ANLAGE Europa ist nicht reif für Private Equity 94 RANKING DIE BESTEN FINANZVORSTÄNDE VORSORGE PLAKOLM TRIFFT GASSELSBERGER PORR-CHEF FLAUTE AM BAU? VON WEGEN! Chat GPT In künstliche Intelligenz investieren 32 „Willi“ Hemetsberger Wenn der Hut brennt, ruft Österreich nach ihm — 10 — 1. QUARTAL 2023 ∙ 12 EURO Mr. Risiko! EXTRA
Um die Energiewende zu schaffen, muss mehr und mehr Strom aus erneuerbaren Quellen stammen. Was das Klima schützt, macht eine stabile Stromversorgung aber gleichzeitig herausfordernder.
Denn gerade die Energie aus Wind und Sonne steht nicht immer konstant zur Verfügung. Der Strom muss aber genau das tun. Deswegen ist der Ausbau von Speichern und Netzen dringend notwendig.
Bis 2030 verfolgen wir das Ziel, rund 15 Mrd. Euro in die Energiewende zu investieren, genauer gesagt: in Wasser-, Wind- und Sonnenkraft, grünen Wasserstoff und nicht zuletzt in den Ausbau unserer Netze. Nur wenn viele Faktoren zusammenspielen, können wir Österreich sicher und unabhängig mit Energie versorgen – egal ob Industrie und Betriebe, öffentliche Einrichtungen oder private Haushalte.
Das erreichen wir unter anderem mit modernen Möglichkeiten, Windund Sonnenenergie zu sammeln, wenn sie verfügbar ist, und für später zu speichern.
Die Energiewende gelingt uns nur zusammen. Deswegen arbeiten wir unermüdlich am Gelingen der Energiewende in Österreich und Europa. Denn: Gemeinsam sind wir die Kraft der Wende.
In Windenergie zu investieren bringt gar nichts. Wenn wir nicht auch in ein stabiles Netz investieren.
Liebe Börsianer!
Das Wort „Krise“ hat sich zum Jahreswechsel bei vielen Menschen im Kopf festgesetzt. Vor allem die Teuerung bereitete den Menschen in Österreich Sorge. Doch die Stimmung im Land war und ist deutlich schlechter als die tatsächliche Lage in der Wirtschaft, wie meine Kollegin Ingrid Krawarik im Gespräch mit den Finanzvorständen (Seite 20) von OMV AG, Andritz AG oder Erste Group Bank AG festgestellt hat.
Börsen legen Blitzstart hin
Die Rezession ist abgeblasen, Unternehmen präsentieren weltweit solide Zahlen, die Börsen haben einen furiosen Jahresstart hingelegt und dabei sogar erfahrene Börsenprofis überrascht. Für viele Anleger stellt sich jetzt die Frage, wo die Reise nach dem Blitzstart hingeht. Antworten darauf geben wir in unserem großen „Investment Outlook 2023“ (ab Seite 51), den wir Ihnen heuer erstmals in einem neuen Format, dem Börsianer Journal, auf 26 Seiten präsentieren.
ChatGPT ist in aller Munde
Darüber hinaus hat sich die Börsianer-Redaktion mit Private Equity und der künstlichen Intelligenz (KI) zwei weitere Trendthemen aus der Investmentwelt für Sie näher angesehen: Die weltweiten Datenmengen steigen, die Rechenkapazitäten ebenso. Damit gelingt es zunehmend, Maschinen so zu programmieren, dass sie nicht nur Befehle ausführen. Sie werten längst auch umfangreiche Datensätze aus,
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3 EDITORIAL BÖRSIANER NR. 53
COVERFOTO: BARBARA STER
DOMINIK HOJAS Chefredakteur „Börsianer“
Pensionslücke. Warum es der Politik so schwerfällt, offen über die Pensionslücke zu sprechen, haben wir mit Staatssekretärin Claudia Plakolm und Oberbank-Boss Franz Gasselsberger in Linz diskutiert.
treffen selbstständig Entscheidungen und lernen laufend dazu. Die Entwicklungen in der künstlichen Intelligenz stehen dabei aber erst am Beginn eines langfristigen Trends, wenngleich die KI dank ChatGPT nunmehr in aller Munde ist. Ebenso jung sind die Investmentchancen an der Börse (Seite 32), wie Raja Korinek analysiert hat. Sie reichen von KI-Entwicklern bis hin zu Unternehmen, die anhand des Einsatzes intelligenter Maschinen kräftig wachsen wollen.
Nicht reif für Private Equity
Für die Mitglieder des größten amerikanischen Pensionsfonds stellt Private Equity seit langem eine unverzichtbare Rentenversicherung dar. Doch in Europa gleichen solche Anlagen eher einer Melkkuh der Finanzbranche. In Österreich gibt es viel heiße Luft um das Thema. Das Fazit unserer Redakteurin Julia Kistner und unseres Schweiz-Korrespondenten Dani Zulauf: Europa ist nicht reif für Private Equity, wie Sie in deren Beitrag (Seite 94) erfahren können.
Schluss mit Vorverurteilungen
Ein anderes Thema, das die Justiz und uns Medien in den vergangenen Monaten beschäftigte, betrifft mehrere Prozesse mit prominenten Angeklagten aus der Wirtschaft. Viele der Angeklagten beklagten sich, auch bei mir, über „mediale Vorverurteilungen“. Ein Beispiel dafür ist der sogenannte Chorherr-Prozess. Im Prozess gegen den früheren Klubobmann der Grünen, Christoph Chorherr, und prominente Mitangeklagte wie den Investor Rene Benko, den Industriellen Michael Tojner, die Immobilienentwickler Erwin Soravia und Günter Kerbler sowie Investmentbanker Wilhelm „Willi“ Hemetsberger wurden alle Anklagepunkte (Bestechung, Bestechlichkeit beziehungsweise Amtsmissbrauch) fallengelassen.
Was so ein öffentlicher Prozess mit einem Menschen macht, hat Ingrid Krawarik von unserem Börsianer des Quartals, Willi Hemetsberger, im Coverinterview (Seite 10) erfahren. Als hochgradiger Spezialist in Sachen Risiko hat der Investmentbanker mit seiner Ithuba Capital ein höchst erfolgreiches Geschäftsmodell aufgebaut. Zuletzt hat er für die Wien Energie die Kohlen aus dem Feuer geholt.
Bleibt mir noch, den besten Finanzvorständen unseres goldenen Rankings (Seite 89), Walter Oblin, Reinhard Florey und Robert Ottel, zu gratulieren.
Viel Vergnügen mit dem 53. Börsianer Magazin wünscht Ihnen
4 EDITORIAL BÖRSIANER NR. 53
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Dominik Hojas
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Stolze Sieger. Ingrid Krawarik und Dominik Hojas überreichten die Auszeichnungen des „Börsianer 500“ an die sichtlich erfreuten Vorstände der VBV Pensionskasse AG und der Oesterreichischen Kontrollbank AG.
Die PORR bringt die Kreislaufwirtschaft in Schwung
Ein zweites Leben für alte Baumaterialien
Verantwortungsvolles Bauen bedeutet einen ressourcenschonenden Umgang mit der Natur. Die PORR entwickelt innovative Verfahren, um in ihren 17 Recyclinganlagen aus altem Beton, Asphalt, Ziegeln u.v.m. neue Baumaterialien zu machen. So werden aus Abrissobjekten Rohstofflager.
technik eine Sammel- und Recyclinganlage für die Aufbereitung von Gipskarton-Abbruchmaterial. Diese Pläne gelten vorbehaltlich der Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen.
Aus Ziegeln sprießt es grün
Alte Ziegel bekommen im Recycling Center Himberg ein neues Leben: 65.000 t zerkleinert die PORR dort jährlich zu feinem Ziegelsplitt. Daraus werden Substrate hergestellt, auf die besonders Pflanzen stehen: So erhalten alte Ziegel ein neues Leben bei der Begrünung von Dächern.
Betonkreislauf
Die Gebäude von heute sind die Rohstoffe von morgen! Getreu diesem Prinzip setzt die PORR auf eine effiziente Ressourcennutzung zur Schonung der Umwelt. Baurestmassen – von Beton, Ziegeln und Asphalt bis zu Bauschutt – werden recycelt und in die Kreislaufwirtschaft rückgeführt. Das heißt, dass sie wieder im Bau eingesetzt werden können und damit Primärrohstoffe ersetzen.
Insgesamt recycelt die PORR 2,2 Mio t Material pro Jahr. 1,7 Mio. t davon setzt sie frisch aufbereitet wieder auf eigenen Baustellen ein – zum Beispiel als Schüttmaterial für den Straßenbau, zur Betonund Asphaltherstellung aber auch auf Tennisplätzen. Dabei wird ständig an innovativen Verfahren gearbeitet.
Styropor kann noch viel mehr Nur ein Viertel der Styroporabfälle am Bau werden im Sinne der Kreislaufwirtschaft recycelt. Gemeinsam mit elf Partnern und Fraunhofer Austria hat die PORR das Forschungsprojekt EPSolutely gestartet. Ab 2025 soll mithilfe der entwickelten Lösungen die Verwertungsquote auf bis zu 80 % gesteigert werden.
Gips raus aus Deponien 2026 wird es in Österreich ein Deponierungsverbot für Gips geben. Gemeinsam mit Rigips Saint-Gobain und Saubermacher plant die PORR Umwelt-
100.000 t Betonabbruch werden jährlich ins Recycling Center Himberg gebracht. Mit speziellen Verfahren entsteht daraus Recyclingbeton, der hauptsächlich im Ingenieur- und Straßenbau eingesetzt wird. Beton ist besonders gut im Sinne der Kreislaufwirtschaft wiederverwertbar.
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PORR
© PORR
Beton wird zerkleinert und im Recycling Center Himberg zu Recyclingbeton verarbeitet.
400.000 t Baumaterialien kommen jährlich ins Recycling Center Himberg.
© PORR
Ziegel sind das Rohmaterial für Dachsubstrat. Entgeltliche Einschaltung
© PORR porr-group.com
VORSORGE Radikaler Systemwechsel notwendig
24
TROUBLESHOOTER Wenn es brennt, ist er da
ESG
Unternehmen machen auf Biodiversität 100 10
FINANZMARKT
MR. RISIKO! (COVER) 10 Als hochgradiger Spezialist in Sachen Risiko hat Willi Hemetsberger mit Ithuba Capital ein höchst erfolgreiches Geschäftsmodell aufgebaut. Wenn der Hut brennt, ruft Österreich und die Finanzbranche nach ihm. So geschehen bei Heta, Wien Energie und ÖBB. Kürzlich feierte der Investmentbanker seinen Freispruch im Chorherr-Prozess.
FINANZEN
2024 ist dann alles 20 wieder gut
VORSORGE Plakolm und Gasselsberger 24 im Doppelinterview
PRIVATE EQUITY
Europa ist nicht reif für 94 Private Equity
BIODIVERSITÄT Was Bienen verdienen 100
6 INHALT BÖRSIANER NR. 53
RENDITE
INSIDERKÄUFE 08
Die Aktienkäufe der Manager
AKTIENMÄRKTE 30
Chartvergleich zur Wiener Börse
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
Die Macht der Maschinen 32
1. Teil: Marktumfeld 34
2. Teil: Veranlagung 36
3. Teil: Interview 38
BÖRSENWETTER 40
Entwicklung der Weltbörsen und Analystenstimmen
KURSDATEN 42
Top-Performer: Aktien, Fonds, Anleihen, Rohstoffe, Krypto, Währungen
STATISTIK 46
Börsen- und Wirtschaftsdaten
EXTRA: BÖRSIANER JOURNAL 51
Investment Outlook 2023
BRANCHEN
Darüber spricht man in den Branchen: Köpfe, Deals, News, Trends und Events
RANKING
Die 50 besten CFOs des Kapitalmarkts
MEINUNGEN
KARL-HEINZ STRAUSS 16
Flaute am Bau? Von wegen!
JOCHEN DICKINGER 17
Liebe AI, ich habe da eine Frage …
Ad-hoc der Redaktion
BÖRSIANER JOURNAL
Ab sofort publizieren wir mit dem Börsianer Journal in jeder Ausgabe einen eigenen Themenschwerpunkt (ab Seite 51), um Ihnen noch mehr fachliche Exzellenz bieten zu können. Wir starten mit einem „Investment Outlook“ für 2023.
NEUER KOPF
50 besten CFOs des Kapitalmarkts
89
DENKT DIE POLITIK 106 Die Tücke mit der Lücke
MARKTGEZWITSCHER 110
Darüber wird im Netz gesprochen
FIRMENINDEX/IMPRESSUM 115 Auszüge von Unternehmen in dieser Ausgabe
WELTBLICK 116
Die Sicht der Korrespondenten
50 Brauchen neuen Sicherheitsbegriff BETTINA SCHRAGL 80
Wir begrüßen Daniel Nutz in der Börsianer-Redaktion. Der erfahrene Journalist hat die Redaktionsleitung für den Börsianer Grün übernommen und verantwortet alle Nachhaltigkeitsthemen.
ERRATUM
ALBERT BIRKNER 86 Stärkung des EU-Kapitalmarkts
MARTIN KWAUKA 114
Anleihen: Jahrelang kein Kurs in Wien
In der vergangenen Ausgabe haben wir statt eines Gastkommentars von Staatssekretärin Claudia Plakolm einen alten Beitrag zum Thema Vorsorge von Börsenvorstand Christoph Boschan abgedruckt. Wir bedauern diesen Fehler.
Weblinks werden in dieser Ausgabe mit einem markiert.
GELBEN BALKEN
7
Klasse
PETER
OLIVER STOCK 17 Madame Wankelmut BEATE WOLF 18 Wohlstand für den Ruhestand KURT WEINBERGER
Präzedenzfall
BARTOS 84 Nachhaltigkeit im Geschäftsmodell
BANKEN 48 VERSICHERUNGEN 50 FONDS 78 AKTIEN 80 IMMOBILIEN 82 BERATER 84 RECHT 86 FINTECH 88 SEITENBLICKE RANKING
Die
SO
INSIDERKÄUFE
Die Aktienkäufe der Spitzenmanager
MANAGER HALTEN SICH IM NEUEN JAHR ZURÜCK
TEXT CHRISTOPH EISELE
Obwohl das neue Börsenjahr 2023 mit einem kleinen Kursfeuerwerk an den Märkten eingeläutet wurde, verhielten sich die Manager seit Jahresbeginn mit Zukäufen eher verhalten. Lediglich 890.000 Euro haben sie im Jänner dafür aufgebracht, der tiefste Monatswert seit über einem Jahr. Die Depots der Insider dürften aber keineswegs leer sein. Aufgrund der 2022erKurskapriolen an den Börsen haben sie bereits im vergangenen Jahr fleißig niedrige Einstiege genutzt. Von den 765 bei der Wiener Börse gemeldeten Transaktionen waren 727 als Käufe und nur 38 als Verkäufe deklariert, wobei das Volumen der Käuferseite mit 519,6 Millionen Euro nur geringfügig über jenem der Verkäuferseite mit 416,3 Millionen Euro lag. Mit einem Volumen von 337,5 Millionen Euro fällt besonders die Übernahme der S Immo AG durch die Immofinanz AG, unter dem Dach der CPI Property Group, ins Gewicht. Viele Anteile haben auch im Zuge der Kapitalerhöhung der Bank für Tirol und Vorarlberg AG und dem Ausstieg der Wüstenrot Gruppe aus der 3-Banken-Gruppe im Dezember ihren Besitzer gewechselt. Zu Umschichtungen im einstelligen Millionenbereich kam es im November und Dezember unter den Gesellschaften von Unternehmer Stefan Pierer. Auch Jeffrey Dishner und Laura Rubey haben über die Stiftung mit dem sperrigen Namen SOF11 Klimt CAI S.à r.l. für die Starwood Capital Group weiter CA-Immo-Aktien aufstockt und dafür im Dezember mehr als
sieben Millionen Euro für 276.000 Aktien springen lassen. Von Lenzing-AG-Boss Stephan Sielaff ging im November der größte Deal einer Einzelperson über den Tresen, er ließ knapp 50.000 Euro für 700 Aktien springen. Der prominenteste Verkauf war jener kurz vor Weihnachten des langjährigen Kernaktionärs der Wiener Privatbank SE, Günter Kerbler. Zehn Prozent seiner Anteile gingen für 4,25 Millionen Euro an Dominik Benner.
Anleihen im Rampenlicht
Die vor einem Jahr noch totgesagten Anleihen sind seit Jahresbeginn unter In-
sidern heißbegehrt. Zinsen jenseits der Vier-Prozent-Marke sind nicht selten. Besonders in Bankenkreisen sind Schuldtitel en vogue. Im Jänner haben Manager der Erste Group AG, Bawag Group AG, Hypo Tirol Bank AG und Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG in Summe Anleihen im Wert von einer halben Million Euro eingekauft. Angetan hat es die Anlageklasse auch dem Aufsichtsrat und Kernaktionär der UBM Development AG, Klaus Ortner, der sich im Jänner gleich drei Hybridanleihen der UBM für 225.000 Euro ins Depot geholt hat und auch im Februar mehrfach zugegriffen hat. n
8 RENDITE INSIDER
UNTERNEHMEN PERSON/GESELLSCHAFT KAUF IN STÜCK SUMME (EUR) S Immo AG Immofinanz AG 17.305.012 337.447.734 BTV AG Oberbank AG 428.000 13.987.040 CA Immo AG Jeffrey Dishner und Laura Rubin (Starwood) 276.000 7.374.749 Pierer Mobility AG Stefan Pierer 70.000 4.408.105 Pierer Mobility AG Stefan Pierer 43.000 2.749.523 TOP 5 MANAGER-TRANSAKTIONEN (3 MONATE) INSIDERBAROMETER (BENCHMARK ATX) AUG 91 19 202 161 41 81 38 64 18 24 SEP OKT NOV DEZ JÄN FEB MÄR APR MAI JUN JUL ATX 12 MONATE QUELLE: OEKB, WIENER BÖRSE, „BÖRSIANER“; OHNE VERGÜTUNGSPROGRAMME 5 KÄUFE 33 KÄUFE
Digital
nagler-company.com Lassen Sie uns darüber sprechen.
change is constant.
VITA WILLI HEMETSBERGER Geschäftsführer Ithuba Capital
Der gebürtige Oberösterreicher (64) fährt in Wien am liebsten mit dem Rad, zum Arlberg auf Skitour nimmt er die Eisenbahn. Er studierte in Wien, Bologna und Baltimore. Zu seinen beruflichen Stationen zählen die Sparinvest, die GiroCredit, die Citibank, der Vorstandschefposten der Creditanstalt Investmentbank sowie seine sieben Jahre als Vorstand der Unicredit Bank Austria AG. Die Ithuba Capital kaufte er Michael Tojner ab. Wünsche hat er keine, außer ab und zu ein neues Fahrrad.
MR. RISIKO! DER TROUBLESHOOTER
Willi Hemetsberger hat kürzlich seinen Freispruch im Chorherr-Prozess gefeiert. Als hochgradiger Spezialist in Sachen Risiko hat der Investmentbanker mit Ithuba Capital ein höchst erfolgreiches Geschäftsmodell aufgebaut. Wenn der Hut brennt, ruft Österreich und die Finanzbranche nach ihm.
INTERVIEW INGRID KRAWARIK
FOTOS BARBARA STER
FINANZPLATZ COVER #INTERVIEW
Wilhelm hat mich nur der Lehrer in der Schule genannt, wenn es Probleme gab. Damals hieß ich oft Wilhelm. Für alle anderen bin ich der Willi.“ Der Börsianer trifft Wilhelm „Willi“ Hemetsberger in seinem Büro von Ithuba Capital, als er Börsenkurse auf seinen zwei überdimensionalen Bildschirmen beobachtet. Das gehöre zum täglichen Muss, sagt er. Gerade jetzt, wo viele Unternehmen seinen Rat und seine Expertise bei Restrukturierungen fordern. Hemetsberger ist seit 2008, kurz nach seinem freiwilligen Ausscheiden aus dem Vorstand der Bank Austria Creditanstalt AG, der Troubleshooter, der geholt wird, wenn es brennt. Heta, Volksbanken, Kommunalkredit, ÖBB, Land Salzburg, Wien Energie: Die Liste seiner erfolgreichen Fälle ist lang.
Vor den Fenstern seines Büros in der Stallburggasse im ersten Wiener Bezirk steht ein Fahrrad. Als er vor einiger Zeit Knieprobleme hatte, radelte er jeden Tag eine halbe Stunde zur Therapie. Jetzt ist das Rad fast ein Museumsstück, vielleicht auch das Knie. Zur Arbeit und nach Hause in den Achten kommt ein anderes Bike zum Einsatz. Hemetsberger liebt Fahrräder, ist ein Sammler. Der Ledercouchsessel ist sein bevorzugter Anker im Raum. „Das letzte Mal war ich in den 1990ern auf dem Cover, da war ich Derivatehändler, Füße auf dem Tisch im Handelsraum, Zigarette im Mund. Lässig, dumm und jung.“ Würde er das heute auch noch sagen? „Aber ja. Damals wusste ich nicht, was ich alles nicht weiß.“ Hemetsberger
lacht. Das macht er oft. Die blauen Augen strahlen. Es war die gute alte Börsenzeit, die er als Junger erlebte, da war alles möglich. Die unfreiwillige öffentliche Wahrnehmung durch den Chorherr-Prozess, der vor kurzem mit einem Freispruch für ihn und alle Angeklagten endete, hat seinem Beratungsgeschäft keinen Dämpfer versetzt. Das hat ihn überrascht. Da die Unschuldsvermutung, sobald sie in der Zeitung stehe, keinen Wert mehr habe, sagt er. Ein Gespräch mit dem Börsianer des Quartals über Erfolgsrezepte, Vorverurteilungen, Spenden, wie er Probleme aus der Welt schafft und warum der heimische Kapitalmarkt immer klein bleiben wird.
Wann ruft man den Willi an? – Willi Hemetsberger: Am bekanntesten sind wir als Financial Troubleshooter, die Firma Ithuba Capital ist auch daraus entstanden. 2007 habe ich das Banking der Bank Austria verlassen. Ich bin 50 geworden, da bekommen die Optimisten die Midlifecrisis und glauben, sie leben bis 100.
und sein Team von 40 Mitarbeitern ist zur Stelle, wenn es brennt: „Wir kennen die Märkte und die Leute sehr gut und sind beim Finanzrisikomanagement auch technologisch führend.“
Ich bin über die Alpen gegangen, habe Marcel Proust gelesen und hab mir gedacht, was mach ich jetzt? Dann ist die Lehman-Krise gekommen, und dann ist es wieder spannend geworden.
Inwiefern? – Finanzinstitutionen im deutschsprachigen Raum hatten Probleme, und ich habe geholfen, ihre Portfolien zu restrukturieren und das Risikomanagement zu reorganisieren. Alles sehr komplex, inklusive Verhandlungen mit großen Investmentbanken.
Da sind Sie gleich auf den Zug aufgesprungen, von den Alpen quasi? – (lacht) Nein, ich hatte ursprünglich gar kein Interesse. Mich hat eine Finanzinstitution angerufen, die haben gesagt, ich soll kommen. Ich war aber damals auf „gardening leave“ und hatte mit der Unicredit ausgemacht, dass ich ein Jahr für keinen Konkurrenten arbeite. Zwei Stunden später hat mich die Unicredit angerufen, die hatten dort eine Beteiligung, und denen war es auch sehr recht, dass das Problem gelöst wird.
Wieso gerade Sie? – Es gab in dem Bereich der strukturierten Derivate und Kreditderivate sehr wenige Spezialisten am Markt, die unabhängig waren, zur Verfügung standen und das auch konnten. Das ist ein sehr spezialisierter Bereich. Die haben gesagt: „Komm am Montag früh rein.“ Ich hab geantwortet: „Montag früh? Dienstagmittag vielleicht.“ Es war klar, dass sie Spezialisten brauchen.
FINANZPLATZ COVER 12
„Mit 50 bekommen die Optimisten die Midlifecrisis und glauben, sie leben bis 100.“
WILLI HEMETSBERGER
USP. Willi Hemetsberger
Daraufhin habe ich mir Leute aus Frankfurt, London, München und Wien zusammengesucht – es war damals sehr leicht, aus Banken sehr gute Leute abzuheuern –, und aus dem heraus hat sich das ergeben. Dann haben wir die in Wien aufgebaut und unsere Software-Tochter Aquntec in München. Nicht in Frankfurt oder London, Wien war ein Luxus.
Warum Wien? – Ich lebe gern in Wien und wollte nicht weg. Meine Kinder waren damals in der Mittelschule. Ich habe sie gefragt, ob wir nach London zurückgehen sollen, und sie haben gemeint: „Wir bleiben hier, du kannst uns ja am Wochenende besuchen.“ Damit war das auch entschieden. Dann sind wir mit der Firma schnell gewachsen, weil die Probleme groß und langfristig waren. Und dann kam schon die Hypo Alpe Adria.
Ist das einer Ihrer größten Erfolge? – Da waren wir schon ein bisschen stolz. Aber wir haben die Hypo nicht selbst gemanagt, sondern die Restrukturierung ihrer Schulden. Das war das erste Mal, dass ein europäisches, westliches OECD-Land einen Schuldenschnitt bei den Gläubigern durchsetzen konnte. Es gab viele kritische Stimmen, das war aber mehr ein bereinigendes Gewitter. Seither hat sich die Kapitalmarktsicht auf Österreich eher gebessert als verschlechtert. Wir waren dabei, als die Volksbank International an die Sberbank verkauft wurde, haben geholfen, die Volksbanken abzuwickeln, sind nach wie vor bei der Abwicklung der Immigon dran, auch die Kommunalkredit war ein großer Fall. Am Ende des Tages wird bei Immigon und der Kommunalkredit mehr rauskommen, als man noch vor fünf oder zehn Jahren gedacht hat.
Kürzlich tauchte Ihr Name bei der Wien Energie auf, die … – ... hatten ein Liquiditätsproblem, aber kein Marktrisiko. Wir arbeiten nach wie vor im Energiesektor. Das ist ein Markt mit großen Verwerfungen.
#DERIVATE
KREDITE RESTRUKTURIEREN
Derivate sind verschiedenste Formen von Optionen, Futures-Kontrakten oder Swaps, deren Preis sich auf gegenwärtige oder zukünftige Preise von dem zugrundeliegenden
Assets – auch Underlyings genannt – wie Aktien, Zinsen, Kreditrisiko oder Commoditys wie Gas oder Strom beziehen. Sie können sowohl zur Verminderung von Risiken (Hedging) oder zur Erhöhung (= Spekulation) verwendet werden. Es gibt börsengehandelte, bei denen es in der Regel keine Erfüllungsrisiken gibt, oder „OTC“ (über die Budel), bilaterale Kontrakte, bei denen es neben dem betreffenden Grundgeschäftsrisiko auch noch ein CounterpartyRisiko gibt.
Wie kommen Sie heute zu Aufträgen? –Man kennt uns am Markt. Es gibt Ausschreibungen der öffentlichen Hand und „beauty contests“ bei privaten Unternehmen.
Schönheitswettbewerbe? – Die heißen wirklich so.
Was ist Ihr USP? – Wir kennen die Märkte sehr gut, die Leute gut, beim Finanzrisikomanagement sind wir auch technologisch führend. Da investieren wir viel. Im deutschsprachigen DACH-Raum gibt es im Derivatebereich wenig Spezialisten. M&A-Beratung machen wir eher in Osteuropa und Österreich, also viel mit börsengelisteten Immobilienkonzernen, Banken, Versicherungen. Und wir können Risikomanagement und
Restrukturierung, Letzteres hat zuletzt stark zugenommen.
Wie viel Konkurrenz ist am Markt? – Das ist unterschiedlich. Bei den großen börsengelisteten Firmen – wir haben beispielsweise die CA Immo lange begleitet und die Immofinanz bei der Übernahme durch CPI vertreten – gibt es die üblichen Verdächtigen wie JP Morgan, Morgan Stanley, also die großen US-Investmentbanken, mit denen konkurrieren wir in Österreich öfter. Lokal gibt es keinen außer uns, der das macht, wir sind auf börsengelistete Firmen spezialisiert. Andere schicken Associate Directors, wir haben die Seniors.
Wie wichtig ist Vertrauen in Ihrem Geschäft? – Es ist ein professionelles Geschäft. Du musst wissen, wer die Leute sind.
Ich frage deshalb, weil Sie durch den Chorherr-Prozess als einer der Angeklagten unfreiwillig mit einer öffentlichen Wahrnehmung konfrontiert waren. – Das würde ich nicht überschätzen. Mir hat einmal eine gute Freundin gesagt, als ich mich über einen Artikel geärgert habe: „Was, du liest Artikel über dich, das macht man nicht! Weil am nächsten Tag ärgerst du dich immer noch über den Artikel, und alle anderen Leute haben dich schon vergessen.“
Was war Ihre erste Reaktion auf den Freispruch? – Ich habe mich natürlich gefreut, weil der Richter sagte, dass es nicht irgendeinen Hinweis auf etwas Strafbares gibt. Ich weiß tatsächlich immer noch nicht, was mir vorgehalten wird, das ist mir im Prozess auch nicht klar geworden.
Hat Sie der Prozess belastet – persönlich und beruflich? – Eine Zeitlang war das wegen der Medien natürlich in gewisser Weise belastend. Die Unschuldsvermutung gilt, sobald sie in der Zeitung steht, nichts mehr. „Wird schon so sein“, denken sich einige. Gerade in der Finanz-
FINANZPLATZ COVER 13
WILLI
„Die Unschuldsvermutung gilt, sobald sie in der Zeitung steht, nichts mehr.“
HEMETSBERGER
wirtschaft, wo man sensibel auf solche Sachen reagiert, ist das nicht einfach. Deshalb war ich auch positiv überrascht, dass wir eigentlich keine negativen Feedbacks von unseren Kunden hatten, weder in Österreich noch in Deutschland.
Können Sie eine Lehre daraus ziehen? – Ich weiß nicht, welche Lehre ich daraus ziehen sollte. Wir haben mitgeholfen, diese Schulen aufzubauen, dort sind jetzt 500 bis 600 Kinder aus den ärmsten Townships Südafrikas, die in die Schule gehen und was zu essen bekommen, die eine Ausbildung kriegen, auch eine fachliche. Wir haben Absolventen, die studieren in China, andere sind am Broadway mit einer Dance Crew unterwegs, die ziehen die ganze Neighbourhood mit nach oben. Im Township bei unserer Schule im Süden Johannesburgs kann es schnell ein bisschen „iffi“ werden, aber wenn es klar ist, dass du mit der Schule zu tun hast, dann bist du „friends“ mit jedermann.
Sie sind stolz darauf. – Es ist ein tolles Projekt! Wir haben das Geld gegeben und der Christoph Chorherr hat die richtigen Leute für das Projekt gefunden. Die Bank Austria war der zweitgrößte Sponsor mit mir, da war ich schon lange draußen aus der Bank, die Stadt Wien war der dritt-
#SPENDEN
CHORHERR-PROZESS
Im Prozess um den Ex-Politiker Christoph Chorherr ging es in der Anklage um Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit. Chorherr wurde vorgeworfen, von mitangeklagten namhaften Immobilienunternehmen Zahlungen für einen von ihm initiierten gemeinnützigen Verein gefordert und angenommen zu haben. Der Verein S2Arch unterstützt Kinder- und Schulprojekte in Afrika. Laut der Anklage dürften sich die Spender als Gegenleistung Vorteile bei Widmungsverfahren versprochen haben. Alle Angeklagten wurden freigesprochen.
größte Sponsor, die haben im Gemeinderat jährlich das Sponsoring beschlossen, das war schon vor uns. Das Finanzministerium hat den Verein geprüft und beobachtet. Wie viel mehr Due Dilligence willst du machen? Diese Schulen finanzieren sich heute praktisch selbst, brauchen „nur“ noch 100.000 bis 150.000 Euro pro Jahr. Inzwischen zahlt das die Provinz Gauteng wie eine normale Schule, die Republik Südafrika zahlt auch mit, weil es ein erfolgreiches Projekt ist.
Sie haben Ihre Firma nach diesem Projekt benannt. Sind Sie noch öfter dort? – Vor Co-
vid waren es ein-, zweimal im Jahr. Wir zahlten als Firma Ithuba jedes Jahr cirka 100.000 Euro Sponsorship, jetzt sind es ein bisschen weniger. Das ist auch ein Grund, wieso ich jeden Tag gerne ins Büro gehe. Man könnte das multiplizieren. Eigentlich ist das richtiges Impact-Investing. Man könnte jetzt auch in Nordafrika und im Nahen Osten, dort wo die vielen Flüchtlinge herkommen, solche Schulen aufbauen, in Deutsch, wir bilden alles aus, was wir brauchen, von Pfleger bis Ärzte und Techniker. Die haben dann die Möglichkeit, nach der Schule nach Österreich zu kommen. In Deutschland machen die das schon. Das wäre effiziente Hilfe vor Ort und ein gutes Investment unseres Landes. Wir brauchen Einwanderung, am besten qualifizierte, auch wenn das viele nicht gern hören.
Würden Sie da wieder dabei sein und spenden? – Na sicher. Man muss die richtigen Leute finden. Es ist nicht einfach, in diesen Ländern Geld auszugeben, sodass das Geld dort ankommt, wo es ankommen sollte. Das hat der Christoph Chorherr gut gemacht.
Christoph Chorherr hat der Prozess finanziell ruiniert ... – Es hat ihn finanziell sehr hart getroffen.
FINANZPLATZ COVER 14
Parabel. Seinen eigenen „Bullshit“ kennt Willi Hemetsberger zur Genüge. „Ich will hören, wo ich falsch liege“, sagt er.
Ist das Justizsystem in Österreich ungerecht? – In dem Fall ja. Es fehlt eine adäquate Entschädigung.
Müssen wir als Gesellschaft überdenken, wie man mit Vorverurteilungen umgeht? – Ja, aber das halte ich für sehr schwierig.
Haben Sie ein Erfolgsrezept? – Glück muss man haben, und man darf nicht ganz deppert sein. Man muss alles lege artis machen, keine Shortcuts. Und es ist sehr wichtig, dass man sich nicht überschätzt. Das heißt aber nicht, dass man nichts tun darf. Auch in der Unsicherheit gehören Entscheidungen gefällt. Aber man muss wissen, dass es die Unsicherheit gibt.
Was hat Sie geprägt? – Ich hatte immer das Gefühl, man muss alles probieren, wenn’s nicht geht, muss man es anders machen. Das setzt sich immer tiefer fest, je mehr man eine aufs Dach kriegt. Es ist überhaupt keine Schande, eine aufs Dach zu kriegen, man muss nur aus jedem Mal etwas lernen. Als ich Bank-Austria-Vorstand geworden bin, kam ich von einer amerikanischen Bank und habe gleich gemerkt, dass die Kultur bei uns viel hierarchischer ist. Ich bin im Handelsraum beim Morgenmeeting gesessen mit meinen Senior-Händlern. Das Erste, was ich ihnen gesagt habe, war: „Schaut, wenn ihr reinkommt und mir nicht widersprecht, könnt ihr gleich wieder gehen. Weil meinen eigenen Bullshit kenne ich eh. Ich will hören, wo ich falsch lieg.“
So eine Kritik muss man aber auch gezielt einfordern. – Richtig. Meine Aufgabe war es, eine Kultur zu schaffen, in der das geht. Ein herrschaftsfreier Diskurs sozusagen. Es wird geschätzt, dass du dich einbringst, egal welche Seniorität du hast. Wo keiner dasitzt und sagt, ich hab recht, weil ich bin der Managing Director. Das Geschäft hat sich auch geändert. Als wir in den 80er- und 90er-Jahren begonnen haben, da waren Derivate ganz neu. Wir haben uns als die Stars gefühlt und uns alle überschätzt. Die Mar-
gen waren aber so hoch, dass, auch wenn man sich groß geirrt hatte, man immer noch gut verdient hat. Das war dann weg und hat sich mit jeder Krise professionalisiert. Wir waren naiv in den 1990ern.
Was treibt Ihr Geschäft heute an? – Restrukturierungen machen derzeit viel aus, da sind wir sehr gut im Geschäft. Es gibt Verwerfungen in Industrie und Finanzwirtschaft. Einer unserer größten Cases ist Agrokor in Kroatien. Sechs Milliarden Schulden, ein riesiges Firmenimperium, sehr komplex, 40.000 Leute, also sehr systemisch. Wir haben der kroatischen Regierung geholfen, ein Chapter 11 eingeführt und zwei Jahre restrukturiert.
Was ist die Hauptsorge Ihrer Kunden? – Aktuell? Überraschende Markteinbrüche in verschiedenen Bereichen und Energiepreise.
Welche Antworten haben Sie? – Wir zeigen, wie man das Geschäft weiterfinanzieren kann, wie Finanzierungen restrukturiert werden können, ob man Eigenkapital oder Fremdkapital oder riskantere Formen von Fremdkapital braucht. Wir versuchen, die Firma finanztechnisch so zu professionalisieren, dass sie Vermögenswerte und Schulden in gleicher Währung haben und damit das Zins- und Währungsrisiken reduziert wird.
Sie waren etwa sieben Jahre Vorstand der Unicredit Bank Austria AG, davor von 1998 bis 2001 CEO der Creditanstalt Investmentbank, einer Bank-Austria-Tochter. Wird
der Kapitalmarkt in Österreich von der Regierung stiefmütterlich behandelt? – Das war immer schon so.
Gibt es einen Grund dafür? – Es gibt keine großen Kapital-Pools. Wir haben ein Pensionssystem, das ein Umlagesystem ist, daraus ergibt sich einer der größten Mängel an privatem Beteiligungskapital. Wenn du das nicht in einem vernünftigen Maß im Land selbst hast, ist es schwierig, so einen Markt vernünftig zu halten, der zu einem hohen Maß aus institutionellen Investoren bestehen sollte. Das große Kapital der weltweiten Investoren wird opportunistisch rein- und wieder rausinvestiert.
Wäre es in Österreich überhaupt möglich, solche großen Kapitalquellen zu generieren? – Ich denke nicht.
Das heißt, die Wiener Börse wird immer klein bleiben? – Ja. Obwohl, ab einer gewissen Größe ist es Blackrock egal, ob du in Österreich gelistet bist oder nicht. Ich denke, die Wiener Börse müsste sich auf etwas spezialisieren. Es ist nun mal nur eine Regionalbörse. Die Initiative, die KESt zu streichen, wird die Börse auch nicht verändern. Das lässt sich politisch auch schwer vertreten und durchsetzen. Mir fällt kaum ein Land ein, wo es das nicht gibt.
Sie waren einmal als „Roter Willi“ bekannt, wegen Ihrer Haare und weil Sie in Ihrer Studentenzeit Fakultätsvorsitzender des Roten Börsenkrachs waren, einer linken, radikalen Basisgruppe. Wurden Sie je gefragt, ob Sie in die Politik wechseln wollen? – (lacht) Nein, ich wüsste auch nicht, was ich da machen sollte. Im Börsenkrach waren übrigens sehr g’scheite Leute! Der Ernst Fehr von der ETH Zürich war mit mir dort, der Wolfgang Pesendorfer von der Princeton University und viele andere erfolgreiche Ökonomen. (denkt nach, dann ein bisschen wehmütig) Bei mir hat’s für die Wissenschaft nicht gereicht, sondern nur fürs Banking. n
FINANZPLATZ COVER 15
„Es ist keine Schande, eine aufs Dach zu kriegen, man muss nur daraus lernen.“
WILLI HEMETSBERGER
FLAUTE AM BAU?
VON WEGEN!
Aufgrund der Zinsanstiege verschieben viele Private ihre Hausbaupläne. Gleichzeitig erleben wir einen Boom im Infrastrukturbereich. Der Markt war überhitzt, jetzt hat er eine kleine Abkühlung erlebt.
Noch im April des Vorjahres konnte man in den Schlagzeilen lesen, es würden viel zu viele Wohnungen gebaut. Jetzt heißt es, es werde nicht mehr gebaut. Das ist Unsinn: Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.
Fakt ist: Ja, wir erleben jetzt eine Flaute im privaten Wohnbau, gerade bei Einund Zweifamilienhäusern. Aufgrund der Zinsanstiege und der Materialkosten verschieben viele Private ihre Hausbaupläne oder verzichten ganz darauf. Das ist für die Porr AG selbst nur bedingt relevant, da wir keine Ein- und Zweifamilienhäuser bauen. Das Wohnbausegment macht insgesamt nur zwölf Prozent unseres Geschäfts aus, und wir sind hier gut ausgelastet. Aber natürlich bringt das gerade kleinere Baufirmen, die sich auf den privaten Wohnbau spezialisiert haben, in Bedrängnis. Es wurde und wird übrigens nicht zu viel, sondern eher am Bedarf vorbei gebaut. Dadurch sind sehr hochwertige Wohnungen entstanden. Nun ist die große Aufgabe, leistbaren Wohnraum zu schaffen.
Fakt ist aber auch: Wir erleben einen Boom im Infrastrukturbereich, auch dank der Investitionen der öffentlichen Hand, die hier bestrebt ist, Wachstumsimpulse zu setzen. Ein schönes Beispiel ist unsere Baustelle in Hannover, wo wir mit Partnern einen Auftrag über 400 Millionen Euro zur Sanierung des Südschnellwegs erhalten haben. Die Auftragsbücher der Porr sind voll, und unsere Pipeline sichert
uns genügend Aufträge für die nächsten Jahre. Wir sehen hier keine Flaute. Auch die anderen Bereiche im Bau wachsen auf einem gesunden Niveau. Der Markt war zuvor überhitzt, jetzt hat er eine kleine Abkühlung erlebt. Das tut der Branche nur gut, denn sie kann nun aufgeschobene Projekte in Angriff nehmen respektive schneller als vorgesehen beenden.
Wir sehen also keine Gefahr für den Gedeih der Baubranche, nicht aufgrund der Materialpreise und nicht aufgrund der Lieferketten. Diese Situation ist bereits dabei, sich zu stabilisieren. So haben sich die Preise für Holz und Stahl seit ihrem Höhepunkt bereits halbiert und stagnieren jetzt auf hohem Niveau. Einzig Halbleiter sind derzeit schwer verfügbar. Wenn es eine Bremse gibt, dann ist es die Arbeitskräfteproblematik. Wir als Porr stehen vor der Situation, dass wir jederzeit 1.000 Stellen besetzen könnten, aber keine geeigneten Mitarbeitenden finden.
Die Lage der Baubranche wird von denen, die sich nicht auskennen, gerne schlechtgeredet. Dabei tun sich gerade
jetzt für unsere Branche enorme Chancen auf. Wirtschaftsexperten sprechen von den vier D, die die Zukunft auch unserer Märkte entscheidend beeinflussen werden. Neben Deglobalisierung, Demografie und Digitalisierung geht es um die Dekarbonisierung. Die Bemühungen der EU, dem Klimawandel Regularien entgegenzusetzen, bedeuten für uns einen spürbaren Zuwachs an Aufträgen aus dem Nachhaltigkeitsbereich. Es geht um den Einsatz alternativer Energiequellen für unsere Bauprojekte, es geht um klimaschonende Bauweisen, um thermische Sanierung und klimaneutrale Neubauten. Die Taxonomieverordnung bedeutet für Investoren und Bauherren eine enorme Herausforderung, um zu verstehen, welche Anforderungen an sie jetzt gestellt werden, und um diese auch zu erfüllen. Wir merken jetzt schon, dass die Kundenanfragen zu diesem Thema zunehmen. Als Bauunternehmen ist es unsere Pflicht, Kunden hier beratend zur Seite zu stehen und Alternativen anzubieten. Wer in unserer Branche nicht rechtzeitig auf diesen Zug aufspringt, der vergibt enorme Chancen.
Im Rahmen unserer Vision „To Build a Better World“ und unserer Strategie „Green and Lean“ begegnet die Porr diesen Herausforderungen mit konkreten Projekten und Vorhaben. Zusammenfassend kann ich nur sagen: Wer von einer Flaute am Bau spricht, hat nicht verstanden, wohin sich unsere Branche bewegt. n
MEINUNGEN KOMMENTARE 16
VITA KARL-HEINZ STRAUSS Vorstandsvorsitzender Porr AG
Karl-Heinz Strauss lenkt seit September 2010 als Vorstandsvorsitzender die Geschicke der Porr AG. Bis zum Jahr 2000 war er in verschiedenen Funktionen bei der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG tätig –etwa in den Bereichen Bau und Immobilien. Danach gründete er die Strauss & Partner Immobilien GmbH.
„Die Lage der Baubranche wird von denen, die sich nicht auskennen, gerne schlechtgeredet.“
KARL-HEINZ STRAUSS
Der bodenständige Gründer eines börsennotierten Wettanbieters nennt die Teilnahme am New York Marathon seinen größten Karriereerfolg. Seine Leidenschaft gehört der Börse, Twitter und Griechenland.
Als Korrespondent (55) des „Börsianer“ berichtet der gebürtige Deutsche über spannende Finanz- und Wirtschaftsgeschehnisse aus Deutschland. Der studierte Volkswirt war Chef der „Finanzzeitung“ in Frankfurt, Vizechefredakteur des „Handelsblatts“ und der „Wirtschaftswoche“ sowie Kommunikationschef bei der Tochter der Münchner Rück. Er beschreibt sich selbst als gut gelaunt und neugierig.
MADAME WANKELMUT
AI-gestützte Textgenerierung hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Nun ist es möglich, ganze Artikel mit nur wenigen menschlichen Inputs zu generieren. Einige Unternehmen setzen auf diese Technologie, um Zeit und Kosten zu sparen. Allerdings ist es immer noch eine Herausforderung, AI-generierte Texte so zu gestalten, dass sie von menschlichen Texten nicht zu unterscheiden sind. Trotzdem gibt es Fortschritte, und es ist möglich, dass AI in der Lage sein wird, in Zukunft perfekte Replikate von menschlichen Artikeln zu erstellen. Diese Entwicklung birgt sowohl Chancen als auch Risiken. Auf der einen Seite könnte AI dazu beitragen, eine größere Vielfalt an Meinungen und Perspektiven zu generieren und die Verbreitung von Informationen zu beschleunigen. Andererseits besteht das Risiko, dass falsche oder manipulierte Informationen schneller und einfacher verbreitet werden, wenn sie als authentische menschliche Texte getarnt werden. Es ist wichtig, dass wir uns bewusst mit dieser Entwicklung auseinandersetzen und uns über die ethischen Implikationen im Klaren sind, bevor AI-generierte Texte die Medienlandschaft revolutionieren. Bis dahin ist es wichtig, dass wir weiterhin kritisch über die Herkunft und Authentizität der Informationen nachdenken.“
Der Text wurde zu 100 Prozent von AI verfasst. Jochen Dickinger hat nur folgende Aufgabe gestellt: „Ich benötige einen Artikel in einem Börsenmagazin, der etwa 1.700 Zeichen umfassen soll. Im Artikel soll es vor allem darum gehen, ob AI Artikel verfassen kann, ohne dass der Leser merkt, dass der Artikel zu 100 Prozent von AI stammt.“ n
Christine Lagarde läuft der Inflation hinterher, berichtet von dem „restriktiven Kurs“, den sie vorhat, um die „Inflation zu unserem Ziel“ zu drücken. Erst dann sei ihre „Mission erfüllt“. Die Worte hören wir wohl, aber es mangelt uns am Glauben. Denn die EZB-Chefin hat sich schon auf unterschiedlichste Missionen begeben. Sie hat sich erst die Meinung von Vorgänger Mario Draghi zu eigen gemacht, dessen „What ever it takes“ so legendär wie populär war. Es bedeutete in der Konsequenz, die Eurozone um jeden Preis zusammenzuhalten.
Die darauf einsetzende Inflation war eine direkte Folge dieser Politik. Lagardes zweite Mission bestand darin, den Kampf gegen den Klimawandel ins Zentrum zu stellen. Seither geht es um grüne Finanzsysteme, die Geld bevorzugt an jene vergeben, die der Umwelt möglichst wenig Schaden zufügen. Nun sehen wir die dritte Mission. Sie heißt: den wildgewordenen Euro wieder einzufangen. Die Inflation soll sich dazu dauerhaft um die zwei Prozent bewegen. Das ist ein etwas willkürliches Ziel, denn eigentlich würde Preisstabilität ja bedeuten, dass keine Inflation stattfindet. Dazu schütteln EZB-Ökonomen den Kopf. Sie argumentieren, dass mit der ständigen Wohlstandsvermehrung auch Geldmengenvermehrung einhergehen muss, weil sonst niemand den zusätzlichen Wohlstand bezahlen könnte. Ein wenig Auslegungsspielraum ist offenbar dabei – womit die nächste Mission von Madame Wankelmut benannt sein könnte. Drei oder vier Prozent tun es vielleicht auch. Alles ist möglich, denn über ein stabiles Gerüst von Zielen ihrer Geldpolitik verfügt diese EZB-Führung nicht.
MEINUNGEN KOMMENTARE 17
VITA JOCHEN DICKINGER Privatinvestor und Aufsichtsrat Athos Immobilien AG
VITA OLIVER STOCK Korrespondent Deutschland „Börsianer“
n KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
„LIEBE AI, ICH HABE
DA EINE FRAGE ...“
CHRISTINE LAGARDE
„Über ein stabiles Gerüst von Zielen ihrer Geldpolitik verfügt diese EZB-Führung nicht.“
OLIVER STOCK
„Dieser Artikel wurde zu 100 Prozent von AI verfasst.“
JOCHEN DICKINGER
WOHLSTAND FÜR DEN RUHESTAND
Finanzielle Absicherung ist einer der wichtigsten Aspekte für Lebensqualität – gleich nach dem Bedürfnis nach Frieden und Sicherheit. Mehr als die Hälfte der österreichischen Bevölkerung hält hier eindeutig die schlechteren Karten in der Hand: Frauen in Österreich verfügen über ein rund 20 Prozent geringeres Einkommen als Männer, erhalten eine rund 40 Prozent niedrigere Pension und sind daher überdurchschnittlich oft von Altersarmut betroffen. Teilzeitarbeit bedeutet später eben auch eine Teilzeitpension. Aber auch unter Vollzeitbeschäftigten mit niedrigen Pensionsansprüchen ist der Frauenanteil besonders hoch. Zusätzlich geben Frauen die Hoheit über Finanzfragen häufig an ihre Partner ab und verfügen dementsprechend über ein geringeres Finanzwissen. Unkenntnis über die Pensionslücke generell und darüber, wie ihr entgegengesteuert werden könnte, verschärfen diese Situation. Mit dem ersten Einblick in das Pensionskonto folgt dann häufig ein böses Erwachen. „Hätte ich das nur früher gewusst.“ Durch Finanzwissen und die daraus abgeleitete passende und rechtzeitige Vorsorge würde sich diese mehr als unangenehme Überraschung vermeiden lassen.
Der demografische Wandel und die steigende Lebenserwartung bedrohen das umlagefinanzierte gesetzliche Pensionssystem und führen zu einer Verringerung der Ansprüche aus dem staatlichen Pensionssystem. Dem könnten die betrieblichen Pensionen sowie die pri-
vate Altersvorsorge, die jedoch in Österreich – im Vergleich zu anderen OECDStaaten – relativ gering ausgeprägt sind, entgegenwirken. Weniger als 20 Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Österreich sind über eine Pensionskasse abgesichert, und das Anlagevermögen in der kapitalgedeckten Pensionsvorsorge betrug in Österreich nur knapp sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit liegt Österreich unter den OECD-Ländern mit freiwilligem privatem und betrieblichem Pensionssystem etwa im Mittelfeld.
Doch auch unter den Österreichern, die betrieblich oder privat für ihr Alter vorsorgen, zeigen sich erhebliche geschlechterspezifische Unterschiede. So ist das durchschnittliche freiwillig angesparte Pensionsvermögen der Männer aktuell mehr als doppelt so hoch wie das der Frauen. Damit weist Österreich den größten Unterschied zwischen Männern und Frauen in Europa auf. Ursachen dafür sind, dass Frauen oft in Sektoren an-
Die studierte Handelswissenschaftlerin ist seit dem Vorjahr im Vorstand der APK Pensionskasse AG, davor war sie vier Jahre Vorstandsmitglied bei Konkurrent Valida. Die 50-Jährige ist eine begeisterte Rennradfahrerin und wohnt mit ihrer Familie in Niederösterreich.
gestellt sind, in denen die Abdeckung mit betrieblicher Altersvorsorge gering ist, und dass Frauen nach wie vor die Hauptlast in der Kinderbetreuung und bei der Pflege von Angehörigen tragen.
Die Förderung des Finanzwissens speziell für Frauen und junge Menschen würde zu einem größeren Interesse der Anleger für die betriebliche wie private Pensionsvorsorge führen. Wie das funktionieren könnte? Man müsste die hohe Komplexität der Produkte verringern, eine Vereinfachung der Fachbegriffe forcieren, für mehr Transparenz hinsichtlich des österreichischen Pensionssystems sorgen und die Digitalisierung vorantreiben, sprich die Pensions-App umsetzen. Auf politischer Ebene müssten die Weichen in zwei Richtungen gestellt werden: zum einen die Einführung einer angemessenen finanziellen Abgeltung für die Betreuung von Kindern und Angehörigen, mit dem Ziel, das Budget unter sozialen Gesichtspunkten gerecht zwischen den Geschlechtern aufzuteilen. Zum anderen würden die steuerliche Begünstigung der Arbeitgeberbeiträge, die steuerlich begünstigte Eingliederung von Selbstständigen in ein Pensionskassenmodell sowie die Einzahlung der Arbeitnehmerbeiträge aus dem Brutto- und nicht aus dem Nettogehalt zu einer deutlichen Erhöhung der Attraktivität der zweiten und dritten Säule sorgen. Inzwischen nützen wir jede Gelegenheit – wie den Internationalen Frauentag am 8. März –, um zu sagen: „Frauen, sorgt vor!“ n
18 MEINUNGEN KOMMENTARE
VITA BEATE WOLF Vorstand APK Pensionskasse AG
Verantwortung für die finanzielle Zukunft übernehmen.
„Budget unter sozialen Gesichtspunkten gerecht zwischen den Geschlechtern aufteilen.“
BEATE WOLF
Anleihe 2023
Da weht der Wind!
4,5 %
anleihe2023.web.energy
Diese Information ist Werbung, sie stellt weder ein Angebot zum Verkauf noch eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots zum Kauf von Wertpapieren dar. Ein öffentliches Angebot von Anleihen erfolgt ausschließlich aufgrund des dem KMG entsprechenden, von der FMA im Februar 2023 gebilligten Prospekts sowie allfälliger Nachträge. Diese Unterlagen sind auf der Website anleihe2023.web.energy sowie am Firmensitz der WEB Windenergie AG kostenlos erhältlich. Die Billigung des Prospekts durch die FMA ist nicht als Befürwortung der W.E.B Anleihe 2023 zu verstehen. Potenzielle Anleger sollten den Prospekt lesen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen, um die potenziellen Risiken und Chancen der Entscheidung, in die W.E.B Anleihe 2023 zu investieren, vollends zu verstehen.
Szenarien. Steinig oder doch auf Schiene? Der Ausblick der Finanzvorstände für das Jahr 2023 ist teilweise durchwachsen. Die Stimmung ist bei vielen CFOs aber ziemlich gut.
FINANZPLATZ FINANZEN 20 © BÖRSIANER/KRAWARIK
#CFO
2024 IST DANN
ALLES WIEDER GUT
2022 haben viele Unternehmen an der Wiener Börse richtig gut verdient. Geht das trotz hoher Inflation, hoher Zinsen und hoher Preise so weiter?
Der Börsianer hat Finanzvorstände der börsennotierten Unternehmen zu ihrem Ausblick und aktuellen Herausforderungen befragt.
Wer Norbert Nettesheim, den Finanzvorstand des international agierenden Anlagenbauers Andritz AG, nach seiner aktuellen Stimmung fragt, bekommt zur Antwort: „Gut!“ Und das sogar mit Rufzeichen - trotz der 2023er-Prognose mit einer sich abschwächenden Weltwirtschaft, einer weiterhin hohen Inflation und steigenden Zinsen. Aber zumindest die Rezession wurde abgesagt, die Prognosen fürs Wirtschaftswachstum liegen laut EU-Kommission in Österreich bei 0,5 Prozent, in der Eurozone bei 0,9 Prozent. Der Andritz-AG-Finanzvorstand ist auch deshalb so entspannt, weil das Technologieunternehmen mit einer Milliarde Euro Nettoliquidität finanziell solid dasteht, die platzierten eige-
nen Anleihen am Markt fix verzinst sind und die veranlagten zwei Milliarden Euro Brutto-Cash durch die Zinserhöhungen profitieren und damit das Zinsergebnis verbessern. „2023 fokussieren wir uns vor allem auf die plangemäße Abarbeitung unseres sehr hohen Auftragsbestands“, fügt Nettesheim hinzu. Auch die M&A-Pipeline ist weiterhin gut gefüllt. Die 2022er-Geschäftszahlen kommen am 8. März 2023. Die Analysten der Baader Bank AG rechnen damit, dass die Andritz AG den Markt auch wegen der höchsten Auftragslage der Geschichte positiv überraschen wird, und haben deshalb ihre Umsatzprognosen für die Jahre 2023 und 2024 erhöht.
Positiv gestimmt ist auch Ales Starek. Der Finanzvorstand des Flugzeug-
zulieferers FACC AG muss derzeit für „Wachstum die richtigen Bedingungen schaffen“. Auch das war in den letzten Jahren schwieriger. Die Nachfrage nach Flugzeugen ist wieder stark angestiegen, in vielen Bereichen hat die FACC AG wieder das Volumen von der Zeit vor Covid erreicht. Damit einher geht das „abgestimmte Hochfahren der Produktionskapazitäten“, wie es Starek formuliert. Das Unternehmen musste 2020 während der Covid-Pandemie wegen des einbrechenden Flugzeuggeschäfts seinen Mitarbeiterbestand um 650 Personen reduzieren. Jetzt gilt es, wieder Personal aufzubauen, Lieferketten zu managen und die Materialkosten im Auge zu behalten, schließlich ist in jedem modernen Flugzeug ein Stück FACC
FINANZPLATZ FINANZEN 21
TEXT INGRID KRAWARIK
„Plangemäße Abarbeitung unseres sehr hohen Auftragsbestands.“
NORBERT NETTESHEIM
Ramp-up. Bei der FACC AG wird das Geschäft wieder hochgefahren, der Flugzeugausrüster sucht 600 Leute für den Standort Oberösterreich.
drin. 600 Leute sucht das Unternehmen für seinen Standort in Oberösterreich. 2024 und 2025 sollen die Umsätze wieder auf Vorkrisenniveau steigen. Finanzierungsschwierigkeiten des Aufschwungs sieht Starek nicht für sein Unternehmen, herausfordernd ist es trotzdem. Bei den Zinsen erwartet der CFO erst 2024 eine Entspannung. „Wir leben glücklicherweise wieder in einer Welt, in der Geld etwas kostet. Das schafft Normalität an den Finanzmärkten. Unmittelbar werden Finanzierungen dadurch natürlich teurer, und Wirtschaftlichkeit gewinnt noch mehr an Bedeutung“, sagt Starek zum Börsianer. Er sieht in all den Herausforderungen mit dem aktuellen Rückenwind aber eine Chance, sich am Markt besser als der Mitbewerb zu behaupten. Zuletzt hat auch der Kosten-
druck nachgelassen. „Im Bereich Energie haben wir mit unseren Lieferanten langfristige Lieferverträge sowie gedeckelte Preis vereinbart. Hier konnten wir die Entwicklung gut abfedern“, meint Starek. Geholfen hat dabei, dass die FACC AG eine höhere Autarkie durch Photovoltaik und Geothermie zur Deckung des Energiebedarfs erzielt.
Kostendruck im Griff
Mit dem Kostendruck versteht auch die Andritz-Gruppe umzugehen. Schon vor Jahren wurde ein Programm initiiert, das im Vorjahr erfolgreich den Druck auf die Kosten minimierte. „Wesentliche Schwerpunkte waren die Schaffung einer globalen Lieferantenstruktur, also ‚local for local‘ und ‚local for global‘, die daraus sich ergebende intensivere Zusammenarbeit einzelner Einkaufsorganisationen innerhalb der Gruppe und eine klare Transparenz der weltweiten Beschaffung“, erklärt Nettesheim.
Herausfordernd gestaltet sich derzeit indes das Geschäft bei der AT&S AG, dessen Produktabsatz von Leiterplatten und IC-Substraten – sozusagen die Nerven-
zentren der elektronischen Geräte – unter Druck steht. Finanzvorständin Petra Preining beschäftigt die Suche nach Antworten auf weltweit hohe Lagerbestände und eine marktseitige Nachfragereduktion. „Wir sind überzeugt, dass die großen Trends Digitalisierung und Elektrifizierung intakt sind, trotzdem haben wir umfassende Kostenoptimierungsprogramme initiiert. Auch unsere Investitionsprogramme betrachten wir differenzierter“, sagt Preining. Die Effekte aus den Kostenoptimierungen sollen ab dem Geschäftsjahr 2023/24 180 Millionen Euro betragen.
Wird investiert?
Mit anderen Risiken muss sich Reinhard Florey, Finanzvorstand der OMV AG, seit einem Jahr auseinandersetzen. Vor kur-
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© FACC AG
„Teil der Kosten wird über Prämien an Kunden weitergeben.“
LIANE HIRNER
„Stehen vor wesentlichen Investitionsentscheidungen.“
REINHARD FLOREY
zem hat die OMV AG ihre vorläufigen Zahlen für 2022 präsentiert, darunter eine Umsatzsteigerung von 75 Prozent auf 62,3 Milliarden Euro und einen Jahresgewinn von 5,2 Milliarden Euro – das sind um 85 Prozent mehr als im Vorjahr. Eine Rekordausschüttung an die Aktionäre soll die Folge sein: 5,05 Euro je Aktie werden der Hauptversammlung vorgeschlagen, 2,25 Euro davon als Sonderdividende. Auf die Dividende ist Florey stolz. „Zudem haben wir beschlossen, unsere Dividendenpolitik generell zu modifizieren und zusätzlich zur progressiven regulären Dividende das Instrument einer Sonderdividende einzuführen“, sagt er. Alles in Butter sieht aber anders aus. „Der Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen wird einer der bestimmenden Faktoren in diesem Jahr bleiben“, ist sich Florey sicher.
Die OMV AG ist nach wie vor in Russland an einem Gasfeld beteiligt, die Investition wurde zwar abgeschrieben, aus den Verträgen kommt der Konzern aber nicht raus. Dazu kommt, dass sich die steigenden Zinsen auf die Finanzierungskosten der OMV AG auswirken könnten, eine starke Bilanz gebe aber hier Flexibilität, versichert er dem Börsianer. Außerdem lag der Verschuldungsgrad der OMV AG Ende 2022 bei acht Prozent, deutlich unter dem langfristigen Ziel von unter 30 Prozent. Ein Wertsteigerungsprogramm im Segment Chemicals and Materials soll 100 Millionen Euro bringen. Floreys Fokus ist darüber hinaus, wie er sagt, von einer Vielzahl wichtiger Projekte geprägt. „So bereiten wir uns zum Beispiel auf die Investitionsentscheidung für das riesige Gasprojekt Neptun Deep im Schwarzen Meer vor, das einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung Europas leisten
kann. Außerdem planen wir die Investitionsentscheidung für eine mechanische Recyclinganlage in Schwechat mit einer Kapazität von 60.000 Tonnen pro Jahr sowie die Inbetriebnahme der ReOil-Demonstrationsanlage mit einer Kapazität von 16.000 pro Jahr.“
Kosten weitergegeben
Gute Chancen für die Versicherungswirtschaft rechnet sich Liane Hirner aus, denn gerade bei erhöhten Unsicherheitsfaktoren steigt das Risikobewusstsein. „Die Bedeutung von Vorsorge und damit der Stellenwert von Versicherungslösungen nimmt zu“, sagt die Finanzvorständin der Vienna Insurance Group AG (VIG) zum Börsianer. Nicht alles verlief 2022 rosig, externe Schocks wie der russische Angriffskrieg in der Ukraine, wo die VIG Geschäfte macht, inklusive der Auswirkungen der gestiegenen Energiepreisen wurden aber „sehr gut verkraftet“.
„Einen Teil der Kosten müssen wir über entsprechende Prämienanpassungen an die Kunden weitergeben“, meint Hirner, „und wir müssen effizienter werden, weil der durch die Inflation entstandene Druck auf der Ausgabenseite für die ganze Gruppe durch Synerigien abgefedert werden muss.“ Die VIG ist wie die Erste Group Bank AG hauptsächlich in Zentral- und Osteuropa (CEE) tätig, die VIG ist dort sogar die größte Versicherungsgruppe. „Die Wirtschaft wird in den meisten CEE-Ländern zwar abgeschwächt, aber immerhin wachsen. Ich bin ein optimistischer Mensch und zuversichtlich, dass wir weiter gut performen werden“, fügt Liane Hirner hinzu.
Stefan Dörfler rechnet damit, dass die CEE-Region 2024 bereits wieder Wachs-
tumsraten von drei Prozent aufweisen wird, nach 0,7 Prozent 2023 und 4,2 Prozent im Vorjahr. Eine Abkühlung heuer sei aber unvermeidlich, sagt der Finanzvorstand der Erste Group Bank AG. „Der CEE-Raum hat trotz Pandemie und Ukraine-Kriegs nichts an seiner Wettbewerbsfähigkeit verloren. Die Länder haben immer noch geringere Staatsverschuldungsraten, eine attraktive Infrastruktur sowie gesteigerte Produktivität und ein sich fortlaufend verbesserndes Bildungsniveau. Das sind nur einige Gründe, warum ich davon ausgehe, dass unsere Region in den kommenden Jahren wieder sehr klare Fortschritte im Konvergenzprozess machen wird“, ist Dörfler optimistisch.
Resilientere Branchen
Ales Starek hat in den letzten drei Jahren Höhen und Tiefen bei der FACC AG mitgemacht. Was er daraus gelernt hat? „Best und Worst Case reichen in diesen Zeiten nicht mehr. Granularität und die Komplexität der Planung nehmen zu. Wir haben gesehen, dass wir wirtschaftlich stark genug sind, um uns schnell wieder zu erholen. Alle Branchen sind resilienter geworden, und gleichzeitig müssen wir noch stärker in Szenarien denken.“ Anlassbezogen und situativ nennt es Norbert Nettesheim, und auch Liane Hirner will 2023 ideale Zeitfenster opportunistisch für Finanzierungen nutzen.
% MEINE RENDITE
Das Stimmungsbild unter den Finanzvorständen für das Jahr 2023 ist vorsichtig zuversichtlich. Es geht in Richtung „2024 ist dann wieder alles gut“, je nachdem, in welche Richtung sich der Krieg in der Ukraine weiterentwickelt. n
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„Trends intakt, Kostenoptimierung trotzdem initiiert.“
PETRA PREINING
„Wirtschaftlichkeit gewinnt noch mehr an Bedeutung.“
ALES STAREK
„CEE hat nichts an Wettbewerbsfähigkeit verloren.“
STEFAN DÖRFLER
VITA
FRANZ GASSELSBERGER Generaldirektor Oberbank AG
Franz Gasselsberger (63) ist der am längsten amtierende Bankenchef des Landes und Europas zweitältester CEO einer börsennotierten Bank. Heuer feiert er vierzig Jahre bei der Oberbank AG. Wenn er am Ende der Saison die Bergschuhe verstaut, werden schon wieder die Laufschuhe geschnürt.
VITA
CLAUDIA PLAKOLM Staatssekretärin für Jugend und Zivildienst
Claudia Plakolm (28) macht aus ihrer Herkunft kein Hehl, der Mühlviertler Dialekt gilt als ihr Markenzeichen. Mit ihrem jüngeren Bruder teilt sie sich eine Wohnung in Wien. Im Jahr 2017 war sie die jüngste weibliche Nationalratsabgeordnete. Neben dem hektischen Politikgeschäft wünscht sie sich oft mehr Zeit zum Posaunespielen.
Perspektive. Franz Gasselsberger und Claudia Plakolm kommen aus demselben Ort im Mühlviertel. Sie sind stellvertretend für den Generationenwechsel.
FINANZPLATZ VORSORGE 24 #INTERVIEW
DIE UNBEQUEME GENERATIONENFRAGE
Das Pensionssystem steht auf wackeligen Beinen und reißt von Jahr zu Jahr ein größeres Loch ins Staatsbudget. Der Börsianer sprach mit Staatssekretärin Claudia Plakolm und Oberbank-CEO Franz Gasselsberger über das Augenverschließen der Politik und darüber, ob ein radikaler Systemwechsel notwendig wäre.
Walding heißt das unscheinbare Örtchen im Mühlviertel, das sowohl Staatssekretärin Claudia Plakolm als auch Oberbank-AG-Chef Franz Gasselsberger Heimat nennen. Die einst jüngste Nationalratsabgeordnete und der älteste amtierende Bankenchef des Landes stehen für zwei Generationen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Franz Gasselsberger ist reich an Gestik und Mimik, Claudia Plakolm bemüht die emotionsbefreite Politikerin. Gleich zu Beginn, das Interview hat noch gar nicht begonnen, kochen bei Franz Gasselsberger wegen der geplanten Mietpreisbremse die Emotionen hoch. „Was hat sich die Regierung da einfallen lassen“, will er von Claudia Plakolm wissen. Was die beiden eint, ist der Wunsch nach mehr Gerechtigkeit zwischen Jung und Alt. Im Mittelpunkt steht dabei das umlagefinanzierte Pensionssystem, das jährlich mit rund 25 Milliarden Euro aus der Staatskassa bezuschusst werden muss. Um das System zukunftsfit zu bekommen, braucht es Mut und einen langen Atem. Den haben die beiden Hobbyläufer, sportlich wie beruflich, als Bankdirektor oder in der Spitzenpolitik bewiesen und stellen sich dem Doppelinterview.
FINANZPLATZ VORSORGE 25
INTERVIEW CHRISTOPH EISELE, DOMINIK HOJAS FOTOS MARTIN EDER
In der Oberbank-Zentrale in Linz ging es nach dem kurzen Feuerwerk an Emotionen schließlich sachlich bemüht um die Frage, wie sich die immer weiter aufklaffende Pensionslücke schließen lässt, ob es ein „Kleben für die Altersvorsorge“ braucht und inwieweit sich Arbeiten in der heutigen Zeit noch lohnt.
Sie kommen beide aus demselben Ort, kennt man sich? – Claudia Plakolm: Geografisch schon, politisch nicht.
Herr Gasselsberger, angenommen, man läuft sich zufällig über den Weg, was würden Sie Frau Plakolm für ihre Altersvorsorge empfehlen? – Franz Gasselsberger: Ich würde ihr erst einmal dazu gratulieren, dass sie eine starke Stimme für die Jugend ist und sich hier kantige Positionen zutraut. Die Jugend hat in diesem Land eine zu schwache Lobby.
Wer hat Ihnen den Umgang mit Geld beigebracht? – Claudia Plakolm: Den Grundstock habe ich in der Schule gelernt, im Studium hat sich das Wissen gefestigt. Vieles habe ich mir auch im Gespräch mit Freunden oder auf Social Media angeeignet. Dabei stelle ich immer wieder den oft geringen Wissensstand über Geld und Finanzen fest, die Grundlagen werden offenbar nicht mehr immer vom Elternhaus mitgegeben.
Franz Gasselsberger: Meine Eltern waren Bauern, da wurde mir das Sparen in die Wiege gelegt. Es war immer klar, dass man nur das Geld ausgeben kann, das man sich vorher angespart hat. Diese Prinzipien habe ich auch an meine drei Töchter weitergegeben, die als Kinder des Generaldirektors keineswegs alles geschenkt bekommen.
Frau Plakolm, wie ist es, wenn man zum ersten Mal ein gutes Gehalt (Anm.: eine Staatssekretärin bekommt 18.000 Euro) bekommt, bleibt man sparsam? Sie wohnen mit Ihrem Bruder in einer Wohngemeinschaft. – Claudia Plakolm: Ich habe einen Lebensstil wie viele andere in meinem Alter auch und einen sehr sparsamen Umgang mit Geld. Ich bin auch auf einem Bauernhof aufgewachsen mit vier Geschwistern. Mein erstes Geld habe ich beim Stallausmisten im Tiergarten Walding verdient, während der Schulzeit ge-
Natur der Sache. „Junge Menschen machen sich viel zu wenige Gedanken darüber, was im Alter passiert“, sagt Franz Gasselsberger.
kellnert und in den Ferien und neben dem Studium auch immer gearbeitet.
Wie legen Sie selbst Ihr Geld an? – Claudia Plakolm: In verschiedene Finanzprodukte, aber immer langfristig. Ich bin eine junge Frau, und man weiß nie, was die Zukunft bringt. Ich hoffe, dass ich in meinem Leben noch viele Investitionen tätigen und mir hoffentlich einmal den Traum vom Eigenheim erfüllen kann.
Ein Eigenheim in Walding? – Claudia Plakolm: Wo auch immer man sich zu Hause fühlt, aber definitiv im Mühlviertel.
Zum Thema Altersvorsorge: Woran krankt das derzeitige System? – Franz Gasselsberger: Es herrscht die ideologische Grundhaltung, dass die Vorsorge ausschließlich vom Staat getragen werden soll. Die Leute verlassen sich darauf, obwohl jeder weiß, dass die Pensionslücke praktisch das gesamte Lohnsteueraufkommen auffrisst. Uns fehlt schlichtweg eine Kultur der betrieblichen und der privaten Vorsorge. Dafür müssten etwa die Lohnnebenkosten reduziert und Anreize geschaffen werden.
Welche Anreize? – Franz Gasselsberger: Steuerliche Anreize oder spezielle Produkte. Derzeit gibt es nichts, und neue Vorstöße treffen nur auf taube Ohren.
FINANZPLATZ VORSORGE 26
„Man hat die gesamte Bevölkerung für hilfsbedürftig erklärt.“
FRANZ GASSELSBERGER
Leben die Pensionisten auf Kosten der Jungen? – Franz Gasselsberger: Ja, und mich wundert eigentlich, dass dieser Generationenkonflikt noch nicht sichtbar und spürbar ist.
Bräuchte es ein „Kleben für die Vorsorge“ als Pendant zu den Klimaklebern? – Claudia Plakolm: Es ist bekannt, dass ich von diesem Aktionismus nicht viel halte und die Dinge lieber sachlich bespreche. Pensionspolitik ist Jugendpolitik.
Kann man die beiden Themen miteinander vergleichen? – Franz Gasselsberger: Das Pensionsthema ist nicht virulent, sonst würde sich die Politik damit beschäftigen. Wenn es nur bei den Älteren bleibt, wird sich nichts ändern. Das ist wie Frauenpolitik, die hat sich auch nicht von den Männern heraus entwickelt.
Verstehen die Jungen, was auf dem Spiel steht? – Franz Gasselsberger: Ich glaube, dass man sich als junger Mensch viel zu wenig Gedanken darüber macht, was im Alter passiert. Das liegt in der Natur der Sache, man ist einfach noch mit ganz anderen Themen beschäftigt.
Claudia Plakolm: Gerade deshalb sind die frühen Entscheidungen so wichtig. Das beginnt schon bei der Berufswahl, dass wir Mädchen mehr dazu ermutigen sollten, in scheinbar untypische Berufe mit besseren Gehaltsaussichten zu gehen. Finanzielle Bildung ist hier das zentrale Thema, die gehört schon in die Pflichtschule und nicht erst in die Oberstufe. Ein Lehrling verdient nach neun Jahren Pflichtschule sein erstes Geld.
Haben heute viele das Gefühl, dass sich Arbeit nicht mehr lohnt? – Claudia Plakolm: Aktuell bekommt meine Gene-
ration oft den Vorwurf, seit Corona hat sich die Work-Life-Balance eingeschlichen. Wenn junge Menschen, die 40 Stunden arbeiten gehen, nicht die Perspektive haben, dass sie später einmal eine ordentliche Pension haben und das Pensionssystem hält, was es verspricht, dann haben wir in ein paar Jahrzehnten eine Generation, die zu Recht sagt: „Na ja, dann arbeite ich halt 30 Stunden, weil ich lebe im Hier und Jetzt. Man muss überlegen, wie man den Menschen wieder die Zuversicht geben kann, dass es sich lohnt, 40 Stunden in der Woche zu arbeiten, um sich etwas aufzubauen. Der Traum von den eigenen vier Wänden ist in den letzten Jahren in unerreichbare Ferne gerückt.
Was kann die Politik dafür tun? – Claudia Plakolm: Steuern senken! Insbesondere für junge Menschen braucht es Erleich-
Dividenden: Fokus auf Wachstum und Qualität
Der JPMorgan Investment Funds – Global Dividend Fund (ISIN A (div) – EUR: LU0714179727) investiert weltweit in Aktien mit attraktiven Dividenden. Das Fondsmanagement legt vor allem in Unternehmen an, die in der Vergangenheit verlässlich ihre Dividendenzahlungen steigern konnten, mischt aber auch Wachstumsaktien und Aktien mit hohen Dividendenrenditen bei. Mit dieser erprobten Strategie konnte der Fonds seit Auflegung vor über zehn Jahren eine äußerst erfolgreiche Wertentwicklung erzielen.
Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die aktuelle oder zukünftige Wertentwicklung und Verluste sind möglich. Bei diesem Dokument handelt es sich um Werbematerial. Die hierin enthaltenen Informationen stellen weder eine Beratung noch eine Anlageempfehlung dar. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die aktuelle und zukünftige Wertentwicklung und Verluste sind möglich. Bei sämtlichen Transaktionen sollten Sie sich auf die jeweils aktuelle Fassung des Verkaufsprospekts, des Basisinformationsblatts sowie lokaler Angebotsunterlagen stützen. Diese Unterlagen sind ebenso wie die Informationen über die nachhaltigkeitsrelevanten Aspekte kostenlos auf Deutsch erhältlich beim Herausgeber und bei der deutschen Informationsstelle, JPMorgan Asset Management (Europe) S.à r.l., Austrian Branch, Führichgasse 8, A-1010 Wien, bei Ihrem Finanzvermittler sowie unter http://www.jpmorganassetmanagement.at. Eine Zusammenfassung der Anlegerrechte ist auf Deutsch abrufbar unter https://am.jpmorgan.com/at/anlegerrechte. Unsere
EMEA-Datenschutzrichtlinie finden Sie auf folgender Website: www.jpmorgan.com/emea-privacy-policy. J.P. Morgan Asset Management kann beschließen, den Vertrieb der kollektiven Investments zu widerrufen.
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terungen. Wichtig wäre es, die Kapitalertragssteuer auf langfristige Investitionen zu erlassen, der Vorschlag dafür liegt auf dem Tisch. Zudem bin ich für den Erlass der Grunderwerbssteuer beim Kauf des ersten Eigenheims, das würde mehrere Zehntausend Euro sparen.
Warum tut sich die Politik so schwer, die Pensionslücke zu thematisieren? – Franz Gasselsberger: Irgendjemand muss den Menschen die Wahrheit sagen, dass sich das nicht mehr ausgeht. Wir müssten die betriebliche und die private Vorsorge stärken, aber da kommen wir ideologisch nicht weiter. Es gibt Strömungen in diesem Land, die wollen das einfach nicht.
Claudia Plakolm: Beliebtheitspreis gewinnt man keinen, wenn man eine Pensionsdebatte vom Zaun bricht. Das schlägt nach wie vor große Wellen, das habe ich selbst erlebt. Ich will weder das gesetzliche Pensionsantrittsalter erhöhen noch jemandem die hart verdiente Pension kürzen oder streichen. Wichtiger wäre es, die Pensionslast auf mehrere Schultern zu verteilen.
Wie kann das gelingen? – Claudia Plakolm: Man muss die jungen Leute dazu motivieren, Vollzeit zu arbeiten, und Frauen nach der Familiengründung wieder vermehrt in Vollzeitbeschäftigung bringen.
Dazu braucht es ein Umdenken. Die Familienplanung ist eine zutiefst persönliche Entscheidung, aber auch Arbeit kann eine Lebensverwirklichung sein.
Sollten die Menschen länger arbeiten müssen? – Franz Gasselsberger: Es geht nicht immer um Zwang, sondern um Motivation und den eigenen Antrieb. Ich biete den Leuten bei uns an, mit ihrem wertvollen Wissen und Erfahrungen auch über dem gesetzlichen Antrittsalter im Unternehmen zu bleiben. Das muss auch steuerlich begleitet werden, um die Lebensarbeitszeit insgesamt zu verlängern.
Claudia Plakolm: Unser Vorschlag ist, Pensionsversicherungsbeiträge für Menschen, die länger arbeiten, zu streichen.
Also keine Verpflichtungen? – Claudia Plakolm: Das gesetzliche Pensionsantritts-
alter anzuheben würde wenig ändern. Seit 50 Jahren gehen die Menschen faktisch zum gleichen Zeitpunkt in Pension, während die Lebenserwartung um zehn Jahre gestiegen ist. Wir müssen es schaffen, das faktische Antrittsalter zu heben. Viele wollen vielleicht gar nicht für sich selbst vorsorgen. Erzieht das derzeitige System unmündige Menschen? – Franz Gasselsberger: Man hat die gesamte Bevölkerung für hilfsbedürftig erklärt und nicht nach dem tatsächlichen Bedarf differenziert. Das führt zu Fehlsteuerungen und fördert nicht den Spargedanken, sondern im Gegenteil, ein Anspruchsdenken.
Claudia Plakolm: Die All-inclusiveMentalität, dass der Staat sämtliche Krisen bis auf den letzten Euro ausgleichen muss, ist sehr gefährlich. Da muss man auch selbstkritisch sagen, dass man vielleicht falsche Erwartungen geweckt hat, wenn man sagt, koste es, was es wolle. Wir sollten wieder mehr Eigenverantwortung walten lassen.
Woran liegt es, dass sich Junge heute keinen Wohnraum leisten können? – Claudia Plakolm: Es sind die gestiegenen Baukosten, aber auch die Kreditrichtlinien, die so für Personen, die am Anfang ihres Erwerbslebens stehen, nicht erfüllbar sind. Die
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Ziele. „Status und Geld haben schon lange nicht mehr höchste Priorität, sondern Wertschätzung und Zugehörigkeit“, sagt Claudia Plakolm.
„Die Regulierung ist realitätsfremd und gefährlich.“
CLAUDIA PLAKOLM
Regelung ist, wie sie in Österreich nach Gold-Plating-Manier ausgeführt wird, realitätsfremd, gefährlich und vernichtet die Perspektive aufs Eigenheim. Die Richtlinie hat auch zu einem Kredittourismus geführt, viele junge Menschen wandern ab oder holen einen Kredit aus dem benachbarten Deutschland.
Franz Gasselsberger: Diesen Kredittourismus gibt es vielleicht im ein oder anderen Fall, aber bestimmt nicht im großen Stil. Da müsste bei uns in Bayern in den Filialen die Wohnbaufinanzierung explodieren, und das ist nicht der Fall. Unsere Aufgabe als Bank ist es, dafür zu sorgen, dass sich die Menschen den Kredit auch leisten können. Wer das Eigenkapital nicht hat, kann sich diese Investition nicht leisten, dazu stehe ich. Die Leute glauben, der Wert einer Immobilie ist ein One-Way-Ticket zum Mond. Ich habe noch eine Immobilienkrise erlebt, es kann auch anders gehen. Eigenkapital hat hier eine wichtige Pufferfunktion.
Wer bekommt bei Ihnen derzeit einen Kredit und wer nicht? – Franz Gasselsberger: Es wird immer öffentlich suggeriert, dass die KIM-Verordnung dazu geführt hat, dass sich die Menschen kein Wohneigentum mehr leisten können, das ist nicht so. Wir haben uns immer an die Empfehlung gehalten und keinen einzigen Kredit wegen der Verordnung nicht vergeben. Die Im-
mobilienpreise sind schlichtweg zu hoch, mich freut es auch nicht, dass bei uns die Wohnungsfinanzierungen um 50 Prozent zurückgegangen sind.
Wie geht es weiter? – Franz Gasselsberger: Die Inflation wird sinken, und die Löhne und Sozialleistungen werden indexangepasst steigen, dazu schüttet der Staat viel Geld aus. Wenn die Leute sehen, dass sich die Geldbörse wieder füllt, wird sich die Lage stabilisieren. Mit den steigenden Reallöhnen wird das Thema Wohnbau im Frühjahr wieder an Fahrt gewinnen, aber wir werden nicht mehr die Party der letzten Jahre weiterfeiern.
Bräuchte es ein generationenübergreifendes Finanzierungssystem, wie es zum Teil in anderen Ländern existiert? – Franz Gasselsberger: Ich bin dagegen. Man kann die Kreditlaufzeit nur begrenzt verlängern, weil die Immobilie irgendwann bereits wieder saniert werden muss, die Rückzahlbarkeit muss irgendwo absehbar sein.
Manche Manager jammern über die mangelnde Leistungsbereitschaft der Jugendlichen. Wie kann man sie wieder motivieren? – Franz Gasselsberger: Es ist ein Mythos, dass die Jugend von heute weniger leistungsbereit oder fähig ist. Schon die großen Philosophen der Antike haben sich vor über 2.000 Jahren über den
mangelnden Leistungswillen der damaligen Jugend beschwert.
Also nichts Neues? – Franz Gasselsberger: Die Jungen hinterfragen heute mehr, sie wollen den Sinn ihres Tuns besser erkennen und Wertschätzung erfahren. Das ist ihnen wichtiger als Gehalt und Karriere. All das steht und fällt mit der Qualität der Führungskräfte. Wer da investiert, hält die Leute auch im Unternehmen.
Claudia Plakolm: Das kann ich so unterschreiben. Status und Geld haben schon lange nicht mehr die höchste Priorität, es ist die Wertschätzung und die Zugehörigkeit, sei es Klimaschutz, ein gutes Miteinander und ein soziales Gefüge, was einen selbst weiterbringt.
Was bedeutet Arbeit für Sie? – Franz Gasselsberger: Arbeit ist mehr als nur Geldbeschaffung und Zeitüberbrückung von Wochenende zu Wochenende. Es geht darum, sich an beruflichen Erfolgen zu erfreuen und in ein soziales Umfeld eingebettet zu sein. Wir müssen den positiven Wert von Arbeit viel stärker betonen, das tut auch der Psyche gut.
Was ist das größte politische Vorhaben, das Sie noch durchbringen wollen? – Claudia Plakolm: Die Grunderwerbssteuer und Eintragungsgebühr für junge Menschen aussetzen. n
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Wohnbau. Den Kredittourismus gibt es nicht im großen Stil, „in Bayern explodiert die Nachfrage nicht“, sagt Gasselsberger.
ENTWICKLUNG (YTD) DER INTERNATIONALEN AKTIENMÄRKTE IM VERGLEICH ZUR WIENER BÖRSE
STOXX EASTERN EU TM (EUR) STOXX EUROPE TM (EUR) STOXX US TM (EUR) STOXX EM TM (EUR)
Es läuft. Österreichische Aktien werden ihrem Ruf gerecht und starten am stärksten aus der Krise im neuen Jahr, dicht gefolgt von europäischen Aktien. Osteuropawerte leiden weiterhin unter den Auswirkungen des andauernden russischen Angriffskriegs in der Ukraine, auch Schwellenländer-Aktien brauchen noch einen
Anschub. -4,00% -3,00% -2,00% -1,00% 0,00% 1,00% 2,00% 3,00% 4,00% 5,00% 6,00% 7,00% 8,00% 9,00% 10,00% 11,00% 12,00% 30.12. 09.1. 16.1. 23.1. 30.1. 06.2. 13.2.
PERFORMANCE DER INDIZES IM VERGLEICH
INDIZES ISIN KURS YTD % ATX AT0000999982 3495,97 11,82 Dow Jones Global Index XC0006975012 491,73 6,62 STOXX Eastern Europe TM, EUR CH0042344587 101,74 0,50 INDIZES ISIN KURS YTD % STOXX Emerging Markets TM, EUR CH0147792532 129,35 3,67 STOXX Europe TM, EUR CH0009119717 454,19 9,24 STOXX USA TM, EUR CH0114209130 396,07 7,21
WOLFGANG KOLUMNE
EIN AUFRUF AN LOKALE SCHNÄPPCHENJÄGER
Der österreichische Aktienmarkt feierte wie nahezu alle anderen europäischen Märkte im Jänner 2023 eine Art Wiederauferstehung aus den Verwerfungen von 2022. Das Glas durfte wieder als halb voll betrachtet werden, und die Rezessionsängste verloren im Laufe des Jahresbeginns an Kraft. Drastisch sinkende Energiepreise befeuerten Interpretationen bald schrumpfender Inflationszahlen, und die Notenbanken ließen ein wenig positive Fantasie in ihre bisher harten Zinsprognosen einfließen. Der Zinsengipfel kam gedanklich in Reichweite, und die Rentenmärkte lockten zu Schnäppchenkäufen. Dieses Umfeld schaffte auch einen für die Aktienmärkte positiven Rückenwind, da man sich mittel bis längerfristige Pläne wieder leisten wollte. Der ATX tat sich in diesem Umfeld recht gut. Mit seinem hohen Anteil an Finanz und Grundstoffwerten war er für viele wieder attraktiv genug, die nach wie vor enorm tiefen Bewertungen für Käufe zu nutzen. Auffällig war aber, dass es die Branchenzugehörigkeit nicht alleine war, die international die Kurse machte, denn Österreich musste aufgrund der teilweise geringen Liquidität auch in der Allokationsentscheidung immer wieder Abstriche hinnehmen. Etliche Sektoren liefen in Euroland deutlich besser, als es im ATX die zugehörigen Werte trotz tiefer Bewertung taten.
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Ein Aufruf an lokale Schnäppchenjäger, diese Sondersituation im Windschatten der großen Investitionsströme auch einmal zu nutzen. Die internationalen Investoren nützen sonst diese Situation einmalig und konsequent, wie man am Entstehen etlicher DelistingKandidaten innerhalb der letzten Monate erkennen durfte. Was bleibt, ist das Bild eines hochattraktiv bewerteten Aktienmarkts, der nach wie vor unter emotionaler Belastung durch den UkraineKrieg steht, sich aber durch die Kraft seiner Unternehmen ein eigenständiges und teilweise deutlich über Nachbarstaaten befindliches Wachstum erarbeitet hat. MATEJKA Geschäftsführer Matejka & Partner Asset Management
ATX (ÖSTERREICH)
MARKTENTWICKLUNG
DATENAUFBEWAHRUNG IN DER CLOUD
R EC HT S GR UNDL AGE N UND
DAT ENTRÄGE RBE GR IF F
Die Aufbewahrung von Geschäftsbriefen kann gemäß Bilanz- und Steuerrecht auch auf Datenträgern erfolgen. Dies gilt ebenso für Buchungsbelege und Inventuraufzeichnungen. Bilanzen, Inventare oder Abschlüsse sollen aufgrund ihres wichtigen Dokumentationscharakters trotz voranschreitender Digitalisierung grundsätzlich weiterhin auf Papier erstellt und im Original aufbewahrt werden. Es ist jedoch mittlerweile gängige Praxis, z.B. Bilanzen elektronisch zu erstellen, mittels qualifizierter elektronischer Signatur zu unterzeichnen und in d ieser Form aufzubewahren.
Eine Definition des Begriffs „Datenträger“ wurde vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht vorgenommen, um offen für künftige technische Entwicklungen zu bleiben. Aus den Gesetzesmaterialien und einem Erlass des BMF ergibt sich allerdings, dass unter diesen Begriff „elektronische Datenträger je nach dem Stand der Technik“ fallen. Wichtig ist, dass die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buch führung eingehalten werden und die Revisionssicherheit der Daten sichergestellt ist.
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abgelegt, deren Standort sich im In- und Ausland befinden kann. Die Cloud entspricht dem neuesten Stand der Technik und ist in der Praxis aufgrund ihrer Kosteneffizienz, der hohen und ständig aktualisiert en Sicherheits standards vonseiten der Betreiber und aufgrund des mühelosen Zugriffs auf Dokumente beliebt. Cloud-Speichersysteme erfüllen den bilanz- und steuerrechtlichen Datenträgerbegriff und eignen sich somit zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen, wenn die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung eingehalten werden und die Revisionssicherheit der Daten sichergestellt ist. Der österreichische Gesetzgeber hat sich jedoch bisher nicht ausdrücklich zur Zulässigkeit von CloudSpeichern als Datenträger geäußert. Dahingegen hat das deutsche Finanzamt die Ver-wendung der Cloud bereits für zulässig befunden.
CLO
UD -S P EIC H ER SYS TE ME AL S DAT EN TR ÄGER
Über die Cloud kann geräte- und standortunabhängig auf IT-Leistungen wie Software, Speicherplatz oder Rechnerkapazität zugegriffen werden. Diese IT-Services sind wiederum auf Servern
ZU
LÄ S S I GK EI T D ES S ER VERSTAN DORTS
Bei Nutzung von Cloud-Speichern mit Serverstandort in einem anderen Staat verlagert sich der Ort der Aufbewahrung ins Ausland. Die aktuelle Gesetzeslage ermöglicht eine Aufbewahrung von Unterlagen im Ausland ohne behördliche
Genehmigung. Es liegt daher im Ermessen der Unternehmer:innen, einen Cloud-Anbieter mit geeigneten Serverstandorten hinsichtlich Datenund Rechtssicherheit auszuwählen. Über die bilanz- und steuerrechtlichen Vorschriften hinausgehende Regelungen zur Rechts- und Datensicherheit – insbesondere die DSGVO – sind in jedem Fall einzuhalten, weshalb ein Serverstandort innerhalb der Europäischen Union anzuraten ist. Auch muss der ausschließlich berechtigte Zugriff auf in der Cloud abgespeicherte, aufbewahrungspflichtige Unterlagen sichergestellt sein.
Karl Stückler Director karl.stueckler@bdo.at
Verena Nitschinger Senior Managerin verena.nitschinger@bdo.at
Für Unternehmen stellt sich die Frage, ob das Verwenden von Cloud-Speichersystemen zulässig ist.
SIE HABEN FRAGEN? W I R S I ND GERNE FÜR SI E DA!
DIE MACHT DER MASCHINEN
MARKTUMFELD
Das Künstliche-Intelligenz-Programm ChatGPT stellt die Welt derzeit auf den Kopf. Laut einer PWC-Studie könnte künstliche Intelligenz bis 2030 einen Beitrag von gut 15 Billionen US-Dollar zum globalen BIP beisteuern. Sie ist Wachstumstreiber für die gesamte Technologiebranche.
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VERANLAGUNG
Künstliche Intelligenz ist aus der experimentellen in die kommerzielle Phase gekommen. Der Aktienmarkt unterschätzt oft das Ausmaß der Chancen, die führende Anbieter neuer Technologien in frühen Entwicklungsstadien bieten. ETFs und Zertifikate bieten Veranlagungsmöglichkeiten.
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INTERVIEW
Es gibt kaum Wirtschaftszweige, die noch nicht auf künstliche Intelligenz (KI) zugreifen. „Denken Sie etwa an die Landwirtschaft, die anhand des Einsatzes von KI eine präzisere Aussaat und Bewässerung durchführen kann“, erklärt LFDE-Fondsmanager Rolando Grandi. Das Potenzial sei groß.
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RENDITE KI
Zukunft. Die erste Aufregung um Chat GPT hat sich gelegt, die Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz sind nicht bezifferbar.
Es gelingt zunehmend, Maschinen so zu programmieren, dass sie nicht nur Befehle ausführen. Sie werten längst auch umfangreiche
Datensätze aus, treffen selbstständig Entscheidungen und lernen laufend dazu. Die Entwicklungen in der künstlichen Intelligenz (KI) stehen dabei aber erst am Beginn eines langfristigen Trends, wenngleich KI dank ChatGPT nunmehr in aller Munde ist. Ebenso jung sind die Investmentchancen an der Börse. Sie reichen von KI-Entwicklern bis hin zu Unternehmen, die anhand des Einsatzes intelligenter Maschinen kräftig wachsen wollen.
#CHATGPT
TEXT RAJA KORINEK
© OHDE, CHRISTIAN / ACTION PRESS / PICTUREDESK.COM
VORDENKER DER KI
Dank des Starts von ChatGPT ist die künstliche Intelligenz mittlerweile in aller Munde. Die technologischen Entwicklungen sind rasant, das weitere Potenzial groß.
Der Aufregung war groß, als im November 2022 ChatGPT freigeschaltet wurde. Die künstliche Intelligenz, die von der kalifornischen Stiftung OpenAI kreiert wurde, lockt vor allem mit einer Eigenschaft: Sie kann Texte zu den unterschiedlichsten Themen erstellen und sogar Aufgaben lösen. So bestand ChatGPT vor kurzem etwa im Zuge einer Wirtschaftsvorlesung an der Wharton School of Business, USA, eine Prüfung. Weil sich aber immer mehr Schüler ihre Aufsätze mittels ChatGPT schreiben lassen, ziehen die Lehranstalten die Reißleine. Als erste französische Hochschule hat etwa das Pariser Institut für politische Studien, Sciences Po, deren Einsatz verboten.
Milliardeninvestments als Chance
Dennoch wird den OpenAI-Programmen noch reichlich Potenzial eingeräumt. Microsoft beteiligte sich 2019 mit rund einer Milliarde US-Dollar an
OpenAI LP, die von der OpenAI Foundation gegründet wurde, um Kapital aus dem privaten Sektor zu beschaffen. Die OpenAI Foundation wurde wiederum 2015 unter anderem von Sam Altman, Peter Thiel und Elon Musk gegründet. Zu Jahresbeginn 2023 wurde bekannt, dass sich Microsoft über die nächsten Jahre mit weiteren bis zu zehn Milliarden US-Dollar beteiligen wird.
Im Cloud-Dienst Azure OpenAI werden Dienste wie ChatGPT und Dall-E angeboten. Dall-E kann Bilder aus Textbeschreibungen aufgrund maschinellen Lernens erstellen. Unternehmen, die auf Azure OpenAI zugreifen, können solche Anwendungen dann für eigene Zwecke verwenden, etwa um Suchergebnisse in Onlineshops zu optimieren. Bei Microsoft gibt es weitere Einsatzmöglichkeiten von OpenAI-Anwendungen, so etwa bei der Suchmaschine Bing (Seite 38). Doch worum geht es grundsätzlich bei künstlicher Intelligenz (KI)?
Eine Antwort liefert SAS, ein US-Softwarehersteller, bei dem KI, maschinelles Lernen und die Datenanalyse zu den Schwerpunkten zählen. Laut SAS lernt KI aus Erfahrungen, stellt sich auf neue Informationen ein und bewältigt Aufgaben, die grundsätzlich menschenähnliches Denkvermögen erfordern. Obendrein werden Muster aus großen Datenmengen erkannt.
KI ist starker Wachstumstreiber
„KI bleibt für Microsoft, aber auch insgesamt für die Technologiebranche ein großer Wachstumstreiber“, erklärt Harald Leitenmüller, Chief Technology Officer bei Microsoft Österreich. Genaue Zahlen hinsichtlich des Wachstums von KI gibt es nicht, da sie in verschiedenen Bereichen angewendet wird. Dennoch lassen jüngste Ergebnisse das Potenzial erahnen: Im zweiten Quartal 2022/23 per Ende Dezember belief sich der Umsatz im Bereich „Intelligent Cloud“ auf
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Gefinkelt. Drohnen werden in der Landwirtschaft eingesetzt, um etwa den Düngebedarf zu analysieren.
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BEIGESTELLT
TEXT RAJA KORINEK
21,5 Milliarden US-Dollar, ein Anstieg von knapp 18 Prozent im Jahresvergleich. Im Vergleich dazu stieg der Konzernumsatz um zwei Prozent auf 53 Milliarden US-Dollar.
Österreich mischt ebenfalls in der KI-Welt mit. Die Brantner Digital Solutions, die 2021 als Tochter des Entsorgers Brantner Environment Group gegründet wurde, hat einen Scanner namens Hawkeye entwickelt. Dieser erkennt etwa Störabfälle bei der Entsorgung von Müll, wenn sie in der falschen Tonne landen. Die St. Pöltner Circly, die 2021 gegründet wurde, hilft die Lebensmittelverschwendung im Einzelhandel zu reduzieren. Dazu analysiert die KI zum Beispiel Absatzdaten und Marketingaktionen der Lebensmittelhändler. Mostly AI, das bereits 2017 gegründet wurde, bietet Unternehmen eine Lösung im Umgang mit sensiblen Kundendaten an. Mithilfe der Mostly-AI-Plattform können Kundendaten anonymisiert in KI-generierte, synthetische Daten umgewandelt werden.
Noch schreibt das Unternehmen Verluste wie viele andere Start-ups in der Frühphase: „So muss das Produkt oder die Dienstleistung erst entwickelt werden. Manchmal muss erst eine gewisse Größe erreicht werden, um mittels Skaleneffekten in die Gewinnzone
zu kommen. Das ist bei uns nicht anders“, erklärt Vorstandsvorsitzender Tobias Hann.
Auch in der KI-Forschung gibt es interessante Entwicklungen in Österreich. Im November 2021 wurde das Center for Artificial Intelligence and Machine Learning (CAIML) an der Technischen Universität Wien (TU Wien) gegründet. „CAIML ging aus einem internen Antrag auf Forschungsförderung hervor und wurde gegründet, um die Kompetenzen in allen Teilgebieten der KI und des maschinellen Lernens zu bündeln sowie die Zusammenarbeit über Fakultäts- und Institutsgrenzen hinaus zu verbessern“, erklärt Clemens Heitzinger, Professor am Institut für Analysis und Scientific Computing an der TU Wien und Co-Director am CAIML.
Maschinen überholen den Menschen Heitzinger blickt dabei auf jüngste Entwicklungen zurück: „In den vergangenen Jahren wurden große Fortschritte in der KI gemacht, da drei Gründe zusammenkamen: die Verfügbarkeit enormer Rechenkapazitäten und großer Datenmengen zum Trainieren der KI etwa im Internet sowie die algorithmischen Weiterentwicklungen.“ Die Bereiche, in denen KI den Menschen übertreffe, nähmen stetig zu, ein Ende dieser Ent-
wicklung sei nicht abzusehen. Die Folgen daraus liegen für Heitzinger auf der Hand: „Es gibt konkrete Auswirkungen auf die Arbeitswelt sowie die Wirtschaft unter den Stichworten Automatisierung, Entscheidungsunterstützung, Delegieren von repetitiven Aufgaben an Computer und Generieren von Inhalten, so etwa von Text und Videos.“
Um die KI noch weiter zu forcieren, entwickelte die österreichische Bundesregierung die nationale KI-Strategie Artificial Intelligence Mission Austria 2030 (AIM AT 2030). Sie wurde im September 2021 veröffentlicht. Dabei verfügt AIM AT 2030 aus den Mitteln des Fonds Zukunft Österreich über zwölf Millionen Euro für dieses Jahr, um die wissenschaftliche Einrichtungen und Unternehmen ansuchen können.
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Die künstliche Intelligenz zählt zu den zukunftsträchtigen Tech-Bereichen, auch weil die Entwicklungen anhand KI-Programme wie ChatGPT inzwischen eine breite Masse erreicht haben. Weil Maschinen immer größere Mengen an Daten sammeln und auswerten können, wachsen die Anwendungsmöglichkeiten. Selbst die heimische Forschung sowie die Regierung setzen auf KI als Zukunftsbereich. n
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www.simmoag.at IMMER WIEDER STARK
Gute Lage und Qualität: Da wiederholen wir uns gern.
INTELLIGENTE RENDITEN
Die Kurskorrekturen am Technologiesektor waren heftig, könnten nun aber im Zuge von zukunftsträchtigen Trends insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz interessante Einstiegschancen bieten.
Das vergangene Jahr war für Technologieaktien bitter. Die steigende Inflation sowie die Zinswende belasteten viele der Unternehmen. Sie schreiben oft noch keine Gewinne und benötigen meist viel Fremdkapital. Dabei verteuern höhere Zinsen die Refinanzierungskosten und schmälern die zukünftig erwarteten Gewinne.
Doch das Schlimmste könnte ausgestanden sein, meinen Experten. Die Inflationsraten waren zuletzt rückläufig, die Zinsanhebungen dürften allmählich zu Ende gehen. Bei zukunftsträchtigen Technologietrends, etwa der
künstlichen Intelligenz (KI), könnte die Korrektur langfristig ausgerichteten Anlegern eine Einstiegschance bieten. „Auch wenn 2022 ein schwieriges Jahr für Technologieaktien war, wird dies Innovationen nicht ausbremsen“, meint Philipp von Königsmarck, Head of Wholesale für Deutschland, Österreich und Luxemburg bei Legal & General Investment Management (LGIM).
Von Königsmarck verweist insbesondere auf die KI: „Sie hat sich von der experimentellen in die kommerzielle Phase weiterentwickelt. Der Aktienmarkt unterschätzt dabei häufig das Ausmaß der Chancen, die führende Anbie-
ter neuer Technologien in einem frühen Stadium bieten.“ Wie groß das Potenzial ist, hat das kanadische Analysehaus Precedence Research ausgelotet. Im Vorjahr erreichte das globale KI-Marktvolumen knapp 120 Milliarden US-Dollar und dürfte bis 2030 auf 1,6 Billionen US-Dollar steigen.
KI im Fokus der Märkte
Wie sehr die KI bei Anlegern im Fokus steht, verdeutlichten die Entwicklungen im Februar 2023. Nachdem der Textdienst ChatGPT des Unternehmens OpenAI, an dem Microsoft beteiligt ist, für Schlagzeilen sorgte, stellte die
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TEXT RAJA KORINEK
Alphabet-Tochter Google am 8. Februar den Chatdienst Bard für ihren Browser Chrome vor. Weil Bard jedoch eine Anfrage falsch beantwortete, gaben die Alphabet-Aktien kräftig nach. „Google könnte seine Vormachtstellung im Suchmaschinenmarkt verlieren, die Gewinne sowie die Margen könnten deutlich fallen“, betont Konstantin Oldenburger, Marktanalyst bei CMC Markets.
Die Entwicklung zeigt auch, dass Anleger breitgestreut auf das Thema setzen sollten. Eine Möglichkeit sind Exchange Traded Funds (ETF), börsengehandelte Indexfonds. Der L&G Artificial Intelligence UCITS ETF (IE00BK5BCD43)
etwa wurde im Juli 2019 aufgelegt und setzt auf den Robo Global Artificial Intelligence Index. Dieser enthält 68 Titel, vor allem aus den Vereinigten Staaten, aber auch aus Israel und Europa. Etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen sind im Bereich der Infrastruktur tätig. Dazu zählen etwa der Softwarehersteller Alteryx, dessen Produkte unter anderem für die Datenanalytik verwendet werden, sowie Nvidia. Das US-Unternehmen produziert Grafikkarten, die für die Verarbeitung großer Datenmengen gebraucht werden.
Der Rest des Indexes teilt sich auf Unternehmen auf, die KI anwenden. Dazu zählt etwa der lateinamerikanische Onlinehändler Mercado Libre. Doch wie sieht es mit der Wertentwicklung aus? Auf drei Jahre liegt die jährliche Performance bei 6,3 Prozent.
In KI-Entwickler investieren
Der Amundi Stoxx Global Artificial Intelligence UCITS ETF (LU1861132840) setzt auf den Stoxx AI Global Artificial Intelligence Index, der beinahe 300 Aktien umfasst. Selektiert werden Titel, die stark in die Entwicklung neuer KI-Technologien investieren. Dazu zählt der Satellitenhersteller und -betreiber Maxar Technologies, der im Vorjahr den KIEntwickler Wovenware kaufte, um das maschinelle Lernen zu forcieren. Auch in diesem Produkt nehmen die USA –mit rund 63 Prozent – die größte Gewichtung ein, gefolgt vom asiatisch-pazifischen Raum.
Alphatec Holdings ist wiederum ein Medizintechnikunternehmen mit Schwerpunkt auf der chirurgischen Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen. Dabei wird auch auf KI zugegriffen. Die Wertentwicklung des AmundiETF erreichte auf drei Jahre 8,7 Prozent per annum.
Ronaldo Grandi, Fondsmanager des Echiquier Artificial Intelligence (LU1819480192 für Privatanleger; LU1819479939 für Großanleger) von La Financiere de l’Echiquier, managt sein
Portfolio aktiv. Auch hier wird auf KIEntwickler gesetzt wie auch auf Unternehmen, die KI anwenden. Die IT-Branche ist mit rund 70 Prozent gewichtet, gefolgt von dem Nichtbasiskonsumsektor. Größte Fondsposition ist Microsoft. Service Now ist ebenso im Fonds. Das US-Softwareunternehmen bietet CloudComputing an. Cloudflare bietet wiederum Internetsicherheitsdienste an. Der Fonds wurde Mitte 2018 aufgelegt und bekam die Korrekturen am Technologiesektor besonders stark zu spüren: Auf drei Jahre erzielte der Fonds einen Wertverlust von 4,5 pro Jahr.
Zertifikate als weitere Chance
Chancen gibt es auch mit Zertifikaten, etwa mit dem Indexzertifikat der Bank Vontobel auf den Solactive Artificial Intelligence Index (DE000VL3SJB4). Unternehmen müssen einen signifikanten Anteil ihres Umsatzes mit KI-Soft- oder Hardware erzielen oder die KI in ihren Geschäftsmodellen anwenden. Der Index umfasst 20 Titel, wobei der Großteil aus den USA stammt, gefolgt von Europa und China.
Dazu zählt Netflix, der Streamingdienst erkennt anhand der KI Nutzerverhalten. Salesforce, ein Datenbankverwalter, ist ebenso Teil des Indexes wie Alphabet und Meta Platforms.
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Die Zinswende traf den Technologiesektor hart. Viele der Unternehmen und Firmensegmente schreiben oft noch keine Gewinne. Langfristig räumen Experten der künstlichen Intelligenz (KI) innerhalb der Tech-Welt jedoch große Entwicklungsmöglichkeiten ein. Inzwischen setzen sämtliche Wirtschaftsbereiche – vom autonomen Fahren über die moderne Medizin bis hin zu Landwirtschaft und Cloud-Computing – die KI ein, um Datenmengen zu verarbeiten, auszuwerten und daraus Maschinen selbstständige Entscheidungen treffen zu lassen. Verluste sind jedoch bei all den Investments möglich. n
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© MAXAR
Forschung. Der US-Satellitenkonzern Maxar Technologies stieg im Vorjahr beim Grazer KI-Start-up Blackshark.ai ein.
Die künstliche Intelligenz kommt längst in sämtlichen Wirtschaftszweigen zum Einsatz, erklärt Rolando Grandi, Fondsmanager des Echiquier Artificial Intelligence beim französischen Vermögensverwalter La Financiere de l’Echiquier. Die Entwicklung stehe erst am Beginn eines langfristigen Aufschwungs.
Veranlagung. Rolando Grandi investiert in Unternehmen, die KIAnwendungen entwickeln.
„VIELE KI-ANWENDUNGEN STEHEN ERST AM BEGINN“
Der Markt für künstliche Intelligenz (KI) wächst kräftig, wobei die Anwendung der KI eigentlich nichts Neues sei, meint Rolando Grandi. Doch erst die KI-Anwendung ChatGPT, mit der ganze Texte erstellt werden können, schaffe für das Thema so richtig eine öffentliche Wahrnehmung.
Wie sieht es mit Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit aus? – Ronaldo Grandi: Einen wichtigen Durchbruch gab es 2012, als KI-Forschungszentren begannen, Nvidias Grafikprozessoren einzusetzen, die ursprünglich für Bildbearbeitung und Videospiele entwickelt wurden, um das Trainingsverfahren von KI-Algorithmen zu beschleunigen. Die Rechenleistung von Computern wurde damit kräftig gesteigert. Maschinen können seither noch größere Datenmengen auswerten und schneller lernen. Die Grafikkarten sind praktisch das Gehirn der modernen KI.
Wie wichtig ist die KI für die globale Konjunkturentwicklung? – Es gibt kaum noch
einen Wirtschaftszweig, der nicht auf KI zugreift. Denken Sie etwa an die Landwirtschaft, die anhand des Einsatzes von KI eine präzisere Aussaat und Bewässerung durchführen kann. In der Versicherungswirtschaft lassen sich Risiken genauer berechnen, in der Logistikbranche können Routen effizienter aufgestellt werden. Das Potenzial ist groß. Laut einer Studie des US-Beratungsunternehmens PWC, die vor wenigen Jahren veröffentlicht wurde, könnte die KI bis 2030 einen Beitrag zum globalen BIP von gut 15 Billionen US-Dollar beisteuern.
Microsoft, aktuell größte Fondsposition, hat sich an OpenAI, dem Entwickler von ChatGPT, beteiligt. Ein guter Schachzug? – Microsoft legt den Fokus zunehmend auf KI und setzt mit dieser Beteiligung einen wichtigen Schritt. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. So soll es etwa eine Bezahlversion der Videodienstleistung MS Teams geben, wonach ChatGPT nach einer Videokonferenz etwa eine Zusammenfassung erstellt. Auch in der
Suchmaschine Bing von Microsoft wird ChatGPT integriert, um Suchanfragen zu optimieren. In der Cloud-Sparte Azure werden viele Arbeitsprozesse von ebendieser KI-Anwendung angetrieben.
Die Kursverluste in der Technologiebranche verschonten auch Titel mit Fokus auf KI nicht. – Tatsächlich korrigierten Technologieaktien das letzte Mal derart heftig im Jahr 2000, insbesondere als die Internetblase platzte. Viele der Branchenfirmen sind heute jedoch etabliert und schreiben Gewinne. Die Aktienbewertungen sind nach der Korrektur nunmehr attraktiver, während KI-Anwendungen etwa im Bereich der Cloud-Dienste oder des Datenmanagements erst am Beginn einer langfristigen Entwicklung stehen.
Wie nutzen Sie Investmentchancen in der KI-Welt? – Wir investieren in Unternehmen, die KI-Anwendungen entwickeln, etwa für den Bereich der Datenanalytik und Datenauswertung. Zum anderen sind jene Konzerne Teil des Port-
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© CHRISTOPHE MAJANI
TEXT RAJA KORINEK
folios, die solche Anwendungen in ihre Geschäftsmodelle integrieren, aus der Erneuerbaren-Energie-Branche, dem Konsum- und Gesundheitssektor oder auch der Cyberindustrie. So verwaltet der private US-Krankenversicherer United Health, eine Fondsposition, Gesundheitsdaten mit dem Einsatz von KI. Zu unseren Investments zählen auch kleinere Firmen wie Zoominfo, das eine intelligente Geschäftsdatenbank betreibt, sowie Alteryx. Das Unternehmen pro-
Tatsächlich mischen immer mehr Unternehmen in der Cloud mit. Besteht die Gefahr eines ruinösen Preiswettbewerbs? –Derzeit werden allein in den USA rund 70 Prozent aller Rechenleistungen über lokale Standserver abgewickelt, der Rest in der Cloud. Potenzial ist reichlich vorhanden, zumal der Wechsel auf eine Cloud-Computing-Infrastruktur große Vorteile hat. Der Energiebilanz ist effizienter. Zahlreiche Cloud-Anbieter wie Amazon und Microsoft betreiben
nesischen Aktien. Europa holt bei den Entwicklungen auf.
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OPTIMALES UMFELD FÜR INVESTMENTS IN ZERTIFIKATE
An den Märkten hat sich viel getan. Die Zinsen sind zurück und damit bietet sich für Anleger:innen ein derart optimales Umfeld für Zertifikate, wie schon lange nicht. Bei Raiffeisen Zertifikate gehen wir deshalb davon aus, dass das bisher hohe Nachfrage-Niveau nach den smarten Investmentprodukten weiter steigen wird, denn sowohl die Produkte in Zeichnung als auch Sekundärmarktprodukte überzeugen durch Top-Konditionen. Besonders gefragt sind einmal mehr Zertifikate, die den beiden Mega-Trends folgen: Nachhaltigkeit und Inflationsschutz. Da die Inflation in Europa laut Raiffeisen Research wohl bis voraussichtlich 2025 deutlich über dem Zielwert der EZB liegen wird, bleibt die Inflationsabsicherung weiterhin ein wichtiges Thema für Anleger:innen
JA zum Zertifikat, aber welches passt am besten für mich? Ab sofort können sich Anleger:innen noch einfacher einen Überblick über das vielfältige Zertifikateangebot verschaffen. Nach einem großangelegten Kundentest wurde unser Zertifikate-Finder überarbeitet. Mit der neuen Version wird es für Anleger:innen – egal ob Profi oder Einsteiger:innen – mit nur wenigen Klicks machbar sein, zum passenden Produkt zu kommen. Finden Sie noch schneller und einfacher jene Produkte, die gut ins Depot passen. Mehr Informationen dazu unter http://www.zertifikatefinder.at
grammiert unter anderem Tools für das Datenmanagement.
Erwirtschaften kleinere Wachstumsaktien aber auch Gewinne? – Bis zum Jahresende dürften unseren Prognosen zufolge beinahe 90 Prozent der Portfoliotitel profitabel wirtschaften, gemessen am freien Cashflow. Einige Ausnahmen gibt es, so etwa Cloudflare, das Produkte für den sicheren Zugang zum Internet anbietet. Das Geschäftsmodell ist einzigartig und profitiert vom wachsenden Bedarf an Cybersicherheit. Auch im Bereich des Cloud-Computing bietet Cloudflare Dienstleistungen an.
ihre Cloud-Computing-Server zudem mit dem Einsatz erneuerbarer Energien. Obendrein können in der Cloud viel größere Datenmengen gespeichert und verarbeitet werden, ein Umstand der Entwicklungen im KI-Bereich begünstigt.
Knapp mehr als 80 Prozent des Fonds entfallen auf US-amerikanische Aktien. Was steckt dahinter? – US-Unternehmen sind führend bei KI-Entwicklungen. Auch in China wächst der KI-Markt. Doch angesichts der wachsenden geopolitischen Spannungen in der Region halten wir derzeit nur einen kleinen Anteil an chi-
Wie groß ist die Gefahr, dass die Daten mithilfe der KI missbräuchlich verwendet werden? – Diesen Aspekt nehmen immer mehr Regionen ernst. In Europa etwa wurde 2018 die Datenschutz-Grundverordnung implementiert und regelt den Umgang mit persönlichen Daten. Der Schutz vor Datenmissbrauch ist bei unseren Investments wichtiger Teil unserer nachhaltigen Richtlinien. Einige Unternehmen, in die wir investieren, haben eigene Ethikkommissionen gegründet, die sich mit eben solchen Punkten befassen. Tatsächlich gibt es mit einem Investment in die KI-Welt zahlreiche Punkte zu beachten.
% MEINE RENDITE
LFDE-Fondsmanager Rolando Grandi geht auf wichtige Meilensteine in der Entwicklung der künstlichen Intelligenz ein und zeigt auf, wie sich Investmentchancen in verschiedenen Bereichen nutzen lassen, die Grandi vor allem in den USA abdeckt. n
RENDITE KI 39
HEIKE ARBTER
Head of Raiffeisen Certificates
Entgeltliche Einschaltung
YEAR-TO-DATETRENDS DER WELTBÖRSEN
KOMMENTAR
2023 WIRD AN DER BÖRSE ZUR ACHTERBAHNFAHRT
Zum Jahreswechsel war die Sorge vor einer Rezession noch omnipräsent: In Europa haben die stark gestiegenen Gaspreise vergangenes Jahr die Inflation befeuert, in den USA war der Haupttreiber der Inflation das Lohnwachstum von über fünf Prozent. Die zwangsläufige Befürchtung: Nur eine Rezession kann die Wirtschaft wieder richten. Doch ein milder Jänner hat in Europa die Gasnachfrage gesenkt und damit die Erdgaspreise gedrückt. Kurzfristig sind sie sogar auf das Niveau von vor dem UkraineKrieg gesunken – und sie könnten noch weiter fallen. Für Inflation und Wachstum ist das ein gutes Zeichen. Zu Frühlingsbeginn dürfte sich das Verbrauchervertrauen in Europa erholen, und die Ausgaben sollten die Wirtschaft stützen. Auch in den USA hat sich derweil der Trend der Inflationsmeldungen entscheidend gedreht. Lagen die Inflationszahlen im letzten Jahr noch meist über den Erwartungen, sind sie zuletzt leicht gesunken. Der Grund dafür war jedoch, dass die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden sprunghaft angestiegen ist und die Zahl der Erwerbstätigenpersonen zugenommen hat. Ein Lichtblick? Vielleicht. Möglicherweise fällt die Rezession mild und kurz aus. Aber die USWirtschaftsdaten spiegeln das noch nicht genau wider. In der zweiten Jahreshälfte allerdings, so glaube ich, dürfen wir mit einer wirtschaftlichen Erholung rechnen, zu der auch China beitragen dürfte – auch wenn die Entscheidung, von „zero Covid“ auf „full Covid“ umzusteigen, für Chaos sorgen könnte.
ROLAND NEUWIRTH Fondsmanager, Salus Alpha
„Meine Favoriten sind AT&S, Do & Co, Erste Bank, Telekom Austria und Zumtobel. Amag, Kapsch, FACC, Marinomed und SBO floppen derzeit bei mir.“
„Meine Top-Picks sind aktuell Bawag, OMV, Palfinger, SBO, Telekom Austria und Zumtobel.“
RENDITE BÖRSENWETTER 40
NEGATIVE PERFORMANCE (YTD) POSITIVE PERFORMANCE (YTD) PARIS (CAC 40) 7.347,72 I 13,50 % LONDON (FTSE 100) 8.004,36 I 7,42 % BUENOS AIRES (MERVAL) 248.979,37 I 22,68 % NEW YORK (DJIA) 33.826,69 I 2,05 % NEW YORK (NASDAQ) 11.787,27 I 12,62 % TORONTO (TSX) 20.515,24 I 5,83 % WELT (DJ GLOBAL) 490,96 I 6,56 % EUROPA (DJ EURO STOXX 50) 4.274,92 I 12,69 %
STEVEN BELL Chefvolkswirt EMEA Columbia Threadneedle Investments
CHRISTIAN HINTERWALLNER Head of Equity Research, RBI AG
STOCKHOLM (OMX 30)
AFRIKA (DJ AFRICA TITANS 50)
I 1,54 % JOHANNESBURG (DJ SOUTH AFRICA)
I 4,91 %
FRIEDRICH MOSTBÖCK Head of Group Research, Erste Group Bank AG
„Meine Kaufempfehlungen sind Andritz, AT&S, Do & Co, OMV und VIG.“
EDUARD BERGER Vorstand, Wiener Privatbank SE
„Als top sehe ich derzeit Wienerberger, Telekom Austria und OMV, Flops habe ich aktuell keine.“
41 RENDITE BÖRSENWETTER FRANKFURT (DAX) 15.482,00 I 11,19 % ATHEN (ATHEX) 1.102,76 I 18,60 % WARSCHAU (WIG
1.859,30 I 3,76 % ZÜRICH (SMI) 11.256,29 I 4,91 % WIEN (ATX) 3.495,97 I 11,82 % TOKIO (NIKKEI 225) 27.513,13 I 5,44 % SYDNEY (ALL ORDINARIES) 7.552,20 I 4,58 % HONGKONG (HANG SENG) 20.719,81 I 4,74 % SCHANGHAI (SHCOMP) 3.224,02 I 4,36 % SEOUL (KOSPI) 2.458,96 I 9,95 %
2.249,38
20)
I 10,08 %
464,29
2.056,05
KURSE ÖSTERREICH AKTIENKURSE
ATX-PRIME-KURSE WIENER BÖRSE (YTD)
RENDITE KURSE 42
UNTERNEHMEN ISIN KURS YTD % YTD HIGH YTD LOW 1 J % 1 J VOLA 3 J % 3 J VOLA Voestalpine AG AT0000937503 34,32 38,50 34,32 25,34 11,72 38,54 52,74 35,24 ∧ UBM Development AG AT0000815402 29,70 30,26 32,30 23,20 –29,29 36,20 –38,64 36,34 ∧ Lenzing AG AT0000644505 70,10 27,92 70,80 58,40 –31,94 52,76 2,71 44,61 ∧ FACC AG AT00000FACC2 7,17 26,46 7,17 6,12 –19,26 38,04 –39,80 52,19 ∧ Wienerberger AG AT0000831706 28,28 25,35 28,46 22,54 –8,36 39,61 3,06 37,77 ∧ Palfinger AG AT0000758305 29,55 24,95 29,70 24,50 –1,01 35,10 14,53 37,04 ∧ Telekom Austria AG AT0000720008 7,13 23,36 7,13 5,80 –8,82 20,31 –8,24 21,69 ∧ S Immo AG AT0000652250 15,20 21,79 15,20 12,26 –33,04 36,81 –41,20 35,62 ∧ Erste Group Bank AG AT0000652011 36,37 21,64 36,97 30,10 –9,66 45,48 4,57 42,67 ∧ Schoeller-Bleckmann AG AT0000946652 69,60 19,59 71,70 56,80 77,78 48,04 66,31 49,11 ∧ Bawag Group AG AT0000BAWAG2 58,80 18,07 58,80 49,56 12,75 31,16 33,82 40,66 ∧ Pierer Mobility AG AT0000KTMI02 79,90 18,02 81,70 68,40 –10,02 33,35 63,73 34,99 ∧ RHI Magnesita NL0012650360 30,50 17,76 33,00 25,90 –22,98 48,28 –18,58 49,18 ∧ Porr AG AT0000609607 13,78 17,18 13,78 11,72 6,00 41,47 –14,61 37,71 ∧ EVN AG AT0000741053 19,66 16,33 19,80 17,04 –21,67 32,73 12,09 31,27 ∧ Do & Co AG AT0000818802 102,80 16,03 105,40 85,30 14,48 37,85 6,31 52,63 ∧ Vienna Insurance Group AG AT0000908504 25,70 14,99 25,80 22,25 2,19 23,80 4,26 27,86 ∧ Agrana Beteiligungs AG AT000AGRANA3 17,15 14,72 17,25 15,00 1,36 26,01 –16,14 28,28 ∧ Rosenbauer International AG AT0000922554 34,50 14,62 34,50 30,30 –25,00 37,12 –19,20 37,38 ∧ Kapsch Trafficcom AG AT000KAPSCH9 12,90 14,16 13,36 11,70 –11,64 33,50 –47,35 36,63 ∧ Österreichische Post AG AT0000APOST4 33,45 13,78 33,65 30,20 –8,23 27,59 –0,59 25,69 ∧ Uniqa Insurance Group AG AT0000821103 7,96 13,71 7,96 7,05 0,38 23,02 –15,86 25,93 ∧ Semperit AG AT0000785555 22,40 13,02 23,75 20,80 –22,22 44,62 72,31 48,31 ∧ Frequentis AG ATFREQUENT09 32,00 12,28 32,00 26,40 18,52 32,30 57,33 35,93 ∧ Flughafen Wien AG AT00000VIE62 35,00 8,19 35,00 32,40 19,66 30,73 –2,91 42,14 ∧ Raiffeisen Bank International AG AT0000606306 16,45 7,17 17,18 15,22 –33,88 51,34 –25,40 42,93 ∧ Polytec Holding AG AT0000A00XX9 4,90 6,41 5,28 4,72 –37,56 30,35 –34,73 37,65 ∧ Zumtobel Group AG AT0000837307 7,21 5,87 7,38 6,81 –15,67 30,56 –19,26 35,82 ∧ Andritz AG AT0000730007 56,35 5,23 57,00 53,80 25,89 31,47 61,74 31,94 ∧ Amag Austria Metall AG AT00000AMAG3 36,30 4,61 36,30 33,80 –12,95 25,71 28,72 26,64 ∧ Immofinanz AG AT0000A21KS2 12,14 4,48 12,67 11,86 –47,08 32,24 –54,36 33,31 ∧ Mayr-Melnhof Karton AG AT0000938204 157,00 3,84 160,80 152,00 –6,77 26,56 20,58 25,96 ∧ Verbund AG AT0000746409 80,85 2,80 80,85 72,15 –13,99 47,11 67,32 43,62 ∧ Addiko Bank AG AT000ADDIKO0 12,90 1,98 12,90 11,90 4,45 33,63 –12,36 37,28 ∧ Warimpex Finanz- und Beteiligungs AG AT0000827209 0,66 1,54 0,74 0,65 –41,85 66,11 –63,13 48,35 ∧ AT&S AG AT0000969985 32,00 0,00 36,40 29,00 –37,38 47,23 78,47 47,87 ∧ Strabag SE AT000000STR1 38,20 –2,30 39,20 36,00 –1,04 25,55 25,25 33,43 ∨ CA Immo AG AT0000641352 27,50 –3,00 30,15 27,30 –13,25 24,23 –33,09 28,52 ∨ QUELLE:
DIE TOP 12 ÖSTERREICH-FONDS (3J)
DIE TOP 12 ANLEIHEN (YTM)
RENDITE KURSE 43 ANLEIHENKURSE FONDSKURSE LLB AKTIEN ÖSTERREICH 180 160 140 2.1.23 20.2.23 Quelle: baha PV-INVEST 4,15% ANLEIHE 16-23 100 80 60 1.1.22 20.2.23 Quelle: baha
FONDSNAME ISIN KURS YTD % 3 J % 5 J % LLB Aktien Österreich AT0000815030 177,94 12,21 18,30 13,86 ∧ Xtrackers ATX LU0659579063 63,10 12,02 17,95 17,26 ∧ RT Österreich Aktienfonds AT0000A28E05 126,04 12,37 17,03 k. A. ∧ Amundi Austria Stock AT0000619317 122,84 12,35 16,71 8,92 ∧ Erste Stock Vienna AT0000813001 174,06 12,07 14,34 13,23 ∧ ViennaStock AT0000952460 335,01 11,35 13,83 8,80 ∧ RT Zukunftsvorsorge Aktienfonds AT0000659644 22,17 12,37 13,55 10,95 ∧ Allianz Invest Aktien Austria Plus AT0000611405 144,60 12,10 12,62 11,09 ∧ RT Österreich Aktienfonds AT0000497292 11,51 12,18 12,50 10,13 ∧ WSS Aktien Österreich AT0000A23PW9 112,62 13,16 11,62 k. A. ∧ 3 Banken Österreich-Fonds AT0000662275 35,01 12,57 6,55 0,67 ∧ Raiffeisen Österreich Rent AT0000A1TMR7 8,91 0,34 –9,24 –8,63 ∨
ANLEIHENNAME ISIN KURS YTM % ZINS FÄLLIGKEIT PV-Invest 4,15% Anleihe 16-23 DE000A189CF6 70,00 62,64 4,15 05.12.2023 ∧ WEB 6,5% Hybrid-Anleihe 2014 AT0000A191A9 100,00 6,50 6,50 31.12.9999 ∧ 6,25% WEB Wind Hybrid-Anleihe 2016 AT0000A1MC30 98,20 6,36 6,25 31.12.9999 ∧ PV-Invest 4,15% Anleihe 17-24 AT0000A1YY14 97,50 5,62 4,15 18.12.2024 ∧ Sun Contracting 5% Anleihe 19-24 AT0000A292R9 100,00 4,98 5,00 01.10.2024 ∧ WEB Wind 4,5% Hybrid-Anleihe 2019 AT0WEB190HA3 98,01 4,59 4,50 31.12.9999 ∧ PV-Invest 4,5% Anleihe 19-29 AT0000A23UP3 100,00 4,50 4,50 14.01.2029 ∧ WEB Wind 4,5% Hybrid-Anleihe 2018 AT0WEB180HA4 100,00 4,50 4,50 31.12.9999 ∧ PV-Inv 4,5% GreenBond 20-30 AT0000A2KRG6 100,00 4,50 4,50 23.11.2030 ∧ UBM Development 3,125% Anleihe 18-23 AT0000A23ST9 99,22 4,20 3,13 16.11.2023 ∧ 1,625% Novomatic-Anleihe 16-23 AT0000A1LHT0 98,64 4,02 1,63 20.09.2023 ∧ CA Immo 1,875% Bond 18-26 AT0000A22H40 94,00 3,97 1,88 26.03.2026 ∧ QUELLE:
KURSE INTERNATIONAL
(YTD)
Anmerkung der Redaktion: Die gewohnten Rohstoff-Daten stehen derzeit leider nicht zur Verfügung.
WÄHRUNGSKURSE
RENDITE KURSE 44 EDELMETALLE GOLDBARREN 100 GRAMM 5.875 5.750 5.625 2.1.23 20.2.23 Quelle: baha
EDELMETALLE
Edelmetalle HANDELSPLATZ KURS WÄHRUNG YTD % 3 J % 5 J % Goldbarren 100 Gramm pro aurum 5606,00 EUR 1,18 2,95 13,46 ∧ Silberbarren 100 Gramm pro aurum 77,25 EUR –7,49 k. A. k. A. ∨ Platinbarren 100 Gramm pro aurum 2839,50 EUR –13,27 k. A. k. A. ∨ Palladiumbarren 100 Gramm pro aurum 4404,50 EUR –15,52 k. A. k. A. ∨
1 EURO IN POLNISCHE ZLOTY 4,800 4,725 4,650 2.1.23 20.2.23 Quelle: baha WÄHRUNGEN
WECHSELKURS Kurs YTD % 6 M % 3 J % 5 J % EUR/PLN 4,78 2,06 0,55 11,55 15,21 ∧ EUR/JPY 143,18 1,79 4,00 18,47 8,26 ∧ EUR/SEK 11,20 0,69 5,55 5,66 12,33 ∧ EUR/CHF 0,99 0,50 2,91 –6,78 –14,22 ∧ EUR/TRY 20,05 0,42 10,14 204,65 330,52 ∧ EUR/GBP 0,89 0,22 4,65 6,02 0,82 ∧ EUR/HRK 7,54 0,00 0,28 1,17 1,32 ∧ EUR/RUB 117,20 0,00 0,00 70,79 67,26 ∧ EUR/USD 1,06 –0,38 5,68 –1,53 –13,90 ∨ EUR/CAD 1,44 –0,51 9,98 0,43 –7,63 ∨ EUR/CZK 23,72 –1,66 –3,70 –5,28 –6,33 ∨ EUR/HUF 386,61 –3,56 –5,09 14,38 24,00 ∨ QUELLE:
SELEKTION (YTD)
KRYPTOWÄHRUNGEN
RENDITE KURSE 45
BITCOIN 25.000 20.000 15.000 2.1.23 20.2.23 Quelle: baha
KRYPTOKURSE
SELEKTION
KRYPTOASSETS WÄHRUNG KURS YTD % 3 M % 6 M % 1 J % Polkadot USD 7,45 72,83 40,60 3,01 –56,00 ∧ Neo USD 10,42 69,56 60,89 8,78 –54,83 ∧ Cardano USD 0,40 62,57 27,77 –11,58 –57,17 ∧ Cosmos USDT 14,53 54,52 49,00 36,10 7,96 ∧ Bitcoin USD 24284,00 46,61 49,18 14,87 –36,82 ∧ Chainlink USD 8,01 43,80 39,00 16,02 –45,23 ∧ Bitcoin Cash USD 136,19 40,58 30,09 18,64 –55,00 ∧ Ethereum USD 1681,00 40,42 47,20 6,68 –35,97 ∧ Litecoin USD 97,47 39,00 57,01 80,30 –11,98 ∧ Binance Coin USDT 311,50 26,47 17,90 9,80 –18,16 ∧ Ripple USD 0,39 13,80 7,01 14,72 –50,34 ∧ Monero USD 162,20 9,96 25,17 9,04 5,39 ∧
LIBOR USD 3M 4,88 4,80 4,72 2.1.23 20.2.23 Quelle: baha ZINSEN SELEKTION (YTD) NAME ZINS/KURS YTD % 6 M % 1 J % 3 J % 5 J % Libor USD 3M 4,92 3,10 66,19 924,94 192,10 158,16 ∧ Libor USD 12M 5,64 2,93 40,51 338,84 220,30 134,30 ∧ Libor USD 6M 5,24 2,03 47,79 571,07 209,21 146,31 ∧ Euro Bobl Future 135,31 1,89 k. A. k. A. k. A. k. A. ∧ Österreich 10-jährige Staatsanleihe 3,18 1,60 75,69 500,00 1235,71 278,57 ∧ Euro Bund Future 116,34 0,56 k. A. k. A. k. A. k. A. ∧ Libor JPY 3M –0,03 0,00 –158,09 –27,04 58,92 61,51 ∧ Libor JPY 6M 0,07 0,00 64,67 75,48 600,00 8732,53 ∧ REX Gesamt 430,02 –0,58 –6,37 –10,69 –13,45 –9,53 ∨ US-Treasury (10 Jahre) 3,82 –1,55 28,19 98,96 151,32 32,64 ∨ QUELLE:
(YTD)
ZINSKURSE
BÖRSENDATEN
TOP-HANDELSTEILNEHMER
TOP-LEERVERKÄUFE (SHORTPOSITIONEN)
RENDITE STATISTIK 46 24,78 20,69 60 70 80 90 40 100 110 120 130 13 14 15 16 17 18 19 20 50 MRD. EUR MRD. EUR MARKTKAPITALISIERUNG QUARTALSUMSÄTZE QUELLE: WIENER BÖRSE AG QUELLE: WIENER BÖRSE AG
DIE WIENER BÖRSE IN ZAHLEN *BEZIEHT SICH AUF DAS AUSGEGEBENE NOMINALE, JENEN BETRAG DER AKTIEN, DER VOM UNTERNEHMEN AUSGEGEBEN WURDE. QUELLE: FMA „NET SHORT POSITIONS OF SHARES“
PLATZIERUNG JÄN (JÄN/22) MARKTTEILNEHMER UMSATZ (MIO. EUR) 1. (1.) Erste Group Bank AG 849,94 2. (2.) OMV AG 626,31 3. (6.) Voestalpine AG 537,46 4. (4.) Verbund AG 436,18 5. (3.) Raiffeisen Bank International AG 370,16 6. (7.) Bawag Group AG 275,96 7. (9.) Wienerberger AG 252,47 8. (8.) Andritz AG 224,21 9. (–) AT&S AG 198,02 10. (–) CA Immo AG 114,25 Gesamt Jänner 2023 4.668,78 Gesamt Jänner 2022 5.682,59 Differenz –1.013,82 QUELLE: WIENER BÖRSE AG QUELLE: WIENER BÖRSE AG
MEISTGEHANDELT
PLATZIERUNG JÄN (JÄN/22) HANDELSPARTNER UMSATZ (MIO. EUR) 1. (1.) Morgan Stanley Europe 596,73 2. (2.) JP Morgan 410,03 3. (9.) Goldman Sachs Europe 380,28 4 (4.) Bofa Securities Europ 361,83 5. (10.) HRTEU 359,88 6. (3.) XTX Markets 311,56 7. (5.) UBS Europe 283,64 8. (8.) Instinet Germany 266,50 9. (–) Erste Group Bank AG 228,08 10. (–) RBI AG 193,40 Gesamt Jänner 2023 4.862,98 Gesamt Jänner 2022 6.385,38 Differenz –1.522,40 10 20 30 12 QUARTAL QUARTAL AKTUELLE PERIODE AKTUELLE PERIODE VERGLEICHSPERIODE VERGLEICHSPERIODE 0 Q3 133,19 110,70 Q4 139,02 114,95 Q1 131,86 122,72 Q2 123,91 121,37 11 Q3 15,64 16,22 Q2 18,46 18,59 Q4 18,63 14,02 Q1 20,69 24,78
AKTIE NETTO SHORT POSITION* IN % SEIT WANN FONDS Österreichische Post AG 2,79 26.Dez.22 Blackrock AT&S AG 1,07 16.Nov.22 JP Morgan Asset Management AT&S AG 0,79 01.Feb.23 Point72 Asset Management Do & Co AG 0,69 31.Jän.23 LMR Partners LLP Bawag Group AG 0,62 17.Feb.23 Marshall Wace LLP Voestalpine AG 0,50 14.Feb.23 Millennium International Management LP 10
WIRTSCHAFTSDATEN
RENDITE STATISTIK 47 1,71 5,24 6,05 6,10 9,19 13,25 86,2 80 81 82 83 84 85 87 1 –5,35 –3,80 99,90* Q4 108,14* 10 11 12 13 1 DEFIZIT IN % DES BIP 2 1 2 0 1 2 3 4 5 6 2 3 7 8 9 10 11 12 13 VERGLEICHSPERIODE VERGLEICHSPERIODE AKTUELLE PERIODE AKTUELLE PERIODE % % % % MONAT MONAT QUELLE: AMS QUELLE: STATISTIK AUSTRIA ARBEITSLOSENRATE INFLATION QUARTAL QUARTAL % % –1 –2 –2,31 –5,47 –3,19 –11,66 –14,01 –6,25 GESAMTVERSCHULDUNG IN % DES BIP MRD. EUR MRD. EUR MIO. EUR MRD. EUR QUELLE: STATISTIK AUSTRIA QUELLE: STATISTIK AUSTRIA 4 3 6 7 5 BIP-WACHSTUM LEISTUNGSBILANZSALDO IN % DES BIP QUELLE: STATISTIK AUSTRIA QUELLE: OENB
ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT IN ZAHLEN QUARTAL QUARTAL AKTUELLE PERIODE AKTUELLE PERIODE AKTUELLE PERIODE AKTUELLE PERIODE VERGLEICHSPERIODE VERGLEICHSPERIODE VERGLEICHSPERIODE VERGLEICHSPERIODE 4 5 6 7 8 9 M J J A S O N D M A J F M A M J J A S O N D J F 112,48* 103,40* Q3 91,15* 104,11* Q1 100,02* Q2 112,46* 103,40* Q3 112,48* Q4 934* 723* Q1 –1.217* 1.382* 0 100,02* 112,46* Q2 Q4 334,08* 315,16* 0 –1,33 –1.321* Q3 1.440* 280* Q2 –587* Q1 348,76* 327,27* Q2 334,74* 354,61* Q3 355,61* 0 70 Q1 Q4 108,14* 99,90* 91,51* 104,11* 333,13* 0
RBI SITZT IM GOLDENEN KÄFIG
Die Raiffeisen Bank International AG (RBI) hat im vergangenen Jahr ein Rekordergebnis von 3,6 Milliarden Euro erzielt, davon stammt mit 2,06 Milliarden Euro weit mehr als die Hälfte aus dem Russlandgeschäft. Seit dem Kriegsbeginn haben sich bereits einige westliche Unternehmen, darunter auch Banken, aus Russland zurückgezogen. Für die Gibelkreuzler wäre die Aufgabe des Geschäfts der Russlandtochter ein harter Schlag, sie gilt als Cashcow des Konzerns. Ein Verkauf trotz der Sanktionen und eine Rückführung des Erlöses an den Konzernmutter ist derzeit praktisch unmöglich. „Es
werden alle strategischen Optionen, inklusive eines geregelten Austritts, geprüft“, heißt es seit rund einem Jahr. Bei der diesjährigen Bilanzpressekonferenz rückte Vorstandschef Johann Strobl erstmals mit neuen Details heraus: „Es gibt Interessenbekundungen für die Bank in Russland, diese kommen aber nicht von westlicher Seite.“ Der Druck auf das Management der RBI verhärtet sich zunehmend. Nahezu der gesamte Vorstand wird auf einer Liste für Sanktionsempfehlungen geführt, für die russische Leasingtochter der RBI hat die Ukraine im Jänner 2023 Sanktionen ausgesprochen.
KOMMUNALKREDIT WECHSELT BESITZER
Die Kommunalkredit Austria AG hat mit dem Altor Fonds aus Skandinavien einen neuen Eigentümer, der sich 80 Prozent am Infrastrukturfinanzierer sichert. Die bisherigen Eigner, Aufsichtsratsvorsitzender und Investmentbanker Patrick Bettscheider über Interritus und die irische Trinity Investment DAC, verkaufen den Großteil ihrer Bestände, bleiben aber mit je 9,9 Prozent investiert. Die restli-
chen 0,2 Prozent hält der Österreichischen Gemeindebund. Mit dem Wechsel geht auch eine Kapitalerhöhung von 100 Millionen Euro einher, um die Infrastrukturplattform der Kommunalkredit Austria AG auszubauen und die Bank langfristig zu einem „europäischen Champion in der nachhaltigen Infrastrukturfinanzierung aufzubauen“, sagt Paal Weberg, Co-Managing-Partner bei Altor.
48 #BANKEN
Kurz vor dem Jahreswechsel hat der Immobilieninvestor und langjährige Kernaktionär der Wiener Privatbank SE, Günter Kerbler, über seine Kerbler Holding 500.000 Aktien der Wiener Privatbank SE um 4,25 Millionen Euro verkauft.
Das entspricht zehn Prozent des Grundkapitals, also fünf Millionen Akti-
WIENER PRIVATBANKGROSSAKTIONÄR TRENNT SICH VON ANTEILEN
en der Wiener Privatbank SE. Seine Beteiligung schrumpft somit von 15,8 Prozent auf 5,8 Prozent. Persönlich hält Kerbler noch weitere 4,71 Prozent über seine K5 Beteiligungsgesellschaft an der Bank. Als Abnehmer ist Dominik Benner von der Platform Group hervorgetreten, der sich nicht zum Kauf äußern wollte.
Schnell vergriffen: RLB
Steiermark platziert 500Millionen-Euro-Anleihe +++
OeNB wird ab 2023 Verluste schreiben
Hypo Vorarlberg platziert 500-MillionenEuro-Green-Bond
RLB NÖ-Wien begibt Fixzinsanleihe mit 3,5 Prozent für zwei Jahre
Bawag hat neue Anleihe mit 3,75 Prozent Fixzins und 3 Jahren Laufzeit am Markt
BAWAG SETZT AUF AKTIENRÜCKKÄUFE
Die Bawag Group AG hat im vergangenen Jahr um 325 Millionen Euro 6,64 Millionen Aktien zurückgekauft und eingezogen, das entspricht sieben Prozent des Grundkapitals. Dadurch erhöht sich der Profit und die Dividende je Aktie für bestehende Investoren und der Kurs wird gestützt. Banken können überschüssiges Kapital am besten für Übernahmen oder Aktien-
rückkäufe einsetzen, erklärt RaiffeisenAnalyst Jovan Sikimic. „Seit 2018 hat die Bawag mehr als 700 Millionen Euro in Aktienrückkäufe investiert und seit dem Börsengang etliche kleinere Kreditinstitute übernommen“, sagt Sikimic. Auch das Management der Bawag Group AG dürfte sich freuen, es ist insgesamt mit 3,2 Prozent beteiligt.
KARRIERE
verlässt auf eigenen Wunsch den Vorstand der Raiffeisen Bank International AG. Lennkh war für das sanktionierte Leasinggeschäft in Russland verantwortlich und sieht sich mit bald 60 Jahren bereit für die Pension.
ist neue Leiterin der Deutschen Bank AG in Österreich. Die 38-Jährige übernimmt als Country Officer die Betreuung multinationaler Kunden in Österreich und Deutschland.
übernimmt ab Mai 2023 die Risiko- und Finanzagenden bei der Tiroler Sparkasse, die sie gemeinsam im Vorstand mit Patrick Götz führen wird. Die 52-Jährige blickt auf 27 Jahre Erfahrung im Bankwesen.
WETTBEWERB SETZT PRIVATBANKEN UNTER DRUCK STUDIE. Der zunehmende Konkurrenzkampf schmälert die Gewinnmargen der Privatbanken, wie eine Analyse der auf Banken spezialisierten Beratungsgesellschaft ZEB zeigt. Bei gleichbleibender Ertragsmarge und konstantem verwaltetem Vermögen würden die in Österreich agierenden Privatbanken bereits ab einem Kostenanstieg von 6,4 Prozent in den nächsten fünf Jahren keine operativen Gewinne mehr erzielen. Der dichte Anbietermarkt und die globalen wirtschaftlichen Unsicherheiten schlagen sich überproportional auf die Kosten durch, heißt es in der Studie.
BRANCHE BANKEN 49
TICKER
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Peter Lennkh
Karin Grün
Karin Svoboda
KURT
WEINBERGER
Vorstandsvorsitzender Österreichische Hagelversicherung
WIR BRAUCHEN EINEN NEUEN SICHERHEITSBEGRIFF
Der Schutz der Ernährungssouveränität ist Voraussetzung für die Unabhängigkeit eines Staates. Bedenken wir: ohne Böden kein Essen, ohne Essen kein Leben! Die Sicherung der Ernährung trägt aber auch zur Sicherung des Friedens bei. Diese Maxime ist angesichts der gegenwärtigen geopolitischen Situation aktueller denn je. Wir brauchen einen neuen Sicherheitsbegriff. Dieser darf nicht nur mit einer stärkeren Investition in die Verteidigung und – trotz Widerstands – einer konsequenten Umsetzung der Klimapolitik zu tun haben. Wir brauchen auch eine verstärkte Bewusstseinsbildung für den Erhalt der kritischen Infrastruktur Boden. Wer über Böden verfügt, befindet sich in einer besseren Lage als derjenige, der sich Ressourcen beschaffen muss. Wir brauchen daher beim Bodenverbrauch rasch eine Trendumkehr! Wir dürfen nicht weiter die kritische Infrastruktur Boden durch Verbauung zerstören. Das hat massive Auswirkungen auf den – bereits jetzt sinkenden – Selbstversorgungsgrad mit heimischen Lebensmitteln. Nur mit intakten Äckern und Wiesen können wir unseren zukünftigen Generationen einen einzigartigen Natur- und Lebensraum weitergeben, Abhängigkeiten vermeiden und so einen wichtigen Beitrag zu Sicherheit und Frieden leisten.
k.weinberger@derboersianer.com
Das magere Börsenjahr 2022 hat den Anlageertrag der österreichischen Pensionskassen ordentlich gedrückt: Um 9,67 Prozent sind die veranlagten Vermögen von Anspruchsberechtigten und Pensionsbezieher gefallen. Die Folge: Die Kassen müssen die heuer auszuzahlenden Pensionen reduzieren. Bis zu minus 15 Prozent – je nach Pensionskasse und Beginn des Ansparzeitpunkts – müssen die Pensionisten erwarten. Für mehr als eine Million Beschäftigte zahlen deren Arbeitgeber in Pensionskassen ein. 137.000 Personen
erhalten bereits eine Firmenpension aus diesen Kassen. Die Pensionskürzungen betreffen laut Verbandsobmann Andreas Zakostelsky vor allem jene, die vor 2013 ins Pensionskassensystem eingetreten sind. Das dürfte auf fast alle Firmenpensionsbezieher zutreffen. Der Schutzverband der Pensionskassenberechtigten appelliert an Finanzminister Magnus Brunner, die im April 2022 angekündigte Abfederung von Anlageverlusten in die Tat umzusetzen. Das Finanzministerium aber meint inzwischen, das sei verfassungswidrig.
ZÜRICH
Der als Teil der Wiener Ringstraßen-Galerien geltende Kärntner-Ring-Hof soll großzügig umgebaut werden. Die Eigentümerin, die Zürich Versicherungs AG, hat die Bauarbeiten bereits in Auftrag gegeben, Mitte 2024 soll der Umbau fertig sein. Das Gebäude, das von den Architekten Wilhelm Holzbauer und Georg Lip-
pert in den Jahren 1987 bis 1993 errichtet wurde, wird komplett revitalisiert. Die derzeit durch eine Brücke verbundenen Gebäude werden entkoppelt. Es werden neue, attraktive Geschäftsflächen geschaffen, die Schaufenster zur Ringstraße und zur Mahlerstraße werden größer. Im Obergeschoß ist eine Bürolounge geplant.
50
VERSICHERUNG MODERNISIERT KÄRNTNER-RING-HOF BEZIEHERN VON ZUSATZPENSION STEHT KÜRZUNG INS HAUS KOLUMNE
#VERSICHERUNGEN
© PSCIENCE PHOTO LIBRARY / PICTUREDESK.COM INFLATION Ein Ende der Zinsanhebungen ist in Sicht GELDANLAGE Investmenttipps für das Börsenjahr 2023 WIENER BÖRSE Warum die Wiener Börse jetzt günstig bewertet ist Investment Outlook 2023 BEWEGT DEN MARKT INVESTMENTS
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INVESTMENTS
Liebe Börsianer!
Wie investiere ich 2023 richtig, damit die Rendite stimmt? Mit dem „Investment Outlook 2023“ wollen wir spannende Ideen für Ihr Portfolio liefern.
Die Ereignisse im vergangenen Jahr erwischten zahlreiche Anleger am falschen Fuß: Die Inflation legte kräftig zu, der Startschuss zur globalen Zinswende war damit gefallen. Besonders heftig waren die Nachwehen bei Wachstumsaktien zu spüren, von denen eine Vielzahl in den USA notiert ist. Auch die Bondmärkte blieben vom Ende der lockeren Geldpolitik nicht verschont.
Doch der Paradigmenwechsel an den Märkten bietet auch Chancen, vor allem in jenen Anlageklassen, die zuletzt ins Hintertreffen geraten waren. Lesen Sie auf Seite 54, weshalb Europas Märkten reichlich Aufholpotenzial eingeräumt wird und welche Rolle die gesunkenen Energiepreise spielen. Stuart Winchester von Allianz Global Investors erklärt zudem, was nach dem Ende von Chinas Null-Covid-Politik für ein Asien-Investment spricht.
Ebenso lohnend kann wieder der Blick auf die Bondmärkte sein. Im „Portfolio“ auf Seite 70 zeigt Christoph von Bonin, Chief Investment Officer der LLB Invest KAG, wie er dabei vorgeht. Er meint, „solide Schuldner sollten sich als sinnvolle Diversifizierung wieder eignen“, sprich in turbulenten Marktzeiten an Wert gewinnen.
Daran dürfte es im neuen Börsenjahr nicht mangeln. In der Ukraine verschärft sich der Krieg, im Fernost nehmen die Spannungen mit den USA zu. An der Zinsfront könnten die Notenbanken die Zügel stärker straffen, als es vom Markt erwartet wird. Anleger sollten deshalb auf eine breite Streuung setzen, bei der auch kurzfristige Sparanlagen nicht fehlen sollten. Bernd Fislage, CEO der Kommunalkredit Austria AG, rechnet immerhin mit Zinsen für gebundene Spareinlagen von gut zwei bis 2,5 Prozent per annum.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine spannende Lektüre mit dem ersten Börsianer Journal.
Ihre Raja Korinek Leitung Börsianer Journal Investments
r.korinek@derboersianer.com
JOURNAL INVESTMENTS 53
54 Volkswirtschaft Im Bann der Inflationsentwicklung 58 Investments Die fanatischen fünf 62 Wiener Börse Aufwind statt Schlusslicht 64 Interview „Entwicklungen am Arbeitsmarkt nicht unterschätzen“ 68 Assetklassen Ein Rundblick 70 Portfolio Anleihen lohnen sich wieder 72 Zertifikate Strategien für 2023 74 Zinsvergleich Sparen wird belohnt 58 Unternehmen
68 Die Konjunkturerholung
Inhalt Börsianer Journal
Raja Korinek Finanzjournalistin „Börsianer“
wie Kweichow Moutai gehören zu den Lieblingen der Fondsmanager.
führt zu höherer Nachfrage bei Rohstoffen.
PETER BREZINSCHEK 64
„Auch die Klimaschutzmaßnahmen sind Treiber der
Kerninflation.“
JOURNAL INVESTMENTS 54 © PANAMA PICTURES / ACTION PRESS / PICTUREDESK.COM #MAKRO
Kampf. EZB-Präsidentin Christine Lagarde versucht, die Inflation mit Zinserhöhungen zu senken. Das hat durchwachsene Folgen.
Im Bann der Inflationsentwicklung
Die Teuerung bremst sich in vielen Regionen ein, zudem ist heuer ein Ende der Zinsanhebungen in der Eurozone und den USA in Sicht. Die Schwellenländer dürften Industrienationen beim Wachstum erneut abhängen.
TEXT RAJA KORINEK
Die Inflationsentwicklung sorgte 2022 für viele Schlagzeilen. Sie schnellte überall nach oben, Notenbanken mussten daraufhin weltweit ihre lockere Geldpolitik beenden. Noch im Juli 2022 erreichte die US-Inflation im Jahresvergleich 8,5 Prozent, in der Eurozone 8,9 Prozent. Wesentliche Treiber waren steigende Energiekosten und die sinkende Arbeitslosenquote.
Zuletzt war die Teuerung rückläufig, vor allem wegen der stark gesunkenen Öl- und Gaspreise. So stieg die Inflation binnen Jahresfrist in der Eurozone um „nur“ noch 8,5 Prozent. Dennoch wurde der EZB-Leitzins Anfang Februar 2023 um 0,50 Prozentpunkte auf drei Prozent angehoben, auch deshalb, weil die Kerninflation auf 5,2 Prozent weiter gestiegen ist. Der Europäischen Zentralbank (EZB) ist die Entwicklung ein Dorn im Auge.
Zudem begann die EZB im März mit der Schrumpfung ihrer Bilanz, die US-
Notenbank Federal Reserve (Fed) war damit schon früher dran. Derzeit beträgt die EZB-Bilanz fast acht Billionen Euro. Nun sollen die hohen Anleihebestände stückweise abgebaut werden: „Bis Ende Juni werden monatlich 15 Milliarden Euro aus aktuellen Beständen weniger investiert. Danach wird die Summe wahrscheinlich erhöht werden“, prognostiziert Finanzmarktanalyst Peter Brezinschek (Seite 64).
EZB WIRD WEITER STRAFFEN Doch wie könnte es mit den Leitzinsen weitergehen? Auf der Februar-Sitzung hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine weitere Anhebung von 0,50 Prozentpunkten in der Sitzung vom 16. März angedeutet. Aktuell liegt der Leitzins bei drei Prozent. Die weitere Entwicklung werde dann von der jeweils aktuellen Datenlage abhängen, konstatiert Jan Viebig, Chief Investment Officer der
JOURNAL INVESTMENTS 55
Oddo BHF SE. „Wahrscheinlich werden die Leitzinsen in der Eurozone bis Juli um insgesamt einen Prozentpunkt steigen.“ Der Leitzins würde dann bei vier Prozent liegen. Danach ist für den Marktexperten eine Pause denkbar.
Dean Turner, UBS-Ökonom, hält den Spielraum nach oben ohnedies für begrenzt und meint, dass die straffere Geldpolitik schon jetzt auf der Wirtschaftsaktivität in der Eurozone lastet. Turner verweist auf die Verlangsamung der Kreditvergabe seitens der Geschäftsbanken. Und so dürften die Maßnahmen der EZB ihre Wirkung zur Inflationsbekämpfung nicht verfehlen. Laut UBS-Schätzungen wird die Jahresteuerung im Dezember
2023 auf 2,3 Prozent sinken, nach zehn Prozent im Vorjahr. 2024 dürften es 2,2 Prozent sein.
USINFLATIONSRÜCKGANG GERING
In den USA sind die Zinsschritte der Fed bereits kleiner geworden. Anfang Februar hob die Notenbank die Leitsätze um nur noch 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 4,5 bis 4,75 Prozent an. Jedoch sank die Inflationsrate im Jänner im Jahresvergleich auf „nur“ 6,4 Prozent und damit weniger als erwartet. „Schuld an der weiterhin hohen Teuerung sind die anhaltend hohen Kosten für Mieten, die im Jänner fast die Hälfte des Gesamtanstiegs ausmachten. Zudem stiegen die Preise für
GASTKOMMENTAR
Verkraftet Italien die Zinswende?
Giorgia Meloni ist die 31. Ministerpräsidentin Italiens und bildete im vergangenen Oktober die 70. Regierung in der Nachkriegszeit. Italien ist Gründungsmitglied der EU und mit der drittgrößten Wirtschaftsleistung in der Eurozone ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in Europa. Aus Sicht eines Investors waren Aktien wie Anleihen bis zur Eurokrise 2011 sehr ähnlich der Perfor-
mance anderer europäischer Länder. In der Krise haben dann die Länder der Peripherie deutlich verloren und damit auch Italien. Italienische Aktien konnten sich seitdem gemessen am Euro Stoxx 50 ähnlich der europäischen Konkurrenz entwickeln, holten die Verluste von 2007 bis 2011 aber nicht wieder auf.
Anders bei Staatsanleihen. So erzielten italienische Staatsanleihen seit An-
Lebensmittel, Benzin und Erdgas“, sagt Konstantin Oldenburger, Marktanalyst CMC Markets. Auch die Kerninflation mit 5,6 Prozent liege deutlich über dem FedZiel von zwei Prozent.
Der Markt rechnet deshalb mit weiteren zwei Zinserhöhungen. Die Wahrscheinlichkeit für weitere 0,25 Prozentpunkte am 22. März liege bei 94 Prozent, so Oldenburger. Er meint auch, Konsens herrsche über den möglichen Höhepunkt der Leitzinsen in einer Spanne von fünf bis 5,25 Prozent. „Demzufolge würde im Mai mit einem weiteren kleinen Schritt nach oben der Zyklus beendet – wohlgemerkt Stand jetzt.“
Ähnlich verhalten sind die Einschätzungen für die Schwellenländer. Die Inflationsraten stabilisierten sich auf hohem Niveau und dürften noch über weite Strecken des Jahres 2023 deutlich über den Zentralbankzielen bleiben, sodass eine schnelle geldpolitische Lockerung nicht zu erwarten sei, konstatiert Ulrich
fang 2008 rund 3,4 Prozent per annum und österreichische Pendants 2,4 Prozent Ertrag. Als Manager eines europäischen Staatsanleihefonds bin ich der Meinung, dass Italien in einem gut diversifizierten Anleihenportfolio immer einen großen Anteil am Fondsvermögen haben sollte, da die Renditen attraktiv sind und Italien nicht auf Europa und Europa nicht auf Italien verzichten kann.
JOURNAL INVESTMENTS 56
Startschweirigkeiten. Der Dow-Jones-Index kommt heuer nicht vom Fleck, die USA hinken Europa hinterher.
„Für die Weltwirtschaft ist keine Rezession in Sicht.“
©
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/ PICTUREDESK.COM
BERND
SPITTALER
ANDREW KELLY
REUTERS
Harald Besser, Leiter Portfoliomanagement, Kathrein Privatbank AG
„Leitzinsen in der Eurozone könnten bis Juli um einen Prozentpunkt steigen.“
„Im Mai ist mit einem weiteren Schritt der US-Zinszyklus beendet.“
Kater, Chefökonom der Deka Bank. Für das Gesamtjahr 2023 rechnen die DekaExperten mit einer Inflation von durchschnittlich 7,3 Prozent in den Schwellenländern.
KOMMT DIE REZESSION?
Doch was bedeuten all diese Entwicklungen für die globale Konjunkturentwicklung? „Für die Weltwirtschaft ist keine Rezession in Sicht“, betont Bernd Spittaler, Marktexperte bei der Schoellerbank Invest AG. Der Internationale Währungs-
WIR MACHT’S MÖGLICH.
fonds prognostiziert für das Jahr 2023 ein Weltwirtschaftswachstum von 2,7 Prozent. Angesichts der zahlreichen Unsicherheiten sei dies eine ermutigende Zahl, meint Spittaler.
Am höchsten dürfte das Plus in Asien (ohne Japan) mit einem Plus von fünf Prozent ausfallen, so die weiteren Deka-Schätzungen. Chinas Wiedereröffnung könnte dabei eine maßgebliche Rolle spielen. Schließlich wird der innerasiatische Handel immer wichtiger. Rohstofflastige Länder wie Brasilien und an-
dere Länder aus der Region dürften zudem mehr Commoditys nach China exportieren. Insgesamt wird für die Emerging Markets ein BIP-Plus von 3,6 Prozent prognostiziert. Für die Eurozone dürfte es laut Deka Bank einen Zuwachs von 0,6 Prozent geben, in den USA von 0,5 Prozent.
Schoellerbank-Invest-Experte Spittaler mahnt dennoch davor, Risiken außer Acht zu lassen. Er verweist auf die Unsicherheiten rund um den Ukraine-Krieg sowie die wachsenden Spannungen zwischen China und Taiwan. n
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JOURNAL INVESTMENTS
„Straffere Geldpolitik lastet auf Wirtschaftsaktivität der Eurozone.“
DEAN TURNER
JAN VIEBIG
KONSTANTIN
OLDENBURGER
Die fantastischen fünf
JOURNAL INVESTMENTS 58
#INVESTMENTS © MOUTAI
Das Börsenjahr 2023 dürfte turbulent bleiben, selektives Vorgehen ist angesagt. Der „Börsianer“ hat fünf Investmentideen von Marktexperten identifiziert.
TEXT RAJA KORINEK
EUROPA-AKTIEN Auf die Aufholjagd setzen
Noch vor einem Jahr schockierte der Ausbruch des Ukraine-Kriegs Europa. Die Energiepreise schnellten nach oben. Obendrein belastete Chinas strenge Null-Covid-Politik die Märkte. Inzwischen sind die Gaspreise wieder gesunken, Chinas Lockdowns beendet. Das stützt die Industrie. Europas Banken profitieren hingegen von steigenden Zinsen. Im MFS Meridian Funds – European Value Fund (LU0125951151 für Privatanleger; LU0219424487 für Großanleger) nehmen Industrie- und Finanztitel die größte Gewichtung ein, so etwa mit Schneider Electric und Legrand. Im Comgest Growth Europe Fund (IE0004766675 für Privatanleger; IE00B5WN3467 für Großanleger) wird auf Titel gesetzt, denen langfristig ein Wachstum, etwa gut 13 bis 15 Prozent beim jährlichen Umsatz, zugetraut wird und die dies etwa mit einzigartigen Produkten oder Patenten erzielen. Dazu zählen LVMH, Kingspan und Novo Nordisk.
JOURNAL INVESTMENTS 59
75 50 25 18.2.20 18.2.23
MFS EUROPEAN VALUE
Quelle: baha
Wohl bekomm’s! Die Aktien des chinesischen Spirituosenherstellers Kweichow Moutai sind in einigen Asienfonds beliebte Gastgeber.
©
NOVO NORDISK
ASIEN-AKTIEN Der Fernost als Zugpferd
Das Wirtschaftspotenzial Chinas nach dem Ende der Null-Covid-Politik ist groß. Die Credit Suisse erhöhte Chinas BIP-Schätzung für 2023 auf 5,1 Prozent. Auch andere Fernostregionen dürften davon profitieren, etwa in Tourismus und Industrieproduktion. Zudem rechnet Stuart Winchester, Portfoliomanager des Allianz Oriental Income Fund (LU1752425386 für Privatanleger; LU0348785790 für Großanleger) mit einer Erholung der asiatisch-pazifischen Aktienmärkte „trotz des schwierigen globalen Umfelds“. Der asiatische Markt werde unter dem längerfristigen Durchschnitt gehandelt. In Japan erhöht der tiefe Yen die Wettbewerbsfähigkeit einiger japanischer Unternehmen. IT- und Gesundheitsaktien sind am höchsten gewichtet. Der Fidelity Funds – Asia Pacific Opportunities Fund (LU0345361124 für Privatanleger; LU0345362361 für Großanleger) investiert hingegen ohne Japan.
UNTERNEHMENSANLEIHEN Der Reiz der Zinsen
Aus Bewertungssicht haben Anleihen Laurent Denize, Chief Investment Officer von Oddo BHF AM, zufolge die Nase gegenüber Aktien vorn. Doch bei Staatsanleihen sei weiterhin Vorsicht geboten, Unternehmensanleihen mit guter Qualität böten hingegen wieder gute Renditechancen. Emittenten im Investment-GradeSegment verfügten dabei über ausreichend Liquidität, um schwierigeren Phasen zu trotzen. Im Morgan Stanley Investment Funds – Global Credit Fund (LU0851374255 für Privatanleger; LU0851375492 für Großanleger) nehmen USDollar-Bonds mit rund 70 Prozent die größte Gewichtung ein, gefolgt von Euro-Emittenten. Dazu zählen etwa Bank of America und Volkswagen. Der iShares Global Corporate Bond UCITS ETF (IE00B7J7TB45) bildet den Bloomberg Global Aggregate Corporate Bond Index ab, der mehr als 2000 Emittenten umfasst.
60 JOURNAL INVESTMENTS
ALLIANZ ORIENTAL INCOME 2.250 1.500 750 18.2.20 18.2.23
Quelle: baha
35 30 25 18.2.20 18.2.23
MSIF GLOBAL CREDIT FUND
Quelle: baha
© VW
© SKHYNIX
MULTIASSET
Die Mischung als goldene Mitte GOLD Krisenwährung bleibt gefragt
2022 verloren Aktien und Anleihen an Wert, weshalb eine Diversifikation nicht funktionierte. Inzwischen bieten Anleihen wieder höhere Renditen. Balanced-Mandate dürften eine Renaissance erfahren, so Christian Nemeth, Chief Investment Officer der Zürcher Kantonalbank Österreich. Im Schoellerbank Ethik Vorsorge (AT0000820477) liegt die internationale Aktienquote zwischen 30 und 70 Prozent. Die verbleibenden mindestens 30 Prozent werden in Eurobonds bester Bonität investiert, auch Unternehmensanleihen von Verizon und BMW Finance sind dabei. In die Auswahl fließen ethische Grundsätze ein. IT- und Industrieaktien sind am höchsten gewichtet. Der Meag Eurobalance (DE0009757450) setzt hingegen nur auf europäische Aktien- und Rentenmärkte. Das prozentuale Verhältnis der Anteile bewegt sich meist zwischen 20 und 80 Prozent.
Das World Gold Council (WGC) korrigierte Zahlen zu den Goldkäufen der Zentralbanken, die 2022 gut 1.136 Tonnen kauften. Die Revision betraf Zahlen bis 1969, so Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch: „Als Folge weist der WGC die Käufe im Vorjahr als die höchsten seit Beginn der Datenaufzeichnungen von 1950 aus.“ Kurzfristig belasten steigende Zinsen den Goldpreis, da solide Anleihen mit höheren Renditen locken. Doch die geopolitische Lage verschärft sich, ein Krisenschutz bleibt gefragt. Mit dem Gold ETC der BNP Paribas (DE000PS7G0L8) setzen Anleger auf die Kursentwicklung von Gold. Es handelt sich um ein besichertes Zertifikat. Wer sich das Risiko zutraut, kann mit Goldminenaktien auf die Entwicklung gehebelt setzen. Der Bakersteel Global Funds SICAV – Precious Metals Fund (LU0357130854 für Privatanleger; LU0357130771 für Großanleger) setzt zu rund 70 Prozent auf Minenaktien aus der Goldförderung.
JOURNAL INVESTMENTS 61
20 15 10 18.2.20 18.2.23
SCHOELLERBANK ETHIK VORSORGE
Quelle: baha
750 500 250 18.2.20 18.2.23 Quelle:
BAKER STEEL PRECIOUS METALS
baha © ANGLOGOLD
ASHANTI
© VERIZON
Wiener Börse: Aufwind statt Schlusslicht
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#BÖRSE Mischung. Die Übergewichtung der Finanzaktien hat dem ATX in den vergangenen Jahren nicht gutgetan. 2023 könnte dies von Vorteil sein, der Start war jedenfalls gut. © WIENER BÖRSE AG ATX 3.600 3.300 3.000 1.1.23 25.2.23 Quelle:
baha
Das vergangene Jahr war für die Wiener Börse turbulent. Der Leitindex ATX verzeichnete ein Minus von 19 Prozent, wobei es mehrere Belastungsfaktoren gibt: Zahlreiche Unternehmen sind wirtschaftlich eng mit Osteuropa verflochten. Die ATX-Abhängigkeit vom CEE-Raum beträgt laut Berechnungen der Erste Group Bank AG 68 Prozent. Für viele internationale Anleger war der Start des Ukraine-Kriegs ein Grund, sich von österreichischen Aktien zu trennen. Heimische Konzerne setzten obendrein zum Rückzug aus Russland an: So verkaufte etwa der Papierproduzent Mayr-Melnhof Karton AG Ende 2022 sein Geschäft in der Region. Zudem belasteten hohe Energiepreise die Industrieunternehmen.
„Der österreichische Leitindex erwies sich aufgrund der geografischen Nähe zum Krieg, seiner Zusammensetzung und Größe volatiler als andere Märkte“, konstatiert Fritz Mostböck, Chefanalyst bei der Erste Group Bank AG. Dabei entfallen 36 Prozent des ATX auf Banken, wobei die Erste Group die größte ATXGewichtung einnimmt. Danach folgt der Öl- und Gassektor, die OMV AG nimmt dabei die zweitgrößte Gewichtung im Leitindex ein.
ATX historisch günstig
Zumindest aber haben sich die Bewertungen kräftig vergünstigt, ein Umstand, den Experten in diesem Ausmaß nicht nachvollziehen können: „Auf diesen Niveaus wird unterstellt, dass die Konzerne im Schnitt Verluste schreiben“, so Wolfgang Matejka, Geschäftsführer bei Matejka & Partner Asset Management. Mit solch einer dramatischen Entwicklung rechnet Matejka nicht.
TEXT RAJA KORINEK
Zuletzt lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des ATX auf Basis der Gewinnerwartungen für die kommenden zwölf Monate bei rund sieben. „Die Kennzahl liegt deutlich unter dem internationalen Durchschnitt“, fügt Alois Wögerbauer, Geschäftsführer der 3 Banken Generali Investment, hinzu. Sie liegt auch unter dem langjährigen ATX-
teil war. Dies sollte sich 2023 als Vorteil erweisen.“ Der Grund? Den sieht der Marktexperte in der Zinswende der EZB. Sie gibt Finanzaktien mittelfristigen Rückenwind, wie er sagt. Banken lukrieren wieder höhere Margen am Kreditgeschäft, Versicherungen können attraktivere Konditionen auf Lebensversicherungen bieten. Wögerbauer hebt dabei die Erste Group Bank AG mit einem aktuellen KGV von rund sieben hervor. Auch die Dividendenrendite von über fünf Prozent findet Anklang bei dem Profi.
Sollte sich die Konjunktur eintrüben, könnte solch eine Entwicklung das Kreditgeschäft belasten, mahnt Matejka. Bei der Raiffeisen Bank International AG rät er Anlegern, die Entwicklungen rund um Russland gut im Auge zu behalten. Immerhin erzielt der Bankkonzern gut die Hälfte seiner Gewinne in der Region.
WOLFGANG
Durchschnitt von 13. Weitere Kennzahlen deuten ebenso auf eine günstige Bewertung: So liegt die aktuelle Dividendenrendite bei gut 4,4 Prozent.
Finanztitel sind Favoriten
Wögerbauer meint auch, „dass die große Übergewichtung der Finanztitel im ATX in den vergangenen Jahren oft ein Nach-
Matejka meint auch, dass Industrietitel wie Lenzing AG sowie Voestalpine AG von den gesunkenen Energiepreisen profitieren, ein Umstand, der jedoch in den jeweiligen Aktienkursen bereits teilweise eingepreist sei. Anders bei der OMV AG: Wögerbauer hält die Aktie für zu günstig. Mitte Februar notierte der Kurs bei rund 37 Euro. Wögerbauer hebt die Transformation der OMV AG in Richtung Chemiekonzern hervor sowie eine weitere Eigenschaft: „Gemeinsam mit der Sonderausschüttung wird die Dividendenrendite 2023 bei gut zehn Prozent liegen.“
Doch wohin wird der ATX insgesamt steuern? Bis Jahresende hält Mostböck einen Indexstand von rund 3.700 Punkten für möglich. Dies impliziere immer noch ein günstiges KGV von acht basierend auf prognostizierten Ergebnissen für 2023 „und lässt prinzipiell weiter Luft nach oben“. n
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Der heimische Leitindex ATX verlor im Vorjahr deutlich an Wert. Die Bewertungen sind nunmehr günstig, viele Unternehmen gut aufgestellt. Wo Experten in diesem Jahr Chancen sehen.
„Finanzaktien könnten 2023 profitieren.“
ALOIS WÖGERBAUER
„Gesunkene Energiepreise sind eine Stütze.“
MATEJKA
„Der ATX ist volatiler als andere Märkte.“
FRITZ MOSTBÖCK
Peter Brezinschek
„Entwicklungen am Arbeitsmarkt nicht unterschätzen“
Nach 40 Jahren Kapitalmarkterfahrung blickt der Volkswirt Peter Brezinschek auf zahlreiche prägende Ereignisse der vergangenen Jahrzehnte zurück. Seine Karriere begann er 1983 als Kapitalmarktanalyst bei der Genossenschaftlichen Zentralbank, dem Vorgänger der Raiffeisen Zentralbank, somit in einer Zeit, in der sich die Industriestaaten gerade von der Stagflation aufgrund hoher Energiepreise erholten.
Droht nun ein ähnliches Szenario? – Peter Brezinschek: Auch diesmal haben zunächst hohe Energiepreise die Inflation angeheizt, wenngleich die Entwicklung zuletzt rückläufig war. Die Inflation sank im Jänner im Jahresvergleich deshalb auf 8,5 Prozent in der Eurozone. Jedoch verschärfte diesmal auch die Lieferkettenproblematik die Lage. Aufgrund der Globalisierung sind heute die Volkswirtschaften weitaus internationaler verwoben.
Angesichts sinkender Energie- und Verbraucherpreise müsste sich die Lage doch weiter entspannen. – Auch die Entwicklungen am Arbeitsmarkt sollte man nicht unterschätzen. Während Ende der 1970er-Jahre eine Rezession zu einer hohen Arbeitslosigkeit führte, ist heute die Lage anders. Allein im Dezember sank die Arbeitslosenquote auf 6,6 Prozent, das tiefste Niveau seit Gründung der Eurozone, und das trotz mauer Konjunkturentwicklung. Die Lohnab-
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#INTERVIEW
schlüsse fielen deshalb hoch aus, was zu Zweitrundeneffekten führt. Das Gleiche wird bei den Lohnverhandlungen im Herbst 2023 passieren. Deshalb wird man die Inflation wahrscheinlich auch nicht rein mit der Geldpolitik in den Griff bekommen.
Was müsste noch geschehen? – Auch die Fiskalpolitik ist gefordert. Schließlich wurde in den vergangenen Jahren viel an Krisenhilfen beispielsweise als Pan-
Moral der Geschichte. Die Inflation wird man mit Geldpolitik nicht in den Griff bekommen, sagt Peter Brezinschek.
VITA PETER BREZINSCHEK Finanzmarktexperte
Der langjährige Chefanalyst (65) der Raiffeisen Bank International AG und Leiter von Raiffeisen Research lässt seit seinem Abschied nicht locker und ist nun als selbstständiger Finanzmarktexperte durchgestartet. Damit sein Kopf frei bleibt, geht er leidenschaftlich gerne Skifahren und Laufen.
Trotz aktuell hoher Inflation und getrübten Wirtschaftsausblicks sieht Peter Brezinschek, ehemaliger Chefanalyst bei Raiffeisen Research und selbstständiger Finanzexperte, nicht nur Parallelen zu den 1970erJahren. Brezinschek geht im Interview mit dem „Börsianer“ auf grundlegende Divergenzen ein und erläutert, worauf Anleger achten sollten.
demiestütze ausbezahlt. Die Nachfrage wurde damit künstlich hochgehalten, anstatt dass sie sich aufgrund steigender Preise einbremste. Die Staatsdefizite, die aufgrund solcher Aktionen noch weiter gestiegen sind, müssen wieder zurückgefahren werden.
Wie schätzten Sie die Konjunktur- und Inflationsentwicklung konkret ein? – Die Eurozone rutscht voraussichtlich nicht in eine Rezession. Zuletzt haben sich
mehrere Vorlaufindikatoren wie etwa die Einkaufsmanagerindizes aufgehellt. Das BIP dürfte heuer um 0,3 Prozent zulegen, 2024 könnte das Plus zwei Prozent erreichen. Die Inflationsrate dürfte auf gut sechs Prozent sinken und sich 2024 in Richtung zwei Prozent bewegen. Problematisch sehe ich die hohe Kerninflation – somit ohne Energie, Nahrung, Alkohol und Tabak. Sie erreichte im Jänner 5,2 Prozent. Auch 2024 dürfte sie über vier Prozent bleiben.
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INTERVIEW RAJA KORINEK
© BÖRSIANER/BRASCH
Was steckt hinter der ungünstigen Entwicklung? – In der Kernrate machen sich allmählich steigende Lohnabschlüsse bemerkbar. Hinzu stehen die Lohnrunden im Herbst 2023 an. Da dürften die Forderungen der Gewerkschaft noch höher ausfallen als 2022. Denn als Verhandlungsbasis wird dann die höhere Inflationsentwicklung vom vergangenen Herbst herangezogen. Auch die Klimaschutzmaßnahmen sowie höhere Dienstleistungspreise sind Treiber der Kerninflation.
Der ehemalige Fed-Chef Paul Volcker hob von 1979 bis 1981 die Leitzinsen von 11,2 auf 20 Prozent an, um die hohe Inflation zu bekämpfen. Auch in Europa waren die Zinsen hoch. Wie weit könnte die EZB gehen? –Bis zum Sommer dürfte der Leitzins voraussichtlich auf vier Prozent angehoben werden, danach ist eine Pause realistisch. Eine Vielzahl an Marktteilnehmern rechnet dann im zweiten Halbjahr zwar mit ersten Senkungen. Ich denke jedoch, dass das höhere Zinsniveau zumindest bis Jahresmitte 2024 andauern wird, da die Kernrate vor allem aufgrund der angespannten Lage am Arbeitsmarkt nicht allzu rasch sinken wird.
Kann sich Europas Peripherie, allen voran Italien, höhere Zinsen angesichts der enormen Schulden leisten? – Mit den steigenden Preisniveaus nehmen ja auch die
Steuereinnahmen, etwa über die Mehrwert- und Lohnsteuer, zu. Außerdem würden konsequente Zinsanhebungen zur Bekämpfung der Inflation das Vertrauen in den europäischen Markt für Staatsanleihen stärken. Dann sind in weiterer Folge Renditesenkungen wieder umso realistischer, ein Umstand, der die Refinanzierungskosten auch für die europäische Peripherie senken würde. Und das würden auch die Bondanleger honorieren.
Trotz hoher Inflation und steigender Zinsen Anfang der 1980er-Jahre knackte 1983 der Dow Jones – damit zu Beginn Ihrer Analystenlaufbahn – die Marke von 1.000 Punkten. Fürchten sich heute Aktionäre zu Unrecht vor höheren Zinsen? – Die Inflation wurde damals erfolgreich bekämpft und sank 1983 in den USA auf rund drei Prozent. Die Konjunktur erholte sich folglich, die Unternehmensgewinne legten
wieder kräftig zu. Grundsätzlich gilt: In Zeiten, in denen sich die Inflationsraten zwischen einem und drei Prozent bewegen, lassen sich meist die höchsten Aktienerträge lukrieren. Derzeit ist die Inflation höher, auch die Unternehmensgewinne 2023 werden höchstens zwischen zwei und fünf Prozent wachsen, aber danach wieder mehr zulegen.
Gibt es dennoch Chancen? – Während Wachstumsaktien im Vorjahr unter steigenden Zinsen gelitten hatten, verzeichneten Energiekonzerne starke Zuwächse. Das könnte sich heuer ändern, die Preise für Öl und Gas haben inzwischen markant korrigiert. Die Banken dürften aufgrund höherer Zinsen einen Rückgang beim Kreditwachstum verzeichnen. Demgegenüber könnten Industrietitel, etwa aus der Chemie- und Papierbranche, von den niedrigeren Energiekosten profitieren. Langlebige Konsumgüter dürften ebenfalls wieder vermehrt nachgefragt werden.
1985 verhalf US-Investor Jim Rogers der Wiener Börse zu einem Höhenflug. Braucht es heute einen neuen Katalysator? – Die Regierung sollte die Möglichkeit schaffen, mit Aktien steuerbegünstigt für die Pension vorzusorgen. Damit würden mehr Menschen zu Aktionären werden – ein Umstand, der letztendlich auch für die Wiener Börse eine wichtige Stütze wäre. n
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„Bei Inflationsraten zwischen einem und drei Prozent lassen sich meist die höchsten Aktienerträge lukrieren.“
PETER BREZINSCHEK
Ursache. „Auch die Klimaschutzmaßnahmen sind ein Treiber der Kerninflation“, sagt Peter Brezinschek. © BÖRSIANER/BRASCH
3 BANKEN WERTE GROWTH „WERTE DEFINIEREN – UND IN AUSGEWÄHLTE FONDS INVESTIEREN“
2 Fragen – 2 Antworten mit Stefan Habernig
Sie setzen innerhalb dieses Konzeptes nur auf ETFs – sogenannte Exchange Traded Funds? – Stefan Habernig: Der 3 Banken Werte Growth ist grundsätzlich eine globale Aktiendachfondsstrategie. Wir gehen in der Fonds-Selektion klar in die Tiefe, schauen uns auch die Einzelinvestments an und bauen dann ein konzentriertes Portfolio aus eher wenigen Fonds. Wir investieren nur in Produkte mit nachhaltiger Investmentpolitik. Trotz des relativ jungen Marktes an nachhaltigen ETF-Lösungen gibt es bereits ein sehr breites Angebot und viele thematische Zugänge – von Dekarbonisierung über Kreislaufwirtschaft bis hin zu Biodiversität.
Was war Ihre jüngste Allokationsänderung? – Der Fonds AXA IM Biodiversity hat das Ziel, mit den Sustainable Development Goals der UNO Nr. 6 (Sauberes Wasser und Sanitär-Einrichtungen), Nr. 12 (Nachhaltiger Konsum und Produktion), Nr. 14 (Leben unter Wasser) und Nr. 15 (Leben an Land) im Einklang zu sein. Dabei wählt dieser ETF einen aktiven Ansatz in der Titelselektion. Ziel ist es, die Biodiversität unseres Planeten zu schützen und für zukünftige Generationen zu erhalten.
MAG. STEFAN HABERNIG, CIIA Fondsmanagement, 3 Banken-Generali
STAMMDATEN
3 Banken Werte Growth
AT0000784889
DISCLAIMER:
Hierbei handelt es sich um eine unverbindliche Marketing-Mitteilung, welche ausschließlich der Information der Anleger dient und keinesfalls ein Angebot, eine Aufforderung oder eine Empfehlung zum Kauf, Verkauf oder Tausch von Anlage- oder anderen Produkten darstellt. Es handelt sich hierbei nicht um eine Finanzanalyse. Die getätigten Aussagen und Schlussfolgerungen sind unverbindlich und genereller Natur und berücksichtigen nicht die individuellen Bedürfnisse der Anleger hinsichtlich Ertrag, Risikobereitschaft, finanzieller und steuerlicher Situation. Eine Einzelberatung durch eine qualifizierte Fachperson ist notwendig und wird empfohlen. Vor einer eventuellen Entscheidung zum Erwerb von Anteilsscheinen des Fonds „3 Banken Werte Growth“ sollte das Basisinformationsblatt (BIB) iVm dem aktuellen Prospekt als alleinverbindliche Grundlage für den Kauf von Investmentfondsanteilen durchgelesen werden. Das Basisinformationsblatt (BIB) sowie der veröffentlichte Prospekt des „3 Banken Werte Growth“ in ihrer aktuellen Fassung stehen dem Interessenten in deutscher Sprache unter www.3bg.at sowie den Zahlstellen des Fonds zur Verfügung. Zu beachten ist, dass in der Vergangenheit erzielte Erträge keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Fonds zulassen. In der Wertentwicklung sind etwaige seitens der Vertriebsstellen verrechnete individuelle Kaufspesen sowie kundenspezifische Konto- und Depotgebühren nicht berücksichtigt. Das Nettovermögen kann aufgrund der Portfoliozusammensetzung oder der verwendeten Portfoliomanagementtechniken unter Umständen eine erhöhte Wertschwankung (Volatilität) aufweisen! Im Rahmen der Anlagepolitik investiert der 3 Banken Werte Growth hauptsächlich in Anteile an anderen Investmentfonds.
www.3bg.at Entgeltliche Einschaltung
ISIN:
Währung: EUR Fondsbeginn:
Fondsname:
01.07.1999
(STICHTAG
AM. MSCI Climate Par. USD 18,95 % iClima Global Decarbonisation 18,66 % UBS(Irl)ETF-Glo. Gender Equal. 18,38 % BNP Easy ECPI Circular Econ. 18,26 % Rize Sust. Future of Food 11,24 % BNP Paribas Easy MSCI USA SRI 7,63 % AXA IM ACT Biodiversity Equity 6,89 % BRUTTOPERFORMANCE (DIE FRÜHERE WERTENTWICKLUNG LÄSST NICHT AUF ZUKÜNFTIGE RENDITEN SCHLIESSEN.) Seit Jahresbeginn 2023 8,31 % 1 Jahr -2,56 % 3 Jahre p.a. 2,84 % 5 Jahre p.a. 6,53 % 10 Jahre p.a. 7,96 % Quelle: OeKB, Stichtag: 17.02.2023 220 % 200 % 180 % 160 % 140 % 120 % 100 % 80 % 3 Banken Werte Growth 02. 2013 02. 2014 02. 2015 02. 2016 02. 2017 02. 2018 02. 2019 02. 2020 02. 2021 02. 2022 02. 2023 240 % PERFORMANCE 10 JAHRE (QUELLE: OeKB)
GEWICHTUNG NACH HOLDINGS
17.02.2023):
AKTIEN
Die Industrieländer kämpfen mit den Nachwirkungen höherer Zinssätze, erläutert Tilmann Galler, globaler Marktstratege bei JP Morgan Asset Management. Er meint weiters: „Solange der Gewinnrückgang bei den Unternehmen relativ moderat ist, erwarten wir, dass Anleger über kurzfristige Abwärtsrevisionen hinwegblicken. Substanz- und Dividendenwerte scheinen am besten positioniert.“ Bei der Kepler KAG habe man die Gewichtung von Aktien aus Emerging Markets zulasten von Aktien aus Industrieländern angehoben, ergänzt Investmentchef Uli Krämer. Das künftige KGV am MSCI-Weltindex liegt bei 15,5, am MSCI Europa bei 12,5 und am S&P 500 bei 17.
ANLEIHEN
Fraser Lundie, Leiter des Anleihebereichs bei Federated Hermes, schätzt die Aussichten für Anleihen positiv ein. Die Zentralbanken näherten sich dem Ende ihres Straffungsmodus, wobei die Inflation und die Leitzinsen nahe ihrem Höchststand sind oder ihn erreicht haben. Zudem seien die Anleihekurse nach der Korrektur im Vorjahr niedrig. Bevorzugt werden qualitative Anleihen, hybride Unternehmensanleihen, nachrangige Finanzwerte und strukturierte Kredite. Das Emittentenrisiko sollten Anleger im aktuellen Umfeld nicht unterschätzen, raten Experten. Mitte Februar lag die zehnjährige Rendite deutscher Bundesanleihen bei 2,35 Prozent, jene bei US-Staatsanleihen bei 3,7 Prozent.
ROHSTOFFE
Während im Jänner die Rohstoffpreise noch seitwärts tendierten, schickte ab Februar eine erhöhte Unsicherheit bezüglich weiterer US-Leitzinserhöhungen sowie der chinesischen Wirtschaftsentwicklung die Rohstoffpreise auf Talfahrt, so Ulrich Kater, Chefökonom der Deka Bank. Zuletzt gaben die Preise für Energie sowie für Edel- und Industriemetalle weiter nach. „Für den weiteren Jahresverlauf dürfte die von uns erwartete Konjunkturerholung zu einer stärkeren Rohstoffnachfrage führen und anhaltenden Preisrückgängen entgegenstehen.“ In einigen großen Wirtschaftsräumen wie China, den USA oder Europa dürfte die Konjunktur spätestens gegen Jahresmitte an Fahrt aufnehmen.
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„Substanz- und Dividendenwerte scheinen am besten positioniert.“
TILMANN GALLER
„Die Zentralbanken nähern sich dem Ende ihres Straffungsmodus.“
©
FRASER LUNDIE
WIENER BÖRSE AG
#ASSETS
Assetklassen im Rundblick
An den Finanzmärkten findet ein Paradigmenwechsel statt: Unternehmensgewinne dürften bescheidener ausfallen, Anleihen locken wieder mit höheren Renditen. Bei Immobilien ist Bescheidenheit angesagt.
TEXT RAJA KORINEK
IMMOBILIEN
Wegen der raschen Zinsanhebungen sind die Kreditkosten explodiert, sagt Olivier de Berranger, CIO bei LFDE: „Die Immobilienbranche leidet unter den Folgen, insbesondere dort, wo die früheste und markanteste geldpolitische Straffung erfolgte: in den USA, Großbritannien und den nordischen Ländern Europas.“ Der Investmentmarkt verzeichnete angesichts der Zinswende im vierten Quartal 2022 rückläufige Transaktionsvolumina und stark steigende Anfangsrenditen, ergänzt Ulrich Kater, Chefökonom der Deka Bank. Im steigenden Zinsumfeld rechne man für 2023 mit weiter steigenden Ankaufsrenditen. Damit bleibt die Attraktivität von Immobilien gegenüber risikofreien Assets gewahrt, so Kater.
KRYPTO-ASSETS
Im November 2022 wurde die Pleite der US-Kryptobörse FTX bekannt, die Schockwellen wurden auch bei Bitcoin sichtbar, wenngleich sich der Kurs erholt hat. „2023 dürfte ein deutlich freundlicheres Jahr für Risky Assets werden. Die Belastungsfaktoren, die Kryptomärkte unter Druck brachten, sollten an Dynamik verlieren, wenngleich sie sich noch nicht gänzlich auflösen werden“, erklärt Manuel Schleifer, Analyst bei Raiffeisen Research.
Fundamental stünden die Chancen gut, dass Bitcoin und Co auf Jahressicht ein Kursplus ausweisen. Bisherige Kursgewinne fielen jedoch bereits akzentuiert aus, ein kurzfristig auftretender Gegenwind sei möglich.
ALTERNATIVES
Im laufenden Jahr dürften laut Kier Boley, Alternative-Investment-Experte der Union Bancaire Privee, die meisten Hedgefonds-Strategien von besseren Rahmenbedingungen profitieren. Die größere Divergenz beispielsweise zwischen Gewinnern und Verlierern bei Unternehmen eröffne Kier Boley zufolge mehr Chancen. Damit kann zum Beispiel Potenzial bei Long-Short-AktienStrategien genutzt werden. Ein überdurchschnittlich hohes Potenzial sieht Boley bei stark auf Diversifikation ausgerichteten Makro- und Rohstoffstrategien.
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„Die Attraktivität von Immobilien bleibt gewahrt.“
ULRICH KATER
„Makro- und Rohstoffstrategien mit überdurchschnittlichem Potenzial.“
KIER BOLEY
Details. Eine Mitarbeiterin der Wiener Börse hat die Kurse im Blick.
Christoph von Bonin
„Der Zins ist zurück“
VITA CHRISTOPH VON BONIN Investment Officer LLB Invest KAG
Schon während des Studiums der Agrarökonomie entdeckte Christoph von Bonin seine Leidenschaft für die Finanzbranche: 1995 heuerte der passionierte Fischer und Jäger zunächst bei der Benchmark Capital Management als Riskmanager an. Nach einigen weiteren beruflichen Stationen ist von Bonin seit Oktober 2018 nunmehr Geschäftsführer und Chief Investment Officer der LLB Invest KAG und verantwortet die Investmentfonds- sowie die Vermögensverwaltung der Liechtensteinischen Landesbank Österreich AG.
INTERVIEW RAJA KORINEK
Herr von Bonin, Anleihen verzeichneten 2022 schwere Kurskorrekturen. Wie nutzten Sie die Entwicklung im ausgewogenen Musterportfolio, bei dem langfristig 50 Prozent in Bondfonds investiert werden? –Christoph von Bonin: Aufgrund der niedrigen Verzinsung lag die Anleihegewichtung lange Zeit darunter. Vergangenen November stockten wir erstmals wieder ein wenig vor allem bei Euro-Staatsanleihen, Pfandbriefen und Unternehmensanleihen aus dem oberen Bonitätssegment auf. Im Schnitt liegt die Rendite unserer gesamten Anleihequote bei rund 3,5 Prozent.
Ist das Schlimmste an den Bondmärkten ausgestanden? – Der Großteil der Zinsanhebungen dürfte vor allem in den USA hinter uns liegen, die Inflation schwächt sich allmählich ab. Dennoch sind kurzfristig weitere Kursrücksetzer möglich, da viele Anleihekurse seit Jahresbeginn ein gutes Stück zugelegt haben. Dann würden wir sogar weiter aufstocken. Solide Schuldner sollten sich als sinnvolle Diversifizie-
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Eine Portfoliobeimischung mit Anleihen lohnt sich wieder, sagt Christoph von Bonin.
© FEDERAL RESERVE
#PORTFOLIO
Zinsen. Die Federal Reserve unter Präsident Jerome Powell hat frühzeitig mit Zinsanhebungen begonnen, US-Bonds sind attraktiv.
rung wieder eignen, sprich in turbulenten Marktzeiten an Wert gewinnen.
Wie sieht es mit risikoreicheren Bondklassen aus? – Auch in den Emerging Markets nutzten wir Chancen, wobei die Schwellenländer-Fonds im Portfolio in Hartund Lokalwährungsanleihen breitgestreut investieren. Die Anleihen sind derzeit interessant bewertet, die Regionen könnten zudem vom Ende der NullCovid-Politik in China profitieren. Unternehmensanleihen mit schwacher Bonität kaufen wir derzeit nicht. Die globale Wirtschaft dürfte sich abschwächen, selbst eine Rezession ist nicht ausgeschlossen. In solch einem Umfeld nehmen Zahlungsausfälle zu. Sollten sich die Konjunkturaussichten hingegen aufhellen, stocken wir lieber bei Aktien auf.
Das Musterportfolio ist ein klein wenig in US-Staatsanleihefonds investiert. Manch ein Analyst rechnet mit einem weiteren Anstieg des Euro zum US-Dollar. Grund zur Sorge? –Tatsächlich ist die US-Notenbank mit ihren Zinsanhebungen weiter fortgeschritten als die EZB, weshalb weitere größere Schritte in der Eurozone erwartet werden. Angesichts solch einer Perspektive hat der US-Dollar zuletzt korrigiert und sank Mitte Februar auf die Marke von rund 1,07
ser US-Staatsanleiheinvestments ohnedies zum Euro abgesichert.
Was steckt dahinter? – Den aktuellen Zinsvorteil mit einer US-Dollaranlage lukriert man dann freilich nicht. Jedoch ist der Anstieg der Zinsen bei den US-Staatsanleihen bereits weiter fortgeschritten als bei Staatsanleihen der Eurozone. Diese Position dient somit rein als besonders solides Sicherheitspolster, da wir hier bei Marktturbulenzen größeres positives Kurspotenzial sehen.
Im Aktienteil nehmen US-Titel die größte regionale Gewichtung ein. Was stimmt Sie zuversichtlich? – Wenn es auf den Aktienmärkten aufwärts geht, legen die Aktienmärkte jenseits des Atlantiks meistens stärker zu als die europäischen Pendants, wenngleich es Ausnahmen gibt. Europaaktien hielten sich im Vorjahr besser als befürchtet, zumal die Gaspreise wieder stark nachgaben.
Und worin sehen Sie die größten Risiken vor allem für die Aktienmärkte? – Paradoxerweise in einer möglichen kräftigen Wirtschaftserholung. Dann würden Marktteilnehmer damit rechnen, dass die Inflation weiter steigen könnte und die Zinsanhebungen länger als erwartet an-
44,00 % Aktien
39,10 % Anleihen
10,80 % Alternative Investments
6,10 % Cash
AKTIEN
18,80 % USA
18,30 % Global
3,30 % Japan
2,30 % Emerging Markets
1,30 % Europa
ANLEIHEN
30,10 % Investment-Grade
5,00 % Wandelanleihen
4,00 % Schwellenländer
ALT. INVESTMENTS
3,80 % Long-Short-Strategien
2,00 % Flexibler Mischfonds global
2,00 % Trendfolger
2 ,00% Rohstoffe
1,00 % Volatilitätshandel
QUELLE: LLB, PORTFOLIO „AUSGEWOGEN“
JOURNAL INVESTMENTS
#PORTFOLIO DIE ASSET-ALLOKATION
Strategien mit Zertifikaten
Manch eine Strategie lässt sich im aktuellen Umfeld mit Zertifikaten zielgenau abdecken. Die Möglichkeiten reichen von speziellen Nachhaltigkeitsthemen bis hin zum Inflationsschutz oder Garantiezertifikaten. Der „Börsianer“ hat drei Investmentideen identifiziert.
NACHHALTIGKEIT –Kampf den Müllbergen
Die Bevölkerung wächst weltweit, die Urbanisierung schreitet vor allem in den Schwellenländern zügig voran. Damit nehmen die globalen Müllberge zu, ein Umstand, für den es dringend Lösungen braucht. Inzwischen bringen sich viele Regierungen ein. In der EU wurde 2020 der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft verabschiedet, der verpflichtende RecyclingQuoten in den Mitgliedsstaaten vorschreibt. Auch die Privatwirtschaft ist gefordert, wobei immer mehr Unternehmen in der Abfallwirtschaft mitmischen. Anleger können dabei auf einen Aktienkorb mit dem Zertifikat auf den SGI Global Waste Management CNTR Index der Societe Generale (DE000SQ7VXM7) setzen. Ausgewählt werden jene Unternehmen, die mehr als 50 Prozent ihres Umsatzes oder des Nettoertrags mit Abfallbewirtschaftungsaktivitäten erzielen. Der Index kann zudem bis zu 50 Aktien enthalten. Zu den größten Positionen zählt Waste Connections, ein USEntsorgungsunternehmen mit Börsennotiz in Kanada. Konkurrent Waste Management aus den USA zählt ebenso dazu wie Veolia aus Frankreich.
GASTKOMMENTAR
Die Krux mit dem Kohlenstoff
Ob Regulierung oder Ratings, wir haben gelernt, dass es vor allem auf die Daten und auf deren Qualität ankommt. Viele grüne Investments sind heute auf Unternehmen und Sektoren ausgerichtet, die in Bezug auf ihre Scope-1- und Scope-2-Emissionen kohlenstoffeffizient sind. Das bedeutet, dass ihre direkten und indirekten Emissionen bei der Herstellung der Produkte und/oder Dienst-
leistungen berücksichtigt werden. Entscheidend sind aber die weitergefassten Scope-3-Emissionen. Diese hängen wie Scope 2 indirekt mit den Aktivitäten des Unternehmens zusammen. Beispiele sind der Pendlerverkehr der Mitarbeiter oder die Verwendung verkaufter Produkte. Entsprechend schwer sind Scope3-Emissionen zu messen. Die Ermittlung indirekter Emissionen inklusive der da-
Mike Judith Head of International Sales & Client Portfolio Management DNB Asset Management
mit verbundenen Wertschöpfungskette ist teuer und zeitaufwendig. Die Gefahr, dass Fondsmanager nur über Emissionen berichten, die sich leicht(er) messen lassen, ist gegeben. Die Nichtberücksichtigung der anderen kann dazu führen, dass Übergangsrisiken der betreffenden Unternehmen unterschätzt, Mittel fehlalloziert und die Gültigkeit von „grünen“ Profilen zu Recht infrage gestellt werden.
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#ZERTIFIKATE
© WASTE
MANAGEMENT
INFLATIONSSCHUTZ – Strategie gegen die Entwertung
Die Inflation ist in den USA und in der Eurozone zuletzt weniger stark gestiegen. Im Jänner erreichte die Inflation im Jahresvergleich dennoch 8,5 Prozent in der Eurozone. Chancen, vom steigenden Verbraucherpreisindex zu profitieren bietet die Raiffeisen Bank International AG mit dem Europa Inflations Bonus&Sicherheit 15 Zertifikat (AT0000A32513). Das Produkt bezieht sich auf den Euro Stoxx 50. Anleger erhalten jährlich 2,3 Prozent zuzüglich der Euroraum-Inflationsrate. Getilgt wird am 16. Februar 2026 zu 100 Prozent des Nominalbetrags, wenn der tägliche Schlusskurs des Euro Stoxx 50 während der Laufzeit über der Barriere von 49 Prozent des Startwerts (4.238,76 Punkte) notiert.
Wird die Barriere berührt oder unterschritten, erfolgt die Auszahlung entsprechend der Wertentwicklung des Basiswerts. Einzig über den Startwert hinaus nehmen Anleger nicht teil.
AKTIEN MIT GARANTIE – Auf Nummer sicher gehen
In den vergangenen Jahren haben sich mehrere Megatrends etabliert. Der Solactive Erste Future Invest Index setzt auf fünf, zu denen Gesundheit, Saubere Energie und Robotik zählen. Sie werden mit iShares-ETF abgedeckt. Je nach Marktlage kann in Geldmarkt-ETF umgeschichtet werden. Der Index ist Grundlage der „1,80 % Erste Future Invest Garant (II) 22-30“-Anleihe der Erste Group Bank AG (AT0000A303L7) mit einem fixen Zinsertrag von 1,80 Prozent p. a. und einer Laufzeit von acht Jahren. Die Rückzahlung am Laufzeitende erfolgt in Abhängigkeit von der Wertentwicklung des Solactive Erste Future Invest Index, wobei der Startwert bei 106,88 Punkten liegt. Bei einer positiven Wertentwicklung des Index über diesen Wert wird zusätzlich zum Nennbetrag von 1.000 Euro je Zertifikat die Wertentwicklung des Index ausbezahlt. Verliert der Index bis Laufzeitende an Wert, werden 100 Prozent des Nennbetrags zurückgezahlt.
13,7 Milliarden Euro in Zertifikaten geparkt
Markt. Der Zertifikatemarkt in Österreich hat im vergangenen Jahr in nahezu allen Monaten Nettomittelzuflüsse verzeichnet, berichtete das Zertifikate Forum Austria Ende Jänner 2023. Insgesamt wurden 3,6 Milliarden Euro in Zertifikaten umgesetzt, Privatanleger hatten Ende 2022 13,7 Milliarden Euro in Zertifikaten investiert, im Jänner stieg das Volumen auf 14,2 Milli-
arden Euro. Seit 2022 gibt es nach einer mehrjährigen Durststrecke wegen der nun wieder gestiegenen Zinsen Produktangebote mit Kapitalschutz, zuletzt waren vor allem Zinsprodukte mit einem Plus von zwölf Prozent nachgefragt. Die Mitglieder des ZFA sind die Erste Group Bank AG, die Raiffeisen Bank International AG, die Unicredit Bank Austria AG sowie Vontobel.
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© SANZIANA PERJU / ECB ©ORSTED
Sparen wird belohnt
Das Geldparken lohnt sich angesichts steigender Zinsen wieder.
Die EZB hat auf ihrer jüngsten Sitzung eine weitere Erhöhung im März um 0,50 Prozent angekündigt, und wir gehen davon aus, dass sie danach vorerst abwarten wird“, so Bernd Fislage, Chief Executive Officer bei Kommunalkredit Austria AG. Wie weit die EZB mit den Zinsen letztendlich hinaufgeht, könne man noch nicht abschätzen, ergänzt Olaf Peter Poenisch, Vorstandsvorsitzender der Santander Con-
sumer Bank Österreich. Poenisch erläutert: „Was die Sparzinsen in Österreich betrifft, beobachten wir, dass die jüngsten EZB-Zinserhöhungen nur noch teilweise und hier vor allem bei Festgeldangeboten ihren Niederschlag fanden.“ Bei der Kommunalkredit Austria rechnet man damit, dass sich die Zinsen für gebundene Spareinlagen auf einem Niveau von zwei bis 2,5 Prozent einpendeln werden.
2,00 %*
Top 3 Tagesgeld Top 3 24-Monate-Bindung
Die deutsche Consorsbank bietet 2,10 Prozent per annum auf Tagesgeld für Neukunden.
Die Bigbank aus Estland bietet drei Prozent per annum, auch hier gibt es Zinsen.
Licht am Ende des Tunnels
Laut der jüngsten Umfrage von Fidelity International erwartet etwas mehr als die Hälfte der Analysten eine Wende zum Besseren.
UMFRAGE. In seiner jährlichen Umfrage ermittelt Fidelity International die Einschätzungen seiner Analysten. Dabei werden Informationen aus rund 15.000 Interaktionen mit Firmen gesammelt. Derzeit sind 60 Prozent überzeugt, dass sich ihre Branchen in einem Abschwung, in einer leichten oder schwereren Rezession befinden. Zudem erwarten die Analysten in den nächsten zwölf Monaten mehr Zahlungsausfälle. Die
zuletzt gestiegenen Ausschüttungen an die Aktionäre dürften ebenso zurückgehen wie Fusionen und Übernahmen. Rund drei Viertel geben an, dass für die Unternehmenslenker bis auf weiteres Kostensenkungen und das Ankurbeln des Umsatzes im Vordergrund stehen statt Investitionen. Etwas mehr als die Hälfte geht auch davon aus, dass sich die Konjunkturlage Ende 2023 zum Besseren wendet.
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#ZINSEN
PLATZ 1 PLATZ 1 PLATZ 2 PLATZ 2 PLATZ 3 PLATZ 3
Consorsbank**
Bigbank**
2,10 %*
3,00 %*
Trade Republic**
Vakifbank
2,00 %*
2,60 %*
Santander Consumer Bank**
Yapikredit** * für 6 Monate, bis 1 Million Euro ** kein automatischer KESt-Abzug ** pro Jahr
2,80 %*
Vorsorgeprodukt
UMFRAGE. 247 Euro pro Monat werden österreichweit für die Pensions- und Gesundheitsvorsorge aufgewendet. Das ergab eine repräsentative Umfrage von IMAS Austria im Auftrag von Erste Bank Österreich, Sparkassen und der Wiener Städtischen Versicherung AG. „In der Altersvorsorge hat die expansive Geldpolitik der EZB in der letzten Dekade den Sparern sowie Vorsorgewilligen einiges abverlangt. Doch diese Phase ist jetzt vorbei, die Zinswende sollte hier eine Trendwende bringen“, sagt Manfred Bartalszky, Vorstand der Wiener Städtischen Versicherung AG.
Vorgesorgt wird für Krisenfälle (71 Prozent), Gesundheit (65 Prozent), Familie (63 Prozent) und für die Pension (61 Prozent). Von den online befragten 1.000 Personen zwischen 16 und 65 Jahren will jeder Siebente in Zukunft noch mehr Geld in die private finanzielle Vorsorge investieren. Die besten drei Produkte sind nach wie vor das Sparbuch, gefolgt von der Lebensversicherung und dem Bausparvertrag. Jeder Zweite will nachhaltig vorsorgen.
JOURNAL INVESTMENTS
Das Sparbuch als liebstes
Wende. Manfred Bartalszky erwartet, dass die Zinswende eine Trendwende in der Altersvorsorge bringt. Günther Schmitt Fondsmanager Raiffeisen KAG
© BEIGESTELLT
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Der Wettkampf um die grünen Technologien
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HELVETIA VERSICHERT DREI VIERTEL DER REPAIR-CAFES
UNIQA STARTET KOOPERATION MIT SWISS RE
Helvetia baut Onlinegeschäft mit Marke „smile“ in Österreich aus
Merkur eröffnet als Miteigentümerin der Therme Loipersdorf neuen Gesundheitsstandort
Christian Ortner leitet seit Jänner die Rechtsabteilung der Generali Österreich
Seit 2021 können Repair-Cafes in Österreich eine kostenlose Versicherung von Helvetia in Anspruch nehmen. Die Zahl der versicherten Standorte ist von zunächst 20 auf mittlerweile 160 gestiegen. Damit sind drei Viertel aller Repair-Cafes in Österreich über Helvetia versichert. Die ehrenamtlichen Reparaturhelfer und Helferinnen sind damit haftpflichtversichert und können ohne Bedenken defekte Alltagsgegenstände erneuern.
Die Uniqa Insurance Group hat eine Zusammenarbeit mit der Swiss Re Corporate Solutions begonnen. Das soll vor allem für Groß- und Industriekunden eine bessere Absicherung bieten. Unternehmen können damit auch in Länder begleitet werden, in denen die Uniqa selbst nicht vertreten ist. Durch die Kooperation erhält die Uniqa Zugang zur digitalen Plattform Pulse & Network, über die passende Partner zur Absicherung gefunden werden können.
SLOWAKISCHE VIG ÜBERNIMMT PENSIONSKASSE
Die Vienna Insurance Group will mit der betrieblichen Pensionsvorsorge ihr Geschäft stärken. Dazu hat sie über ihre slowakische Tochter Kooperativa poist’ovna die auf das Pensionskassengeschäft spezialisierte 365. life d.s.s. übernommen. Das Unternehmen hält einen Marktanteil von rund fünf
Prozent. Das veranlagte Vermögen der 125.000 Kunden beträgt etwas mehr als 500 Millionen Euro. 265.life war bisher Teil der slowakischen n365.bank-Gruppe. Die Kooperative ist seit 32 Jahren in der Slowakei aktiv und hat rund 1,5 Millionen Kunden sowie einen Marktanteil von 25 Prozent.
KARRIERE
Olivia Turan
ist mit 1. Jänner 2023 in die Geschäftsführung der Horizont, Tochter der Wiener Städtische Versicherung AG und der Donau Versicherung AG, aufgestiegen.
Christian Noisternig
ist mit Jahresbeginn neu in den Vorstand der DAS Rechtschutz AG berufen worden. Er übernimmt diese Funktion zusätzlich zu seinem Vorstandsmandat in der Ergo.
Remi Vrignaud
übernahm mit Jänner 2023 für zwei Jahre als Präsident die Agenden des österreichischen Versicherungsverbands VVO.
Zukunft investieren: Allianz Österreich holt sich Schauspieler Christoph Waltz als Testimonial
ÖSTERREICHS UNTERNEHMEN FÜRCHTEN CYBERANGRIFFE
STUDIE. Schon zum zweiten Mal in Folge führt Cyberkriminalität die Liste der größten Sorgen heimischer Unternehmen an. Die Furcht vor ITAusfällen, Ransomware-Attacken oder Datenschutzverletzungen ist in Österreich wie international das größte Risiko für Geschäfte im Jahr 2023, hat die Allianz im aktuellen Risk-Barometer erhoben. An zweiter Stelle steht die Energiekrise. Die massiv gestiegenen Kosten haben Betriebe nicht nur veranlasst, Energie effizienter einzusetzen oder einzusparen, sondern auch Produktionen zu reduzieren oder ganz zu schließen. Dies führt zu Lieferengpässen und wirkt sich negativ auf nachgelagerte Wertschöpfungsketten aus. Die Allianz-Experten erwarten, dass sowohl der Realwirtschaft als auch der Finanzbranche ein schwieriges Jahr bevorstehe, da die Zentralbanken überschüssige Liquidität aus dem gesamten System abziehen.
BRANCHE VERSICHERUNGEN 77
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WIE VIEL GRÜN STECKT WIRKLICH IN HEIMISCHEN ESG-FONDS?
Mehr als 81 Milliarden Euro waren Ende 2022 in als nachhaltig deklarierten Investmentsfonds der österreichischen Anbieter angelegt, besagen die Zahlen des Branchenverbands VÖIG. Das waren fast acht Milliarden Euro mehr als 2021. Was genau hinter dieser Zahl steckt, hat sich der Anbieter von Nachhaltigkeitsdaten, ESG Plus, im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich angesehen. Dabei wurde anhand von 23 Nachhaltigkeitskriterien ein Ranking mit 180 Fonds erstellt, für die genügende Daten zur Verfügung standen.
Die allermeisten dieser Fonds waren nach Artikel 8 der EUOffenlegungs-Verordnung deklariert. Das heißt, sie berücksichtigen ESG-Kriterien, ohne aber ein konkretes Nachhaltigkeitsziel zu verfolgen. Hier sieht die Erhebung eine große Bandbreite bei den Produkten, was es den Kunden erschweren würde, eine Auswahl zu treffen. Die Top-Ten-Plätze wie der Anleihefonds IQAM SRI SparTrust M oder der Aktienfonds Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Momentum sind da genauso dabei wie die Schlusslichter des Rankings. Andersherum gehört der Erste WWF Stock
Environment als einziger in den Top Ten zu den Fonds nach Artikel 9, also mit einem klarem ESG-Fokus. Die Perspektive der Fondsmanager und die Erwartungshaltung der Konsumenten liegen deutlich auseinander, wenn es darum geht, ob ein Fonds nachhaltig ist. Der Erste Bond Dollar Corporate wirbt etwa mit ökologischen und sozialen Faktoren, enthält aber Anteile der Öl- und Gaskonzerne Enel, ExxonMobil und Royal Dutch Shell. Nach EU-Recht ist das in Ordnung. „Man kann sich nicht auf die reine Selbstdeklarierung von Fonds als Artikel 8 verlassen, denn diese ist praktisch wertlos. Umweltzeichen und Artikel 9 hingegen geben eine gute Indikation für nachhaltigere Investments, mit beiden in Kombination hat man laut unseren Studienergebnissen die Garantie, dass Fonds sich überdurchschnittlich bemühen“, sagt Arman Colard von ESG Plus. Die Arbeiterkammer fordert „EU-weit klare, rechtlich bindende Vorgaben für ökologische und soziale Kriterien“ und einen Schwellenwert für deren Gewichtung. Weiters solle die Finanzmarktaufsicht die Deklaration der Fonds überprüfen.
MORNINGSTAR: MEHR ABSATZ DURCH REBRANDING
Die von der EU seit 2018 eingeführten Regeln für das Nachhaltigkeits-Reporting haben nicht nur zu einem Boom bei neuen ESG-Fonds geführt. Auch zahlreichen bereits bestehenden Produkten wurde eine neue Strategie und ein neuer Fondsname verpasst. Die Ratingagentur Morningstar hat nun untersucht, wie sich diese Rebrandings auf den Absatz und den Inhalt der Fonds ausgewirkt haben.
975 europäische Fonds mit ESG-Rebranding zwischen 2018 und 2022 kamen in die Auswertung. Im Schnitt hatten diese
Fonds im Jahr vor der Umstellung noch Mittelabflüsse zu verzeichnen, doch das drehte sich bereits wenige Monate vor dem Rebranding ins Positive. Dieser Effekt wirkte noch neun Monate nach der Umbenennung und flachte dann ab. Inhaltlich stellten die Analysten von Morningstar ebenfalls bereits im Vorfeld des Rebrandings eine Reduktion bei Problem-Assets fest. Allerdings kam es danach zu keiner weiteren Verbesserung, und so blieben diese Fonds bei der Veranlagung meist hinter den angestammten ESG-Fonds zurück.
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#FONDS
HARTES JAHR FÜR INVESTMENTFONDS
Nach einem außergewöhnlich guten Jahr 2021 blieben im Inflationsjahr 2022 auch die heimischen Investmentfonds nicht von Wertverlusten verschont. Das zeigt die Jahresbilanz des Verbands der österreichischen Investment-Gesellschaften (VÖIG). Das Fondsvolumen reduzierte sich demnach um 14 Prozent (oder um 31,1 Milliarden Euro) auf 187,7 Milliarden Euro, wobei das fast nur auf Kursverluste zurückzuführen war. Lediglich 600 Millionen Euro netto wurden von den Anlegerinnen und Anlegern selbst abgezogen. Je nach Assetklasse fielen diese Bewegungen aber durchaus unterschiedlich aus. Anleihefonds muss-
CLOSING FÜR ALLIANZPRIVATE-DEBT-FONDS
Wie Allianz Global Investors bekanntgab, wurde das erste Closing des Allianz Private Debt Secondaries Fund bei 250 Millionen Euro durchgeführt. Der für institutionelle Investoren im September 2022 aufgelegte Fonds ist der erste Sekundärmarktfonds der Allianz-Gruppe. Das Zielvolumen beträgt 500 Millionen Euro. Wichtige Investoren des Fonds sind die Versicherungsgesellschaften der Allianz-Gruppe. Bei Private-Debt-Fonds werden Direktkredite an Unternehmen zusammengefasst und als geschlossene Fonds mit einer fixen Lauf-
KARRIERE
Hannes
Cizek
ist mit 1. April neuer CEO der Raiffeisen KAG und damit des zweitgrößten heimischen Asset-Managers. Der WU-Absolvent und Digitalisierungsexperte ist seit 2009 bei der Raiffeisen-Bankengruppe und hat zuletzt den Bereich Group Strategy geleitet.
ten 1,9 Milliarden Euro an Abflüssen hinnehmen, Aktienfonds hingegen bekamen rund 600 Millionen Euro von den Investoren dazu, gemischte Fonds sogar mehr als 700 Millionen Euro.
Unterschiede gab es auch beim Kaufverhalten der Kundengruppen. Privatanleger kauften in den ersten drei Monaten noch beherzt Fondsanteile zu und sorgten 2022 insgesamt für einen Zufluss von 491,6 Millionen Euro. Die institutionellen Investoren und Spezialfondskunden waren bereits im Februar zurückhaltender und reduzierten ihr Portfolio übers Jahr um rund 1,1 Milliarden Euro.
LLB holt sich über vier Fonds vier Prozent der Marinomed AG +++
Pictet AM lanciert Aktienfonds in regenerativer Wirtschaft +++
Alliance Bernstein startet Fonds zum Thema Diversität +++
ETF-Plattform von AXA IM erreicht eine Milliarde Vermögen +++
Amundi Austria hält über Fonds vier Prozent an der Wienerberger AG
zeit an institutionelle Investoren und Family-Offices verkauft. Der Allianz-Fonds wird sich auf vorrangige Direktkredite konzentrieren, mit dem Ziel, ein über Manager, Sektoren und Regionen diversifiziertes Portfolio aufzubauen. „Der Sekundärmarkt für Private Debt entwickelt sich stark. Aufgrund des volatilen Marktumfelds und eines allgemein reiferen Markts erwarten wir in den nächsten Jahren ein beschleunigtes Wachstum von Private Debt Secondaries“, sagt Joaquin Ardit, Senior Portfolio Manager bei Allianz Global Investors.
IN DIESE THEMENFONDS WURDE MEHR INVESTIERT
Wolfgang Ules
und Alfred Kober verstärken seit heuer den Vorstand der Security KAG. Beide sind langjährige Manager der Fondsgesellschaft. Ules bleibt zusätzlich Investmentchef bei Schelhammer Capital, Kober kümmert sich weiter um Veranlagungslösungen.
Olivier Paquier
ist neuer Global Head of ETF Sales bei AXA IM. Seine Erfahrung im ETF-Vertrieb hat er bisher bei State Street und anschließend bei JP Morgan Asset Management gesammelt, wo er das aktive ETF-Geschäft in den EMEA-Ländern aufgebaut hat.
STUDIE. Während 2022 vielen Fonds von Abflüssen betroffen waren, konnten einige thematische ETFs Mittelzuflüsse verzeichnen. Wie der Emittent Rize ETF in einer Studie bekanntgibt, verbuchten thematische ETFs im vergangenen Jahr Zuflüsse in der Höhe von 5,5 Milliarden US-Dollar. Interessant, dass sich 76 Prozent der Gelder auf fünf Themen fokussieren. Topthema ist saubere Energie mit einem Zufluss von 956 Millionen US-Dollar - gefolgt von Infrastruktur mit 913 Millionen USDollar. Auf den Plätzen drei bis fünf folgen dann Cybersicherheit (876 Millionen US-Dollar), Nahrungsmittel und Landwirtschaft (716 Millionen US-Dollar) und Gender-Equity (780 Millionen US-Dollar).
BRANCHE FONDS 79
TICKER
BETTINA SCHRAGL Head of Investor Relations Immofinanz AG
KLASSE PRÄZEDENZFALL
Als die Telekom Austria kürzlich ankündigte, ihre Großaktionäre hätten sich auf eine Abspaltung der Funktürme in eine eigene Gesellschaft und auf ein Listing an der Wiener Börse verständigt, erinnerten sich wohl viele Marktteilnehmer an das letzte Spin-off eines österreichischen, börsennotierten Unternehmens. Das war die Buwog vor fast zehn Jahren. Der Wohnungsspezialist war ursprünglich eine 100-Prozent-Tochter der Immofinanz und wurde im Frühling 2014 abgespalten und gelistet. Die ImmofinanzAnleger bekamen damals für je 20 Aktien eine Buwog-Aktie eingebucht. Hintergrund war die Schärfung der Investmentstory und damit einhergehend eine Wertsteigerung. Die Immofinanz hatte zwar bereits zuvor einen Konzentrationsprozess gestartet, das Portfolio reichte aber noch immer von „faden“ (O-Ton so manchen Investors; fad, weil niedrig rentierend) Wohnungen in Kärnten bis zu hoch rentierenden Einkaufszentren in Osteuropa. Zur Wahl standen damals mehrere Optionen: gänzlicher Verkauf, IPO oder eben Spin-off. Die Wahl fiel auf Letzteres – aufgrund eines volatilen Marktumfelds und weil die Immofinanz-Aktionäre so direkt an der Wertentwicklung der künftigen Wohnungsaktien profitieren konnten. Und die war gar nicht fad: Der Erstkurs lag bei 13 Euro, weniger als vier Jahre später bot Vonovia den Buwog-Aktionären 29,05 Euro. Insofern also ein klasse Präzedenzfall für künftige Spin-offs in Wien.
b.schragl@derboersianer.com
FLUGHAFENÜBERNAHME GERÄT INS STOCKEN
Die Airports Group Europe hat ihren Anteil an der Flughafen Wien AG auf 43,37 Prozent aufgestockt. Nach Ablauf der verlängerten Angebotsfrist konnte die indirekte Tochtergesellschaft des IFM Global Infrastructure Fund weitere 3,37 Prozent der Anteile aufsammeln. Der Angebotspreis wurde im zweiten Anlauf um einen Euro auf 34 Euro je Aktie erhöht, lag damit am Ende der Angebotsfrist aber noch leicht unter dem Marktpreis. Bereits im Vorfeld hat das Management der Flughafen Wien
AG von einer Annahme des Angebots abgeraten: „Nach gewissenhafter Abwägung der zahlreichen Pro- und Kontraargumente empfiehlt der Vorstand den Aktionären, das Kaufangebot nicht anzunehmen.“
Das Wirtschaftsministerium unter Minister Martin Kocher genehmigte die Aufstockung nach eingehender Prüfung mit Auflagen. Mit einem Streubesitz von deutlich unter zehn Prozent droht der Flughafen Wien AG nun das Delisting von der Wiener Börse.
WOLFORD STRAUCHELT WEITER
Der Wäschekonzern sammelte über eine Kapitalerhöhung 17,6 Millionen Euro ein. Die ausgegebenen Aktien wurden fast zur Gänze von den Kernaktionären, der chinesischen Fosun Fashion Group Wisdom und dem deutschen Dotcom-Millionär Ralph Bartel, abgenommen. Das Vorstandsduo unter Paul Kotrba und Silvia Azzali will 2023 operativ wieder schwarze
Zahlen schreiben. Dafür sollen quer durch alle Bereiche rund zehn Prozent der Personalkosten eingespart werden, 50 Stellen in Österreich sind betroffen, auch ganze Geschäfte werden geschlossen. Kotrba ist sich der misslichen Lage bewusst: „Manchmal müssen sogar gesunde Firmen Mitarbeiter entlassen, und bekanntlich ist Wolford keine ganz gesunde Firma.“
80 KOLUMNE
#AKTIEN
FACC AG HOLT CASH FÜR EXPANSION
Nach - branchenbedingt – aufreibenden Corona-Jahren setzt die FACC AG aus Ried im Innkreis auf Expansion. Dazu wurde ein 225-Millionen-Euro-Konsortialkredit (Syndicated Loan) mit fünf heimischen Banken verlängert. Ein Fokus liegt auf einem Ausbau des 2021 in Kroatien eröffneten Werkes. Ein weiterer in der Intensivierung des Themas Urban Mobility. Wie der
Börsianer aus der Unternehmenszentrale erfährt, setzt man hier stark auf die noch junge Kooperation mit dem US-Unternehmen Archer Aviation Inc. In tendenziell volatilen Finanzierungszeiten habe man sich für einen Syndicated Loan und gegen beispielsweise eine Anleihe entschieden, weil das die nötige Stabilität brächte, heißt es.
HEDGEFONDS WETTERT GEGEN EVN-MANAGEMENT
In einem Brief an den Aufsichtsrat der EVN AG geht Klaus Umek von Petrus Advisers hart mit der Leitung des Energieversorgers ins Gericht. „Der österreichische Kleinaktionär und Fondssparer ist der andauernde Verlierer des schlechten Managements Ihres Unternehmens“, richtet der aktivistische Investor dem Aufsichtsrat der EVN AG aus. Der Energiekonzern sei am Markt stark unter- und nach Abzug der Verbund-Anteile sogar negativ bewertet. Man hat sich in
der Vergangenheit in vielen Bereichen verzettelt, auch ist die weitere Strategie unklar, urteilt Umek, dessen Londoner Hedgefonds mit knapp drei Prozent beteiligt ist. Die diesjährige Hauptversammlung im Februar 2023 zog sich dementsprechend über sieben Stunden hin. Von den 236 gestellten Fragen kamen 70 von Umeks Anwälten. „Das Investor-Relations-Team ist intensiv mit Petrus Advisers in Kontakt“, sagt EVN-Sprecher Stefan Zach.
KARRIERE
Elisabeth Köstinger
verlässt nach nur neun Monaten als Geschäftsführerin das Finanzdatenunternehmen
Mountain View. Die ehemalige Landwirtschaftsministerin bleibt aber der Baha-Gruppe ab April 2023 als strategische Beraterin erhalten.
Bernd Maurer
betreut seit 1. Februar 2023 als Head of Capital Markets die Investor-Relations-Agenden bei der Flughafen Wien AG. Als Chefanalyst der Raiffeisen Bank International AG hat er den Konzern bereits seit Jahren als Analyst betreut.
Monika Riedel
übernimmt ab März 2023 die Unternehmenskommunikation der Verbund AG. Als ehemalige Unternehmenssprecherin der Semperit AG Holding blickt sie auf 28 Jahre Berufserfahrung in der Kapitalmarktkommunikation zurück.
TICKER
AT&S AG senkt
Umsatzprognose von 2,1 auf 1,8 Milliarden Euro +++
Kontron AG beschließt Aktienrückkauf-Programm in der Höhe von zehn Millionen Euro +++
Tojners Varta-Verkäufe ersparten ihm in 2022 rund
70 Prozent an Kursverlust +++
OMV AG erwartet Solidaritätsabgabe von 150 Millionen Euro +++
SBO vervierfacht
Jahresgewinn auf 92 Millionen Euro
FÜHRUNGSKRÄFTE PLAGEN ZUKUNFTSÄNGSTE
STUDIE. Jeder fünfte heimische Firmenchef fürchtet um den Fortbestand seines Unternehmens in den nächsten zehn Jahren, wenn nicht stärker auf die zahlreichen Krisen reagiert wird. Zu dem Ergebnis kommt die Studie „Global CEOSurvey 2023“ des Beratungsunternehmens PWC. Weltweit liegt der Wert mit 40 Prozent noch deutlich höher. Gleichauf mit der makroökonomischen Volatilität wird die Inflation mit 38 Prozent Zustimmung als größte Bedrohung angesehen, gefolgt von Cyberbedrohungen mit 22 Prozent. Ganz vorn dabei ist Österreich beim Klimaschutz: Während weltweit nur 65 Prozent der Führungskräfte auf Maßnahmen zur CO2-Reduktion gesetzt haben, sind es in Österreich 90 Prozent.
BRANCHE AKTIEN 81
FUSIONSGESPRÄCHE ZWISCHEN IMMOFINANZ UND S IMMO LAUFEN
Die Immofinanz AG und S Immo AG prüfen eine Fusion der beiden Immobiliengesellschaften und benennen es mit „Prüfung einer weiteren Angleichung, Koordination, Fusion oder anderer Formen der Integration der beiden Gruppen“. Der gemeinsame Eigentümer und Mehrheitsaktionär CPI Property Group (CPI) wird bei den Verhandlungen federführend dabei sein. CPI hält 38,4 Prozent an der S Immo AG und 76,9 Prozent an der Immofinanz AG, die Immofinanz AG hält 50 Prozent plus einer Aktie an der S Immo AG. Fusionsgespräche zwischen den ehemaligen
Vorstandschefs Oliver Schumy sowie Ernst Vejdovszky waren vor ein paar Jahren wegen verschiedener Preisvorstellungen gescheitert. Eine Einigung in dieser Frage wird diesmal vom Markt erwartet. Wie die neue Gesellschaft heißen wird, wer sie anführen wird und wer das vereinte Boot verlässt, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Der Vertrag von Vorstandschef Herwig Teufelsdorfer bei der S Immo AG wurde Ende November 2022 vorzeitig bis zum 31. 12. 2025 verlängert. Jener von Immofinanz-Vorstandschef in Radka Doehring läuft bis Mai 2025.
NACHFRAGE NACH IMMOBILIENKREDITEN HALBIERT
Die Nachfrage nach Wohnimmobilienkrediten hat sich bei der Volksbank Wien AG und der Oberbank AG laut den Generaldirektoren Gerald Fleischmann und Franz Gasselsberger zuletzt halbiert. Den Grund des Rückgangs sehen beide nicht in den neuen, strengeren Richtlinien der Kreditvergabe, sondern in den gestiegenen Darlehenszinsen. Statt einem Pro-
zent sind es vier bis fünf Prozent, Kreditnehmer müssen also weit mehr als das Doppelte für einen Kredit zurückzahlen als noch vor eineinhalb Jahren. Das Finanzmarktstabilitätsgremium, in dem Mitglieder der Finanzmarktaufsicht, des Fiskalrats, der Oesterreichischen Nationalbank und des Finanzministeriums sitzen, hatten sich kürzlich über eine kleine
Aufweichung der Vorgaben ei der Kreditvergabe ab April 2023 geeinigt, insbesondere bei der Zwischenfinanzierung, aber an den Standards festgehalten. Dazu zählen der Eigenmittelanteil von mindestens 20 Prozent, eine maximale Laufzeit von 35 Jahren und eine Rückzahlungsrate, die maximal 40 Prozent des verfügbaren Nettoeinkommens ausmachen darf.
82
#IMMOBILIEN
CBRE-AUSBLICK: ENGPÄSSE UND
PREISTURBULENZEN
Im Immobilienmarkt in Österreich liegen die Kaufpreisvorstellungen der Käufer und Verkäufer noch immer auseinander. Im zweiten Halbjahr sollten die Transaktionen wieder steigen, es sei sehr viel Geld im Markt, sagt Immobilien-Berater CBRE in seinem umfassenden Ausblick für 2023. „Wir erwarten ein durchwachsenes Jahr am österreichischen Immobilienmarkt, in dem sich die Assetklassen unterschiedlich entwickeln werden aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen. Diese sind geprägt von Angebotsengpässen in einigen Assetklassen wie Büro und Logistik, aber vor allem von Inflation, steigenden Zinsen und abnehmender Risikobereitschaft bei Investoren und Unternehmen“, erklärt Andreas Ridder, Managing Director Österreich bei CBRE. Der Repricing-Prozess wird sich zumindest in der ersten Jahreshälfte fort-
UBM MIT GEWINNWARNUNG
Wegen des Stillstands am Transaktionsmarkt rechnet die UBM Development AG für das Geschäftsjahr 2022 nur noch mit 30 bis 31 Millionen Euro Gewinn vor Steuern statt den anvisierten 38 bis 42 Millionen Euro. Es gibt Verzögerungen bei der Erteilung von Genehmigungen und Übergaben. Die zukünftige Profitabilität des Immobilienentwicklers sei über die Ergebnisbeiträge der bestehenden Entwicklungspipeline in Höhe von 2,1 Milliarden Euro abgesichert.
KARRIERE
Clemens Rainer
ist neuer Partner bei Schönherr Rechtsanwälte. Der Jurist ist auf komplexe Immobilientransaktionen spezialisiert und verbindet sein Know-how im Immobilien- sowie im Baurecht mit Beratungen im Bereich Corporate M&A.
setzen. Weitere spannende Details: Die Zinskosten sind um 91 Prozent gestiegen, es werden mehr Mietwohnungen nachgefragt, weil Eigentum zu teuer geworden ist. Aus Entwicklersicht wurden wegen der veränderten Marktsituation Projekte nicht realisiert oder verschoben. Die Angst der Investoren, etwas zu verpassen, sei vorbei. Wichtiges Detail am Rande: Ab 2025 gibt es beim Einzelhandel strenge Berichtspflichten, die gesamte Lieferkette muss ausgewiesen werden. Das führt laut CBRE zu einem höheren Anteil an Regionalität, es wird verstärkt in E-Flotten und Wasserstofflieferfahrzeuge investiert. Das große Thema für die Zukunft bleibt Nachhaltigkeit: „Die Zertifizierung und vor allem Optimierung bereits bestehender Immobilien nach ESG-Kriterien wird ein immer wichtigerer Faktor werden“, ist Ridder überzeugt.
IMMOBILIENFONDS: VOLUMEN RÜCKLÄUFIG
Das Volumen der österreichischen Immobilienfonds hat sich im Jänner 2023 zum Vormonat von elf Milliarden auf 10,94 Milliarden Euro verringert. Seit Juli 2022 gibt es einen Rückgang. Die Bank Austria Real Invest Immobilien KAG ist weiterhin mit 4,3 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen mit 39,5 Prozent Marktführer, an zweiter Stelle rangiert die Erste Immobilien KAG mit 3,06 Milliarden Euro, das entspricht einem Marktanteil von rund 28 Prozent.
TICKER
UBM zahlt Hybridanleihe 2018 frühzeitig zurück +++
CA Immo rechnet für 2022 mit negativem Nettoergebnis wegen Immobilienbewertung +++
Porr plant Aktienrückkauf in der Höhe von 2,0 Prozent des Grundkapitals +++
OeNB-Analyse: Immobilienpreisanstieg halbierte sich von Q3 zu Q4 2022 +++
EHL erzielt 2022 bestes Ergebnis der Unternehmensgeschichte
FALLENDE PREISE UND SPÄRLICHE OPPORTUNITÄTEN
Robert Oettl
verstärkt seit Anfang Dezember als COO das Management der Soravia-Tochter Adomo Beteiligungs GmbH. Der 52-Jährige wird seine 25-jährige Branchenerfahrung in der Strategieentwicklung des Property- und Facility-Managers einbringen.
STUDIE. Am österreichischen Immobilienmarkt gibt es nach Jahren der Preisanstiege 2023 nun eine starke Eintrübung. Dazu kommt eine Studie der Beratungsgesellschaft EY. Stagnierende oder sinkende Preisentwicklungen werden über alle Immobilienklassen hinweg erwartet, nur bei Logistikimmobilien in bester Lage könnten tendenziell die Preise noch steigen. „Der Zinswandel, die hohe Inflation und die Angst vor einer drohenden Rezession führen am Immobilienmarkt zu einer Trendwende. Wer aktuell kaufen will, sollte einen detaillierten Blick auf die Immobilie werfen. Angesichts der bestehenden Zurückhaltung vieler Investoren können sich aber auch interessante Opportunitäten ergeben“, sagt Stephan Größ, Leiter des Immobiliensektors bei EY Österreich.
BRANCHE IMMOBILIEN 83
KOLUMNE
DIE LIZENZ ZUR DISRUPTION
PETER BARTOS Partner und Geschäftsführer BDO Austria
NACHHALTIGKEIT VERANKERN
Mit dem Inkrafttreten der Corporate Sustainability Reporting Directive werden mehr als 2.000 Unternehmen in Österreich ab spätestens 2025 im (Konzern-)Lagebericht eine verpflichtende Nachhaltigkeitserklärung abgeben müssen, die auch zu prüfen und in einem digitalen, maschinenlesbaren Format offenzulegen ist. In der Erklärung ist vom Geschäftsmodell und von der Strategie sowie den daraus abgeleiteten Zielen und erzielten Fortschritten in Bezug auf die verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekte über die dazu erlassenen Unternehmensrichtlinien und gesetzten Maßnahmen sowie wesentlichen Risiken und Indikatoren bis hin zur Rolle der verschiedenen Unternehmensorgane zu berichten. Die neue Berichtspflicht wird viele Unternehmen vor große Herausforderungen stellen, da die Regelungen eine hohe Komplexität aufweisen und in die Konzeption und Umsetzung viele Bereiche des Unternehmens einbezogen werden müssen. Es spricht daher einiges dafür, die regulatorischen Anforderungen zum Anlass zu nehmen, das Thema Nachhaltigkeit umfassend in seiner Gesamtheit inklusive der Lieferketten und Wettbewerbslandschaft zu analysieren, für das Unternehmen wesentliche Nachhaltigkeitsaspekte im Geschäftsmodell zu verankern sowie Prozesse und die Unternehmenssteuerung optimal aufzustellen. Weiters helfen diese Überlegungen, das Unternehmen am Markt und im Hinblick auf Mitarbeitergewinnung auch für die Zukunft optimal zu positionieren.
p.bartos@derboersianer.com
Das Thema ESG-Nachhaltigkeit ist in der Unternehmenswelt mittlerweile omnipräsent. Und auch die Herausforderungen, die betriebswirtschaftliche, rechtliche, organisatorische und zunehmend auch personelle Belange betreffen. Das Problem: Vielen Unternehmen fehlt es noch an ausreichender Kompetenz dazuwie etwa aktuell eine Studie von Get Ahead unter den Dax-Vorständen zeigt. Was schafft Abhilfe? Zum Beispiel einen Chief Sustainability Officer (CSO) einzustellen. Der Börsianer hat Herbert Fritsch-Richter, Director beim Executives-Search-Berater EO, zu dem Thema befragt.
Ist der CSO bereits in Österreich angekommen? – Unternehmen erkennen vermehrt, dass die ESG-Risiken und Chancen erheblich sind und das Thema strategisch in das Unternehmen implementiert werden muss. Der CSO ist jedoch in Österreich noch nicht richtig angekommen. Oftmals wird diese wichtige Aufgabe von Positionsinhabern mitbetreut. Beispielsweise dem Head of Compliance oder Head of Investor Relations. Unsere Kunden erkennen jedoch vermehrt die Relevanz der Position und werten diese sukzessive auf.
Was sind die Aufgabenbereiche eines CSO?
– Zuallererst muss der CSO über einen holistischen und strategischen Blick auf das Thema ESG & Sustainability verfügen. Der CSO erarbeitet die ESG-Strategie und bringt diese zur Umsetzung. Er oder sie ist vordenkend und begeistert die internen Teams durch Engagement und Detailwissen. Und zu guter Letzt hat der CSO im besten Fall die Lizenz zur Disruption mit ausreichend Pouvoir vonseiten der Unternehmensführung, um aktiv gestalten zu können. Im Idealfall berichtet der CSO direkt an den CEO beziehungsweise Vorstandsvorsitzenden. Je weiter oben in der Berichtslinie, desto besser, denn nur so ist es möglich, die notwendige Durchsetzungsstärke sicherzustellen. Schließlich muss das Thema im Kern des Unternehmens, bei den Produkten oder Dienstleistungen implementiert werden, und alle relevanten Akteure im Unternehmen müssen sich gemeinsam dazu verpflichten.
Welche Unternehmen sollten sich am dringlichsten damit beschäftigen? – Prinzipiell alle Unternehmen. Aber wenn Sie mich so fragen: ganz besonders die klassischen Industrie- und Produktionsbetriebe.
ÖSTERREICH IM FOKUS VON M&A
Die weltweiten M&A-Aktivitäten werden in der zweiten Jahreshälfte 2023 voraussichtlich zunehmen, so der PWC Global M&A Industry Trend Outlook. „Fusionen und Übernahmen neigen dazu, sich in Zeiten der Unsicherheit oder Marktvolatilität zu verlangsamen. Genau das aber könnte der richtige Zeitpunkt für eine Transaktion sein“, erklärt Gerald Eibisberger, Deals Leader bei PWC Österreich. Trotz Kriegs und Energiekrise zeigte sich Europa
im globalen Vergleich in Sachen Fusionen und Übernahmen sehr aktiv. PWC sieht dabei starkes Interesse von Investoren aus dem Ausland an österreichischen Unternehmen. Im Fokus sind dabei Technologien und auch die gutausgebildeten Arbeitskräfte. International gefragt bleibt es, Digitalisierungslösungen ins Unternehmen zu holen. Im Finanzdienstleistungssektor sind folglich Plattformen und Fintechs potenzielle Übernahmekandidaten.
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#BERATER
Herbert Fritsch-Richter von EO sieht fehlende Nachhaltigkeitskompetenzen als Manko an.
Österreichs Unternehmen sehen den Fachkräftemangel als große unmittelbare Gefahr für den Geschäftserfolg. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Prüfungsund Beratungsorganisation EY unter 600 Verantwortlichen österreichischer Unternehmen. Von ihnen haben 87 Prozent Probleme, geeignete Fachkräfte zu finden. Im Vergleich: 2014 gaben nur 30 Prozent an, keine oder zu wenige Mitarbeiter zu finden. Besonders die Branchen Transport, Verkehr und Energie kämpfen mit Rekrutierungsschwierigkeiten, stark betroffen ist aber auch der Gesundheitssektor – und sowohl die Industrie als auch der
SUCHE NACH FACHKRÄFTEN BLEIBT HERAUSFORDERUNG
Tourismus suchen oft händeringend nach Personal. Wo liegt die Lösung? Das Problem ist, dass es keine einfache Lösung gibt, wie Wifo-Chef Gabriel Felbermayr erklärt: Die Demografie versetzt fast alle EU-Länder in ähnliche Lagen. Auch aus Drittstaaten sind nur noch begrenzt Arbeitskräfte zu finden. Bleibt nur, das vorhandene Potenzial besser zu nutzen. Arbeitsminister Martin Kocher holte sich mit dem Vorschlag, Teilzeitarbeit unattraktiver zu machen, eine Abfuhr. Die Attraktivierung von Vollzeitarbeit – durch beispielsweise flächendeckende Kinderbetreuungsmöglichkeiten – wäre eine Alternative.
GEFUNDEN: DER TYPISCHE KRYPTOINVESTOR
Er ist mittleren Alters, um die 42 Jahre alt. Er lebt mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer Großstadt, hat einen höheren Bildungsabschluss und arbeitet in einem Angestelltenverhältnis, in dem er gut verdient - rund 4.800 Euro brutto im Monat. So sieht zumindest das Profil des typischen Kryptoinvestors aus, das eine Studie von KPMG und BTC Echo zeichnet. Und auf Gendern wurde hier bewusst verzichtet: Er ist nämlich ziemlich männlich. In etwa 14 Prozent des Gesamtvermögens legt er in Digital Assets an. Bitcoin und Ethereum sind weiterhin die mit Abstand gefragtesten Kryptowährungen für Investierende.
KARRIERE
Doch auch eher unbekannte Kryptowährungen bleiben spannend. Bei der Wahl der Kryptobörse ist die Sicherheit das mit Abstand wichtigste Kriterium. Kein Wunder, nach dem Drama um die gekrachte Kryptobörse FTX. Interessant für klassische Finanzdienstleister: Unser Prototyp des Kryptoinvestors nutzt Kyptobörsen für Trading und als Wallet. Gleichzeitig zeigen sich 72 Prozent der Befragten offen dafür, auch klassische Finanzprodukte über Kryptobörsen zu handeln. Ein entsprechendes Angebot auf Kryptobörsen bietet demnach ein erhebliches Marktpotenzial, so die Studienautoren.
PWC: Jedes fünfte Geschäftskonzept durch Wandel bedroht
Deloitte: 60 Prozent der Führungsebene vor Pensionierung
BDO schließt Geschäftsjahr mit 10,5 Prozent Wachstum
KPMG sieht Metaverse als große Perspektive für Handel +++
Elektromobilität hat laut Deloitte in Österreich zu viele Hemmschuhe
CYBERSICHERHEIT WIRD NOCH WICHTIGER
verstärkt das Beratungsunternehmen Vetter & Partner. Der ehemalige Kommunikationschef des Gesundheitsministeriums war mit Johannes Vetter gemeinsam einst Pressesprecher der OMV AG.
leitet seit November 2022 das Branchenteam für Versicherungen bei EY Österreich. Bisherige Stationen des 55-Jährigen: Profifußballer und CEO der Merkur Insurance Group in Graz.
verstärkt Kapp Hebein Partner bei Regulatory Affairs und der Nachhaltigkeitskommunikation.
Die 46-Jährige war 17 Jahre bei der FMA unter anderem für die Bankenaufsicht tätig.
STUDIE. Durch die fortschreitende Digitalisierung wird auch das Thema Cybersicherheit immer wichtiger. Das belegt nun auch die Befragung „Deloitte Global Future of Cyber Survey“ unter 1.000 Entscheidungsträgern weltweit. Bei 70 Prozent stehen Cyberthemen regelmäßig auf der Agenda des Vorstands. Weitere 58 Prozent planen außerdem eine Erhöhung der Investitionen in diesem Bereich. Die dringlichsten Themen, welche die Autoren ableiten sind: 1.) Eine ganzheitliche Umsetzung vorantreiben. 2.) Neue Prioritäten in der digitalen Transformation setzen - etwa das Thema KI. 3.) Robuste strategische Planung einführen, um auf Angriffe vorbereitet zu sein. 4.) Talente in den Fokus nehmen. 5.) Eine optimale Nutzung des Cyber-Eco-Systems – dabei geht es um den Ausgleich zwischen Cyberabwehrprodukten, eigenen Technologien und externer Hilfe.
BRANCHE BERATER 85 TICKER
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Robert Lechner
Gerald Kogler
Marion Göstl-Höllerer
KOLUMNE
BIRKNER Managing Partner
Cerha Hempel
STÄRKUNG DES EU-KAPITALMARKTS
Ende 2022 kündigte die EUKommission Schritte zur Stärkung der Kapitalmarktunion an, mit deren Umsetzung der Kapitalmarkt attraktiver und der Zugang für KMUs vereinfacht werden soll. Kernpunkt des „EU Listing Act“ sind neben Neuerungen in der Prospektverordnung gezielte Änderungen der Marktmissbrauchsverordnung, insbesondere im Hinblick auf das Insiderrecht. Sohin soll es künftig keine Ad-hoc-Publizitätspflicht für Zwischenschritte in einem zeitlich gestreckten Sachverhalt geben. Die Veröffentlichungspflicht für das Endergebnis bleibt wie auch die Definition der Insiderinformation unverändert, wodurch das Handelsverbot weiterhin schon bei Zwischenschritten ausgelöst wird. Hinsichtlich potenzieller Insiderinformationen soll eine abschließende Liste erstellt werden, die jeder Information einen Zeitpunkt zuordnet, zu dem diese offengelegt werden muss. Weitere Änderungen betreffen die Konkretisierung der Regelungen zum Aufschub der Veröffentlichung und zur Marktsondierung sowie die Anhebung des Schwellenwerts bei Directors’ Dealings und Vereinfachungen bei Aktienrückkaufprogrammen. Der Vorschlag beinhaltet sinnvolle Ansätze, die bestehenden Regelungen zu konkretisieren und Rechtsunsicherheit zu minimieren. Es ist zu hoffen, dass dadurch die gewünschte Attraktivität des Kapitalmarkts erreicht wird.
a.birkner@derboersianer.com
ÖBAG LÄSST SICH BEI TELEKOM-SYNDIKAT VON WOLF THEISS BERATEN
Die mexikanische America Movil und die Staatsholding Öbag haben ihren Syndikatsvertrag bei der Telekom Austria (TA) um weitere zehn Jahre verlängert. Der wichtigste Punkt in dem Übereinkommen ist die Ausgliederung der TelekomMasten in eine eigene Gesellschaft, die später an die Börse gebracht werden soll. Weiters wird der Telekom-Vorstand nach Auslaufen der Verträge kommenden August auf zwei Personen verkleinert, wovon jedenfalls einer Österreicher sein soll. Bei all dem hat sich die Öbag, die 28,4 Prozent an der TA besitzt, diesmal von Wolf Theiss unter Federführung von
Horst Ebhardt beraten lassen. Dies ist insofern beachtlich, als der erste Syndikatsvertrag mit den Mexikanern im Jahr 2014 von Cerha-Hempel-Partnerin Edith Hlawati ausverhandelt wurde. Bekanntlich ist Hlawati jetzt Öbag-Vorständin, die bei diesem wichtigen Mandat aber nicht auf ihre Ex-Kanzlei, sondern auf Wolf Theiss gesetzt hat. „Wir sind sehr stolz darauf, die Öbag bei diesem wichtigen Vertrag unterstützt zu haben, der eine langfristige Zusammenarbeit zwischen AMX und der Öbag festigt“, sagt Wolf-Theiss-Partner Horst Ebhardt. America Movil wurde von der Kanzlei Schönherr beraten.
NEUE EU-RICHTLINIE GEGEN GREENWASHING
Die EU-Kommission will noch in diesem März eine Richtlinie vorlegen, die dem Greenwashing, also falschen ökologischen Werbeversprechen, den Kampf ansagen soll, denn laut einer jüngst veröffentlichten PWC-Studie glauben 87 Prozent der Investoren, dass Unternehmen
Greenwashing betreiben. Die Aussagen müssen künftig auf „allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem neuesten Forschungsstand beruhen und die einschlägigen internationalen Standards berücksichtigen“, heißt es in dem Entwurf zur Richtlinie.
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ALBERT
#RECHT
SICHER IST SICHER: UNTERNEHMEN HORTEN CASH
Aus dem Freshfields Corporate Cash Barometer, das im Auftrag der Kanzlei erstellt wurde, kommt zu dem Schluss, dass Unternehmen der Eurozone weiterhin vorsichtig agieren und hohe Cashreserven halten. Insgesamt belaufen sich diese auf 3.352 Milliarden Euro. Die deutschen Unternehmen meldeten 2022 mit einem Zuwachs von 50 Milliarden Euro über-
haupt das größte Plus. Anders allerdings in Österreich, Spanien, Frankreich und Italien, wo nur minimales bzw. negatives Bargeldwachstum verzeichnet wurde. „Ich würde meinen, dass Cashpositionen weitgehend unabhängig vom Zinsumfeld als Reaktion auf das krisenhafte Umfeld aufgebaut werden“, glaubt Florian Klimscha, Bankenexperte bei Freshfields.
Im Linde-Verlag ist ein umfassender Kommentar (1.772 Seiten, ISBN: 9783707346022) zum Kartellrecht erschienen. Herausgeber sind Alexander Egger von der Kanzlei Lansky Ganzger und die Interimschefin der Bundeswettbewerbsbehörde, Natalie Harsdorf-Borsch.
Die Kanzlei Lansky Ganzger nahm dies zum Anlass, das Buch gemeinsam mit den Herausgebern und prominenten Keynote-Speakern in ihren Kanzleiräumlichkeiten zu präsentieren. Neben Andreas Kumin, Österreichs Richter am EuGH, gewährte auch WKStA-Leiterin Ilse Vrabl-Sanda Einblicke in ihre Arbeit.
Buchtipp
Im Nationalrat wurde das neue Whistleblowing-Gesetz beschlossen
Gropyus wurde beim Einstieg von Vonovia von der Kanzlei Schönherr beraten +++
E+H berät IFM Investors bei Aufstockung der Flughafen-Wien-Beteiligung
Binder Grösswang berät Wienerberger beim Erwerb der Terreal-Gruppe +++
Wolf Theiss berät Altor beim Erwerb der Mehrheitsbeteiligung an der Kommunalkredit Austria AG
KARRIERE
ist seit 1. Februar 2023 Head of Compliance und Forensic Services in der Kanzlei CMS. Der international erfahrene Jurist leitet ein 25-köpfiges Team an den Standorten Wien und Bratislava. Werner folgt Rainer Wachter nach, der eine eigene Kanzlei (RKW) gegründet hat.
wurde neben drei weiteren Kollegen bei Schönherr zum Partner ernannt. Schulz ist seit 2012 bei Schönherr tätig und gilt als Experte für Gesellschaftsrecht/M&A mit Schwerpunkt auf öffentlichen M&A-Transaktionen sowie Sondersituationen bei börsennotierten Aktiengesellschaften.
bisher Counsel bei Cerha Hempel, wurde zum Partner ernannt. Hartigs Schwerpunkt liegt auf Mergers und Acquisitions sowie Gesellschaftsund Unternehmensrecht. Hartig studierte in Wien, London und Bologna und hat sich auf die Beratung italienischer Klienten spezialisiert.
EUROPÄISCHE SCHWELLENLÄNDER BEI M&A VORSICHTIG OPTIMISTISCH STUDIE. Der von der Kanzlei CMS publizierte Emerging Europe M&A Report zeigt, dass es 2022 mit 1.229 zwar mehr M&A-Deals gegeben hat, dass der Wert der Transaktionen aber um 20 Prozent auf 32,29 Milliarden Euro zurückgegangen ist. Radivoje Petrikic, Partner bei CMS: „Es gibt viele Unsicherheiten, aber da sich die makroökonomische Situation stabilisiert, werden wir mittelfristig wahrscheinlich wieder mehr Transkationen sehen.“ Mit einem Volumen von 15,9 Milliarden Euro war Polen der M&A-Hotspot im vergangenen Jahr, der Telekom- und IT-Sektor lag mit 336 Deals an der Spitze der Tabelle.
BRANCHE RECHT 87 TICKER
Oliver Werner
Sascha Schulz
Jakob Hartig
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+++
Nicht profitabel:
Fintech Finabro löst Vermögensverwaltung auf
WENIGER RISIKOKAPITAL FÜR START-UPS
LATEINAMERIKA ALS WACHSTUMSMARKT
In Schwellenländern haben Finanztechnologieplattformen noch immer immense Wachstumsprognosen, befindet Mark Baribeau, Head of Global Equity bei Jennison Associates. In diesen Ländern suchen Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen weiterhin nach Möglichkeiten, einen bequemeren und erschwinglichen Zugang zu Finanzdienstleistungen zu bekommen. Besonders attraktiv ist Lateinamerika, da die alteingesessenen Banken ihr Dienstleistungsangebot nicht ausweiten.
Der Finanzierungsmarkt bei österreichischen Start-ups und Scale-ups ist zuletzt deutlich geschrumpft. Nach einem sehr starken ersten Halbjahr 2022 mit einer Rekord-Investsumme von 881 Millionen Euro ist der Markt im zweiten Halbjahr 2022 eingebrochen: Es wurden nur noch 125 Millionen Euro investiert – was einem Rückgang von 83 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Angesichts steigender Zinsen, der Inflation und allgemein steigender wirtschaftlicher Unsicherheiten ist dies auch nicht verwunderlich und liegt im internationalen Trend.
Auffallend ist, dass heimische Investoren eine deutlich aktivere Rolle einnehmen, während internationale Geldgeber Zurückhaltung zeigen. Das aktuelle „Start-up Investment Barometer“ der Beratungsfirma EY, Austrian Angel Investors Association und der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation liefert die Zahlen zu diesem Trend.
Österreichische Investoren waren demnach an 75 Prozent der Finanzierungsrunden beteiligt, 2021 war das nur bei 55 Prozent der Fall. 2022 wurde fast jede zweite Runde – 48 Prozent – von heimischen Investoren getragen. Ein Jahr davor waren es bloß 32 Prozent. Die Hauptprotagonisten waren der AWS-Gründerfonds, Hansi Hansmann, IST Cube, Tecnet Equity und Speedinvest. Nur jeder siebente Deal wurde 2022 ausschließlich von ausländischen Investorengruppen getragen – darunter allerdings auch die zwei größten Finanzierungsrunden des Jahres für Go Student, 300 Millionen Euro, und TTTech, 250 Millionen Euro.
Beim Finanzierungsvolumen dominieren auch nach wie vor eindeutig ausländische Investoren. Rund 68 Prozent des Risikokapitals – und damit nur knapp weniger als 2021 (75 Prozent) – kommen von rein ausländisch besetzten Investorengruppen.
APP FÜR FINANZBILDUNG LEGT LOS
Mit 1,3 Millionen Euro haben sich die Venture-Capital-Firmen Neosfer, Sino AG und APX sowie Business Angels aus der Startup-Szene wie N26-Gründer Maximilian Tayenthal und Clark-Gründer Marco Adel an der Finanzbildungs-App Beatvest beteiligt. Ziel von Beatvest ist es, finanzielle
Ungleichheit auszugleichen. Das passiert durch in den Alltag integrierbare Lektionen, die relevantes Wissen vermitteln, das zum Investieren nötig ist. Gegründet wurde Beatvest von der Kärntnerin Julia Kruslin und der ehemaligen Finanzmarktaufseherin Sophie Thurner aus München.
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#FINTECH
+++ KI-Start-up Magic.dev holt in Investrunde 23 Millionen US-Dollar +++ Greenrock begibt erste grüne Anleihe als E-Wertpapier TICKER
besten Finanzvorstände Österreichs
In den Reihen der Finanzvorstände der börsennotierten Unternehmen Österreichs gab es in den vergangenen zwei Jahren viele Abgänge. Rund 20 neue CFOs haben seit dem letzten goldenen Ranking „Die besten Finanzvorstände Österreichs“ im Jahr 2021 ihre Arbeit etwa bei der Wienerberger AG, Unicredit Bank Austria AG, Raiffeisen Bank International AG, Lenzing AG oder auch Semperit AG Holding aufgenommen. Dass die Position des Finanzvorstands eine prekäre ist, zeigt auch das Ranking aus dem Jahr 2019, wo es 21 Neuzugänge auf der Position gab. Die Arbeit des Finanzvorstands bringt multiple Herausforderungen mit sich. Derzeit müssen die CFOs die schwächere Entwicklung der Weltwirtschaft in ihre Prognosen aufnehmen (Seite 20) und externe Schocks wie der andauernde russische Angriffskrieg auf die Ukraine und dessen Auswirkungen mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten in den Budgetierungsprozess gewichtig miteinfließen lassen. Resilienz ist das Trendwort des Jahres, und die gute Miene zum herausfordernden Spiel der Kräfte darf auch nicht fehlen. Wobei verlässliche Prognosen seit der Covid-Pandemie und dem Krieg ohnehin unmöglich geworden sind. Hier lässt sich vielleicht mit Erfahrung punkten.
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#RANKING
DIE NEUEINSTEIGER
UNTERNEHMEN
PLATZ ZULETZT NAME
5. (–) Hanke Gerhard Wienerberger AG
9. (–) Eiter Klemens Porr AG
19. (–) Gamauf Philipp Unicredit Bank Austria AG
20. (–) Abfalter Sabine Raiffeisen Bank International AG
22. (–) Sorger Helmut Semperit AG Holding
Topplatzierte
Dass Kontinuität und Beständigkeit zum Erfolg führen, zeigen die drei Stockerlplätze des goldenen Rankings, bei dem die Finanzvorstände zum fünften Mal ihre Peers mit Punkten von eins bis zehn bewerten konnten. Der Börsianer hatte auf das Ergebnis keinen Einfluss. Walter Oblin (Platz 1 / 74,55 Punkte), der sich selten aus der Ruhe bringen lässt und der die Wertschätzung seiner Peers mit sieben Mal Höchstnote Zehn genießt, holt sich zum dritten Mal in der Geschichte des goldenen Rankings den Platz an der Sonne. Der Finanzvorstand ist seit Juli 2012 bei der Österreichischen Post AG und verweist Reinhard Florey (Platz 2 / 68,57 Punkte), seit 1. Juli 2016 CFO der OMV AG, sowie Robert Ottel (Platz 3 / 63,33 Punkte), seit 2005 Finanzvorstand der Voestalpine AG, deutlich auf die Plätze. Nur der Vierte, Stefan Dörfler (60 Punkte), CFO der Erste Group Bank AG, kommt noch an das Podium heran, das er 2021 als Zweiter zierte. Walter Oblin und Robert Ottel waren in allen Rankings immer unter den ersten vier und nur jeweils einmal nicht auf dem Podest. Reinhard Florey ist für das Jahr 2023 übrigens zuversichtlich,
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Robert Ottel
VOESTALPINE AG
Reinhard Florey OMV AG
Walter Oblin ÖSTERREICHISCHE POST AG
2. PLATZ
1. PLATZ
3. PLATZ
91 SEITENBLICKE RANKING PLATZ ZULETZT PUNKTE TREND NAME UNTERNEHMEN *BEI PUNKTEGLEICHSTAND ZÄHLT DIE BESSERE EINZELBEWERTUNG; **VERLÄSST IM AUGUST 2023 DAS UNTERNEHMEN; ***CFO ABER NICHT IM VORSTAND 1. (1.) 74,55 → Oblin Walter Österreichische Post AG 2. (3.) 68,57 ↑ Florey Reinhard OMV AG 3. (4.) 63,33 ↑ Ottel Robert Voestalpine AG 4. (2.) 60,00 ↓ Dörfler Stefan Erste Group Bank AG 5. (–) 52,38 ↑ Hanke Gerhard Wienerberger AG 6. (8.) 49,05 ↑ Svoboda Kurt Uniqa Insurance Group AG 7. (7.) 48,64 → Mayer Gerald Amag Austria Metall AG 8. (5.) 47,14 ↓ Hirner Liane Vienna Insurance Group AG 9. (–) 43,81 ↑ Eiter Klemens Porr AG 10. (6.) 42,86 ↓ Ofner Günther Flughafen Wien AG 11. (12.) 42,73 ↑ Kollmann Peter Verbund AG 12. (9.) 41,43 ↓ Hiesinger Franz Mayr-Melnhof Karton AG 13. (13.) 40,95 → Strohbichler Felix Palfinger AG 14. (17.) 39,55 ↑ Harder Christian Strabag SE 15. (18.) 38,10 ↑ Mayrhofer Siegfried** Telekom Austria AG 16. (35.) 35,91 ↑ Büttner Stephan Agrana Beteiligungs AG 17. (11.) 34,55 ↓ Szyszkowitz Stefan EVN AG 18. (19.) 34,29 ↑ Mader Klaus Schoeller Bleckmann Oilfield Equipment AG 19. (–) 33,18 ↑ Gamauf Philipp* Unicredit Bank Austria AG 20. (–) 33,18 ↑ Abfalter Sabine*/*** Raiffeisen Bank International AG 21. (14.) 31,82 ↓ Sirucic Enver* Bawag Group AG 22. (–) 31,82 ↑ Sorger Helmut* Semperit AG 23. (25.) 31,36 ↑ Roithner Friedrich Pierer Mobility AG 24. (–) 30,91 ↑ Preining Petra AT&S AG 25. (–) 30,45 ↑ Huemer Markus Polytec Holding AG 26. (20.) 30,00 ↓ Nettesheim Norbert Andritz AG 27. (16.) 29,05 ↓ Hofstätter-Pobst Gregor Wüstenrot Gruppe 28. (34.) 26,82 ↑ Wallner Klaus* Generali Gruppe Österreich 29. (–) 26,82 ↑ Richter Markus* Rosenbauer International AG 30. (–) 25,91 ↑ Schmidtmayr Holger S Immo AG 31. (47.) 25,24 ↑ Bayerle Andreas Helvetia Versicherungen AG 32. (–) 24,55 ↑ Reiner Nico Lenzing AG 33. (–) 23,64 ↑ Skerlan Peter* Frequentis AG 34. (–) 23,64 ↑ Erath Thomas* Zumtobel Group AG 35. (44.) 23,18 ↑ Botha Ian RHI Magnesita 36. (43.) 22,86 ↑ Schmidt Pascal Marinomed Biotech AG 37. (–) 22,73 ↑ Bank Ingo AMS Osram AG 38. (–) 22,27 ↑ Unger Rene*** Zürich Versicherungs AG 39. (32.) 21,90 ↓ Thiel Anne Allianz Gruppe Österreich 40. (–) 21,82 ↑ Hämmerle Andreas Kapsch Trafficom AG 41. (–) 21,36 ↑ Azzali Silvia Wolford AG 42. (–) 20,48 ↑ Oudkerk Scipio*** Manner AG 43. (–) 20,00 ↑ Flaggl Edgar Addiko Bank AG 44. (42.) 19,52 ↓ Starek Ales FACC AG 45. (36.) 18,64 ↓ Mendez de Vigo Carlos C-Quadrat Investment Group 46. (38.) 17,27 ↓ Thate Patric UBM Development AG 47. (49.) 17,14 ↑ Pfneiszl Andreas Rath AG 48. (–) 16,67 ↑ Haider Matthias Hirsch Servo AG 49. (–) 16,36 ↑ Jungwirth Eveline* Linz Textil Holding AG 50. (45.) 16,36 ↓ Folian Daniel* Warimpex AG
DIE AUFSTEIGER
UNTERNEHMEN
PLATZ ZULETZT NAME
16. (35.) Büttner Stephan Agrana Beteiligungs AG
31. (47.) Bayerle Andreas Helvetia Versicherungen AG
35.
36.
28.
auch wenn ihm die Entwicklung der Öl- und Gaspreise wie allen anderen Finanzvorständen im Vorjahr Schweißperlen auf die Stirn zauberte. „Aufgrund unserer unterschiedlichen Geschäftsbereiche profitieren wir einerseits davon – nämlich in der Öl- und Gasproduktion. Andererseits belastet diese Situation auch unser Ergebnis, da wir insbesondere Erdgas auch zukaufen müssen“, sagt Florey zum Börsianer. In den Raffinerien hat die OMV AG bereits 2022 den Gasbedarf so weit wie möglich gesenkt, um die Auswirkungen der hohen Gaspreise zu reduzieren. Aber zurück zum Ranking.
Die Aufsteiger
Den größten Satz nach vorn macht Agrana-CFO Stephan Büttner (Platz 16 / 35,91 Punkte), der sich um 19 Plätze verbessern kann. Andreas Bayerle (25,24 Punkte), seit Oktober 2016 bei der Helvetia Versicherung AG, macht 16 Plätze gut und landet auf Platz 31. Von den Neueinsteigern schaffen es Gerhard Hanke (Platz 5 / 52,38 Punkte) und Klemens Eiter (Platz 9 / 43,81 Punkte) gleich unter die ersten zehn. Gerhard Hanke folgte auf Carlo Crosetto und bestimmt seit März 2021 als Finanzvorstand die Geschicke der Wienerberger AG mit. Er ist seit 23 Jahren beim Ziegelhersteller und hat die enorme Wandlung des Konzerns zu einem Baustoff- und Infrastrukturkonzern miterlebt und begleitet. Klemens Eiter wechselte im Mai 2022 sozusagen die Seiten vom Berater zum CFO der Porr AG. Im Ranking sind mit Sabine Abfalter (Platz 20 / 33,18 Punkte) von der Raiffeisen Bank International AG, Rene Unger (Platz 38 / 22,27 Punkte) von der Zürich Versicherungs AG sowie Scipio Oudkerk (Platz 42 / 20,48 Punkte) bei der Manner AG drei CFOs ohne Vorstandsmandat im Ranking vertreten. Beste Finanzvorständin ist Liane Hirner (47,14 Punkte) von der Vienna Insurance Group AG (VIG) auf Platz acht. „Wir erwarten für 2023 ein weiterhin volatiles Umfeld in
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(44.) Botha Ian RHI Magnesita
(43.) Schmidt Pascal Marinomed Biotech AG
(34.) Wallner Klaus Generali Gruppe Österreich
DIE ABSTEIGER
UNTERNEHMEN
PLATZ ZULETZT NAME
27. (16.) Hofstätter-Pobst Gregor Wüstenrot Gruppe
45. (36.) Mendez de Vigo Carlos C-Quadrat Investment Group
46. (38.) Thate Patric UBM Development AG
21. (14.) Sirucic Enver* Bawag Group AG
39. (32.) Thiel Anne Allianz Gruppe Österreich
all unseren Märkten. Die Inflation wird erhöht bleiben, und Zinsschritte der Nationalbanken werden damit unverändert ein Thema sein. Diese Entwicklungen und deren Implikationen auf das Versicherungsgeschäft werden uns weiterhin beschäftigen, um so wie 2022 auch in diesem Jahr erneut die Resilienz der VIG unter Beweis zu stellen“, sagt Liane Hirner zum Börsianer. Sie muss vor allem die Entwicklungen in Zentral- und Osteuropa im Auge haben, denn die VIG ist dort Marktführerin.
Insgesamt wurde die Höchstnote Zehn 30-mal vergeben, wobei Reinhard Florey, Robert Ottel und Klemens Eiter jeweils drei davon einheimsten. Zwei Zehner holt sich Gerald Mayer (Platz 7 / 48,64 Punkte) von der Amag Austria Metall AG, der genau wie Günther Ofner (Platz 10 / 42,86 Punkte) bei der Flughafen Wien AG und Markus Huemer (Platz 25 / 30,45 Punkte) bei der Polytech Holding AG als Vorstandsvorsitzender die Finanzagenden zusätzlich überhat. n
DIE BEWERTUNGSKRITERIEN
Das Ranking wird nach qualitativen Methoden in einem einstufigen Scoringmodell (Peergroup-Bewertung) ermittelt. Die nominierten Kandidaten konnten einander gegenseitig bewerten. Das Ergebnis des Rankings wurde mit dem Mittelwert aller Bewertungen berechnet und in Prozent umgewandelt. Eine Person kann maximal eine Bewertung von 100 Prozent erreichen. Bei Punktegleichheit zweier oder mehrerer Personen entscheidet die höchste Einzelbewertung. Die Kandidaten konnten keine Bewertung für sich selbst oder Konzernkollegen abgeben.
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EUROPA IST NICHT REIF FÜR PRIVATE EQUITY
Für die Mitglieder des größten amerikanischen Pensionsfonds stellt
Private Equity eine unverzichtbare
Rentenversicherung dar. In Europa gleichen solche Anlagen eher einer Melkkuh der Finanzbranche. In Österreich gibt es viel heiße Luft um das Thema.
TEXT DANIEL ZULAUF, JULIA KISTNER
FINANZPLATZ PRIVATE EQUITY 94
#ANLAGE
FINANZPLATZ PRIVATE EQUITY 95 © BRENDAN MCDERMID / REUTERS / PICTUREDESK.COM IPO. Private-Equity-Riese TPG stemmte 2022 ein Milliarden-IPO in New York. Der Konzern wurde mit neun Milliarden US-Dollar bewertet.
Speziell. Der USamerikanische Pensionsfonds CalPers hat zwölf Prozent seiner Assets, etwa 50 Milliarden US-Dollar, in Private Equity investiert.
Nicole Musicco, Investmentchefin von CalPers, hat eine Gewissheit: Private Equity ist als Anlageklasse unverzichtbar. Seit etwas mehr als einem Jahr steht die 48-jährige Kanadierin in der Hauptverantwortung für die Anlagen der Vorsorgevermögen des kalifornischen Staatspersonals. In dieser Funktion steht sie unter scharfer Beobachtung der InvestmentGemeinde. Seit einiger Zeit fällt CalPers (kurz für California Public Employees’ Pension Retirement System, Anm.) mit den gigantischen Summen auf, die der 440 Milliarden US-Dollar schwere Vorsorgefonds in die Anlageklasse nicht öf-
fentlich handelbarer Beteiligungstitel investiert. Seit 2018 haben sich die jährlichen verbindlichen Investitionszusagen von weniger als fünf Milliarden US-Dollar auf zuletzt gegen 20 Milliarden US-Dollar vervierfacht. Der Grund: Der weltweit als hochprofessionell und vorbildlich bekannte Vorsorgefonds hat ein Performanceproblem. Das Portfolio weist seit 2009, also just seit der Finanzkrise, einen erheblichen Rückstand auf Portfolios von vergleichbaren Institutionen auf. Von 2014 bis 2018 realisierte die größte Pensionskasse Amerikas für ihre mehr als zwei Millionen Mitglieder eine durchschnittliche Gesamtrendite
von 5,6 Prozent pro Jahr. Es hätten 7,6 Prozent oder ein Drittel mehr sein müssen, sagt Nicole Musicco.
CalPers habe nach der Finanzkrise viel zu wenig und nur halbherzig in Private Equity investiert. „Das Programm war de facto auf Eis gelegt“, erklärt sie dem Börsianer die Strategie ihrer Vorgänger. Die Untergewichtung von PrivateEquity-Anlagen habe CalPers seit 2009 einen Betrag zwischen elf Milliarden und 18 Milliarden US-Dollar gekostet. Inzwischen ist CalPers dabei, dieses Versäumnis auszugleichen. Derzeit führt der Vorsorgefonds mit einem Private-EquityAnteil von zwölf Prozent, das sind mehr
FINANZPLATZ PRIVATE EQUITY 96
©
CALPERS
„Eine Investmentstrategie an Verlustrisiken auszurichten ist falsches Rezept.“
NICOLE MUSSICO
als 50 Milliarden US-Dollar, und die Gewichtung liegt deutlich über dem langfristigen Durchschnittszielwert von acht Prozent. Aus gutem Grund: Private Equity ist die am besten rentierende Anlageklasse im gesamten CalPers-Portfolio. Die jährliche Durchschnittsrendite über die vergangenen zehn Jahre beläuft sich auf fast 13 Prozent.
Höhere Zinsen belasten Renditen
Vor dem Hintergrund des abgeschwächten globalen Wirtschaftswachstums und des markanten Anstiegs der Zinsen rechnet der Pensionsfonds auf absehbare Zeit allerdings mit geringeren
#VOLUMEN
QUALIFIZIERTE PRIVATANLEGER
Bei Direktinvestments in Private Equity gelten in Österreich Personen mit einem frei verfügbaren Vermögen ab 250.000 Euro als „qualifizierte Anleger“. Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften, Private-Equity-Dachfonds und Beteiligungsfonds kann man ab 100.000 Euro zeichnen.
Renditen. Matthias Hellstern, Kreditanalyst für europäische Industriefirmen bei der Ratingagentur Moody’s in London, glaubt, dass sich die durchschnittliche Zinsbelastung für kleinere Firmen mit hohem Schuldenstand, wie sie typischerweise Private-Equity-finanzierte Buyouts hervorbringen, auf bis zu zehn Prozent in den kommenden 18 Monaten verdoppeln könnte.
Der Umstand, dass sich CalPers davon kaum beirren lässt, belegt den ausgesprochen langfristigen Charakter solcher Anlagen. Branchenfachleute beziffern die durchschnittliche Dauer einer Private-Equtiy-Investition bis zu ihrer Erntefähigkeit, „Vintage“ genannt, mit etwa zehn Jahren. Vielmehr aber zeigt das Beispiel der kalifornischen Pensionskasse, dass sich der Erfolg mit Private-Equity-Anlagen nur mit einem sehr hohen Maß an Professionalität sicherstellen lässt. Ein großes Team von Spezialisten innerhalb der mehr als 300 Mitarbeitende zählenden Crew von Nicole Musicco kümmert sich um die richtige Kalibrierung des Private-EquityPortfolios. Die Feinsteuerung ist ausschlaggebend, dass solche Investitionen die erwarteten hohen Renditen bringen, die aufgrund der stark eingeschränkten Liquidität und anderer besondere Risiken auch erforderlich sind.
Europa fehlt Professionalität
Im sogenannten Buyout-Segment, das im Zuge des globalen M&A-Booms der vergangenen Jahre einen besonders gro-
ßen Anteil am Wachstum des globalen Private-Equity-Marktes von 150 Milliarden im Jahr 2010 auf über 750 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 hatte, werden die Investition bei CalPers derzeit auf große Tickets konzentriert. Das bringe erhebliche Einsparungen bei den Kosten. Gleichzeitig investiert der Fonds vermehrt in neue, junge Private-Equity-Firmen auf Kosten altgedienter und bekannter Adressen. Letztere versprechen aufgrund ihrer langen Anlagehistorie zwar etwas mehr Sicherheit, aber die Leistungen vermögen nach Analysen von CalPers oft nicht mit jenen neuer Anbieter Schritt zu halten. Musicco sagt denn auch, es sei das falsche Rezept, eine Investmentstrategie an Verlustrisiken auszurichten. So gehe zu viel Wachstum verloren.
Trotz glänzender Vorbilder aus den USA sind Private-Equity-Anlagen in Europa relativ wenig verbreitet. Der naheliegendste Grund dafür ist natürlich die Tatsache, dass der Markt für Eigenkapitalfinanzierungen in den USA rund dreimal größer ist in Europa, wo Bankkredite nach wie vor die Hauptfinanzierungsquelle von Unternehmen darstellen. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass USAnleger auch bei Private-Equity-Anlagen mehr Know-how besitzen.
Teuer bezahlte Dienste
Ein starkes Indiz dafür ist der Umstand, dass sich Private-Equity-Firmen ihre Dienste auf dem alten Kontinent viel teurer bezahlen lassen können als in den USA. Der Börsenwert der Schweizer Partners Group, einer der größten PrivateEquity-Firmen Europas, entspricht etwa einem Fünftel der von der Firma selbst verwalteten Vermögen von 135 Milliarden US-Dollar. In dieser Betrachtung ist die Börsenbewertung der um ein Mehrfaches größeren US-Konkurrenten KKR und Blackstone nur etwa halb so hoch.
So liegt es nahe, dass die Schweizer stark von einem weniger intensiven Wettbewerb profitieren. Dazu passt die Tatsache, dass das Vermögen der rund 1.400 Schweizer Pensionskassen im Ge-
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BIRGIT SCHMOLMÜLLER
samtwert von um die 1.200 Milliarden Schweizer Franken im Mittel zu weniger als zwei Prozent in Private Equity angelegt ist. Ein ungünstiges Kosten-Rendite-Verhältnis dürfte ein Grund dafür sein.
Viel heiße Luft in Österreich
Österreich ist noch einmal anders. Im Gegensatz zur Schweiz wird hierzulande, wo Kredite traditionell reichlich fließen, privates Risikokapital überhaupt stiefmütterlich behandelt: von den Unternehmen, den Investoren, aber vor allem von der Politik, die einem erleichterten Zugang oder gar einer steuerlichen Förderung nicht allzu viel abgewinnen kann. Private Equity erstickt hier gleich zu Beginn an Regulierung und Bürokratie. In Österreich finden sich zwar eine ganze Reihe schillernder privater Business Angels und Banken, die sich an Start-
ups beteiligen. Doch wollen erfolgreiche Start-ups wachsen, fehlen ihnen hierfür die notwendigen größeren Summen an Beteiligungskapital. „Österreich hat tendenziell eine Investmentkultur, die durch den Gläubigerschutz getrieben ist. Österreichische Anleger sind eher konservativ bei der Geldanlage. Gleichzeitig begünstigen regulatorische und steuerrechtliche Rahmenbedingungen eher Fremdkapital“, sagt Thomas Bobek, Head of Private Equity Management bei der Erste Asset Management.
Zugang zu Wagniskapital fehlt
Das sei schade, weil so der Volkswirtschaft das Eigenkapital für Wachstum fehle. Auch weil die EU dem Privatanleger seit rund zwölf Jahren mit der europäischen Richtlinie für Alternative Investmentfonds Manager (AIFM) den Zugang zu riskanteren Investmentmöglichkeiten verwehrt. „Man hat sehr bald entdeckt, dass der Zugang zu Kapital vor allem für die vielen KMUs in Europa schwieriger wurde, weil die Kreditvergabe stärker reguliert wurde“, erklärt Thomas Bobek die EU-Bestrebungen, das regulatorische Umfeld zu novellieren. In Österreich soll
Deal. Der Verkauf des Funkturmgeschäfts der Deutschen Telekommit einer Bewertung von 17,5 Milliarden Euro an ein Konsortium aus nordamerikanischen Investoren (Brookfield und Digital Bridge) war einer der größten Private-Equity-Deals im Juli 2022.
jetzt das neue Wagniskapitalfondsgesetz Abhilfe schaffen. Das Begutachtungsverfahren endete am 30. Jänner 2023. Derzeit findet die Prüfung der eingelangten Stellungnahmen auf Fachebene statt, heißt es auf Anfrage des Börsianers aus dem Finanzministerium. Das Gesetz soll in wesentlichen Teilen Ende Mai in Kraft treten. Daran glaubt die Branche nicht, und selbst wenn es in Kraft treten würde, würde es wenig bewirken, befürchtet Rudolf Kinsky, Vorstand der Branchenvertretung
Avco: „Das Gesetz zielt auf Fonds ab, wo doch das meiste Privat-Equity-Kapital in Österreich als GmbH-&-Co-KG-Gesellschaften organisiert ist.“
Bei Fondslösungen scheint für Österreich der Zug abgefahren zu sein. „Man sollte hier zwischen dem Bedarf von Investmentmanagern und der Wirtschaftspolitik unterscheiden. Als Investment-
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„Österreichs Investmentkultur durch Gläubigerschutz getrieben.“
THOMAS BOBEK
„Fertige Novelle macht Gesetz überflüssig.“
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DEUTSCHE TELEKOM
manager wählt man eine auf die jeweilige Investorenschicht zugeschnittene Fondslösung. Und hier kann man sich in Europa flexibel bewegen. Besonders Länder wie Irland oder Luxemburg sind mit verschiedensten Strukturen für viele Private-Equity-Manager praktikabel. Für den Wirtschaftsstandort Österreich wäre es attraktiv, regulatorische Rahmenbedingungen nach internationalen Vorbildern zu schaffen, die eine echte Alternative zu Luxemburg bieten und es damit auch ermöglichen, dass sich die gesamte Dienstleistungsindustrie rund um PE, mit Investmentmanagern, Beratern, AIFMs, Depotbanken, Wirtschaftsprüfer, Steuerberatern und Rechtsanwaltskanzleien, hier spezialisiert und niederlässt“, sagt Thomas Bobek, der ein schlagkräftiges Wagniskapitalfondsgesetz für die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Österreich begrüßen würde. Rudolf Kinsky weist darauf hin, dass es schon den Europäischen Risikokapitalfonds gibt. So ein Konstrukt nutzen die großen heimischen Venture-Capital- und Private-Equity-Fonds Speed Invest und Apex Group, die 600 Millionen beziehungsweise 60 bis 70 Millionen Euro Risikokapital managen. Wenig zielführend hält Birgit Schmolmüller, Geschäftsführerin von RWB Private Capital Austria, das neue Gesetz: „Die fast fertige Novelle der europäischen ELTIF-Verordnung macht ein solches Gesetz überflüssig.“ Die geplante Verordnung über europäische langfristige Investmentfonds (kurz ELTIF, Anm.) soll langfristige Investitionen in die Realwirtschaft erleichtern.
Pech für die Privatanleger
Nicht nur Unternehmen, auch Privatanlegern wird der Zugang zu Beteiligungs-
Deal. Der schwedische Private-Equity-Investor Altor Fonds stieg vor kurzem bei der Kommunalkredit Austria AG ein.
kapital regulatorisch erschwert, womit sie einiges verpassen. „Private Equity ist mit weltweit 12.000 Milliarden US-Dollar eine Assetklasse geworden“, sagt Bobek, „das ist im Vergleich zu den gelisteten Märkten zwar noch wenig. Dafür ist das Investmentuniversum deutlich größer. So hat sich die Anzahl der Unternehmen am weltweit größten Börsenmarkt USA in den letzten 20 Jahren fast halbiert, während sich die Anzahl der Unternehmen, die durch Private-EquityFonds finanziert werden, fast verdoppelt hat. Den Trend gibt es auch in Europa.“ Die Erste Bank Österreich biete institutionellen Kunden und qualifizierten Privatanlegern Private Equity mittels individuell gemanagter Vermögensverwaltungsmandate sowie über einen depotfähigen SICAV-Dachfonds an. Die Kathrein Privatbank bietet in Kooperation mit Fidelity und dem Private-Equitiy-Manager Moonfare über eine digitale Vermögensverwaltungsplattform qualifizierten Privatanlegern ab einer Veranlagungssumme von 50.000 Euro einen vereinfachten Zugang zu Private Equity an.
„Natürlich kann Privatanlegern ein niederschwelliger Zugang zu so einer komplexen Assetklasse mit Softwarelösungen, wo sich der Kunde seine Kenntnisse und Sonstiges online anhackelt, eröffnet werden. Diesen Weg gehen wir nicht, da wir den Investor über den ganzen Lebenszyklus begleiten wollen“, unterstreicht Nikolaus Görg, Head of Private Markets Bank Gutmann, die
ab einem Vermögen von fünf Millionen Euro Private-Equity-Lösungen parat hält. Ähnliches bietet die Privatbank Schelhammer Capital aus Graz an.
Um weniger Vermögenden den Zugang ab 10.000 Euro Einmalerlag oder 100 Euro monatlich zu ermöglichen, hat die RWB Private Capital Risikokapital in eine fondsgebundene Lebensversicherung verpackt, was die Transparenz nicht erhöht. Christian Czernich, Gründer und CEO von Round2 Capital Partners, die mit ihren Private-Equity-Fonds Umsatzbeteiligungen im Softwaresektor anbieten, hat Verständnis, dass das Gesetz zum Schutz des Anlegers entsprechende Finanzvermögen vorschreibt. Seine Meinung zur neuen österreichischen Private-Equity-Offensive: „Mehr als mit dem Wagniskapitalfondsgesetz wäre uns und indirekt auch Österreichs Privatanlegern geholfen, wenn man etwa für Österreichs Pensionskassen die Schwellen für Private-Equity-Beteiligungen auf Niveaus wie in Schweden erhöht.“ Da passt es gut, dass der schwedische Altor Fonds kürzlich bei der Kommunalkredit Austria AG in einem der spektakulärsten PrivateEquity-Deals des jungen Jahres mit 80 Prozent eingestiegen ist.
% MEINE RENDITE
Abseits des Private Bankings und der Family-Offices gibt es für qualifizierte Privatanleger die Möglichkeit, in derzeit 36 Venture-Capital- und Private-EquityFonds in Österreich zu investieren. n
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„Schwellen für PE-Beteiligungen bei Pensionskassen anheben.“
CHRISTIAN CZERNICH
© BÖRSIANER
FINANZPLATZ BIODIVERSITÄT 100 © BERTRAND GUAY / AFP / PICTUREDESK.COM #ESG
WAS BIENEN VERDIENEN
Biodiversität wird zum Topthema bei ESG. Der Börsianer hat sich angesehen, wie es um Initiativen auf Unternehmensebene steht und wieso es derzeit noch schwierig ist, in den Erhalt von Artenvielfalt zu investieren.
TEXT DANIEL NUTZ
Ökosystem. Warum es ohne Bienen nicht geht, war auf der Artenschutzkonferenz in Montreal das Top-Thema.
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Podcast anhören. Darum muss in Biodiversität investiert werden
Gut, dass die Bienen und Pflanzen keine Löhne fordern. Denn der Anteil unbezahlter Arbeit von Tieren, Insekten und Pflanzen an unserem Wohlstand ist kaum fassbar. Sie speichern Kohlendioxid und erbringen als Bestäuber eine Leistung für die Nahrungsmittelproduktion, wie sie keine denkbare Technologie nur annähernd zu ersetzen vermag. Etwa 55 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung hängen laut UN-Schätzungen von funktionierenden Ökosystemen ab. Das entspricht einem Volumen von etwa 42 Billionen
1,8
Prüfung. Bei der Lenzing AG werden die Holz- und Zellstoffbeschaffung auf deren Einfluss auf Biodiversität und Ökosystem überprüft.
US-Dollar. Nur extreme Wetterkapriolen aufgrund der Erderwärmung werden im Risikobericht des Weltwirtschaftsforums in Davos mehr gefürchtet als der Verlust an Biodiversität.
Womit wir auch schon beim Problem sind. Denn die Industrialisierung der Landwirtschaft mit dem breiten Einsatz von Düngemitteln und Monokulturen, die Kosmetikindustrie oder auch der hohe Bedarf an Rohstoffen führen dazu, dass wir uns auf die Gratisarbeit der Natur nicht mehr verlassen können. Einer Million Tier- und Pflanzenarten droht
laut EU-Parlament das Aussterben und damit uns allen ein Verlust unserer Lebensgrundlagen und letztlich des Wohlstands. Ein auf Effizienzsteigerung basierendes Wirtschaftssystem habe Umweltkosten externalisiert, analysiert der US-Bestsellerautor und Berater der EU-Kommission Jeremy Rifkin. Jetzt erkenne man, dass Wirtschaft ohne Natur nicht funktionieren könne.
200 Milliarden für die Vielfalt
Die gute Nachricht: Eine Gemeinschaft aus 193 Staaten kam auf der Artenschutz-
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©
LENZING AG
BILLIONEN US-DOLLAR an staatlichen Subventionen tragen zur Ausrottung von Wildtieren und zum Anstieg der Erderwärmung bei. Die Regierungen haben sich darauf geeinigt, diese Subventionen bis 2030 um 500 Milliarden US-Dollar zu reduzieren.
konferenz in Montreal (COP 15) im Dezember 2022 zu dem Schluss, dass daran etwas geändert werden muss. Bis 2030 soll demnach der weitere Verlust der Artenvielfalt gestoppt sein, dafür sollen zunächst 200 Milliarden US-Dollar pro Jahr fließen. Weitere 500 Milliarden US-Dollar sollen bei umweltschädlichen Subventionen jährlich gekürzt werden.
Wird Montreal zu einem Gamechanger, wie es etwa die Pariser Konferenz 2015 beim Klimaschutz war? Baiyun Chen, Head Portfolio Advisory Sustainable Investing bei der LGT Bank, glaubt, dass vieles dafür spricht: „Man hat jetzt verstanden, wie wichtig biologische Vielfalt ist und wie sehr sie mit dem Klimawandel zusammenhängt.“
Die Anlageexpertin ist sich sicher: Die global vereinbarten Ziele werden jetzt den Druck auf Unternehmen erhöhen, und das wird dazu führen, dass sie ihre Risikopositionen in Bezug auf das Naturkapital offenlegen und verringern. Und so wie Chen denken die meisten. In den vergangenen sechs Monaten habe es kaum ein Investorengespräch gegeben, bei dem nicht das Thema Biodiversität besprochen wurde, schreibt die Hamburger Berenberg Bank.
Doch auf Schiene ist noch lange nichts. Henrik Pontzen, Leiter der Abteilung ESG im Portfoliomanagement von Union Investment, befragte etwa 56 Firmen, in die Union Investment investiert war oder ist, zu ihren Maßnahmen hinsichtlich des Erhalts von biologischer Vielfalt. Darunter waren nahezu alle relevanten Titel des Lebensmittelbereichs wie etwa Nestle, Kraft Heinz, Danone, JBS, Kellogg sowie Pepsico und Coca-Cola. Bei Haushalts- und Körperpflegeprodukten wurden beispielswei-
#KONFERENZ
DIE MASSNAHMEN DER COP 15
193 Staaten beschlossen bei der Weltnaturkonferenz (COP 15) erstmals weitreichende Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität. Das sind die Eckpunkte:
• Bis 2030 werden mindestens 30 Prozent der weltweiten Landfläche und Meeresfläche unter Naturschutz gestellt.
• Bei 30 Prozent der geschädigten Flächen soll bis 2030 die Wiederherstellung und Renaturierung begonnen werden.
• Schädliche Wirkungen und Umweltrisiken durch den Einsatz von Pestiziden und Dünger in der Landwirtschaft sollen bis 2030 halbiert werden.
• Die Staaten ergreifen Maßnahmen, um Bewusstsein für den Schutz der Biodiversität zu schaffen.
Um diese und weitere Ziele umzusetzen, wurde die Freigabe von folgenden Finanzmitteln beschlossen.
• Subventionen und Fehlanreize in Produktionsweisen, welche die Umwelt schädigen, sollen weltweit um 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr gekürzt werden.
• Reichere Länder sollen den ärmeren Ländern mit schützenswerter Natur bis 2025 jährlich mindestens 20 Milliarden US-Dollar als Ausgleich zahlen. Diese Summe soll bis 2030 auf mindestens 30 Milliarden US-Dollar steigen.
• Bis 2030 sollen in allen beteiligten Staaten für die Biodiversität 200 Milliarden US-Dollar pro Jahr mobilisiert werden. Die obengenannten Ausgleichszahlungen sind hier allerdings schon inbegriffen.
se Beiersdorf, Henkel, Unilever, Essity sowie Procter & Gamble kontaktiert. Das Ergebnis: ernüchternd. Jedes zweite Unternehmen habe trotz Erinnerung nicht reagiert: darunter Kraft Heinz, Kel-
logg, Pepsico und Coca-Cola sowie Henkel und Essity. Rund ein Drittel habe zumindest erste Schritte gesetzt. Darauf ließe sich aufbauen, sagt Pontzen im Climate Action Podcast des Börsianer. Er rät Assetmanagern, Unternehmen ohne Biodiversitätsstrategie genau unter die Lupe zu nehmen und gegebenenfalls aus dem Portfolio zu streichen. Denn die Risiken in diesem Bereich werden bald nicht mehr zu rechtfertigen sein – weil die rechtlichen Rahmenbedingungen sich gerade ändern.
Keine Strategie
Mit Biodiversitätsstrategien und Reportings beschäftigen sich Georg Rogl und Birgit Strasser von der Unit Climate Change and Sustainability Services bei EY. „Die wirklich knackigen Kennzahlen gibt es noch nicht“, sagt Rogl. Aber die kommen bald! Derzeit sind Rahmenwerke in Arbeit, welche die Bewertung von Unternehmen durch Finanzunternehmen erleichtern. Die Initiative TNFD finalisiert gerade ein Rahmenwerk zur systematischen Bewertung und Offenlegung naturbezogener Risiken und Chancen sowie daraus entstehender monetärer Auswirkungen auf Unternehmen. Daneben entwickelt die Initiative Science Based Targets Network (SBTN) eine Methodik zur Setzung wissenschaftsbasierter Naturziele - etwa für Biodiversität, Land, Wasser - durch Unternehmen. Auch die EU-Taxonomie spielt eine Rolle. Die Verordnungen dazu werden noch heuer erwartet, so die Einschätzung von Strasser und Rogl. Ein Tipp zur Schnelleinschätzung: Der WWF entwickelte unlängst ein Risikotool, den Biodiversity-Risk- Filter, das kostenlos verwendet werden kann.
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„Die wirklich knackigen Kennzahlen gibt es noch nicht.“
GEORG
ROGL
„Gibt noch keine Bienenschutz-AG zum Investieren.“
HENRIK PONTZEN
Zwei Vorreiter
Noch sind die in Sachen Biodiversität fortschrittlichen Unternehmen relativ dünn gesät. Weder von Umweltorganisationen noch Analysten kommt es zu klaren Ansagen. Beim Durchforsten der Nachhaltigkeitsberichte fand der Börsianer einige gute Ansätze. Der Zellstoffhersteller Lenzing AG orientiert sich etwa am SBTN und bewertet die Holz- und Zellstoffbeschaffung, die Produktionsprozesse und die Endnutzung der Produkte hinsichtlich der Auswirkungen auf Biodiversität und Ökosysteme. Die Lenzing AG arbeitet mit Nichtregierungsorganisationen zusammen und tüftelt daran, wie bei Produkten der ganze Lebenszyklus betrachtet werden kann, und forciert so die Kreislaufwirtschaft. Auf Produktebene gibt es etwa Fasern, die ohne Qualitätsverlust wiederverwertet werden können, oder biologisch abbaubare Alternativen zu Kunststoffen.
Relativ neu ist das Biodiversitätsprogramm der Wienerberger AG. Die meisten Maßnahmen werden erst 2023 eingeführt, weshalb eine Bewertung noch
nicht möglich ist. Auch hier geht es um Maßnahmen zur Reduzierung der eigenen Auswirkungen auf die Artenvielfalt. Neben Prozessoptimierungen und Innovationen gibt es auch Kompensationsprojekte wie etwa Renaturierungsprojekte in aufgelassenen Tongruben. Gegenüber dem Börsianer erklären beide Unternehmen, dass die Investorenanfragen hinsichtlich der Biodiversitätsstrategien rasant steigen.
Wie investieren?
Das führt zu der Frage: Wie kann man in den Erhalt von Biodiversität investieren? Dazu muss der Biodiversitätserhalt erst ein Geschäft werden, erklärt Assetmanager Henrik Pontzen. Es gibt zwar Anlageprodukte wie AXA World Funds-ACT Biodiversity (LU2429084655) oder ESG Eurozone Biodiversity Leaders PAB ETF von BNP Paribas (LU2446381126). Diese investieren in Unternehmen, die Geräte oder Technologien anbieten, die schonend mit der Natur umgehen. Zu nennen sind etwa der Messgerätehersteller Agilent Technologies, Hersteller von Landwirtschaftsgeräten wie etwa Deere oder
die Andritz AG, Unternehmen zur Lösung von Wasseraufbereitung wie Xylem oder der spanische Zellstoffhersteller Ence.
Unternehmen, die aktiv den Erhalt von Artenschutz im Geschäftsfeld haben, sind aber derzeit vor allem noch im Startup-Segment zu finden. „Es gibt einfach noch keine Bienenschutz-AG, in die man investieren kann“, erklärt Pontzen, weshalb es noch keinen wirklich seriösen Biodiversitätsfonds geben könne.
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Der Schutz der Biodiversität ist mit der Bekämpfung der Erderwärmung das dringlichste Umweltthema. Nach der Artenschutzkonferenz in Montreal 2022 gibt es ein weltweites Abkommen. Die Berichtspflicht für Unternehmen wird über die EU-Taxonomie ebenso zum Erhalt von Biodiversität beitragen. Dann werden auch Investments einfacher. Einige Branchen sind freilich schon jetzt interessant: Unternehmen mit Technologien für eine effektivere Landwirtschaft beispielsweise. Hier spielen auch Digitalisierungstechnologien eine bedeutende Rolle. n
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Ratlos. Auf die Anfrage von Assetmanager Union Investment nach Pepsicos Biodiversitätsstrategie gab es vonseiten des Unternehmens keine Antwort.
© PEPSICO
DRUCK AUF KONZERNE STEIGT
Hat die Artenschutzkonferenz und Weltnaturkonferenz von Montreal ein Umdenken in Sachen Biodiversiät gebracht?
INTERVIEW DANIEL NUTZ
Die Ergebnisse der Weltnaturkonferenz von Montreal (COP 15) wird von vielen als großer Schritt für den Erhalt der Biodiversität gesehen.
Wie lautet Ihre Einschätzung? – Baiyun Chen: Ich bin verhalten optimistisch. Die Ziele sind ehrgeizig und zeigen, dass man endlich verstanden hat, wie wichtig biologische Vielfalt ist und wie sehr sie mit dem Klimawandel zusammenhängt. Die global vereinbarten Ziele werden sicherlich den Druck auf Unternehmen erhöhen und dazu führen, dass sie ihre Risikopositionen in Bezug auf das Naturkapital offenlegen und verringern. Allerdings sind nur sechs der 23 Ziele der COP 15 quantitativ. Diese mangelnde Messbarkeit verringert die Erfolgschancen.
Wie geht es jetzt konkret in die Umsetzung? –Ob die Maßnahmen etwas bringen, hängt davon ab, wie schnell sie auf nationaler Ebene umgesetzt werden. Die einzelnen Nationen wurden leider nicht konkret in die Pflicht genommen. Was sicher nicht reichen wird, sind die finanziellen Zusagen: 200 Milliarden US-Dollar sind viel zu wenig, um den Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten, Schätzungen zufolge braucht es bis 2030 eher 700 bis 950 Milliarden Dollar pro Jahr.
Ein sehr konkretes Ziel ist ein klarer Cut bei Subventionen für Verursacher. Andererseits
gibt es auch Gelder für die Renaturierung. Wen betrifft das? – Das gilt vor allem für die Bereiche, die stark vom Naturkapital abhängen wie die Landwirtschaft, die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, die Forstwirtschaft, die Elektrizitäts- und Versorgungswirtschaft, die Baustoffindustrie oder der Bergbau. Je größer das gesellschaftliche Bewusstsein über den Verlust der Biodiversität und den damit verbundenen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen wird, desto größer werden auch die Chancen und die Risiken für gewisse Sektoren sein.
Es gibt derzeit kaum Unternehmen mit aktiver Biodiversitätsstrategie. Ändert sich das jetzt? – Ich denke schon. Das Thema Biodiversität rückt immer stärker in den Mittelpunkt, auch bei Regulatoren und Investoren! Damit wächst der Druck auf alle Firmen, negative Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die Ökosysteme zu verringern. Aber eine systematische Bewertung der Biodiversität und eine Einschätzung der Auswirkungen und Abhängigkeiten ist immer noch schwierig. Das Thema ist sehr komplex, vielfach fehlen für fundierte Auswertungen noch die notwendigen Daten.
Gibt es derzeit überhaupt genug gute Unternehmen, in die man getrost investieren kann? – Leider nicht. Das liegt vor allem daran, dass es nur sehr wenige Instru-
VITA BAIYUN CHEN
Head Portfolio Advisory Sustainable Investing LGT Private Banking
Sie studierte Finance und fokussierte sich während eines Studienaufenthalts in Graz auf Sustainable-BusinessManagement. In Leipzig schloss sie mit einem Master in Sustainable Development ab.
mente und Systeme gibt, um die Auswirkungen und das Risiko von Unternehmen auf die Biodiversität zu messen und um einschätzen zu können, wie stark einzelne Unternehmen vom Naturkapital abhängen. Und solange man Unternehmen nicht basierend auf einer einheitlichen Datenlage analysieren kann, bleibt dies schwierig.
Wie kann man derzeit als grüner Investor in den Erhalt von Biodiversität investieren? – Derzeit geht das hauptsächlich, indem man negative Auswirkungen vermeidet und positive Beiträge fördert. Bei der Wahl des Investments kann man versuchen, den Impact von Unternehmen auf die Biodiversität mit ESG-KPIs wie beispielsweise Landnutzung oder Rohstoffbeschaffung zu analysieren – für Privatanlegerinnen und -anleger ist das mit der derzeitigen Datenlage aber nicht einfach. Zu vermeiden wären auf jeden Fall Unternehmen, die in Kontroversen wie Abholzung, Umweltverschmutzung oder Abfallerzeugung verwickelt sind oder deren Geschäftsaktivitäten sich negativ auf die Biodiversität auswirkt. Beispiele wären Produzenten von Bioziden oder Palmöl. Zu bevorzugen sind Firmen, deren Produkte oder Services die Biodiversität fördern, etwa solche, die in den Bereichen nachhaltige Wasserversorgung oder nachhaltige Landwirtschaft tätig sind. n
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Was sich für Unternehmen ändert und was Investoren beachten sollen, erklärt Baiyun Chen im Interview.
DIE TÜCKE MIT DER LÜ_KE
Trotz staatlichen Zuschusses bleibt vielen Pensionisten eine Einkommenslücke. Sollen
Pensionskassen oder private Sparpläne deswegen attraktiver gemacht werden? Der Börsianer fragte bei den österreichischen Parlamentsparteien nach.
TEXT DANIEL NUTZ
Die Pensionen belasten den Staatshaushalt. 25 Milliarden Euro flossen zuletzt aus dem Budget. Politisch sind Pensionen ein heikles Thema. Kein Wunder, in einem Land, dessen Wählerinnen und Wähler aufgrund der demografischen Entwicklung immer älter werden. Mit dem 2005 eingeführten Allgemeinen Pensionsgesetz wissen alle ab dem Jahr 1955 Geborenen durch ihr persönliches Pensionskonto, welche Rente sie zu erwarten haben. Und das Ergebnis sieht nicht immer rosig aus! Die Lücke zwischen der umlagenfinanzierten ersten Säule rief den Kapitalmarkt auf den Plan. Durch eine zweite betriebliche Vorsorgesäule sowie eine dritte private Säule sollte diese Lücke geschlossen werden. Die Performance der Pensionskassen war zuletzt aber enttäuschend. Im Sinne des Lückenschließens fordert die Branche dennoch, diese Lösung zu attraktiveren. Etwa durch einen General-Pensionskassenvertrag, der die Abfertigung neu in eine Pensionskasse überträgt. Viele Junge haben dagegen schon andere Modelle entwickelt – etwa Sparpläne über ETFs. Sollte man solche langfristigen Modelle steuerlich begünstigen?
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Pensionsrechner zeigen eine Lücke zwischen der erwarteten Pension und dem Letzteinkommen. Mit welchen staatlichen Maßnahmen soll sie verringert werden? – Im Regierungsprogramm ist festgehalten, Lücken im Pensionssystem zu schließen und seine Nachhaltigkeit sicherzustellen. Die gesetzliche Pensionsversicherung bietet bei vollständigem Versicherungsverlauf eine – wertgesicherte – Nettoersatzrate von 70 bis 80 Prozent des durchschnittlich im Erwerbsleben erzielten Einkommens bis zur Höchstbeitragsgrundlage. Das ausgefallene Erwerbseinkommen wird meist sehr gut ersetzt. Wer im Ruhestand für ein zusätzliches Einkommen vorsorgen möchte, dem stehen zwei weitere Säulen des Pensionssystems zur Verfügung: Betriebspension und private Vorsorge. Für mehr Transparenz wird eine Pensions-App zur gemeinsamen Darstellung der drei Säulen überlegt, die auch für eine spätere Risikosteuerung der individuellen Pensionstöpfe ausgebaut werden soll.
Viele junge Menschen haben Sparpläne – wie Fonds oder ETFs –für sich entdeckt. Sollen diese langfristigen Veranlagungen steuerlich entlastet werden? – Wir verhandeln in der Koalition eine Behaltefrist für die Kapitalertragssteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten. Finanzminister Magnus Brunner hat ein „Vorsorgedepot“ vorgeschlagen, bei dem schon nach wenigen Jahren die Steuerpflicht entfällt. Generell sollen Kapitalmarktteilhabe und private Altersvorsorge gestärkt werden. Ein wesentliches Ziel ist es, die Finanzkompetenz in allen Altersstufen auszubauen.
Mitarbeitende von Unternehmen ohne Pensionskassen-Vereinbarung können derzeit die Abfertigung nicht in eine Pensionskasse einbringen. Wie sieht Ihre Lösung aus? – Hier geht es um Rahmenbedingungen für einen Generalpensionskassen-Vertrag. Es soll die Möglichkeit des Kapitalübertrags aus einer Vorsorgekasse – etwa eine Abfertigung – in eine Pensionskasse – etwa bei einem neuen Arbeitgeber – geschaffen werden. Auch neue rechtliche Rahmenbedingungen für Verwaltungsvereinfachungen bei Pensions- und Mitarbeitervorsorgekassen spielen eine Rolle.
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© PARLAMENTSDIREKTION / THOMAS TOPF
Christoph Zarits Nationalratsabgeordneter ÖVP
Pensionsdebatte. Im renovierten Parlament bestimmen uralte Diskussionen wie jene über das Pensionssystem die Sitzungen.
Kai Jan Krainer Budgetsprecher SPÖ
Pensionsrechner zeigen eine Lücke zwischen der erwarteten Pension und dem Letzteinkommen. Mit welchen staatlichen Maßnahmen soll sie verringert werden? – Durch das Pensionskonto ist die künftig zu erwartende Pensionshöhe transparent geworden. Um die Lücke zum Erwerbseinkommen zu minimieren, würde es helfen, die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung abzuschaffen, damit Neupensionisten und -pensionistinnen die Inflation zur Gänze abgegolten bekommen. Wer zusätzlich die Eigenpension erhöhen möchte, ist gut beraten, das Geld in die sogenannte Höherversicherung zu investieren. Keine private Pensionsversicherung kann mit der Höherversicherung mithalten, weil sie nicht den Marktmechanismen ausgesetzt ist. Somit ist der Auszahlungsbetrag geschützt und nicht abhängig von der Marktentwicklung.
Viele junge Menschen haben Sparpläne – wie Fonds oder ETFs –für sich entdeckt. Sollen diese langfristigen Veranlagungen steuerlich entlastet werden? – Eine Person soll sparen, wie sie kann und wie sie will. Angesichts der aktuellen Performance der Pensionskassen scheint es allerdings nicht die beste Strategie zu sein, darauf zu setzen. Erträge aus Kapitalanlagen sind bereits steuerlich begünstigt. Eine weitere Senkung des Steuerbeitrags von Kapitaleinkommen ist vor allem gegenüber der Besteuerung von Arbeitseinkommen nicht gerechtfertigt. Unser Steuersystem ist bereits ausreichend leistungsfeindlich.
Mitarbeitende von Unternehmen ohne Pensionskassen-Vereinbarung können derzeit die Abfertigung nicht in eine Pensionskasse einbringen. Wie sieht Ihre Lösung aus? – Auch hier ist festzustellen, dass bei der Ertragsleistung, die die Pensionskassen in den letzten Jahren berichten mussten, es nicht einleuchtet, wieso man ihnen auch die Abfertigungen zur Veranlagung übertragen wollen sollte. Andererseits liegt es hier auch an der Finanzindustrie, gute Produkte auf den Markt zu bringen. Dann braucht es auch keine ungerechtfertigte Förderung.
Pensionsrechner zeigen eine Lücke zwischen der erwarteten Pension und dem Letzteinkommen. Mit welchen staatlichen Maßnahmen soll sie verringert werden? – Die gesetzlich vorgesehene Pensionsanpassung muss den tatsächlich aktuellen Inflationswert abdecken, zugleich sollte man von der „Aliquotierung“ bei Pensionsantritt und jährlicher Anpassung wieder abgehen, um das für jeden Betroffenen entstandene „Delta“ zu schließen. Beim Anpassungsfaktor auf dem Pensionskonto sollte man ebenfalls einen tatsächlichen Inflationsausgleich vorsehen. Die Langzeitversichertenregelung („Hacklerregelung“) sollte nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei wieder in Kraft gesetzt werden.
Viele junge Menschen haben Sparpläne – wie Fonds oder ETFs – für sich entdeckt. Sollen diese langfristigen Veranlagungen steuerlich entlastet werden? – Eine steuerliche Entlastung oder ein Prämiensystem wären eine taugliche Basis für eine zweite und dritte Säule als Ausgleich für die Lücke. Dabei müsste es aber einen staatlich garantierten Mindestzinssatz geben, der die Inflation ausgleicht und der auch finanziert werden müsste. Im Umkehrschluss könnte man durch diese garantierten und inflationsgeschützten Vorsorgemodelle dem österreichischen Kapitalmarkt für Finanzierungen in der Wohnraumschaffung einen stabilen Kapitalstock zur Verfügung stellen, etwa über eine staatliche Wohnbauinvestitionsbank.
Mitarbeitende von Unternehmen ohne Pensionskassen-Vereinbarung können derzeit die Abfertigung nicht in eine Pensionskasse einbringen. Wie sieht Ihre Lösung aus? – Wenn es hier Ungerechtigkeiten und Ungleichbehandlungen in den Regelungen gibt, müssen diese im Sinn der Betroffenen gesetzlich beseitigt werden. Zentraler Punkt muss sein, dass ein Inflationsschutz stattfindet und dieser staatlich garantiert wird. Es darf nicht sein, dass ORF, Nationalbank und staatliche oder halbstaatliche Unternehmen für ihre Spitzenfunktionäre auf Kosten der Gebührenzahler oder Steuerzahler für einige wenige Privilegierte Pensionszusagen über Pensionskassen machen und finanzieren.
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Dagmar Belakowitsch Sozialsprecherin FPÖ
Pensionsrechner zeigen eine Lücke zwischen der erwarteten Pension und dem Letzteinkommen. Mit welchen staatlichen Maßnahmen soll sie verringert werden? – Die Nettoersatzrate des österreichischen Pensionssystems liegt bei 84 Prozent und steigt derzeit aufgrund zahlreicher Änderungen im Steuerrecht an. Der Verweis auf eine angebliche Pensionslücke, am besten über private Vorsorge zu schließen, erscheint daher eher interessengeleitet als der Realität entsprechend. Pensionen in Österreich sind ein erheblicher Stabilitätsfaktor sowie ein Faktor intragenerationaler Kooperation. Wäre die Pensionslücke ein ernstzunehmendes Problem, könnte dem nicht so sein. Wichtiger als angebliche Pensionslücken zu schließen ist uns Grünen, Pensionen armutsfest zu machen, etwa über regelmäßige Erhöhungen der Ausgleichszulage.
Viele junge Menschen haben Sparpläne – wie Fonds oder ETFs – für sich entdeckt. Sollen diese langfristigen Veranlagungen steuerlich entlastet werden? – Im Unterschied zu privater Pensionsvorsorge schafft das Umlageverfahren nachhaltig Sicherheit. Warum sollte daher die Veranlagung von Geld in unsichere Systeme steuerlich gefördert werden? Insbesondere, wo die Frage des Vorsorgens auch eine Frage des Einkommens ist? Wir sind dagegen, ausgerechnet einkommensstärkere Gruppen aus dem Steuertopf zu fördern. Wer vorsorgen will, sollte in die Höherversicherung nach § 248 ASVG investieren. Deren Ergebnisse sind sicherer und besser als jene in privaten Systemen. Private Pensionssysteme verschärfen im Übrigen auch den Gender-Pension-Gap.
Mitarbeitende von Unternehmen ohne Pensionskassen-Vereinbarung können derzeit die Abfertigung nicht in eine Pensionskasse einbringen. Wie sieht Ihre Lösung aus? – Ein Generalkollektivvertrag über private Pensionsvorsorge ist kein erfolgversprechender Weg. Der Möglichkeit einer Übertragung von Abfertigungsansprüchen auf eine Pensionskasse stehen die Grünen positiv gegenüber, sofern dies im Einzelfall gewünscht wird. Genauso sollte eine Übertragung privater Pensionsvorsorge in die Höherversicherung möglich sein.
Pensionsrechner zeigen eine Lücke zwischen der erwarteten Pension und dem Letzteinkommen. Mit welchen staatlichen Maßnahmen sollen sie verringert werden? – Das größte Problem ist das zu niedrige faktische Pensionsantrittsalter. Würden die Menschen nur ein Jahr länger arbeiten, brächte ihnen das laut Wirtschaftsförderungsinstitut Wifo bereits 100 bis 200 Euro mehr Nettopension pro Monat. Gerade in Zeiten des akuten Arbeitskräftemangels muss die Regierung daher mehr Anreize für längeres Arbeiten setzen. Darüber hinaus müssen wir mit einer flächendeckenden betrieblichen Altersvorsorge die sinkenden Ersatzraten im öffentlichen Pensionssystem längerfristig kompensieren.
Viele junge Menschen haben Sparpläne – wie Fonds oder ETFs – für sich entdeckt. Sollen diese langfristigen Veranlagungen steuerlich entlastet werden? – ETF- und Fonds-Sparpläne eignen sich sehr gut für die Altersvorsorge. Bei längerfristiger Veranlagung sollte analog zu den Vorsorgekassen, Pensionskassen und der Zukunftsvorsorge auch hier eine KESt-Befreiung vorgesehen werden. Auch ein Modell einer steuerbegünstigten dritten Säule wie in der Schweiz wäre für uns denkbar.
Mitarbeitende von Unternehmen ohne Pensionskassen-Vereinbarung können derzeit die Abfertigung nicht in eine Pensionskasse einbringen. Wie sieht Ihre Lösung aus? – Der Generalpensionskassenvertrag steht zum wiederholten Mal im Regierungsprogramm. Wir unterstützen die Umsetzung. Dadurch könnten alle Erwerbstätigen unabhängig vom Arbeitgeber abgabenbegünstigt in Pensionskassen vorsorgen. Dazu bräuchte es nicht einmal eine gesetzliche Änderung, sondern nur entsprechende KV-Vereinbarungen. Im IT-Kollektivvertrag gibt es diese Möglichkeit bereits. Dass die Sozialpartner diese Regelung nicht in allen Kollektivverträgen verankern, zeigt, dass nicht nur die Regierung einer modernen und attraktiven Altersvorsorge im Wege steht.
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Gerald Loacker Wirtschaft- und Sozialsprecher Neos
Markus Koza Sozialsprecher Grüne
PETER FELSBACH
Eröffnung des neuen Büros in Berlin: Um das Erreichen der Klimaziele und das Gelingen der Energiewende in Europa entschlossen voranzutreiben, bauen wir seit 2 Jahren unsere Tätigkeiten rund um PV- und Wind-Energie in Deutschland tatkräftig aus! Wir freuen uns sehr, dass wir nun unser neues Büro in Berlin gemeinsam mit österreichischen Kolleg:innen und externen Projekt- und Kooperationspartner:innen eröffnen durften. Die Eröffnung stellt einen wichtigen Schritt zur Verwirklichung eines unseres
LIVE ON AIR
Die Arbeitswelt ist im Wandel und verändert auch die Kommunikationsmöglichkeiten: Für viele von uns gehört (tageweises) Homeoffice nun zum Alltag. Dienstreisen werden im Sinne der Zeitersparnis und des Umweltschutzgedankens mehr und mehr reduziert, interne und externe Events in den digitalen Raum verlegt. Aber: Herumlaufende Kinder oder „Küchenatmosphäre“ während Videokonferenzen waren (nur) während der Pandemie okay. Viele Unternehmen stehen nun vor der Herausforderung, mit einem professionellen Setting am Puls der Zeit zu bleiben und virtuelle Veranstaltungen effizient abzuwickeln. Unsere Antwort darauf war, ein eigenes Streaming-Studio mit modernster Technik im Voestalpine-Headquarter einzurichten. Nach rund drei Monaten Bauzeit ist unser sogenanntes Studio41 im vergangenen Jahr on air gegangen und hat sich bereits bei zahlreichen Livestreamings von Medienterminen, Investoren-Calls, internen Veranstaltungen oder auch Videoaufnahmen von VorstandsStatements bewährt. Natürlich muss bei einer solchen Investition immer der tatsächliche NutzenKosten-Faktor abgewogen werden. Mittlerweile gibt es aber auch vermehrt Möglichkeiten, technisch top ausgestattete Studios für eigene Events zu mieten. Wann und wo auch immer: Professionelle, digitale Formate werden uns auch in Zukunft begleiten.
p.felsbach@derboersianer.com
Gemeinsam mit ECOWIND Handels- & Wartungs-GmbH errichten wir in Grafenwörth gerade die größte Floating-PV-Anlage Mitteleuropas. Bereits innerhalb von 10 Wochen wurden über 45.000 Module in den Teich gelassen, einer Inbetriebnahme im Frühjahr steht damit nach wie vor nichts im Weg! Mit der 24,5 MWp starken Photovoltaikanlage können in Zukunft rund 7.500 Haushalte mit Sonnenstrom versorgt werden. „Damit die Photovoltaikanlage nicht ‚davonschwimmt‘, nutzen wir eine spezielle Bauweise. Die einzelnen Solarboote, auf denen die Module angebracht sind, bilden eine zusammenhängende Schwimmstruktur, das Solarfloß. Die Solarflöße werden wiederum über eine flexible Vorrichtung miteinander verbunden, damit Wind und Wellen ausgeglichen werden können“, erklären die beiden Projektleiter Peter Stelzer und Benedikt Kammerstätter.
Today is #equalpayday in Austria! #OMV encourages salary equality at all career stages and we have successfully qualified for „equalitA – Equal Pay“, which distinguishes companies who support the professional equality of all sexes within the company and beyond.
Beim diesjährigen Austrian Circular Economy Exchange von Business Circle stand das Thema Kreislaufwirtschaft im Fokus. Unsere ESG-Expertin Marina Luggauer betrachtete das Thema in ihrem Vortrag „Kreislaufwirtschaft im Reporting und in der Steuerung“ hinsichtlich EU-Taxonomie und Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). #kpmgaustria #ESGeht #businesscircle Fotocredits: Sabine Klimpt
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@EVN
#missionv-Ziels dar: den Ausbau von Renewables in Europa voranzutreiben. #missionv #kraftderwende
@OMV @KPMG
KOLUMNE
Head of Group Communications
#GEZWITSCHER @VERBUND
Voestalpine AG
360 Grad. 365 Tage.
360 GRAD. 365 TAGE. PRO KAPITALMARKT!
Die Wirtschaftswissenschaften belegen, dass ein gesunder Finanzsektor ein wichtiger Faktor für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum einer Volkswirtschaft ist. Ein handlungsfähiger Kapitalmarkt generiert Einkommen, Beschäftigung und Wohlstand in Österreich. Deshalb setzen sich diese Unternehmen dafür ein.
PRO KAPITALMARKT!
Weil‘s um Einkommen, Wohlstand und Beschäftigung geht.
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APA-Picturedesk, Anna Huber
BÖRSIANER SALON
BÖRSIANER
22. BÖRSIANER SALON
15. NOVEMBER 2022
BOXWOOD-RESTAURANT, WIEN
Die ESG-Anforderungen an Unternehmen werden strenger, Krisen fordern Aufsichtsrat und Vorstand ordentlich heraus, und dazu kommt noch der strenge Blick der Aktionäre. Wie steht es also um das Zusammenspiel von Aufsichtsrat und Vorstand im Transformationsprozess?
All dies wurde beim letzten Börsianer Salon des Jahres 2022 zahlreich diskutiert. Im Rahmen der Veranstaltung wurde mit Beatrice Schobesberger (Erste Bank und Sparkasse AG) auch die diesjährigen Salon-Teilnehmerin des Jahres gekürt. Sie wurde für ihr besonderes Engagement zur Förderung von Frauen am Finanzplatz ausgezeichnet.
SEITENBLICKE BÖRSENTALK 112
Mit ihrem Finanzpodcast „Money-küre“ überzeugte Beatrice Schobesberger (Erste Bank und Sparkasse AG) ihre Kolleginnen aus der Branche.
Das Podium beim 22. Börsianer Salon bestand aus Friedrich Rödler (Erste Group Bank AG), Angelika Sommer-Hemetsberger (OeKB), Maria Patek (EVN AG), Annika Wolf (PHH Rechtsanwälte), Dominik Hojas („Börsianer“).
Full House! Die Teilnehmerinnen füllten das BoxwoodRestaurant bis auf den letzten Platz.
Das Podium wurde mit tosendem Applaus belohnt.
Im wortwörtlichen Sinne köstlich amüsiert haben sich Lisa Wagerer (S Immo AG) und eine Branchenkollegin.
AUFBRUCHSSTIMMUNG BEI NEUJAHRSEMPFANG
Ein gelungener Abend! Die Vorstände Herta Stockbauer und Nikolaus Juhasz sowie die beiden Regionalleiter-Direktoren Anton Seebacher und Martin Gratzer und Moderator Oliver Zeisberger (ORF) freuten sich über die musikalische Untermalung.
NEUJAHRSEMPFANG DER BKS BANK
10. JÄNNER 2023
PALAIS NIEDERÖSTERREICH, WIEN
Die BKS Bank AG lud zum Neujahrsempfang in das Palais Niederösterreich und war vor Optimismus kaum zu bremsen: Die Stimmung im Unternehmen ist gut, die Segel für 2023 sind gesetzt! Mit einem klassischen Konzert der Extraklasse und einem Rückblick auf das vergangene Jahr stimmten sich die Vorstandsvorsitzende Herta Stockbauer und die rund 200 Gäste auf die bevorstehenden Höhen und Tiefen des neuen Jahres ein. Gründe zum Feiern gab es an diesem Abend genug: Die Bank beging unter anderem erst vor kurzem ihr 100-jähriges Bestandsjubiläum. Wir gratulieren!
Herta Stockbauers und Nikolaus Juhasz’ Blicke sind positiv in die Zukunft gerichtet.
Im dichten Gedränge gesichtet wurde Vorstandschef Karl-Heinz Strauss (Porr AG)
ZWISCHEN ZUKUNFTS
AUSSICHTEN UND MAMBO
Neben dem deutschen Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, mischten sich auch Staatssekretärin Claudia Plakolm und Landeshauptmann Thomas Stelzer unter die Gäste von Generaldirektor Franz Gasselsberger (Mitte).
Oberösterreichs Firmenbosse unter sich: Stefan Pierer (KTM) und Herbert Eibensteiner (Voestalpine AG) schienen sich zu verstehen.
OBERBANK AG
OBERBANK BUSINESS GALA 2023
11. JÄNNER 2023
OBERBANK EVENT-SAAL, LINZ
1.500 nationale und internationale Gäste aus Wirtschaft und Politik folgten der Einladung zur Oberbank Business Gala 2023. Die dominierenden Themen der Veranstaltung: Klimaschutz und Energiesicherheit im neuen Jahr ebenso wie der Kampf gegen gesellschaftliche Herausforderungen und Arbeitskräftemangel. Reden hielten Gastgeber Franz Gasselsberger, Bürgermeister Klaus Luger, Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer und der deutschen Bundesminister Peter Altmaier. Danach zog mit Starpianist Fabio Martino lateinamerikanischer Flair in die Festsäle ein.
Bitte lächeln! Das ließen sich Christoph Leitl und Doris Hummer nicht zweimal sagen.
Angeregte Diskussionen gab es auch beim früheren Landeshauptmann Josef Pühringer mit Palfinger-CEO Andreas Klauser (rechts) und einem Gast.
SEITENBLICKE BÖRSENTALK 113
BKS BANK AG
Die talentierten Musiker um Harfenistin Hannah Senfter, Pianist Tonc Feinig und Saxofonist Edgar Unterkirchner, rundeten mit jazzigen Stücken und Neukompositionen den Abend stimmungsvoll ab.
JAHRELANG KEIN KURS IN WIEN
Wer an der Wiener Börse österreichische Staatsanleihen kaufen will, muss oft monatelang auf eine Ausführung warten. Offenbar hat niemand ein Interesse daran, Austro-Bonds an Privatanleger zu verkaufen.
Lange waren Anleihen der Republik mangels Zinsen ein totes Pferd. Doch seit einem Jahr zeigen Austro-Bonds wieder deutliche Lebenszeichen. Außer an der Wiener Börse. Dort notieren zwar pro forma 32 Bundesanleihen, bei 24 davon hat es aber heuer noch keinen Handel gegeben. Bei weiteren sieben scheint kein einziger Kurs auf. Dabei können Anleger via Staatsfinanzierung deutlich schneller von höheren Renditen profitieren als am Sparbuch. Für zehn Jahre Laufzeit zahlt der Staat wieder gut drei Prozent Zinsen. Wer das Geld nicht so lange binden will, bekommt kaum weniger. Man könnte die 0,75-%-Bundesanleihe mit Laufzeit bis Februar 2028 zum Kurs von 90,52 kaufen. Das entspricht 2,81 Prozent Rendite. Allerdings stammt dieser Kurs vom Redaktionsschluss am 20. Februar 2023 nicht von Wien, sondern von der Börse in Frankfurt. In Deutschland findet ein lebhafter Handel mit Austro-Bonds statt, in Österreich nicht.
Offensichtlich konzentriert sich die Bundesfinanzierungsagentur darauf, an große Investoren gleich ein paar Millionen Euro zu platzieren. Kleinanleger werden ignoriert. Dabei gab es einst mit bundesschatz.at ein Angebot, bei dem Privatanleger spesenfrei Bundesanleihen mit verschiedensten Laufzeiten ordern konnten. Allerdings wurde diese Produktschiene im Juni 2020 ersatzlos eingestellt. Es gibt auch keine Pläne, jetzt bei attraktiveren Konditionen wieder neu zu starten. Zudem will man offenbar – anders als bei
Aktien – niemandem für das Market-Making an der Wiener Börse gewinnen, also für das laufende Stellen von An- und Verkaufskursen.
Von der Bundesregierung über Banken bis zur Wiener Börse wird immer wieder die Notwendigkeit einer besseren Finanzbildung als wichtige Grundvoraussetzung betont. Die Verantwortung für die Vermittlung von mehr Geld-Knowhow wird aber auf die Schulen abgeschoben. Teenager sollen die theoretischen Grundbegriffe der Börse und der Geldanlage im Trockenschwimmen lernen, und das nicht selten von Lehrern, deren eigene Finanzerfahrung beim Bausparen endet. Das Interesse bei 14- bis 16-Jährigen wird überschaubar bleiben. Sinnvoll wäre es, die Theorie mit der Praxis zu verknüpfen und Jugendliche möglichst früh an die eigene Geldanlage heranzuführen. Da Aktien für Menschen unter 18 Jahren wegen mangelnder Mündelsicherheit tabu sind, bleiben Anleihen als erster Schritt, um den einen oder anderen Hunderter zu Weihnachten oder zum Geburtstag er-
VITA MARTIN KWAUKA Finanzjournalist
Der leidenschaftliche Weinbauer (64) ist seit 29 Jahren Finanz- und Wirtschaftsjournalist. Zu den wichtigsten Stationen des gebürtigen Deutschen zählen die langjährige Chefredaktion des Magazins „Format“ und das seit 2015 von ihm organsierte Finanzjournalistenforum. Sein Steckenpferd ist die Altersvorsorge. Sich selbst beschreibt der studierte Agrarökonom als chronisch neugierig.
tragreich zu investieren. Mein Vater hat mich mit neun Jahren zum ersten Kauf von Staatsanleihen angeregt. Außerdem hat er mich zusätzlich motiviert, in dem er dann jeden Hunderter verdoppelte. Das war eine wertvolle Investition: Er gab mir ein gewisses Urvertrauen in den Kapitalmarkt mit. In Österreich bekommen viele Kinder ein ähnliches Urvertrauen beim Skilaufen mit den Eltern. Mit drei oder vier fährt man mit den Eltern die ersten Hänge herunter, später machen selbst schwarze Pisten keine Angst. Bei der Geldanlage haben aber die meisten Eltern selbst Ängste. Wie sollen sie dort Vertrauen mitgeben?
Auch Banken haben wenig Ehrgeiz, Anlegern einzelne Staatsanleihen schmackhaft zu machen. Wenn, dann werden Fonds verkauft. Das ist grundsätzlich sinnvoll, hat aber den Nachteil temporärer Kursverluste. Wenn ein Schüler für den Führerschein mit 18 anspart, ist die Höhe der Auszahlung unsicher. Da wären Anleihen mit punktgenauer Tilgung sinnvoll. Zudem ist die Funktionsweise von Anleihefonds für Laien undurchschaubar, der Lerneffekt also gering. Ja, Banken verkaufen auch Einzelanleihen, aber dann fast nur eigene Produkte. Der Haken: Praktisch alle Emissionen sind Bailin-fähig. Sie könnten also in der nächsten Finanzkrise bei einem notwendigen neuen Bankenrettungspaket gekürzt und im Extremfall wertlos werden. Das sind Erfahrungen, die man Schülern nicht zumuten sollte. Und auch deren Eltern nicht. n
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„Es gibt lebhaften Handel mit Austro-Bonds in Deutschland, in Österreich nicht.“
MARTIN KWAUKA
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115 SEITENBLICKE INDEX 3 Banken Generali Investment 63 Allianz 60 Allianz Global Investors 79 Altor Fonds 48 Amag Austria Metall AG 91 Andritz AG 21, 91 AT&S AG 22, 91 APK Pensionskasse AG 18 AVCO 98 Bank Gutmann AG 99 Bawag Group AG 49, 91 BDO Austria 84 Beatvest 88 BKS Bank AG 113 BNP Paribas 61 Brantner Digital Solutions 35 Bundeskanzleramt 25 CalPers 96 CBRE 83 Cerha Hempel 86 ChatGPT 34 CMS 87 Columbia Threadneedle Investments 40 Commerzbank 61 CMC Markets 37, 56 CPI Property Group 82 Deka Bank 57, 68 Deloitte 85 DNB Asset Management 72 EO 84 Erste Asset Management 98 Erste Bank Österreich 75 Erste Group Bank AG 23, 41, 63, 73, 91 Europäische Zentralbank 55 EVN AG 81, 91 EY Österreich 83, 85, 88, 103 FACC AG 21, 81, 91 Federated Hermes 68 Fidelity 60, 74 Flughafen Wien AG 80, 91 FPÖ 108 Freshfields 87 Grüne 109 Helvetia Versicherungen AG 91 Immofinanz AG 80, 82 Ithuba Capital 11 JP Morgan Asset Management 68 Kathrein Privatbank AG 56, 99 Kepler Fonds KAG 68 Kommunalkredit Austria AG 48, 74 LFDE 69 La Financiere L‘Echiquier 37, 38 Legal & General Investment Management 36 Lenzing AG 8, 91, 103 LGT Bank AG 103 LGT Private Banking 105 LLB Invest KAG 70 Matejka & Partner Asset Management 30, 63 MFS 59 Microsoft Österreich 34 Moodys 97 Morgan Stanley 60 Neos 109 Oberbank AG 25, 82, 113 Oddo BHF SE 56, 60 Österreichische Hagelversicherung 50 Österreichische Post AG 91 ÖVP 107 OMV AG 22, 91 Partners Group 97 Petrus Advisers 81 Porr AG 16, 91 PWC 81, 84, 86 Raiffeisenbank International AG 40, 48, 63, 69, 73 Round2 Capital Partners 99 RWB Private Capital Austria 99 Salus Alpha 40 Santander Consumer Bank Österreich 74 Schoellerbank Invest AG 57, 61 Societe Generale 72 SPÖ 108 Telekom Austria AG 91 TU Wien 35 UBM Development AG 8, 83, 91 UBS 56 Union Investment 103 Uniqa Insurance Group AG 91 Verbund AG 91 Vienna Insurance Group AG 23, 91 Voestalpine AG 91, 110 Volksbank Wien AG 82 Wienerberger AG 91, 103 Wiener Privatbank SE 8, 41, 49 Wiener Städtische Versicherung AG 75 Wolford 80, 91 Wolf Theiss 86 ZEB 49 Zertifikate Forum Austria 73 Zürcher Kantonalbank Österreich AG 61 Zürich Versicherungs AG 50, 91
Unbenannt-1 1 07.07.2009 13:28:58
FIRMENINDEX
WELTBLICK
Die Wirtschaft ist ein globales Geschäft. Ein Blick über die Grenzen der Korrespondenten.
DAS SCHLAGOBERS DER DEUTSCHEN
OLIVER STOCK Korrespondent Deutschland
FRANKFURT. Die 40 Dax-Konzerne, die sich als Schlagobers der deutschen Wirtschaft sehen, haben im Herbst geklagt: Es mangele an Energie, es reißen die Lieferketten, es fehlen die Facharbeiter, es entwertet sich das Geld. Doch jetzt kommt das: Die Konzerne haben im abgelaufenen Jahr mit 120 Milliarden Euro das zweitbeste Ergebnis in der deutschen Wirtschaftsgeschichte eingefahren. Das legen die ersten Bilanzen und Analystenschätzungen nahe. Das liegt an drei Gründen. Energie, insbesondere Gas, gibt
ADIEU CREDIT SUISSE
ZÜRICH. Die Schweiz nimmt gerade Abschied von ihrer einst mächtigsten Bank im Land. Die Credit Suisse, die vor bald 170 Jahren visionäre Großprojekte wie den Bau des Gotthard-Tunnels finanzierte, löste schon bei der Gründung heftige Abwehrreflexe gegen die Etablierung der „Herrenbank“ aus. Und diese kämpft bis heute mit ihrem schlechten Ruf. Selbstüberschätzung ist die Konstante, wie sie auch in dem seit 30 Jahren andauernden Abstieg des Bonitätsratings vom höchsten Niveau (AAA) auf die letzte Stufe über
dem Junk-Bond-Segment (S&P) eindrücklich abgebildet wird. Freilich ist der Name Credit Suisse noch immer zu schön und wertvoll, als dass die Bank einfach von der Bildfläche verschwinden würde. Die Schweiz sagt lediglich ihrer globalen Großbank Adieu. Darüber scheint in der Öffentlichkeit eher Freude als Trauer zu herrschen. Aber die Tränen könnten später fließen. Dann zum Beispiel, wenn die Beiträge des hochproduktiven Finanzplatzes zum Wohlstand des Landes für alle spürbar kleiner werden.
es genug, weil Deutschland seine Speicher um jeden Preis gefüllt hat. Die Lieferketten entspannen sich, weil China die Pandemiemaßnahmen beendet. Und: Die Unternehmen halten mehr auf Lager, beschäftigen sich intensiv damit, Personal zu gewinnen, und kurbeln ihren Export an, der vom schwachen Euro profitiert. Das Klagen hat sich als unnötig erwiesen. Die Dax-Konzerne könnten sich von den Landwirten etwas abschauen: Die Bauern sind nämlich gerade dabei, das Feld für die nächste Saison zu bestellen.
REKORD FÜR EMISSIONSZERTIFIKATE AUTOINDUSTRIE FÜR NEUBELEBUNG
LONDON/LEIPZIG/WIEN. Erstmals seit der Einführung 2005 hat der Preis eines Emissionszertifikat für eine Tonne CO2 Ende Februar die 100-Euro-Marke durchbrochen. Ein Grund ist die noch immer große Nachfrage der Industrie nach Energie bei gleichzeitig zu geringer Abdeckung durch Erneuerbare. Ein zu langsamer Umstieg der Industrie auf Erneuerbare wird also auch immer mehr zur Kostenfrage.
BERLIN/WASHINGTON. Die USA subventionieren über den Inflation Reduction Act (IRA) die eigene Industrie mit Milliarden USDollar, das verunsichert deutsche Autobauer. Die Präsidentin des Branchenverbands VDA, Hildegard Müller, fordert nun einen neuen Anlauf für ein Freihandelsabkommen mit den USA. Die weit fortgeschrittenen Verhandlungen zur Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) wurden 2016 auf Eis gelegt.
Das nächste Magazin erscheint um den 8. Mai 2023. Bis dahin täglich: www.derboersianer.com
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SEITENBLICKE WELTBLICK
DANIEL ZULAUF Korrespondent Schweiz
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