bislang Privatversicherte werden die Chance haben, in das solidarische System zu wechseln.

Wohnen ist kein Luxus Miete und Energie gehören zu den Alltagskosten, die jede und jeder tragen muss. Das darf nicht zum Luxus für wenige werden. Vor allem Wohnraum wird zunehmend aber zum Spekulationsobjekt, was vor allem in Großstädten zu rasant steigenden Mieten führt. Die SPD wird das wirksam begrenzen. Bei Wiedervermietungen wird die Preissteigerung 10 Prozent nicht übersteigen dürfen. Und Gebühren für den Makler wird nur bezahlen müssen, wer ihn auch beauftragt hat. Zusätzlich wird die SPD für eine Strompreisbremse sorgen – durch eine reduzierte Stromsteuer. Die SPD hat eine Idee von Deutschlands Zukunft: Für ein erfolgreiches Land, in dem das soziale Gleichgewicht wieder hergestellt ist. Eine Gesellschaft so modern, dass andere neugierig werden. Die SPD tritt an, besser und gerechter zu regieren als es CDU, CSU und FDP können. Damit sich die Schere zwischen Arm und Reich wieder schließt. Damit sich Leistung wieder lohnt. Eine Gesellschaft, in der alle ihren Platz haben. Das WIR entscheidet..

Foto: Plainpicture/ Westend61

Die SPD wird dafür sorgen, dass Frauen tatsächlich bekommen, was sie verdienen – verbindlich und transparent: mit dem Entgeltgleichheitsgesetz. Damit wird ungerechte Bezahlung aufgedeckt und kann anschließend beseitigt werden. Denn Gleichstellung heißt, dass keine Frau mehr auf etwas verzichten muss, weil sie eben eine Frau ist. Das fordert im Übrigen schon seit über 60 Jahren unsere Verfassung.


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„Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht!“ Mit diesen Worten begründete der Vorsitzende der SPDReichstagsfraktion Otto Wels vor 80 Jahren, warum die SPD das Ermächtigungs­ gesetz der Nationalsozialisten ablehnte. Die SPD-Bundestagsfraktion hat nun mit einer Veranstaltung an seine Rede erinnert. Hunderte Gäste kamen im März in das Reichstagsgebäude, darunter Nachfahren von Otto Wels. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Frank-Walter Steinmeier würdigte den Mut von Otto Wels. Im Angesicht der drohenden Verfolgung sei er ans Rednerpult getreten, um die letzte freiheitlich-parlamentarische Rede vor der Nazi-­ Herrschaft zu halten. Es sei „eine Rede, die die Zeit überdauert hat“. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel nannte die Rede von Wels und das Verhalten der Sozialdemokraten 1933 „das stolzeste Erbe der Sozialdemokratie“. Wir alle müssten daran denken, was Wels und seine Genossen damals für den Kampf um die Demokratie aufgegeben haben. Als die SPD-Fraktion gegen das Ermächtigungsgesetz stimmte, waren bereits 21 sozialdemokratische Abgeordnete verhaftet. Um auch an sie zu erinnern, hat die SPD-Bundestagsfraktion vor ihrem Fraktionssaal eine neue Gedenktafel anbringen lassen. Der Schauspieler Ulrich Matthes rezitierte aus der Rede von Otto Wels vom 23. März 1933. Wie es dazu kommen konnte, dass die Weimarer Republik zugrunde ging, stellte der Historiker Heinrich August Winkler in einer Rede dar.

Website »Elli verdient mehr«

Mit kreativen Ideen bewarben sich dutzende Jugendliche um den Otto-Wels-Preis. Frank-Walter Steinmeier, die Moderatorin Mo Asumang und Peer Steinbrück waren begeistert.

Gedenken an Otto Wels SPD-Fraktion erinnerte an seine Rede gegen das Ermächtigungsgesetz und verlieh Otto-Wels-Preis Am Abend verlieh die SPD-Fraktion erstmals den Otto-Wels-Preis für Demokratie. Mit einem Kreativwettbewerb wurden junge Menschen motiviert, sich mit Toleranz und Demokratie auseinanderzusetzen. Den ersten Platz belegten die Schülerinnen Lara Ernemann, Larissa Seruneit und Marisa Lippe aus Mühlheim an der Ruhr. Sie hatten das Spiel „Demopoly“ entwickelt, bei dem die Spielerinnen und Spieler ihr Wissen um den Widerstand im Dritten Reich unter Beweis stellen

müssen. Peer Steinbrück verwies darauf, dass Sozialdemokraten wie Wels uns alle mahnen sollten, uns des Wertes unserer privilegierten, weil freiheitlichen Situation in Deutschland bewusst zu sein. Pünktlich zu der Veranstaltung hat die SPD-Fraktion die Broschüre „Kein Platz für Nazis“ veröffentlicht, die junge Menschen über Rechtsextremismus informieren soll. Sie kann im Internet auf spdfraktion.de kostenlos bestellt oder heruntergeladen werden. n CFH

Infrastruktur modernisieren

VW-Mitarbeiter demonstrieren gegen prekäre Beschäftigung.

Fotos: bildschoen, Stefan Simonsen/dapd

Werkverträge werden missbraucht Die SPD-Bundestagsfraktion will den Missbrauch von Werkverträgen stoppen. In einem Antrag fordert sie die Bundesregierung auf, klarere Regeln festzulegen, um Schein-Werkverträge von echten unterscheiden zu können. Werkverträge werden zunehmend von Arbeitgebern missbraucht, um gesetzliche Regelungen für die Leiharbeitsbranche – zum Beispiel Mindestlöhne – zu umgehen: Über Drittfirmen stellen sie Personal mit Werkverträgen ein, das Aufgaben der Stammbelegschaft übernimmt. Auf diesem Weg betreiben sie Lohn- und Sozialdumping und verweigern den Beschäftigten Mitbestimmungsrechte. Die SPD-Fraktion will gegen solche Arbeitgeber schärfere Sanktionen verhängen. n CFH

Die Bundesregierung soll Maßnahmen ergreifen, damit Deutschland ein erfolgreiches Wirtschaftsland bleibt. Das fordert die SPD-Bundestagsfraktion in ihrem Antrag „Eine starke Wirtschaft: Deutschland 2020“, den sie im März in den Bundestag eingebracht hat. Der Antrag greift Forderungen auf, die die SPD-Fraktion im Verlauf ihres „Zukunftsdialogs“ gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern entwickelt hat. Deutschland ist dank seiner starken Industrie bisher gut durch die Wirtschaftskrise gekommen. Doch bei der Infrastruktur und bei den Investitionen auf Zukunftsmärkten gerate das Land immer mehr ins Hintertreffen, kritisiert die SPD-Fraktion in ihrem Antrag. Denn die Bundesregierung bleibe untätig. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil warnt: „Wir sind in Gefahr, den Vorsprung, den wir uns erarbeitet haben, wieder zu verlieren.“ Deshalb fordert die SPD-Fraktion mehr Investitionen in die Infrastruktur. Die Bundesregierung soll mehr Geld für die Sanierung von Straßen bereitstellen und den flächendeckenden Ausbau schneller Internetverbindungen vorantreiben, heißt es in dem Antrag. Auch müsse die Regierung endlich ein umfassendes Konzept für die Energiewende vorlegen, das eine saubere, bezahlbare und sichere Energieversorgung sichert. Die Ausbildung von Fachkräften und die Forschung in Unternehmen sollen stärker gefördert werden. Zudem will die SPDFraktion erreichen, dass die Bürger bei der Planung von Infrastrukturprojekten stärker beteiligt werden. n CFH

Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich dafür ein, Frauen auf dem Arbeitsmarkt die gleichen Aufstiegschancen zu ermöglichen, wie ihren männlichen Kollegen. Wie ihre Politik in der Praxis wirkt, zeigt sie nun anhand des Lebensverlaufs der Figur Elli. Auf spdfraktion.de kann man sich durch Sta­ tionen ihres Lebens klicken und vergleichen, wie es ihr mit der sozialdemokratischen und wie mit der schwarz-gelben Politik gehen würde. Ellis Lebenslauf und die Informationen zur Gleichstellungspolitik der SPD-Fraktion gibt es auch als Faltblatt, das auf spdfraktion.de bestellt oder heruntergeladen werden kann. n CFH spdfraktion.de/ elli-verdient-mehr/

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Herr Schäuble hat der Schweiz eine Steueroasengarantie versprochen. Joachim Poß,

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SPD-Fraktionsvize, wirft der Regierung vor, zu w ­ enig gegen Steuerflucht zu u ­ nternehmen.

Impressum Verlags-Sonder­ veröffentlichung Herausgeber: SPD-Bundestagsfraktion Petra Ernstberger, MdB Parl. Geschäftsführerin V.i.S.d.P. Anschrift: SPD-Bundestagsfraktion Platz der Republik 1 11011 Berlin


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Pa r t e i L e b e n !

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So sitzen also Politiker: Florian Simbeck begutachtet einen Sitzungssaal im Pfaffenhofener Rathaus. Im September will der Schauspieler in den Bundestag gewählt werden.

Krass in die Politik

Florian Simbeck Bekannt wurde er als Teil des Comedy-Duos »Erkan & Stefan«. Über Facebook knüpfte er Kontakt zur SPD. Im September will er ein Direktmandat für den Bundestag gewinnen

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faffenhofen an der Ilm, das ist bayerische Provinz. Knapp 25 000 Einwohner hat der Ort. Das Zen­ trum bildet ein kleiner Altstadt-Platz, der sich vom Rathaus bis zu einer weiß gestrichenen Kirche erstreckt. In der Mit­ te steht ein Brunnen mit einer Marien­ gestalt. Hier sitzt vor einem Wirtshaus Florian Simbeck und bestellt sich ein Radler. Es ist einer der ersten warmen Frühlingstage. Simbeck sagt: „Die Men­ schen hier sind bereit für einen SPDKandidaten.“ Der 41-Jährige bewirbt sich im ­Wahlkreis Freising-Pfaffenhofen um ein Direktmandat für den Bundestag. Au­ ßerhalb Pfaffenhofens kennen die Men­ schen Simbeck in anderen Rollen. Be­ rühmt wurden er und sein Freund John

Porträt

Friedmann als Comedy-Duo „Erkan & Stefan“. Die beiden veräppelten liebevoll den türkisch geprägten Jugendslang. Als Proleten in Trainingsanzügen und Gold­ ketten schwärmten sie für „voll krasse Checker-Bunnys“ (kluge Frauen) und philosophierten über „Dönertiere“.

Prolet mit Jura-Studium Aufgewachsen ist Simbeck in einer ­Ingolstädter Reihenhaussiedlung. Nach dem Abitur studierte er Jura in Ingol­ stadt und München. Humor war sein Ausgleich zum Studium. Ihm und Friedmann war aufgefallen, dass sogar die deutschen Jugendlichen den Sprech der jungen Deutsch-Türken übernommen hatten. „Sie haben sich quasi rückintegriert“,

sagt Simbeck schmunzelnd. Daraus entwickelten die beiden den Stoff für ihr Comedy-Duo, das eine deutschtürkische Freundschaft darstellte. Ihre Karriere begann 1996 bei einem Mün­ chener Radio-Sender. 1999, eine Woche nach seinem mündlichen Staatsexamen, stand Simbeck für den ersten „Erkan & Stefan“-Kinofilm vor der Kamera. Eine Million Zuschauer sahen den Film. Es folgten zwei weitere Kinofilme und eine eigene TV-Show. Das Duo ­hatte Erfolg. Bis 2007 mehrere Medien ­verkündeten, dass Erkan und Stefan sich trennen würden. Es war eine Falschmel­ dung, die beiden planten gerade eine Bühnentour. „Aber das Vertrauen der Veranstalter war weg“, sagt Simbeck. „Viele Leute haben ihre Karten zurück­

Fotos: Florian Generotzky

Von Carl-Friedrich Höck


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gegeben.“ Am Ende trennten sie sich tatsächlich. Danach wurde es ruhiger um Simbeck. Im Jahr 2010 machte er mit einer Privatinsolvenz Schlagzeilen. Er hatte den dritten „Erkan & Stefan“-Film mitfinanziert, war auf seinen Schulden sitzen geblieben und konnte sie nun nicht mehr bedienen. Doch das Leben ging weiter. Der Pay-TV-Sender AXN verpflichtete ihn noch im selben Jahr als Moderator. Seit 2012 steht er außerdem für die Reihe „Die Komiker“ des Bayerischen Fernsehens vor der Kamera.

dat zu bewerben?“ Simbeck konnte, auch wenn er zunächst skeptisch war, ob die Wähler einen Komiker als Kandidaten akzeptieren würden. „Aber ich war immer ein politisch denkender Mensch“, sagt er. Also trat er in die SPD ein. Gerne würde er sich zum Beispiel dafür einsetzen, das Pflegesystem zu verbessern. Es gebe zu wenig Pfleger, sagt er. „Die kriegen kaum Geld und nach fünf Jahren einen Burn-Out. Wir sind

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Wir wollten, dass Türken und Deutsche gemeinsam lachen.

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Florian Simbeck über seine Rolle als Stefan Lust

Durch Facebook in die Politik Dass Simbeck nun in die Politik strebt, ist eine Wendung in seinem Leben, die er selbst wohl am wenigsten erwartet hat. „Ich habe mich mit Markus Käser über Facebook angefreundet“, erzählt er. ­Käser ist der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Pfaffenhofen. Simbeck gefielen die Kommentare, die Käser über das so­ ziale Netzwerk verbreitete. „So haben wir uns beschnuppert“, sagt Simbeck. „Im Juni letzten Jahres kam er auf mich zu und sagte: Du hast gute Ansichten, bist sympathisch. Kannst du dir vorstellen, dich für die SPD um ein Bundestagsman-

Früher sprach Simbeck über „Dönertiere“, heute über den Pflegenotstand.

alle irgendwann auf sie angewiesen, trotzdem behandeln wir sie so stiefmütterlich. “ Am Herzen liegt ihm auch das Thema Integration. Schon mit „Erkan & Stefan“ sei es ihm auch darum gegangen, sagt er. Deshalb hätten sie mit ihren Witzen nie unter die Gürtellinie gezielt: „Wir wollten immer, dass Türken und Deutsche gemeinsam über uns lachen können“. Außerdem ist Simbeck mit einer Afro-Amerikanerin verheiratet. ­ Die zwei gemeinsamen Kinder sollen in einer bunten Gesellschaft groß werden. Doch welche Chancen hat Simbeck, einen Wahlkreis zu gewinnen, der seit Jahrzehnten fest in den Händen der CSU ist? Realistische, glaubt Simbeck. Schließlich habe Pfaffenhofen seit einigen Jahren auch einen SPD-Oberbürgermeister. Punkten könne er besonders bei der Jugend. „Mein Gegenkandidat Erich Irlstorfer ist in vielen von diesen Altherrenvereinen drin“, sagt er. „Aber seine Internetseite ist seit zwei Jahren im Aufbau, der ist nicht mal erreichbar.“ Simbeck hat auf Facebook sogar seine Telefonnummer angegeben. Er will für die Leute da sein. Ab September auch als Abgeordneter im Bundestag. n ANZEIGEN

Wir trauern um einen großartigen Freund und Mitstreiter

Ottmar Schreiner 21. Februar 1946 – 6. April 2013

Ottmar Schreiner 21. Februar 1946 – 6. April 2013

Wir trauern um einen guten Freund, aufrechten Demokraten und engagierten Kämpfer für soziale Gerechtigkeit.

Wir werden ihn vermissen. Deutscher Gewerkschaftsbund – Bundesvorstand

Gerd Andres, Maria Andres, Petra Bauer, Klaus Beck, Klaus-Uwe Benneter, Egon Brinkmann, Günther Degen, Edgar Einemann, Ditmar Gatzmaga, Heinz Hawreliuk, Rudolf Hartung, Ulrich Hürter, Wolfgang Kiehne, Reinhold Kopp, Peter-Richard Krug, Paolo Lavista, Jo Leinen, Richard Meng, Karl-Hermann Niestädt, Martin Nissen, Herbert A. Meyer, Karl Obermann, Uwe Parpart, Margret Peulen, Detlef Prinz, Klaus Rave, Wolfgang Ressmann, Fritz Roll, Peter Ruhenstroth-Bauer, Claudia Sander-Hürter, Bettina Sander-Leppelt, Hans-Joachim Schabedoth, Astrid E. Schneider, Karlheinz Schonauer, Ulrich Schöler, Reinhard Schultz, Ruthild Sondermann, Bernd Schoppe, Norbert Schüren, Harald Stadler, Johano Strasser, Rainer Thiel, Dietmar Thieser, Karsten D. Voigt, Horst Wegner, Werner Wobbe, Bernd Wurl

und viele weitere ’78ziger – Jusos.

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Ein Euro für die Energiewende

Erika Wagner weiß, was sie will: einen Euro von jedem Bundesbürger und zwar jedes Jahr. „Wir wollen das Geld für die nachkommende Generation einsetzen, damit sie mit Erneuerbaren Energien aufwächst“, sagt die 75-Jährige. Ende vergangenen Jahres hat sie die Stiftung „Solarbürger“ gegründet. Ihr Ziel: Alle 30 000 Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie 50 000 Schulen in Deutschland sollen mit einer Solaranlage ausgestattet werden. „Kinder sollen sehen, wie Strom erzeugt wird und dass er nicht einfach aus der Steckdose kommt“, sagt Wagner. Ganz nebenbei sparen die Einrichtungen mit der Solaranlage auch Geld. Einen Teil dieser Ersparnis sollen sie nach der Vorstellung der Solarbürger-Stiftung in Bildungsmaßnahmen zum Thema stecken, „damit die jungen Menschen lernen, Energie zu sparen“, so Erika Wagner. Auslöser, die „Solarbürger“ zu gründen, war die schleppende Energiewende. „Mit unserer Stiftung wollen wir dem Bundesumweltminister einen kleinen Baustein in seine leere Schublade legen und die Energiewende von unten vorantreiben.“ Peter Altmaier hat selbst bereits einen Euro eingezahlt. Erika Wagner hofft, dass nun bald viele weitere dazukommen. Alle Einrichtungen auszustatten würde nämlich rund 16 Milliarden Euro kosten. n KD stiftung-solarbuerger.de

Peter Spiegel, der Leiter des Genisis-Instituts, will soziale Innovationen fördern.

meen Bank und vergab kleine Kredite an die Ärmsten der Armen, die andere Banken für kreditunwürdig hielten. Mit dem Kapital konnten sie Rohstoffe für ihr Handwerk besorgen und sich eine wirtschaftliche Existenz aufbauen. Aus dieser Erfahrung heraus entwickelte Yunus sein Konzept des Social Business. Es beschreibt Unternehmen, deren Zweck es ist, soziale oder ökologische Probleme zu lösen. Sie sollen sich wirtschaftlich selbst tragen, aber nicht dazu dienen, den Investoren spekulative Gewinne zu bescheren. Auf einer 2007 von Peter Spiegel veranstalteten Unternehmerkonferenz in Berlin stellte Yunus sein Konzept vor. Spiegel war begeistert und beschloss, diese Idee zu verbreiten. 2008 gründete er deshalb in Berlin das Genisis-Institut als gemeinnützige GmbH. Es soll soziale Innovationen fördern. Innovationen wie die Idee, mit den Mitteln eines Bankers gegen Armut vorzugehen.

Vielfalt entstehen lassen

Gute Geschäfte Unternehmer Das Berliner Genisis-Institut fördert sozial innovative Firmen Von Carl-Friedrich Höck

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enn Peter Spiegel über seine Arbeit spricht, fallen immer wieder drei Worte: „radikal neu denken“. Für Spiegel liegt darin der Schlüssel zur Bewältigung vieler sozialer und ökologischer Probleme. Was er mit neu denken meint, macht er mit einem Beispiel deutlich. „Welche Bevölkerungsgruppe ist am besten geeignet, KontrollAufgaben im IT-Bereich zu übernehmen, bei denen man endlose Zahlenkolonnen prüfen muss?“, fragt er. „Autisten!“ Darauf sei nur bis vor kurzem niemand gekommen. Eine dänische Firma stellte als erste Autisten ein – inzwischen arbeiten Unternehmen in mehreren Ländern nach diesem Modell, auch in Deutschland. Peter Spiegel hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, solche Gedanken zu fördern. Er will soziale Ziele und unternehmerisches Denken verknüpfen. Das nennt er Social Business, zu deutsch: ­soziales Geschäft. Das Konzept stammt ursprünglich von dem Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus aus Bangladesch. Yunus gründete 1983 in seiner Heimat die Gra-

porträt Genisis Institut

Gut Gemacht

Rechtsform gemeinnützige GmbH Aufgabe Förderung sozialer Firmenkonzepte Firmensitz Berlin Gegründet 2008 Beschäftigte 3 Infos genisis-institute.org Weitere Porträts der Serie: vorwärts.de/gut_gemacht

„Wir wollen dabei helfen, eine Infrastruktur aufzubauen, damit diese Szene sich entwickeln kann“, schildert Spiegel das Konzept. Einmal im Jahr veranstaltet das Genisis-Institut deshalb die Konferenz „Vision Summit“, einen „Gipfel der Visionen“. Dort tauschen sich so­zial engagierte Unternehmer über neue ­Ideen aus. „2008 hatten wir 900 Teilnehmer“, sagt Spiegel. Ein Jahr später hätten diese Teilnehmer 100 neue Sozialunternehmen gegründet. Besonders vielversprechende Konzepte zeichnet das Institut mit dem „Vision Award“ aus. 2012 ging der Preis an das deutsche Unternehmen „AfB – Arbeit für Behinderte“. Es recycelt Computer, verkauft sie zu günstigen Preisen weiter und schont damit die Umwelt. 50 Prozent der Mitarbeiter sind schwerbehindert. „Das ist ein wirtschaftlich profitables Unternehmen, das in den nächsten Jahren 500 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung schaffen will“, sagt Spiegel. Derzeit beschäftigt AfB rund 200 Mitarbeiter, mit steigender Tendenz. Paul Cvilak, der Gründer von AfB, betont: „Die größte Aufgabe ist es, Kunden zu gewinnen“. Hierbei habe ihm der Vision Award sehr geholfen. Darüber hinaus stößt das GenisisInstitut neue Projekte an. 2010 gründete David Diallo, einer der Gesellschafter des Instituts, das Magazin „enorm“. Es stellt soziale, nachhaltige und ökolo­ gische Wirtschaftsmodelle vor. Spiegel brachte Journalisten, Grafiker und Unternehmer zusammen, die im Büro des Instituts das Konzept für das Magazin entwarfen. Heute arbeite es unabhängig vom Institut, sagt Spiegel. „Wir wollen kein Imperium aufbauen, wir wollen Vielfalt entstehen lassen.“ n

Foto: Hendrik Rauch

Stiftung Solarbürger

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meine Arbeit

Ich möchte begeistern »Wegen der Symbiose aus Facharbeit und dem Umgang mit Menschen wurde ich Lehrer.

Foto: Peer Bergholter

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ft höre ich: „Lehrer haben es gut. Mittags frei und ständig Ferien“. Ganz so ist es nicht. An normalen Tagen halte ich drei bis sechs Unterrichtsstunden und komme gegen Mittag heim. Dort muss ich den nächsten Unterricht vorbereiten. Wann ich das mache, kann ich mir selbst einteilen. Meistens gönne ich mir nach der Schule eine Pause, um abzuschalten. Am frühen Abend setze ich mich an den Schreibtisch und bereite den nächsten Schultag vor. Wenn nicht gerade Elternabende oder Konferenzen anstehen, die sich bis in den Abend ziehen können. Ferien sind kein reiner Urlaub, denn es gibt Klassenarbeiten zu korrigieren, und für uns Oberstufenlehrer kommen jährliche Abiturprüfungen hinzu, die zusätzlichen Stress bedeuten. Als Tutor

Lehrer für Mathe und Physik Guido Eckhardt 38 Jahre, lebt in Kassel Ausbildung

Mathe- und Physikstudium, Referendariat

Status

Studienrat, Beamter

Gehalt

Tarif A13, entspricht 4059,63 Euro brutto im Monat

Arbeitszeit

25 Unterrichtsstunden plus Vor- und Nachbereitung

fahre ich im Schnitt alle zwei Jahre auf Kursfahrt. Das ist immer eine schöne Abwechslung, bedeutet aber auch viel Verantwortung. Der Arbeitsaufwand außerhalb des Klassenzimmers wird honoriert, da jede 45-minütige

Unterrichtsstunde mit 1,7 Zeitstunden veranschlagt wird. An normalen Tagen bleibe ich unter dieser Marke. Wenn ich Arbeiten korrigieren muss, liege ich aber deutlich darüber. Eine Arbeitswoche hat bei mir 25 Unterrichtsstunden und wird mit

42,5 Zeitstunden veranschlagt. Das sind Zahlenspiele, die mir als Mathe- und Physiklehrer besondere Freude bereiten. Beide Fächer haben mich schon immer fasziniert. Für mich ist Mathematik eine Naturphilosophie und die Sprache der Physik. Physik wiederum beschreibt die Wirklichkeit. Die Begeisterung, die mich bereits in der Schule erfasst hat, möchte ich heute meinen Schülern vermitteln. Diese Symbiose aus Facharbeit und dem Umgang mit Menschen gefällt mir – deshalb wurde ich Lehrer. Nicht alle Schüler teilen meine Leidenschaft, daher muss ich mir stets etwas einfallen lassen, um sie zu motivieren. Während in Mathe der Stoff wenig Gestaltungsfreiheit lässt, habe ich in Physik mehr Spielraum; Experimente lockern den Unterricht auf. An Kursunternehmungstagen besuche ich oft nachts mit den Schülern die Sternwarte des nahe gelegenen Schülerforschungszentrums. Dabei gibt es viel zu lernen und allen macht es großen Spaß. Und je mehr Spaß die Schüler am Lernen haben, desto mehr Freude habe auch ich an meinem Beruf. n Aufgezeichnet von Peer Bergholter vorwärts.de/meine_arbeit ANZEIGE

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Rezensionen

Die Favoriten der Leser im internet Götz Aly Die Belasteten. ‚Euthanasie’ 1939-1945. Eine Gesellschafts­ geschichte Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2013 348 Seiten, 22,99 Euro ISBN 978-3-10-000429-1 Stefan Kornelius Angela Merkel. Die Kanzlerin und ihre Welt Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2013 284 Seiten, 19,99 Euro ISBN 978-3-455-50291-6 Mely Kiyak Briefe an die Nation und andere Ungereimtheiten Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2013 376 Seiten, 9,99 Euro ISBN 978-3-596-19619-7 Andreas Montag Lothar König. Eine rebellische Seele Kreuz-Verlag, Freiburg 2013 160 Seiten, 14,99 Euro ISBN 978-3-451-61156-8 Samuel Salzborn Demokratie: Theorien, Formen, Entwicklungen Nomos Verlag, Baden-Baden 2012 153 Seiten, 14,99 Euro ISBN 978-3-8252-3782-0 Martin Horváth Mohr im Hemd oder Wie ich auszog, die Welt zu retten DVA, München 2012 347 Seiten, 19,99 Euro ISBN 978-3-421-04547-8

Vom Traum zur Praxis Das Buch »Die gute Gesellschaft« zeigt: Gerechtigkeit ist möglich, wenn man den Mut hat, an sie zu glauben Von Sigmar Gabriel

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eoliberale und Konservative tarnen sich seit geraumer Zeit gern als „Realisten“. Ihr Vorwurf an die Politik, sie fahre zu oft „auf Sicht“. Dagegen gilt in ihren Augen als mutig, wer es wagt, marktradikale Wahrheiten auszusprechen. Meist geht es dabei um das Herunterschrauben von Erwartungen an politisches Handeln, aber auch gegenüber den Wünschen der Menschen. Diese „Schrumpfrealismus“-Ideologie empfiehlt immer nur ein Rezept: soziale, politische und individuelle Anpassungsleistungen an anonyme Märkte und den

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r „will Tacheles reden“, schreibt der Präsident des Europäischen Parlaments, und diesen Vorsatz erfüllt Martin Schulz in seinem im März erschienenen Buch. Die rund 300 Seiten starke Streitschrift „Der gefesselte Riese. Europas letzte Chance“ ist nicht nur ein leidenschaftliches Plädoyer für ein gemeinsames Europa. Schulz benennt auch in klaren Worten die Probleme der Gemeinschaft und warnt eindrücklich vor ihrem Scheitern. Ob er den „Deregulierungswahn der Europäischen Kommission“ anprangert, das „verbissene Festhalten der nationalen Interessen“ geißelt, oder das scheinbar entschlossene Handeln der Regierungschefs im Europäischen Rat als „Theaterinszenierung“ verurteilt – der langjährige Europa-Abgeordnete findet deutliche Worte. Vielfach, und das macht die Kurzweiligkeit des Buches aus, verweist er auf seine persönliche Erfahrungen und drückt seinen Missmut angesichts der Unfähigkeit eines gemeinsamen Handels der EU aus.

internationalen Wettbewerb. Wer dagegen von einer besseren, gar einer guten Gesellschaft spricht, wird schnell als illusionärer Träumer abgetan. Doch die Zeiten ändern sich. Der richtungslose Realismus hat Risse bekommen in den letzten Krisenjahren. Diese Risse bearbeiten zweiundzwanzig Autoren, die Christian Kellermann und Henning Meyer in einem Buch über die „Gute Gesellschaft“ der Edition Suhrkamp versammeln konnten. Bei den Beteiligten handelt es sich keineswegs um Träumer, denn der Realismus

der Linken trägt nicht ohne ­idealistische Motive. Andrea Nahles, ­ Erhard Eppler, Julian Nida-Rümelin, ­ ­ Gesine Schwan, Colin Crouch, Jenny Anderson, David Held und andere schreiben auf der Höhe der Zeit darüber, was eine „Gute Gesellschaft“ ist, wie sie politisch durchgesetzt werden kann, und welche Bedingungen sie erfüllen muss. Nur soviel: Wer eine Blaupause der „Guten Gesellschaft“ sucht, wird hier nicht fündig werden. Denn die Autoren sind sich einig, dass sie das Ergebnis einer neuen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Praxis sein muss, die zu einem nachhaltigen Fortschritt führt. Nur so lässt sich das Ideal einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft, in der Menschen sich entfalten können, verwirklichen. Darin steckt denn auch ­ für die Autoren der Kern einer demokratischen und sozialen Politik im 21. Jahrhundert. Sie muss die Hoffnung auf die „good society“, auf die Veränderbarkeit des eigenen Lebens, und auf ein solidarisches Zusammenleben mit anderen mobilisieren, um den lähmenden Realismus der Marktradikalen zu überwinden. n Christian Kellermann, Henning Meyer (Hg.) Die gute gesellschaft Soziale und demokrati­sche Politik im 21. Jahrhundert edition suhrkamp, Berlin 2013, 318 Seiten, 15 Euro ISBN 978-3-518-12662-2

Der Riese wankt Was passiert, wenn Europa scheitert? Martin Schulz beschreibt die dramatischen Folgen Von Sarah Kohlhauer Seine Kritikpunkte, die er differenziert und auch für europapolitische Laien verständlich benennt, kontrastiert Schulz mit den Errungenschaften der EU. Gerade durch die historische Einordnung und im Vergleich mit anderen Staaten steckt der Enthusiasmus des SPD-Politikers für das „Friedensprojekt Europa“ an. Angesichts der komplexen Herausforderungen des 21. Jahrhundert hat Europa nur gemeinsam eine Chance, so die zentrale These des Buches. Alternativlos sei die EU allerdings nicht, so Schulz. Er zeigt mögliche Folgeszenarien einer Auflösung der Eurozone – von der Rückkehr der Schlagbäume, bis zur weltpolitischen Bedeutungslosigkeit – auf. Den Status quo der EU beizubehalten, ist für Schulz angesichts ihrer Krise – zu der nach seiner Ansicht das Miss-

management der Regierungschefs erheblich beigetragen hat – zu wenig. Der Präsident des Europäischen Parlaments setzt auf ein stärkeres und solidarischeres Europa, in dem das Parlament das volle Initiativrecht erhält und in dem sich die Bürger auch als Europäer verstehen. Für die Identifikation der Bürger liefert Martin Schulz’ Buch viele gute Argumente. n Martin Schulz Der gefesselte Riese Europas letzte Chance Rowohlt Verlag 272 Seiten, 19,95 Euro ISBN 978-3-8713-4493-0

Foto: bobsairport/ Sophia Paeslack

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Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) trauert um

Ottmar Schreiner Bundesvorsitzender der AfA 2000 – 2012

Mythen Der Sozialdemokratie Ein Buch macht Vergessenes aus 150 Jahren lebendig Von Helga Grebing

F Medienzirkus Von Gitta List Wie war das noch mit Justitias Augenbinde? Ach ja, ohne Ansehen der Person soll Justitia richten, heißt es. Was nicht zwangsläufig bedeutet, dass sie blind für einen legitimen Anspruch der (Medien-)Öffentlichkeit sein muss und taub für die Stimme der Vernunft. Im Oberlandesgericht München legt man es aber offenbar genau so aus. Nicht nur ist der Sitzungssaal, in dem im April der NSU-Prozess beginnt, zu klein, offenbar ist es auch mit der gedanklichen Flexibilität der Richter nicht weit her. Vertretern der türkischen Presse den Zugang zu einem Strafgerichtsprozess von so erheblicher politischer Bedeutung derart zu erschweren, ist instinktlos und skandalös. Ja, die dritte Gewalt im Staat ist unabhängig, Richter müssen und sollen sich nicht von der Politik gängeln lassen. Das ist ein hohes Gut. Dass sich die P­olitik nunmehr mit zahlreichen Appellen in das Akkreditierungsverfahren „einmischt“, bezeugt aber nicht eine Missachtung desselben, sondern die beschämende Sturheit des Münchner OLG. Auch das Recht der Öffentlichkeit auf Information ist in unserem Staat ein hohes Gut, ganz besonders in ­ diesem Fall, in dem Verbrechen mit nationalsozialistischem Hintergrund verhandelt werden. Begangen in Deutschland, begangen an deutschen Mitbürgern türkischer Herkunft, ­begangen über zehn Jahre hinweg, während derer sich deutsche Ermittlungsbehörden wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert haben. Der ­Verweis auf die Strafprozessordnung ist ein schütteres Argument, zahlreiche Strafrechtsexperten haben darauf hingewiesen, dass eine Videoübertragung der Verhandlung in einen weiteren Saal keineswegs unzulässig wäre. Dass das OLG sie verweigert, ist kein Zeichen von Unabhängigkeit, sondern von mangelndem Augenmaß. n

Geradlinig, glaubwürdig, kompetent und wortstark hat Ottmar Schreiner für die Würde der arbeitenden Menschen und eine gerechte Gesellschaft gekämpft. In diesem Sinne hat er unsere Arbeitsgemeinschaft durch die schwierigste Zeit in ihrer 40-jährigen Geschichte geführt, ihr eine starke Stimme und hohes Ansehen verliehen.

Für viele Menschen in Betrieben und Verwaltungen, Gewerkschaften, ranz Walter und seine MitarbeiteSozialverbänden, Kirchen und weit darüber hinaus war Ottmar rinnen und Mitarbeiter (22 an der Schreiner ein Leuchtturm des Vertrauens. Er stellte seine ÜberZahl, fast alle um die 30 Jahre alt) zeugungen und die Arbeit für seine politischen Ziele vor seine legen mit „Mythen, Ikonen, Märtyrer“ persönliche Karriere. ein weiteres Buch aus der Produktion des Göttinger Instituts für DemokratieforWir sind stolz darauf, Ottmar Schreiner mit seiner prägenden schung vor. Darin lässt sich viel erfahren Kraft an unserer Seite gehabt zu haben. Er verlässt uns in einer über das Innenleben der SozialdemokratiZeit, in der seine Positionen wieder zum Allgemeingut der deutschen Partei und über die Menschen, die schen Sozialdemokratie geworden sind. Sie strahlen weit darüber sich zu ihr bekannt und für sie gearbeitet hinaus. Die AfA wird ihre Arbeit in bewusster Erinnerung und im haben – von Ferdinand Lassalle bis zu Sinne Ottmar Schreiners weiterführen. Gerhard Schröder, von August Bebel bis zu Willy Brandt. Für den AfA-Bundesvorstand Anders als in den meisten Darstellungen zum Jubiläumsjahr ist nicht Klaus Barthel (Vorsitzender) immer nur von der SPD die Rede, als sei Annegret Hansen, Wolfgang Jägers, sie handelndes Subjekt. Das Buch zeigt Wolfgang Lorenz, Udo Lutz (stellv. Vorsitzende) die Sozialdemokratie als ein aus vielen Komponenten zusammengesetztes Rudolf Dressler (Ehrenvorsitzender) Gebilde, dessen Teile erst durch Aus­ einandersetzungen zu einer politischen Meinungs- und Willensbildung fähig wurden. Das Buch macht auch deutlich,99x152_TrauerAZ_O_Schreiner_AfA.indd 1 12.04.13 ANZEIGEN dass es nicht den Marxismus und den Sozialismus gibt, den die Vertreter konservativen Denkens den Sozialdemokraten immer noch ziemlich dümmlich um die Ohren werfen. Was es gab, waren jeweils historisch gebundene Auslegungen Marx‘schen Denkens, die oft kontrovers ausfielen. Für Sozialdemokraten ist es nicht erst seit 1945, sondern bereits nach der Revolution der Bolschewiki 1917 der demokratische Sozialismus. Das Buch lässt Vergessenes wieder lebendig werden, z. B. die Weimarer ­ ­Arbeiterjugend, das Rote Sachsen, Dortmund: die Herzkammer der Sozialdemokratie, den „sozialistischen Volksstaat“, die jüdischen Wurzeln der Sozialdemokraten, um nur einige der insgesamt 25 Themen zu nennen. Die meisten Beiträge sind gut zu lesen; allenfalls die DurchzähGebunden mit Schutzumschlag lung der Anmerkungen von 1 bis 757 ist E 19,99 [D] Auch als E-Book nicht so leserfreundlich. Vermisst hat die erhältlich Rezensentin einen abschließenden Essay als Wegweiser zur Nutzung der Beiträge. Aber vielleicht unterschätzt sie die Lernbereitschaft der Leser dieses Buches; deshalb wünscht sie diesen den gleichen Spaß, den sie bereits gehabt hat. n

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WIE WICHTIG

IST

WIRKLICH?

Franz Walter/ Felix Butzlaff (Hg.) Mythen, Ikonen, Märtyrer Sozialdemokratische Geschichten vorwärts|buch 2013 302 Seiten, 20 Euro ISBN 978-3-86602-914-9

Der Bestsellerautor Joachim Bauer nimmt unsere Art zu arbeiten unter die Lupe und zeigt auf, wie Arbeit beschaffen sein muss, damit sie eine „gute“ Arbeit ist. Ein wirklich grundlegendes Buch zu einem Thema, das jeden angeht.

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32  Historie

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Kämpfte für die Einheit der geteilten Stadt: der Regierende Bürgermeister Willy Brandt 1958 vor dem Brandenburger Tor

Er war ein Berliner Willy Brandt In Berlin begann seine politische Karriere. In Bonn schuf er mit der Entspannungspolitik neue Perspektiven für die geteilte Stadt. Als Berlin Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands wurde, war das die Krönung seines Lebenswerkes Von Egon Bahr Die Serie Folge 6: Willy Brandt und Berlin

Im nächsten Heft Folge 7: Willy Brandt und die Kraft des Wortes

Der Moskauer Vertrag wurde der Schlüssel auch für die europäische Sicherheitskonferenz in Helsinki 1975 mit der bestätigten Vereinbarung, dass alle Grenzen in Europa nur in gegenseitigem Einvernehmen verändert werden dürfen. Seine Überzeugung, dass dies der Anfang des Prozesses sein würde, der zur Einheit unseres Landes führt, fand ihre erste Bestätigung in dem Markstein der deutschen Nachkriegsgeschichte, als die Vier Mächte nicht mehr ohne die Mitwirkung der beiden deutschen Regierungen das Vier-Mächte-Abkommen schließen konnten. In seinem Kern, dem Transit-Abkommen, haben die Deutschen die erste zivile Verkehrsregelung nach dem Krieg vereinbart, die bis zum Ende der Teilung funktioniert hat. Aus diesem Modell 4 + 2 wurde 19 Jahre später das Modell 2 + 4: Wie Notare bestätigten die Vier Mächte die Rückgabe der Selbstbestimmung an das kleiner gewordene Deutschland, die das Reich 1945 verloren hatte. Ost-Berlin hatte unrevidierbare neue Tatsachen geschaffen, ohne die Vier Mächte und ohne West-Berlin.

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Willy Brandt ist in den ­Geschichtsbüchern von Berlin gar nicht zu ­trennen oder ­wegzudenken. Egon Bahr

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Nach der Genugtuung für Willy Brandt, dass Helmut Kohl als Bundeskanzler der Entspannungspolitik Brandts gefolgt war, erlebte er am 3. Oktober 1990 das Glück der Deutschen Einheit und konnte nach Berlin zurückkehren. Schließlich hat er 1991 in der leidenschaftlichen Bundestagsdebatte seinen Beitrag dazu geleistet, dass Berlin wieder Hauptstadt wird. Er konnte, wie auch das Ausland, nicht verstehen, dass man darüber auch nur eine Sekunde zweifeln konnte. n Egon Bahr war in vielen Funktionen engster Vertrauter und Berater Willy Brandts: im Berliner Rathaus Schöneberg, ebenso wie in Bonn in der Bundesregierung und im SPD-Parteivorstand.

Foto: J.H. Darchinger/Friedrich-Ebert-Stiftung; Illustration: Hendrik Jonasw

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illy Brandt ist als Name in den Geschichtsbüchern des letzten Jahrhunderts von Berlin gar nicht zu trennen oder wegzudenken. Seine antifaschistische Vergangenheit verschaffte ihm Vertrauen im Osten, seine Festigkeit in der Verteidigung der bedrängten Stadt gegen die Herausforderungen des Ostens verschaffte ihm Vertrauen im Westen. Er war in der gegebenen Situation der Glücksfall, durch keinen anderen Menschen ersetzbar, um glaubwürdig und unbeirrbar seine Entspannungspolitik verfolgen zu können. Die Mauer war der Höhepunkt des Kalten Krieges. Kein anderer als der Regierende Bürgermeister hätte mit Zustimmung der Vier Mächte, im Besitz der unkündbaren Siegerrechte ­ für Deutschland und Berlin, die Politik der kleinen Schritte, mit der DDR als Verhandlungspartner einleiten können. Niemand ahnte, dass die Passierscheine auch der Anfang vom Ende der Mauer werden würden. Er hielt Wort, nachdem er als Außenminister nach Bonn ging, um die Fortsetzung dort auf nationaler Ebene zu betreiben.


Historie 33

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Fotos: bpk/ Bayerische Staatsbibliothek/ Archiv Heinrich Hoffmann

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lles ist wohl vorbereitet an ­diesem 23. Mai 1863. Der Ballsaal im „Pantheon“, einem bekannten Leipziger Vereinslokal in der Dresdner Straße 20, ist festlich geschmückt. Ein Fotograf ist bestellt, der den wichtigen Augenblick festhalten soll. Für den Abend sind einige Hundert Leipziger Arbeiter eingeladen, um das Ereignis in gebührendem Rahmen feiern zu können. Nach und nach treffen am Nachmittag die Delegierten aus elf Städten ein. Leipzig, Hamburg, Harburg, Köln, Düsseldorf, Elberfeld, Barmen, Solingen, Frankfurt a. M., Mainz und Dresden. Sie werden von dem Chemiker Dr. Otto Dammer, dem Zigarrenarbeiter Friedrich Wilhelm Fritzsche und dem Schumacher Julius Vahlteich empfangen, die die Versammlung organisiert haben. Schließlich trifft auch der Journalist und begnadete Redner Ferdinand Lassalle ein, der intellektuelle Kopf des Ganzen. Blick zurück: Nach der gescheiterten Revolution von 1848 ließen zu Beginn der 1860er Jahre die Unterdrückungsmaßnahmen der deutschen Staaten nach. Eine starke bürgerliche Freiheitsbewegung formierte sich, die eng mit der Arbeiterbewegung verknüpft war. Ihr gemeinsames Ziel war ein geeintes und freies Deutschland. Die Lage der Arbeiterschaft war ­prekär. Ein großer Teil lebte in unbeschreiblichem Elend, wurde ausgebeutet, war recht- und hilflos. Über die „soziale Frage“ wurde beim Bürgertum viel diskutiert. Die Not des „vierten Standes“ sollte durch Bildung behoben werden. Seit 1861 wurden deshalb in vielen Städten bürgerlich-liberale Arbeiterbildungsvereine gegründet. Sie sorgten für eine bessere allgemeine und berufliche Bildung und förderten Genossenschaften, die die Arbeiter finanziell unabhängiger machen sollten. Allerdings hatten Arbeiter in diesen Arbeiterbildungs­ vereinen nichts zu sagen. Viele Arbeiter wollten jedoch selbst politisch aktiv werden. So beschloss eine große Arbeiterversammlung in Berlin am 2. November 1862, einen allgemeinen deutschen Arbeiterkongress

Ferdinand Lassalle (18251864): Erster Präsident des ADAV und Gründungsvater der SPD

in ­Leipzig einzuberufen. Ein Leipziger Komitee begann mit den Vorbereitungen. Ihm gehörten u. a. Fritzsche, Vahlteich und August Bebel an, der später zu einem weiteren Gründungsvater der Sozialdemokratie werden sollte. Doch zunächst hielt sich Bebel ans bürgerlich-liberale Lager um Herman SchulzeDelitzsch, das eine eigenständige Arbeiterpartei ablehnte.

Endlich: eine Partei der Arbeiter

Eine neue Zeit vor 150 Jahren In Leipzig gründen 1863 Ferdinand Lassalle und Arbeiter-Delegierte aus elf Städten den ADAV Von Thomas Horsmann

Am 4. Dezember 1862 wandten sich Fritzsche, Vahlteich und Dammer als Vertreter des Leipziger Komitees per Brief an Ferdinand Lassalle, der gerade mit seinen Ideen zur Arbeiterschaft für Aufsehen gesorgt hatte. Sie baten ihn „Führer der ganzen Bewegung“ zu werden. Sein „Offenes Antwortschreiben“ vom 1. März 1863 war ganz nach ihrem Geschmack: „Der Arbeiterstand muss sich als selbstständige politische Partei konstituieren.“ Er forderte das allgemeine und gleiche Wahlrecht und die Vertretung des Arbeiterstandes in den gesetzgebenden Körperschaften Deutschlands. Zudem sollten die Genossenschaften vom Staat gefördert werden. Arbeiter sollten zu Unternehmern werden. Das Leipziger Komitee ließ sich von Lassalle begeistern. Mehrheitlich sprach es sich für die Gründung einer Arbeiterpartei aus. Als Termin für den feierlichen Akt wurde der 23. Mai 1863 festgelegt. Doch Lassalles revolutionäre Ideen kamen nicht überall gut an. Die Arbeiterschaft spaltete sich in die Anhänger des liberalen Schulze-Delitzsch und Anhänger Lassalles. So wurden nur in elf Städten freie Arbeiterversammlungen abgehalten, die Delegierte nach Leipzig schickten. Im „Pantheon“ wird schließlich die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) vollzogen. Eine Satzung wird verabschiedet, als Sitz des Vereins wird Leipzig festgelegt. Mit großer Mehrheit wird Lassalle zum Präsidenten für zunächst fünf Jahre gewählt. Die erste politische Partei der Sozialdemokratie ist entstanden. n

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34  Rätsel

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kreuzworträtsel Die Fragen und das Kreuzworträtsel darunter ergeben die Lösung.

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Der Journalist und Historiker… beschäftigte sich schon als junger Mann mit Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, bevor er mit einem kongenialen Partner ein epochales Werk verfasste, das aus der Literatur der Welt nicht wegzudenken ist. Sein Vorname? 1

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Sein Geburtsort… aus dem auch ein berühmter Chirurg stammt, wurde 1929 mit vier weiteren Städten zu einer neuen Stadt zusammengelegt, die auch „Wiege der Industrialisierung in Deutschland“ genannt wird, und die heute einen anderen Namen trägt. 2

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Es gibt zwei Wege, das Preisrätsel zu lösen: Ratefüchse beantworten zuerst die beiden Fragen. Der dritte und die beiden letzten Buchstaben des ersten Lösungswortes sowie der dritte und fünfte Buchstabe des zweiten Lösungswortes ergeben in der richtigen Reihenfolge die Lösung. Es geht aber auch einfacher: Die grauen Felder im Kreuzwort­rätsel e ­ rgeben in der r­ ichtigen Reihenfolge das Lösungswort. Zu Lebzeiten des Gesuchten war dies die Staatsform seiner Heimat.

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WAAGERECHT 1 Abscheu, Schrecken 6 österreichischer Fluss zur Donau 9 Handelsbrauch 10 griechische Göttin 11 Stelle eines Verbrechens 13 flaches Wasserfahrzeug 16 Wundstarrkrampf (Med.) 18 ausgefranst 21 Fußballbegriff 25 Glückstaumel 28 Europäische Weltraumorganisation (Abk.)

29 Schaupackung, Attrappe (engl.) 30 Dramengestalt, Dänenprinz 31 früherer persischer Herrschertitel 32 römischer Sonnengott 34 Seite, Rumpfteil 37 Kanzelrede 39 verehrtes Vorbild 40 auf etwas, jemanden zu 41 Schwur 42 Stadt am Mittelrhein 43 Aristokratie

SENKRECHT 1 Kopfbedeckung 2 japan. Hafenstadt 3 Signalfarbe 4 Sinnesorgan 5 scharf schmeckendes Wurzelgemüse 6 Seidengewebe 7 Name mehrerer englischer Flüsse 8 Hartschalenfrucht 12 feierliches Gedicht 14 weithin hörbar 15 liebevolles Wort für Freundin 17 deutscher Komponist (Werner) 18 Präsident der USA (Gerald) 19 Stoffrand, -besatz

Von Lothar Pollähne

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Wer war’s?

Ob als Lehrerin, Abgeordnete oder Ministerin: Das Schicksal der Frauen lag ihr stets am Herzen

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Besuch in Moskau 1974: Die Gesuchte mit Kreml-Chef Leonid Breschnew, Außenminister Andrej Gromyko und Bundeskanzler Helmut Schmidt (v.l.)

20 Wiederverwendung bereits benutzter Rohstoffe 22 schmiedbare Eisen-KohlenstoffLegierung 23 schwedische Insel 24 Reitersitz 26 Verfasser 27 telefonische Kurznachricht (Abk.) 30 auf etwas festkleben 32 Fährte, Abdruck 33 gelblich braune Erdart 35 Oper von Verdi 36 Schlafstelle auf Schiffen 38 Durchsichtsbild (Kzw.)

Die richtige Lösung schicken Sie bitte bis zum 17. Mai 2013 per Post an vorwärts, Postfach 610322, 10925 Berlin oder per E-Mail an raetsel@vorwaerts.de. Bitte Absender nicht vergessen und ausreichend frankieren! Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir zehn Bücher.

ie hat in ihrem politischen Leben Maßstäbe gesetzt, „mit ihrem Mut und ihrer Entschlossenheit, ihrer Herzlichkeit und Solidarität - und vor allem in ihrer Konsequenz, den einmal für richtig befundenen Weg auch dann nicht zu verlassen, wenn sich Barrieren auftaten“. Mit diesen Worten würdigte Bundeskanzler Gerhard ­Schröder am 26. November 1999 eine Frau, deren Leben von Liebe, Kampf und Arbeit geprägt war. Sie will Lehrerin werden, muss diesen Wunsch nach dem frühen Tod des Vaters jedoch hintanstellen. Als Verkäuferin trägt sie zum Familieneinkommen bei. Ihr erster Mann fällt 1943. Wenig später flieht sie mit ihren drei Kindern aus Pommern ins Weserbergland. 1947 erfüllt sich ihr Berufswunsch doch noch. In Berlin wird sie ohne Abitur zur Lehrerin ausgebildet. Der Berufsweg führt über ein Rektorat im Wedding zum Amt der Schulrätin in Reinickendorf. Ihr besonderes Anliegen gilt der Förderung von Mädchen und Kindern aus „sozial schwachen“ Familien. Dieses Engagement überträgt sie auch in ihre politische Karriere, die 1969 mit dem Einzug in den Bundestag beginnt. 1973 wird sie in den Fraktionsvorstand gewählt; ein Jahr später beruft Helmut Schmidt sie als parlamentarische Staatssekretärin ins Bundeskanzleramt. In der Nachfolge von Egon Bahr wird sie 1976 Ministerin und sorgt sich um die Förderung von Mädchen und Frauen. Vehement zieht sie gegen den Paragraphen 218 zu Felde. Wegen einer Krebserkrankung zieht sie sich 1981 aus der aktiven Politik zurück. Ihr aufregender Lebensweg endet am 21. Mai 1983. n Unter allen Einsendern verlosen wir eine vorwärts-Tasche. Bitte schicken Sie das Lösungswort mit dem Stichwort „Wer war’s“ bis 17. Mai 2013 per Post oder per E-Mail an: redaktion@vorwaerts.de

Historisches Bilder-Rätsel Die Lösung des Bilder-Rätsels aus der vergangenen Ausgabe lautet: Egon franke Die vorwärts-Tasche hat gewonnen: Dirk Leyk , 12249 Berlin

Gewinner

Die Lösung des jüngsten Preisrätsels lautet: maut Gesucht wurden außerdem: malu und neustadt Jeweils ein Buch gewannen: Brigitte Volz, 44319 Dortmund Eva Maria Fuchs, 57587 Birken-Honigessen Thomas Lehmann, 01987 Schwarzheide Horst Gerberding, 49637 Menslage Barbara-Kathrin Möbius, 22765 Hamburg Christa Petrat, 30926 Seelze Manfred Speißer, 72131 Ofterdingen Klaus Pötschke, 01968 Niemtsch Margit Schilling, 96237 Ebersdorf Christian Kuly, 57319 Bad-Berleburg

Foto: J.H. Darchinger/Friedrich-Ebert-Stiftung

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Das Allerletzte 35

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Mit verbundenen Augen durchs Rathaus Stadtleben Schlaglöcher im Asphalt? Kein Geld für die Sanierung? Keine Sorge! Die Stadt könnte sich zur »Off Road-City« erklären und ihre Straßen zur Spaßstrecke für Geländewagen Von Martin Kaysh

Illustration: christina Bretschneider

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em Landrat ist der Teppich peinlich. Ich muss jedes Mal grinsen, wenn ich das Ding sehe. Im Kreishaus, Baujahr 1979, liegt er. Etwa 20 Meter, feinstes Bodentextil, direkt vor dem Büro des Chefs. Als habe das Hotel Adlon einem Nachtasyl ein paar Quadratmeter Luxus-Reste spendiert. Der Rest des Gebäudes ist reichlich abgerockt, ächzt unter dem Modernisierungsstau aus Jahrzehnten. Ein Vorgänger hat den Teppichboden angeschafft. Er wollte wohl Eindruck schinden, falls doch mal ein Großinvestor vorbeikommt, der hier einen Flughafen mit integrierter Philharmonie und unterirdischem Bahnhof plant. Er müsste nur noch mit verbundenen Augen bis in die Chefetage geleitet werden.

In einer der Kreisstädte haben sie die letzten hundert Meter Straße zum ebenfalls maroden Rathaus neu asphaltiert. Ansonsten gibt es hier, wie überall in der Republik, die berühmten Schlag­ löcher. Man kann nur hoffen, dass die Kommune so arm ist, dass auch die Straßenlaternen abgeschaltet werden. Dann sieht man das Elend wenigstens nachts nicht. Andererseits könnte man aus dem Defizit eine Stärke machen. Die Stadt müsste sich einfach zur „Off Road-City“ erklären. Das Stadtgebiet würde zur Spaßstrecke für jene Geländewagen, die ich immer staunend in der Tempo30-Zone sehe. Ich nehme an, die in den irren Karren würden nicht mehr motzen, sondern gerne für die Nutzung der

seit wärts

Hin und wieder ziehe ich einfach mal so einen Parkschein, obwohl ich zu Fuß unterwegs bin.

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Martin Kaysh

Martin Kaysh ist Kabarettist, Alternativkarnevalist („Geierabend“) und ­Blogger. Er lebt im Ruhrgebiet, freiwillig.

Schlaglöcher des Grauens – die Rückkehr Herrje! Die Schlaglöcher bringen uns noch mal alle um!

Vorsicht, Kleine!!

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Marterstrecken zahlen, wenn die Stadt das Ganze nur geschickt vermarktet. Denn wenn es ums Auto geht und um die Heimatstadt, gibt es kein Halten. Seit ein paar Monaten gibt es wieder diese alten Nummernschilder. Damit wollen viele durch die Gegend fahren, mit WAN-NE statt HER-NE, WAT-IS statt BO-EY. Wanne-Eickel statt Herne, Wattenscheid statt Bochum. So kann man die nie geliebte Eingemeindung von 1975 zumindest auf der Straße rückgängig machen, und das Straßenverkehrsamt kassiert fleißig ab. Mir liegt an meiner Stadt. Hin und wieder ziehe ich einfach mal so einen Parkschein, obwohl ich zu Fuß unterwegs bin. Oder ich stelle den Wagen absichtlich im Parkverbot ab. So ein Parkschein ist mir zu billig. Wenn die Politesse dann nicht auftaucht, denunziere ich mich selbst anonym beim Ordnungsamt. Das ist Notwehr. Vor einigen Jahren hatte ich mal versucht, der Stadt Bargeld zu spenden. Ich scheiterte an den Vorschriften. Ohne Vorgang, beschied mir der Kämmerer, könne er nichts vereinnahmen. n

von David Füleki

Geht es unserer Gemeinde wirklich so schlecht, dass wir uns nicht mal mehr Straßen leisten können?

Mooment!!

Lieber Himmel!

Dieser Gemeinde geht es blendend! Alles zu seiner Zeit. Jetzt bauen wir erst mal ein schmuckes Jugendzentrum mit einer Fahrradrennbahn.

Schaut! Das wird der Prunkbau!Und Fahrrad fahren wird hier auch sicher sein.

Wie schön! Darf man da schon mal …

Nein! Aber Chef, wird das nicht auffallen, dass das alles nur Attrappen sind?

Bis zur nächsten Wahl reicht's allemal.

Hmm ... Okay. Na ja, wenigstens was.

Waren Sie etwa die ganze Zeit in dem Gebüsch?

Ja, schaun' wer mal.


Energie

05-2013-Anzeigen-sonderveröffentlichung

Das Ende der Wende?

Foto:imago/blickwinkel

Fukushima hat Tatsachen geschaffen. Nach der Katastrophe wollten ­alle die Energiewende. Zwei Jahre später streitet die Bundesregierung über den ­richtigen Kurs. Deutschland diskutiert die steigenden Strompreise und ­ignoriert die positive Entwicklung für Wirtschaft und Umwelt

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Energie 37 05-2013-Anzeigen sonderveröffentlichung

Vor gut zwei Jahren ereignete sich die nukleare Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima. Die frühere Atomkanzlerin Merkel (CDU) schwenkte unter dem Druck der Fakten aus Fukushima und der deutschen Öffentlichkeit auf grüne Energien um. Der erneute Ausstieg aus der Kernkraft war besiegelt und Deutschland mauserte sich zum Musterschüler in Sachen Erneuerbare Energien. Zwei Jahre später hat sich Katerstimmung breit gemacht. Die Debatte um neue Energien dreht sich nicht mehr um den endgültigen Atomausstieg, sondern um die hohen Strompreise. Auch auf Seiten der Wirtschaft macht sich Ernüchterung breit. Die Stimmung gegenüber der Energiewende ist bei den betroffenen Unternehmen laut Deutschem Energiewende-Index (DEX) im ersten Quartal 2013 stark gesunken. Die Branche fordert eine grundsätzliche Überarbeitung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Der Ausbau der Erneuerbaren Energien müsse mit dem Netzausbau einhergehen und eine verbindliche Gesamtplanung der Energiewende sei nötig.

Erfolg für Umwelt und Wirtschaft Dabei ist die Energiewende bisher nicht nur umweltpolitisch, sondern auch wirtschaftlich ein Erfolg. Mit dem Ausbau der grünen Energien sind viele Arbeitsplätze entstanden: 2011 arbeiteten laut Bundesumweltministerium 381 600 Menschen in der Branche – das sind zweieinhalb Mal so viele wie 2004. Gerade in strukturschwachen Regionen im Norden und Osten Deutschlands hat die Energiewende neue Arbeitsplätze geschaffen. Zudem wird in Erneuerbare Energien gewaltig investiert. 22,9 Milliarden Euro flossen 2011 in grüne Technologien. Das Know-how, das Deutschland auf diesem Feld sammelt, kann sich zum Exportschlager entwickeln, denn die Energiewende ist weltweit ein Thema. Spitzenforschung und ökologisches Bewusstsein gehen inzwischen Hand in Hand. Jetzt liegt es an der Politik, die Rahmenbedingung der Energiewende so zu gestalten, dass die gute wirtschaftliche Entwicklung weitergehen kann. Die SPD fordert seit Jahren einen Masterplan für die Energiewende. Dazu gehört ein neuer Ordnungsrahmen für den Strommarkt, der den Ausbau der Erneuerbaren vorantreibt. „Durch den Zick-ZackKurs der Merkel-Regierung haben wir in dieser Legislaturperiode wertvolle Zeit für die Energiewende verloren“, sagt der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende ­Hubertus Heil. Die Bundesregierung habe offensichtlich nicht mehr die Kraft dazu, die großen Fragen der Energiepolitik vor der Bundestagswahl zu klären. „Die SPD wird nach dem Regierungswechsel mit aller Kraft daran arbeiten, dass die Energiewende gelingt“, sagt Heil. n

Die Deutsche Energiewende in Zahlen

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Atomkraftwerke sind noch am Netz – bis 2022 sollen alle abgeschaltet sein.

80% der Treibhausgas­ emissionen verursacht der Energieverbrauch.

20% ist der Anteil Erneuerbarer Energien an der Strom­ versorgung im Jahr 2011.

40% soll der Endenergiever­ brauch 2050 gesunken sein, im Vergleich zum Jahr 2005. Quelle: Bundesumweltministerium; Bundesministerium für wirtschaft und Technologie


Energie

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„Die Politik sollte die Menschen dabei unterstützen, Energie und damit Geld zu sparen“, sagt Rolf Hempelmann.

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gebracht. Wie bleibt der Umstieg auf Erneuerbare Energien bezahlbar? Wir brauchen Rahmenbedingungen, in denen Strom aus Erneuerbaren Energien werthaltig vermarktet und nicht länger an der Börse zu teilweise extrem niedrigen Preisen verramscht wird. Erneuerbare Energien müssen unabhängig von der EEG-Umlage werden. Gleichzeitig sollte die Politik die Menschen dabei unterstützen, Energie und damit Geld zu sparen. Wo sehen Sie derzeit den größten­ ­Handlungsbedarf? In der nächsten Legislaturperiode müssen wir ein Strommarktmodell entwickeln und umsetzen, dass sowohl den bedarfsgerechten Ausbau Erneuerbarer Energien als auch den wirtschaftlichen Bau und Betrieb der benötigten konventionellen Kraftwerke ermöglicht. Hierzu ist es notwendig, dass nicht nur die Lieferung von Strom, sondern auch die Vorhaltung von Erzeugungskapazitäten einen Preis erhält. Wie sieht der Energiemix der Zukunft aus?

Der Atomausstieg ist beschlossen. Doch Schwarz-Gelb treibe die Energiewende nur widerwillig voran, sagt Rolf Hempelmann, Energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 gab es in Deutschland einen breiten Konsens für den Atomausstieg und die Energiewende. Inzwischen ist die Aufbruchsstimmung verblasst. Woran liegt das? Es gab einen politischen Konsens für den Atomausstieg. Leider hat die Bundesregierung darauf verzichtet, auch politische Leitplanken für die Energiewende in einem parteiübergreifenden Konsens zu erarbeiten. Stattdessen wurden im Eilverfahren Gesetze durch den Bundestag gedrückt,

deren gröbste Fehlwirkungen in den darauf folgenden eineinhalb Jahren immer wieder gemildert werden mussten. Man merkt, dass die Energiewende von CDU/ CSU und FDP nur widerwillig und schleppend vorangetrieben wird. Die wirkliche Überzeugungstat dieser Koalition war die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke im Herbst 2010. Die Energiewende wird derzeit heftig ­ iskutiert. Sie wird seit einiger Zeit vor d allem mit der EEG-Umlage und steigenden Strompreisen in Verbindung

Rolf Hempelmann ist der Energiepolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Welche Rolle spielen dabei u ­ mstrittene Technologien wie Fracking – die ­Erdöl- und Erdgas-Förderung durch Tiefen­bohrungen – oder CCS, bei dem ­Kohlendioxid (CO2) komprimiert und in der Erde gespeichert wird? Die Diskussion um die unkonventionelle Erdgasförderung sollte wieder auf sachlicher Basis geführt werden. Klar ist, dass jegliche Gefährdung von Mensch und Natur vermieden werden muss. Wenn die in Aussicht gestellte Förderung ohne Einsatz von Chemikalien verfügbar ist, kann das heimische Erdgas ein wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit sein. Weltweit wird die CCS-Technologie einen Beitrag zur CO2 -Vermeidung in Kraftwerken leisten. In Deutschland hat die Bundesregierung die Akzeptanz für diese Art des Einsatzes verspielt. Hier muss sich die Forschung auf die Abscheidung von CO2 in der Industrie und die Wiederverwendung konzentrieren. n

Fotos: dpa / Wolfram Steinberg, Privat

Grüner Strom ist die Leitenergie der Zukunft

Strom aus Erneuerbaren Energien wird die Leitenergie der Zukunft. Deshalb werden wir eine zunehmende Integration der Bereiche Strom, Wärme und Mobilität erleben – beispielsweise mit Solarstrom betriebene Wärmepumpen oder die Elek­ tro- bzw. Wasserstoffmobilität. Darüber hinaus ist die Umwandlung von Strom in Wasserstoff oder Gas eine interessante Option der Energiespeicherung. Aber wir brauchen auch noch einige Jahrzehnte konventionelle Energien.


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Energie

Grüner Strom braucht neue Netze

Foto: 50Hertz

Der Netzausbau hinkt dem Ausbau der Erneuerbaren Energien bisher hinterher. Doch ohne einen Ausbau der Stromtrassen kann die Energiewende nicht gelingen. Eigentlich geht es voran mit der Energiewende. 2011 lag der Anteil der Erneuerbaren Energien an der gesamten Energieerzeugung in Deutschland bei 20 Prozent. Bis 2030 sollen es mehr als 50 Prozent sein. Den Großteil dieser Energie sollen Windräder vor der Nord- und Ostseeküste liefern, sogenannte Offshore-Windparks. Sie können Strom für die Industrie und Millionen Haushalte produzieren. Die Frage ist: Wie kommt der Strom von der Küste in die Steckdose? Die Energiewende bedeutet eine vollkommene Neuordnung der Energielandschaft. Bisher produzierten große Kraftwerke den Strom dort, wo er gebraucht wurde. Zukünftig produzieren die Windparks in Norddeutschland den Strom für die Industriezentren im Westen und Süden des Landes. Das stellt die Stromnetze vor neue Herausforderungen, denen sie noch nicht gewachsen sind. Neue Höchst-

spannungsleitungen von insgesamt 2800 Kilometer Länge müssen deshalb gebaut werden. Zusätzlich müssen die Netzbetreiber 2900 Kilometer ihrer bestehenden Leitungen optimieren.

Bevölkerung beteiligen „Der Netzausbau ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende“, sagt Volker Kamm, Sprecher des Netzbetreibers 50Hertz. Allerdings laufe er im Vergleich zum raschen Wachstum der grünen Stromerzeugung noch zu schleppend. Mit negativen Folgen: „Als Netzbetreiber müssen wir immer öfter in die Fahrweise von konventionellen Kraftwerken eingreifen und als ultima ratio auch zunehmend erneuerbare Anlagen temporär abregeln, um das Netz stabil zu halten.“ Dieses Drosseln, zum Beispiel von Windparks, ist nicht nur klimapolitisch kontraproduktiv. Die

2800 Kilometer lange Höchstspannungsleitungen müssen gebaut werden, um den Strom von der Küste in den Süden zu transportieren.

Verbraucher zahlen dafür pro Jahr Millionenbeträge, denn sie müssen letztlich die Betreiber über den Strompreis entschädigen. Um das zu verhindern, müssen Netzausbau und der Ausbau der Erneuerbaren Energien Hand in Hand gehen. Dafür ist auch eine frühzeitige Einbeziehung der Bevölkerung nötig. Es sei wichtig, dass der Bau großer Stromtrassen beschleunigt werde, ohne Bürgerbeteiligungsrechte abzubauen, sagt Volker Kamm von 50Hertz. „Ohne die Akzeptanz bei den Bürgern wird es keinen Netzausbau geben, und ohne Netzausbau keine Energiewende.“ n ANZEIGE

(alle Preise verstehen sich in Euro inkl. aller Steuern und Abgaben)

Die Energiewende ist die zentrale Herausforderung der deutschen Wirtschafts- und Sozialpolitik. Die SPD hat dies bereits im Jahr 2000 erkannt und den Ausstieg aus der Atomenergie eingeleitet. Heute wird die damals eingeleitete Energiewende durch Preistreiberei und falsche Rahmenbedingungen gefährdet. Dagegen gehen wir gemeinsam vor! Care-Energy beweist, dass eine Versorgung mit 100% Ökoenergie und dauerhaft günstige Energiepreise ohne Subventionen möglich sind. So funktioniert Energiewende praktisch, bereits für mehr als 200.000 Kunden

DER

ENERGIEVERSORGER ENERGIEWENDE

Care-Energy Filmtipp: „Leben mit der Energiewende“ von Frank Farenski kostenlos unter www.Care-Energiewende.de


Energie

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Sprit sparen und alternative Kraftstoffe nutzen: So lautet die Devise der Automobil- und Flugzeughersteller. Audi erzeugt künftig synthetisches Erdgas aus Öko-Strom und CO2.

Die Mobilität der Zukunft ist grün Automobilindustrie und Flugzeughersteller sorgen dafür, dass die Energiewende auf der Straße und in der Luft Wirklichkeit wird Ein Meeting in Brüssel, ein verlängertes Wochenende in Venedig – ob Arbeit oder Freizeit, der moderne Mensch ist mobil. In Deutschland sind 43,4 Millionen PKW registriert, das meldete das Kraftfahrt-Bundesamt im Januar dieses Jahres. Das Statistische Bundesamt zählte 2011 4,1 Millionen Flugzeugstarts von rund 1000 deutschen Flugplätzen. Wir haben uns daran gewöhnt, mit Auto und Flugzeug Wege in kurzer Zeit zurückzulegen. Die Kehrseite der Mobilität ist das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2), das beim Verbrennen von Benzin oder Kerosin entsteht. Deshalb arbeiten Forscher seit Jahren daran, den Kraftstoffverbrauch von Autos und Flugzeugen zu senken. Gleichzeitig haben sie Alternativen zu Benzin und Kerosin gesucht – und gefunden.

Fliegen mit Algen

steht, ist ideal. Denn bisher gibt es noch keine gute Möglichkeit, ihn zu speichern und zu wenige Stromnetze, um ihn quer durchs Land zu transportieren. Den gewonnenen Wasserstoff wandelt Audi in einer zweiten chemischen Reaktion in Methan um. Das hat nahezu die gleiche Zusammensetzung wie fossiles Erdgas und kann deshalb in das vorhandene Netz eingespeist, quer durch die Republik geschickt und getankt werden.

„Erster Flug mit Biotreibstoff aus Algen“ steht auf dem Transparent: 2010 ließ EADS dieses Flugzeug abheben.

Auch in der Luftfahrt geht es seit mehreren Jahren darum, Sprit zu sparen und alternative Kraftstoffe zu nutzen. EADS, der Mutterkonzern des Flugzeugherstellers Airbus, setzt seit einiger Zeit auch auf Biokraftstoff auf Algenbasis: Diese kleinen Organismen lassen sich nahezu überall züchten. So konkurrieren sie weder um Ackerland, noch beeinträchtigen sie die Nahrungsmittelproduktion – im Gegensatz zu den Treibstoffen, die aus Getreide oder Zucker gewonnen werden. Während die Algen wachsen, binden sie CO2. Was ein Flugzeug mit Algenkraftstoff im Tank an CO2 ausstößt, ist nicht mehr als das, was vorher von den Algen gebunden wird. – Künftig soll es sogar weniger sein. Das Fliegen mit Algen ist keine Zukunftsmusik: 2010 ließ EADS auf der Internationalen Luftfahrtausstellung in Berlin erstmals ein Flugzeug fliegen, das ausschließlich mit aus Algen gewonnenem Treibstoff betankt war. Noch reichen weder die produzierte Menge noch die Infrastruktur aus, um massenhaft Flugzeuge mit Algen-Treibstoff zu betanken. Doch ein Anfang ist gemacht. n

FotoS: Erdgas mobil gmbh, eads

Grüner Strom im Tank Der Automobilhersteller Audi wird ab Sommer dieses Jahres synthetisches Erdgas in das öffentliche Netz einspeisen. Erzeugt wird es in Werlte im Emsland. Dort hat der Konzern eine Anlage errichtet, die aus CO2 und grünem Strom Erdgas erzeugt. Den Strom nutzt Audi, um Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten. Die Nutzung des Öko-Stroms aus Windkraft an dem Ort, an dem er ent-

Zur Herstellung des Methans wird CO2 benötigt. Das bekommt die e-gas-Anlage in Werlte aus einer benachbarten Biogasanlage, wo es als Abfallprodukt anfällt. 2800 Tonnen CO2 wird Audi künftig jedes Jahr binden, um etwa 1000 Tonnen e-gas zu produzieren. Damit kann das neue Erdgas-Auto betankt werden, das der Konzern Ende des Jahres auf den Markt bringt, der A3 Sportback TCNG.


Foto: imago/Caro

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Die Privathaushalte in Deutschland werden immer grüner: Laut einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstituts Innofact wollen rund 81 Prozent der Deutschen beim Wohnen ökologische Aspekte berücksichtigen. In vielen Kreisen gehört es mittlerweile zum guten Ton, den normalen Strom durch Ökostrom zu ersetzen. Doch der gilt als teuer, und einkommensschwache Haushalte leiden auch so schon unter den steigenden Energiepreisen – an grüne Energie ist da gar nicht zu denken. Ein Problem ist auch, dass die Erneuerbaren Energien pauschal als Grund für höhere Strompreise herhalten müssen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen. Untersucht haben die Verbraucherschützer den Zeitraum zwischen Januar und Mai 2013, in dem alle Grundversorger in Nordrhein-Westfalen die Strompreise erhöht haben. Das Ergebnis: „Unserer Auffassung nach haben zahlreiche Grundversorger in NRW die öffentliche Diskussion über die Energiewende und die steigende EEG-Umlage genutzt, um zu hohe Aufschläge zu fordern.“ Von der Politik fordern die Verbraucherschützer, dass gerade bei Grundversorgern Preiserhöhungen besser dokumentiert

Energie

Ökostrom für alle In Zeiten steigender Energiepreise ist Ökostrom ein Luxusgut für Gutverdiener. Um das zu ändern, ist die Politik gefragt – und der Verbraucher selbst Grüner Strom soll nicht nur in Villen einziehen. Er muss auch für Geringverdiener leistbar sein.

und wirksam kontrolliert werden. Die SPD hat konkrete Vorschläge für eine Reform des EEG vorgelegt, vor allem mit Blick auf die Strompreise. Die Sozialdemokraten fordern zum Beispiel eine Stromsteuerbefreiung für den Grundverbrauch. Damit

wollen sie den Verbrauchern einen Teil der höheren Umsatzsteuereinnahmen durch die gestiegenen Strompreise zurückgeben und kurzfristig den Anstieg der Strompreise dämpfen. Das Ziel müsse sein, die Energiewende kosteneffizient zu gestalten, sagt der Energiepolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Rolf Hempelmann. „Der Erfolg und die Akzeptanz der Energiewende hängen maßgeblich von ihrer Bezahlbarkeit ab.“ Ein Stück weit hat es der Verbraucher selbst in der Hand. Er kann Strompreise vergleichen und den Anbieter wechseln. Selbst beim Thema Ökostrom ist je nach Anbieter schon heute eine günstige Versorgung möglich. Und das unabhängig vom Einkommen. „Energie darf nicht zum Luxusgut oder aus Kostengründen klimaschädigend produziert werden“, sagt Marc März, Sprecher von Care-Energy. Der Hamburger Energiedienstleister hat als einziger Ökostrom-Anbieter einen Sozialtarif im Angebot, mit dem auch Geringverdiener in den Genuss von grüner Energie kommen. Sie zahlen maximal vier Prozent ihres Einkommens für ihre Energielieferung aus Strom oder acht Prozent für den gesamten Energiebezug. Ökostrom für alle ist also möglich. n ANZEIGE

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Energie

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Option auf nationale Gasreserven erhalten Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) sieht die ­Nutzung heimischer Rohstoffe und Energieträger positiv. Ein Gastbeitrag Beim Hydraulic Fracturing, kurz „Fracking“, werden Gesteinsschichten in tausenden Metern Tiefe mit einer Flüssigkeit aufgebrochen, um Gas und Öl zu gewinnen.

Bernd Westphal ist Vorstandssekretär der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE)

Nationale Rohstoffvorkommen Auch die nationale Erdgasförderung gewinnt vor diesem Hintergrund zukünftig an Bedeutung. Heimisches Erdgas erhöht die Versorgungssicherheit, kann den Gaspreis senken und die Klimabilanz verbessern. Daneben stärkt eine Vielfalt bei den Bezugsquellen von Erdgas auch den Wettbewerb auf dem Gasmarkt. Zurzeit werden rund 15 Prozent des deutschen Erdgasbedarfs aus heimischer Förderung auf konventioneller Basis gedeckt. Bei fallenden Fördermengen rückt aber auch die Förderung des „unkonven­ tionellen Erdgases“ mittels der Technologie des Hydraulic Fracturing, auch „Fracking“ genannt, in den Fokus. Es erscheint dabei als eine gangbare Alternative, um

die heimische Erdgasgewinnung zu stabilisieren. Bei der Förderung unkonven­ tionellen Erdgases wird das Wirtsgestein, zum Beispiel Schiefer, in mehreren Tausend Metern ­Tiefe aufgebrochen und zerklüftet. Dazu wird unter Hochdruck eine Flüssigkeit, bestehend aus Wasser, feinkörnigem Material und verschiedenen Chemikalien, in das horizontal verlaufende Bohrloch eingepresst. Diese Technologie ist nicht neu. Sie wird schon seit mehr als 30 Jahren angewendet und zusammen mit der horizontalen Bohrtechnik weiterentwickelt.

Politik muss Rahmenbedingungen setzen In Niedersachsen kam die Frack-Technologie bisher 260 Mal ohne erhebliche Umweltauswirkungen zum Einsatz. Wobei wie bei jeder anderen Technologie gilt, dass weitere Optimierungen unter wissenschaftlicher Begleitung notwendig sind. Klar ist auch: Die Höchste Priorität muss der Schutz unseres Grundwassers haben. Da die Bohrungen durch wasserführende Schichten gehen, sind höchste

Umweltstandards unerlässlich. Der Ausschluss negativer Folgen für die Wassergewinnung ist ebenso zu garantieren wie eine umweltverträgliche Entsorgung der „Fracking-Abwässer“.

Abbaubare Frackingflüssigkeiten Zudem müssen sich alle bergbaulichen Forschungsaktivitäten darauf konzentrieren, chemikalienfreie oder biologisch abbaubare Frackflüssigkeiten herzustellen. Die Politik muss die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen. Wir brauchen in allen Phasen eines Genehmigungs- und Zulassungsverfahrens zu bergbaulichen Aktivitäten einen transparenten Prozess und eine angemessene Beteiligung der Öffentlichkeit. Die IG BCE befürwortet die verpflichtende Anwendung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für alle bergbaulichen Aktivitäten auf Basis des Hydraulic Fracturing. Denn damit besteht auch bei der Gewinnung von Rohstoffen die objektive Chance, wirtschaftlichen, sozialen und umweltpolitischen Fortschritt miteinander zu verbinden. n

Impressum Verlagsbeilage Energie NWMD GmbH Oranienstraße 188 10999 Berlin Tel.: 030/616 204 72 Fax: 030/616 204 75 E-Mail: info@nwmd.de Geschäftsführung: Guido Schmitz Redaktion: NWMD Layout: Jana Schulze Herstellung: metagate Berlin Druck: Frankenpost Verlag GmbH, Hof

Fotos: Anja Cord/ IMAGO, Privat

Wenn die beschlossene Energiewende ohne Kernenergie und unter Einhaltung der Klimaziele gelingen soll, müssen wir alle Optionen zukünftiger Energien erhalten. Dabei wird auch Erdgas als wichtige ­Primärenergie zusammen mit Kohle ein bedeutender Brückenpfeiler auf dem Weg ins Zeitalter regenerativer Energien sein.


Plus an Effizienz

Plus an Klimaschutz

Das Plus technologieoffener Energiepolitik: Mehr Modernisierungen im Gebäudebestand Schnelles Erreichen der Energieeinsparziele braucht Vielfalt Deutschlands Gebäudebestand ist so vielfältig wie seine Bewohner. Die Möglichkeiten und Lösungen zum Energiesparen und für mehr Klimaschutz sind individuell verschieden. Es gilt jetzt, die Einsparpotenziale bei allen Energieträgern mit vorhandenen Technologien zu nutzen. Nur so kann Energieeffizienz maximiert und zugleich Sozialverträglichkeit gewährleistet werden. Bereits auf gutem Weg: Der Heizölverbrauch der rund 6 Millionen Ölheizungen in Deutschland hat sich in den letzten 20 Jahren halbiert – insbesondere durch modernisierte Heiztechnik. Die Einführung des schwefelarmen Heizöls war dabei eine wesentliche Voraussetzung zur Nutzung der besonders effizienten Öl-Brennwerttechnik. Nahezu jede zweite Neuinstallation wird heute zudem mit Solarthermie kombiniert. Mehr Informationen und Beispiele für vorbildliche energetische Sanierungen aus der IWO-Aktion Energie-Gewinner unter www.iwo.de/standpunkte.


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