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Jean Rondeau
Jean Rondeau ist ein Superstar mit virtuosen Fingern und Programmen. Er ist der erste Porträtkünstler des Wiener Konzerthauses aus dem Bereich der Alten Musik. Poulenc, Jazz und Beethoven kann er aber auch
VON DÁVID GAJDOS
Jean Rondeau wurde vom Independent als »sex symbol« bezeichnet und der Guardian schrieb, er sei »badass harpsichord virtuoso«. Auf YouTube erreicht er Millionen von Zuhörer:innen: Kaum zu glauben, dass das ein Cembalist bewirken kann. Das Cembalo wird oft stiefmütterlich behandelt, ist aber grundsätzlich ein sehr charmantes Instrument: Nun verleiht Jean Rondeau dem Cembalo Aufmerksamkeit und spielt ausgesprochen gute Musik – ähnlich wie die legen- däre Wanda Landowska (1879–1959) vor ihm. Sie schaffte es in der Zwischenkriegszeit fast im Alleingang, das Cembalo zu rehabilitieren. Ihr Vermächtnis lebt bis heute weiter: Landowska ist es zu verdanken, dass eine Reihe von Komponist:innen neue Werke für das Instrument schrieben – so etwa Francis Poulenc, der ihr sein »Concert champêtre« widmete. Mit diesem Werk bewies Jean Rondeau im Oktober beim Auftakt seiner Porträtreihe im Wiener Konzerthaus, dass er zwar der erste Porträtkünstler aus dem Bereich der Alten Musik ist, sich aber nicht nur dort zu Hause fühlt.
Bei seinem zweiten Porträt-Auftritt am 26. März wird Rondeau mit einem nach dem berühmten Musiktheorietraktat »Gradus ad parnassum« von Johann Joseph Fux benannten Programm erneut zeigen, dass Musik für das Cembalo keineswegs mit Bachs Tod und dem ohnehin schwer definierbaren Ende der Barockzeit ein Ende genommen hat. Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart stellten bei ihren Klavierwerken zum Teil sogar explizit heraus, dass diese sowohl auf dem Cembalo als auch auf dem Hammerklavier gespielt werden können. Auch Beethoven musste davon ausgehen, dass viele seiner Anhänger:innen, die gespannt auf seine nächste Sonate warteten, in ihren eigenen vier Wänden eher ein Cembalo als ein Hammerklavier stehen hatten. In diesem Sinne wird es ein interessanter und historisch durchaus zutreffender Abend, wenn Jean Rondeau sich auf seinem Cembalo bis in die Zwanzigerjahre des 19. Jahrhunderts begibt. Selbst wenn zu der Zeit das Hammerklavier schon vorherrschend war: Ein moderner Steinway ist ungefähr so entfernt mit diesem verwandt wie ein Cembalo.
Als gebürtigem Pariser wurde Jean Rondeau die Musik der großen französischen Clavecinisten quasi in die Wiege gelegt: In seiner Diskografie legte er den Fokus zunächst auf Jean-Philippe Rameau und JosephNicolas-Pancrace Royer. Fast ein wenig überraschend mutet es an, dass er bislang kaum Werke von François Couperin eingespielt hat –im Oktober gab Rondeau Couperins »Les Barricades mystérieuses« als Zugabe im Wiener Konzerthaus.
Bei seinem dritten und letzten Porträtkonzert am 31. Mai präsentiert Jean Rondeau die spirituelle und spektakuläre Musik von Heinrich Ignaz Franz Biber. Biber hat zahlreiche Werke geschaffen und die Technik seines Instruments, der Geige, revolutioniert. Seine Partituren sind virtuos und fantasievoll, meditativ und leidenschaftlich. Das Programm ist um Bibers Violinsonaten konzipiert und umfasst auch Werke von Giovanni Girolamo Kapsperger sowie Johann Jakob Froberger. Mit ihm musizieren Geigerin Sophie Gent, Thomas Dunford an der Laute und Myriam Rignol an der Viola da gamba. Jean Rondeau ist an diesem Abend auch an der Orgel zu erleben. Freuen Sie sich auf ein intimes Zusammenspiel und selten zu hörende Kleinode.
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© Clement ´Vayssieres
WUSSTEN SIE, DASS …
… Jean Rondeau neben Cembalo auch Komposition, Orgel, Chorleitung, Jazz, Klavier und Musikwissenschaft studiert hat?
… Jean Rondeau die Musik zu Christian Schwochows Spielfilm »Paula« (D 2016) über die Malerin Paula Modersohn-Becker komponiert hat?
… Jean Rondeau Gründungsmitglied des Jazzensembles »Note forget« ist, in dem er Klavier spielt?
… Jean Rondeau mit 21 Jahren einer der jüngsten Gewinner des Cembalo-Wettbewerbs des Musica Antiqua Festivals 2012 in Brügge sowie des European Union Baroque Orchestra Development Trust Awards, der an die vielversprechendsten jungen Künstler:innen in der Europäischen Union vergeben wird, war?
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So, 26/03/23, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
»Gradus ad parnassum«
Johann Joseph: Fux Harpeggio e Fuga
Joseph Haydn: Sonate As-Dur Hob. XVI/46 Muzio Clementi Etude Nr. 92 c-moll · Etude Nr. 72 F-Dur (Gradus ad parnassum op. 44 )
Ludwig van Beethoven: Präludium durch alle Dur-Tonarten op. 39/1 für Klavier oder Orgel Präludium f-moll WoO 55
Wolfgang Amadeus Mozart: Sonate C-Dur K 189 d Fantasie d-moll K 385 g
Karten: konzerthaus.at/2223/Rondeau
Nähere Informationen zum Porträtkünstler unter jean-rondeau.com