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Anästhesie Journal 32 (4) 2020 Fachteil
Die Hauptschlagader in Gefahr: Anästhesiologisches Management beim abdominellen Aortenaneurysma
Patrick Meier, Markus Maurer
Das anästhesiologische Management beim abdominellen Aorten aneurysma ist anspruchsvoll. Neben der offenen Operation kommen zunehmend endovaskuläre Verfahren zum Einsatz. Um allen Herausforderungen gerecht zu werden, braucht es neben einem fundierten Fachwissen vor allem eine reibungslose inter disziplinäre Zusammenarbeit. Das Spektrum gefässchirurgischer Eingriffe wird immer komplexer und nicht selten treten Komplikationen auf. Der Anteil an Hochrisikoeingriffen ist überdurchschnittlich hoch und die Patienten leiden häufig an einer generalisierten Gefässerkrankung, die mehrere Organsysteme betreffen kann. Hauptverantwortlich für die hohe perioperative Morbidität sind kardiale Komplikationen. Besonders durch atherosklerotische Veränderungen ist die Vasomotorik bei gefässchirurgischen Patienten in der Regel stark eingeschränkt, ausgeprägte Blutdruckschwankungen sind häufig. Zusätzlich sind bei offenen Operationen des adominalen Aortenaneurysmas (nachfolgend AAA) Blutverluste mit entsprechenden Volumenverschiebungen häufig, doch genau diese gilt es eigentlich bei diesen Patienten zu vermeiden. Daher haben sich neben der offenen Chirurgie auch endovaskuläre Verfahren zur Sanierung des AAA etabliert. Somit ist ein detailliertes Fachwissen zu anatomischen Grundlagen und dem Vorgehen im Einzelfall, sowie eine adäquate präoperative Evaluation Voraussetzung für eine optimale anästhesiologische Versorgung der Patienten.
Die Anforderungen an das gesamte interdisziplinäre und interprofessionelle Team sind vielfältig, zumal die Entscheidungen und Handlungen unter Zeitdruck erfolgen müssen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die operativen Möglichkeiten und das anästhesiologische Management beim AAA. Anhand von zwei fiktiven Fallbeispielen zeigen wir spezielle Aspekte der anästhesiologischen Betreuung auf.
Das Bauchaorten aneurysma Das abdominale Aortenaneurysma ist per Definition eine Erweiterung der Bauchaorta > 3 cm. Pathologische Veränderungen an der Aorta sind zu 95% atherosklerotischer Natur. Hauptrisikofaktoren sind neben zunehmendem Alter vor allem Nikotinabusus und das männliche
Geschlecht (Inzidenz 6 Mal häufiger gegenüber Frauen). Das Risiko einer Ruptur steigt mit der Grösse des Aneurysmas exponentiell an, wie die untenstehende Tabelle verdeutlicht. Neben dem absoluten Durchmesser kann auch ein rasches Wachstum des Aneurysmas von >5mm/6 Monate eine Indikation zur Behandlung darstellen. Die Inzidenz der Ruptur liegt bei 40/100 000 Einwohner pro Jahr. Die Mehrheit der Aortenanuerysmen sind infrarenal lokalisiert, also unterhalb des Abgangs der Nierenarterien. Seltener sind auch das perirenale und das viszerale Segment oder sogar die thorakale Aorta betroffen.
Diagnostik/Möglichkeiten der Therapie Zur Diagnostik haben sich zwei bildgebende Verfahren etabliert. Die Ultraschalluntersuchung des Abdomens dient vor allem der Früherkennung und der Dokumentation des Verlaufs von Aneurysmen, sowie der schnellen Diagnosestellung bei Verdacht auf Ruptur. Mit Hilfe der CTAngiographie kann das Aneurysma ausgemessen und die elektive Operation geplant werden. Ob beim rupturierten AAA noch eine CT-Untersuchung möglich ist, hängt davon ab, wie stabil die Kreislaufsituation ist. Heute kann auch im Notfall potentiell endovaskulär behandelt werden. Darum ist auch bei instabileren Patienten häufig eine CT-Untersuchung sinnvoll. Das Aneurysma kann grundsätzlich auf zwei Arten saniert werden: Bei der of-
Durchmesser abdominelle Aorta
Risiko Ruptur pro Jahr
< 5 cm
1%
> 6 cm
10 %
> 8 cm
25 %