vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

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VORWÄRTS.DE: Weiterlesen im Internet!

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D i e Z e i t u n g d e r d e u t s c h e n s o z i a l d e m o k r at i e

Der Lotse geht an bord Kanzlerkandidat Peer Steinbrück »ziemlich beste freunde« deutsche und franzosen

Dezember 2012/Januar 2013

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Inhalt 3

12/2012-01/2013 vorwärts

themen in diesem heft

Liebe Leserin, lieber Leser! Jetzt sind wir wieder von Weihnachtsmärkten umzingelt und Glühweinduft umweht. Wer aus der Ferne kommt, könnte meinen, ein tiefreligiöses Land zu betreten. Auch die SPD hat die Verkündigung ihres Kanzlerkandidaten in die holde Adventszeit gelegt. Da wollen wir uns dem Sog nicht entziehen und machen einen Vorschlag für ein wahrhaft biblisches Weihnachtsgeschenk (auf Seite 38).

Titel Der lotse geht an bord: Peer Steinbrück  4 wir merkeln nicht – Steinbrück will den Wechsel  5  kontern statt kuscheln – Mit Peer auf Tour  7  Mit tolstoi auf die insel – Steinbrück-Fragebogen  8  steinbrücks lernkurve – Peer und die Frauen  8 Meister der Ironie – Der Kandidat und die Medien  9  mit scharfsinn und witz – Jürgen W. Falter über Wahlchancen der SPD und Qualitäten Steinbrücks Aktuell 10 Seite an Seite – 50 Jahre Elysée-Vertrag 11 Kühles Verhältnis – Bericht aus Paris 12  Berlin, Mon Amour – Eine Liebesbeziehung 13 Perspektiven – Lernen aus einem Geschichtsbuch 14  na denn, knusemang! – 20 Jahre Arte 15 Grenzerfahrung – Leben an der Saar

Kolumnen 16  global gedacht | 17  berliner Tagebuch 28  Zwischenruf | 37  medienzirkus 42  Das Allerletzte

Fotos: Wolfgang Quickels, dpa, Dirk Bleicker, Ronald Wittek/dapd

Würden alle, die sich sonntags Christen nennen, auch im Alltag der Lehre Jesu folgen, wäre die Sozialdemokratie vielleicht nie entstanden. Sie wäre nicht vonnöten gewesen. Wo jeder seinen Nächsten liebt, da werden keine Kriege geführt, da wird niemand ausgebeutet und ausgestoßen, da schließt sich die Kluft zwischen Arm und Reich immer wieder wie von selbst. Leider hinkt die Wirklichkeit dem Ideal hinterher. Bestenfalls. Und niemals, ohne dass ihr jemand Beine macht. Genau das taten die Männer und Frauen, die vor 150 Jahren die Sozialdemokratie gegründet haben, samt Genossenschaften und Gewerkschaften. Das taten Helmut Schmidt und Giscard d'Estaing, als sie den deutsch-französischen Elysée-Vertrag mit Leben füllten. Und das ist heute wieder bitter nötig; in Europa, in Berlin und überall, wo Not wächst und in ihrer Folge Hass. Wo Ausbeutung wieder zunimmt und Schwächere an den Rand gedrückt werden. Wir sollten uns nicht einreden lassen, es gehe jetzt um Jung gegen Alt oder Nord gegen Süd oder Stadt gegen Land – es geht immer nur um Reich gegen Arm, Oben gegen Unten. Und darum, ob alle Menschen gleiche, unveräußerliche Rechte haben. Alle! Ohne Rücksicht auf Herkunft, Farbe, Glauben, Geschlecht und Wohlstand. Daran glauben Sozialdemokraten – ob sie sich Christen nennen oder anders.

Der Bismarck-Rücktritt 1890 war Anlass für die britische Karikatur „Der Lotse geht von Bord.“ Sie gab uns die Idee fürs Titelbild: Deutschland braucht einen klaren Kurs.

Völkerliebe: deutsch-französische Familie in Berlin

Seite 12

partei leben! 19  die partei des wir – Partei-Konvent zur Rente 20  hinter den kulissen – Jusos Lüneburg 21  Neue Serie: gelebte Politik Teil 2 – Peter Struck 22  der SPD-Bürgerdialog 24  Porträt – Malu Dreyer, künftige Minister­ präsidentin von Rheinland-Pfalz 26  Arbeitsgemeinschaften in der SPD Die AG 60plus: Junge Ideen statt altem Eisen

Wirtschaft 30  gut gemacht – Der Casting-Betrieb 31  Meine Arbeit – Die Ton-Ingenieurin kultur 36  REZENSIONen ­– Weihnachtslektüre 37  Bunt wie das leben – vorwärts-Fotowettbewerb 38  wald der SPD – Ein Geschenk für Israel historie 39  der übervater – Willy Brandt und die SPD 40  vor 40 Jahren – Der Grundlagenvertrag von 1972 41  Wer war’s? – Lothar Pollähne 16  in kürze | 28  Leserbriefe 18  Parlament | 40  Impressum 41  Rätselseite | 42  seitwärts

Malu Dreyer: bald Ministerpräsidentin in Mainz Seite 24

Nächste Ausgabe

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Redaktionsschluss 03. Dezember 2012

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Diese Ausgabe Enthält eine VERLAGS-­ SONDERVERÖFFENTLICHUNG ZUm Thema »Energie«, Seiten 32 – 34

Mit adventlichen Grüßen,

Der lange Weg zu einem besseren Deutschland

150 Jahre

Uwe Knüpfer Chefredakteur

Vorwärts-Regional Dezember NRW: Aachen

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Eine Bewegung feiert: 2013 besteht die Sozialdemokratie 150 Jahre! Der „vorwärts“ erscheint zum Jubiläum im Hochglanzformat. 140 Seiten dick, mit Fotostrecken, Reportagen und Essays von prominenten Akteuren und Wegbegleitern.


4  Titel

vorwärts 12/2012-01/2013

Er weiß, wovon er spricht und vertraut auf die Kraft der besseren Argumente: Peer Steinbrück, hier beim Bürgerdialog in der Markthalle Hamburg

Wir merkeln nicht

Peer Steinbrück Der designierte Kanzlerkandidat der SPD hat das Regieren gelernt. Er setzt auf den Wechsel: »Wir wollen eine andere Politik!«

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iese Regierung wird es in einem Jahr nicht mehr geben!“ ruft Peer Steinbrück dem Kabinett Merkel/Rösler zu. Und er verspricht der SPD: „Alles, was ich dazu beitragen kann, werde ich auf die Waagschale werfen.“ Das ist eine Menge. Peer Steinbrück hat das Regieren von der Pike auf gelernt. Das fällt auf in Zeiten der Blitzkarrieren und -verpuffungen. In Zeiten, wo smartes Auftreten und gute Vernetzungen oft reichen, Minister zu werden. Peer Steinbrück war Referent, Büroleiter, hoher Verwaltungsbeamter, bevor ihn seine Talente – und seine spitze Zunge – in Staatssekretärs- und dann Ministerämter führten. Dass er auch einmal arbeitslos war, ist ihm wichtig. Seither weiß er, wie es sich anfühlt, wenn der Boden unter den eigenen Füßen wegzubrechen droht. Sozialdemokrat wurde er während seiner Bundeswehrzeit; 1968, im Jahr der Bewegung.

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Diese ­Regierung wird es in einem Jahr nicht mehr ­geben.

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Peer Steinbrück,

zu den Aussichten der schwarz-gelben Bundesregierung

Steinbrück hat Politik aus der Länderund der Bundesperspektive gestaltet. Schach zu spielen hat er von seiner aus Dänemark stammenden Großmutter gelernt (da war er sechs), „methodisches Staubsaugen“ in der WG. Als er das erste Mal für ein Ministerium arbeitete, in Bonn, war er 27. Staatssekretär wurde er 1990, in Kiel. Da war er 43 Jahre alt. Der baldige Kanzlerkandidat der SPD hat sich beruflich mit Verkehr befasst, mit Umweltthemen, immer wieder mit Wirtschaft und Finanzen. Landesminister war er in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Dort wurde er 2002 Ministerpräsident und damit der Nach-Nachfolger Johannes Raus – dessen Büro er einst geleitet hatte. Als Bundesfinanzminister führte Steinbrück Deutschland durch die Bankenkrise. Er tat es auf unsicherem Terrain; suchend, aber mit sicherer Hand. Das ließ ihn nach seiner Amtszeit zu ei-

nem gefragten Redner werden. Wer ihm zuhört, spürt: Da weiß einer, wovon er spricht. Und, vielleicht genauso wichtig: Er sagt auch, was er (noch) nicht weiß. Steinbrück merkelt nicht rum. Seine Ansage für den Wahlkampf 2013 ist aus Erfahrungen geboren. „Unsere Politik muss auf den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gerichtet sein.“ CDU, CSU und FDP betonen das Ich, Steinbrücks SPD setzt auf das Wir: „Das ist unsere Chance. Wir wollen eine andere Politik!“ Also: gesetzlicher Mindestlohn statt Lohndrückerei, Solidarrente statt Altersarmut, erschwingliche Kinderbetreuung statt Betreuungsgeld, Frauenquote statt Flexigeschwafel. Und außenpolitisch: „Wir wollen wieder ein Volk guter Nachbarn sein.“ Reden wie Brandt, regieren wie Schmidt: Das könnte ein Erfolgsrezept sein. n

Foto: Dirk Bleicker

Von Uwe Knüpfer


Titel 5

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nderen Leuten nach dem Mund redet dieser Mann nicht. Um ihn lächeln zu sehen, muss man genau aufpassen. Dafür hat Peer Steinbrück eine Gabe, über die nur wenige verfügen: Er kann andere zum Lachen bringen. „In Hamburg bin ich geboren, in Hamburg bin ich lange zur Schule gegangen, in Hamburg bin ich sitzen geblieben“, sagt er. Dass trotzdem was draus werden könne, erkläre er allen Eltern und Großeltern, die sich Sorgen um ihren Nachwuchs machen. Es gibt Gelächter, Applaus. In der Markthalle am Hauptbahnhof, wo schon AC/DC und die Scorpions aufgetreten sind, ist Steinbrück der Matador unter der Discokugel. Er erklärt, pariert, überzeugt. Der Saal ist rappelvoll, mindestens 200 sind an diesem Nachmittag gekommen, mehr Junge als Graue, viele Nicht-Mitglieder darunter. Bürgerdialog heißt die Veranstaltung. Was die Bürger sagen, wird gesammelt und soll Eingang finden ins Wahlprogramm.

Kontern statt kuscheln Kandidat auf Tour Er erklärt. Er überzeugt. Er bringt sein Publikum zum Lachen. Und manchmal spricht Peer Steinbrück auch über seine Fehler Von Susanne Dohrn

Stationen

10.01.1947 Geburt in Hamburg 1969 Eintritt in die SPD 1970-1974 Studium der Volkswirtschaft und Sozialwissenschaften 1974-1990 Referent in Bundesministerien, der Bundestagsfraktion, Büroleiter von Johannes Rau 1990-1993 Staatssekretär in SchleswigHolstein 1993-1998 Minister für Wirtschaft und Verkehr in Schleswig-Holstein 1998-2000 Minister für Wirtschaft, Mittelstand, Technologie und Verkehr in NRW 2000-2002 Finanzminister in NRW 2002-2005 NRW-Ministerpräsident 2005-2009 Bundesfinanzminister und stellv. SPD-Vorsitzender seit 2009 Mitglied des Bundestages

Peer und die Frauen „Hi, lieber Peer!“ ruft eine Frauenstimme aus dem Saal. Was er für Frauen tun wolle? Ein heikler Punkt, war Steinbrück doch vorgeworfen worden, er komme bei Frauen nicht gut an. „Ich hab‘ nicht das verklemmte Verhältnis zu Frauen, das mir derzeit von Kommentatoren unterstellt wird“, kontert der Vater von zwei Töchtern und einem Sohn. Erklärt,

» Kann auch heiter: Peer Steinbrück beim „Roten Frauensalon“ im Willy-Brandt-Haus in Berlin

Fotos: HC Plambeck/photothek/SPD, Malte Ossowski/SVEN SIMON/DPA

Hannelore Kraft „Mit Peer Steinbrück mache ich gerne ­Politik. Das kann ich im Nachgang an viele gemeinsame Sitzungen, Termine und Gespräche voller Überzeugung sagen. Er ist offen, ehrlich und direkt. Ich schätze das sehr an ihm. Es sind immer Diskussionen auf Augenhöhe – gerne mal lauter – doch egal ob Frau oder Mann, er begegnet einem auf dem politischen Parkett ohne Vorurteile und mit gleicher Wertschätzung. Es zählt das bessere Argument und nicht, sich auf Biegen und Brechen durchzusetzen bzw. mit dem Kopf durch die Wand zu rennen. Das macht Spaß und bringt alle voran. Denn nur einer wie er, der die Meinung des anderen hört und guten Rat auch annehmen kann, der kann gut gestalten und wird Deutschland gut regieren.“

dass er für eine 40-Prozent-Quote von Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen ist, auch wenn er vor ein paar Jahren noch anders gedacht habe, dass er die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern für „skandalös“ hält und dass ihm die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehr am Herzen liege, weshalb er strikt gegen das Betreuungsgeld ist. Für alle, die in ihm vor allem den Finanz- und Wirtschaftsexperten sehen, fügt er hinzu: „Ich war auch mal Umweltstaatssekretär.“ Die Fragen kommen Schlag auf Schlag. Antikorruptionsgesetz? Steinbrück ist dafür, und weil CDU und CSU dagegen sind „müssen wir die Mehrhei-

ten im Bundestag ändern“. NPD-Verbot? „Nur wenn ich genau weiß, dass es klappt“. Bürgerversicherung? Er will mit dem Konzept werben. Bankenrettung? „Ich bin dafür, dass die großen Banken dafür einen Fonds gründen, den sie selbst finanzieren.“ Hohe Staatsverschuldung? Ist ungerecht. „Wer muss für die Zinsen und die Tilgung aufkommen? Ihre Generation“, sagt er, gerichtet an die vielen jungen Zuhörer im Saal. Beim Thema Waffenexporte antwortet er differenziert. Bei Saudi-Arabien lehnt er sie ab, fügt aber sofort hinzu: „Ich bin kein Pazifist.“ Länder hätten ein Recht auf Selbstverteidigung. Die Bundesrepublik sei mit der Bundeswehr

Ich hab’ nicht das verklemmte Verhältnis zu Frauen, das mir von Kommentatoren unterstellt wird. Peer Steinbrück

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6  Titel

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gut beraten gewesen. Geld für Griechenland? „Deutschland hat innerhalb von 20 Jahren 2000 Milliarden für die Wiedervereinigung aufgebracht. Und da ist uns Europa nicht ein Viertel oder ein Fünftel wert, verteilt über mehrere Jahre?“ Nach seinen Honoraren fragt in Hamburg übrigens niemand. In Lübeck ist das Publikum gesetzter und der Veranstaltungsort hanseatisch gediegen. „Dat Hoghehus“ ist ein Kaufmannshaus, dessen Ursprünge bis ins 13. Jahrhundert zurückgehen. Eingeladen haben die Lübecker SPD und der DGB. Von den etwa 80 Besuchern kennen einander viele persönlich. Es gibt kritische Fragen. Steinbrück wird auf Gerhard Schröder und die Agenda 2010 angesprochen. Deutschland sei während der Schröder-Regierung aufgeschlossener und offener geworden, antwortet der designierte Kanzlerkandidat, distanziert sich aber von der Ausweitung von Leiharbeit und untypischer Beschäftigung. Beides will er begrenzen.

Die Sache mit den Finanzen

Heide Simonis „Peer Steinbrück ist ein Kämpfertyp, der sich immer dann in die Bresche warf, wenn er von einer Sache überzeugt war. Er ist ein glänzender Redner, kann gut einstecken und scheut nicht davor zurück, um der Sache willen auszuteilen. Er ist ein Hanseat durch und durch, gerade und ehrlich. Was ich ihm noch mitgeben möchte: Natürlich muss er als Kandidat auch das Vertrauen der Wirtschaft gewinnen, aber das gilt ebenso für Frauen, Arbeitslose, Rentner, SozialhilfeEmpfänger. Wenn es ihm gelingt, dies schnell nachzu­weisen, dann wird die Partei gerne für ihn wahlkämpfen.“

In Hamburg erklärt Steinbrück die Probleme der Verschuldung: „Wer muss für Zinsen und Tilgung aufkommen? Ihre Generation.“

geben kann“, sagt Steinbrück. Der Saal applaudiert. In Sachen Finanzmärkte gibt er zu: „Die SPD hat sich der Arie der Deregulierung zu schnell ergeben.“ Zum ersten und einzigen Mal an diesem Tag wird er auch nach seinen „finanziellen Angelegenheiten“ gefragt. Steinbrück versteckt sich nicht. Die 25 000 Euro aus Bochum waren ein „massiver Fehler“, sagt er und weist darauf hin, dass er auf seinen Verdienst den Spitzensteuersatz zahlt. Steinbrück: „Übrigens bin ich dafür, dass der erhöht wird.“ Am Abend dann der Wandel vom Wahlkämpfer zum Staatsmann. Das Lübecker Willy-Brandt-Haus hat in die „MUK“ geladen. So nennen die Lübecker ihre Musik- und Kongresshalle liebevoll. Peer Steinbrück hält die Willy-BrandtRede. Ohne Honorar. Eine Stunde lang spricht er. Ohne Manuskript. Das Thema: die Zukunft Europas. 1600 Zuhörer sind gekommen, so viele wie noch nie zu einer Willy-Brandt-Rede. Als Ausgangspunkt nimmt er Brandts Satz: „Wir wollen ein Volk von guten Nachbarn sein“. Für Steinbrück ist das zuallererst eine moralische Verpflichtung gegenüber den Nachbarländern, die in der Vergangenheit von Deutschland nicht nur Gutes erfahren haben. Es ist aber auch eine rationale Entscheidung, vor dem Hintergrund des Aufstiegs von mächtigen Industrienationen wie Indien, China oder Brasilien. Daraus ergibt sich für Steinbrück: „Ohne Europa und den Euro kann Deutschland keinen Einfluss mehr nehmen auf die Gestaltung der globalen Wirtschaft.“

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Die SPD hat sich der Arie der Deregulierung zu schnell ­ergeben. Peer Steinbrück

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Forderungen, Griechenland solle aus dem Euro austreten, erteilt er eine Absage. Ein Kollaps Griechenlands führe zu so hohen Prämienaufschlägen für italienische und spanische Staatsanleihen, dass auch diese Länder unter die „Wasseroberfläche gedrückt“ würden und die Regierungen jeglichen Rückhalt verlören. „Not frisst Demokratie“, warnt Steinbrück. Ein Kandidat zum Kuscheln ist Steinbrück nicht geworden, auch nicht nach dieser Rede. Aber das würde ihm sowieso niemand abnehmen. Die Zuhörer scheint’s nicht zu stören. Sie applaudieren begeistert. Im Jahr zuvor hielt übrigens Joachim Gauck die Willy-BrandtRede. Der wurde fünf Monate später zum Bundespräsidenten gewählt. n

Fotos:Dirk Bleicker (2), Horst Pfeiffer/ dpa Picture-Alliance

Er spricht über falsche politische Entscheidungen, zum Beispiel das Kooperationsverbot. Beschlossen 2006 von der Großen Koalition verbietet es dem Bund, sich beim Thema Bildung in den Ländern zu engagieren. Deshalb kann der Bund die Länder bei der Verbesserung des Bildungssystems finanziell nicht unterstützen. „Wir haben einen riesigen Fehler gemacht. Das Kooperationsverbot muss so schnell wie möglich weg, damit der Bund mehr Impulse

Zuschauerrekord in Lübeck: 1600 Gäste warten gespannt auf Steinbrücks Rede.


Titel 7

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Mit Tolstoi auf die Insel Fragebogen Peer Steinbrück hat sich Zeit genommen und zum Füller gegriffen. Für ­vorwärts-Leserinnen und -Leser gibt er auf persönliche Fragen persönliche Antworten

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vor wärts


8  Titel

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Frauenpolitik Sie war bisher nicht Steinbrücks Spezialgebiet. Doch der Kanzlerkandidat kann erklären, warum er heute für die Frauenquote ist

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ine Lernkurve. Die nennt Peer Steinbrück als Grund dafür, dass er nun für die gesetzliche Frauenquote eintrittt. 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen. Das will die SPD. Ihr Kanzlerkandidat will es auch. Heute. Früher war das anders.

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it den Medien geht es Peer Steinbrück so wie mit seiner eigenen Partei – das wechselseitige Verhältnis ist spannungsreich, konfliktträchtig, wenngleich geprägt von einer grundsätzlichen Wertschätzung. Das liegt vielleicht auch daran, dass der junge Steinbrück einmal den Berufswunsch Journalist hegte und ihn sich später ein wenig erfüllte, als Kolumnist der Zeit. Steinbrück sieht in Journalisten keine lästigen Wegelagerer, sondern Garanten einer demokratischen Gesellschaft. Das allerdings hält ihn natürlich nicht davon ab, einzelne Medienvertreter für Knallchargen oder Wichtigtuer zu halten, jedenfalls dann, wenn er den Eindruck gewinnt, sie kämen ihm dumm. Das kann ziemlich schnell passieren. Steinbrück ist ein Mann mit aus­ geprägtem Selbstbewusstsein, vesuvischem Temperament und der Fähigkeit zu bisweilen boshafter Ironie. Letzteres ist übrigens für ihn bekanntlich nicht immer von Vorteil. Aber deshalb ist er auch ein gesuchter Gesprächspartner der Medien. Gespräche, Interviews und Treffen mit Steinbrück sind zumeist auch sehr unterhaltsam, weil er unge-

Peer Steinbrück nimmt sich beim „Roten Frauensalon“ Zeit, um den Frauen zu versichern, dass er sich für ihre Belange einsetzen wird.

Dazwischen liegt die Lernkurve. Die beschreibt er beim „Roten Frauensalon“ im Berliner Willy-Brandt-Haus. Die SPDFrauen haben ihn eingeladen. Der Kandidat, der das Feld der Gleichstellung der Geschlechter bisher wenig beackert hat, dem die Presse attestiert, er interessie-

Meister der Ironie Medien Viele mögen Steinbrücks Witz und Temperament. Manche fürchten seinen Spott Von Susanne Höll

Gesuchter Gesprächspartner: Die Presse schätzt Peer Steinbrück. Er sieht in Journalisten keine lästigen Wegelagerer, sondern Garanten der Demokratie.

wöhnliche und witzige Formulierungen findet. Und wer als Journalist Ziel seines Zorns oder seines Spottes wird, darf sich mit der Tatsache trösten, dass Steinbrück mit seinen meisten übrigen Mitmenschen – ausgenommen selbstverständlich Altkanzler Helmut Schmidt – auf ähnliche Weise verfährt. Steinbrück weiß um die Probleme der delikaten Symbiose von Politikern und Medien, die sich, wie er meint, „geradezu wolllüstig in ihren einander abstoßenden Eigenschaften ergehen“. Er ahnte auch , dass er als Kanzlerkandidat strenger und intensiver beobachtet werden wird. Das aber hat ihn nicht vor Fehlern in der Honorar-Debatte bewahrt. Eingangs erweckte er den Eindruck, als seien Fragen nach seinen Nebeneinkünften eine Art Majestätsbeleidigung. Aber er kompensiert seinen Hang zu ­Herablassung mit vergleichsweise großer Wahrhaftigkeit. Und mehr noch: Gelegentlich plaudert er Dinge aus, die eigentlich noch nicht spruchreif sind, wie etwa die seiner möglichen Kanzlerkandidatur. ­ Auch deshalb mögen ihn die Medien. Und bereiten ihm die Bühne, die er so gern bespielt. n

Fotos: HC Plambeck/photothek/SPD, dpa/ Rainer Jensen

Steinbrücks Lernkurve

re sich nicht für Frauenpolitik, von dem wollen die Frauen wissen, was sie erwarten können. Das Atrium der Parteizentrale ist gut gefüllt. Es sind fast ausschließlich Frauen da. Peer Steinbrück hat auch eine mitgebracht. Er ist mit seiner Tochter Anne gekommen. Beide hören sich die Podiumsdiskussionen an, in denen Frauen über ihre Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt sprechen: Harte Arbeit in schlecht bezahlten Pflegeberufen, männlich dominierte Netzwerke im Kulturbereich, Teilzeitjobs, in die Mutterschaft oft führt. Als Steinbrück dann ans Mikrofon tritt, erklärt er nüchtern, warum er seine Meinung zur Quote geändert hat: „Freiwilligkeit hat nicht funktioniert“. So einfach. Die Selbstverpflichtung der Unternehmen, an die er glaubte, habe die Aufstiegschancen für Frauen nicht verbessert. Deshalb will er die Quote und die gleiche Bezahlung der Geschlechter nun gesetzlich festschreiben. Wer sich nicht daran halte, dem drohten Sanktionen. Zudem will er den flächendeckenden Mindestlohn. Frauen würden davon profitieren, denn sie arbeiteten häufig in den schlecht bezahlten Branchen. Und: „Frauen machen bessere Abschlüsse“, sagt Steinbrück. Unternehmer seien auf sie angewiesen. „Das ist eine Erkenntnis, die öffentlich verbreitet werden muss.“ Dass er nun dazu beiträgt, bekam den Applaus der Frauen. n BG


Titel 9

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Dieses Herz schlug und schlägt links

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hannover Die Leinestadt hat für die SPD große Bedeutung

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Die Kampa im Willy-Brandt-Haus – Sie wollen zusammen mit den Kampagneros die SPD zum Sieg bei der Bundestagswahl 2013 führen: 1| Heiko Geue Operativer Wahlkampfleiter 2| Andrea Nahles Generalsekretärin 3| Michael Donnermeyer Leiter Kommunikation Wahlkampf 4| Sonja Stötzel ­Büroleiterin Kanzlerkandidat 5| Rainer Sontowski Büroleiter Parteivorsitzender 6| Stephan Schweitzer Technischer Leiter 7| Katrin Münch 8| Elke Nermerich 9| Jessika Wischmeier 10| Nils Frohloff 11| Hans-Jörg Vehlewald 12| Thorben Albrecht 13| Markus Franz 14| Harald Emmel und 15| Tobias Dünow. Achim Post Leiter Abteilung Internationale Politik konnte aus Termingründen bei der Fotoaufnahme nicht dabei sein.

Mit Scharfsinn und Witz Wahlforscher Jürgen W. Falter über die Chancen der SPD und die Qualitäten Peer Steinbrücks

Fotos: Dirk Bleicker, ddp images/AP Photo/Jaeger

Interview Susanne Dohrn Welche Chancen hat die SPD, die Wahl zu gewinnen? Es spielen viele Faktoren eine Rolle. ­Einer wird sein, wie der Spitzenkandidat sich schlägt. Er wird vermutlich ein sehr guter Wahlkämpfer sein, denn er ist jemand, der die scharfen Töne beherrscht, die ein Wahlkampf braucht. Für einen solchen Wahlkampf ist Angela Merkel nicht gestrickt. Also ist Peer Steinbrück der richtige Kanzlerkandidat? Er hat als erfolgreicher Finanzminister eine hohe Glaubwürdigkeit. Er ist witzig und scharfsinnig. Das alles sorgt für Zustimmung auch bei den Wählern, die der SPD nicht von Natur aus zuneigen. Allerdings muss er den Spagat schaffen, auch möglichst viele linke Anrainer der SPD mitzunehmen. Kann Rot-Grün es schaffen? Das hängt von den kleinen Parteien ab. Bei FDP und Linke halte ich es für wahrscheinlich, dass sie in den Bundestag kommen. Wenn es den Piraten ebenfalls gelingt, wird es weder für Rot-Grün noch für Schwarz-Gelb reichen. Dann wird es sogar für Schwarz-Grün eng. Wenn Steinbrück also sagt: „Ich setze auf Sieg“, ist das zwar eine Selbstverständlichkeit. Es heißt aber auch: Wer ihn als Kanzler haben will, muss ihn wählen.

Sind die Grünen eine sichere Bank? Wenn es vom Ergebnis her reicht, werden die Grünen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit der SPD gehen. Die grüne Führung und die Delegierten auf den Parteitagen sind eindeutig stärker auf die SPD ausgerichtet als auf die Union. Aber sie werden ein harter Verhandlungspartner werden, sollten sie mit beiden – CDU/CSU und SPD – verhandeln können. Dann dürfte Grün in Rot-Grün größer geschrieben werden als unter Gerhard Schröder. Warum liegt die SPD hinter der CDU? Die SPD hat einen strukturellen Nachteil. Ihr wurde zweimal ein Klumpen aus dem Fleisch geschnitten – die Grünen und die Linke. Diese Konkurrenz im eigenen Lager hat die CDU bisher nicht erlebt. Im Gegensatz zur CSU, wo die Freien Wähler die Partei bei der letzten Landtagswahl um die absolute Mehrheit gebracht haben. Welche Rolle spielt die Wirtschaftsentwicklung für den Wahlausgang? Wenn sich die Situation in Griechenland dramatisch zuspitzen sollte und die Deutschen merken, dass es an ihren eigenen Geldbeutel geht, könnte ich mir vorstellen, dass die Zustimmung für Angela Merkel und Wolfgang Schäuble nachlässt. n

Buchtipps Daniel Friedrich Sturm Peer Steinbrück Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2012, 289 Seiten, 14,90 Euro, ISBN: 978-3423249249 Eckart Lohse, Markus Wehner Steinbrück: Biographie Droemer Verlag, München 2012, 364 Seiten, 19,99 Euro, ISBN: 978-3426275931 Daniel Goffart Steinbrück – Die ­Biographie Heyne-Verlag, München 2012, 334 Seiten, 19,99 Euro, ISBN: 978-3453200340 Peer Steinbrück Unterm Strich Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2011, 503 Seiten, 12,90 Euro, ISBN: 978-3423346894

n Hannover gibt es die Legende, dass Rosa Luxemburg nur mit Hilfe ­einiger Genossen aus dem sozialdemokratischen Versammlungslokal Ballhof durch die Hintertür polizeilicher Verfolgung entgehen konnte. Tatsache ist, dass sie dort 1899 auf dem zehnten Parteitag der SPD nach der Aufhebung der Sozialistengesetze eine Brandrede gegen den „Revisionisten“ Eduard Bernstein hielt. Zu der Zeit schlug in Hannover bereits ein starkes sozialdemokratisches Herz, denn seit 1884 vertrat Heinrich Meister die Leinestadt im Reichstag. 1918 wird mit Robert Leinert in Hannover zum ersten Mal ein Sozialdemokrat Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt. Von 1920 bis 1933 amtiert Gustav Noske als Oberpräsident in Hannover. Bis zur Machtübertragung an die Nazis bleibt die Leinestadt – trotz anderer Spitze – sozialdemokratisch geprägt. Als die Nazis das Sagen haben, bildet sich in Hannover die Sozialistische Front, die reichsweit größte sozialdemokratische Widerstandsorganisation. Hannover ist die Geburtsstadt der Nachkriegs-SPD. Dies ist dem Zufall geschuldet, dass Kurt Schumacher aus dem Konzentrationslager zu seiner Schwester ziehen darf. Am 6. Mai 1945 eröffnet er in der Lindener Jacobsstraße 10 das „Büro Dr. Schumacher“. Von dort aus beruft er die Reichskonferenz der SPD ein, die vom 5. bis zum 7. Oktober 1945 in Wennigsen bei Hannover stattfindet. Auf dem ersten Nachkriegsparteitag der SPD, der vom 9.-11. Mai 1946 in der Hanomag-Kantine in Hannover stattfindet, wird Kurt Schumacher zum Vorsitzenden der Westzonen-SPD gewählt. 1960 kürt die SPD in Hannover Willy Brandt zum Kanzlerkandidaten. Das ist einmal mehr ein klares Aufbruchssignal aus der Leine-Metropole mit dem zutiefst sozialdemokratischen Herzen. n LP

tige Wich s e l l A zum

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b 19 är ts vorw m 9. 12. a ts.de und a är w r re o auf v App-Sto im

SPD-Konferenz in Hannover 1949, u.a. mit Ernst Reuter und Kurt Schumacher (v.l.)


10  Aktuell

Auf die Freundschaft! Altbundeskanzler Helmut Schmidt stößt 2009 im Berliner Schloss Bellevue bei einem Abendessen zu seinem 90. Geburtstag mit Frankreichs früherem Staatspräsidenten Valery Giscard d‘Estaing an.

Seite an Seite

50 Jahre Elysée-vertrag Gedacht als Geste der Versöhnung wurde er zur Grundlage der europäischen Verständigung. Frankreichs Sozialisten und die SPD müssen diese Flamme neu entfachen Von Harlem Désir

V

or 50 Jahren unterzeichneten Charles de Gaulle und Konrad Adenauer den Elysée-Vertrag, der die Freundschaftsbeziehungen zwischen unseren beiden Ländern und unseren beiden Völkern begründete. Der Jahrestag ist heute der Anlass, erneut diese historische Geste der Versöhnung in Erinnerung zu rufen und zu würdigen, die ein Jahrhundert von Zwietracht und immer mörderischeren Kriegen beendete

und die deutsch-französischen Beziehungen in den Mittelpunkt des europäischen Aufbauwerks stellte. Der Elysée-Vertrag war ein politischer Vertrag, aber seine Bestimmungen waren auf praktische Umsetzung gerichtet und betrafen zahlreiche konkrete Bereiche. Die Gründungsväter der Europäischen Gemeinschaft wollten ein Europa schaffen, in dem der Frieden garantiert war, aber auch Fortschritt und Wohlstand für

Harlem Désir ist Chef der französischen Sozialisten.

seine Bürger. Was ist heute noch von diesem ursprünglichen Willen geblieben? Haben unsere Völker noch Grund, an den europäischen Traum zu glauben? Europa, das zu allererst eine schöne Idee ist, aber natürlich auch ein großer Markt, durchlebt heute eine Krise von ungekanntem Ausmaß. Diese Krise ist keine Krise der Konjunktur, sondern die eines ausgelaugten Systems, eines ungebremsten Finanzkapitalismus, der Ungleichheiten verstärkt, gegen Staaten spekuliert und den Planeten zerstört. Diese Auswüchse werden uns täglich vor Augen geführt: Massenarbeitslosigkeit, Präkarisierung, Niedergang von Solidargemeinschaft und öffentlicher Versorgung sowie Zerstörung der Umwelt sind die Folgen. Aber diese Krise in Europa ist auch eine Krise aufgrund schlechter Regierungsführung. Die konservativen Regierungen, die auf diesem Kontinent in der Mehrheit sind, wussten der Krise nur eisernes Sparen entgegenzusetzen. Ihre Sparprogramme vermochten aber nicht, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, den Arbeitern ihre Würde wiederzugeben und der Jugend eine Zukunft zu ermöglichen. Es mangelt an einem politischen Projekt und einer gemeinsamen Vision. Es fehlt an sozialem Anspruch und an Vertrauen in die eigenen Stärken. Und so verliert das große europäische Versprechen zunehmend an Strahlkraft. Wir nehmen das nicht hin, denn hier steht nichts Geringeres als die Zukunft der europäischen Nationen auf dem Spiel und das Ideal der Zusammenarbeit, das mehr denn je unentbehrlich ist, angesichts der globalen Herausforderungen und des Erstarkens neuer Mächte. Nehmen wir gemeinsam die Fackel wieder auf – die des Elysée-Vertrags, die von Willy Brandt, von François Mitterand und von Jacques Delors. Wir, Sozialisten und Sozialdemokraten aus Frankreich und Deutschland, gemeinsam mit unseren Genossen in Europa, geeint in der Vielfalt, haben die Pflicht, die europäische Flamme neu zu entfachen. Die Parlamentswahlen in Deutschland 2013 und die Europawahlen 2014 sind der Anlass für die sozialistische Partei Frankreichs und die sozialdemokratische Partei Deutschlands, Seite an Seite zu kämpfen, auf dem Weg, den François Hollande für ein solidarisches und demokratisches Europa eingeschlagen hat. Der Wachstumspakt und die Finanztransaktionssteuer sind unabdingbar, aber sie sind nur der Anfang! Wir müssen noch weiter voranschreiten, um eine Bankenunion sowie Instrumente einzuführen, die Spekulationen auf Staatsschulden ein Ende setzen. Wir müssen ein Europa des nachhaltigen Wachstums befördern und eine neue

Foto: Steffi Loos/ddp, Marc Ollivier/ HOTOPQR/DPA

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Koordination der Wirtschaftspolitiken einleiten, damit die Ausgaben für Bildung und Forschung bei der Berechnung des Haushaltsdefizits auf differenzierte Weise berücksichtigt werden. So fördern wir Investitionen in die Zukunft. Wir müssen große gemeinsame Projekte in den Bereichen der Umwelttechnologien, der Erneuerbaren Energien, der digitalen Netze entwickeln. Wir müssen Vorreiter sein in allen diesen Bereichen, die Millionen von Arbeitsplätzen schaffen und Lebensqualität verbessern. Wir könnten eine Europäische Gemeinschaft für Energie ins Leben rufen. Dieses Europa, das voranschreitet, muss auch ein Europa sein, das Sozial- und Steuerdumping ablehnt, das Mindestlöhne in allen Mitgliedsstaaten verteidigt und eine europäische Sozialklausel einführt, die die Rolle der Tarifverträge beim Schutz der Arbeitnehmer garantiert. Schließlich wird die Demokratie dem politischen Europa zu neuer Stärke verhelfen. Das Europäische Parlament muss direkt den Präsidenten der Kommission wählen, und zwar nach Maßgabe der Wahl der Bürger bei den Europawahlen. Es könnte über das Initiativrecht verfügen und noch enger mit den nationalen Parlamenten in Sachen demokratischer

Kühles Verhältnis Schulmeisterin Angela Merkel beschädigt die deutschfranzösische Freundschaft Von Lutz Hermann, Paris

D Kontrolle gemeinsamer Politiken zusammenarbeiten. Hier ist das Europäische Parlament bereits auf einem guten Weg. Ebenso müssen wir die Kooperation zwischen dem französischen und dem deutschen Parlament verstärken. Gegen das Erstarken nationalistischer Strömungen und gegen die Versuchung der Abschottung wird es unser Ziel sein, Europa wieder mit seinen Bürgern zu versöhnen und diesen alten Traum zu vollenden, dessen Schicksal heute mehr denn je unser Leben und unseren Platz in der Welt bestimmen wird. Und womöglich benötigen wir hierfür einen neuen Elysée-Vertrag oder einen Bundeskanzleramts-Vertrag. n

Ziemlich beste Freunde für Europa? Beziehung Berlin und Paris müssen kooperieren

Foto: dpa Picture-Alliance / UPI, Bildschön

V

or diesen „bösen Wölfen“ muss niemand Angst haben. Im Gegenteil: Sie sind „Kinderreporter, die sich vor nichts fürchten“. Das jedenfalls ist das Motto der „Grands méchants loups“, eines deutsch-französischen Kinder-Journalistenprojekts aus Berlin. Am 28. November stellen sie in der französischen Botschaft in Berlin ihre Arbeit vor. Eingeladen hat die SPD-Bundestagsfraktion. „Frankreich und Deutschland – ziemlich beste Freunde für Europa?“, lautet die Frage an diesem regnerischen Nachmittag. „Wir sind in einer Situation, in der wir nicht nur mit Stolz nach hinten blicken können“, stellt Fraktionschef FrankWalter Steinmeier fest. Mit Sorge schaue er in Europas Zukunft. Immerhin: „Das deutsch-französische Verhältnis ist so belastbar, dass es auch einen Regierungswechsel übersteht.“ Eine Anspielung auf den französischen Präsidenten Hollande, der für Kanzlerin Merkel deutlich unbequemer ist als sein Vorgänger Sarkozy. „Mit den Jahren hat sich eine deutschfranzösische Methode entwickelt“, liefert Helene Miard-Delacroix eine Erklä-

Begeisterung für die Einheit Europas: Frankreichs Staatspräsident Charles de Gaulle (l.) mit jubelnden Bürgern während seines Besuchs am 5.September 1962 in Bonn. Neben ihm Bundeskanzler Konrad Adenauer.

3,5

Millionen deutsche (3,25) und französische (250 000) Soldaten fielen im Zweiten Weltkrieg. Insgesamt starben 6,89 ­Millionen Deutsche und 520 000 Franzosen.

3,19

Millionen deutsche (1,81) und französische (1,38) Soldaten fielen im Ersten Weltkrieg. Quelle: Urlanis, Boris Wars and ­P opulation, Moscow 1971

Hintergrund

Ohne Angst: Kinderreporter des „bösen Wolfs“ in der französischen Botschaft

rung. Diese Methode bestehe darin, auch dann gemeinsam eine Lösung zu finden, wenn beide Staaten unterschiedliche Interessen verfolgten. „Mit einem Motor verbindet man Sachlichkeit“, so die Historikerin. „Deshalb passt dieses Bild für das deutsch-französische Verhältnis sehr gut.“ Sachlichkeit könnte auch helfen, die Krise der EU zu lösen, meint der französische Abgeordnete Pierre-Yves Le Borgn'. „Die Romantik ist weniger geworden, die Aufgaben, die wir bewältigen müssen, dafür umso mehr.“ n KD

Nachdem sich Deutsche und Franzosen in zwei blutigen Kriegen als „Erbfeinde“ gegenübergestanden hatten, schlossen beide Staaten am 22. Januar 1963 im Pariser Elsyée-Palast den deutschfranzösischen Freundschaftsvertrag. Dieser verpflichtet beide Regierungen zu regelmäßigen Konsultationen in der Außen-, der Sicherheits-, der Jugend- und der Kulturpolitik. Zentraler Bestandteil des Elysée-Vertrags ist der SprachUnterrricht deutscher und französicher Schüler in der jeweils anderen Sprache und der Ausbau des Jugendaustausches. n

as deutsch-französische Verhältnis bleibt kühl und distanziert. Jean-Marc Ayrault, der neue Premierminister an der Seine, hat nach seinem Berlin-Besuch daran nicht viel zu verändern vermocht. Er kehrte mit dem Eindruck zurück, Angela Merkel sei in Wahlkampflaune. Präsident François Hollande, so heißt es jetzt in Paris, stelle seine europapolitischen Vorschläge bis Spätherbst 2013 zurück. Die Verstimmung der französischen Sozialisten geht auf die Einmischung der Kanzlerin in den französischen Wahlkampf zurück. Ihre Unterstützung für den erzkonservativen Nicolas Sarkozy, der im Mai dieses Jahres gegen Hollande verlor, ist in Frankreich als einmalig eingestuft worden. Es war abzusehen, dass Merkel dem linken Amtsnachfolger distanziert gegenübertreten würde. Sechs Monate nach der Wahl beauftragte der Präsident seinen Premier, einen neuen Rahmen für die bilaterale Zusammenarbeit zu ziehen. Der 61-jährige Ayrault ist ein Kenner des Nachbarlandes. Er war Deutschlehrer. Dass Hollande mit seiner Berufung zum Premier eine Geste gegenüber den Deutschen bezweckte, darf angenommen werden. Sicher ist aber auch, dass Präsident Hollande ähnlich enge Beziehungen zur Kanzlerin, wie sie Sarkozy in seinem letzten Amtsjahr unterhielt, nicht eingehen werde, so Ayrault. Sarkozys ständiger Hinweis, der Nachbar mache alles besser und diene als Modell, gehe Hollande auf die Nerven. Ebenso empfindlich reagierte er auf schulmeisterliche Ratschläge aus Deutschland. Im Bundestag hatten sie ein Nachspiel: SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat in der Haushaltsdebatte den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder scharf kritisiert, weil dieser die französische Steuer- und Wirtschaftspolitik „gemaßregelt“ hatte. Auch dies hatte zur Verschlechterung der Beziehungen beigetragen. Unbestreitbar: Das Verhältnis ParisBerlin ist beschädigt. Als Ayrault in Berlin war, machte er klar, dass er von Merkel & Co. keine Belehrungen erwarte. Was er mit seinem Staatschef jedoch am meisten bemängelt, ist „die schiere Unkenntnis“ der deutschen Regierung, was die Reformpläne der neuen sozialistischen Regierung in Frankreich betrifft. Ayrault: „Unsere deutschen Freunde sollten eines verstehen: Unser Gesellschaftsmodell basiert auf sozialer Gerechtigkeit!“ Dieses Modell sei ein Modell für ganz Europa. n


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Klischees abbauen Jugendwerk Jedes Treffen ­bringt Nachbarn einander näher

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Vor dem Miniatur-Eiffelturm in Berlin-Wedding: Katharina Oriefe-Briand, ihr Mann Etienne und die Kinder Mathis und Lea

Berlin, mon amour Familienbande Sie ist Deutsche, er Franzose. Ihre Kinder wachsen ­zweisprachig auf. Eine Liebesbeziehung der besonderen Art Von Kai Doering

8

Millionen junge Franzosen und Deutsche nahmen seit 1963 an rund 300 000 ­Austauschprogrammen des Deutsch-Französischen Jugendwerkes (DFJW) teil.

14

Prozent der Deutschen sprechen Französisch und 6 Prozent der Franzosen Deutsch so, dass es für eine Unterhaltung reicht.

Quelle: DFJW 2012, Europäische ­Kommission Eurobarometer 2012

Buchtipp

Die 24-jährige Französin Magali Baudelet reiste ins Ruhrgebiet

Wie Liebe in Zeiten tiefer Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich Grenzen überwindet und die Wirren des Zweiten Weltkriegs überdauert: Inge Barth-Grözinger Geliebte Berthe Thienemann Verlag 2012, ISBN 978-3-522-20149-0

R

omantischer geht es kaum. „Ich bin für die Liebe nach Deutschland gekommen“, sagt Etienne Briand und schaut lächelnd zu seiner Frau. Eine Beziehung zu Deutschland habe er vorher nicht gehabt. „Ich wollte Katharina einfach besser verstehen.“ 1999 lernten sich die beiden in Etiennes Heimatstadt Lyon kennen. Katharina verbrachte dort im Rahmen ihrer Frankreich-Studien ein Austausch-Semester. Doch erst als sie drei Jahre später für ihre Diplomarbeit zurückkehrte, funkte es zwischen der Deutschen und dem Franzosen. „Ich suchte einen Tango-Partner“, erzählt die 36-Jährige schmunzelnd. 2005 zog Etienne nach Berlin in Katharinas Studentenwohnung. Sie folgte ihm ein paar Monate später. „Beide Partner müssen beide Sprachen können und im Land des anderen gelebt haben, wenn eine Beziehung funktionieren soll“, ist Katharina überzeugt. Etienne hatte zwar Deutsch in der Schule gelernt, doch das war lange her. Der Diplom-Physiker drückte also noch einmal die Schulbank und machte einen Sprachkurs. Heute arbeitet der 42-Jährige als IT-Berater in einem Unternehmen in Kreuzberg. An die flachen Hierarchien in Deutschland musste er sich erst gewöhnen. „So viel persönliche Freiheit ist für mich manchmal ein bisschen komisch.“ Und auch seiner Frau fiel die Umstellung nicht ganz leicht. „In Paris bin ich in

meiner zweistündigen Mittagspause oft schwimmen gegangen“, erzählt Katharina. „Dafür musste ich dann allerdings auch bis um sieben arbeiten.“ 2010 heirateten die beiden. Ihre Kinder Mathis und Lea waren da schon auf der Welt. „Wegen des Papierkrams hat alles etwas länger gedauert“, erzählt Katharina Oriefe-Briand. „Als die letzten Dokumente aus Frankreich endlich da waren, waren die ersten schon wieder ungültig.“ Seine Kinder erzieht das Ehepaar zweisprachig, beide haben sowohl die deutsche als auch die französische Staatsbürgerschaft. „In Frankreich ist die Kindererziehung stärker organisiert“, erzählt Etienne. „Kinder haben nicht so große Freiheit wie hier.“ Auch Spielplätze gebe es nicht so viele wie in Deutschland. „Und Kindergärten sind schon eher wie Schulen organisiert.“ Mathis und Lea besuchen eine Kita in der Nachbarschaft. „Aber wir denken darüber nach, sie später auf eine deutsch-französische Schule zu schicken“, verrät Katharina. Dafür müsste die Familie allerdings in Deutschland bleiben. Konkrete Pläne, nach Frankreich zu ziehen, gebe es zwar nicht, „aber es ist auch nicht ausgeschlossen“. Weihnachten werden sie allerdings zuhause in Berlin feiern. Etiennes Mutter wird aus Lyon zu Besuch kommen. Und die Geschenke gibt es nach französischer Tradition erst am 25. Dezember. n

Fotos: Dirk Bleicker, privat

anche Deutsche denken ja, dass die Franzosen alle arrogant sind, keine Fremdsprachen sprechen und nur Baguettes und Schnecken essen“, sagt Magali Baudelet schmunzelnd. Die 24-jährige Französin verbrachte 2004 im Rahmen eines Schüleraustauschs ein halbes Jahr im Ruhrgebiet. Dort versuchte sie, die gängigen Klischees zu durchbrechen. Baudelet meint: „Den typischen Franzosen gibt es nicht. Und es sind auch nicht alle Deutschen immer pünktlich.“ Organisiert wurde ihr Austausch vom Deutsch-Französischen Jugendwerk (DFJW). Seit fast 50 Jahren fördert es Begegnungen zwischen Deutschen und Franzosen zwischen drei und 30 Jahren. Die Organisation bezeichnet sich selbst als „das schönste Kind des Elysée-Vertrags“, denn sie wurde 1963 nur wenige Monate nach dem Vertragsabschluss gegründet. Seitdem haben mehr als acht Millionen Deutsche und Franzosen an den diversen Austauschprogrammen des DFJW teilgenommen. Das Jugendwerk unterstützt Klassenfahrten und den Austausch von Berufsschulen, vermittelt Gastfamilien und bietet Fortbildungen für Lehrer an. Ziel ist es, die Kultur des jeweils anderen Landes kennenzulernen, auf dessen Sprache neugierig zu machen und die Beziehungen zwischen den Ländern zu vertiefen. Die Organisation versteht sich auch als Berater für die Politik. Der Verwaltungsrat wird je zur Hälfte von der deutschen und der französischen Regierung ernannt. Die Regierungen haben dem DFJW übrigens schon ein Geburtstagspaket für 2013 geschnürt: Erstmals seit seiner Gründung wird das Budget des Jugendwerks aufgestockt, von 21,8 auf dann 23,8 Millionen. n CFH


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Ein Buch, zwei Perspektiven Geschichtsunterricht Schüler zweier Nationen lernen aus dem gleichen Geschichtsbuch

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enn sich zwei Streitende versöhnen wollen, dann sprechen sie sich aus. Gemeinsam gehen sie durch, was ihre Beziehung in der Vergangenheit belastet hat und räumen Missverständnisse aus. Zwischen zwei Nationen verhält es sich im Grunde nicht anders. Deutsche und Franzosen galten jahrzehntelang als Erbfeinde, führten zwischen 1870 und 1945 drei Kriege gegeneinander. Nun sind sie Freunde. Die gemeinsame Geschichte haben Historiker beider Länder aufgearbeitet. Darüber austauschen müssen sich Deutsche und Franzosen dennoch immer wieder. Einen Beitrag dazu leistet das ­Oberstufen-Geschichtsbuch „Histoire/ Geschichte“. Es ist ein ungewöhnliches Werk, denn es wird sowohl von französischen als auch von deutschen Schülern genutzt. Inhalt und Gestaltung sind in beiden Ländern identisch. Der Grundgedanke: Die Schüler sollen die jeweils andere Sicht auf die gemeinsame Geschichte kennenlernen.

genommen. Allein vom ersten Band wurden in Deutschland bereits rund 50 000 Exemplare verkauft. Und Nachahmer gibt es auch schon: 2015 soll ein deutsch-polnisches Geschichtsbuch auf den Markt kommen. n CFH

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Die Idee hatten Jugendliche

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Auch politisch bedeutsam: 2008 stellten Klaus Wowereit (m.) und der französische Bildungsminister Xavier Darcos (2.v.r.) in Berlin den zweiten Band vor.

Die Idee für das Buch hatte 2003 ein deutsch-französisches Jugendparlament. Politiker beider Länder griffen den Gedanken auf und beauftragten die Verlage Klett und Nathan mit der Umsetzung. Je fünf Autoren aus beiden Ländern verfassten die Texte. 2006 erschien der erste Band, zwei weitere folgten. „Die Jugendlichen wissen oft wenig über die Geschichte eines anderen Landes“, sagt Ilas Körner-Wellershaus, Projektleiter im Klett-Verlag. So nehme der Erste Weltkrieg im französischen Gedenken einen breiteren Raum ein, während in Deutschland die nationalsozialistischen Verbrechen intensiv thematisiert würden. Das Lehrbuch verdeutlicht auch, dass sich beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs beide Seiten als Opfer sahen: die Franzosen, weil ihr Land angegriffen wurde, die Deutschen, weil sie sich durch Frankreichs Bündnis mit Großbritannien und Russland bedroht fühlten. „Wenn die Schüler sich mit solchen Zusammenhängen beschäftigen, können auch Vorurteile abgebaut werden“, sagt Körner-Wellershaus. Das Lehrbuch stellt die verschiedenen Perspektiven zur Diskussion. Das Konzept wird an den Schulen gut an-

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55 Dinge, die Sie garantiert noch nicht über

Helmut Schmidt

vorwärts 12/2012-01/2013

Na denn, Knusemang!

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Blick in das Arte-Studio: Die Moderatoren kurz vor der Präsentation des neuen Programms. Sonntag 19.10.12 10:14 um 19.30 Uhr geht es in der Sendung „Karambolage“ um deutsche und französische Eigenheiten.

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uckefuck? Schon Mal gehört? Genau, das ist Zichorienkaffee, falscher Kaffee, „mocca faux“. Was das mit einem deutsch-französischen Sender zu tun hat? Der hat es erklärt und zwar so: „mocca faux“ haben die Hugenotten mitgebracht, französische Protestanten, die sich nach dem 30-jährigen Krieg in Preußen ansiedelten. Die Berliner machten daraus Muckefuck. Immer sonntags um 19.30 Uhr ist Karambolage-Zeit. Dann geht es um deutsche und französische Eigenheiten, Missverständnisse, Alltagskultur und historische Hintergründe. Eine junge Frau hat plötzlich Heißhunger auf Erdbeeren? Für eine Französin heißt das, sie ist schwanger. In Deutschland würde das eine Frau eher bei plötzlicher Lust auf saure Gurken vermuten.

Gemeinsame Vision von Europa Seit dem 30. Mai 1992 sendet der deutsch-französische Kulturkanal Arte. Den Gründungsvertrag haben am 2. Oktober 1990 Vertreter der zehn alten Bundesländer und der Französischen Republik unterzeichnet. Die fünf neuen Bundesländer traten 1996 bei. Gesendet wird im Zweikanalton auf Deutsch und Französisch. Auftrag sei es, „eine politische und kulturelle Vision Europas zu vermitteln“, so Arte-Präsidentin Véronique Cayla gegenüber dem „vorwärts“. In vielen Facetten beleuchtet der Sender das Thema 50 Jahre Élysée-Vertrag und fordert auf, bis zum Juli 2013 die

populärste deutsch-französische Städtepartnerschaft zu wählen. Investigativer Journalismus, Dokumentationen, Kinoproduktionen, Meisterwerke des Films und anspruchsvolle Wissenschaftsmagazine, auf Arte gibt es das regelmäßig. In dem Film „Kaufen für die Müllhalde“ zeigte Arte beispielsweise, wie die Industrie den Wunsch der Konsumenten nach neuen Produkten ausnutzt, indem sie den Verschleiß schon einbaut. „Wir sind davon überzeugt, dass die Kultur als Nährboden für das humanistische und demokratische Ideal wirkt“, so Véronique Cayla. Der Sender verstehe sich als „Akteur der Entwicklung eines Gesellschafts- und Gemeinschaftsentwurfs für das Europa des 21. Jahrhunderts“. Arte setze sich für die „Entwicklung gemeinsamer Vorstellungswelten ein, dank derer die deutsch-französischen Beziehungen auch in Zukunft tragfähig sein werden.“ In einer Zeit, in der die Ökonomie alles zu dominieren scheint, zeige das Programm, dass Europa mehr ist als ein gemeinsamer Wirtschaftsraum. Na denn, Knusemang! Das ist Mecklenburger Platt. Das Karambolage-Team erklärt die Herkunft des Wortes so: Im 19. Jahrhundert hätten die Mecklenburger aus dem Französischen „A ce que nous aimons“ („Auf das, was wir lieben!“) jenes Knusemang gemacht. Und darauf trinken wir eine „Schorlemorle“. Was das bedeutet? Arte gucken! n

Foto: Frederic MAIGROT/REA/laif

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Foto: Fulvio Zanettini/laif (2)

I

m Frühjahr 1962 kam ich zum Studium ins Saarland, um Frankreich möglichst nahe zu sein. Ich wollte mehr erfahren von diesem Land, das Dichter wie Baudelaire und Rimbaud, Schriftsteller wie Alain Fournier und Raymond Queneau, Philosophen wie Sartre und Camus und – irgendwie noch wichtiger – die Filme der nouvelle vague hervorgebracht hatte. Ich wusste damals noch nicht, dass ich hier Wurzeln schlagen würde. Das geschah fast unbemerkt, aber nachhaltig. Saarbrücken ist Grenzstadt. Die Grenze zieht sich mitten durch die ineinanderfließenden Siedlungen. Von der Stadtmitte ist man schneller im lothringischen Spichern als in unserem Haus in der Kernstadt. Für die Saarländer gehört das benachbarte Departement Moselle mit seiner Hauptstadt Metz zum direkten Lebensumfeld. Das Gleiche gilt umgekehrt für die Lothringer. Wohnen und arbeiten orientieren sich grenzüberschreitend an den jeweiligen Vorlieben, nicht an der staatlichen Zugehörigkeit. Die Restaurants, die Kaufhäuser, die spezialisierten Geschäfte hüben und drüben konkurrieren und ergänzen sich, das Kulturangebot ist vielfältig. Auf engstem Raum blüht eine vielfältige Gegenwart mit zwei Sprachen, mit unterschiedlichen Gesetzen, anderen Verkehrsund Nummernschildern, mit einem bunten Gemisch von Radioprogrammen (die hastige wortreiche Moderation der Franzosen, die eher knappe und betuliche der Deutschen), mit anderen Zeitungen und anderen Schlagzeilen. Die Film- und Theaterprogramme sind im Wortsinne eigenartig. Um es offen zu sagen: Ich bin kultureller Bigamist – und ich genieße es.

2200 Partnerschaften zwischen deutschen und ­französischen Städten und Regionen gibt es derzeit. Quelle: Auswärtiges Amt und ­Ministère des Affaires étrangères 2012

Schlosshof in Saarbrücken: nur ein Katzensprung von der französischen Grenze entfernt

Bigamie ist wundervoll Grenzerfahrung Wer in Deutschland Frankreich möglichst nah sein will, kann das am besten im Saarland

vorwärts

Von Reinhard Klimmt

… Mehr lesen!

Die Saar: Der Fluss verbindet beide Länder.

App+

Interview: Angelica Schwall-Düren über Deutsche und F­ranzosen

Ich bin dabei nicht allein. Wir leben nicht mehr an der, sondern auf der Grenze und begegnen einander real, nicht nur virtuell im Netz. Saarbrücken war einst Garnisonsstadt, als Bollwerk gegen die „Welschen“ gerüstet. Manche Straßennamen künden noch von dieser Zeit. Heute aber ist es eine europäische Stadt, wie Saarlouis und Merzig auch. Die nationale Identität ist eine Identität unter vielen geworden, zu denen auch die regionale gehört. Am Jahrestag des Elysée-Vertrags befinden wir uns bereits auf dem Wege zu einer europäischen Region. n

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16  In Kürze

vorwärts 12/2012-01/2013

Frau an die Spitze vorwärts Vize-SPD-Sprecherin Karin Nink wird neue Chefredakteurin Von Rafael Seligmann Die Nato hat wie jedes Verteidigungsbündnis die Aufgabe, eine äußere Macht vom Angriff auf einen Mitgliedsstaat abzuschrecken: mittels Beistand seiner Partner für das attackierte Paktland. Falls dies nicht gelingt, hat sie das angegriffene NatoMitglied militärisch zu verteidigen. Dies hat seit der Gründung der Nato vor 60 Jahren funktioniert – da die Linie des Konflikts zwischen der Nato und dem Warschauer Pakt verlief. Die Hauptprotagonisten USA und Sowjetunion waren nuklear hochgerüstet, doch deren rational handelnde Führungen wollten unter allen Umständen einen alles zerstörenden Atomkrieg vermeiden. Nun hat das Nato-Mitglied Türkei gefordert, Patriot-Abwehrraketen der USA, Deutschlands und der Niederlande an seiner Grenze zu Syrien zu stationieren. Ankara sieht sich von der Assad-Diktatur bedroht. In Syrien herrscht Bürgerkrieg. Die verfeindeten Parteien kennen keine Zurückhaltung. Zivilisten flüchteten in die Türkei, Granaten flogen über die Grenze, ein türkisches Kampfflugzeug wurde von den Syrern abgeschossen. Die schwer bedrängte Assad-Diktatur sucht keinen Krieg gegen die militärisch überlegene Türkei. Deren Premier Erdogan hofierte bis vor kurzem Assad. Nunmehr unterstützt Ankara aktiv die syrischen Aufständischen. Moskau wiederum hilft Assads Regime. Zudem führt die Türkei Krieg gegen die separatistischen Kurden. Auch jenseits der türkischen Grenzen, denn Ankara fürchtet einen Kurdenstaat. In dieser Situation kann die Nato durch ihre Patriot-Raketen rasch in einen Krieg gezogen werden. Manches erinnert an 1914. Niemand wollte einen Krieg, doch am Ende wirkten die Bündnisse als Brandbeschleuniger. Statt sich in einen bewaffneten Konflikt involvieren zu lassen, sollte die Nato diplomatisch auf Moskau einwirken. Russland ist noch keine Demokratie nach westlichen Maßstäben, doch ein rationaler, traditioneller Teil des europäischen Mächtegleichgewichts, zudem ein zuverlässiger Energielieferant. Man sollte sich mit dem Kreml einigen n

D

er „vorwärts“ wird ab dem kommenden Jahr von einer Frau geführt. Zum 1. Januar wird Karin Nink neue Chefredakteurin. Die 51-Jährige folgt damit Uwe Knüpfer (57) nach, der sich künftig um den Internetauftritt zum 150-jährigen Parteijubiläum kümmern wird. Der ehemalige „WAZ“-Chefredakteur hatte die vorwärts-Chefredak­ tion im Herbst 2010 übernommen. Karin Nink ist seit 2004 stellvertretende Parteisprecherin der SPD. Der damalige Bundesvorsitzende Franz Müntefering hatte die Journalistin in die Parteizentrale geholt. Zurzeit verantwortet Nink dort die Pressearbeit der stellvertretenden Vorsitzenden. Vor ihrem Wechsel ins Willy-Brandt-Haus war sie journalistisch u.a. für die „Financial Times Deutschland“, den „Kölner StadtAnzeiger“ und die „taz“ tätig. n KD

karlsruhe erobert

Frank Mentrup wird neuer Oberbürgermeister in Karlsruhe. Bereits im ersten Wahlgang am 2. Dezember erhielt der 48-Jährige mit 55 Prozent die absolute Mehrheit der Stimmen. Mentrup beendet damit die 42-jährige CDUVorherrschaft in Baden-Württembergs drittgrößter Stadt. Der bisherige Amtsinhaber Heinz Fenrich war nach 14 Jahren aus Altersgründen nicht wieder angetreten. Mentrup ist Psychiater und vierfacher Vater. Im Karlsruher Wahlkampf hatten ihn auch die Grünen, die Piraten und die „Karlsruher Liste“ (KAL) unterstützt. n KD

Tod eines Kämpfers Er kämpfte gegen Nazi-Terror und Stalinismus. Verfolgt wurde Hans Bonkas von Hitlers Helfern wie vom KGB. Geprägt von seinem sozialde-

Ab 1. Januar auf dem vorwärts-Chefredakteurssessel: Karin Nink

Wird Programmieren bald Schulfach? Wenn es nach Nico Lumma geht schon. Kinder müssten Programmieren als zweite Fremdsprache lernen, forderte der Blogger und Geschäftsführer des Internetvereins D 64 beim ersten vorwärts-Medienkongress. „Java-Script ist das neue Latein.“ Rund 200 Internetund Medieninteressierte diskutierten am 30. November in Frankfurt am Main über die „Kommunikation der Zukunft“. Der hessische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel bildete dabei mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) eine „virtuelle große Koalition“. Bevor die beiden begeisterten Nutzer des Kurznachrichtendienstes „Twitter“ ihr Streitgespräch über „Politik und Social Media“ begannen, hatte Altmaier noch ein paar Tipps parat. „Er hat mich darauf hingewiesen, dass man beim Blackberry auch Umlaute verwenden kann“, gab Schäfer-Gümbel zu. n KD Ausführlicher Bericht: vorwärts.de/medienkongress

mokratischen Elternhaus trat Bonkas schon mit elf Jahren ins „Jungbanner“, die Jugendorganistation des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“, ein. Nach dem Krieg widersetzte sich Bonkas in der sowjetischen Besatzungszone der Zwangsvereinigung von SPD und KPD. 1949 wurde er im berüchtigten „Roten Ochsen“ in Halle eingesperrt und von einem sowjetischen Gericht zum Tode verurteilt. Die Strafe wurde später in 25 Jahre Zwangsarbeit umgewandelt. 1956 wurde Hans Bonkas in den Westen entlassen. Hier kämpfte er fortan unermüdlich für die Demokratie. Als Zeitzeuge erzählte er tausenden jungen Menschen von seinen Erlebnissen aus zwei Diktaturen. Viele Jahre saß er dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten vor, war danach Ehrenvorsitzender. Der SPD hielt er sieben Jahrzehnte die Treue. Am 7. November ist Hans Bonkas im Alter von 91 Jahren verstorben. n KD

Beschluss des SPD Parteivorstands zum Mitgliederbegehren „Sozis gegen Vorratsdatenspeicherung“: Der Parteivorstand hat das nicht rechtswirksame Zustandekommen des Mitgliederbegehrens „Sozis gegen Vorratsdatenspeicherung“ nach § 13 Absatz 3 Satz 3 Organisationsstatut festgestellt, da das Begehren nicht von 10 Prozent der Mitglieder unterstützt wurde.

Herzlichen Glückwunsch

Herbert Altenberger SPD Ansbach zum 100. Geburtstag Manfred Wende ehem. MdB zum 85. Geburtstag Peter Conradi ehem. MdB zum 80. Geburtstag Gernot Fischer ehem. MdB Manfred Lahnstein Bundesminister a.D. Rainer Offergeld Bundesminister a.D. Peter Paterna ehem. MdB Dieter Schanz ehem. MdB zum 75. Geburtstag Peter Enders ehem. MdB Uta Titze-Stecher ehem. MdB zum 70. Geburtstag

Fotos: SPD-PV, , Uli Deck/dpa ; Vignette: hendrik Jonas

Global gedacht

twitter-Koalition


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Ich will auch nicht von einer 67-jährigen Krankenschwester gehoben werden.

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Sigmar Gabriel,

SPD-Vorsitzender, zu den Konsequenzen der Anhebung des Renteneintrittsalters

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Wer alle Kraft braucht, um die Koalition statt unser Land zusammenzuhalten, der sollte in die Rehabili­ tation.

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Peer Steinbrück, designierter Kanzlerkandidat der SPD, über Angela Merkel

Rechtsextremes Denken ist in Deutschland weiter auf dem Vormarsch. Woran liegt das? Das hat vielfältige Ursachen. Zum Beispiel identifizieren sich Menschen oft mit Stärke, Autorität und mit einer Eigengruppe, gerade in ­einer modernen Welt und in unsicheren Zeiten. Das bedeutet im Umkehrschluss häufig, bestimmte Fremdgruppen zu konstruieren und diese dann abzuwerten. So wird die eigene Stärke scheinbar bewiesen. Rechtes Denken hängt auch mit der Sorge um die eigene sozioökonomische Lage zusammen. Der in strukturschwachen Regionen zu beobachtende Anstieg der Zustimmung zu rechtem Gedankengut hat auch etwas mit Zukunftsangst zu tun. Gleichzeitig ist die Zustimmung zur Demokratie hoch wie nie. Wie passt das zusammen? Die Demokratieakzeptanz ist hoch. Das ist ein gutes Zeichen. Allerdings reicht das allein nicht aus. Nach wie vor empfinden viele die Demokratie nicht als Teil ihrer Lebenswirklichkeit. Viele finden Demokratie an sich zwar gut, haben

aber nicht gelernt, was es heißt, diese auch zu leben. Stattdessen erfahren sie autoritäre, hierarchische gesellschaftliche Strukturen; im Job, bei der Arbeitsagentur und oft auch immer noch in der Familie. Hier bleibt noch viel zu tun. Das Bemühen gegen Rechts ist vielfältig. Warum helfen all diese Anstrengungen nicht? Sie helfen! Dafür gibt es viele Beispiele. Nur sind die vielen kleinen Projekte oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn sie nicht von einem breiten gesellschaftlichen Konsens unterstützt werden. Das trifft umso mehr zu, als man Einstellungen nicht von heute auf morgen ändern kann. Außerdem: Ein öffentliches Bekenntnis gegen Rechts gehört zwar zum guten Ton jeder Mandatsträgerin – gerade nach so schrecklichen Ereignissen, wie sie im vergangenen Jahr mit dem NSU-Skandal ans Licht gekommen sind. Dennoch wird mit der Extremismusklausel Misstrauen gesät, und es fehlt die konsequenzenbehaftete Einsicht, dass wir hier mehr tun müssen. n KD

Drei Fragen an

Johannes Kiess

Johannes Kiess ist Mitautor der Studie „Die Mitte im Umbruch“ der Friedrich-Ebert-Stiftung

Trauer um Schütz Er war ein enger Freund Willy Brandts. Als Regierender Bürgermeister von Berlin war Klaus Schütz wesentlich an der Umsetzung von Brandts Entspannungspolitik beteiligt. In seiner 10-jährigen Amtszeit unterzeichnete er das BerlinAbkommen und das Transit-Abkommen mit der DDR. Die Aussöhnung mit Israel wurde ein weiteres Lebensthema. Vier Jahre war Schütz dort Botschafter. Im Alter von 86 Jahren ist Klaus Schütz am 29. November in Berlin gestorben. n KD Fotos: Mark Bollhorst, Marie-Schlei-Verein; Vignette: hendrik Jonas

Unterstützung vom Marie-Schlei-Verein: Frauen beim Gemüseanbau

Schlei-Verein hilft Frauen in Mali

Trainer für die SPD

Mali ist eines der ärmsten Länder der Erde. Seit im Frühjahr islamistische Kämpfer den Norden erobert haben, hat sich die Lage zusätzlich angespannt. Die Frauen in den Dörfern um Segu, einer Provinzhauptstadt im Süden des Landes, lassen sich davon nicht beirren. Sie kämpfen gegen die Auswirkungen des Klimawandels und der instabilen politischen Lage, um die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Der Marie-Schlei-Verein will sie gemeinsam mit seinem Partner, der „Groupe Nature“, dabei unterstützen. In einem Jahr sollen sechs Frauengruppen im Gemüseanbau ausgebildet werden. Zwei Brunnen sollen während dieser Zeit angelegt werden. Um 30 Prozent könnte sich das Einkommen der Frauen steigern. Der Marie-Schlei-Verein ist nach der früheren Entwicklungsministerin benannt. Er konnte bereits Frauen in mehr als 500 Selbsthilfeprojekten weltweit unterstützen. n KD

Sieben Monate haben sie gebüffelt, nun sind sie offizielle SPD-Trainer. 15 Genossinnen und Genossen aus acht Landesverbänden haben das Programm „Train the Trainer“ der SPD-Parteischule absolviert. Sie wurden u.a. in der Moderation von Seminaren, in Konfliktmanagement und der Führung von Gruppen geschult. Die Gliederungen der SPD können die Trainer jetzt anfordern. Jeder hat eigene Schwerpunkte, die in seiner Profilmappe erfasst sind. Diese gibt es bei Jana Heinze unter parteischule@spd.de. n KD

Weitere Informationen: marie-schlei-verein.de Spendenkonto: Sparda Bank Hamburg, BLZ 206 905 00, Konto 602 035

Berliner ­Tagebuch Notiert von Uwe Knüpfer Ja was denn nun? Ist die amtierende Bundesregierung nun die beste oder nur die erfolgreichste? Und wieso nur „seit der Wiedervereinigung“? O.K., davor war Angela Merkel noch keine Bundesbürgerin. Wenn aber die Merkelsche Zeitrechnung erst im Jahre 90 beginnt, was soll dann die Bescheidenheit? Zumal ErfBusdWieVer klingt wie ein uckermärkisches Bw-Standortkommando. Um wieviel klarer klingt doch BeBuKAZ! Beste Bundeskanzlerin ­A ller Zeiten. Das ist es. Hat außerdem den Vorteil zu stimmen. Wer allein ist, muss Konkurrenz nicht fürchten. Nach diesem Motto hat Frau Merkel bekanntlich die CDU rasiert. Spätestens seit dem Rauswurf – pardon: Abgang – Norbert Röttgens dürfte jede und jeder in Merkels Praktikantentruppe wissen: wer aufzeigt, fliegt. Apropos Rauswurf: Philipp Rösler, der (bei Redaktionsschluss) Vorsitzende der FDP, hat seine Partei bei einem Adventsempfang „Unter Niedersachsens Sternen“ eine „liberale Familie“ genannt. Man wird sich, wenn die FDP an Niedersachsens Himmel verglüht sein wird, mit dem liberalen Familienbegriff beschäftigen müssen. Der Erste Bürgermeister Hamburgs sollte den SPD-Netzwerkern etwas über gute Großstadtpolitik erzählen – und schien sich verweigern zu wollen: „Ratschläge geben wir nicht. So sind wir nicht.“ Dann machte Olaf Scholz Reklame für Wilhelmsburg, wo HH aussieht, wie man sich das Ruhrgebiet vorstellt. Dort entstehe jetzt eine neue „Metrozone“, dank Bauausstellung und Gartenschau. Immerhin sei Wilhelmsburg „die größte Flussinsel der Welt – nach Manhattan – und mit nicht ganz so großen Häusern.“ Merke: Hanseaten lassen sich von Fakten loben. Die Methode Merkel geht anders. Der neue Armutsbericht der Bundesregierung drohte Deutschland zu beschreiben wie es ist: mit wachsendem Abstand zwischen Oben und Unten. Was taten die Adlaten der BeBuKAZ? Sie ließen den Bericht umschreiben. Merke: Man muss den Leuten nur genug Sand in die Augen streuen, und schon halten sie jede Pfütze für die Ostsee. n


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Preis erinnert an Otto Wels

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Dass der Erkundungsstopp nur bis zur ­Bundestagswahl gelten soll, spricht für sich selbst. Ute Vogt,

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Obfrau der SPD-Fraktion im Gorleben-Untersuchungs­ ausschuss

Impressum Verlags-Sonder­ veröffentlichung Herausgeber: SPD-Bundestagsfraktion Petra Ernstberger, MdB Parl. Geschäftsführerin V.i.S.d.P. Anschrift: SPD-Bundestagsfraktion Platz der Republik 1 11011 Berlin

Ratlos: Der Regierung mit Umweltminister Peter Altmaier fehlt beim Netzausbau der Durchblick.

Energiewende ohne Plan Die schwarz-gelbe Energiepolitik lässt Strompreise steigen und gefährdet Arbeitsplätze Die Strompreise in Deutschland steigen immer weiter. Im kommenden Jahr wird sich die Umlage für die Förderung der Erneuerbaren Energien (EEG-Umlage) erhöhen. Sie steigt von 3,6 Cent auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde, was die Preise weiter nach oben treibt. Zwei Drittel dieses Anstiegs werden nicht durch Fördergelder für Ökostrom verursacht, sondern durch die schwarz-gelbe Lobbypolitik. Denn die Zahl der Unternehmen, die von der EEGUmlage befreit sind, erhöht sich durch die

letzte EEG-Novelle der Regierung von rund 800 auf über 2000. Was die Unternehmen einsparen, müssen die Haushalte zusätzlich zahlen. Ende November hat die Regierungskoalition nun auch noch beschlossen, dass die Verbraucher einen erheblichen Teil der Entschädigungen für Windparkbetreiber bezahlen müssen. Die Entschädigungen kommen zustande, weil die Netzanschlüsse von neuen Offshore-Windparks ans Festland nicht rechtzeitig geplant und aus-

Rüstungsexporte steigen an Die Bundesregierung hat im November ihren Rüstungsexportbericht für das Jahr 2011 vorgelegt. Laut dem Bericht passierten Ausfuhrgenehmigungen im Wert von 5,4 Milliarden Euro den Sicherheitsrat (BSR). Das entspricht einem Anstieg von mehr als zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Damit zeigt sich, dass die schwarz-gelbe Koalition den Export von Rüstungsgütern offensichtlich als ganz normales Instrument zur Gestaltung ihrer Außen- und Sicherheitspolitik betrachtet“, empört sich der SPD-Fraktionsvize Gernot Erler. Die „Merkel-Doktrin“ entfalte ihre Wirkung. Bedenken hinsichtlich einer instabilen Sicherheitslage oder Verletzungen von Menschenrechten würden immer weiter in den Hintergrund gedrängt, wie zum Beispiel die fragwürdigen Panzergeschäfte mit Saudi-Arabien oder Indonesien zeigten. Bereits Ende März hat die SPD-Fraktion einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem sie mehr Transparenz und eine parlamentarische Beteiligung bei der Vergabe von Exportgenehmigungen fordert. Besonders gewichtige Kriegswaffenexporte werden im geheim tagenden BSR beschlossen, dem ausschließlich Vertreter der Regierung und der Ministerien angehören. Der Bundestag erfährt erst nachträglich durch den Exportbericht davon. Die SPD-Fraktion verlangt von der Regierung, sich künftig streng an die geltenden Rüstungsexportrichtlinien und an die Gesetze zu halten sowie eine entsprechend restriktive Genehmigungspraxis anzuwenden. n CFH

Die EU-Länder sollen den CO2 -Ausstoß um 30 statt 20 Prozent senken.

Aufruf zum Klimaschutz In Doha ist die 18. Weltklimakonferenz zu Ende gegangen. Bereits im Vorfeld haben die Fraktionen von SPD und Grünen die Regierung per Antrag aufgefordert, ihre Tatenlosigkeit beim Kampf gegen den Klimawandel zu beenden. Die Regierung müsse ein Maßnahmenpaket verabschieden, um die nationalen Klimaziele einzuhalten, heißt es darin. Deutschland solle beim Klimaschutz zusammen mit anderen Vorreiterstaaten voran gehen, auch wenn nicht alle Länder mitmachen. Auf EU-Ebene solle die Regierung sich für eine abgestimmte Klimapolitik einsetzen. Die EU müsse ihr CO2-Reduktionsziel ohne Vorbedingungen auf 30 Prozent anheben. n CFH

Fotos: Klaus-Dietmar Gabbert/dapd, Michael Urban/ddp

Im März 2013 jährt sich die Rede des SPD-Reichstagsabgeordneten Otto Wels gegen das nationalsozialistische Ermächtigungsgesetz zum 80. Mal. Aus diesem Anlass lobt die SPD-Fraktion den „Otto-Wels-Preis für Demokratie“ aus. Teilnehmen können Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 21 Jahren. Sie können eine Rede zum Thema Demokratie verfassen, eine Kampagne zur Stärkung der Demokratie entwickeln oder eine Illustration zu Otto Wels einreichen. Die drei besten Beiträge werden mit Geldpreisen bis zu 600 Euro ausgezeichnet. Einsendeschluss ist der 4. Februar 2013. Mehr­ ­Informationen gibt es im Internet unter spdfraktion. de/ottowelspreis. n CFH

gebaut wurden. Die Verbraucher müssten nun für die Fehler der Regierung zahlen, konstatiert der energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion Rolf Hempelmann (siehe Seite 34). Der Regierung fehlt bis heute ein Konzept für die Energiewende. Nach ihren Kosten und Grundlagen erkundigte sich die SPD-Fraktion schon vor vier Monaten in einer Großen Anfrage. Die Regierung ist offenbar überfordert und will erst im Februar antworten. „Wer die Grundlagen nicht kennt, der kann auch keine Entscheidung in der Energiepolitik treffen“, kommentiert SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber. Um künftig eine bezahlbare und sichere Versorgung mit Erneuerbaren Energien sicherzustellen, muss die Energiewende aber koordiniert werden, wie der verschleppte Netzausbau für OffshoreWindanlagen zeigt. Die SPD-Fraktion hat nun einen Entschließungsantrag in den Bundestag eingebracht, in dem sie die Regierung auffordert, mit den Netzbetreibern eine gemeinsame Netzgesellschaft zu gründen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) solle an der Finanzierung der Netzanbindungen beteiligt werden. Die SPD-Fraktion forderte dies bereits in der Großen Koalition, scheiterte damit aber an CDU und CSU. Das Ergebnis: Die missratene Energiepolitik der Regierung lässt nicht nur die Strompreise steigen, sondern verschreckt auch Investoren. Die zukunftsträchtige Windkraft-Industrie in Deutschland wird geschwächt, und damit geraten auch Arbeitsplätze in Gefahr. n CFH


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Partei leben! inhalt 10 unter 20 Die Jusos Lüneburg geben Einblicke in die Politik

Gelebte Politik

Chefsache

Fotos: Dirk bleicker, Bea Marquardt, privat

Andrea Direkt! Was bezweckt die SPD mit ihrem Dialog mit der Fatah? Wir versuchen, eine politische Lösung im Nahen Osten zu finden. Dafür brauchen wir einen Gesprächspartner. Die Hamas scheidet dafür aus, weil sie das Existenzrecht Israels nicht anerkennt. Deshalb ist die Fatah für uns der logische Partner. Wir stehen damit übrigens nicht allein. Vor einem Monat hat die Fatah auch von der europäischen sozialdemokratischen Partei einen Beobachterstatus erhalten. Wie groß ist die Angst der SPD vor Schwarz-Grün? Davor haben wir überhaupt keine Angst. In Niedersachsen stehen die Chancen für Rot-Grün sehr gut. Der Sieg bei der Landtagswahl im Januar wäre der Startschuss für das Bundestagswahljahr. Wir Sozialdemokraten lassen uns von Debatten über SchwarzGrün oder eine große Koalition nicht ablenken. Sie werden gezielt von CDU und FDP lanciert, um unsere Wähler zu verunsichern und unsere Partei zu demobilisieren. Deshalb ist mein Appell: Lasst Euch nicht kirre machen! Das Rennen wird hart, aber wir gewinnen. Lässt sich das Betreuungsgeld gerichtlich noch verhindern? Ja. Allerdings kann niemand sagen, wie lange das dauert. Es gibt berechtigte Zweifel daran, dass das Gesetz für das Betreuungsgeld verfassungskonform ist. Es ist sowohl eine Einmischung in die Wahlfreiheit für Familien als auch in Länderangelegenheiten. Eine Klage wäre also sehr aussichtsreich. Die Frage ist allerdings, ob das Gericht noch vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr eine Entscheidung trifft. Falls nicht, werden wir das Betreuungsgeld auf der politischen Ebene zurücknehmen. n Fragen stellen: vorwärts.de/Parteileben

Peter Struck erinnert sich

Auf ins Wahljahr Bürger-Dialog und Parteijubiläum

Starke Frau Malu Dreyer auf dem Sprung in die Staatskanzlei

Kein altes Eisen Die AG 60plus

OV-nachrichten

»Darum Bin ich   in der SPD…«

Kristoph-Felix Piepke macht eine Ausbildung zum Kaufmann für Bürokommunikation und ist seit April Mitglied im OV Banzkow-Pinnow in Mecklenburg-Vorpommern. Im Sozialkunde-Unterricht wurde Politik ein wichtiges Thema für mich. Ich möchte meine Meinung in Sitzungen vertreten und Ideen entwickeln, die dazu beitragen, das Leben zu verbessern. Der Kampf gegen Rechts war für mich der entscheidende Punkt, in die SPD einzutreten. n Warum seid Ihr gerade jetzt SPD-Mitglied geworden? Schreibt uns an parteileben@vorwaerts.de

Niedersachsen beim Parteikonvent: Hauke Jagau, Präsident der Region Hannover, LandtagswahlSpitzenkandidat Stephan Weil und der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag Stefan Schostok (v.l.)

Die Partei des WIR Der 2. Partei-Konvent Die SPD setzt auf Solidarität, beschließt ein schlüssiges Rentenkonzept und fordert eine humane Asylpolitik

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an muss die SPD nur SPD sein lassen, dann wird was draus.“ Sigmar Gabriel war voll des Lobs für die Art und Weise, wie das SPDRentenkonzept zustandekam. Der Konvent hat es am 24. November ohne Gegenstimme beschlossen. Die „Süddeutsche Zeitung“ sprach von einem „Roten Wunder“. Von wegen, meinte Gabriel: Die Partei habe einfach hart und konsequent gearbeitet. Ausdrücklich bedankte er sich bei Ottmar Schreiner für dessen Beharrlichkeit. Immer wieder hatte der frühere SPD-Generalsekretär und langjährige AfA-Vorsitzende vor neuer Altersarmut gewarnt. Nach der Abstimmung verließ Gabriel seinen Platz auf dem Podium und eilte in die hintersten Reihen des HansJochen-Vogel-Saals im Willy-BrandtHaus. Dort saß Gerhard Kompe. Gabriel drückte ihn an seine Brust. Kompe ist der Vater des wegweisenden Beschlusses der NRWSPD vom 27. Oktober. Lange hatte es so ausgesehen – und Kommentatoren freuten sich darauf –, als würde sich die SPD über den Umgang mit dem Rententhema zerfleischen. Doch Gabriels Arbeitsgruppe nahm Anregungen der Parteilinken auf, und NRW fügte alle Einzelteile zu einem stimmigen Ganzen zusammen. Jetzt steht für die SPD fest:

• Die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) bleibt die Grundlage für „die Sicherung des sozialen Friedens in Deutschland“. • Die Bekämpfung der Altersarmut beginnt mit dem Kampf gegen Erwerbs­ armut. • Eine Solidarrente von 850 Euro soll ­verhindern, dass langjährige Beitragszahler weniger Geld in der Tasche haben als jemand, der nie eingezahlt hat. • Die SPD garantiert die Angleichung der Ost-Renten an das West-Niveau. • Das Renteneintrittsalter wird flexibel. Wer es auf 45 Versicherungsjahre bringt (einschließlich Ausbildungs-, Kinderzeiten und Phasen der Arbeitslosigkeit), kann ab einem Alter von 63 Jahren seine volle Rente beziehen. Auf Initiative von Christoph Matschie beschloss der Konvent zudem, dass eine SPD-geführte Bundesregierung bis 2016 zwanzig Milliarden Euro zusätzlich in Bildung und Wissenschaft investieren wird. Auf Betreiben der Jusos strebt die SPD jetzt zudem zügig eine neue Asylpolitik und „einen menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen“ an. n KL Das Rentenkonzept im Wortlaut: spd.de/ presse/Pressemitteilungen/82052/20121124_ beschluss_rente.html


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Hinter den Kulissen Jusos Lüneburg Mit dem Projekt »10 unter 20« ermöglichen die Jusos jungen Menschen überraschende Einblicke ins Politikgeschäft Von Marisa Strobel

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Die SPD trauert um

Hans Bonkas

der am 7. November im Alter von 91 Jahren in Frankfurt/Main verstorben ist. Wir verlieren mit ihm einen unermüdlichen Kämpfer für unsere Demokratie. Hans Bonkas war einer der letzten Zeitzeugen zweier Diktaturen auf deutschem Boden. Bis zuletzt berichtete er jungen Menschen von seinem Widerstand und forderte sie auf, sich aktiv in Staat und Gesellschaft zu engagieren. Hans Bonkas trat 1932 in die Jugendorganisation des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ ein. Mutig kämpfte er gegen Hitler und die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus. Nachdem er Nazi-Barbarei und mörderische Kriegstraumata überstanden hatte, wehrte er sich gegen die Zwangsvereinigung von SPD und KPD in der sowjetischen Besatzungszone. Als das misslang begann er, heimlich Informationen an die westdeutsche SPD zu liefern. Er wurde von einem sowjetischen Gericht wegen Spionage zum Tode verurteilt, zu 25 Jahren Zuchthaus „begnadigt“ und durfte 1956 in die Bundesrepublik ausreisen. Seine eindrücklichen Schilderungen der Haftbedingungen sind wichtige Dokumente der Zeitgeschichte. Hans Bonkas wirkte aktiv im Bundesvorstand des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ mit, u. a. als Bundesvorsitzender. Hans Bonkas war Träger des Bundesverdienstkreuzes, des Hessischen Verdienstordens, des Ehrenkreuzes der Bundeswehr in Gold und erhielt die Bürgermedaille der Stadt Frankfurt. Der Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ ernannte ihn zum Ehrenmitglied. Wir sind stolz, ihn fast sieben Jahrzehnte in unseren Reihen gehabt zu haben und sind ihm zu großem Dank verpflichtet. Wir werden seine bewegenden Schilderungen vermissen und trauern mit seiner Familie.

Sigmar Gabriel

SPD-Parteivorsitzender

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Thorsten Schäfer-Gümbel Landesvorsitzender SPD Hessen

Gernot Grumbach

Vorsitzender SPD-Bezirk Hessen-Süd

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ie da oben machen eh was sie wollen!“ Der Frust vieler Deutscher über die Politik schlägt sich seit Jahren in abnehmender Wahlbeteiligung und sinkenden Parteimitgliederzahlen nieder. Vor allem unter jungen Menschen fehlt häufig das Interesse, sich in Parteien zu engagieren. Um aufzuklären, was „die da oben“ wirklich machen, haben die Jusos in Lüneburg deshalb nun zum dritten Mal das Projekt „10 unter 20“ gestartet. Vier Monate lang bieten sie bis zu zehn Jugendlichen zwischen 14 und 20 Jahren an, in die SPD hineinzuschnuppern. „Gerade im Hinblick auf die anstehende Wahl hier in Niedersachsen und die Bundestagswahl im kommenden Herbst wollen wir das Interesse an der Politik bei Jugendlichen wieder wecken“, erklärt Lüneburgs Juso-Vorsitzende Bianca Leufgen. Höhepunkte des diesjährigen Projekts sind die Besuche des außerordentlichen Bundesparteitags der SPD im Dezember und die Fahrt zum Bundestag nach Berlin. Aber auch Treffen mit Kommunalpolitikern und Besuche im Stadtrat und der Lüneburger SPD-Fraktion sind geplant. „Ziel ist es, jungen Menschen politische Prozesse verständlich zu machen“, sagt auch Leufgens Vorstandskollege Alexander Sohl. Er hat selbst vor zwei Jahren an „10 unter 20“ teilgenommen. Seither ist der 21-jährige Student der Politik treu geblieben. Im März 2011 übernahm er den Posten als stellvertreten-

der Juso-Vorsitzender. Im Juli folgte der Vorsitz der Jusos, den er sich mit Leufgen teilt. Beide waren sich schnell einig, dass sie das Projekt erneut durchführen wollten. „Gerade weil ich selbst darüber zur Politik gekommen bin“, sagt Sohl. Gestartet ist das diesjährige Projekt Anfang November. In einem Lüneburger Café trafen sich der Juso-Vorstand und die „10 unter 20“-Teilnehmer zu einem ersten Kennenlernen. Eine Woche später folgte bereits der erste gemeinsame Ausflug zum niedersächsischen SPDLandesparteitag in Wolfsburg. Sechs Interessenten haben sich bislang gefunden. Mit der Zahl der Teilnehmer sind die Jusos zufrieden, aber nicht damit, dass es dieses Mal keine weiblichen Teilnehmer gibt. „Ich befürchte fast, dass die Modewelt in diesem Alter für die meisten Mädchen etwas interessanter ist als Politik“, bedauert sie. Leon Patt dagegen hat nicht lange gezögert, als er von „10 unter 20“ erfuhr. Der 16-Jährige möchte am liebsten Berufspolitiker werden. „Ich finde, das Projekt ist eine tolle Möglichkeit, einen Einblick in alles zu bekommen“, so Patt. Dass politische Arbeit nicht nur interessant ist, sondern auch lustig sein kann, haben die Jusos den Projektteilnehmern am Weltaidstag am 1. Dezember gezeigt. Wie schon im Vorjahr verteilten die Jusos vor der Studentendiskothek Vamos wieder Kondome. „Ich denke, dass solche ungewöhnlichen ­Giveaways eher im Kopf hängen bleiben als der klassische Kuli. Und dass man gerade junge Menschen über so lockere Aktionen auf Politik aufmerksam machen kann“, ist Leufgen überzeugt. Die Menschen wieder zur Politik zu bringen, das ist das Motto der Jusos, sei es auf der Straße oder durch das Projekt. „Selbst wenn wir am Ende nur einen für die Partei gewinnen können, hat sich die Aktion schon gelohnt“, so Leufgen. n

Foto: Kerstin Rolfes

Von wegen langweilige Debatten in muffigen Hinterzimmern: Die Lüneburger Jusos zeigen Jugendlichen, wie spannend Politik und Parteiarbeit ablaufen.


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Gelebte ­P olitik

Fotos: dpa/Peter Kneffel, ddp/AP/Axel Heimken

Ein Leben im O-Ton Folge 2 In der neuen vorwärts-Reihe „Gelebte Politik“ berichten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die viel erlebt haben, über ihre Erfahrungen. Nach Heidemarie Wieczorek-Zeul blickt nun im zweiten Teil der Serie Peter Struck auf sein Leben als Politiker zurück. Der vollständige Text (Interview: Uwe Knüpfer, Bearbeitung: Carl-Friedrich Höck, Sprecherin: Vera Rosigkeit) ist im Originalton in der vorwärts-AppAusgabe zu hören – und im Internet unter vorwärts.de/Gelebte_Politik

Als Verteidigungsminister (2002-2005) befehligte Struck den Bundeswehreinsatz in Afghanistan

Parteisoldat in zivil Peter Struck Der ehemalige SPD-Fraktionschef wird 70 und blickt auf seine Karriere zurück

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isziplin ist eine wichtige Eigenschaft für Politiker“, sagt Peter Struck. Seine eigene Disziplin hat ihn weit gebracht. Aus einem Arbeiterhaushalt stammend, stieg er bis zum SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag und zum Verteidigungsminister auf.

Heute ist er Vorsitzender der FriedrichEbert-Stiftung. Im Januar nächsten Jahres wird er 70 Jahre alt. Oft wurde Struck als „Parteisoldat“ bezeichnet. Er mag den Begriff, wie er in der vorwärts-Reihe „Gelebte Politik“ erzählt: „Man darf nie vergessen, wem

21 man das Mandat verdankt: Nicht den eigenen Fähigkeiten, sondern dem Vertrauen der Mitglieder einer Partei im Wahlkreis.“ 1980 zog Struck erstmals in den Bundestag ein und blieb bis 2009 Abgeordneter. Dreimal gewann er das Direktmandat im Wahlkreis Celle-Uelzen. Im Interview schildert er die Euphorie seiner Partei nach dem rot-grünen Wahlsieg 1998, die wegen der Finanzprobleme in der Staatskasse schnell der Ernüchterung wich. 1999 trat der Parteichef und Finanzminister Oskar Lafontaine von seinen Ämtern zurück. „Ein Schlag ins Kontor“ sei dies gewesen, sagt Struck. „Er hat eben geglaubt, er könnte auch Bundeskanzler sein. Es gibt aber nicht zwei Kanzler in unserer Verfassung.“ Bis heute verfolgt ihn ein Zitat aus seiner Zeit als Verteidigungsminister: „Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt.“ Beim Bundeswehreinsatz in Afghanistan sei es nicht um wirtschaftliche Interessen gegangen, betont Struck. „Als wir reingingen, gab es dort 130 Ausbildungslager von Al Kaida. Die sind alle durch unsere Intervention geschlossen worden.“ n ANZEIGE

Das Sparschwein Ihres Kindes würden Sie doch auch nicht plündern, oder?

Immer mehr Alte, immer weniger Junge: Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Wenn die wenigen Jüngeren auch noch die Krankheitskosten der vielen Älteren tragen müssen, wird es eng. Privatversicherte schonen die Sparschweine unserer Kinder. Sie sorgen für ihre höheren Gesundheitsausgaben im Alter vor und entlasten so kommende Generationen. Erfahren Sie mehr unter www.pkv.de


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Im Kino und am Boxring Themenwochen Mit kreativen Aktionen fragt die SPD die Bürger nach ihrer Meinung senkirchener aus, die sich ehrenamtlich engagieren. Ein Lehrer, der Migranten kostenlos Nachhilfe gibt, und eine Trainerin, die sich für Frauenfußball einsetzt, bekommen Präsentkörbe überreicht – natürlich nur mit fair gehandelten Produkten. Auch das ist eine Gerechtigkeitsfrage. Eine Sporthalle in Berlin-Kreuzberg zwei Tage später. In der Mitte steht ein Boxring. Davor sitzt eine Handvoll Mädchen und diskutiert. „Wir haben zu wenig Zeit für unseren Sport“, klagt eins. „Willst Du mich jetzt rumkriegen, dass ich mich dafür einsetze, dass Du weniger zur Schule gehen musst?“, fragt Sigmar Gabriel und grinst. Der SPD-Chef ist mit dem Berliner Landesvorsitzenden Jan Stöß zum Bürger-Dialog bei den „Box Girls“ zu Gast. Der Verein bringt Mädchen und junge Frauen aus unterschiedlichen Milieus über den Sport zusammen und hilft ihnen, persönliche Probleme zu lösen. „Boxen ist die beste Sportart der Welt, um die eigene Stärke nutzbar zu machen“, sagt die Initiatorin Heather Cameron, ehe sie Gabriel ein TShirt überreicht. Darauf steht das Motto der Box Girls: „Train hard, fight easy“. „Ein Spruch, der auch gut zur SPD passen würde“, wie Gabriel findet. n KD

Training für den Wahlkampf: Bei den „Box Girls“ in Kreuzberg bekam SPD-Chef Sigmar Gab

In der offen

Bürger-Dialog Die SPD schließt die »Sammelphase die Meinungen der Bürger ausgewertet. Weiter geht e

In Szene gesetzt Jubiläumsprodukte Ein Film und ein Kalender erzählen die Geschichte der Sozialdemokratie auf sehr persönliche Weise

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ie ist der Stolz der Sozialde­ mokratie, rot und mit weißer Schrift. „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ steht auf der Fahne, die zum zehnjährigen Jubiläum des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins am 23. Mai 1873 in einem Breslauer Versammlungssaal eingeweiht wurde. Später musste sie versteckt und beschützt werden. Nun ziert ihr Foto den offiziellen Kalender zum 150-jährigen Parteijubiläum. „Der Kalender und der Film sind unsere wichtigsten Produkte für das Jubiläumsjahr“, sagt Matthias Bollermann. Er ist Geschäftsführer der Firma IMAGE, die den Kalender vertreibt. „Der Film“ ist eine Doku-

Jahresbegleiter: Der Wandkalender zum Parteijubiläum

mentation über 150 Jahre Sozialdemokratie und „soll Stolz auf unsere Geschichte vermitteln“, wie Jörg Hüster betont. Er ist monatelang durch die Republik gereist, hat in Archiven gekramt und mit den unterschiedlichsten Sozialdemokraten gesprochen. „Für mich war es eine Entdeckungsreise“, sagt Hüster. Auf die möchte er auch die Zuschauer mitnehmen. Der Filmtitel bezieht diese ausdrücklich mit ein. „Wenn Du was verändern willst...“ lässt viele persönliche Ergänzungen zu. „Wir wollen eine Idee davon vermitteln, was es bedeutet, Sozialdemokrat zu sein“, sagt Hüster. Altkanzler Helmut Schmidt kommt ebenso zu Wort wie Lothar Otter.

1948 warf der damals 18-Jährige SED-Kritische Flugblätter aus der Berliner S-Bahn und wurde zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. „Fünf davon hat er abgesessen“, erzählt Hüster. „Dann hat ihn die Bundesrepublik freigekauft.“ Die persönlichen Geschichten machen den Film aus. Premiere wird er am 20. Januar in Leipzig feiern. Dann findet die Abschlusskundgebung für die dortige Oberbürgermeisterwahl statt. Danach wird der Film auf Tour durch verschiedene Kinos gehen. Und natürlich wird er auch zu kaufen sein. „Bestellen kann man die DVD schon jetzt“, sagt Matthias Bollermann. „Geliefert wird dann Ende Januar.“ Der Jubiläumskalender ist dagegen schon jetzt zu haben. Er kostet ebenso wie der Film 19,90 Euro und kann bei IMAGE bestellt oder im Willy-BrandtHaus erstanden werden. „Wer den Kalender zu Weihnachten verschenken will, sollte ihn auf dem Parteitag kaufen“, rät Bollermann. „Dort gibt es ein günstigeres Weihnachtsangebot.“ n KD Weitere Informationen mai1863.de

Fotos: Hannibal Hanschke/dpa, Hendriik Rauch, Image

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s ist nicht leicht, gegen Schalke 04 anzukommen. In Gelsenkirchen eine Veranstaltung zu machen, wenn der lokale Fußballverein spielt, ist durchaus mutig. Die Jusos und die SPD hatten diesen Mut. Am 10. November luden sie zu einem „Tag der Gerechtigkeit“. Der Ort: Ein Kino im Stadtteil Buer. Das Programm: Talks, Musik, ein Film und zum Schluss eine Party – alles zum Thema Gerechtigkeit. „Wir möchten wissen, was Sie bewegt und was wir verändern sollen“, begrüßt Heike Gebhardt die Gäste. Denn, das betont die Vorsitzende der Gelsenkirchener SPD, genau darum gehe es im BürgerDialog, den die Sozialdemokraten im September gestartet haben. Die Idee, der Themenwoche „soziale Gerechtigkeit“ einen ganzen Tag zu widmen, kam von den Jusos. „Sich zu engagieren passt gut zusammen mit Freude am Leben und Feiern“, ist deren Vorsitzende Sandra Latzke überzeugt. Und Spaß haben die etwa 300 Gäste. Schließlich wird ihnen einiges geboten an diesem trüben NovemberSamstag. Sogar ein kostenloses Buffet mit Käsehäppchen und Currywurst haben die Sozialdemokraten aufgefahren. Und am frühen Abend zeichnen sie noch Gel-


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/2013 vorwärts 12/2012-01/2013 vorwärts

Von der Idee zum Projekt Fahrplan Auf Bürger-Konferenzen werden Vorschläge für das Regierungsprogramm der SPD entwickelt Von Kai Doering

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briel eine Lektion in Sachen Schlagabtausch

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e« ab. Über Weihnachten werden es im persönlichen Gespräch

Görlitz im roten meer Aktion Ein Lauf bringt Genossen zusammen Frau Kreutziger, für kommenden Juni planen Sie ein „Rotes Meer“ in Görlitz. Was hat es damit auf sich? Wir wollen mehr Rot in Görlitz. Das hat uns zum Wortspiel mit dem „Roten Meer“ verleitet. Schon seit einigen Jahren unterstützen wir den Europamarathon, der im Juni in Görlitz und der polnischen Partnerstadt Zgorzelec stattfindet. Zum 150. Partei-Geburtstag wollen wir nun mit einer möglichst großen Läufergruppe an den Start gehen und laden deshalb Sozialdemokraten aus der ganzen Republik ein. Wer gern läuft, aber den Marathon nicht schafft, kann sich gern auch für kürzere Strecken anmelden. Sie laden nach Görlitz ein, nur um den Marathon zu laufen? Nein, natürlich nicht. Im Jubiläumsjahr

ie haben im Internet gechattet, Betriebe besucht und auf Marktplätzen gestanden. In über 300 Veranstaltungen haben SPD-Mitglieder von der Bundesspitze bis in den Ortsverein eine Frage gestellt: Was muss in Deutschland besser werden? Tausende Antworten kamen zurück – auf Dialog-Karten, im Internet oder einfach im persönlichen Gespräch. Diese „Sammelphase“ ist nun vorbei. Zwar können noch Vorschläge ans Willy-Brandt-Haus geschickt werden, doch beginnt parallel bereits die Auswertung: Die Beiträge werden in thematischen Abschlussberichten zusammengefasst. Alle Absender werden über den Stand ihrer Vorschläge informiert, wenn sie hierzu ihre Zustimmung erteilt haben. Im Januar beginnt dann Phase zwei des Bürger-Dialogs. Auf sechs BürgerKonferenzen zwischen Ende Januar und Anfang März disktutieren diejenigen, die besonders interessante Vorschläge gemacht haben, diese mit Fachpolitikern aus der SPD. Gemeinsam entwickeln sie so genannte Bürgerprojekte, die dann auf einem Bürger-Konvent im Frühjahr dem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück

wollen wir Sozialdemokraten zusammenbringen und ein ganzes Wochenende gemeinsam feiern. Am Freitag gibt es eine Lesung mit Jörg Hildebrandt, dem Witwer von Regine Hildebrandt. Am Samstag feiern wir ein Fest der Sozialdemokratie und am Sonntag nach dem Marathon treffen sich Sozialdemokraten aus Deutschland und aus Polen. Mir ist wichtig, dass Begegnungen möglich sind und Zeit zum Erzählen bleibt. Und mal sehen, welche Veranstaltungen das „Rote Meer“ noch bis zum 2. Juni ergänzen. Wie viele Teilnehmer erwarten Sie? Ursprünglich hatten wir wegen des 150. Geburtstags an 150 Läufer und Unterstützer am Straßenrand gedacht. Mittlerweile haben wir noch eine Null in Klammern drangehängt. Wenn wir 1500 Mitwirkende in roten T-Shirts zusammenbekommen, werden wir mit mehr Rot in der Stadt deutlich sichtbar. Wichtig ist, dass sich alle LäuferInnen und UnterstützerInnen vorher auf unserer Internetseite eintragen, damit wir einen Überblick haben und besser planen können. Dort finden sich auch alle

Veranstaltungen im Jubiläumsjahr 9. bis 12. Mai Workers Youth Festival Die Jusos und die Falken laden Jugendliche aus aller Welt nach Dortmund ein. workersyouthfestival.org

Dialog-Karten kistenweise: Bis Ende des J­ahres werden alle Vorschläge ausgewertet.

und der Parteiführung vorgestellt werden. Sie werden auch in den Entwurf für das Regierungsprogramm der SPD aufgenommen, speziell gekennzeichnet, aber gleichberechtigt zu den Punkten, die in den Parteigremien erarbeitet wurden. Ein Bundesparteitag im Juni wird das Programm für die Bundestagswahl schließlich verabschieden. Das „Regierungsprogramm neuen Typs“, das Generalsekretärin Andrea Nahles gefordert hatte, wird damit Wirklichkeit. n

23. Mai Festakt und Geburtstagsfeier Zum 150. Gründungstag des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins findet in Leipzig ein Festakt für geladene Gäste im Gewandhaus statt. Danach gibt es ein großes Geburtstagsfest auf dem Marktplatz. sekretariat150jahrespd@ spd.de 16. bis 18. August Deutschlandfest Genossinnen und Genossen aus der gesamten Republik kommen nach Berlin, um ein Wochenende vorm Brandenburger Tor zu feiern. sekretariat150jahrespd@ spd.de

wichtigen Hinweise, die sie für ihre Reise nach Görlitz brauchen. n KD Gerhild Kreutziger ist Jubiläumsbeauftragte der SPD Görlitz. goerlitz-im-roten-meer.de

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Pa r t e i L e b e n !

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Mitre

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Von der Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie zur Ministerpräsidentin: Malu Dreyer (SPD) vor der Skyline von Trier. Hier wohnt sie mit ihrem Mann.

Mit Geist, Charme und Können Malu Dreyer Am 16. Januar 2013 soll sie zur neuen Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz gewählt werden. Dort gilt sie als kompetente Sozialpolitikerin. Und als „beliebt wie Freibier und Hitzefrei“

B

ei Neustadt an der Weinstraße fällt den meisten Menschen das jährlich stattfindende Deutsche Weinlesefest ein und die damit einhergehende Kür der Deutschen Weinkönigin. Die bislang bekanntesten Neustädter sind der Fußballer Mario Basler, der Erfinder des PAL-Farbfernsehens, Walter Bruch und der Namensgeber des Geigerzählers, Hans Geiger. Wikipedia hat die Neustädter Promiliste mittlerweile um die prominenteste Tochter der Stadt ergänzt: Malu Dreyer, die am 16. Januar 2013 zur Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz gewählt werden soll. In Neustadt an der Weinstraße wurde Malu Dreyer am 6. Februar 1961 geboren. Sie spricht von einer glücklichen Kindheit und Jugend. Der Vater ist Schuldirektor, die Mutter Erzieherin. „Eine berufstätige Mutter, in den siebziger Jahren alles andere als eine Selbstverständlichkeit, und das aktive politische Handeln mei-

Porträt

nes Vaters haben mir den Mut und die Lust zu engagiertem Handeln vor allem für Schwächere und sozial Benachteiligte in unserer Gesellschaft mit auf den Weg gegeben“, schreibt Malu Dreyer auf ihrer Homepage.

Ihr Instinkt für Gerechtigkeit Bis heute betrachtet sie Neustadt als Heimat. Ebenso Mainz, wo sie nach einem Jahr als Austauschschülerin in den USA und dem Abitur in Neustadt zunächst ein Lehrerstudium mit den Fächern Englisch und Theologie aufnimmt. Bald jedoch wechselt sie wegen mangelnder Berufsaussichten zur Juristerei. In Mainz beginnt Malu Dreyer sich einzumischen, zunächst außerhalb der SPD. 1995 wird sie zur parteilosen Bürgermeisterin von Bad Kreuznach gewählt und entschließt sich, der SPD beizutreten. Das Kreuznacher Zwischenspiel währt drei Jahre lang, dann

führt der berufliche Weg nach Mainz zurück, wo sie sich als Sozialdezernentin einen Namen macht. Bis heute fühlt sich Malu Dreyer geehrt, dass Kurt Beck sie 2002 als Sozialministerin in sein Kabinett beruft. Ausgestattet mit einem „Urinstinkt für soziale Gerechtigkeit“ erwirbt sie sich Respekt bei Freunden und Gegnern. „Soziale Gerechtigkeit war schon immer mein Thema“, sagt Malu Dreyer. „Ich bin zwar Juristin, aber auch das hat ja etwas mit Gerechtigkeit zu tun.“ Vor allem ein Thema treibt sie um: „Es regt mich auf, dass so viele Leute „für‘n Klicker und ‘n Knopp“ den ganzen Tag malochen und dass wir keinen Mindestlohn haben. Das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Da fehlen mir bis zum heutigen Tag die Worte“. Das stimmt nicht ganz, denn einmal beim Thema, gibt sie der kommenden rot-grünen Bundesregierung den klaren Auftrag, zu

Foto: Torsten Silz/dapd

Von Lothar Pollähne


Pa r te i L eben !

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allererst den flächendeckenden Mindestlohn in Angriff zu nehmen.

Dort stand die Wiege der deutschen Demokratie. Von dort aus richtete Philipp Soziale Jakob Siebenpfeiffer zum Volksfest am 27. März 1832 seinen wegweisenden Niedriglöhne machen sie wütend ­Gerechtigkeit Aufruf an das andere Geschlecht: „Deut„Dies betrifft ja vor allem Frauen“, mowar schon sche Frauen und Jungfrauen, deren poliniert Malu Dreyer die Obstruktionspo­immer mein tische Missachtung in der europäischen litik der Bundesregierung. „Das ist ein Ordnung ein Fehler und ein Flecken ist, Armutszeugnis. Und führt direkt in die Thema. schmücket und belebet die VersammAltersarmut.“ Bei diesem Thema würde Malu Dreyer lung durch eure Gegenwart.“ Es hat sie am liebsten gleich losmarschieren, Berliner vorwärts Stresemannstraße 10963 Berlin gedauert, bis Frauen in deutschen wenn sie dennVerlagsgesellschaft könnte, abermbH, Malu Dreyer 30,lange Tel.: 030/255 94-166 ■ Fax: 030/255 94-190 ■ E-Mail: anzeigen@vorwaerts.de ■ Geben Sie bitte immer Rubrik, istErscheinungsmonat wegen ihrer sowie schleichenden MultipleIhre Bankverbindung an. ■ Preis: Pro Wort berechnen wir 3,50 Euro inkl. MwSt., für gewerbliche Anzeigen 4,00überwiegend Euro zzgl. MwSt. ■ Anzeigenschluss ist jeweils der 10. Tag des Monats. Sklerose-Erkrankung auf ihren Rollstuhl angewiesen. Berlin/Potsdam ■ URLAUB WEINBERG-PENSION 2006 hat Malu Dreyer ihre ErkranOstsee/Lubmin – Deutschlands Tel.: (03 32 09) 7 04 89 kungSonnenküste, öffentlich Natur gemacht. EinenküstenBonus pur, Ostsee Radweg. Herrlich gelegenes Hotel, sie möchte sie dafür nicht. Den braucht ■ VERSCHIEDENES direkte Strandlage, heimische Küche, auchfamiliäre nicht, denn sie überzeugt mit am ihrem Atmosphäre. Parkplatz Tierhilfsnetzwerk Europa e. V. fröhlichen, offenen und einer Haus, ganz jährig Auftreten geöffnet, FahrradMitglieder willkommen! verleih. EZ: 35–70 DZ: 50–70 Euro, www.tierhilfsnetzwerk-europa.de Ernsthaftigkeit, dieEuro, nicht aufgesetzt Hotel Seebrücke, wirkt. Das hat ihr in Rheinland-Pfalz Klimarettung mit 7 % Jahresrendite Waldstraße 5a, 17509 Lubmin, durch Regenwaldaufforstung. das Prädikat „Königin Herzen“ eingeTel.: (03 83 54) 35 30,der Fax: -3 53 50, Ab 33 Euro monatlich ein E-Mail: tragen, aberandre&moritz@aol.com, Königin mag sie nicht sein. Edelholzbaum: www.hotelseebruecke.de Auch als Nachfolgerin von „König Kurt“ Tel.: (02 28) 9 43 77 80, Urlaub Spreewald www.BaumSparVertrag.de bleibt sieim Bürgerin Dreyer. www.spreewald-camping-luebben.de Das liegt vielleicht auch an ihrer Her■ VERKAUF Sylt/List Erholung pur! kunft aus –Neustadt an der Weinstraße. Südpfälzer Weingut bietet Ihnen Neubau-Komfort-Fewos, Malu2–4 Dreyer ist 31 mit Hambacher ansprechende Weine aus eigenem Personen, bisdem 45 qm, aller Prädikatsstufen 70 bis Euro progeboren Tag. Schloss im98Rücken worden. Es NachAnbau ihrer Nominierungsrede aufund demSekt Parteitag: Malu Dreyer küsst ihren EhezuKlaus sozialen Preisen. Bitte fordern Siescheidende Kurt Beck freut sich mit. AlleLieblingsort Appartementsinmit eigener ist ihr Rheinland-Pfalz. mann Jensen, den OB von Trier. Der

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Kommunalpolitik besser machen

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Ausgabe Ausgabe11-12/2012 3-4/2012

Bürgerhaushalt

Bürger rechnen mit ihrer Stadt

Neue Herausforderungen erfordern moderne Kommunalpolitik.

Lesen Sie mehr in der DEMO 11-12/2012

«

Landen aus der Missachtung heraustreten konnten. „Klar ist, dass sich endlich etwas verändert und dass wir uns so ganz langsam der Gleichstellung von Männern und Frauen annähern“. Irgendwann möchte sie miterleben, dass es völlig unwichtig ist, ob eine Frau oder ein Mann eine bedeutsame Position einnehmen. Wichtig ist ihr, dass die jeweils unterschiedlichen Sichtweisen von Frauen und Männern politisch wirksam werden können. In Rheinland-Pfalz heißt es, Malu Dreyer sei „beliebt wie Freibier und Hitzefrei“. Sie ist nah bei den Menschen und lässt auch Wein- und Wurstfeste nicht aus. Die großen Fußspuren von Kurt Beck erschrecken sie nicht. In Neustadt an der Weinstraße wurde übrigens 1995 Julia Klöckner zur Deutschen Weinkönigin gekürt. Die sitzt als Oppositionsführerin für die CDU im Mainzer Landtag und hat sich bislang an Kurt Beck abgearbeitet. An Malu Dreyer wird sie sich die Zähne ausbeißen, denn die hat schon in der Landtagswahl 2006 den damaligen CDU-Landesvorsitzenden Christoph Böhr direkt in die Wüste geschickt. Malu Dreyer steht bereit für weitere Erfolge. n ANZEIGEN

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Bürgerhaushalt Bürger rechnen mit ihrer Stadt

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Willi Klukas hat über 50 Jahre sozialdemokratische Vertrauensarbeit in den Betrieben geleistet. Sein Engagement für die Organisation der Betriebsgruppen sozialdemokratischer Eisenbahnerinnen und Eisenbahner bleibt unvergessen. Willi Klukas war uns ein guter Genosse und ein Freund, den wir schmerzlich vermissen werden. Rudolf Dreßler

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Termine

Wohl behütet

Pakete statt Karten

Während der Sozialistengesetze galt der „Sozialistenhut“ als Erkennungszeichen und als Form von Protest. Seit 1985 vergibt auf Initiative von Leo Wiedemann (m.) der bayerische SPD-Kreisverband Lindau jährlich den „Sozialistenhut“ an Sozialdemokraten, die sich um Gesellschaft und Partei verdient gemacht haben. Wolfgang Thierse

Weihnachtskarten verschickt Swen Schulz, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Spandau, dieses Jahr keine. Stattdessen spendet er das Geld, das für die Post verwendet worden wäre. Es geht an die Aktion „Weihnachten für Alle“ der Arbeitsgruppe der Bruno-GehrkeHalle. Nachdem letztes Jahr durch die AG insgesamt 700 Pakete an bedürftige Spandauer Senioren verschickt wurden, sollen es in diesem Jahr über 800 Pakete werden. „Ich bin sicher, dass die, die dieses Mal keine Weihnachtspost von mir erhalten, damit einverstanden sind“, erklärt Schulz. n TO

F

ür das Wahlprogramm 2013 hat Angelika Graf klare Forderungen: „Wir brauchen ein Gesamtkonzept für den Umgang mit der älter werdenden Gesellschaft – vom altersgerechten Umbau von Wohnraum über die Stärkung des Miteinanders von Jung und Alt bis hin zu altersgerechten Arbeitsplätzen.“ Die Bundestagsabgeordnete ist Vorsitzende der AG 60plus. Größe bedeute auch Einfluss, sagt die 62-Jährige und verweist auf die rund 250 000 Mitglieder, mit denen die AG 60plus die größte Arbeitsgemeinschaft in der SPD ist. Und eine der jüngsten. 1994 gegründet, vereinigt die AG alle Mitglieder der Partei, die über 60 Jahre alt sind. Wie die Partei ist auch sie in Landesverbänden, Unterbezirken und Ortsvereinen organisiert. Seit 2011 sitzt Angelika Graf der AG 60plus vor, mit der sie sich in der Debatte über das Rentenkonzept der Partei für die Beibehaltung des jetzigen Rentenniveaus einsetzt. Der Kampf gegen Altersarmut und der Einsatz für mehr Generationensolidarität sind zentrale Anliegen der Vorsitzenden. „Wir als AG können dem Kurs der Partei neue Impulse geben“, ist Graf überzeugt. „Wir müssen uns noch stärker einmischen.“ Deswegen organisiert die AG 60plus regelmäßig öffentliche Veranstaltungen und Fachkonferenzen sowie einmal im Jahr einen bundesweiten Aktionstag. Auch auf Facebook gibt es eine eigene

14. Dezember Workshops „8. Jugendgeschichtstag Sachsen-Anhalt“, für Jugendliche und Lehrer, Magdeburg, Friedrich-Ebert-Stiftung, 9.30 Uhr ringo.wagner@fes.de

Dezember/Januar Fotoausstellung „TONY VACCARO. Retrospektive – 70 Jahre Fotografie“, Berlin, Willy-Brandt-Haus, Ausstellung läuft bis zum 27. Januar 2013 freundeskreis-wbh.de

Kampf dem Frust Zwei Jahre ist es her, da sagte der SPD-Kreisverband Wilhelmshaven der Politikverdrossenheit den Kampf an. Seither entwickelt eine Projektgruppe Vorschläge, wie man der geringen Wahlbeteiligung und dem Mitgliederschwund entgegenwirken kann. Nun suchen die Genossen ähnliche Gruppen zum Erfahrungsaustausch. n MS rolf.lienau@ewetel.net

arbeitsgemeinschaften in der spd

Hünfeld nazifrei Am 10. November stellte sich das überparteiliche Bündnis „Hünfeld nazifrei“ einer Demonstration der „Jungen Nationaldemokraten“ entgegen. Das Datum, einen Tag nach dem Jahrestag der Reichspogromnacht, ist von der NPD-Jugendorganisation bewusst gewählt worden. Dem „Fackelzug“ mit rund 80 Teilnehmern standen 1000 Gegendemonstranten gegenüber. Unter ihnen waren Jusos aus ganz Hessen, wie der Landesvorsitzende Felix Diehl und der Landtagskandidat Pascal Barthel aus dem benachbarten Fulda. Gemeinsam mit Vertretern der LandesSPD setzten sie ein Zeichen gegen Fremdenhass und für Toleranz. „ Der breite zivilgesellschaftliche Protest zeigt, dass in Hünfeld und Fulda kein Platz ist für braunes Gedankengut“, so Barthel. n TO

Folge 9

Junge Ideen statt altem Eisen 60plus Die SPD-Senioren sind die größte AG der Partei Gruppe für interne Diskussionen und Informationen. Für die Zukunft wünscht sich Angelika Graf eine engere Zusammenarbeit mit befreundeten Organisationen wie der Arbeiterwohlfahrt und der Friedrich-Ebert-Stiftung. Mit anderen Ar-

beitsgemeinschaften wie den Jusos funktioniere diese bereits sehr gut. „Ich schätze die Jusos sehr, da sie die Lebenslage des Menschen und nicht das kalendarische Alter zum Ausgangspunkt ihrer Diskussionen machen“, lobt Graf. n TO

Arbeitsgemeinschaft seit 1994 Mitglieder rund 250 000 (alle SPDMitglieder über 60 Jahre) Bundesvorstand Angelika Graf (Vorsitzende), Ruth Brand (stellv. Vorsitzende), Peter Schöbel (stellv. Vorsitzender), Lothar Binding, Norwin Dorn, Heidemarie Fischer, Gesche Peters, Reinhold Hemker, Jürgen Rischar, Kontakt spd.de/spd_ organisationen/60plus

Größe ist Einfluss: der Bundesvorstand der AG 60plus mit der Vorsitzenden Angelika Graf (vorn 2.v.r.)

Fotos: Rudolf Wolff, Philipp Weitzel, privat

hat einen. Christian Ude hat einen. Und jetzt hat Ulrich Maly (l.), Nürnbergs OB, auch einen. Sein Engagement für eine solidarische Stadtgesellschaft, für eine interkulturelle Öffnung der Stadt und für Investitionen in Bildung trotz klammer Kassen zeichneten Maly aus, hieß es in der Laudatio der letztjährigen Preisträgerin Johanna WernerMuggendorfer (r.). n TO

12. Dezember Diskussion „Gleichheit und Ungleichheit. Alte und neue Dimensionen der sozialen Frage“, Diskussion über sozialdemokratische Politik, Hannover, Klecks-Theater, 18.30 Uhr spd.de


SPD Kreuzfahrten – Kurs Nord

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28  Meinung

vorwärts 12/2012-01/2013

Zwischenruf

Leserbriefe Besser Essen!

Wo bleibt die SPD? Oliver Blumberg Das Handwerk ist entsetzt über das Versagen dieser Bundesregierung. Die SPD sollte endlich klar machen, was sie ändern will

A

uch wenn die Zielgruppe ,Handwerk‘ bei der Gründung der SPD vor 149 Jahren eine maßgebliche Rolle gespielt hat – weite Teile dieser Zielgruppe sehen ihre politische Heimat heute im sogenannten bürgerlichen Lager. Allerdings blickt diese vermeintliche Stamm-Klientel derzeit fassungslos auf die aktuellen Leistungen ,ihrer‘ Regierung. So scheuen sich Standesvertreter des Elektro-Handwerks noch nicht einmal mehr, die zuständigen Fachminister öffentlich als „völlig überfordert“ bloßzustellen. Insbesondere die ursprünglichen Pläne von Ex-Bundesumweltminister Röttgen sorgten zuletzt für Entsetzen. Abgesehen von den zunächst beabsichtigten Kürzungen bei der Photovoltaik-Förderung an sich, wollte Röttgen diese ohne jegliche Übergangsfristen durchpeitschen. Damit hätte ,Muttis Klügster‘ vielen eingestielten, aber noch nicht fertiggestellten Projekten über Nacht die Kalkulationsgrundlage entzogen. Viele Handwerksbetriebe wären in kürzester Zeit Pleite gegangen. Eine Tatsache, die während der Protestlawine gegen Röttgens Pläne von fast niemandem öffentlich kritisiert wurde. Auch nicht von SPD-Politikern! Wie geht es mit den Erneuerbaren Energien weiter? Wenig konkret fordert die FDP europäische Quotenmodelle. Unions-Minister Peter Altmaier verwendet seine Energie darauf, den Bürgern stromsparende Kühlschränke ans Herz zu legen. Planungssicherheit für Handwerksbetriebe sieht anders aus. Ein Handwerksmeister des Elektro- bzw. Sanitär/Heizung-Gewerks (SHK) muss heute wissen: Wie und wo geht es mit regenerativen Energien weiter? Auf welche künftigen Rahmenbedingungen muss er sich heute

– und nicht erst nach der Bundestagswahl – einrichten? Wie lässt sich der Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom auf rentable Weise steigern? Welche Funktion soll die dezentrale Energieerzeugung e ­innehmen? Welche Bedeutung soll den Klein(!)windkraftanlagen zukommen? Oder setzt die Bundesregierung beim Windmachen ausschließlich auf Großprojekte, bei denen durchschnittliche Handwerksbetriebe (zirka 10 Mitarbeiter) meistens außen vor bleiben? Wird es Maßnahmen geben, um die Nachfrage nach Elektro-Autos zu steigern? Ein einziges perspektivisches Vakuum! Nicht nur die 128 000 Handwerksmeister des Elektro- und SHKGewerks, sondern auch die zirka 1,3 Millionen Mitarbeiter dieser Unternehmen fragen sich: Wo bleibt die deutliche Kritik der SPD an diesem Vakuum ? Wie will eine SPD-geführte Bundesregierung die steigenden Energiekosten in den Griff bekommen und gleichzeitig Planungssicherheit für das Handwerk schaffen? Mit klaren Botschaften könnte sich die SPD zum 150. Geburtstag selbst beschenken n

Oliver Blumberg ist Chefredakteur des Brancheninformationsbriefes „markt intern – ElektroInstallation“, Europas größtem Brancheninformationsdienst.

Mitreden & bloggen: vorwärts.de/Politik/Zwischenruf

Untersuchungsausschuss NSU Sabriye Yasar In Deutschland konnten drei fehlgeleitete Menschen zehn Morde verüben und niemals wurde auch nur ansatzweise der Verdacht gehegt, dass es sich beim Tatmotiv um Rassismus handeln könnte. Bis heute will niemand Fehler eingestehen. Und das trotz der vielen Ermittlungsfehler und Vertuschungsversuche, die der Untersuchungsausschuss unter der Leitung von Sebastian Edathy und der engagierten Arbeit von Eva Högl an den Tag gebracht hat. Schon jetzt zeigt sich, dass der U-Ausschuss in seinem Abschlussbericht auf Dimensionen hinweisen werden muss, die weit über seinen Auftrag hinausgehen. Irgendwann muss man anfangen, Farbe zu bekennen und aussprechen, wie die Dinge liegen. In Deutschland gibt es auf allen Ebenen der Gesellschaft Rassismus. vorwärts.de/blogs

11/2012

Dass Lebensmittel heutzutage auch Industrieprodukte sind, ist doch ­völlig normal. Wie sonst sollten denn die nötigen Mengen in hoher Qualität zu vertretbaren Preisen zur ­Verfügung gestellt werden? Und gerade die B ­ io-Wirtschaft hat­ ­inzwischen begriffen, dass sie die ­Möglichkeiten der ­industriellen ­P roduktion nutzen muss.

Dieter Ehlermann, Linkenheim-Hochstetten

Danke für die gelungene Ausgabe des Vorwärts: eine runde Sache von Knüpfer bis Weil, von Grass bis Brandt, von 1972 bis 2012. Und das Titelthema ist wichtig: ein Beitrag auf dem schwierigen Weg, Problembewusstsein zu wecken.

Das Problem bei „Industrieschutz“Ministerin Ilse Aigner besteht nicht nur darin, dass sie Politik lediglich als PR betrachtet und dementsprechend großen Ankündigungen keine Taten folgen, sondern dass sie bis hin auf die europäische Ebene wichtige Reformen, wie etwa die Lebensmittelampel, verhindert.

Nach der US-Wahl Kurt Nickel Natürlich hielt er sich nicht für den Messias, der von Gottes Gnaden gesandt wurde; doch selbst ich glaubte seinerzeit, dass es einen Ruck in der westlichen Welt geben könnte, der sich auf andere Bereiche des Erdballs übertragen würde und die Welt zumindest ein wenig friedlicher machen würde. Und er wohl auch, denn dass Barack Obama ein gläubiger Mensch ist und sich sehr viel Mühe gab, das war offensichtlich. Doch auch er stieß an die Grenzen, die er schließlich selbst erkennen musste: Gegen die Macht des Kapitals und gegen die Macht von Monopolen und Lobbyisten hatte auch er keine Chance. vorwärts.de/blogs

Wolfgang Heitmann, Sankt Augustin

Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Meine Arbeit – Landwirt 11/2012

Wenn man einen weit überdurchschnittlich großen Landwirtschafts­ betrieb bewirtschaftet (wie der auf S. 25 portraitierte Ingo Fürchtenicht, Anm. d. Red.), dann sollte man nicht so tun, als ob man so wenig verdient wie der Durchschnittslandwirt. Auch ein Landwirt darf stolz sein, wenn er ordentlich verdient. Wenn man nur jammert, hört niemand mehr zu.

Josef Festl, Brackenheim

Günter Grass salzte nach 11/2012

Anstatt die Realität verleugnende ­Gedichte zu schreiben, sollte Günter Grass das Terrorregime ­A hmadinedschads ernst nehmen. Doch er salzt sogar noch nach mit einem weiteren Offenbarungseid der eigenen Unbelehrbarkeit: „Es war eine notwendige Torheit“, oder a ­ nders ausgedrückt: Wenn schon falsch, dann richtig ... Joachim Kretschmann, Villingen-Schwenningen

Foto: markt intern Verlag

Gut ­gebloggt


Meinung 29

12/2012-01/2013 vorwärts

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Donna Leon und Cecilia Bartoli auf den Spuren von Agostino Steffani, Kirchenmann, Komponist und Geheimagent.

»Einer der überraschendsten und mitreißendsten von John Irvings Romanen.« Nürnberger Zeitung

»Herrlich verrückt und wunderbar leicht. Ist Zeit wirklich nur eine Einbildung – und wenn ja: Wie spät ist es jetzt?« Brigitte, Hamburg

Ein selbsternannter »nationaler Steuereintreiber« treibt sein Unwesen in Athen – mit antiken Mordmethoden.

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Rezepte

Kochen mit dem kleinen Nick Diogenes

11/2012

Im ersten Satz ist ein Fehler, die Gitarre ist eine Mandoline. (Gemeint ist das berühmte Willy-Brandt-Plakat aus den 70ern: Brandt mit Zigarette im Mundwinkel und – tatsächlich – Mandoline. Anm. d. Red.) Klaus-D. Schulz, Berlin

daher viele Erwerbstätige von Altersarmut bedroht sind. (...) Das hat die Arbeitsministerin Ursula von der Leyen richtig erkannt. Sie bietet aber keine Lösungen an. Das wäre eine Chance für die SPD, ein überzeugendes Konzept vorzulegen. Die Altersarmut ist nur durch die Revision und Anhebung des Rentenniveaus zu verhindern.

Juli 1976: Willy Brandt spielt Mandoline

Wo bleibt das Konzept, eine auskömmliche Rente zu sichern? (...) Die Lösung liegt doch auf dem Tisch! Die Schweizer machen es uns doch vor: Alle Berufstätigen, auch Freiberufler, Beamte, Politiker, Banker usw. zahlen solidarisch in die Rentenkasse ein. Die Auszahlung ist jedoch unabhängig von der Einzahlungshöhe gedeckelt.

Peer macht’s Eine ganz bescheidene Frage: Wofür sind Herr Steinbrück und andere Spitzenpolitiker angetreten? Um ihre Honorarabrechnungen zu diskutieren? Na prima! (...) Dürfen die Wähler nicht erwarten, dass sich die Spitzenpolitiker in Deutschland um die wirklich essentiellen Probleme kümmern und die Honorarabrechnungen zurückstellen?

Klaus Schikorski, Friedrichsthal

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Kochen mit dem kleinen Nick: Kann das gut gehen? Es kann! 50 Rezepte – salzig und süß und ganz einfach, für Kinder ab 7.

»Anarchistisch, kindlich bzw. kindisch, jedenfalls wunderbar.« Der Standard Jetzt als Reprint der Erstausgabe von 1978.

Als Meisterin der Short Story ist Katherine Mansfield in die Literaturgeschichte eingegangen. Sämtliche Erzählungen.

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240 Seiten, Leinen € (D) 19.90

»Amüsant und überraschend von der allerersten bis zur letzten Seite! Echt Noll.« News, Wien

Martin Walkers Périgord ist immer ein spannender Schauplatz – diesmal ohne Bruno Courrèges.

Wie es mit der Familie Delpe aus Superhero weitergeht. »Eingängig, witzig und klug.« Der Falter, Wien

Privatdetektiv Kayankaya ist zurück: älter, entspannter, cooler – und so was wie verheiratet.

Georges Simenon – Ausgewählte Romane in 50 Bänden

Dieter Feist, per E-Mail

Es wird Zeit, dass sich unsere Partei mit der Situation der Niedrigrenten befasst. Ich bin ebenfalls der ­Meinung, dass eine Mindestrente, für Personen, die mindestens vierzig Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, gezahlt werden muss. Aber gerechterweise sollte die geleistete Renten­vorsorge nicht zur Grundrente angerechnet werden, sondern ­zusätzlich gezahlt werden.

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Karikatur: Klaus Stuttmann; Foto: Henning von Borstell

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120 Seiten, Broschur € (D) 15.–

detebe 24134 208 Seiten, € (D) 9.–

Bernd Weise, per E-Mail

Joseph Gindorff, Aachen

Was wird aus der Rente? 10/2012

Das Problem ist, dass die Einkommensschere auseinander geht und dass

Wann endlich begreift auch unsere Partei, dass die Bevölkerungspyramide es unmöglich macht, das alte System der Gesetzlichen Rentenversicherung länger am Leben zu halten? Mit kleinen Veränderungen am System (...) lässt sich das Problem nicht lösen. Meiner Ansicht nach (ist) die einzige Lösung: (...) Hin zu einer zu 100 Prozent steuerfinanzierten Rente.

detebe 24136 208 Seiten, € (D) 9.–

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Gelesen von Charles Brauer

Gelesen von Burghart Klaußner

Gelesen von Sven Görtz

»Wieder schafft es Schlink, die Figuren lebendig werden zu lassen, ohne alles über sie zu verraten. Er ist ein genuiner Erzähler.« Volker Hage / Der Spiegel, Hamburg

Bernhard Schlink Liebesfluchten

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Wir sind stolz darauf, dass Peer Steinbrück bereit ist, den harten Gang zu gehen. Auch wir kleinen Leute wissen Leistung zu würdigen.

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»Dieser Roman ist ein einziges Gleiten auf einer glatten Oberfläche – Eleganz, das wusste dieser Schriftsteller, ist eben der echte Existentialismus.« Georg Diez, Die Zeit

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F. Scott Fitzgerald Zärtlich ist die Nacht Roman

»Paulo Coelho ist der lebende Beweis dafür, dass man aus einer Krise gestärkt herausgehen kann.« Dagmar Kaindl / News, Wien

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»Kurzgeschichten, so sensibel geschrieben, dass man schlucken muss. Von großer Liebe, vertanen Chancen, Nähe und Entfremdung.« Emotion, München

»Der schönste Roman über das Scheitern der Liebe – erstmals auf Deutsch die ursprüngliche Fassung von 1934.« Die Zeit, Hamburg

»Aleph ist Paulo Coelhos persönlichstes und vielleicht bewegendstes Buch.« News, Wien

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30  Wirtschaft

vorwärts 12/2012-01/2013

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Leseprobe unter klett-cotta.de/lanchester

»John Lanchester malt ein großes

Gesellschaftspanorama unserer Zeit.« Johan Schloemann, Süddeutsche Zeitung

Baustelle hautnah: Mit ­Baustellentagen wirbt Dieter Mießen (o.) für die Baubranche, Jens Müller (2. v. l.) hat er so für den Job gewonnen.

Der Casting-betrieb Tiefbau Der Baubranche fehlt der Nachwuchs. Nicht so der Firma Frisch & Faust, sie bildet über Bedarf aus. Davon profitieren auch die anderen

Firmenporträt Frisch & Faust Tiefbau GmbH John Lanchester: Kapital Aus dem Englischen von Dorothee Merkel 688 Seiten, geb. mit SU € 24,95 (D) Auch als E-Book erhältlich

Großstadtleben in Zeiten der Finanzkrise: Die Bewohner der Londoner Pepys Road haben viel Glück, Liebe und Leid gesehen. John Lanchester zeichnet ein hochaktuelles und gleichzeitig sehr amüsantes Panorama unserer Gegenwart.

Gut Gemacht

Geschäftsfeld Tiefbau, Rohrleitungsbau, Kanalbau, Straßenbau Firmensitz Berlin Gegründet 1991 Beschäftigte 125 Auszubildende 23

»Weitgesponnene Geschichten aus der globalisierten Welt.« Georg Diez, Der Spiegel

Weitere Porträts der Serie: vorwaerts.de/Wirtschaft/ Gut_gemacht

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er Lärm ist ohrenbetäubend, die Temperatur knapp über Null Grad Celsius. Auf den ersten Blick wirkt dieser Arbeitsplatz alles andere als einladend. Doch gerade diese Arbeit im Freien ist es, die Jens Müller zu seinem Job gebracht hat. „Draußen zu arbeiten und dabei körperlich aktiv zu sein, das gefällt mir am meisten an diesem Beruf“, erzählt der 22-Jährige. Seit anderthalb Jahren macht er eine Ausbildung zum Tiefbaufacharbeiter bei der Berliner Firma Frisch & Faust Tiefbau GmbH. Zu dem Beruf kam der gebürtige Stuttgarter über Umwege. Mit einem erweiterten Hauptschulabschluss begann er eine Lehre zum Industriemechaniker, brach diese ab, zog nach Berlin. „Industriemechanik und Maschinenbau, das wurde mir auf Dauer zu langweilig“, erklärt Müller seinen Lebenslauf. Über einen Cousin wurde er auf die Straßenund Tiefbaubranche aufmerksam und landete schließlich bei Frisch & Faust. Kein ungewöhnlicher Lebenslauf für die Firma. „Bei uns erhalten auch Bewerber eine Chance, die bereits eine Ausbildung abgebrochen haben“, sagt Dieter Mießen, kaufmännischer Leiter der Firma.

Nachhilfe von der Firma Und nicht nur das. In Zusammenarbeit mit diversen Bildungsträgern und Streetwork-Vereinen wie Gangway bemüht sich Frisch & Faust auch um Jugendliche aus schwierigen Milieus und mit schlechten Abschlussnoten. Denn im Vordergrund stehen die handwerklichen Fähigkeiten. Die muss jeder Bewerber vorab in einem Pflichtpraktikum beweisen. Wer in der Berufsschule anschließend nicht mitkommt, erhält von der Firma Nachhilfeunterricht. 2010 ist die Tiefbau-Firma für ihre Bemühungen gerade um Jugendliche mit so genann-

ten Vermittlungshemmnissen deshalb zum besten Berliner Ausbildungsbetrieb ernannt worden. In der Baubranche ist Frisch & Faust ein Ausnahmefall. Während immer mehr Baubetriebe Probleme haben, ihre Lehrstellen zu besetzen, bildet Frisch & Faust sogar über Bedarf aus, jeder fünfte im Betrieb ist Azubi. Nicht selten vermittelt die Firma Azubi-Anwärter an Kollegenbetriebe. Um Nachwuchs zu werben, geht die Firma weite Wege. Stets auf Ausbildungsmessen und Schulveranstaltungen präsent, lädt die Firma zweimal im Jahr zum Baustellentag ein. „Dann lautet bei uns die Devise: Vormachen-Nachmachen", berichtet Mießen. Ziel der Aktion ist es, möglichst viele für die Baubranche zu begeistern. „Wir übernehmen das Casting für Branchenbetriebe“, sagt Mießen stolz. Trotz alledem: Den demografischen Wandel spürt auch Frisch & Faust. „Vor fünf, sechs Jahren konnten wir unsere Lehrlinge noch aus bis zu achtzig Bewerbungen auswählen. Diese Zahl hat sich inzwischen halbiert“, so Mießen. Dabei ist Nachwuchs gerade in der Baubranche gefragt. Seit Jahren gibt es einen wachsenden Fachkräftemangel. Anfang des Jahres meldete der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie gar, dass Facharbeiter auf dem Arbeitsmarkt praktisch nicht mehr zu finden seien. Die Jobchancen auf dem Bau sind dementsprechend gut. Trotzdem ist die Branche bei Schulabgängern wenig beliebt. „Das Problem ist, dass die meisten sich den Bau zu anstrengend vorstellen“, ist Müller überzeugt. Dabei werde heute dank der Maschinen körperlich gar nicht mehr so viel gearbeitet. Für Müller ist es sein Traumberuf: „Die Arbeit ist abwechslungsreich und man hat gute Fortbildungsmöglichkeiten.“ n

Fotos: Dirk Bleicker

Von Marisa Strobel


Wirtschaft 31

12/2012-01/2013 vorwärts

meine Arbeit

Damit es schön Klingt »Als Herrin über 54

­ onspurregler fühle ich T mich wie im Cockpit.

«

Foto: Maicke Mackerodt

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ie Kombination Technik und Musik ist genau richtig. Das habe ich mit 16 Jahren so tief gespürt, dass ich gar keine Alternative erwogen habe. Wir haben zu Hause viel gesungen und musiziert. Ich habe Gitarre und Flöte gespielt. Als Kind hatte ich eine Stereoanlage mit Mischpult, Technik zog mich magisch an. So entstand früh der Wunsch, beides zu verbinden. Ich habe Klavierstunden für die Aufnahmeprüfung der Musikhochschule genommen, um Ton und Bildtechnik zu studieren. Das Studium ist vielfältig: Elektrotechnik, Mathe, Physik, Chemie, Gehörbildung, Partitur lesen. 75 Prozent Ingenieurwissenschaft, 25 Prozent Musik. Damals haben wir die Studiotechnik in einem verrosteten Ü-Wagen erprobt, Auf-

TON-INGENIEURIN GERTRUDT MELCHER 56 Jahre, lebt in Köln Ausbildung

Master Studium Ton- und Bildtechnik

Status

angestellt

Gehalt

3500 (Einstieg) bis 6000 Euro brutto im Monat

Arbeitszeit

39 Wochenstunden nach Tarif, Schichtarbeit

nahmen von Kirchenkonzerten gemacht, da war viel Kreativität gefragt. Beim Studium habe ich mir Zeit gelassen, nebenbei auf Messen Beschallung gemacht. 1983 fing ich in Berlin als Tontechnikerin an. So bin ich in den Hörfunk reingerutscht. Seit 1989

arbeite ich in Köln beim WDR, bin inzwischen seit 18 Jahren als TonIngenieurin dabei, wenn Hörspiele wie „Die Säulen der Erde“ entstehen. Das ist so vielfältig, ich bin genau da, wo ich hin wollte. Mein Arbeitstag beginnt entweder um 9 Uhr oder um 16.30

Uhr. Ich bereite das Studio vor, fahre die Computer hoch, baue Mikrofone und Stellwände auf. Um 9.30 Uhr kommt die Regie, wir haben einiges zu besprechen: Wie können wir das aufnehmen? Welche Geräusche machen wir selbst? Wie soll der Raum klingen? Ich mag es, im Team zu arbeiten mit Musikern, Schauspielern, Tontechnikern und Regie. Es macht Spaß, mit Hannelore ­Hoger oder Katharina Thalbach zu üben, wie sie sich bewegen sollen. Darauf zu achten, dass sich der Text geschmeidig sprechen lässt. Ich bin für die Technik verantwortlich, die sehr umfangreich geworden ist. Tasten, Regler, Mikrofone, Kopfhörer. Mittendrin arbeite ich am digitalen Pult, jede Bewegung wird aufgezeichnet. Am Mischpult bringe ich das hinterher in das richtige LautstärkeVerhältnis, gebe räumliche Effekte wie Hall drauf, bewege Schauspieler, indem ich Schritte drunter lege. Meine Arbeit ist, das Ganze zum Wohlklang zu bringen, damit beim Hören Kino im Kopf entsteht. Als Herrin über 54 TonspurRegler fühle ich mich dabei zuweilen wie im Cockpit eines Flugzeugs.“ n Aufgezeichnet von Maicke Mackerodt vorwaerts.de/Wirtschaft/Meine_Arbeit ANZEIGE

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Energie

12-2012/01-2013-Verlags-sonderveröffentlichung

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Eine Frage der ­Verteilung Netzausbau bei Erfurt: Neue Hochspannungsleitungen garantieren, dass der Strom auch da ankommt, wo er gebraucht wird.

Steigende Stromkosten, Solarförderung, Netzausbau: Die Energiebranche steckt mitten im Wandel. Was steht 2013 im Energiebreich an, welche Themen beschäftigen die Beteiligten? „Wichtig ist, das Zieldreieck aus Klimaverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssta­ bilität weiterhin in Balance zu halten“, sagt Carsten Thomsen-Bendixen, Konzernpressesprecher beim Energieriesen Eon. Vordringliches Thema im neuen Jahr ist aus seiner Sicht die Versorgungsstabilität. „Es geht darum, dass Strom auch sicher fließt“, so Thomsen-Bendixen. Zwar gebe es grundsätzlich keine Kapazitätsprobleme in Deutschland, „aber ein starkes regionales Ungleichgewicht“. Während die Kernkraftwerke im Süden sukzessive abgeschaltet werden, entstün-

den die meisten neuen, regenerativen Anlagen eher im Norden. Windkraftwerke etwa. Die Frage wie der Strom aus Erneuerbaren vom Nordosten in die restlichen Landesteile kommt, treibt auch den Netzbetreiber 50Hertz um. Wichtigstes Ziel des einst zu Vattenfall gehörenden Unternehmens sind Genehmigungen für den Netzausbau.

Verbindung zwischen Ost und West Noch in diesem Jahr soll eine so genannte Höchstspannungsfreileitung von Schwerin nach Geesthacht bei Hamburg in Betrieb genommen werden. „Das wird die vierte Verbindung zwischen alten und neuen Bundesländern“, sagt Volker Kamm, Pressesprecher von 50Hertz. Die drei bestehenden Ost-West-Verbindungen für

Strom gibt es schon seit 1995. Lange ist in dieser Hinsicht relativ wenig passiert, weshalb Kamm den Netzentwicklungsplan begrüßt, der 2013 in die parlamentarische Abstimmung gehen soll. „Wir brauchen Planungssichereit“, sagt Kamm. Und viele neue Netze. Kamm veranschaulicht mit Zahlen zur Energiegewinnung aus Windkraft: 42 Prozent der Windkraftenergie werden im Nordosten Deutschlands gefördert – in einer Region, in der relativ wenig Strom verbraucht wird, nämlich 20 Prozent des bundesweiten Gesamtverbrauchs. „Die Industrie sitzt größtenteils eben nicht im Osten, sondern im Süden und Westen“, so Kamm. Auch bei Vattenfall ist der Stromtransport wichtiges Thema: „Um unsere Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, werden

Foto:Jens-Ulrich Koch/dapd

Die Energiebranche steckt mitten im Wandel. Auf Erneuerbare Energien setzen dabei alle, auf dezentrale Erzeugung auch. Ein großes Thema des kommenden Jahres ist der Netzausbau, da sind sich alle Marktteilnehmer einig


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Energie Energie

xx-2012-Verlags-sonderveröffentlichung 12-2012/01-2013-Verlags-sonderveröffentlichung

wir die Zuwachsrate bei den Erneuerbaren Energien steigern“, kündigte der Vorstandschef von Vattenfall, Oystein Loseth, an. Er mahnt aber auch: „Damit der Energiemarkt auch international funktionieren kann, braucht es aber eine höhere Kapazität bei der Stromübertragung und mehr Stromtrassen.“

werde seine Braunkohlenwerke schließen, erteilten die Schweden jedoch eine Absage: „Wir bekennen uns nach wie vor zum deutschen Markt und zur Braunkohle. Mit den Erträgen aus der Braunkohle wollen wir unseren Ausbau der Erneuerbare Energien vorantreiben“, erläutert Loseth.

Bekenntnis zur Braunkohle

Auch ein anderer Energieriese ist dabei, sich zu verändern: „Die EnBW setzt verstärkt auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien“, so die stellvertretende Konzernpressesprecherin Johanna Mertins. Das Profil des Konzerns aus Baden-Württemberg werde sich deutlich wandeln. Ein Schwerpunkt liege auf dem Ausbau dezentraler Energieerzeugung. n YH

Foto: bobsairport

Künftig dezentral sein Der schwedische Staatskonzern setzt künftig voll auf Grün: Bis 2020 sollen alle Investitionen von Vattenfall in regenerative Energie fließen. Der KohlendioxidAusstoß soll stark reduziert werden, von 94 Millionen Tonnen im Jahr 2010 auf 65 Millionen Tonnen im Jahr 2020. Hoffnungen von Umweltschützern, der Konzern

Leuchtendes Beispiel? Für Stromsparen jedenfalls nicht: Weihnachtsdekoration bei Zürich.

Impressum Sonderveröffentlichung Energie Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 610322, 10925 Berlin, Tel. 030/25594-320, Fax -390, E-Mail: info@vorwaerts.de Geschäftsführung: Guido Schmitz Redaktion: Yvonne Holl Anzeigen: Nicole Stelzner Layout: Jana Schulze Herstellung: metagate Berlin Druck: Frankenpost Verlag GmbH, Hof

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Ade Schwarz-Weiß-Denken oder: Offenheit statt Tunnelblick „Unser Ziel war es, die Hintergründe und Mechanismen von Protestbewegungen zu verstehen und ein Gefühl für den Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung von Großprojekten zu bekommen“, sagt Peter Terium, Vorstandsvorsitzender der RWE AG. Man darf dem Niederländer abnehmen, dass ihn das wirklich bewegt. Die niederländischen Nachbarn pflegen seit Langem eine Kultur des Konsenses. Und zum anderen ist die Akzeptanz von großen Infrastrukturprojekten in einer zunehmend vernetzten Gesellschaft alles andere als selbstverständlich. „Wir haben in den letzten Jahren festgestellt, dass viele aus unserer Sicht wichtige Investitionsprojekte einen immer größeren Widerstand in der Bevölkerung hervorgerufen haben“, erläuter t Volker Heck, RWE-Kommunikationschef, und sieht darin auch eine Chance: „Das kann man bedauern oder auch handeln und gemeinsam überlegen, was zu tun ist, um diesem Widerstand zu begegnen.“ RWE hat deshalb eine Studie ver fasst, die die unterschiedlichen Facetten von Bürgerbeteiligung beleuchtet. Im Ergebnis ist eine der umfassendsten Stakeholder-Erhebungen zum Thema Partizipation entstanden. Befragt wurden fast 40 nam-

anderen Diskussionskultur arbeiten. Diesen hafte Experten aus Umschwung müssen wir selbst hinbekommen.“ Wir tschaft Offenheit und Transparenz statt Tunnelblick und Politik, und Scheuklappen er war ten die Interessenvon NGOs gruppen der Ziund Univervilgesellschaft sitäten, von Politik und von Medien und Kirchen, Wir tschaft. darunter Gefragt ist eine unter andeergebnisorienrem die tier te DialogkulBundesmitur, die den nister Peter Ansprüchen an Altmaier „Dialog“ und und Philipp Rösler, der Präsident der Bundes- „Kultur“ gerecht netzagentur Jochen Homann oder auch die wird. Ausgedient haben die Leiterin Klima- und Energiepolitik des WWF, Regine Günther. Über die Exper teninter views verbalen Scharhinaus wurden zudem wissenschaftliche Studimützel. Einzug en und frühere Befragungen für die Analyse hält ein partnerausgewertet. schaftlicher Stil im Umgang miteinander. Dabei ist Partnerschaft kein One-Way-Ticket. Für Eine der zentralen Peter Terium implizier t dies auch, „dass man Abstriche machen muss – Erkenntnisse ist: Deutschland braucht jeder in seinem Verantwor tungsbereich“. eine neue Dialog- und Beteiligungskultur. Sich über Form und Stil einer neuen „Schwarz-weiß ist Beteiligungskultur zu verständigen, vorbei“, stellte Rolf ist notwendig. Die Diskussion darüMar tin Schmitz, ber hat RWE mit der Akzeptanzstudie stellvertretender Voreröffnet. Aufgabe aller Beteiligten standsvorsitzender ist es, sie lebendig fortzuführen und der RWE AG, bei der am Ende eine Beteiligungskultur zu Vorstellung der Studie etablieren, die von Respekt gegenin Berlin nüchtern über anderen Sichtweisen und Interfest und bekräftigte essenlagen geprägt ist, und die gleichzeitig den Ergebnisorientierung in den Fokus Wunsch nach einem stellt. Wechsel in der Kommunikation. „Wir müssen mit einer RWE ist dazu bereit.


Energie

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Ein Konzern geht auf „grüne Reise“ Der Arzneimittelhersteller ­P fizer erzeugt den Großteil ­seiner benötigten Energie selbst

Weniger CO2-Ausstoß

Das alles gehört zu über 200 Projekten, die bei Pfizer im Baden-Württembergischen in den vergangenen fünf Jahren durchgeführt worden sind – und die auch dank eines betrieblichen Vorschlagswesens von den Mitarbeitern selbst erdacht und auch mit in die Tat umgesetzt worden sind. Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht: Bei Pfizer wird weiter darüber nachgedacht, wie sich umweltschonend produzieren lässt. Unternehmenssprecher Martin Fensch spricht von einer „grünen Reise“, auf der sich das Unternehmen befinde. So wurden innerhalb der vergangenen vier Jahre die CO2-Emissionen um 20 Prozent reduziert. „Wir glauben, Ökonomie und Ökologie sind miteinander vereinbar“, so Fensch. Der Ausstoß von giftigem Kohlen­ dioxid bei Pfizer in Frieburg ist von 13 000 Tonnen im Jahr 2004 auf 650 Tonnen zurückgegangen – macht laut Pfizer eine Einsparung von 93 Prozent. Und was die Controler freut, ist der Umstand, dass die Energiekosten um 30 Prozent reduziert wurden. Für diese Anstrengungen ist Pfizer mehrfach ausgezeichnet worden – so mit dem Umweltpreis des Landes Baden-Württemberg und im Jahr 2011 mit dem Titel „Fabrik des Jahres“ im Bereich Nachhaltigkeit. „Das ist der BranchenOskar“, sagt Fensch. n UBU

Immer häufiger zu sehen: Off-Shore-Windparks wie hier in der Deutschen Bucht. Die SPD unterstützt die Windkraftanlagen auf See, kritisiert aber Überförderung.

Schluss mit der Flickschusterei! Viele Ausgaben im Bereich Energie, die nun auf die Verbraucher ­abgewälzt werden, waren unnötig, sagt Rolf Hempelmann Interview Yvonne Holl aufhören, Flickschusterei zu betreiben und endlich ein vernünftiges Konzept vorlegen.

Vom „Strompreisschock“ und einer „Preislawine“ zur Jahreswende ist derzeit die Rede, von Erhöhungen der Energie­ kosten um bis zu 20 Prozent: Müssen sich die Verbraucher fürchten? Ich kann verstehen, dass Verbraucher sich Sorgen machen. Wenn wir in Erneuerbare Energien investieren, in neue Kraftwerke und Netze, dann kann Energie teurer werden. Aber wir stellen auch fest, dass diese Bundesregierung Fehler macht. Und dass wir für diese Fehler teuer bezahlen. Welche Fehler sind das? Fehler etwa in der Einschätzung der Risiken der Off-Shore-Technologie – also von Windkraftanlagen vor den Küsten – gerade in den ersten Jahren. Aufgrund einer falschen Planung sind Regressforderungen von rund einer Milliarde Euro von Marktteilnehmern aufgerufen worden. Was bedeutet das für Privathaushalte? Die Unternehmen sollen von Haftungsrisiken möglichst befreit werden, weil sonst die Investitionen zum Erliegen kommen würden. Deshalb sollen jetzt die Verbraucher zur Kasse gebeten werden und zwar mit 0,25 Cent pro Kilowattstunde. Das ist unnötig, bei einer solideren Planung hätte diese Preisanhebung vermieden werden können. Deshalb sage ich, die Bundesregierung muss weniger panisch reagieren,

Ihre Kritik erinnert an den Vorwurf Peer Steinbrücks, jede Frittenbude würde bes­ ser gemanagt als die Energiewende.

Rolf Hempelmann, Energiepolitischer Sprecher der SPDFraktion im Bundestag.

Es gibt weitere Beispiele für unnötige Kosten: Die Bundesregierung hat vor eineinhalb Jahren eine sogenannte optionale Marktprämie in das Erneuerbare-EnergienGesetz miteinbezogen. Die Marktakteure sagen uns: Sie nehmen sie gerne mit, aber sie wird eigentlich nicht gebraucht. Mitnahmeeffekte sorgen dafür, das zig Milliarden verbrannt werden, aber am Ende der Endkunde dafür zusätzlich zahlen muss. In der öffentlichen Meinung haben aber meist die Erneuerbaren Energien den Schwarzen Peter, oder? Es gibt da auch bei dem einen oder anderen die Interessenlage, den Erneuerbaren Energien den Schwarzen Peter zuzuschieben. Wir unterstützen alle Forderungen, die Überförderung vermeiden. Die Bundesregierung hat sich zunächst mit den Vergütungssätzen für die Photovoltaik auseinandergesetzt. Beim Thema OffShore scheint sie der Kostenentwicklung keine Beachtung zu schenken. Dort werden sozusagen mit der Förderung die Reparaturkosten dem Verbraucher gleich noch mit aufgeladen. Das gefährdet die Akzeptanz der Energiewende. n

Fotos: DPA/ Gerhard Launer /euroluftbild.de, Deutscher Bundestag

In Freiburg tut sich etwas Besonderes: Regelmäßig öffnen die Pförtner die Schranken des traditionsreichen Arzneimittelwerks, das zum Pharmakonzern Pfizer gehört, um eine besondere Fracht aufs Gelände zu lassen. Es sind nicht etwa Rohstoffe für Medikamente, sondern Holzpellets aus der Region. Mit den kleinen Schnipseln wird Europas größte Holzpellet-Dampfkesselanlage betrieben. Sie sind der Grund dafür, dass Pfizer am Freiburger Standort eine Ökobilanz vorweisen kann, von der andere Unternehmen nur träumen können. Die Freiburger haben es geschafft, mehr als 90 Prozent ihres Energiebedarfs selbst zu decken – aus Erneuerbaren Energien. Neben der 2009 ans Netz gegangenen Holzpellet-Anlage werden Photovoltaik und Geothermie betrieben sowie Wärmerückgewinnung durch ein Blockheizkraftwerk (BHKW). Auf dem Gelände fährt ein Solarauto, und die Labore arbeiten energiesparend.


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Vattenfall sorgt dafür, dass der Strom jederzeit zuverlässig aus der Steckdose kommt. In Berlin, Hamburg und in der Vattenfall-Heimat Schweden ist das Unternehmen für alle Stromkunden zuständig, unabhängig davon, mit welchem Stromanbieter sie einen Vertrag abgeschlossen haben. Mit seinem Netzgeschäft erwirtschaftet Vattenfall rund ein Fünftel des Konzernergebnisses. Insgesamt beschäftigt die Netzgesellschaft rund 3.500 Mitarbeiter, davon etwa 1.400 in Berlin. Interview mit Herrn Dr. Helmar Rendez, Vorsitzender der Geschäftsführung der Vattenfall Europe Berlin GmbH.

betreiber gibt. Vielmehr werden alle Stromkunden mit ihren besonderen Anforderungen – wie beispielsweise Fernsehstudios, Botschaften, Bahn und Ministerien – wissen wollen, ob sie unter einem anderen Betreiber mindestens die gleiche Qualität bekommen.

Herr Dr. Rendez, warum sollte Vattenfall das Verteilnetz in Berlin auch in Zukunft betreiben? Klare Antwort: Wir können Netze. In Berlin sind wir mit dem Vorgänger Bewag seit 130 Jahren Netzbetreiber. Das ist unser Kerngeschäft. Wir sind der Meinung, dass es für den Betrieb des Stromnetzes in einer Metropolregion wie Berlin Profis braucht, die ihr Handwerk beherrschen. Unsere Erfahrung in Berlin zeigt, dass man am Ende daran gemessen wird, ob der Strom fließt oder nicht. Jedem, der sich hier um den Betrieb des Stromnetzes bewirbt, muss klar sein, dass die Berlinerinnen und Berliner in Bezug auf ihre Versorgungsqualität verwöhnt sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Betreiber, der es vermeintlich besser meint, aber nicht besser macht, lange Freude an der Aufgabe hat. Das Land bewirbt sich mit Berlin-Energie, um stärkeren Einfluss aufs Netz zu gewinnen und die Stromversorgung grüner zu machen. Wie stellt sich das aus Ihrer Sicht dar? Mit Netzen kann man keine Energiepolitik betreiben, jedenfalls nicht mit dem Berliner Netz. Alles, was möglich ist, um eine grünere Stromversorgung zu gewährleisten, haben wir als Vattenfall Distribution umgesetzt und wollen es auch künftig umsetzen. Den energiepolitischen Mehrwert, den man mit Berlin-Energie erzielen will, kann ich momentan nicht erkennen. Was man nicht vergessen sollte, ist, dass es Unternehmen in Berlin gibt, für die Versorgungsqualität ein Standortargument ist. Denen und der gesamten Berliner Wirtschaft wird es nicht darum gehen, ob es demnächst einen kommunalen Stromnetz-

Aber lautet denn der Widerspruch nicht, dass Berlin auf erneuerbare, dezentral erzeugte Energien umgestellt werden soll, Vattenfall aber aus historischen Gründen ein großes, überwiegend auf fossile Kraftwerksblöcke ausgerichtetes Netz hat? Welches Interesse hat Vattenfall, das für viel Geld umzubauen? Wir tragen Vattenfall in unserem Firmennamen. Aber es ist wichtig zu wissen, dass wir vollständig getrennt vom übrigen Konzern sind und jedem Anbieter, der dezentral Strom erzeugt, diskriminierungsfrei Zugang zum Netz gewähren. Es ist mir kein einziger Fall bekannt, dass einem Anbieter der Zugang zum Netz verwehrt worden ist – egal, ob Photovoltaik, Biomasseanlage oder dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Wir schließen alle ans Netz an! Würden wir das nicht tun, stiege uns sofort die Bundesnetzagentur aufs Dach. Was muss sich am Berliner Stromnetz ändern? Wir müssen das Netz für die kommenden Herausforderungen der Energiewende weiter umbauen. Berlin ist umgeben vom Energieland Brandenburg, und wir wollen mehr erneuerbare Energien. Wir müssen dafür sorgen, dass wir Windkraft- oder Photovoltaikanlagen im Umland und dezentrale Blockheizkraftwerke in der Stadt so intelligent angeschlossen bekommen, dass der Strom jeweils da ankommt, wo er gebraucht wird. Wir wollen bis 2020 eine Million Elektroautos haben, für die Ladestationen eingerichtet werden müssen. Und wir müssen nicht nur den Strom transportieren, sondern auch die Informationen, wann, wo und wie viel davon angeboten und verbraucht wird. Mit unserem Know-how werden wir das schaffen.


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WeihnachtsLektüre

Vom Tod der Ideale

Dojcze Abenteuer

Lorenz Lochthofen war Kommunist, Stalins Lager überlebte er mit Glück. In der DDR stieg er zum Werksleiter auf – und stieß sich wund an der Borniertheit des Systems. Sein Sohn Sergej, in Workuta geboren, erzählt die Lebensgeschichte des Vaters. Er berichtet von Willkür, Morden, Misshandlungen, Tod durch Verhungern – und von den Tücken der „sowjetskaja ekonomica“. Fesselnd und augenöffnend – insbesondere für alle, die wieder zu glauben beginnen, es gebe eine andere Alternative zum ungehemmten Kapitalismus als die soziale Demokratie. n UK

Als am Heiligabend Onkel Marek aus seinem Mercedes steigt, ist es um die achtjährige Ola geschehen. Im Gepäck hat er nämlich nicht nur Parfüm, Südfrüchte und jede Menge Süßigkeiten, sondern auch viele Geschichten aus „Dojczland“. Für Ola ist klar: Da muss sie hin, denn „in BRD ist es noch besser als im Paradies“. Und so bricht die Familie im Polski-Fiat auf Richtung Westen – und in eine un­ bekannte Welt, die einige Überraschungen bereithält. Alexandra Tobor vermischt Autobiografisches mit Erdachtem zu e ­ inem großen Lesevergnügen. n KD

Sergej Lochthofen Schwarzes Eis Der Lebensroman meines Vaters Rowohlt 2012 , 447 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 978-3-498-03940

Alexandra Tobor Sitzen vier Polen im Auto Teutonische Abenteuer Ullstein-Verlag 2012, 272 Seiten, 9,99 Euro , ISBN 978-3548283746

FuSSballkunst

FAU WIE IN VOGEL

Die Faszination des Fußballsports liegt darin begründet, dass er gute Bilder produziert. Bilder von Helden und Verlierern, von Freude und Schmerz. Insofern war es eine naheliegende Idee, dass Reinaldo Coddou, Ex-Bildredakteur des Magazins 11 Freunde, nun eine Auswahl besonders eindrücklicher Fußballfotos zusammengestellt hat. Sie verewigen auf kunstvolle Weise die Emotionen des Augenblicks, in Stadien und auf Freizeitplätzen, in den Kabinen und Pubs. Und jedes der Bilder erzählt eine eigene Geschichte. n CFH

Ein Geschwisterpaar verbringt den Sommer bei den Großeltern. Die verreisten Eltern schreiben täglich Karten. Der Großvater liest daraus vor, was er möchte, nicht, was da steht. „Fau ruft er, wie in Sieg, Fau wie in Vogel, und Fau, wie die Vögel fliegen!“ Letzteres sollen die Enkel lernen. In selbst gebauten Apparaten aus Draht, Federn und Papier, aufgepeitscht durch großväterliche Geschichten über waghalsige Flugmanöver aus seiner Jugend und die Liebe zu einer Japanerin. Sprachgewaltig treibt Teresa Präauer die Phantasie zu Höhenflügen. n BG

Reinaldo Coddou H. (Hrsg.) Kunstschuss Die schönsten Fußball­ fotos aller Zeiten Edition Panorama 2012, 232 Seiten, 29,95 Euro, ISBN 978-3898234566

vorwärts Galerie Zeitgenössische Kunst Radierung von Eiko Borcherding für vorwärts-Leser

Teresa Präauer Für den Herrscher aus Übersee Roman Wallstein Verlag 2012, 140 Seiten, 16,90 Euro, ISBN 978-3-8353-1092-6

Deutschlands Weg in die Moderne Über Verantwortung in guten wie in schweren Zeiten Von Uwe Knüpfer

Hörbuch-Tipp Ein Bäcker backt die Torte seines Lebens, Carl Tohrberg freut sich auf Weihnachten, Richter Seybold geht in Rente. Wie abgründig das Alltägliche sein kann, zeigt der Jurist und Autor Ferdi­ nand von Schirach in seinen drei neuen Erzählungen. Der Schauspieler Christian Berkel („Inglorious Basterds“) liest und macht Schirach zum Hörvergnügen. n BG Ferdinand von Schirach Carl Tohrbergs Weihnachten Hörbuch Hamburg 1 CD, 10 Euro, ISBN 978-3-86952-133-6

Verlosung Gut hundert Weggefährten und Widersacher von Peer Steinbrück hat Daniel Friedrich Sturm befragt. Und legt die politische Biografie des Mannes vor, der „Kanzler kann“. Der „vorwärts“ verlost drei Exemplare. Bitte schicken Sie eine Karte mit dem Stichwort „Peer“ bis 15. Februar 2013 per Post oder per E-Mail an: redaktion@vorwaerts.de

Ja, ich kaufe Exemplare der Radierung Blatt Nr. 10 aus der Serie ­„Höstarken“ à 160,00 Euro (inkl. Mehrwertsteuer)

Name

Straße

PLZ, Ort

Serie „Höstarken“ schwedisch: Herbstblätter Radierung, Blatt Nr. 10 Maße: 27 x 18,8 cm Auflage: 20 Exemplare Preis: 160 Euro

Deutschland steckt voller Bismarck- und Hindenburgstraßen. Otto-Wels- oder Elisabeth-Selbert-Straßen sind deutlich seltener zu finden. Deutschland hat gern seine Haudegen geehrt – und Demokraten übersehen. Umso besser, dass es Bücher gibt wie dieses. Bernd Faulenbach, Andreas Helle und viele Mit-Autoren beschreiben darin Schlüsselszenen sozialdemokratischer – und deutscher – Geschichte. Vom Einfluss wandernder Handwerksgesellen und geheimer radikaler Bünde auf den bürgerlichen Kampf gegen Monarchien und Ständegesellschaft bis zu Gerhard Schröders „Nein“ zum Irakkrieg und der Agenda 2010. In knappen, nichts verklärenden Aufsätzen entfaltet sich ein Panorama des Fortschritts. Sichtbar wird die Wandlung eines bigotten, militaristischen, obrigkeitsgläubigen Landes zu dem Deutschland, das Besucher heute als weltoffen und friedlich erleben. Welche Widerstände auf diesem langen Weg zu überwinden waren, welche Opfer gebracht werden mussten, welche Fehler gemacht wurden: Auch daran erinnert dieses Buch. Daran, dass August Bebel Jahre seines Lebens in Gefängnissen zubrachte, aufrechte Demokraten wie Julius Leber oder Carlo Mierendorff umgebracht wurden, auch an den Hass, der Willy Brandt entgegenschlug, als er in Warschau niederkniete. Sozialdemokraten übernahmen immer dann Verantwortung, wenn sich andere nicht mehr trauten oder versagt hatten. Das wurde ihnen selten gedankt. Bis heute wirkt die Propaganda von KPD und SED nach, Sozialdemokraten seien vom Weg zum wahren Sozialismus abgewichen. Dieses Buch räumt damit auf. n

Datum, Unterschrift

Kunsthandel Hoffschild, Goethestr. 8, 23564 Lübeck Tel. 0171/1935842, Fax 0451/598544, E-Mail: hhoffschild@aol.com

Bernd Faulenbach, Andreas Helle Menschen, Ideen, Wegmarken Aus 150 Jahren deutscher Sozialdemokratie vorwärts|buch, 384 Seiten, 35 Euro, ISBN 978-3-86602-210-2


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Rezensionen

Die Favoriten der Leser im internet Eckart Lohse/Markus Wehner Steinbrück. Biographie Droemer Verlag, München 2012, 364 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-426-27593-1

1 1| Caroline Winkler: Gedenken an die ermor­ deten sozialdemokratischen Jugendlichen auf Utøya 2| Ingrid Roithmeier: Fröhliche Frauen­ power im Oldtimer. 3| Jutta Plath: Meine Enkelin auf dem Weg in die Zukunft 4| Hans Jürgen Schunk: Menschenkette im Kampf um den Atomausstieg 5| Anette Richter: Volle Konzentration beim Töpfern

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Hans Jürgen Krysmanski 0,1% – Das Imperium der Milliardäre Westend Verlag, Frankfurt am Main 2012, 265 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-86489-023-9 Volker Neuhaus Günter Grass. Schriftsteller – Künstler – Zeitgenosse Steidl Verlag, Göttingen 2012, 463 Seiten, 19,80 Euro, ISBN 978-3-86930-516-5

Fotos: caroline winkler, Ingrid Roithmeier, jutta Plath, hans jürgen schunk, annette richter

Klaus Scherer Wahnsinn Amerika. Innenansichten einer Weltmacht Piper Verlag, München 2012, 288 Seiten, 18,99 Euro, ISBN 978-3492055314

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Ines Pohl Schluss mit Lobbyismus Westend Verlag, Frankfurt am Main 2012, 224 Seiten, 14,99 Euro, ISBN 978-3-86489-024-6 Joe Bageant Auf Rehwildjagd mit Jesus. Meldungen aus dem amerikanischen Klassenkampf Aus dem Amerikanischen von Klaus H. Schmidt und Ulrike E. Köstler, André Thiele Verlag, Mainz 2012, 360 Seiten, 18,90 Euro, ISBN 978-3-940884-92-3

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bunt wie das Leben preisträger Die Siegerfotos wurden gekürt

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or einem Jahr haben SPD und „vorwärts“ einen Foto-Wettbewerb ausgelobt. Zu vier Kategorien – Parteileben, Familie, Arbeit und Fortschritt – konnten Bilder eingereicht werden. Jetzt hat eine Jury die Preisträger ermittelt. Gesamtsiegerin ist Caroline Winkler: Ein Rosenstrauß auf dem Preikestolen, dem Felsplateau hoch über dem norwegischen Lysefjord, zum Gedenken an die ermordeten sozialdemokratischen Jugendlichen auf der Insel Utøya. Sie erhält als Preis ein iPad.

Die weiteren Preisträger erhalten den Bildband „Willy Brandt – Kämpfer und Visionär: Fotografien von Jupp Darchinger.“ Bei „Parteileben“ gewinnt Ingrid Roithmeier mit den Frauen im Messerschmitt Kabinenroller aus den 50ern. Jutta Plath punktet mit dem Bild der Enkelin für „Familie“. „Fortschritt“ verkörpert für Hans Jürgen Schunk der Kampf um den Atomausstieg. Für „Arbeit“ schließlich liegt Annette Richter mit den konzentriert arbeitenden Töpfern vorn. n WL

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Medienzirkus Von Gitta List „Frankfurter Rundschau“ (FR): insolvent, „Financial Times Deutschland“ (FTD): in Auflösung, Lokalpostillen: in Bedrängnis. Selbst der Berliner Verlag schwächelt. Die Branche reagiert geschockt bis hämisch – wie das eben so ist, wenn in einer Familie Trauerfälle oder letzte Stündlein zu beklagen sind. Ruft man der FR betroffen nach, sie sei einst eine „herrliche Bleiwüste großer und leidenschaftlicher Debatten“ gewesen (so die „Süddeutsche Zeitung“), erregt der Exitus der FTD (außer bei ihren Mitarbeitern) schon weniger Anteilnahme: Es musste ja so kommen, wenn man die Hälfte der Auflage kostenlos bei Lufthansa auslegt. Die Hinterbliebenen blicken gefasst ins offene Grab, freuen sich heimlich auf heiße Süppchen beim Leichenschmaus – und doch springt sie ein unbehaglicher Gedanke an: Vergänglichkeit.... Was, fragt man sich in Verlagshäusern von Hamburg bis München besorgt, löst nur die „Zeitungskrise“ aus? – Ist das ansteckend, der Anfang vom Ende, eine Art Zeilengrippe? Nervöse Diagnosen sind in Umlauf: Heißt das Virus vielleicht „Internet“? Es ist schnell, pausiert nie, kann immer auf die neuesten Entwicklungen reagieren und steht aktuell schwer unter Verdacht, die gute alte Tageszeitung zu bedrohen: Behäbigkeit, dein Name ist Papier. Die Leser von heute wollen den pausenlosen (und vor allem kostenlosen) News-BlogTwitter-Strom! Psst, Verlagshäuser, wir verraten euch (ganz im Vertrauen): Das ist Quatsch. Euer Hauptfeind ist nicht das Internet. Auch seid ihr nicht Opfer der Finanzierung eurer (wenigen noch verbliebenen) Redaktionen, noch eurer Konkurrenz – euch fordern kluge Leser heraus. Die glauben nicht, dass sich die Weltsituation von Sekunde zu Sekunde ändert, auf Meldungsbrei (Obama: Er war beim Frisör!) sind sie nicht erpicht. Doch wenn zum Beispiel da, wo FR draufsteht, kaum mehr FR drin ist, merken sie das. Und suchen dann eben woanders nach dem, was sie wollen: ­Inhalt. Das ist eure Krise. n


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DER KANDIDAT

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Dass er »Kanzler kann«, zu dieser Ansicht hat sich nun auch seine eigene Partei durchgerungen. »Es geht um einen alles in allem doch recht ungewöhnlichen Menschen und Politiker.«

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uchen Sie noch das passende Geschenk zu Weihnachten? Wie wäre es mit einem Baum oder am besten gleich ein paar? Zum 65. Gründungstag Israels am 16. April 2013 hat die SPD eine besondere Geburtstagsidee. „Wir wollen Israel einen Wald schenken“, sagen Generalsekretärin Andrea Nahles und der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion Christian Lange. „Damit tragen wir nicht nur zur Aufforstung des Landes bei, sondern setzen auch ein Zeichen der Freundschaft und der Solidarität, das für lange Zeit Bestand haben wird.“ Mindestens 5000 Bäu-

me soll der „Wald der SPD“ in der Wüste Negev umfassen. Für einen Baum benötigt man zehn Euro, für die es auf Wunsch eine Urkunde sowie eine Spendenbescheinigung gibt. Der „vorwärts“ beteiligt sich mit 600 Euro an der Ak­tion und spendet damit zwei Bäume pro Mitarbeiter. Auch der designierte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier spenden Bäume. „Der Wald der SPD ist ein wunderbares Symbol unserer Verbundenheit“, findet Steinmeier. n KD Online spenden: spd-wald.jnf-kkl.de

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»Man muss eine Vergangenheit haben, um aus dieser Vergangen Vergangenheit für die Zukunft lernen zu können.« 55 Reden Willy Brandts über Deutschland, die Sozialdemo Sozialdemokratie, die Geschichte und ihre Lehren für unser Handeln. Spannend und erstaunlich aktuell. Herausgegeben und eingeleitet von Klaus Schönhoven.

Broschur, 36,00 Euro ISBN 978-3-8012-0426-6

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Verlag J.H.W. Dietz Nachf. www.dietz-verlag.de • info@dietz-verlag.de • Tel. 02 28/18 48 77-0

Baumspender: Frank-Walter Steinmeier pflanzt einen Baum in der Wüste Negev

Ich spende Bäume zu je 10 Euro im Rahmen der Wiederaufforstung des nördlichen Negev im Wald der SPD. Den Gesamtbetrag von

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ü berweise ich selbst auf das Spendenkonto des Jüdischen National­fonds e.V., Konto-Nr. 1 005 007 001 bei der Santander Bank, BLZ 500 333 00. b uchen Sie bitte direkt von meinem angegebenen Konto ab. Ja, ich freue mich über eine Dankes-/Geschenkurkunde. Bitte stellen Sie die Urkunde auf meinen Namen aus. Bitte stellen Sie die Urkunde aus zu Ehren von:

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Kontoinhaber

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Bank, BLZ

PLZ, Ort

Kontonummer

Telefon (für evtl. Rückfragen)

Datum, Unterschrift

Bitte ausfüllen und an folgende Anschrift senden: Jüdischer Nationalfonds e.V., Kaiserstraße 28, 40479 Düsseldorf

Foto: styleuneed/Fotolia.com, SPD

Daniel Friedrich Sturm, Dr. phil., schreibt als Parlamentskorrespondent von ›Welt‹ und ›Welt am Sonntag‹ über das (Innen-)Leben der SPD. Er beobachtet und begleitet Peer Steinbrück seit etlichen Jahren.

Wald der SPD

Auch als

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Andreas Hoidn-Borchers auf ›stern.de‹


Historie 39

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Gut gelaunt und auf dem Weg in die Regierung: Rund zwei Monate vor dem Beginn der Großen Koalition interviewt Peter Merseburger SPD-Chef Willy Brandt am 13.09.1966.

Vom Aussenseiter zum Übervater Willy Brandt 23 Jahre führte er die SPD als Vorsitzender. Wegen seiner politischen Erfolge und wegen seines Charismas ist er bis heute unvergessen Von Peter Merseburger

Foto: Klaus Rose/dpa; Illustration: Hendrik Jonas

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m Rückblick erscheinen Willy Brandts Jahre an der Spitze der SPD als geradezu goldene Zeit: Er führte seine Partei an die Macht und läutete jenes sozialdemokratische Jahrzehnt ­ ein, in dem die Sozialdemokratie 13 Jahre den Kanzler stellte, innenpolitische Reformen durchsetzte und mit ihrer Ostund Entspannungspolitik eine wichtige Grundlage für die spätere deutsche Vereinigung schuf. Das Wort „Mehr Demokratie wagen“ in Brandts erster Regierungserklärung als Kanzler steht für eine Politik der Erneuerung, sein Kniefall in Warschau macht ihn zur moralischen Autorität in der Politik und wird mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Seine Erfolge und sein Charisma erklären, daß er 23 Jahre – fast ein Vierteljahrhundert – den Vorsitz innehat; länger als er hat vor ihm nur August Bebel die SPD geführt. Was das in einer Partei bedeutet, die den Diskurs und harte Diskussionen zwischen den Flügeln pflegt, macht ein Blick auf seine Nachfolger deutlich: In den 22 Jahren nach Brandt hat die SPD neun Vorsitzende. Nun ist Willy Brandt, und das mag seine lange unumstrittene Führungsrolle auch erklären, der letzte Parteichef, der aus der alten Arbeiterbewegung kommt und die für ihn, den Proletariersohn ohne heile Familie, zu einer Art Familienersatz

Die SERIE Folge 3: Willy Brandt und die SPD

Im nächsten Heft Folge 4: Willy Brandt und Berlin

wird – auch im skandinavischen Exil. Genossen der norwegischen Arbeiterpartei nehmen den jungen, revolutionären Linkssozialisten aus Lübeck wie einen der ihren auf. Durch diese betont linke Partei wird er nachhaltig geprägt, denn bei allen Flügelkämpfen bewahrt sie stets die Einheit der Organisation, und ihr revolutionäres Programm hindert sie nicht an einer pragmatischen Regierungspolitik, welche die realen Nöte der Arbeiter, Fischer und Bauern lindern kann. In diesen Erfahrungen wurzelt seine innerparteiliche Toleranz, aber auch seine tiefe Überzeugung, dass Politik, die nicht den Menschen nützt, nichts taugt.

Sein Weg in der SPD war steinig

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Es war seine tiefe Überzeugung, dass Politik, die nicht den Menschen nützt, nichts taugt.

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Peter Merseburger

Im Exil zum Sozialdemokraten gewandelt, ist der Weg zum „Übervater“ der Partei jedoch steinig und lang: In Berlin hat er gegen SPD-Chef Franz Neumann zu kämpfen, und als Erbe Ernst Reuters, der schon wegen der Lage West-Berlins ein gutes Verhältnis zu Amerika pflegt, gilt er lange als Außenseiter in der von Ollenhauer auf Schumacher-Kurs gehaltenen SPD. Noch 1960, als er in Hannover zum Kanzlerkandidaten gewählt wird, kann er lediglich auf Platz 22 in den PV einziehen. Von Wehner gefördert, rückt er nach Ollenhauers Tod an die Spitze der Partei und wird schließlich zum großen

Integrator, der die Realistischeren unter den studentischen 68er-Rebellen einbindet. Stets dem Zeitgeist aufgeschlossen und dem Gros der Partei darin voraus, sucht er später die Sozialdemokratie für die Friedens- und Umweltbewegung zu öffnen und, beinahe präsidial über den Flügeln schwebend, sie als Partei dennoch zusammenzuhalten. Der Spagat ist nicht leicht, selbst sein alter Freund Rix Löwenthal versteht die SPD als Partei der Industriegesellschaft und wendet sich gegen die Aufnahme von grünen Leistungsverweigerern, die gar Nullwachstum fordern. Als er 1987 als weiteres Zeichen der Öffnung gar eine Parteilose zur Sprecherin der SPD bestellen will, löst er eine Parteirebellion aus, die ihn zum Rücktritt veranlasst. Doch bleibt er Ehrenvorsitzender. 1989, als er die junge Generation der Sozialdemokraten vor der nationalen Frage versagen sieht, setzt er sich mit seiner ganzen Autorität für die schnelle Vereinigung ein. Er rettet damit die Tradition und Ehre einer Sozialdemokratie, die schon unter Kurt Schumacher für die deutsche Einheit kämpfte. n Peter Merseburger (geboren 1928 in Zeitz) wurde von 1967 bis 1975 bekannt als Leiter und Moderator des ARD-Magazins Panorama.


40  Historie

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Lösung bestand in einem diplomatischen Kunstgriff, der den Nachkriegsrealitäten Rechnung trug. Denn zur deutschen Frage gehörte auch die VierMächte-Verantwortung für Gesamtdeutschland. Die Lösung der deutschen Frage musste also zwingend offen bleiben. Sie blieb es bis zu den Zwei-PlusVier-Verhandlungen 1990.

Der »Brief zur deutschen Einheit«

Feierlich: Egon Bahr (r.) und Michael Kohl unterzeichnen den Vertrag in Bonn.

Weg zur Einheit Vor 40 Jahren Am 21. 12.1972 wurde der deutsch-deutsche Grundlagenvertrag, ein Meilenstein der Entspannung, unterzeichnet

Diplomatischer Kunstgriff

Von Rolf Hosfeld

Am 21. Juni 1973 tritt der Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR in Kraft. Er sollte nach den Worten Egon Bahrs das Verhältnis der beiden deutschen Staaten „untereinander und gegenüber Dritten“ regeln „und bis zur Wiedervereinigung nicht mehr revisionsbedürftig“ sein. Das hat sich im Rückblick als eine zutreffende Prognose herausgestellt. Nur mühsam kamen die Verhandlungen voran, weil die DDR forderte, nach Abschluss der Verhandlungen müsse eine völkerrechtliche Anerkennung des ostdeutschen Staates stehen. Das war für die Bundesrepublik auf Grund des grundgesetzlichen Wiedervereinigungsgebots unakzeptabel. Die

Gut gelaunt: Egon Bahr (l.) und Michael Kohl in Ost-Berlin

Temperamentvoll: SPD-Fraktionschef Herbert Wehner verteidigt den Vertrag im Bundestag.

In der Endfassung des Grundlagenvertrages verpflichten sich die Vertragspartner, normale, gutnachbarliche Beziehungen zueinander zu unterhalten, sich von den Prinzipien der UN-Charta leiten zu lassen und gegenseitig auf Gewaltanwendung und Gewaltandrohung zu verzichten. Die zwischen beiden Staaten bestehende Grenze wird für unverletzlich erklärt, die territoriale Integrität und die Beschränkung der Hoheitsgewalt auf das jeweils eigene Staatsgebiet und die jeweilige Respektierung der Unabhängigkeit und Selbstständigkeit beider deutscher Staaten ausdrücklich bekräftigt. Wie beim Moskauer Vertrag übergibt die Bundesregierung noch vor Abschluss einen „Brief zur deutschen Einheit“. Darin heißt es, dass der Vertrag „nicht im Widerspruch zu dem politischen Ziel der Bundesrepublik Deutschland steht, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt.“ Die Bundesrepublik und die DDR unterhalten nun zwischenstaatliche Beziehungen, mit der Einschränkung, dass sie durch den bleibenden Viermächtevorbehalt Teile eines Ganzen bleiben und deshalb keine Botschaften, sondern Ständige Vertretungen in Bonn und Ost-Berlin verabreden. Im Außenverkehr sind sie jedoch frei. Ein kompliziertes Vertragsgebilde ist vollendet, das beiden Staaten Handlungsfreiheit eröffnet, ohne dass die Bundesrepublik dabei ihren Anspruch auf die fortbestehende Einheit der Nation beiseitelegen muss. Die Jahre 1989/90 haben dem Recht gegeben. n

vorwärts-Impressum Die Zeitung der deutschen Sozialdemokratie gegründet 1876 von W. Hasenclever und W. Liebknecht Herausgeberin: Andrea Nahles Redaktionsadresse: Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 610322, 10925 Berlin; Tel. 030/25594-520, Fax 030/25594-390, E-Mail: redaktion@vorwaerts.de Chefredakteur: Uwe Knüpfer (V.i.S.d.P.) Redaktion: Lars Haferkamp (Textchef); Dagmar Günther (CvD); Hendrik Rauch (Bildred.); Kai Doering (Redaktion), Yvonne Holl (App); Vera Rosigkeit (Online); Dr. Susanne Dohrn, Birgit Güll und Werner Loewe (redaktionelle Mitarbeit); Carl-Friedrich Höck und Marisa Strobel (Volontäre) Fotografie: Dirk Bleicker Layout: Jana Schulze Korrespondenten: Jörg Hafkemeyer (Berlin), Renate Faerber-Husemann (Bonn), Lutz Hermann (Paris) Geschäftsführung: Guido Schmitz Anzeigen: Nicole Stelzner (Leitung strategische Unternehmensentwicklung und Verkauf); Nele Herrmann Valente, Manfred Köhn, Simone Roch, Carlo Schöll, Franck Wichmann und Ralph Zachrau (Verkauf) Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 35 vom 1.1.2012 Verlags-Sonderseiten: verantw. Guido Schmitz Vertrieb: Stefanie Martin, Tel. 030/25594-130, Fax 030/25594-199 Herstellung: metagate Berlin GmbH Druck: Frankenpost Verlag GmbH, Poststraße 9/11, 95028 Hof Abonnement: IPS Datenservice GmbH, Postfach 1331, 53335 ­Meckenheim; Tel. 02225/7085-366, Fax -399; bei Bestellung Inland: Jahresabopreis 22,– Euro; für Schüler/Studenten 18,– Euro; alle Preise inkl. Versandkosten und 7 Prozent MwSt.; Ausland: Jahresabopreis 22,– Euro zzgl. Versandkosten. Das Abo verlängert sich um ein Jahr, wenn nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. Für SPD-Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten (bei Änderungen bitte an den SPD-UB wenden). Bankverbindung: SEB Berlin, BLZ 100 101 11, Konto-Nummer 174 813 69 00 Bei Nichterscheinen der Zeitung oder Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages im Falle höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Leistung, Schadensersatz oder Minderung des Bezugspreises. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Zeichnungen wird keine Haftung übernommen.

Fotos: dpa / Alfred Hennig, dpa / Konrad Giehr, dpa /Egon Steiner

aum eine Frage hat die Gemüter in den frühen Jahren der Bundesrepublik so sehr beschäftigt wie die Erinnerung an den Untergang von Weimar. „Bonn ist nicht Weimar“ hieß der Titel eines Bestsellers von Fritz René Allemann aus dem Jahr 1956. Der Satz wurde zu einem geflügelten Wort. Doch zur Zeit der ersten sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt und der Ostverträge Anfang der 70er Jahre liegt plötzlich wieder ein Hauch von Weimar über der Republik. Von „Erfüllungspolitik“ ist die Rede, von „Verzicht“ und nationalem Verrat. Die Emotionen schlagen hohe Wellen. Viele fragen sich irritiert, ob die Deutschen wieder in eine Situation geraten könnten, in der sie sich noch einmal in einer Alles-oder-NichtsHaltung weigern, die selbstverschuldeten Folgen eines verlorenen Krieges zu akzeptieren. Egon Bahr hatte 1963 in einer richtungweisenden Rede die Formel vom „Wandel durch Annäherung“ in Umlauf gebracht. Es war ein „Plädoyer für eine Wiedervereinigungspolitik neuer Art“. Seit 1969 ist sie Regierungspolitik. Im August 1970 wird der Moskauer Vertrag abgeschlossen, im Dezember der Warschauer Vertrag, und am 3. September 1971 das Viermächteabkommen über Berlin.


Rätsel 41

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kreuzworträtsel Die Fragen und das Kreuzworträtsel darunter ergeben die Lösung. Kaum jemand weiß... dass der erfolgreiche Jurist und lupenreine Hanseat einer Schauspielerfamilie entstammt und in einem Film von Dieter Wedel sozusagen von Robert Atzorn dargestellt wurde. Sein Vorname und Nachname im Film?

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Im Mittelalter... übertraf die Stadt mit über 600 Brauereien die bayerische Residenz bei Weitem und entwickelte sich dank eines (gefälschten?) Freibriefs eines süddeutschen Kaisers zur heutigen internationalen Handels-Metropole. 1

Besuch in Paris im Oktober 1954: Die SPD-Politiker Herbert Wehner, Erich Ollenhauer, Karl Mommer und der Gesuchte (v.l.)

Wer war’s?

Foto: bpk / Benno Wundshammer

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eine Übersetzung von Charles Baudelaires Vers-Epos „Les Fleurs du Mal“ aus dem Jahr 1947 gilt bis heute als bahnbrechend. Kein Wunder: Seine Muttersprache im eigentlichen Sinne ist Französisch. Als Sohn eines württembergischen Privatgelehrten und einer französischen Mutter wird er am 3. Dezember 1896 in Perpignan geboren. Seine Kindheit verbringt er in Weil der Stadt, seine Schulzeit in Stuttgart. Der erste Weltkrieg bringt ihn nach Frankreich zurück, wo er in den Schützengräben vor Verdun dem Friedensschluss entgegenlagert. Nach dem Krieg studiert er Jura in Tübingen und arbeitet hier an verschiedenen Gerichten. 1940 wird er zur Wehrmacht eingezogen und als Jurist nach Lille abgeordnet. Nach der Zerschlagung des Faschismus tritt er der SPD bei und wird zum Professor für Öffentliches Recht an der Universität Tübingen berufen. Im parlamentarischen Rat wählt ihn die SPD-Fraktion zum Vorsitzenden. 1949 wird er im Wahlkreis Mannheim I in den Bundestag gewählt und kann sein Direktmandat bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 1972 verteidigen. Schon in den frühen Tagen der Bundesrepublik Deutschland ist ihm klar, dass Europa „unsere Hoffnung und zugleich unsere realistische Zukunft“ ist. Entschieden tritt er daher für die deutsch-französische Freundschaft ein. Unter seinen vielen Auszeichnungen ragt der „Orden wider den tierischen Ernst“ heraus, den er für seine geistreichen Reden verliehen bekommt. Das passt zu seiner Lebensmaxime, die da lautet: „Der noble Humor grinst nicht, sondern lächelt.“ n Unter allen Einsendern verlosen wir eine vorwärts-Tasche. Bitte schicken Sie das Lösungswort mit dem Stichwort „Wer war’s“ bis 15. Februar 2013 per Post oder per E-Mail an: redaktion@vorwaerts.de

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Annette Schulz-Kersting, 14532 Kleinmachnow

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Historisches Bilder-Rätsel Die Lösung des Bilder-Rätsels aus der vergangenen Ausgabe lautet: hans koschnick Die vorwärts-Tasche hat gewonnen:

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Es gibt zwei Wege, das Preisrätsel zu lösen: Ratefüchse beantworten zuerst die beiden Fragen. Der zweite, dritte und vierte Buchstabe des ersten Lösungswortes sowie der zweite Buchstabe des zweiten Lösungswortes ergeben in der richtigen Reihenfolge die Lösung. Es geht aber auch einfacher: Die grauen Felder im Kreuzwort­ rätsel e ­ rgeben in der ­richtigen Reihenfolge das Lösungswort. Gesucht wird eine Künstlerin, die u.a. für ein spezielles Schulprojekt in Rahlstedt bekannt ist.

In zwei Kriegen kämpfte er gegen Frankreich. Danach für die deutsch-französische Freundschaft Von Lothar Pollähne

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Die Lösung des jüngsten Preisrätsels lautete: PENN Gesucht wurden außerdem: STEPHAN und HANNOVER Jeweils ein Buch gewannen: Susi Scheinert, 04416 Markkleeberg Margit Schillig, 96237 Ebersdorf Karlheinz Straub, 60386 Frankfurt/M. Udo Hargarten, 15517 Fürstenwalde/Spree Julia Hartwig, 39104 Magdeburg

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WAAGERECHT 1 widerstandslos gehorsam 9 rissig, uneben 10 Anpflanzung 12 weiterbestehen 14 in der Nähe von 15 sauber, unbeschmutzt 16 Dramengestalt bei Goethe

Herbert Langer, 59846 Sundern

18 Fluss zur Drau

Julian Müller, 46049 Oberhausen

20 Lebenshauch

Erwin Franiek, 66606 St. Wendel

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Beate Glende, 24257 Hohenfelde

Gaby Wagner, 99425 Weimar

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19 Zimmer 22 innerasiatisches Gebirge

25 Weingut mit großen SENKRECHT Lagerräumen 2 wieder 28 Wertpapier 3 radioaktives

23 Schmelzgefäß

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26 Verlierer bei einem Wettkampf

31 Marktbude 32 Stelle, Ort; größere Fläche 34 in hohem Maße 36 Schwur

Schwermetall

4 französisch: Wasser 5 Hüftriemen 6 als Weg geeignet; möglich 7 eine der Gezeiten

24 vertraulich, im engsten Kreis

27 Notiz, Vermerk 29 orientalischer Wandteppich

40 langer, dünner Speisefisch

8 Frage-und-Antwort- 32 Leid, Schmerz Spiel 33 biblischer Stamm11 sizilianischer Vulkan vater 12 starke Kriegsflotte 34 Lachsfisch 13 unmittelbar 35 Nervenzentrum 17 schmieren, fetten

41 Truppeneinheit

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37 Schmuckstein 39 Ansehen, Prestige, Bild (englisch)

38 Monatsname

Die richtige Lösung schicken Sie bitte bis zum 15. Februar 2013 per Post an vorwärts, Postfach 610322, 10925 Berlin oder per E-Mail an raetsel@vorwaerts.de. Bitte Absender nicht vergessen und ausreichend frankieren! Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir zehn Bücher.


42  Das Allerletzte

Frankreichs Esprit und Deutschlands Grauen Vorurteile Kennen Sie das? Wenn ein Mann im Film französisch spricht, denke ich gleich, der hat die Nacht verbracht mit Rotwein, Gauloises und einer tollen Frau. Dabei sitzt er im Finanzamt und möchte nur die Umzugskosten von der Steuer absetzen Von Martin Kaysh

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ranzösisch ist komisch. Da hören die Wörter einfach nicht auf. Das hat schon im Unterricht damals genervt. Du sagst etwas, und dann kommen da noch ganz viele Buchstaben, die zeigen die Zeit an, das Geschlecht und wahrscheinlich auch noch den Kontostand. Aber da war ich schon raus aus dem Kurs. Soll sich noch mal jemand über die „awful german language“ beschweren, die fürchterliche deutsche Sprache, wie es Mark Twain großartig gelang. Aber französisch klingt so verdammt gut. Maurice Chevalier ist einfach viel mehr als sein deutscher Kollege Moritz Ritter. Wenn in einem Artefilm ein Mann französisch spricht, dann denke ich gleich, der hat die Nacht verbracht mit Rotwein, Gauloises und einer tol-

len Frau. Dabei sitzt er im Finanzamt und möchte nur die Umzugskosten von der Steuer absetzen. Schon hat die Falle zugeschnappt, die mit den Vorurteilen. Hier der französische Esprit, dort das germanische Grübeln im Grauen. Dieser Gegensatz ist alt, nicht erst seit dem Krieg 1870/71 wird er gefördert. An ihm mag auch etwas dran sein. Deutschland ist nicht Frankreich. Deutschland hat kein Paris, dafür hat es viele Lilles. Für die nicht Frankophilen: Paris ist diese Hauptstadt des 19. Jahrhunderts und die ewige Stadt der Liebe. Lille, das ist da, wo die Sch´tis wohnen, aus der Filmkomödie bekannt, eine Gegend, die der normale Franzose für eine Mischung aus Eisenhüttenstadt und Sibirien hält, Strukturwandel auf Dauer.

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Ums Erbe kann sich nur ­streiten, wer ­gemeinsame Vorfahren hat. Martin Kaysh

seit wärts Haushaltsplanlos Dieses scheiß Schlagloch vor unsrem Laden wird auch immer größer!

Aber die mit Abstand seltsamste und höchste Ausgabe floss in die Entwicklung und Anfertigung eines Katastrophenschutzanzugs.

Was machen die von der Gemeinde eigentlich mit unsrer Steuerkohle?

Ich meine: Mehrere Millionen für einen Prototypen, der vor allem schweren Erschütterungen standhalten kann?

Frau Kermel, ich geh gerade den Haushaltsplan durch und hier gibt es einige Ungereimtheiten. Die Anschaffung einer Krone beispielsweise ...

Wir leben hier nicht unbedingt in einem Erdbebengebiet.

Was haben Sie -

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Frau Kermel! Ich muss kurz stören! Draußen wartet ein wütender Mob!

Wann das angefangen hat mit dem Erbfeinde-Unsinn, weiß ich nicht. Wahrscheinlich gleich mit dem Entstehen der deutschen Nation. Das müsste im finstersten Mittelalter gewesen sein, um 800 herum, kurz nach Karl dem Großen, unserem Kaiser, dem Franken. Frankenreich klingt nach Frankreich, weshalb die Franzosen ihn ja auch als einen der ihren ansehen und Charlemagne nennen. Was dann wieder nach Allemagne klingt, nach Deutschland. Also ist da doch was dran mit der Erbfeindschaft. Denn ums Erbe kann sich nur streiten, wer gemeinsame Vorfahren hat. Wir sind mithin näher verwandt als man denkt. Trotzdem sind wir so verschieden. Als vor 50 Jahren der ElyséeVertrag geschlossen wurde, hatten De Gaulle und Adenauer unterschiedliche Motive. In dem Vertrag ging es auch um Kultur und Bildung. Der französische Präsident konnte das mal eben unterzeichnen. Der Kanzler musste erst mal föderal nachfragen, nicht in Lille, aber in den Hauptstädten der elf Bundesländer. n Martin Kaysh ist Kabarettist, Alternativkarnevalist („Geierabend“) und ­Blogger. Er lebt im Ruhrgebiet, freiwillig.

von David Füleki Die hab ich mir aber verdient!

Dann sind hier exorbitante Ausgaben für Drucker vermerkt.

Fünfmal so viele Drucker wie die Gemeinde Mitarbeiter hat ...

Na, wer ist jetzt der Dumme, Herr Buchhaltungs-Fuzzi? Und jetzt lassen Sie bitte den wütenden Mob rein.

In einer Gemeinde wird halt viel gedruckt. Na und?

Illustration: christina Bretschneider

vorwärts 12/2012-01/2013


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Die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg) informiert: zur aktuellen Lage der „Frankfurter Rundschau“ (FR) Der Verlag der „Frankfurter Rundschau“ hat Insolvenz angemeldet. Diese Nachricht vom 13. November dieses Jahres hat Erschütterung ausgelöst. Das politische Deutschland vielleicht demnächst ganz ohne die FR! Wie konnte es soweit kommen? Im Frühjahr 2004 stieg die ddvg bei der FR ein. Zu diesem Zeitpunkt war der FR-Verlag faktisch pleite. Für uns, die ddvg, ging es jetzt darum, den FR-Verlag grundlegend zu sanieren, um eine kritische Stimme in der deutschen Medienlandschaft zu erhalten. Die Sanierung des Verlags umfasste die Optimierung der Arbeitsabläufe ebenso wie die Modernisierung der Betriebsmittel. Es gab Schulungen zur besseren Qualifizierung der Mitarbeiter und es wurden neue Produkte geschaffen. Die Entwicklung des Internetangebots der FR und der FR-Shop sind Beispiele dafür. Die Sanierung erfolgte in enger Kooperation mit dem Betriebsrat. Mitte 2006 kam als neuer Mehrheitsgesellschafter der Kölner Zeitungsverlag „M. DuMont Schauberg“ (MDS) hinzu. Zusammen mit MDS bauten wir das Angebot an Digitalprodukten aus. Ferner stellten wir die FR auf ein kleineres, handliches Format um. Das brachte Kritik ein, kam jedoch gut an in der Frankfurter Region, wo es eine Vielzahl Pendler gibt. Kurz: MDS und ddvg investierten eine Menge Geld in die FR. Randbemerkungen, die ddvg hätte Geld bei dem Engagement verdient und an die Parteikasse abgeführt, kommentieren sich selbst als dummes Geschwätz. Die Sanierungsbemühungen waren zunächst erfolgreich: Bis August 2008 lag der Verlag auf Plan. Die Finanzkrise jedoch führte dann zu einem herben Rückgang des Anzeigengeschäfts. Erschwerend kam hinzu, dass sich die Medienwelt in einem tiefgreifenden Strukturwandel befindet: Neue Digitalprodukte kosten die gedruckten Medien Leser und – vor allen Dingen – Anzeigengeschäft. Das Ergebnis sind Umsatzeinbußen im zweistelligen Millionenbereich. Durch all das gelang es letztendlich nicht, der FR wirtschaftlich eine langfristige Perspektive zu geben. Dabei stimmen wir keineswegs in den Abgesang der gedruckten Tageszeitungen ein. Die Tageszeitung hat Zukunft, sie wird jedoch in dem Medienangebot zukünftig eine andere Stellung einnehmen: Weg von einem Massenprodukt, hin zu einem Zielgruppenmedium. Ein Produkt, das dem Leser tiefgründige Hintergrundinformationen liefert, die Einordnung von Geschehnissen erleichtert und mit Kommentaren eine Orientierung gibt. Dieser Wandel jedoch braucht Zeit und diesen Weg werden nicht alle Tageszeitungen schaffen. Die FR hat den Weg nicht geschafft: trotz des Engagements der Mitarbeiter, die zur Rettung der FR auf viel Lohn verzichteten, trotz der gewaltigen Investitionen der Gesellschafter, trotz der hohen redaktionellen Reputation der FR. Die Geschäftsführung der ddvg


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