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Viel Druck im Kessel

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WELTBLICK

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Unter Druck. Die FMA-Vorstände Helmut Ettl und Eduard Müller sind selbst wegen der Causen Commerzialbank und Sigfried-Wolf-Chats unter Druck.

Im internationalen Jargon tragen Aufsichtsbehörden den Beinamen „Watchdog“. Aber ein Wachhund, der schläft, nutzt niemandem. Den Vorwurf, Entwicklungen verschlafen zu haben, muss sich die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) seit geraumer Zeit in der Causa Commerzialbank Mattersburg gefallen lassen. Und auch in der Vergangenheit sorgten mehrere Fälle für Ungemach. Rechtsanwalt Ernst Brandl, der im Jahr 2000 als Co-Gründer der Kanzlei Brandl & Talos fungierte, sagt: „Die FMA ist mit 400 Beschäftigten der größte Arbeitgeber im neunten Wiener Bezirk. In den vergangenen 15 Jahren sind der Behörde in den Causen Amis, Auer von Welsbach und Hypo Alpe Adria mindestens drei Mal gravierende Versäumnisse unterlaufen. Weder die FMA noch der Staat musste die Konsequenzen tragen.“ Und: „Jeder Unternehmer haftet für seine Fehler. Das Finanzmarktaufsichtsrecht muss geändert werden. Schließlich soll es dafür sorgen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit geschützt wird.“

FMA-Vorstand Helmut Ettl sieht das anders: „Der Kriminalfall Commerzialbank Mattersburg wird von den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten aufgearbeitet. Da geht es um Betrug, Untreue und Bilanzfälschung. Die Bankenaufsicht ist keine strafrechtliche Ermittlungsbehörde, dazu hat sie keine gesetzlichen Kompetenzen und auch nicht die strafrechtlichen Instrumente. Das ist gut und richtig so, das können Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte besser.“ Laut Ettl wurde aber mit der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und dem Finanzministerium (BMF) sofort analysiert, ob es Reibungsverluste und Verbesserungsbedarf im System der Aufsicht gibt.

Der Fall ist klar – was die FMA will und macht, kommt nicht überall gut an. Klar ist auch, dass die Aufseher ebenso wie die Beaufsichtigten mit ständig steigenden Anforderungen konfrontiert sind.

TEXT ROBERT WINTER

Gestiegene Intensität

Generell stöhnen von der FMA beaufsichtigte Unternehmen unter gestiegenen Anforderungen samt dem zugehörigen finanziellen Aufwand. Aber ist die Aufsicht tatsächlich strenger geworden? FMA-Vorstand Ettl: „Die Aufsicht der FMA erfolgt ‚risikobasiert‘, das steht so in unserem gesetzlichen Auftrag. Treten neue Risiken auf oder verschärfen sich bestehende, so ist die Aufsicht zu intensivieren und zu verdichten. Und das machen wir sehr fokussiert.“

Harald Hagenauer, Präsident der Circle Investor Relations Austria (Cira), der Vereinigung der Investor-Relations börsennotierter Unternehmen: „Der regulatorische Druck ist gestiegen. Egal ob es um die EU-Taxonomie samt dem Reporting oder andere Bereiche geht - Unternehmen haben immer mehr Verpflichtungen zu erfüllen, um den Anforderungen der EU, der Datenschutzbehörde und der FMA nachzukommen. Und es wird noch einiges nachkommen. Stichwort EU-Bankenstresstest.“ Ins gleiche Horn stößt Friedrich Rödler, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Erste Group Bank AG: „Seit der Finanzkrise 2008 hat die Aufsichtsintensität massiv zugenommen. Das ist auch gar nicht schlecht, die Datenqualität hat sich verbessert, wir haben deutlich höhere Eigenkapitalquoten. Derzeit macht die Aufsicht beim Thema Nachhaltigkeit mehr Druck. Ein Problem dabei ist die Begriffsvielfalt, jeder versteht unter Nachhaltigkeit etwas anderes.“

Strafe muss sein

Wer gegen Regeln verstößt, muss mit Konsequenzen rechnen. Das ist auch bei den von der FMA insgesamt rund 940 konzessionierten oder registrierten beaufsichtigten Unternehmen, die laut FMA-Jahresbericht von 2020 Vermögenswerte in der Höhe von insgesamt 1.300 Milliarden Euro verwalteten, nicht anders. Im Vergleich zu dieser Zahl nehmen sich die von der FMA verhängten Strafen eigentlich bescheiden aus. So summierten sich die Sanktionen im Vorjahr auf 1,96 Millionen Euro. Davon stehen für Strafen in der Höhe von knapp 311.000 Euro Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts BvWG aus und sind damit noch nicht rechtskräftig. Von Jahresbeginn bis Anfang März 2022 beliefen sich die Strafen auf 514.100 Euro. Allein 325.000 Euro hat die Lang & Schwartz AG, die dazu eine Beschwerde an das BvWG erhoben hat, ausgefasst.

Null Cent extra

Der Haken für die Aufseher: Kein Cent der Strafen bleibt in der FMA. Und bei den Geldstrafen kam es gemäß der Materien-

„Ermessensspielraum für individuelle Betreuung wird beschränkt.“

GERDA HOLZINGER-BURGSTALLER

„Finanzmarktaufsichtsrecht muss geändert werden.“

ERNST BRANDL

„Wir schenken der Rückzahlungsfähigkeit hohe Aufmerksamkeit.“

HERTA STOCKBAUER

gesetze zu einer Verschiebung in Richtung des Bundeshaushalts, in den der Großteil der Sanktionszahlungen fließt. Im Gegensatz zu früher gelangt somit nur noch ein geringer Anteil in Sozialfonds von Gebietskörperschaften. Die FMA führt einen Kampf um das liebe Geld (s. Kasten). Und das vor dem Hintergrund, dass die Behörde die Mitarbeiteranzahl seit sechs Jahren nicht anheben konnte, während das von der Europäischen Zentralbank (EZB) vorgegebene Bündel an zu erledigenden Aufgaben größer wurde.

Davon berichtet auch FMA-Vorstand Ettl: „Die FMA ist seit ihrer Gründung auf Effizienz, Effektivität und Sparsamkeit fokussiert, einerseits weil sie ja großteils von den Beaufsichtigten selbst finanziert wird, andererseits weil ihr der Gesetzgeber sehr strenge und sparsame Kostendeckel auferlegt. Seit dieser gesetzlichen Grundlage, wurden der FMA aber viele neue und zusätzliche Aufgaben übertragen, und es wurde die Aufsicht als Lehre aus der globalen Finanzkrise europäisiert und intensiviert. Das hat dazu geführt, dass die FMA insbesondere in der Bankenaufsicht zunehmend an ihre gesetzlichen Finanzierungsgrenzen gestoßen ist. Die Bundesregierung versteht das, und der Gesetzgeber repariert die gesetzlichen Grundlagen der Finanzierung gerade.“

Eine zusätzliche Ausweitung des Betätigungsfelds der FMA ist bereits bekannt. Wurde doch in dem im September 2020 von der EU-Kommission vorgelegten Digital Finance Package auch ein Vorschlag für Rechtsvorschriften und eine Verordnung über Märkte für Kryptowerte präsentiert. Bei den Aufgaben bezüglich der Bankenaufsicht liegen die Schwerpunkte von FMA und OeNB im laufenden Jahr auf den Themen Covid19-Maßnahmen, Digitalisierung, ICTRisiken – dabei handelt sich um Risiken bei Information, Kommunikation und Technologie -, auf ESG-Risiken, Regulierung, Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle sowie Risiken der Immobilienfinanzierung. Bei Letzteren wurden bereits Schritte gesetzt.

Notbremse bei Immo-Krediten

Angesichts des Immo-Booms und tiefer Zinsen schieben die Aufseher auf EZBAnordnung leichtfertiger Kreditvergabe beim Erwerb von Wohnimmobilien den Riegel vor. Heimische Banken müssen sich bei der Vergabe von Immobilienkrediten ab Mitte 2022 an strengere Richtlinien halten. Ein Eigenmittelanteil von 20 Prozent wird Pflicht, die Kreditrate darf maximal 40 Prozent des Nettoeinkommens ausmachen, und die Laufzeit der Finanzierung darf 35 Jahre nicht überschreiten. Gerda Holzinger-Burgstaller, Vorstandschefin der Erste Bank Österreich AG: „Um unseren Kundinnen und

DIE FMA UND DAS LIEBE GELD

Laut dem FMA-Jahresbericht 2020 – der Bericht für 2021 wird im Mai 2022 publiziert – betrug das Gesamtbudget der Finanzmarktaufsicht 72,7 Millionen Euro. Davon wurden 10,7 Millionen Euro als Durchlaufposten für die OeNB als Teilkostenersatz für ihre Dienstleistungen eingehoben. Der pauschale Kostenanteil des Bundes umfasste 4,2 Millionen Euro. 5,7 Millionen Euro wurden durch Gebühren und sonstige Erträge eingenommen. Den Rest hatten die Beaufsichtigten verursachergerecht beizutragen. Davon entfielen 57,7 Prozent auf Banken, 22,7 Prozent auf Wertpapieraufsicht, 17,6 Prozent auf Versicherungen und zwei Prozent auf Pensionskassen. In Vollzeitäquivalenten gerechnet, betrug die Mitarbeiteranzahl 385 Personen. Gegen Ende des Vorjahres kursierten Gerüchte über Finanzierungssorgen der FMA. Das noch ohne Berücksichtigung der vom FMAVorstand gewünschten Kosten für 30 zusätzliche Experten. Das Problem: Laut FMA-Angaben ist das Heben weiterer Synergien nicht möglich. Der Mitarbeiterstand konnte in den vergangenen sechs Jahren nicht nennenswert angehoben werden, während der Umfang der Aufgaben angestiegen ist. Im Herbst des

#GELD

Vorjahres genehmigte der Aufsichtsrat, in dem Vertreter von OeNB und Finanzministerium sitzen, für 2022 eine Budgeterhöhung um 1,2 Millionen Euro und 17 neue Jobs. Der Bund hob seinen Fixbeitrag um 15 Prozent oder 600.000 Euro an. Die Obergrenze des Kostendeckels soll ab dem laufenden Jahr um rund 25 Prozent oder 8,2 Millionen Euro angehoben werden.

Übrigens: Ob die FMA mehr oder weniger Strafen verhängt, hat keine Auswirkungen auf das Budget der Aufsichtsbehörde, kommt doch kein Cent aus den Einnahmen der Strafen der FMA zugute.

EZB macht Druck. EZB-Präsidentin Christine Lagarde möchte nachhaltigere Banken.

© KIÊN LÊ / EUROPEAN CENTRAL BANK

Kunden weiterhin Eigentum zu ermöglichen, werden wir unseren Fokus auf Vermögensaufbau in jungen Jahren setzen, damit sie sich die von der Finanzmarktaufsicht verlangten 20 Prozent Eigenmittel rechtzeitig ansparen können. Die neuen Richtlinien bedeuten, dass der Ermessensspielraum für Banken, auf individuelle Kundensituationen eingehen zu können, weiter beschränkt wird.“

Frei nach dem Motto „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“ war man bei der Kreditvergabe bei manchen Banken ohnehin strenger. Oberbank-AG-Generaldirektor Franz Gasselsberger: „Die nun verbindlich werdenden Grenzen sind aus unserer Sicht sinnvoll bemessen und werden in der Oberbank keine nennenswerten Auswirkungen bei der Kreditvergabe haben. Die maximalen Laufzeiten für Wohnbaufinanzierungen sind bei uns von jeher mit 30 Jahren angesetzt.“

Im Gesamtmarkt wurden die damaligen Empfehlungen laut Gasselsberger aber unterschiedlich streng ausgelegt. „Daher sehen wir die Maßnahme im breiten privaten Wohnimmobilienmarkt sehr positiv. Die Aufsicht betreibt hier aber lediglich Symptombehandlung, ohne die eigentlichen Ursachen, nämlich die Zinspolitik der EZB und deren Auswirkung, zu behandeln“, so der Oberbank-Chef.

Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende der BKS Bank AG sagt: „Auch wir haben in den letzten beiden Jahren bemerkt, dass die durchschnittlich angefragte Kredithöhe im Steigen ist und häufiger längere Kreditlaufzeiten gewünscht werden. Wir schenken der Rückzahlungsfähigkeit von jeher große Aufmerksamkeit. Daher prüfen wir vor jeder Kreditvergabe genau, ob die Finanzierung für die Kreditnehmer bei steigenden Zinsen leistbar wäre und die Rückzahlung innerhalb eines realistischen Zeitrahmens erfolgen kann. Wir bedauern es außerordentlich, dass die freiwillige Selbstverpflichtung nicht zum gewünschten Ergebnis geführt hat.“

Die EZB und das Klima

Die EZB macht weiterhin Druck. Derzeit läuft die erste Phase des von der EZB initiierten Klimastresstests. Laut der Aufsicht handelt es sich um eine Lernübung. Der Hintergrund: Die Bankenaufseher der EZB mahnen bei europäischen Großbanken in Sachen Klimaschutz eine schnellere Gangart ein und fordern, dass die Institute Klima- und Umweltrisiken in ihr Risikomanagement integrieren. Folglich werden für jede Bank individuelle Kapitalpuffer ermittelt, in denen bestimmte bankspezifische Risiken berücksichtigt sind. Angesichts der hohen regulatorischen Ansprüche müssen Unternehmen auf Effizient achten.

Cira-Vorstandsvorsitzender Hagenauer: „Man muss sich sehr professionell aufstellen und das, was an Regelwerk da ist, bestmöglich managen und Leerläufe vermeiden. Perfektion gibt es nicht. Es ist besser, 80 Prozent der Anforderungen sofort zu erfüllen, als 100 Prozent nie zu erreichen. Es ist auch nicht sinnvoll, für die restlichen 20 Prozent 80 Prozent der Ressourcen der Mannschaft zu binden.“ n

Macht die Aufsichtsbehörde beim Thema

Nachhaltigkeit mehr Druck? – Rödler: Ja, keine Frage. Ich bin jetzt seit 2004 im Aufsichtsrat der Erste Group, seit neun Jahren Vorsitzender. Vor drei Jahren war Nachhaltigkeit noch ein Orchideenthema, jetzt kommt das Thema in jedem Ausschuss vor. Im Vergütungsausschuss verbringen wir die Hälfte der Zeit mit den Nachhaltigkeits-KPIs für den Vorstand. Derzeit läuft die erste Phase des Klimastresstests, laut Aufsicht ist es eine Lernübung. Wir werden sehen.

Wie stehen Sie zur EU-Taxonomie? - Die Taxonomie bringt Struktur rein. Die Frage wird sein, ob sich Maßnahmen zum Klimaschutz und etwa zur Biodiversität nicht konterkarieren oder im Wiederspruch stehen zu bankrechtlichen Vorgaben. Nach der TaxonomieVerordnung sind Green Bonds gut, sie können aber dazu führen, dass wir unsere Risikostandards nicht einhalten.

Wie viel Mehraufwand haben Sie? - Auf Jahresbasis ist es um ein Viertel bis ein Drittel Mehraufwand im Vergleich zu früher. 700 bis 800 Stunden investiere ich sicher, das ist kein Nebenjob. Ich sitze in jedem Ausschuss. Wir kommen auf 50 Sitzungen pro Jahr. Ich habe mit jedem Vorstand mindestens alle drei Wochen ein Gespräch, ebenso mit dem Leiter der internen Revision sowie mit dem Chief Compliance Officer und regelmäßige Treffen mit dem Wirtschaftsprüfer. Den CEO sehe ich einmal die Woche zum Jour fixe.

#KLIMA

MEHRAUFWAND IM VERGLEICH ZU FRÜHER

Der Börsianer hat Friedrich Rödler über sein Arbeitspensum als Aufsichtsratschef der Erste Group Bank AG befragt.

DAS METAVERSUM: DIE NÄCHSTE WELLE DIGITALER INNOVATION

Von Gucci-Handtaschen bis hin zu Flugzeugen: Das Metaversum hat eine Innovationswelle angestossen. Mark Hawtin, Disruptive Strategist bei GAM Investments, wirft einen Blick auf die Chancen in einem Markt, dessen Wert auf 1 Billion US-Dollar geschätzt wird.

Als ich Weihnachten beim Mittagessen in einem Londoner Restaurant sass, schaute ich mich um und sah am Nebentisch einen Jungen im Teenageralter mit einem Oculus- Headset. Dieses Weihnachtsgeschenk sorgte für grosse Aufregung, denn der Junge war vollends von seiner neuen Erfahrung absorbiert, die zweifellos interessanter war, als sich beim Essen mit seinen Eltern zu unterhalten. Andere Restaurantbesucher waren entsetzt darüber, dass bei diesem Familienessen keine ordentliche Konversation geführt wurde. Dieses Phänomen liegt dem Hype um das Metaversum zugrunde: eine Welt, in der wir alle in eine virtuelle Realität (Virtual Reality, VR) bzw. erweiterte Realität (Augmented Reality, AR) eintauchen, ein Parallelleben führen, mit VR- bzw. AR-Headsets herumlaufen und uns nicht mehr mit den Menschen befassen, die uns in der physischen Welt umgeben, sondern uns auf die Charaktere in unserer virtuellen Welt konzentrieren. Auf diese Weise dürfte das Metaversum jedoch nur von einer sehr kleinen Minderheit genutzt werden. Das Metaversum ist weit davon entfernt, eine futuristische schöne neue Welt zu sein. Es wird vielmehr eine natürliche Erweiterung der bestehenden OnlineWelt sein, mit der wir bereits leben – tagein, tagaus. Eine Definition zu finden, ist indes nicht leicht. Im Grunde ist das Metaversum eine virtuelle Welt, in der sich eine Vielzahl von Personen zusammenfindet, um zu spielen, zu arbeiten oder mit anderen in Kontakt zu treten.

Einer der Gründe, weshalb das Thema einen schlechten Ruf hat, ist die Tatsache, dass viele der bestehenden und Erstanwender in der Gaming-Welt unterwegs sind. Wenn Sie jemand fragen, was Roblox ist, wird die Antwort meines Erachtens zu über 90% lauten, dass Roblox eine Spiele-Website ist. Fragt man jedoch den Gründer und CEO, David Baszucki, so wird er Ihnen antworten, dass Roblox eine Plattform und viel mehr als ein Spiel ist. Es ist eine Plattform, die die Nutzer in die Lage versetzt, über das gesamte Content-Spektrum hinweg Inhalte zu erstellen. Allerdings war Basuckis erstes Unternehmen Interactive Physics ein immersives Online-Experiment für den Physikunterricht und hat zum Teil als Inspiration für die Vision von Roblox gedient. Der Name «Roblox» ist eine Verschmelzung der beiden Worte «Roboter» und «Blöcke» und beinhaltet eine Bau- bzw. Entwicklertätigkeit. Etwa 10 Millionen Entwickler erstellen Inhalte für die Plattform. Und dies ist der Punkt, an dem das Metaversum wirklich interessant wird, nämlich als virtuelle Plattform, auf der sich eine Online-Avatar-Identität in verschiedenen Content-Bereichen wie Spiele, Bildung, Shops oder Fabriken bewegen kann. Und damit werden die Umrisse der immersiven virtuellen Welt deutlich, als die sich das Metaversum tatsächlich definieren lässt. Die Hardware-Plattform, durch die wir darauf zugreifen, ist weniger relevant – es könnte ein VR- bzw. AR-Headset, aber auch ein Smartphone, Laptop, eine Spielkonsole oder ein anderes Endgerät sein. Dies hat jedoch für gewisse Verwirrung gesorgt. So scheint etwa Mark Zuckerberg (Facebook) sein Augenmerk häufig stärker auf den Aspekt der Augmented Reality, also auf die Geräteplattform, zu legen. Die Plattform ist jedoch nicht die treibende Kraft für die Chance, die die immersive Welt bietet. Ihre Triebfeder ist der soziale Aspekt (im weitesten Sinne), der die Kommunikation und Zusammenarbeit von Menschen betrifft.

Nachdem wir das Metaversum nun definiert haben, stellt sich die Frage: Wo liegen seine

Mark Hawtin

Investment Director

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grossen Chancen, die für die nächste Innovationswelle sorgen? Die Antwort lautet: Überall! Wir glauben, dass es neue Umsatzchancen und Produktivitätssteigerungen in zahlreichen Branchen bieten wird – im Einzelhandel durch virtuelle Verkaufsräume, aber auch bei der industriellen Konstruktion und Fertigung, der 3D-Analytik, bei Produktvorführungen und virtuellen Rundgängen. Das sind nur einige Beispiele von Bereichen, die stark aufgewertet werden dürften. Swetha Ramachandran, Investment Manager, Luxury Equities, hat untersucht, welche Auswirkungen das Metaversum auf Luxusmarken und folglich auch den Einzelhandel im Allgemeinen haben wird. Für den Einzelhandel sind zwei Bereiche interessant: die Entwicklung des Marktes für «virtuelle» Güter und das damit einhergehende immersivere Markenerlebnis sowie die Auswirkungen auf den Verkauf physischer Produkte. Gucci eröffnete beispielsweise einen virtuellen Store auf der Roblox-Plattform, der 20 Millionen Besucher1 anzog. Die Erfahrung ist wesentlich immersiver als eine Facebook-Seite oder ein kurzer Video-Clip. Laut Morgan Stanley könnte das US-Dollar-EBIT der gesamten Luxusmarkenbranche durch die Chancen des breiteren Metaversums bis 2030 einen Zuwachs von 25% verzeichnen2 . Image ist alles – insbesondere in der virtuellen Welt. Einer von fünf Roblox-Nutzern ändert seinen Avatar täglich, was die Strahlkraft des Luxusimage und der Marke verdeutlicht. Adidas lancierte jüngst ein NFT-Angebot. 30.000 NFTs wurden für jeweils 0,2 ETH (1 ETH = rund 4.000 US-Dollar) verkauft. Diese Tokens wechselten nur wenige Wochen später für 0,8 ETH den Besitzer3. Adidas erhebt für jede Transaktion eine Gebühr von 10%, wobei alle Transaktionen selbstreguliert durchgeführt und durch die Blockchain authentifiziert werden. Es ist durchaus möglich, dass Transaktionen mit virtuellen Produkten im Laufe der Zeit messbare Auswirkungen auf die Rentabilität haben werden. Auch im Bereich Design und Produktion dürfte das Metaversum eine grosse Rolle spielen. Boeing hat vor Kurzem die Schaffung einer auf VR und AR basierenden digitalen Flugzeug-Werkshalle für die Konstruktion seines nächsten Flugzeugs angekündigt. Dadurch sollen die «weit verzweigten Designprozesse zusammengeführt werden». Laut Chief Engineer Greg Hyslop gehen 70% der Qualitätsprobleme auf Mängel im Designprozess zurück4. Durch die Schaffung einer immersiven 3D-Umgebung, gepaart mit Robotern, die miteinander kommunizieren und indem Mechaniker auf der ganzen Welt mit HoloLens-Headsets von Microsoft im Wert von 3.500 US-Dollar ausgestattet und verbunden werden, wird es seiner Ansicht nach möglich sein, den Prozess zu straffen und zu verbessern.

Diese Beispiele aus dem Einzelhandel und der Produktion vermitteln lediglich einen rudimentären Eindruck der unmittelbaren Chancen, die unser Thema Digital 4.0 bietet. Eine jüngst von Grayscale veröffentlichte Studie prognostiziert, dass das Metaversum einen Markt im Wert von 1 Billion US-Dollar darstellen wird5. Er dürfte bei Weitem grösser sein. Eine Reihe neuer Unternehmen werden die neuen Plattformgewinner des Web 3.0 sein, wie es die FAANG-Unternehmen Facebook, Apple, Amazon, Netflix und Google (jetzt Alphabet) beim Web 2.0 waren. Das nächste Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über 1 Billion US-Dollar zu finden, ist eine Chance und wäre eine Art «Grosswildjagd». Es wird jedoch viele heute bereits existierende, ausgereifte Unternehmen geben, die in ihrem jeweiligen Markt führend sind und sich durch ihr Engagement im Metaversum neue und erhebliche zusätzliche Umsatzund Gewinnquellen erschliessen. Diese Unternehmen unter die disruptive Lupe zu nehmen, wird von entscheidender Bedeutung sein, um die Gewinner und Verlierer zu ermitteln.

Weitere Informationen finden Sie auf www.gam.com

1 Quelle: Roblox. 2 Quelle: Morgan Stanley Research. 3 Quelle: The Verge. 4 Quelle: Reuters – Boeing will sein nächstes Flugzeug im «Metaverse» bauen, 17. Dezember 2021. 5 Quelle: Grayscale Investments – The Metaverse:

Web 3.0 Virtual Cloud Economies, November 2021.

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Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen dienen lediglich zu Informationszwecken und stellen keine Anlageberatung dar. Die in diesem Dokument enthaltenen Meinungen und Einschätzungen können sich ändern und spiegeln die Sichtweise von GAM im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld wider. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen wird keine Haftung übernommen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für aktuelle oder zukünftige Trends. Die genannten Finanzinstrumente dienen lediglich der Veranschaulichung und sind nicht als direktes Angebot, Anlageempfehlung oder Anlageberatung zu verstehen. Die Erwähnung eines Wertpapiers stellt keine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf dieses Wertpapiers dar. Die aufgeführten Wertpapiere wurden aus dem von den Portfoliomanagern abgedeckten Wertpapieruniversum ausgewählt, um dem Leser ein besseres Verständnis der dargestellten Themen zu ermöglichen. Die aufgeführten Wertpapiere werden nicht notwendigerweise von den Portfoliomanagern gehalten und stellen auch keine Empfehlungen der Portfoliomanager dar. Die Rechtsdokumente in englischer Sprache und die KIIDs in deutscher Sprache sind bei der Zahl- und Informationsstelle in Österreich, Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG, Graben 21, A-1010 Wien, oder auf dem Internet unter www.gam.com kostenlos erhältlich.

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