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DIE FITMACHER

Der Körper agil, die Seele in Balance – dass Sport zu einem gesunden Leben dazu gehört, ist kein Geheimnis. Allerdings führt eine größere Aktivität mitunter zu einem Nährstoffmangel, den du ausgleichen solltest

Als Veganer*in bist du selbstverständlich sowieso zu schwach für Sport, der übers gewöhnliche Treppensteigen und Spazierengehen hinausgeht, das ist dir hoffentlich bewusst? Spaß beiseite – auch wenn aus unerfindlichen Gründen immer noch das Gerücht herumgeht, für sportliche Höchstleistungen brauche der Körper tierische Produkte, haben vegane TopAthlet*innen wie Serena Williams, Carl Lewis oder Brendan Brazier längst das Gegenteil bewiesen. Als Sportler*in hast du zwar tatsächlich nicht nur einen erhöhten Kalorien-, sondern auch einen erhöhten Mikronährstoffbedarf, dieser lässt sich aber problemlos decken, ohne dass dafür ein Tier leiden muss.

Teilweise funktioniert das über die Ernäh- rung, da du natürlich mehr essen kannst als Couchpotatos, ohne dass es ungesund wird, teilweise aber können auch Nahrungsergänzungsmittel hilfreich sein. Auf welche Vitamine und Mineralien du besonders achten solltest, wenn du körperlich sehr aktiv bist, erfährst du im Folgenden – wobei es hier weniger darum geht, auf Teufel komm raus deine Leistung ins Unermessliche zu steigern, sondern vielmehr darum, deinen Körper für die durch den Sport vermehrten und/oder beschleunigten Stoffwechselvorgänge zu wappnen. So entstehen z.B. durch Ausdauersport erhöhte Anforderungen an dein Herz-Kreislauf-System, während durch Kraftsport und Muskelaufbau vor allem die Mitochondrien – die Energiekraftwerke der Zellen – aktiviert werden und versorgt sein wollen.

Magnesium

Vermutlich einer der ersten Nährstoffe, der einem bei dem Thema in den Sinn kommt, nicht wahr? Kein Wunder, denn Magnesium gehört zu einer gesunden Sporternährung auf jeden Fall dazu. Grundsätzlich ist der Allrounder für Muskeln, Nerven, Herz und Knochen für jeden Menschen lebenswichtig, der Bedarf bei sportlich aktiven Menschen ist allerdings erhöht, da die Muskulatur bei Bewegung Magnesium verbraucht. Und selbst in Ruhephasen brauchen Sportler*innen mehr von diesem Mineralstoff, da sie in der Regel über eine größere Muskelmasse verfügen als inaktive Menschen und die Muskeln auf Magnesium als „Treibstoff“ angewiesen sind. Außerdem handelt es sich dabei um ein Elektrolyt, und Elektrolyte gehen bekanntlich beim Schwitzen verloren. Typische Anzeichen für einen Magnesiummangel sind Muskel- und Wadenkrämpfe, aber auch eine sinkende Leistungsfähigkeit kann darauf hindeuten.

B-VITAMINE

B-Vitamine erfüllen eine entscheidende Rolle im Energiestoffwechsel und können insbesondere bei Veganer*innen schnell mal knapp werden, allen voran natürlich das berühmte Vitamin B12. Auch passionierte Kaffee- oder Teetrinker*innen haben übrigens oft einen erhöhten Bedarf an B-Vitaminen, und beim Sport gehen sie mitunter über den Schweiß verloren. Sie machen dich leistungsfähig und fit, stärken die Herzgesundheit und sorgen dafür, dass du der körperlichen Belastung auch mental gewachsen bist. Du findest sie (vor allem Vitamin B1, B2 und B9 = Folsäure) z.B. in Blattgemüsen, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten, aber natürlich auch in vielen Nahrungsergänzungsmitteln.

Vitamin D

Ein Mangel am „Sonnenvitamin“ D (bzw. dessen im Körper aktiver Form Vitamin D3) ist in unseren Breitengraden grundsätzlich weit verbreitet, insbesondere aber auch unter Sportler*innen. Es erfüllt im Körper zahlreiche Funktionen, stärkt unter anderem das Immunsystem, unterstützt die Leistung, Schnellkraft und Koordinationsfähigkeit der Muskulatur und sorgt für ein stabiles, belastbares Skelett, indem es die Einlagerung von Kalzium und Phosphat in den Knochen fördert. Häufig wird empfohlen, Vitamin D3 unbedingt in Kombination mit Vitamin K2 einzunehmen, und tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass letzteres die positiven Effekte von Vitamin D3 verstärkt, indem es die dadurch erhöhte Verfügbarkeit von Kalzium durch spezielle Proteine für den Körper besser nutzbar macht. Noch fehlen allerdings Studien, was das Verhältnis der beiden Vitamine angeht. Auch für die regelmäßig auftauchende Behauptung, Vitamin D3 würde ohne Vitamin K 2 eine Gefäßverkalkung verursachen, gibt es noch keine wissenschaftlichen Belege.

Eisen

Eisen ist ein zentraler Bestandteil von Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff, dessen wichtigste Aufgabe der Sauerstofftransport ist. Auch für die Muskelarbeit ist Eisen essenziell. Insbesondere Ausdauersportler*innen haben einen erhöhten Eisenbedarf, da einiges davon über das Schwitzen verlorengeht (ca. 0,7 Milligramm pro Liter Schweiß). In intensiven Trainingsphasen, die für den Körper eine gewisse Stresssituation darstellen, kann es außerdem sein, dass der Darm das Eisen aus der Nahrung schlechter aufnimmt als sonst. Zudem droht Eisenverlust während der Menstruation. Bemerkbar macht sich ein Eisenmangel etwa durch Antriebsschwäche und Leistungsabfall. Aber Vorsicht: Eisenpräparate solltest du nicht ohne ärztliche Rücksprache einnehmen, da der Körper Eisen nicht ausscheiden kann und in den Organen speichert. Eine Überfüllung der Speicher hat Organschäden zur Folge, insbesondere betroffen sind hier Herz, Leber, Augen und Bauchspeicheldrüse. Kläre also zunächst ab, ob dein Bedarf tatsächlich erhöht ist.

Antioxidantien

Energie für die Muskelaktivität gewinnt der Körper hauptsächlich durch Oxidation. Durch Sport kann es dabei zu einer erhöhten Bildung von Sauerstoffradikalen kommen, die allgemein als „oxidativer Stress“ bezeichnet wird und zur Schädigung der Zellen führen kann. Um dem vorzubeugen, muss insbesondere der Sportler*innenkörper über ausreichend Antioxidantien verfügen, wobei regelmäßig Trainierende bereits etwas besser geschützt sind als Neueinsteiger*innnen, denn wer trainiert ist, produziert in der Regel weniger freie Radikale als Untrainierte. Komplexer ist der Fall bei Leistungsportler*innen, denen ihre Trainiertheit grundsätzlich auch erst einmal zugute kommt, die aber in hochintensiven Trainingszeiten, in denen sie an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gehen, ebenfalls einem erhöhten oxidativen Stress ausgesetzt sind. Zu den Antioxidantien, die der Körper braucht, zählen die Vitamine A, C und E sowie Betacarotin, eine Vorstufe des Vitamin A, außerdem Spurenelemente wie Selen, Kupfer, Zink und Mangan.

Proteine

Ein gesunder Mensch braucht etwa

0,8 Gramm Eiweiß pro Kilo Körpergewicht, bei Sportler*innen erhöht sich dieser Bedarf je nach Intensität, Dauer und Häufigkeit des Trainings auf etwa 1,4 bis 1,6 Gramm. Insbesondere wer Muskeln aufbauen möchte (und hier noch mal ganz besonders, wer schon zu den älteren Semestern gehört), braucht mehr Proteine. Grundsätzlich nimmt der*die durchschnittliche Deutsche mit 1,1 Gramm pro Kilo Körpergewicht ohnehin schon mehr Eiweiß zu sich als für Nicht-Sportler*innen nötig, bei Veganer*innen ist allerdings die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie diesen Wert nicht erreichen, da viele Eiweißquellen (z.B. Milchprodukte) wegfallen. Es bleiben zwar immer noch einige, z.B. Getreideprodukte, Nüsse oder Hülsenfrüchte, dennoch kann hier eine Nahrungsergänzung gegebenenfalls sinnvoll sein.

Kalzium

Auch hier haben wir wieder den Fall, dass sich der Bedarf des Nährstoffs erhöht, weil über den Schweiß Kalzium ausgeschieden wird, und zwar ca. 20 bis 40 Milligramm pro Liter. Zudem ist Kalzium für Sportler*innen wichtig, da es den Knochen hilft, sich schnell von sportlichen Belastungen zu erholen, etwa den Aufprallkräften beim Laufen. Hält ein Kalizummangel länger an, führt das zu frühzeitigen Abbau der Knochensubstanz, was das OsteoporoseRisiko stark erhöht. Auch Ermüdungsbrüche, sogenannte Stressfrakturen können eine Folge von Kalziummangel sein.

Kalium

Kalium ist zentral für die sportliche Leistungsfähigkeit und unter anderem entscheidend an der Muskelregeneration beteiligt, denn der Körper braucht es, um die Energiespeicher in den Muskeln, das sogenannte Muskelglykogen, wieder aufzubauen. Zudem wird Kalium für das Zusammenziehen der Herz- und Gefäßmuskeln gebraucht, reguliert den Blutdruck und beugt so Herz-KreislaufKrankheiten vor. Ein Mangel drückt sich unter anderem durch Muskelschwäche oder Störungen der Herzfunktion aus. Aber Vorsicht, auch eine Überdosierung ist gefährlich und kann auf Dauer Herz und Nerven angreifen!

Wie immer gilt an dieser Stelle: Der Artikel soll dir Anhaltspunkte liefern, dich aber nicht ermuntern, einfach mal wild alles drauflos zu schlucken, was dir in die Finger kommt, denn ein Zuviel kann hier ebenso sehr schaden wie ein Zuwenig, mitunter sogar mehr. Beachte bei Nahrungsergänzungsmitteln darum unbedingt die Dosierungsempfehlung des jeweiligen Herstellers und berate dich im Zweifel vor der Einnahme mit einem Arzt oder einer Ärztin deines Vertrauens. Und jetzt – ab in die Sonne mit dir, Bewegung tut gut!

Schildkröte Oma Trampeltreu ist 64 Jahre alt und lebt als ältestes Tier im Land der Tiere, einem Tierschutzzzentrum zwischen Hamburg und Berlin. Im Interview erzählt Philipp Stechmann, Teil des engagierten Teams, wie gerettete Tiere auf dem ehemaligen Gelände der Nationalen Volksarmee der DDR eine zweite Chance bekommen.

Philipp, wie kann man sich das Leben bei euch vorstellen?

Unser 130.000 Quadratmeter großes Areal ist sehr abwechslungsreich. Neben großen Wiesenbereichen gibt es mehrere kleine Wäldchen, Hügel und Teiche. Je nach den Bedürfnissen einer Tierart schauen wir, wo diese am besten bei uns auf dem Gelände leben kann. Überall ist die NVA-Vergangenheit noch erkennbar! Früher wurde von hier aus der Luftraum gen Westen überwacht. Es gibt noch viele Bunker und bunkerähnliche Gebäude. Diese sanieren wir seit 2014 Stück für Stück, um verschiedenste Lebensräume für gerettete Tiere zu schaffen. Es ist schön zu sehen, wie aus einem früher grauen und beklemmenden Ort ein bunter und lebendiger wird, der für Gewaltfreiheit und ein friedliches Miteinander steht.

Wie sieht der Umbau dann aus?

„Haus #1“ beispielsweise: Das ehemalige Unterkunftsgebäude der NVA-Soldaten haben wir vor einigen Jahren saniert und ausgebaut. Heute leben dort, umringt von zahlreichen Außengehegen, gerettete Hühner, Puten, Kaninchen, Gänse, Enten und andere Tiere. Außerdem befinden sich hier auch die Quarantäne- und Eingewöhnungsorte für Neuankömmlinge. Hinzu kommt ein großer Aufenthaltsraum mit angebundener Küche für Schul-Workshops und Kochkurse. Aktuell bauen wir mit „Haus #2“ ein weiteres altes Gebäude aus, um neue Lebensplätze für noch mehr gerettete Tiere zu schaffen.

Ihr bekommt fast täglich Tierrettungsanfragen. Wie sieht so ein klassisches Hilfegesuch aus?

Täglich melden sich Menschen bei uns, weil sie die unterschiedlichsten Tiere unterbringen möchten. Ein „klassisches Hilfegesuch" gibt es so nicht. Jede Anfrage ist individuell, meist sind die Menschen sehr verzweifelt. Leider bekommen wir viel mehr Anfragen, als freie Plätze im Land der Tiere zur Verfügung stehen und erteilen oft Absagen. Wenn wir Tiere aufnehmen, stellen wir sicher, dass wir sie personell gut betreuen und räumlich passend unterbringen können. Da wir komplett spendenfinanziert sind, muss auch die finanzielle Versorgung der Tiere gewährleistet sein.

Wie werden tierische Neuankömmlinge eingewöhnt?

Wenn neue Tiere zu uns kommen, werden sie in der Regel zuerst in einem Quarantänebereich untergebracht. Viele der Tiere bringen ansteckende Krankheiten mit, die erst einmal tierärztlich behandelt werden müssen. Neue Tiere stehen unter besonderer Beobachtung. Wenn sie sich eingelebt haben und nicht mehr ansteckend sind, beginnt die Zusammenführung mit anderen Tieren. Dies ist ein besonders schöner Moment für alle, da die meisten diese Art von Freiheit, umgeben von Artgenossen, noch nie erlebt haben und oft richtig aufblühen. Viele Tiere, die ins Land der Tiere kommen, haben vorher noch nie den blauen Himmel gesehen oder Gras unter sich gespürt.

Wie schön! Das klingt nach „Happy End”-Geschichten … Meistens! Ein Beispiel ist Hanna mit ihren drei Kindern Pia, Hein und Willi. Hanna war bis zu ihrer Rettung auf engem Raum eingesperrt und wurde viereinhalb Jahre lang als sogenannte „Zuchtsau“ ausgebeutet. In dieser Zeit bekam sie über 100 Ferkel, von denen ihr alle weggenommen wurden. Im Mai 2021 konnte sie mit drei ihrer Kinder einziehen. Die kleine Familie musste lange in Quarantäne leben, da sie viele Krankheiten aus der Anlage mitbrachte und Hein lange medizinisch behandelt werden musste. Inzwischen leben die vier mit den anderen Schweinen zusammen. Es ist schön zu sehen, wenn Hanna gemeinsam mit ihren Kindern durchs Land zieht, frische Luft atmet, die Sonne genießt und einfach Schwein sein kann. (lächelt)

Was genau brauchen Schweine, Schafe und Schildkröten für eine gute Haltung?

Wir versuchen, den verschiedenen Tieren ein möglichst artgerechtes Leben zu bieten und schaffen für sie eine Umgebung, die dem Lebenszustand in Freiheit sehr nah kommt. Ein gutes Beispiel dafür sind die Schweine: Zurzeit leben im Land der Tiere zwölf Schweine auf 25.000 Quadratmetern. Das klingt erst einmal viel, ist aber nicht mit dem Gebiet vergleichbar, in dem Wildschweine in der Natur leben. Damit die Schweine ihre Bedürfnisse hier trotzdem möglichst artgerecht ausleben können, gibt es viel zu beachten.

Was denn?

Sie können sich jederzeit in kuscheligen Ställen zurückziehen, in Suhlen abkühlen und mit Schlamm vor Sonnenbrand und Insekten schützen. Oder Grasen und Wühlen: Damit sie wie Wildschweine in der Natur im Frühling frisches Grün haben und im Winter nach Wurzeln wühlen können, säen wir im Schweineland jedes Frühjahr wieder neu ein. Würden wir dies nicht berücksichtigen, würde das Land schnell versanden und es gäbe im Sommer nicht mehr viel Essbares am Boden.

So „schön“ manch ein Bio-Schweinebetrieb z.B. im TV auch dargestellt wird: Unter dem Stroh im Stall befindet sich kein durchwühlbarer und fruchtbarer Boden, sondern Beton.

Die „Ausläufe“ sind meist matschig, ohne abwechslungsreiche Pflanzen. Unabhängig davon werden Bio-Schweine genau wie die anderen aus der Tierindustrie am Ende getötet.

Was brauchen die Schafe?

Sie benötigen die Möglichkeit, sich bei sommerlichen Temperaturen im Stall und im Schatten aufhalten zu können. Warmes Wetter ist so gar nicht ihr Ding. Viele Menschen kennen Schafsherden jedoch vom Deich, wo sie oft zur „Landschaftspflege“ genutzt werden und es in der Regel kaum Schatten und Orte gibt, um sich abzukühlen. Auch die Schildkröten im Land der Tiere können im Sommer selbst entscheiden, ob sie nach draußen möchten. Sie leben in verschiedenen Gruppen, da sich nicht alle untereinander verstehen. In ihren großen Gehegen können sie umherlaufen, nach Gräsern und Kräutern suchen und die Sonne genießen. Alle Tiere sollen so viel Platz wie möglich bekommen, um sich ausleben und auch aus dem Weg gehen zu können, wenn es mal nicht so harmoniert. (lacht)

Ihr bietet auch Führungen an. Was erwartet Besucher*innen?

Erst mal freundliche Menschen und veganer Kuchen, ist ja klar! Die Führungen gehen ca. eineinhalb Stunden. Wir treffen viele der Tiere an und erzählen ihre persönlichen Geschichten. Dabei belehren wir niemanden, sondern informieren unsere Besucher*innen und wecken ihre Empathie. Es hört sich erst einmal merkwürdig an, doch besonders freuen wir uns auch über Menschen, die noch nicht vegan leben. Wir geben ihnen die Möglichkeit, verschiedene Tiere und ihre Bedürfnisse kennenzulernen, die sie oft nur von ihrem Teller kennen. Bei den meisten Menschen stellt dies wieder einen Bezug zur Realität her und sie überdenken ihre Essgewohnheiten.

Dürfen die Tiere auch gestreichelt werden?

Vor den Führungen wird der Umgang mit den Tieren in der Gruppe besprochen. Wichtig: Die Tiere entscheiden selbst, ob sie Menschen begegnen möchten. Sie haben immer die Möglichkeit, sich in einem Abschnitt aufzuhalten, wo keine Besucher*innen sind. Zudem gibt es Tiere, bei denen jeglicher Kontakt zu Menschen unnötigen Stress erzeugt wie z.B. bei den Perlhühnern Calimero, Melone und Hütchen. Einige Tiere freuen sich jedoch regelrecht auf die Besucher*innen. Sie sind interessiert und lassen sich auch manchmal streicheln.

Ihr veranstaltet auch Kochkurse oder Kunstausstellungen. Wie managt ihr gleichzeitig Hof und Events?

Mit einigen engagierten Angestellt*innen und vielen lieben, ehrenamtlichen Helfer*innen können wir gemeinsam die verschiedenen Aufgabenbereiche abdecken. Es gibt z.B. Menschen, die „nur“ in der Tierversorgung sind, welche, die „nur“ im Bereich Öffentlichkeitsarbeit sind und einige, die alles machen. Ein reguläres Wochenende gibt es in dem Sinne bei uns nicht, da es immer Arbeit und vor allem im Sommer zusätzlich Veranstaltungen gibt. Ohne all unsere Helfer*innen wäre ein Projekt wie das Land der Tiere so nicht möglich. Wir können den Leser*innen nur empfehlen, uns ab Mai zu besuchen und sich selbst ein Bild vom Projekt und den geretteten Tieren zu machen.

Zum Zeitpunkt des Interviews leben auf dem Hof 185 gerettete Tiere, darunter z.B. Schweine, Hühner, Schafe, Schildkröten und Kaninchen. Dank ehrenamtlicher Helfer*innen und einem festen Team genießen die geretteten Tiere dort ein Leben in größtmöglicher Freiheit. Während um sechs Uhr morgens der Wecker für alle Beteiligten klingelt, warten hungrige Münder bereits freudig strecken den Hals gen Sonne. Den Sommer läutet das Land der Tiere übrigens mit seinem Sommerfest am 16. Juli 2023 ein. Save the date!

Mehr Infos findest du auf ihrer Homepage land-der-tiere.de und auf Instagram @landdertiere

Revolutionieren die Filmbranche: Kerstin Schilly (links) und Esther Roling

Wie Produziert Man Filme

UMWELTFREUNDLICHER?

Kulisse, Catering, Anreise: Film- und Fernseh-Produktionen benötigen eine Menge Ressourcen und sind nicht gerade klimafreundlich. Vom 10.–11.5.2023 findet zum dritten Mal die Green Actors Lounge im Haus Ungarn in Berlin statt und bringt nachhaltige Themen und Multiplikator*innen zusammen. Ein Interview mit Gründerin Kerstin Schilly sowie Schauspielerin und Jurymitglied Esther Roling.

Ihr habt mutig in der Pandemiezeit gegründet. Erzählt mal, was war der Auslöser?

Kerstin: Es ist uns wichtig, dass die Filmbranche sich zusammensetzt und über Nachhaltigkeit in der Filmindustrie diskutiert, sodass sie vorangebracht wird. Das „Green“ von Green Actors bedeutet nicht nur ökologisch, sondern steht auch für Diversität, Gleichberechtigung, soziale Verantwortlichkeit und einen achtsamen Umgang untereinander. Gerade im Schauspiel und im Film hat man eine Vorbildfunktion. Deswegen ist es uns besonders wichtig, eingefahrene Muster zu diskutieren und zu ändern. Im Hintergrund der Green Actors Lounge haben wir ein sehr wichtiges Komitee, darunter Experten wie Oliver Berben, Dieter Kosslick, Annabelle Mandeng oder Bo Rosenmüller. Der BFFS (der Bundesverband Schauspiel e. V., die Red.) ist Kooperationspartner, ebenso das Medienboard Berlin-Brandenburg und die Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V. Letztes Jahr haben wir auch das erste Mal Stipendien für die Ausbildung zum „Green Consultant TV & Film“ verliehen. Und auch in diesem Jahr werden wir erneut Stipendien vergeben.

Esther: Ich kann erfolgreich zurückmelden, dass von fünf Stipendiat*innen vier bereits ausgebildet sind und drei schon Projekte betreut haben.

Das klingt wunderbar! Der ökologische Fußabdruck eines Fernsehfilms kann schon mal mehrere Hundert Tonnen CO2 betragen …

Esther: Ja, das stimmt. Aber kurz vorab: Die aktuelle Diskussions- und Handlungsbereitschaft und auch der allgegenwärtige Austausch innerhalb unserer Branche begeistert uns und mich sehr. Zu den ökologischen Standards haben wir als Bundesverband Schauspiel also sehr gerne unsere Einschätzung, unser Feedback geben dürfen und der Dialog läuft natürlich aus dringendem Grund immer weiter. Aktuell gibt es 21 Regelungen. Es geht um Themen wie Unterbringung, Transport, Materialeinsatz oder auch Energienutzung.

Habt ihr Beispiele? Wie kann man sich eine nachhaltige Filmproduktion am Set vorstellen?

Esther: Jede Produktionsfirma muss eine Erklärung unterzeichnen, dass sie zu diesen nachhaltigen Regelungen produziert. Obligatorisch für eine grüne Filmproduktion ist ein Green Consultant. Da hilft das Stipendium bzw. die Ausbildung sehr und das macht uns sehr stolz, die Stipendien anbieten zu können. Zudem gibt es eine vorlaufende und eine nachlaufende CO₂-Bilanz, eine Soll-Bilanz und Ist-Bilanz, mit Abschlussbericht.

An welchen genauen Stellschrauben kann man drehen, um Filme und TV­

Produktionen umweltfreundlicher zu machen?

Esther: Ein großer Punkt ist die Energie. Generatoren sollen nicht mehr mit Diesel betrieben werden, sondern es soll auf Batteriegeneratoren umgestellt und Ökostrom verwendet werden. Das größte CO₂-emittierende Feld ist sicherlich der Transportsektor – sowohl von Personen als auch von Technik. Es ist z.B. festgelegt, dass das, was unter fünf Stunden erreichbar ist, mit der Bahn angefahren werden soll. Das ist eine große Stellschraube. Dann ist die Frage, welche Autos eingesetzt werden. Jedes vierte Auto muss (das war früher eine Soll-Geschichte) CO₂-reduziert sein. Das hängt aber auch mit der Verfügbarkeit im Markt zusammen. Wenn beispielsweise Technik-Verleiher noch altes Equipment haben, wird es schwierig. Das führt uns zum Thema EU-Fördergelder. Europaweite Standards und eben auch Förderungen sind natürlich wirksame Tools auf dem weg zur Klimaneutralität in unserer Branche.

Wo kommt der Green Consultant noch ins Spiel?

Esther: Beim Catering beispielsweise. Regional und bio ist ein Muss – ebenso mindestens ein Veggie-Day. Der Green Consultant betreut die Vor- und die Nachproduktionsphase. Oft gibt es eine Ansprache ans Team und eine Abfrage. Dann wird das Catering der Abfrage entsprechend gestaltet. Wenn das Team sagt, wir wollen nicht nur einen VeggieDay, sondern wir wollen maximal einen Fleischtag, was viele machen, dann gestaltet es sich anders. Ein fleischfreier Tag ist nur das zu erfüllende Minimum. Die Abfrage umfasst auch andere Punkte wie z.B. Einweggeschirr. Eine kleine, positive Geschichte dazu: Ich habe gestern gedreht. Als Schauspielerin ist es grundsätzlich oft so, dass man abends bzw. nachts nach dem Dreh ins Hotel fährt und genötigt ist, an der Tankstelle irgendwas zu kaufen. Jetzt war es gestern so, dass sie die Catering-Reste in kleine Boxen aufgeteilt hatten. Die Idee: Jeder bekommt ein Paket mit ins Hotel und am nächsten Morgen bringt man die Box dann wieder mit ans Set. So ist ein Kreislauf geschaffen und Lebensmittelverschwendung ausgeschlossen. Das betrifft natürlich nicht nur das Essen, sondern auch Material, das am Set verwendet wird. Wichtig ist, dass Kulissen und Dekoration im Kreislauf oder nach Leih- oder Mehrweg-Verfahren stattfinden. Verwendung von Holz nur, wenn es das FSC-Siegel trägt. Das Thema Kostüm, was mir so nahe liegt, sollte auf

Fundus-, Leih- oder Second-Hand-Basis beruhen. Man muss natürlich bei Zeit- und Budgetdruck aufpassen, dass die Assistenz nicht doch noch eben schnell zehn weiße T-Shirts aus einem Fast-Fashion-Laden holt. Deswegen ist der Schlüssel einer guten Arbeit eines Green Consultants die Vorplanung. Wenn wir über nachhaltige Filmproduktion sprechen, ist es auch noch wichtig zu nennen, dass im Produktionsbüro unnötige Ausdrucke vermieden, recyceltes Papier verwendet und Müll getrennt wird.

Nachhaltigkeit am Set ist das eine, Green Storytelling das andere. Wie kann man inhaltlich nachhaltiger werden?

Esther: Das ist ein sehr spannendes Thema, bei dem unglaublich viel passiert. Phillip Gassmann, der ebenfalls bei uns im Komitee ist, geht beispielsweise in die AutorenWerkstätten und bildet dahingehend aus. Es soll ja ein elegantes Storytelling sein. Niemand will plump belehrt werden. Eine Kommissarin, die leidenschaftlich vegan kocht/backt und Kampfsport be- treibt statt des Rotwein&Steak-Connaisseur-Ermittlers, bietet doch vielleicht auch erfrischenden Raum für spannende Geschichten. Es ist durchaus ein kreativer Prozess. Zwei liebe Kollegen haben jetzt beim „Bergretter“ mitgespielt und da lief im Abspann das „Green Motion“-Label. Das Label wird verliehen, wenn eben diese ökologischen Standards eingehalten wurden. Da kann man mal in Zukunft darauf achten. Im Entertainment-Sektor, wie bei den Quiz- und Koch-Shows, nimmt das ebenfalls große Fahrt auf.

Wie steht es um den Kostenfaktor bei einer nachhaltigen Produktion im Vergleich zu einer klassischen Produktion?

Esther: Da würde ich unbedingt den Faktor Zeit mit reinnehmen. Wenn man frühzeitig gut beraten, betreuen und beraten kann und Informationen bekommt, dann ist eine nachhaltige Produktion durchaus kosteneffizienter als eine konventionelle Produktion. Allein auch schon durch die guten Reiseplanung – dann ist das nicht nur CO₂-sparend, sondern auch kostengünstiger.

Dieses Jahr verleiht ihr vier Stipendien für die Weiterbildung zum Green Consultant … Kerstin: Ja, und wir sind ganz stolz, dass dieses Mal die IHK-Akademie München und Oberbayern selbst Partner ist, denn auch durch die Ausbilder-Brille sehen sie es als Erfolgskonzept.

Was findet an den zwei Tagen noch statt?

Kerstin: Wir fangen morgens an. Die Schauspielern und Yoga-Lehrerin Esther Seibt startet mit Kundalini-Yoga. Für uns ist es wichtig, die Veranstaltung mit Achtsamkeit zu beginnen. Tagsüber haben wir spannende und relevante Paneldiskussionen zu unterschiedlichen Themen wie Mental Health, Social Media oder künstliche Intelligenz. Zudem bieten wir Workshops an. Wir haben eine Lounge für inspirierende Gespräche, wie wir Nachhaltigkeit in der Filmbranche fördern können. Es werden alle mit einem köstlichen, veganen Catering versorgt. Außerdem wird es die Mög- lichkeit geben, gemeinsam bei Get-togethers mit Musikauftritten den Abend ausklingen zu lassen.

Esther: Was mich sehr freut, ist, dass wir dieses Jahr auch besonders Frauen in den Vordergrund rücken. Es gibt gerade die Initiative „47+". Das heißt, es geht um mehr Sichtbarkeit von Frauen über 45 bzw. 47. Diese Frauen machen tatsächlich in Deutschland über 21 Millionen Menschen aus. Ich schätze mal, die Zahl hätte man so erst mal nicht vermutet, u.a. weil es überhaupt nicht abgebildet wird in der Gesellschaft. Auch das wird ein großes Thema sein.

Die Green Actors Lounge plädiert dafür, nicht nur Filme und Theater nachhaltiger zu gestalten, sondern auch sozial gerechter …

Esther: So wie wir uns ein Green Storytelling wünschen, hoffen wir auch, dass, wenn Frauen Rollen spielen, sie nicht immer schnell in die Opferrollen kommen. Ich möchte jetzt keine Trigger setzen, aber das gehört besprochen. Kerstin und ich haben gera- de heute wieder darüber gesprochen: das Thema Avatar. Das ist eine ganz andere Thematik, aber diese wird uns alle irgendwann in der Arbeitswelt beeinflussen. In Hollywood hatte früher der Schauspieler als Hauptfigur für sogenannte Motion Captures 30 Drehtage, heute hat er drei. An denen wird er nur gebraucht, um ihn bildtechnisch einzuarbeiten und der Rest wird am Computer gemacht. Da muss man dann auch über Urheberrechte sprechen. Wird bezahlt, dass der Schauspieler am Set ist und dreht oder wie viel er auf dem Bildschirm zu sehen ist? Er hat ja die Rechte an seinem Bild. In Deutschland ist es derzeit so, dass die Rechte mit der Gage abgegolten sind. Da muss man jetzt gucken, das sind zukunftsweisende Themen. Ich finde es toll, dass wir uns mit der Green Actors Lounge austauschen und auch etwas bewegen können.

Kerstin: Auch in diesem Jahr kann man sich wieder live dazuschalten. Interessierte finden dann alles unter greenactorslounge.com

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