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Im goldenen Börsianer-Ranking der Finanzbranche belegen

heuer wie im Vorjahr viele Anbieter der betrieblichen und privaten Vorsorge die vorderen Plätze. Grund zur Freude hat aber fast die gesamte Finanzbranche, weil die Gewinne endlich wieder sprudeln.

„Steigende Zinsen heben wie die Flut fast alle Boote der Finanzbranche.“

VITA MARTIN KWAUKA

Finanzjournalist

Der leidenschaftliche Weinbauer (64) ist seit 29 Jahren Finanz- und Wirtschaftsjournalist. Zu den wichtigsten Stationen des gebürtigen Deutschen zählen die langjährige Chefredaktion des Magazins „Format“ und das seit 2015 von ihm organisierte Finanzjournalistenforum. Sein Steckenpferd ist die Altersvorsorge. Sich selbst beschreibt der studierte Agrarökonom als chronisch neugierig.

Und der Sieger heißt: APK Pensionskasse AG. In der Gesamtwertung des Börsianer-Rankings belegt die VBV Pensionskasse AG den zweiten Platz, auch die Vorsorgekassen APK und Valida Plus landen unter den Top Ten. Das gewohnt gute Abschneiden der Verwalter der betrieblichen Vorsorge im Ranking liegt am klaren Geschäftsmodell und dem professionellen Auftreten als reine B2B-Institute. Die Märkte sorgten allerdings für ein Wechselbad der Gefühle: Nach den Traumrenditen im Jahr 2021 folgte die kalte Dusche im Jahr 2022, als Anleihen und Aktien gleichzeitig auf Tauchstation gingen. Speziell für die Vorsorgekassen ist der Crash der Anleihen bitter, schließlich wird das Geld oft nur kurz veranlagt. Bei vielen Kunden, die heuer und im kommenden Jahr ihr Geld abziehen, dürfte die Kapitalgarantie schlagend werden. Der positive Aspekt: Ab sofort ist der Anlagenotstand bei Anleihen beseitigt, es gibt wieder eine Basis für eine gewinnversprechende Vermögensaufteilung.

Bei den Versicherungen war 2021 ebenfalls ein mehr als erfreuliches Jahr. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit EGT verdoppelte sich gegenüber 2020 auf einen neuen Rekord von fast zwei Milliarden Euro. Die Umsatzrendite, also das EGT im Verhältnis zu den verrechneten Prämien, stieg im Durchschnitt von 4,2 auf 11,7 Prozent. Und die Tendenz bleibt positiv, analysiert die Finanzmarktaufsicht (FMA): Aufgrund aktueller Geschäfte bereits gesicherte zukünftige Erträge können sich Versicherungen auf ihr Eigenkapital anrechnen lassen. Auch dieser Ertragsindikator stieg mit 8,3 Milliarden Euro auf einen neues Allzeithoch. Die neue Zinssituation ist zugleich Fluch und Segen: Auf der einen Seite erzeugen schlechtverzinste Altanleihen bei den Assekuranzen beträchtliche stille Lasten. Auf der anderen Seite sinkt der Betrag für technische Rückstellungen wegen tiefer Zinsen vor allem im Bereich Lebensversicherungen, und die künftige Veranlagung der Prämien wird wieder profitabler. Besonders gut schneidet die Vienna Insurance Group AG ab, die gegenüber dem Vorjahr einen beachtlichen Sprung von Platz 13 auf Platz drei macht. Die Tochter Wiener Städtische Versicherung AG folgt knapp dahinter auf Rang acht. Zu den ganz großen Aufsteigern zählen die Helvetia Versicherungen AG, die 45 Plätze gutmacht und nun fünftbestes Finanzinstitut ist, sowie die HDI Versicherung, die von Platz 55 auf Platz 7 vorstößt.

Auch den Banken stehen nach langer Durststrecke wieder bessere Zeiten ins Haus. Schon 2021 sprudelten für die Banken die Gewinne. Das Periodenergebnis verdoppelte sich fast von 3,7 Milliarden Euro auf 7,2 Milliarden Euro. Heuer könnte es noch besser kommen. Einerseits steigen die variablen Kreditzinsen markant, andererseits muss nicht mehr überschüssige Liquidität zu Minuszinsen bei der EZB geparkt werden. Wegen der guten Konjunktur gab es obendrein bisher kaum Ausfälle bei Finanzierungen. Das könnte sich zwar bei einer Rezession ändern, auch das seit der Jahresmitte 2022 abflauende Geschäft mit Immobilienfinanzierungen verursacht Sorgenfalten. Alles in allem kann die Branche aber mit Zuversicht in das kommende Jahr blicken. Als bestes Geldinstitut kann sich die Oesterreichische Kontrollbank AG mit einem Sprung von Position 18 auf Position sechs platzieren.

Ebenfalls mit viel Rückenwind schafft es die Erste Group Bank AG heuer auf Platz elf statt bisher auf Platz 29. Auch die Bausparkassen sind dank höherer Zinsen endlich wieder flott unterwegs. Die S Bausparkasse landet gleich um 69 Häuser besser auf Rang 13, die Raiffeisen Bausparkasse klettert von Position 89 auf Position 25. Fazit: Die kräftig steigenden Zinsen heben – ähnlich wie die Flut – fast alle Boote der Finanzbranche, jetzt lautet das Motto wieder volle Kraft voraus. n

MARTIN KWAUKA

Mag. Alexander Götz (links) und Dr. Lukas Holzer (rechts) | © BDO Austria

THEATER. INNOVATIVE STRATEGISCHE NEUAUFSTELLUNG FÜR DIE JOSEFSTADT BALANCE ZWISCHEN KUNST UND FINANZEN

Lukas Holzer

lukas.holzer@bdo.at

Die Kunst- und Kulturbranche war von den coronabedingten Schließungen bekanntlich so stark betroffen wie kaum eine andere. „Neben dem künstlerischen Dilemma, nicht für unser Publikum spielen zu dürfen, waren die Lockdowns trotz der Subventionen ein finanzielles Desaster. Daher wurde beschlossen, nötige Einsparungen auch mithilfe einer Strukturreform zu unterstützen. Durch diese begleitete uns BDO“, erklärt Mag. Alexander Götz, kaufmännischer Geschäftsführer des Theaters in der Josefstadt. „Die Josefstadt ist nicht nur aufgrund der Qualität der Theaterproduktionen eine der führenden Bühnen im deutschsprachigen Raum, sondern auch in Bezug auf die Anzahl an Produktionen und Vorstellungen pro Saison. Es galt also, einen Weg zu kosteneffizientem Agieren zu finden, ohne die künstlerische Freiheit und Qualität einzuschränken“, betont Dr. Lukas Holzer, Projektleiter BDO.

GENAUE ANALYSE

Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit war eine umfassende strategische Analyse des Status quo, die mithilfe der Führungskräfte aller Bereiche und des Betriebsrats durchgeführt wurde. In zahlreichen Gesprächen arbeitete man Anspruch und Abläufe gemeinsam heraus. „Uns war es sehr wichtig, das Haus ganzheitlich zu verstehen: angefangen bei der künstlerischen Organisation über die bühnentechnische Umsetzung bis hin zu Marketing- und Kund:innenbetreuungsaktivitäten“, so Lukas Holzer. Und Alexander Götz ergänzt: „Abstriche in der Qualität waren natürlich undenkbar, da waren wir uns alle einig. Allerdings mussten wir den Spagat zwischen künstlerischem Anspruch und bestmöglicher Nutzung aller Ressourcen meistern.“

UNGEWÖHNLICHE LÖSUNG

Es kristallisierte sich heraus, dass das Repertoire-System einen zentralen Faktor für den wirtschaftlichen Theaterbetrieb darstellt. Da stets mehrere Stücke parallel geprobt und gespielt werden, waren ständige Auf- und Umbauten auf den beiden Hauptbühnen im Stammhaus und in den Kammerspielen nötig. „Wir hatten hier die paradoxe Situation, dass die Josefstadt zwar auf der Umsatzseite ungeheuer erfolgreich war, diese Erfolge aber durch die hohen Umbaukosten aufgefressen wurden“, erläutert Lukas Holzer. Die Erkenntnis lautete in aller Kürze: Die beiden Bühnen sind überausgelastet. Mehr Aufführungen bringen ab einem bestimmten Punkt nicht mehr Deckungsbeitrag, sondern schmälern ihn. „Die Lösung des Problems lag dann auf der Hand: Weniger spielen. Auch wenn wir diese Erkenntnis erst einmal verdauen mussten“, so Alexander Götz.

TREUES PUBLIKUM

Gleichzeitig brachte die Analyse aber auch einen aus künstlerischer wie wirtschaftlicher Sicht sehr erfreulichen Punkt zutage: Die Anzahl der Theaterabos hat unter den langen Schließzeiten fast nicht gelitten. „Wir sind sehr dankbar, dass unsere Abonnent:innen uns die Treue gehalten haben. Trotz reduzierter Aufführungsanzahl können wir alle Abos problemlos bedienen und sind damit weniger abhängig von den Einzelkartenverkäufen“, freut sich Alexander Götz. „Die Anzahl der Vorstellungen wird von ca. 660 auf ca. 550 pro Jahr reduziert. Damit spielen wir noch immer mehr als viele andere Theater. Es braucht also niemand Sorge haben, dass sie:er keinen Platz mehr bekommt. Wir freuen uns auch weiterhin, viele Besucher:innen mit Einzelkarten in beiden Häusern begrüßen zu dürfen.“

INNOVATIV AUFGESTELLT

Am Ende der Strukturreform liegt der Fokus der Josefstadt und der Kammerspiele unverändert auf qualitativ hochwertigem und literarisch anspruchsvollem Sprechtheater. „Wir sind nun strategisch und betriebswirtschaftlich neu aufgestellt – und das bei unverändert hoher künstlerischer Qualität“, schließt Alexander Götz.

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