Kurzvorschau – Hotelier 3/23

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Mehr Natürlichkeit, mehr Geschmack

transgourmet.ch/natura

Mündig dienen

wei alte Wörter. Ihre Kombination scheint mir topmodern. Das wird die Essenz des Editorials sein. Doch der Reihe nach. Im Alter sein, «sich selbst zu vertreten», aber auch «vernünftig» oder «bei Verstand» sein meint das Adjektiv mündig (Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm).

ZAussicht, Chance, Hoffnung, Möglichkeend zum

Doch Vorsicht, nicht zu früh republikanisch frohlocken. Auch unter den Angehörigen des Volkes beziehungsweise des Bürgersouveräns gibt es nicht wenige, die gewählte Volksvertreter bloss als Diener oder Dienstboten sehen. Bezahlt durch die Steuern, hätten die Politiker die Dinge im Sinne des Volkes zu richten. Statt ständig über die Verteilung der Steuergelder zu streiten.

Schwieriger verhält es sich beim Verb dienen. «Grimm» nennt 15 Bedeutungen und Umschreibungen davon. An erster Stelle: «[U]rsprünglich jemandes Knecht oder Untertan sein. Daher auch gehorchen, sich unterwerfen, sich demütigen.» Aber auch «wohlwollend, liebreich, hilfreich, gefällig sich erweisen, ohne dazu verpflichtet zu sein». Oder «dienen aus Unverpflichtung».

Vor gut einem Monat: Charles III. begab sich in die Westminsterabtei, um sich salben und krönen zu lassen. Zu Beginn des Krönungsgottesdienstes erklärte er gegenüber dem jüngsten Chorknaben: «Ich bin gekommen, um zu dienen, nicht, um bedient zu werden.» Im Verlauf des Krönungsrituals wiederholte der König, kniend, das Versprechen zu dienen. Der dienende König? Der königliche Diener. Eine verkehrte Welt? Wem dient Charles III.? Wenn er als formelles Staatsoberhaupt etwas sagt, so hat ihm die Regierung den Text geschrieben. Er ist der Vorleser der Regierung, nicht ihr Vorsager. Also der Diener der Regierung.

«Der Gast ist König» oder «Der Kunde ist König», wir kennen diese Devise. Dahinter steckt ein feudalistisches Denkmodell mit einem Oben und Unten. Wo es einen König gibt, das braucht es Untertanen. Die haben zu dienen. Was aber, wenn sich der König zum Untertanen, zum Diener macht? Show oder Symbol oder Sinnlosigkeit?

Und jetzt kommen die – nicht mehr ganz jungen –Generationen Y und Z und wollen «Wow­Momente on top, so viele wie möglich». Es kommt der erfahrene Tophotelier und anerkannte Leadership­Referent und erachtet das Modell Gast = König als «hochgradig gefährlich». Gegenseitige Wertschätzung auf Augenhöhe. Netzwerke statt Hierarchien. Gelebte Partizipation. Das sind nicht die, sondern bloss einige Herausforderungen der Hotel­ und Hospitality­Branche. Virulent sind sie nicht erst seit gestern. Heute sind sie existenziell.

Beispiele von und Antworten auf die herausfordernden Zeitfragen gibt es in der aktuellen Ausgabe von den Besten und den Jungen, den Erfahrenen und den Einsteigern, den Prominenten und den Schaffern im Hintergrund, den Anpackern und den Konzeptionisten. Eine zielführende Philosophie, um die heutigen Aufgaben zukunftsorientiert zu meistern, findet sich im Titel des Editorials.

3
EDITORIAL

Editorial

3 Mündig dienen

6 Persönlichkeiten

Titelgeschichte

16 Lorenzo und Olivia Studer, Raphael Herzog und viele weitere Preisträger

Karl Wild Hotelrating 2023/24 14

Szene

Politik

56 Nicht mehr, aber auch nicht weniger Geld für den Tourismus

58 Nationalrat macht Pirouette für koordinierten touristischen Verkehr

60 Die Mitarbeitenden «scheinen» lassen

Unternehmen

62 Schlafen: Carpe noctem: Aus wenig viel machen

63 Die volle Aufmerksamkeit der Hotelgäste

64 Next­Generation­Board erfindet die «Romantik» Zukunft neu

67 Der stärkste Tellerschlepper der Zentralschweiz

68 Elektromobilitäts­Kompetenz: Gewinnen Sie eigene Gäste neu und neue Gäste hinzu!

70 Spezialist für Hotel und Gastro Umbau

72 Alles aus einer Hand: beck konzept ag bringt Räume in Form

74 Igeho 2023: Hospitality­Treffpunkt ist auf Kurs

Finanzen

77 Ich suche Geldgeber. Ich möchte finanzieren. Plattform verbindet die beiden ich

78 Nachhaltiges Konzept trifft auf Bergdorf – Chancen und Herausforderungen für den Stoos

4 INHALT 03/2023
26 Auszeichnungen
Hotels der
43 Gratulationen
Vernissage
30 Die 100 besten
Schweiz
Verpflichtung
44 Der Hotelname als
46 1,2 Mio. Übernachtungen: Swiss Deluxe Hotels wieder auf Vor­Corona­Niveau 48 Originell, aber nicht nachhaltig
50 Die «Thurgau Gold» fährt nicht einfach ins Blaue
52 Château Gütsch holt Inspiration vom Wald 53 Kemmeriboden­Bad vor Comeback
54 Gute Arbeitsplätze für Bienen bei Relais & Châteaux
16 130 98

Architektur

84 Das schönste Hotelzimmer der Welt?

86 «Frauenzimmer» im Hotel

88 Kyoto in Kloten – ein Design­Restaurant entsteht

Recht

90 Vorsicht vor «Minusstunden»

Next Generation

92 Mehr Effizienz und Personalisierung: Künstliche Intelligenz für die HospitalityBranche

94 Kleine Einführung ins Revenue­ und ins Yield­Management

96 Die Macht der Preispsychologie in der Hotellerie

Hotelfachschule

98 In zehn Jahren: Angehende Hotelièren und Hoteliers beschreiben ihre berufliche Zukunft

Essen und Trinken

106 Nur wer Kaffee liebt und versteht, kann ihn rösten

108 Nichts ist stärker als das, was wir selbst erleben

110 Alkoholfrei ist cool

112 Der Morgen mit dem unwiderstehlichen Krach: Die Hero Knusper­Müesli!

Hospitality-Summit

114 Hospitality Summit 2023: Grosses Kino und guter, alter Wein in neuen Schläuchen

Vereinigung diplomierter

Hoteliers-Restaurateure VDH

118 Chur, die Bündner Alpenstadt im Scheinwerferlicht der VDH

Sommelierverband Schweiz SVS

122 Selbst ist die Frau: Winzerin Irene Grünenfelder vertraut der Natur

125 Erfolgreicher Guerilla­Kampf der BioRevoluzzer

126 Am Markt

Schluss-Punkt

130 Lukas Meier: «Probleme entstehen nur in unserem Kopf»

5 INHALT 03/2023
14 74 54 52

Michael Engel übernimmt die «Eden»-Küche in Spiez

Der Berner Michael Engel wechselte vom Zwyssighaus in Bauen ins Hotel Eden nach Spiez. Für den neuen Küchenchef des Restaurant Belle Époque ist es ein Heimkommen.

Nach über sechs Jahren im Restaurant Zwyssighaus zieht es Michael Engel wieder zurück in seine Heimat, den Kanton Bern. Vor Kurzem hat der 36 ­Jährige die Küchenleitung des Hotel Eden Spiez übernommen. Zusammen mit seinem Team gestaltet und entwickelt er die Gastronomiekonzepte im Hotel. «Mit Michael Engel haben wir einen leidenschaftlichen Küchenchef mit Handson­Mentalität und einer starken Verbundenheit zur

Region gewonnen», so Patrick Jäger, Direktor im Hotel Eden. Das Vier­Sterne­Superior­Hotel mit seiner grossen idyllischen Parkanlage und dem grandiosen Panoramablick auf Thunersee und Berner Alpen ist so mit dem neuen Küchenchef in der Lage, auf dem Teller mit den einzigartigen Naturschönheiten, die Thunersee und Berner Alpen bieten, zu konkurrieren.

Vom Vierwaldstättersee an den Thunersee

Michael Engel absolvierte seine Lehre zum Koch im Salem­Spital in Bern. Mit dem Ende der Ausbildung verliess er die Care­Gastronomie und ist bis heute der klassischen Gastronomie treu geblieben. In der Schweiz sammelte er erste Erfahrungen in Spitzenrestaurants wie dem Seven im Tessin und bei den bekannten Gastronom Ivo Adams und Martin Bieri. Danach zog es ihn ins Ausland, wo er im Restaurant Aqua in Wolfsburg eine Stage machte. Seine Verbundenheit zur Schweiz zog ihn aber schnell wieder zurück. Ab 2017 wirkte er als Küchenchef im urnerischen Bauen im Zwyssighaus.

Traditionelle Werte in der Küche

«In meiner Küche stehen Schweizer Produkte im Vordergrund. Ich pflege einen engen Kontakt zu meinen Lieferanten, denn ich will jederzeit nachvollziehen können, woher die Produkte stammen, um diese in meine Gerichte einfliessen zu lassen. Eine Küche, die an traditionelle Werte erinnert», so Engel auf die Frage, was seine Küche auszeichne. mm/phg

6 PERSÖNLICHKEITEN
Der neue Küchenchef im Hotel Eden Spiez, Michael Engel, ist in seiner Küche traditionellen Werten verpflichtet.

Hotel ABC Chur gewinnt Studiosus Quality Award D

ie Studiosus Reisen – einer der grössten Kultur­ und Studienreiseveranstalter –vergibt einmal jährlich den Studiosus Quality Award. Von weltweit 2000 Partnerhotels wurden 2022 nur 27 Hotels ausgezeichnet. Es sind jene Hotels, mit denen über 95 Prozent der Studiosus­Reiseteilnehmenden zufrieden waren. In der Schweiz erhielt das Hotel ABC in Chur diese Auszeichnung der obersten Klasse.

Studiosus Managing Director Peter Strub überreichte dem Hotel­ABC­Team die begehrte Trophäe. Die Hoteliers Andrea und Jago Leyssens­Künzli sind überwältigt: «Der Fragenkatalog ist sehr umfangreich, weit grösser als bei einem Online­Feedback. Unser Score ist ausserordentlich hoch, und das Schönste daran: Wenn die anspruchsvollen Gäste, die an Übernachtungen höchste Ansprüche stellen und die ihren Fragebogen sehr genau ausfüllen, uns so hoch bewerten, dürfen wir uns mit Stolz eines der besten Hotels mit ausserordentlichem Qualitätslevel nennen.» Zudem würden die anspruchsvollen Gäste die Nachhaltigkeit und die Regionalität des Hauses sehr schätzen, erläutert Jago Leyssens. mm/phg

Peter Strub (rechts) überreicht Kurt Künzli vom Hotel ABC Chur die Urkunde persönlich.
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Hotel Glacier in Grindelwald steht für Tradition und viel Neues.

Die Frau, die besondere Momente kreiert

Justine Pyott kam als Quereinsteigerin in die Hotellerie. Sie fühlt sich frei, zusammen mit ihrem Mann Jan im Glacier in Grindelwald neue Wege zu gehen.

Christoph Ammann

Als begeisterte Basejumperin schreckt sie vor dem freien Fall nicht zurück. Da passt es, dass sich Justine Pyott zusammen mit ihrem Mann Jan 2018 in die Aufgabe stürzte, das Hotel Glacier in Grindelwald zu eröffnen und als aussergewöhnliches Vier­Sterne­Superior­Haus im Markt zu etablieren. Netz und doppelter Boden? Fehlten weitgehend …

«Wir waren Quereinsteiger. Mein Mann hatte das Wirtepatent gemacht, aber eine Hotelfachschule hatten wir nicht besucht.» Fünf Jahre, die Geburt von Charlie (2) und James (1) und eine Pandemie später: Das Glacier ist so gut gebucht, dass Justine Pyott einen weiteren «sehr herausfordernden Sommer» erwartet.

«Wir bieten unsern Gästen das Besondere und feiern gerne mit ihnen», sagt die 32­Jährige. «Nicht umsonst sind wir sehr erfolgreich im Geschäft mit Geburtstagsfeiern, Hochzeiten und Honeymoons.» ibex fairstay hat das 28­Zimmer­Haus mit der PlatinumAuszeichnung für Nachhaltigkeit geadelt. Die Künste des abgetretenen Küchenchefs Robert Steuri waren

GaultMillau 15 Punkte wert. Mit Paul Cabayé, der sich in Crissier einen Namen gemacht hat, steht ein vielversprechender Nachfolger am Herd.

Von der Eurovision nach Grindelwald

Der Weinkeller ist über die Region hinaus berühmt, die Gästebewertungen lassen keine Zweifel offen. Und all das unter dem Regime von zwei Branchenneulingen. Beide hatten zwar Wirtschaft studiert, mit der Hotellerie sonst aber wenig am Hut gehabt. Der Bieler Jan Pyott war Profitriathlet, Justine, gebürtige Französin, arbeitete bei der Eurovision in Genf. 2009 kam sie erstmals nach Grindelwald, ab 2010 weilte sie regelmässig zum Basejumping im Lauterbrunnental.

«Ich spürte bald: Hier will ich bleiben», sagt die Vielbeschäftigte. Ab 2012 war Justine bei Mürren Tourismus und bei Grindelwald Tourismus tätig. «Dank meinem Job als Verantwortliche für Sport und Events knüpfte ich ein Netzwerk im Berner Oberland, das mir den Einstieg ins Hotelgeschäft erleichterte.»

Die Pyotts haben das renovierungsbedürftige Glacier gekauft und nach allen Regeln der Kunst umgestaltet. «Klein und fein», nennt Justine Pyott ihr Bijou.

8 PERSÖNLICHKEITEN

Im Boutique­Hotel ist die Aufgabenteilung beim Chefehepaar relativ klassisch. Er ist für F&B, den Weinkeller und den Unterhalt und die Technik zuständig, sie für das HR, das Marketing und die schönen Dinge. «Ich bin zwar selber nicht sehr kreativ, habe aber ein gewisses Faible für Design und Inneneinrichtung. Und mir gefällt es, für die Gäste unvergessliche Momente zu schaffen», sagt Justine Pyott.

Frühstücken im Whirlpool, Eiger inbegriffen

Im vergangenen Jahr stattete man im Glacier die Terrassen von fünf Suiten mit Whirlpools aus. «Floating Breakfast» heisst der besondere Moment, wenn zwei Verliebte im Sprudelwasser sitzen, vor sich ein schwimmendes Brett mit dem Frühstück. «Natürlich ist der freie Blick auf den Eiger im Package inbegriffen», schmunzelt Justine.

Hand aufs Herz: Wie kam sie, die mittlerweile gut Deutsch (mit niedlicher Schwiizerdütsch­Färbung) spricht, bei der Crew an? «Oh, einige ältere Mitarbeitende hatten zu Beginn etwas Mühe mit meinem Führungsstil», sagt die Hotelière. «Respekt und Kommunikation sind für uns das Wichtigste, intern und im Umgang mit den Gästen.» Sie selber führe mit

Empathie, überlasse den Mitarbeitenden Verantwortung und eine gewisse Freiheit. «Bei uns läuft es ein wenig anders als in einem über Jahrzehnte gewachsenen Betrieb. Wir hatten den Vorteil, auf keinerlei Strukturen Rücksicht nehmen zu müssen.»

Potenzial noch nicht ausgeschöpft

Ob «Glacier», «Bergwelt» oder «Fiescherblick»: In Grindelwald hat sich viel getan in der Hotellerie. «Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft», glaubt Justine Pyott. «Die Betriebe beflügeln sich gegenseitig, das macht die Destination stark.» Jan und Justine basteln munter mit an der Grindelwaldner Hotelzukunft: Bis 2025 wollen sie ihr zweites Haus eröffnen: Das «Grindelhuus» wird den Wald und die Farbe Grün zelebrieren. Im Glacier, nomen est omen, sind es das ewige Eis und die passende Farbe Blau.

Weitere intensive Jahre kommen auf die Mutter und Hotelière Justine zu. «Wir arbeiten hart und mit Herzblut», sagt die Frau, die eigentlich nur eins bedauert: Dass sie keine Zeit mehr hat, der Leidenschaft früherer Jahre zu frönen, dem Fallschirmspringen.

9 PERSÖNLICHKEITEN
Justine Pyott mag keine ausgetretenen Pfade. Beine hochlagern und den Ausblick geniessen.

«Der Living Circle geht einen neuen Weg»

General Manager im Grand Resort Bad Ragaz ist einer der angesehensten Jobs in der europäischen Luxushotellerie. Was gab den Ausschlag für Ihren Wechsel?

Bad Ragaz war und ist für mich mehr als nur ein Job. Ich bin hier aufgewachsen und habe über die letzten sieben Jahre meine ganze Leidenschaft in diesen Betrieb gesteckt. Ich wusste immer, dass es schwierig sein würde, einen Job «nach Bad Ragaz» zu finden. Die neue Aufgabe als CEO beim Living Circle hat mich innerlich aber genau angesprochen. Diese Herausforderung passt wunderbar zu meinen Interessen und Passionen. Ich sehe ein enormes Potenzial in der Gruppe mit ihren Menschen und bin überzeugt, dass die Symbiose von Nachhaltigkeit, eigener Produktion und Luxushotellerie zukunftsweisend sein wird.

Dennoch dürfte Ihnen der Entscheid nicht leichtgefallen sein.

So ist es. Ein derartiger Entscheid ist nie einfach. Die Menschen und der Betrieb wachsen einem über die Jahre ans Herz. Wir konnten gemeinsam sehr viele Erfolge feiern und Unmögliches möglich machen. Aber das Grand Resort ist heute besser aufgestellt denn je. Und bekanntlich ist das der richtige Zeitpunkt, um Platz zu machen für neue kreative Köpfe, die das Resort genauso lieben wie ich und es in die Zukunft begleiten.

Wie haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Entscheid reagiert?

Es kam für viele sehr überraschend und hat das Team im ersten Moment getroffen. Nach einer gewissen Zeit konnten aber alle verstehen, dass sich mir eine tolle Möglichkeit zur Weiterentwicklung geboten hat.

Was waren die Highlights in Ihren sieben Jahren in Bad Ragaz?

Die Transformation und Repositionierung der Häuser ist sehr gelungen. Wir konnten das Resort durch kluge und punktuelle Investitionen besser durchmischen und ein zeitgemässes Angebot für alle Altersgruppen

schaffen. Die Hotels sind in einem Topzustand. Sie sind renoviert und in den gewünschten Zielmärkten positioniert. Es wurde eine Kinderwelt geschaffen, die nicht bloss den Jüngsten, sondern auch den Eltern viel bietet. Unsere Kernkompetenz, die Rehabilitation, konnte erhalten und durch präventive, zeitgemässe Medizinprogramme ergänzt werden. Auf diese Weise macht Rehabilitation nicht nur Spass, sondern bringt einen auch spürbar weiter. Dazu haben wir ein kulinarisches Angebot geschaffen, das in Europa einmalig ist und uns zahlreiche neue Gäste gebracht hat.

Welches waren die grössten Herausforderungen?

Die grössten Veränderungen sind in den Jahren 2018 und 2019 passiert. Wir haben strukturelle Anpassungen in den Gebäuden vorgenommen, um die Zusammenlegung der Häuser zu ermöglichen. Zum einen haben wir neue Lifte in das Grand Hotel Hof eingebaut, damit man die Häuser Quellenhof und Hof Ragaz ebenerdig erreichen kann. Das traditionelle Kino und die Kegelbahn wurden durch einen Kinderspa ersetzt, um ein erweitertes Angebot für Familien und damit auch eine bessere Aufteilung von verschiedenen Zielgruppen zu schaffen. Dann kam der grosse Umbau vom Grand Hotel Quellenhof mit den neuen Restaurantangeboten. Wir haben uns auch entschieden, die beiden Rezeptionen von Grand Hotel Hof und Grand Hotel Quellenhof mit den jeweiligen Vorfahrten zusammenzulegen. Das war ungemein wichtig, um als Resort wahrgenommen zu werden. Die Schaffung einer einzigen Anlaufstelle für die verschiedenen Häuser scheint heute logisch, war aber damals nicht leicht umzusetzen. Beide Hotels hatten ihre eigene Identität und Gästestruktur. Das hat bei unseren Stammgästen für viel Erklärungsbedarf gesorgt, wird mittlerweile aber als sehr positiv wahrgenommen.

Wie kann sich ein Resort wie Bad Ragaz noch weiterentwickeln?

Wir haben zusammen mit dem Verwaltungsrat die Destinationsstrategie ins Auge gefasst. Eine Trans­

10 PERSÖNLICHKEITEN

formation ähnlich wie bei den Grand Hotels, die jedoch alle Leuchttürme im Grand Resort zusammenführen und weiterentwickeln soll. Ziel ist es, die Einzigartigkeit dieses Ortes zu unterstreichen. Das Resort ist perfekt angebunden, die Natur ist intakt und man hat ein unglaubliches medizinisches Know­how im Haus. Dieses kann, gepaart mit dem blauen Gold, dem Thermalwasser, die Megatrends von heute und morgen abdecken und sie vor allem antizipieren. Kurz: Der Badeort Bad Ragaz soll an seine glorreichen Zeiten anknüpfen und sich wieder als die Wellnessdestination Europas etablieren.

Wo sehen Sie die grössten und interessantesten Herausforderungen in Ihrer neuen Funktion beim Living Circle?

Der Living Circle geht einen neuen Weg, indem er den Luxus von morgen anders interpretiert. Die einzigartige Natur und deren Menschen und Produkte werden in den Luxusgedanken eingebunden. Eine der grössten Herausforderungen wird sicher sein, die Nachhaltigkeit ins Zentrum jeglichen Tuns zu rücken und damit Orte zu schaffen, die unseren stetig wandelnden Werten gerecht werden. Wir möchten eine Hotellerie, die den Generationen der Zukunft Freude bereitet.

Marco R. Zanolari

Der gebürtige Churer Marco R. Zanolari besuchte die Hotelfachschule

Lausanne und war während 15 Jahren in Luxushäusern in Europa, in Asien, im Mittleren Osten und in den USA tätig. Vor sieben Jahren wurde er General Manager im Grand Resort Bad Ragaz und ist seit einem Jahr auch Vorsitzender der Geschäftsleitung. Zanolari machte das Resort fit für die Zukunft, setzte die vielen anspruchsvollen Projekte hervorragend um, war trotz Pandemie auch wirtschaftlich höchst erfolgreich und zählt heute zu den absoluten Stars der Schweizer Spitzenhotellerie. Ab August wird

Zanolari CEO der Luxusgruppe Living Circle mit den Luxushäusern Castello del Sole, Widder, Storchen und Alex Lake Zürich, drei landwirtschaftlichen Betrieben, einem Restaurant und einem Rustico. Seine neue operative Aufgabe gilt als die bedeutendste und angesehenste in der Schweizer Hotellerie.

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Neue Führungsspitze im Grand Resort Bad Ragaz

Milos Colovic, gebürtig aus dem westfälischen Hamm, hat kürzlich die Aufgabe des General Manager Grand Hotels übernommen. Er zeichnet seit April für die Hotels des gesamten Resorts verantwortlich. Er ist bereits seit 2018 für die Grand Hotels tätig. Ab Spätsommer erhält das Executive Team mit Nadine Wächter einen neuen Executive Chef. Sie folgt auf Renato Wüst, der nach 45 Jahren im Grand Resort Bad Ragaz in den Ruhestand tritt.

Milos Colovic ist bereits seit 2018 für die Grand Resort Bad Ragaz AG tätig, zunächst als Vizedirektor Grand Hotels – Executive Assistant Manager Rooms Division und seit November 2020 als Hotelmanager Grand Hotels. In der neuen Position als General Manager Grand Hotels ist der 37­Jährige Mitglied der Geschäftsleitung. Er folgt auf Marco R. Zanolari, der Ende Juli 2023 das Unternehmen verlässt.

Kraftort mit Teamspirit

Milos Colovic studierte an der International School of Management in Dortmund und sammelte umfassende Hotellerieerfahrung in Deutschland, Österreich und der Schweiz (v. a. Kempinski Hotels). Das Grand Resort Bad Ragaz sieht er seit seinem Start als Kraftort an, mit dem er wachsen will. «Es freut mich sehr, dass meine Reise im fünften Jahr nun mit der Position des General Manager Grand Hotels noch einmal neue Herausforderungen mit sich bringt, neue Chancen und Möglichkeiten.» Colovic will an die Erfolge und das Mindset von Marco Zanolari anknüpfen. Besonders beeindruckt zeigt er sich vom «unglaublich inspirierenden und verbindenden Teamspirit», den Zanolari geschaffen habe und nun hinterlasse.

Starke weibliche Führungsriege

Ab Spätsommer folgt Nadine Wächter als erster Executive Chef eines Fünf­Sterne­

Hauses in der Schweiz auf Renato Wüst. Er startete 1978 als Commis de Cuisine im damaligen Hof Ragaz und übergibt ruhestandsbedingt den Posten des Executive Chef an Wächter.

Die erfahrene und für ihre Kreativität bekannte gebürtige Schweizerin ergänzt damit die bereits starke weibliche Führungsriege im Unternehmen. 40 Prozent der Kaderpositionen im Grand Resort sind mit Frauen besetzt, darunter Daria Peters als Director of Rooms, Sandra Buschmann in der Position des Director of Housekeeping und Amanda Lea Richter, Director of Food and Beverage sowie Budget­ und Lagerverwaltung.

Von Singapur nach Bad Ragaz

Die 45­jährige Nadine Wächter bringt viel Gourmeterfahrung mit. In ihrer aktuellen Tätigkeit als Executive Chef im Andaz in Singapur leitet sie vier Restaurants mit insgesamt 70 Köchen. In Bad Ragaz wird es eine Brigade von rund 80 Köchen in sieben Restaurants sein. Vor Singapur führte sie ihre berufliche Laufbahn um die halbe Welt. Den grössten Reiz der neuen Aufgabe sieht sie in der Weiterentwicklung und Transformation des Unternehmens und der Branche. «Es gibt immer etwas Neues, mit dem man arbeiten kann – seien es neue Talente, Produkte oder kulinarische Techniken aus verschiedenen Ländern und Kulturen», beschreibt Wächter die Herausforderungen zurück in der Schweiz. mm/phg

12 PERSÖNLICHKEITEN
Milos Colovic, General Manager (oben), Nadine Wächter, Executive Chef (unten).

Was macht eigentlich …

Maria Büeler Zischler

Mehr als zehn Jahre lang war sie als Marketing-, PR- und Event-Verantwortliche die wichtigste Stütze von Fritz Erni im Luzerner Hotel Montana. Und Erni, der mit dem Montana ein Hotelwunder geschaffen hat, schwärmt bis heute von Maria Büeler Zischler, die er auch mal als Genie bezeichnete. Nach der grossen Zeit am Vierwaldstättersee erfüllte sich die Absolventin der Hotelfachschule Luzern den Traum, ein eigenes Hotel zu führen. Sie wurde Direktorin im exklusiven Alden Hotel Splügenschloss, dem kleinsten Fünf-Sterne-Haus in Zürich. Nie hätte sie sich vorstellen können, die Hotellerie einmal zu verlassen. Bis eines Tages ein Headhunter auf sie zukam und ihr vom Schmuck- und Uhrenunternehmen Cartier erzählte. Es sei ein Angebot auf dem Silbertablett gewesen, sagt Maria Büeler Zischler. Und weil sie schon mehr als 20 Jahre in der Hotellerie tätig war, dachte sie, sie könnte es doch eigentlich mal probieren.

Acht Jahre war sie dann Boutique Manager bei Cartier in Luzern, zwei Jahre in Wien. Weil ihre grossen Stärken im Verkauf liegen und das Administrative immer mehr Zeit in Anspruch nahm, entschloss sie sich im vergangenen April für einen Wechsel.

Als Privat Client Manager beim CartierKonkurrenten Bucherer kann sie sich nun voll auf Kundinnen und Kunden konzentrieren, die sich für hochwertigen Schmuck interessieren und eine persönliche Ansprechperson wünschen.

Meist ist sie jetzt an der Zürcher Bahnhofstrasse anzutreffen, aber nicht nur: Die fünfsprachige Maria Büeler Zischler berät Kundinnen und Kunden in allen Städten Europas mit Bucherer-

Juweliergeschäften. Und falls jemand eine Beratung in seinen privaten Räumlichkeiten wünscht, ist das selbstverständlich auch möglich.

Das Schöne an der Schmuckbranche seien die Emotionen, sagt Maria Büeler Zischler. Dass man die schönen Momente der Kunden miterleben kann. Von der Verlobung über den runden Geburtstag und den Hochzeitstag bis zum beruflichen Highlight. «Es ist Luxus pur.» Von ihren Erfahrungen in der Hotelbranche hat sie dabei enorm profitiert. In Sachen Service-Excellence, Hospitality und Kundenverblüffung sei man in der Hotellerie schon vor zehn Jahren weit gewesen, sagt sie und erinnert sich: «Im Montana Luzern hatten wir sogar ein eigenes Kundenverblüffungskonzept entwickelt.»

Die Hotellerie ist ihre Lieblingsbranche geblieben. Mit Fritz Erni, aber auch mit andern ehemaligen Montana-Leuten tauscht sie sich regelmässig aus. Ebenso mit der Hotelexpertin und Unternehmensberaterin Rena Stutz. Von ihr wurde sie nach der Hotelfachschule in Sales und Marketing gecoacht, woraus eine Freundschaft entstanden ist. Und natürlich freut sie sich auf das Wiedersehen mit ehemaligen Kollegen aus der Hotellerie, die ebenfalls die Branche gewechselt haben. Mit Franz Reichholf zum Beispiel, dem früheren General Manager des Giardino Ascona. Er ist heute Chef von Bucherer Lugano. Und ihr Herz schlägt weiterhin für schöne Hotels, wobei diese nicht zwangsläufig fünf Sterne haben müssen. In Wien hat sie immer wieder einfachere, aber tolle Häuser entdeckt: «Das Josefine oder das Motto etwa – und deren Bars.»

13 PERSÖNLICHKEITEN

«100 Beste Hotels» feierten die Besten bei einem der Besten im Dolder

DWho’s who der Schweizer Hotellerie feierte die 100 besten Hotels und Hoteliers für das Jahr 2023/2024 am 22. Mai, dem gefühlt ersten richtigen Frühlingsabend im The Dolder Grand Zürich. Ausgezeichnet wurden auch der Koch, der Concierge, der Newcomer, die Aussteigerin und der Aufsteiger des Jahres. Gemeinsam mit ihren Teams tragen auch sie für ihre Gäste tagtäglich zum Gesamtkunstwerk Hotel bei. Vor 160 Gästen übergab Karl Wild die begehrten Urkunden seines 27. Hotelratings sowie den Livetime­Award. Das Expertenteam mit

Karl Wild hat erneut die Tophäuser in der Schweiz besucht, sie nach einheitlichen Kriterien klassiert und kompetent beschrieben.

Der feierlich­fröhliche Anlass in Zürich bot die Chance zum lockeren Austausch unter Freunden und Kollegen. Und wie immer bei diesem Anlass, gehen viele mit neuen Ideen, neuen Projekten oder den Anfängen von neuen unternehmerischen Kooperationen nach Hause. Mit anderen Worten: Der Bestseller «100 Beste Hotels», den der Weber Verlag seit über einem Jahrzehnt herausgibt, beschreibt zwar die Top­Qualität der Hotels hier und jetzt; die Vernissage aber ist viel mehr als ein Status quo­Event. Sie ist häufig der Startpunkt für Neues und auch deshalb das Must der HotelBranche. phg

Unter der Leitung von Hilmar

Gernet diskutierten Andreas

Züllig, Ariane Ehrat, Tanja

Wegmann und Jean-Jacques

Gauer. Rechts: Mike Wehrle, Koch des Jahres, nimmt von Karl Wild den Award entgegen.

14 KARL WILD HOTELRATING VERNISSAGE

Genossen den Apéro riche und die guten Gespräche (von links): Direktionsehepaar Michael und Marlies Gehring und Martin Barth.

Freuen sich über den Titel Hotel des Jahres (von links): Irene, Ruedi, Lorenzo und Olivia Studer (zweite von rechts) mit Ruth und Karl Wild. Unten: Raphael Herzog, Hotelier des Jahres, beim TV-Interview. KochIkone Irma Dütsch.

15 KARL WILD HOTELRATING VERNISSAGE
Diskutieren die Ergebnisse (von links): Alfredo Coccia und Alessandro Ambrosoli.

Lorenzo und Olivia Studer sind mit dem Hotel des Jahres auf Höhenflug

TITELGESCHICHTE

«Y NOT?» Das Riposo, eine gekonnte Grat wanderung zwischen Design, Farben und Kunst.

Immer samstags herrscht im Innenhof mehr «Casino» als «Riposo», wenn Olivia & The Funcats zum Tanz einladen.

18 TITELGESCHICHTE

Seit 27 Jahren wird das grosse Schweizer Hotelrating in der «SonntagsZeitung» veröffentlicht. Unter dem Titel «Die 100 besten Hotels der Schweiz» wurde es soeben zum elften Mal auch in Buchform präsentiert. Und alle, alle kamen zum Branchenanlass der Superlative ins Zürcher Luxushaus The Dolder Grand. Hotel des Jahres ist das Art Hotel Riposo von Olivia und Lorenzo Studer und ihren Eltern. Hotelier des Jahres ist Raphael Herzog, elf weitere Gewinner wurden ebenfalls ausgezeichnet. Ein grosser Sieger ist auch die Schweizer Hotellerie.

In den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg war Ascona ein unvergleichlicher Schmelztiegel von schillernden Zeitgenossen, wie man das seither nicht mehr gesehen hat. Der malerische Ort am Lago Maggiore zog Menschen jeglicher Art magisch an: depressive Millionäre, schwerreiche Kunstliebhaber, Morphinisten, geniale Ärzte, Theosophen, Anarchisten, Schriftsteller, Dichter, Künstler, Bildhauer, Maler, Astrologen, Gesundbeter, Glücksritter, Maler, Musiker, Hochstapler, Heiratsschwindler und was es sonst noch so gibt. Und alle trafen sich im Verbano an der Via Borgo.

Das Verbano war mehr als ein Café, es war Kult. Mittendrin: Erich Maria Remarque, der dank seinem grandiosen Antikriegsroman «Im Westen nichts Neues» bereits weltberühmt war und 1931 in Ronco sopra Ascona eine Villa gekauft hatte. Vor dem Ausbruch des Krieges 1939 zog er in die USA. 1955 kehrte er nach Ronco zurück und heiratete die US­Schauspielerin Paulette Goddard, die Ex­Frau von Charlie Chaplin.

Eine Bruchbude, die keiner wollte

Im Verbano wurde er nicht mehr gesehen. Dafür entstand im selben Jahr ein paar Steinwürfe entfernt etwas Neues, das den Kultstatus des Verbano erreichen sollte. In einem schmalen Seitengässchen der Via Borgo hatte die Familie Studer aus Winterthur das einzige Objekt erworben, das zum Verkauf stand: eine marode Herberge, in die sich schon lange kein Gast mehr verirrt hatte. Mit harter Arbeit hielt man sich während der ersten Jahre einigermassen über Wasser. Sohn Ruedi heiratete Sekretärin Irene. Die beiden arbeiteten mit derselben Zähigkeit weiter, steckten jeden verdienten Franken wieder ins Hotel und plötzlich war das Riposo eines der schönsten Drei­SterneHotels im Land.

Es kam die dritte Generation. Olivia und der drei Jahre jüngere Lorenzo verbrachten schon als Kleinkinder viel Zeit im Hotel und mit den Gästen. Hatte die Mutter während der Vorbereitungen auf die neue Saison mal Stress und keine Zeit zum Kochen, gingen sie zusammen für ein Schnitzel ins – Verbano, von dessen einstigem Glanz nichts mehr übrig geblieben war.

19 TITELGESCHICHTE
Pasta ist Leben, und jeden Tag wird sie frisch für den Abend zubereitet.

Unzertrennliche Geschwister

Für Olivia war schon nach dem Handelsdiplom klar, dass sie als Gastgeberin und Front Office Manager im Hotel arbeiten würde. Lorenzo nahm den Umweg über ein abgebrochenes Wirtschaftsstudium an der Uni Lausanne, besuchte die Hotelfachschule Luzern und stieg ebenfalls ein. Er kümmert sich um Human Resources, Gastronomie und bauliche Aktivitäten. «Olivia und ich waren schon immer unzertrennlich», sagt Lorenzo.

Und sie hatten auch immer die gleichen Interessen. Schon als Kleinkinder gab es bei ihnen keine Puppen oder Stofftierchen, sondern hauptsächlich Modellautos. Das vereint sie, neben der Musik natürlich, bis heute. Wann immer möglich besuchen sie OldtimerEvents wie das internationale Bergrennen Arosa ClassicCar oder die historische Rallye Targa Florio. «So war es für uns selbstverständlich, dass wir den Betrieb, sollten wir uns für die Hotellerie entscheiden, einmal gemeinsam führen würden», sagt Lorenzo.

Die Eltern als Vorbilder

Und wie sie ihn seit zehn Jahren führen! Von der Mutter haben sie gelernt, die Gäste zu verstehen und deren Wünsche zu erfüllen. Sie brachte ihnen bei, wie wichtig die Details sind, die Bedeutung von Design, Farben, Stoffen und Materialien. Der Vater hat sie gelernt, Lösungen zu finden. Selber anzupacken, wenn eine Wand rausgerissen werden musste oder eine Leitung geplatzt war. Jahrelang hatte er den Umbau von einfacheren Zimmern zu schönen Doppelzimmern selbst projektiert den Baufirmen die Vorgaben gemacht. Lorenzo tut es ihm heute gleich Die Studers sind ihre eigenen Innenarchitekten. Auch die besten Designer könnten es nicht besser. «Dass die Gäste jede Veränderung bemerken und sich auch über das kleinste neue Detail freuen, ist für uns Motivation pur», sagt Lorenzo.

Die Eltern, ihre erklärten Vorbilder, arbeiten auch weiterhin mit. Mama kümmert sich um die prächtigen Blumendekorationen und pflegt leidenschaftlich den Kräutergarten. Papa ist jederzeit mit Rat und Tat zur Stelle und sitzt an den berühmten Jazzkonzerten am Samstagabend am Piano. Olivia singt, Lorenzo spielt

Tenorsaxofon, und unterstützt wird die Familie von Profimusikern. Die Konzerte im verträumten Innenhof sind legendär. Die begnadete Jazz­ und Bluessängerin Olivia ist auch Teil der Ascona Big Band und tritt mit ihrer Band Olivia & The Funcats alljährlich am JazzAscona­Festival auf.

«Nie aufhören zu träumen»

Mit den Eltern im Rücken haben Lorenzo und Olivia das Riposo mitten im autofreien Dorf kontinuierlich

20 TITELGESCHICHTE
Das Leben ist manchmal grau genug, es lebe Farbe.
21 TITELGESCHICHTE
«Soigner les details» hat Mamma Studer immer gesagt.
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«il dolce far niente»

weiterentwickelt. Jahr für Jahr wird gegen eine halbe Million Franken investiert. Vor fünf Jahren kam der vierte Stern, die Auslastung lag während der vergangenen vier Saisons bei über 90 Prozent – und das Riposo war noch nie so schön wie heute. Kunst, Keramik, Töpfereien und Gemälde, wo man hinschaut. Das Ambiente im liebevoll bepflanzten Innenhof ist einzigartig, der Blick von der prächtigen PanoramaDachterrasse mit Pool über die Dächer von Ascona ist spektakulär, die in den Fels gehauene Weinbar Cantinaccio ist eine Wucht, und die Leute, die hier arbeiten, sind es erst recht.

Wie kann man ein derartiges Bijou noch schöner und attraktiver machen? «Man soll nie aufhören zu träumen», sagt Lorenzo. «Wenn wir eines Tages glauben, nichts mehr verbessern zu können, ist es Zeit, dass die nächste Generation neue Träume verwirklicht.» Bis dahin bleibt noch etwas Zeit. Lorenzo hat zwei kleine Buben, Olivia ein einjähriges Mädchen.

Wo Ascona am schönsten ist

Die Kleinen werden nicht mehr ins Verbano zum Schnitzelessen gehen, wenn die Eltern mal unabkömmlich sind. Das Lokal mit der unglaublichen Geschichte wurde 2008 still und leise geschlossen. Der Unternehmer Stefan Breuer baute es erst ins Seven Asia um, heute ist dort eine Kaschmir­Boutique. Nur der unauffällig angebrachte Name des Hauses erinnert an die grosse Vergangenheit: Casa Verbano.

Überhaupt hat sich mit dem Aufkommen des Massentourismus vieles verändert in Ascona. Doch wenn die Touristen weg sind, kehrt die Seele zurück in die engen Gassen und Winkel des Dörfchens. Und Remarque, der 1970 starb und auf dem Friedhof von Ronco beigesetzt wurde, wäre heute wohl dort anzutreffen, wo Ascona so faszinierend ist wie einst: im Riposo.

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Zwischen Qumquatbäumchen und Lavendelsträuchen den Alltag vergessen. «Il giardino urbano» inmitten der kleinen Altstadt von Ascona ein kleines grünes Paradies.

Raphael Herzog: das Wunder vom Vierwaldstättersee

Wenn Lorenzo und Olivia Studer erfolgreiche und charismatische Gastgeber aus Leidenschaft sind, so gilt das genauso für Raphael Herzog (Titelgeschichte «Hotelière» Nr. 2/23). Der Hotelier des Jahres stammt eigentlich aus der Luxushotellerie. Nachdem er die Hotelfachschule Luzern besucht hatte, arbeitete er in Kapstadt und Los Angeles, ehe es ihn wieder in Tophotels in den Schweizer Bergen zog. Als er sich vor fünf Jahren entschied, das Vier­Sterne­Haus Vitznauerhof zu übernehmen, warnten ihn manche. Ein Himmelfahrtskommando sei das, hiess es. Ein hoffnungsloser Fall. Doch die Herausforderung reizte ihn. Er machte sich an die Arbeit. Und wie.

Lehrreiche Jahre im Zirkus

Dabei kam ihm zugute, dass er in jungen Jahren im Circus Monti gearbeitet hatte. Der Direktor hatte ihm damals nach seiner Bewerbung gleich einen Job als Werbeleiter angeboten, und so reiste Herzog im rollenden Büro zwei Jahre lang mit dem Zirkus durchs Land. Eine Saison dauerte im Zirkus acht Monate. An 50 verschiedenen Orten wurden 300 Vorstellungen gegeben. Der Auf­ und Abbau bei jedem Wetter stellte höchste Anforderungen. Freizeit gab es kaum, Ferien schon gar nicht, und die Tage waren lang. Für Herzog aber war es «eine der besten Zeiten meines Lebens».

Interessante Parallelen

Im Zirkus lernte er, auf engstem Raum mit einem Team zusammenzuleben und zu arbeiten. Weil auf der Tournee kein Ort und Platz dem andern glich, gab es ständig neue Überraschungen und Herausforderungen. «Im Showbusiness heisst es, Vorhang auf und ‹the show must go on›, egal was passiert», lernte er.

Diese Erfahrung sei gerade während der beiden vergangenen Jahre im Vitznauerhof äusserst hilfreich gewesen, sagt Herzog. Zwischen dem Zirkus und der Hotellerie sieht er mancherlei Parallelen. Vor allem haben beide zum Ziel, dem Gast ein einmaliges Erlebnis zu bieten, ihn den Alltag vergessen lassen.

Ein Erfolg jagt den andern Zusammen mit einem jungen, aufgestellten Team setzte er im Vitznauerhof voll auf Lebensfreude, auf Romantik, Kulinarik und Events. Ibiza­Feeling war angesagt im «Lifestyle Hideaway at the Lake». Und plötzlich begann das kleine Paradies am romantischen Ufer des Vierwaldstättersees mit seinen uralten Büschen und Bäumen zu beben. Das historische Schlösschen verwandelte sich in ein blühendes Hotel mit mediterranem Flair. Seither jagt ein Erfolg den andern. Und das bis zum 31. Dezember, wenn die Saison jeweils mit einer rauschenden Silvesterparty gekrönt wird.

Raphael Herzog hat gezeigt, was aus einem todgeweihten Hotel zu machen ist, wenn man es richtig macht. Die Auszeichnung als Hotelier des Jahres ist der verdiente Lohn.

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Im Vitznauerhof lädt der Hotelier des Jahres ein. Raphael Herzog, Hotelier des Jahres.

Das sind die sechs weiteren Award-Gewinner

An der grossen Branchenfeier im The Dolder Grand wurden neben dem Hotel des Jahres und dem Hotelier des Jahres sechs weitere Persönlichkeiten für ihre herausragenden Leistungen ausgezeichnet.

Koch des Jahres: Mike Wehrle

Der im Schwarzwald aufgewachsene Mike Wehrle lernte Koch und trat vor über einem Vierteljahrhundert eine erste Stelle im Victoria­Jungfrau in Interlaken an. Dann startete er seine grosse Reise. Für die Peninsula­Gruppe stand er in Bangkok, Manila und Chicago am Herd und erwarb zwischendurch an der Cornell University das Master Certificate in Hospitality Management. Vor sechs Jahren folgte er dem Ruf des neu eröffneten Bürgenstock Resort. Als Culinary Director übernahm er die Verantwortung für sieben Restaurants und begeistert die Gäste seither mit französischer, asiatischer und Schweizer Küche. Doch es ging noch weiter bergauf. Seit dem vergangenen Jahr führt Mike Wehrle die gesamte Gastronomie der Bürgenstock Collection, zu der auch die Luxushäuser Schweizerhof in Bern und Royal Savoy in Lausanne zählen. Ausserdem ist er für die Förderung junger Talente zuständig. Unter dem Titel «Seven Kitchens» hat der ebenso charismatische wie bescheidene Koch des Jahres unlängst sein erstes Kochbuch präsentiert. Es ist das Werk eines wahren Grossmeisters.

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Concierge des Jahres: Teodora Moncea

In Cluj, der Kreishauptstadt der rumänischen Region Siebenbürgen, schloss Teodora Moncea das Gymnasium mit Bestnoten ab. Das berechtigte sie, kostenlos an der renommierten Babes­Bolyai­Universität, einer international angesehenen Hochschule, Public Relations und Image Management zu studieren. Einmal besuchte sie eine Bekannte in Italien. Deren Onkel war Concierge und fragte sie, ob sie nicht aushelfen wolle. Sie begann an der Rezeption, verblüffte die Gäste rasch mit raffinierten Tipps und Tricks – und war plötzlich selbst Concierge. Dass sie es geblieben ist, bezeichnet sie als beste Entscheidung ihres Lebens. Glücklich darüber war man dann auch in den Luxushotels in Rom, wo sie arbeitete. Danach wechselte sie nach St. Moritz. Zuerst ins Kempinski, vor vier Jahren ins Kulm. Jetzt ist Kulm­Chef Heinz Hunkeler der Glückliche. Er bezeichnet die junge Frau, die sieben Sprachen spricht, als wahre Perle, dynamisch, kreativ, charmant und fröhlich. Für die vielen Gäste, denen sie schon geholfen oder ultimative Tipps gegeben hat, ist sie ganz einfach ein Schatz.

Aufsteiger des Jahres:

Christian von Rechenberg

Andrea Kracht, Besitzer des Baur au Lac, hat ein goldenes Händchen, wenn es um die Führung seines weltberühmten Luxushotels geht. Nachdem Wilhelm Luxem den Palast fast ein Jahrzehnt exzellent gesteuert und sich dann zur Ruhe gesetzt hatte, landete Kracht im vergangenen Jahr mit Christian von Rechenberg erneut einen Volltreffer. Ein Unbekannter war der am Zürichsee aufgewachsene Luxem­Nachfolger freilich nicht. Christian von Rechenberg hatte im Baur au Lac nämlich vor über 20 Jahren als Praktikant seine Karriere gestartet und sich dabei sowohl ins Hotel wie auch in die Hotellerie verliebt. Dann folgte der für Tophoteliers klassische Aufstieg. Er besuchte die Hotelfachschule in Lausanne, sammelte Erfahrungen in Weltklassehäusern in London, Hongkong und New York und kehrte vor bald fünf Jahren als Deputy General Manager ins Baur au Lac zurück. Dort, wo alles begann, überzeugte er glattweg alle als Gastgeber, Motivator und Teamplayer mit Gespür für Innovationen. Dass er, der Praktikant von einst, das Baur au Lac nun in die Zukunft führt, hat durchaus märchenhafte Züge.

27 100 BESTE HOTELS AUSZEICHNUNGEN

Newcomer des Jahres: Christian Wildhaber

Rund 100 Millionen Franken hat der chinesische Investor Yunfeng Gao in Luzerns Hotelikone aus dem Jahr 1906 investiert. Im vergangenen September konnte das Palace als Mandarin Oriental Palace, Luzern endlich wiedereröffnet werden. General Manager Christian Wildhaber hatte schon die ganze dreijährige Renovationszeit und das Rebranding begleitet. Es war eine Herkulesaufgabe, die an Stress und stets neuen Herausforderungen kaum zu überbieten ist. Dass er den Überblick nie verlor, ist beachtlich, aber nicht erstaunlich. Denn der in Montreux aufgewachsene Hotelier, ein gelernter Koch, hat Herausforderungen immer geliebt. Entsprechend spannend verlief seine Karriere in berühmten Hotels vor allem in Asien, aber auch in Sydney, Marrakesch und Dubai. Zuletzt führte er das Mandarin Oriental im chinesischen Guangzhou. Der Wechsel ins vergleichbar beschauliche Luzern verlief für ihn absolut problemlos. Der Newcomer des Jahres hat jetzt bloss ein Ziel: Das neue Palace soll in seinem ersten Sommer voll durchstarten und endlich wieder Gäste aus aller Welt begeistern.

Aussteigerin des Jahres:

Tanja Wegmann

Zweimal war Tanja Wegmann General Manager im Les Trois Rois, der Basler Topadresse der Luxushotellerie. Dazwischen wechselte sie zu Bucherer in die Uhren­ und Schmuckbranche und führte zuletzt die Geschäfte der Luxusuhrenmarke Hublot in Zentraleuropa. Vor fünf Jahren kehrte die «Königin im Palast am Rhein», wie sie genannt wurde, wieder ins Trois Rois zurück. Jetzt aber ist Schluss. Tanja Wegmann hat ein neues Kapitel in ihrem spannenden Berufsleben aufgeschlagen. Mit ihrer Firma Tanja Wegmann Hospitality arbeitet sie an einer Reihe von interessanten Projekten wie der Neupositionierung der Zürcher Villa Florhof von Stadler­Rail­Patron Peter Spuhler und Silvio Denz von Lalique. Sie sitzt im Verwaltungsrat der Kursaal Bern AG, betreut mehrere weitere Mandate und kümmert sich vermehrt um ihr Herzensprojekt, den Sternenhof. Diese von ihrer Familie gegründete Stiftung betreut an fünf Standorten alte und pflegebedürftige Menschen. Sie liebe dieses neue soziale Engagement, sagt die Aussteigerin des Jahres. Und wir sind froh, dass sie nicht ganz ausgestiegen ist.

28 100 BESTE HOTELS AUSZEICHNUNGEN

Lifetime Award:

Jean-Jacques Gauer

20 Jahre lang führte Jean­Jacques Gauer familieneigene Hotels in vier Ländern. Das internationale Netzwerk, das er sich dabei aufbaute, ist geradezu einmalig. Ebenfalls 20 Jahre lang war er denn auch Präsident der Leading Hotels of the World. Das absolute Meisterstück aber gelang ihm in Lausanne. Mit gesundem Menschenverstand und einer Menge Talent machte der begnadete Hotelier und Charmeur aus dem versnobten, verstaubten Lausanne Palace eines der besten Stadthotels Europas. Sein Konzept, das auf den Eckpfeilern perfekte Dienstleistungen, Spitzengastronomie, Präsenz bei den Gästen und Öffnung für Einheimische beruhte, ist wegweisend bis heute. Dass sich der Unternehmertyp Jean­Jacques Gauer 2016, nach 20 Jahren Lausanne Palace, nicht zur Ruhe setzen würde, war absehbar. Das Familienunternehmen Gauer Hospitality blüht, und er sitzt in einer Vielzahl von angesehenen Gremien im In­ und Ausland. Der Lifetime Award ist die hochverdiente Anerkennung für einen Mann, der zu den herausragenden Schweizer Hoteliers der vergangenen 50 Jahre zählt.

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