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PORTFOLIO

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WELTBLICK

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CHRISTIAN NEMETH

STARKE NERVEN GEFRAGT

Durch Putins Angriffskrieg ging der Friede in Europa verloren, volatile Finanzmärkte sind eine Folge. Wie sich Anleger gegen eine Krise wie diese absichern.

TEXT ANTONIA HOTTER

VITA CHRISTIAN NEMETH

Vorstandsmitglied Zürcher Kantonalbank Österreich AG

Der leidenschaftliche Radfahrer ist seit mehr als einem Jahrzehnt bei der Zürcher Kantonalbank Österreich AG. 2015 wurde er in den Vorstand berufen. Auf breite Diversifikation im Portfolio und eine gute Flasche Rotwein würde er nie verzichten. Mit dem Rad will er irgendwann quer durch Italien fahren. „Alla salute!“

Herr Nemeth, der russische Staatspräsident Wladimir Putin versetzt die Welt in Schrecken. Die Finanzmärkte spiegeln die Unsicherheit wider. Wie stressig ist Ihr Berufs-

alltag gerade? – Es ist deutlich mehr zu tun. Der Analyse- und Beobachtungsaufwand ist gestiegen. Die politische Variable macht Prognosen schwierig. Dazu kommt das gesteigerte Informationsbedürfnis der Kunden. Es ist wichtig, in ihrer Nähe zu sein, damit sie nicht aus der Panik heraus Entscheidungen treffen, die sie später bereuen. Bisher hat sich immer gezeigt: Radikale und spontane Wechsel in der Strategie schaden mehr, als sie nutzen. Spätestens jetzt erkennen sie, wie wichtig eine breite Diversifikation ist, so langweilig das auch klingt.

Jetzt günstig in Europa nachzukaufen hal-

ten Sie für keine gute Idee? – Man muss sich genau anschauen, warum etwas billiger geworden ist. Wenig problematisch ist, wenn ein Konzern ein in Russland getätigtes Investment abschreibt, aber die Erträge langfristig kaum beeinflusst werden. Anders sieht es aus, wenn ganze Geschäftsbereiche dauerhaft wegfallen. Gerade bei ATX-Unternehmen gab es lange eine Osteuropa-Fantasie.

Welche Umstrukturierungen haben Sie in den Portfolios vorgenommen? – Wir haben europäische Titel etwas reduziert und sind mehr in Richtung USA und Asien gegangen. Inflationsgeschützte Anleihen haben wir verstärkt aufgenommen. Ak-

#PORTFOLIO

DIE ASSET-ALLOKATION

47,05% Aktien 40,61% Anleihen 4,51% Sonstiges 4,00% Alternatives 3,83% Cash

AKTIEN

22,81% Nordamerika 16,20% Europa 4,04% Emerging Markets 4,00% Themen 2,16% Pazifik

ANLEIHEN

23,17% Staatsanleihen 11,73% Unternehmensanleihen 2,90% Emerging Markets 2,81% High Yield 2,35% Geldmarkt

QUELLE: ZÜRCHER KANTONALBANK ÖSTERREICH AG

tuell diskutieren wir, ob wir eine Goldanpassung vornehmen. Nach dem kurzfristigen Preisanstieg warten wir aber noch.

Bisher waren Aktien das beste Gegenmittel

für die Inflation. Ist das weiterhin so? – Für mich ist ein solides, breitgestreutes, dividendenlastiges Aktienportfolio der Inflationsschutz Nummer eins. An zweiter Stelle sehe ich Immobilien und Gold. Zusätzlich kann man mit inflationsgeschützten Anleihen arbeiten.

US-Präsident Joe Biden hat gegen Russland bereits ein Öl- und Gasembargo verhängt. Die EU stellt eines in Aussicht, Russland droht mit einem Lieferstopp. Was bedeutet das für Anleger? – Biden kann ein Embargo leichter verkünden als seine europäischen Partner. In Europa lässt sich eine Substitution von russischem Öl und Gas nicht innerhalb weniger Monate aufstellen. Es bringt nichts, wenn Sanktionen mehr Schaden auf eigenem Boden anrichten als auf der anderen Seite. Moralisch ist das natürlich ein Dilemma. Europäische Unternehmen, die vom Energiebezug aus Russland abhängig sind, würden stark darunter leiden.

Ist Nachhaltigkeit der Verlierer des Kriegs?

– Zur Debatte steht, Atom- und Kohlekraftwerke länger am Netz zu lassen oder als Übergangslösung auszubauen, um die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl in den Griff zu bekommen. Wenn man nicht davon ausgeht, dass wir jahrelang in einem Krieg sind, halte ich das für eine gefährliche Wette. Langfristig geht es um positive Ideen, wie man die Zukunft gestaltet. n

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