5 minute read
Silvester: Prosit Neujahr!
Auch dieses Jahr erwartet Sie zum Jahreswechsel an drei Terminen Beethovens Neunte mit den Wiener Symphonikern
VON ALEXANDRA ZIANE
Nur der Dicke Pitter ist größer als sie: die Pummerin, die zweitgrößte freischwingende Glocke Westeuropas. Während der Dicke Pitter, die Petersglocke des Kölner Doms, nunmehr zu Silvester geschont wird, begrüßt das Geläute der Pummerin des Stephansdoms nach wie vor das neue Jahr. Die alte Pummerin, geweiht 1711, goss man aus Dank für die Befreiung Wiens zum Teil aus erbeuteten türkischen Kanonenkugeln, die neue entstand nach dem Zweiten Weltkrieg als Zeichen des Friedens.
Die etwa 21 Tonnen wiegende Glocke mit 3,14 Metern Durchmesser läutet nur zu besonderen Gelegenheiten – wie etwa dem Jahreswechsel. Zu diesem Anlass erklingt traditionell auch ein anderer Koloss: Beethovens neunte Symphonie. Das Werk, das zu seiner Entstehungszeit umstritten war, u. a. aufgrund seiner großen Dimensionen und der Integrierung von Solist:innen und Chor in eine bis dato rein instrumentale Gattung, wird heute zu den größten Meisterwerken der Tonkunst gezählt.
Im Wiener Konzerthaus wurde die Neunte bislang knappe 250 Mal aufgeführt, unter der Leitung von Dirigenten wie Carlo Maria Giulini, Claudio Abbado, Wolfgang Sawallisch, Sir John Eliot Gardiner oder Kent Nagano. Zum Jahreswechsel konnte man sie erstmals im Dezember 1975 sowie im Jänner 1976 hören, mit den Wiener Symphonikern unter der Leitung von Erich Leinsdorf. Seit damals ist die Symphonie zu Silvester nicht mehr wegzudenken. Dafür findet man sie mittlerweile beinahe ausschließlich zu diesem Termin (von prominenten Ausnahmen wie der 100-Jahrfeier des Wiener Konzerthauses 2013 abgesehen).
Peter Weiser, 1961 bis 1977 Generalsekretär der Wiener Konzerthausgesellschaft, hatte die Aufführung der Neunten zu Silvester und Neujahr initiiert. In einem Interview, das Archivdirektor Erwin Barta 1995 mit ihm führte, gab er dafür verschiedene Gründe an. Einerseits waren die anderen Konzerte zu diesem Anlass in der Stadt sehr teuer geworden und darüber hinaus meist ausverkauft. »Wir haben überlegt: Was ist so attraktiv, dass es neben dem Neujahrskonzert und neben den Fledermäusen (Volksoper und Staatsoper) bestehen kann, und was kann man zweimal machen? Denn das ist ja das Problem; sie können ein solches Konzert nur dann zu halbwegs erschwinglichen Preisen anbieten, wenn sie die Proben auf zwei Konzerte umlegen können. Da war’s uns völlig klar, da gibt es nur die Neunte Beethovens. Sonst gibt’s nix.«
Von großer Bedeutung war andererseits der humanistische Gehalt der Symphonie: »Die Neunte Beethovens ist eine Freudenbotschaft. Beethoven meinte diese Botschaft sehr ernst: Was ist die Freude? Sie ist eine Tochter aus Elysium, sie wohnt bei Gott, das ist eine Sublimierung des Begriffs Freude. Also nicht in Richtung Fröhlichkeit, sondern mehr im Sinne von Herzensfreude.« Durchzusetzen war das Projekt sehr schwer, weil es für alle Mitwirkenden eine äußerst arbeitsintensive Zeit in der Weihnachtsperiode und den Verzicht auf Urlaub um Silvester bedeutete. Der Erfolg war jedoch durchschlagend und gab den Mitwirkenden Auftrieb. In der Presse hieß es: »Das Konzerthaus hat gestern eine neue Tradition begründet, diese Neunte ist nicht mehr abzuschaffen.«
Zu diesem Zeitpunkt war Beethovens Neunte zum Jahreswechsel in einigen anderen Städten bereits fest im Programm verankert. In der Berliner Volksbühne spielte man sie schon zwischen 1927 und 1932 regelmäßig. Zurück geht diese Tradition auf ein Konzert des Leipziger Arbeiterbildungsinstituts, das Arthur Nikisch im Krystallpalast 1918 dirigierte, als »Friedens- und Freiheitsfeier« im Jahr des Kriegsendes und zwar so, dass der Schlusschor genau zu Mitternacht erklang.
Auch im Wiener Konzerthaus steht die Neunte diese Saison wie gewohnt zu Silvester mit den Wiener Symphonikern, der Wiener Singakademie und einer hervorragenden Solist:innenriege auf dem Programm, dieses Mal unter dem Dirigat von Omer Meir Wellber. Beim Konzert am 30. Dezember erklingt zusätzlich das Monodram »Der ewige Fremde« von Ella Milch-Sheriff, gesprochen von dem Schauspieler Eli Danker. Als Ausgangspunkt für dieses Werk diente ein relativ unbekannter, brieflich überlieferter Traum Beethovens, gemäß dem er nach Indien und Jerusalem gereist ist.
Die Konzerte starten jeweils um 19 Uhr, so dass Sie um Mitternacht auch die »Stimme Österreichs«, die Pummerin, hören können. Seien Sie also dabei, wenn wir im Wiener Konzerthaus das neue Jahr einläuten!
::::::::::::::::::
Sa, 30/12/23, 19.00 Uhr · Großer Saal
So, 31/12/23, 19.00 Uhr · Großer Saal
Mo, 01/01/24, 19.00 Uhr · Großer Saal
Beethoven: Symphonie Nr. 9
Wiener Symphoniker
Wiener Singakademie
Mari Eriksmoen, Sopran
Wallis Giunta, Mezzosopran
Michael Schade, Tenor
Franz-Josef Selig, Bass
Eli Danker, Schauspiel (nur am 30/12/23)
Omer Meir Wellber, Dirigent
Ella Milch-Sheriff: Der ewige Fremde. Monodram für einen Schauspieler und Orchester (EA) (nur am 30/12/23) · Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9 d-moll op. 125
Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/60739
::::::::::::::::::
Vom Dreivierteltakt …
… bis zum Mulatság!
Sie mögen es Wienerisch und im Dreivierteltakt? Dann sei Ihnen das Strauss Festival Orchester Wien ans Herz gelegt, mit dem es »Mit Dampf ins neue Jahr« geht.
Do, 28/12/23, 19.00 Uhr · Großer Saal
Fr, 29/12/23, 19.00 Uhr · Großer Saal
Strauss Festival Orchester Wien
»Mit Dampf ins neue Jahr!«
Willy Büchler, Leitung
Kompositionen von Johann Strauß, Johann Strauß (Sohn), Eduard Strauß sowie Josef Strauß
Karten: https://www.konzerthaus.at/konzert/eventid/60735
::::::::::::::::::
Es darf Wienerisch und mit viel Schmäh gespickt sein? Dann gedenken Sie unter anderem mit Karl Markovics und Bela Koreny des Kabarettisten Gerhard Bronner und des »Taubenvergifters« Georg Kreisler.
Do, 28/12/23, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
101 Jahre Gerhard Bronner & Georg Kreisler
»Der g’schupfte Ferdl geht Tauben vergiften im Park«
Wolf Bachofner, Gesang
Karl Markovics, Gesang
Katharina Straßer, Gesang
Ethel Merhaut, Gesang
Katharina Stemberger, Lesung
Bela Koreny, Klavier, Idee, Leitung
Karten: https://www.konzerthaus.at/konzert/eventid/60736
::::::::::::::::::
Musikantisch geht es zu, wenn die Musicbanda Franui & Die Strottern sich zu einer zeitgemäßen Schubertiade zusammenfinden.
Fr, 29/12/23, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
Musicbanda Franui & Die Strottern
»Franzensfeste. Eine neue Schubertiade«
Musicbanda Franui
Die Strottern
Klemens Lendl, Gesang, Violine
David Müller, Gesang, Gitarre
Karten: https://www.konzerthaus.at/konzert/eventid/60738
::::::::::::::::::
Sie pfeifen auf die hohe Kunst? Dann ist der »Abpfiff 2023« des Kunstpfeifers Nikolaus Habjan das Richtige für Sie.
Sa, 30/12/23, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
Nikolaus Habjan
»Abpfiff 2023«
Nikolaus Habjan, Kunstpfeifen
Sebastian Breit, Oboe
Tobias Kochseder, Akkordeon
Eduardo Antiao, Violoncello
Ines Schüttengruber, Klavier
::::::::::::::::::
Klassisch soll es schon sein und auch virtuos, aber zugleich improvisatorisch, die Genregrenzen überschreitend und mit einer Prise Csárdás, Jazz, Latin, Pop, in jedem Falle ungewöhnlich gewürzt? Dann dürfen Sie sich den großen »Mulatság« des Janoska Ensembles nicht entgehen lassen, bei dem, unter anderen, der Bariton Thomas Hampson zu Gast sein wird.
So, 31/12/23, 22.30 Uhr · Großer Saal
Silvester-Gala
Janoska Ensemble & Friends
»The Big Mulatság Reloaded«
Omer Meir Wellber, Akkordeon
Thomas Hampson, Bariton
sowie weitere Mitwirkende
Karten: https://www.konzerthaus.at/konzert/eventid/60742
::::::::::::::::::